„Kwidzyn“ – Versionsunterschied
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Bis 1919 war Marienwerder die Hauptstadt des gleichnamigen [[Regierungsbezirk Marienwerder|Regierungsbezirks Marienwerder]] in der [[Provinz Westpreußen]]. Mit |
Bis 1919 war Marienwerder die Hauptstadt des gleichnamigen [[Regierungsbezirk Marienwerder|Regierungsbezirks Marienwerder]] in der [[Provinz Westpreußen]]. Mit der [[Burg Marienwerder]] des [[Pomesanien|pomesanischen]] Domkapitels (''Bischofsburg'') befindet sich in der Stadt eine der bedeutendsten Burganlagen des [[Deutschordensstaat]]es. Schon der angelsächsische Seefahrer [[Wulfstan von Haithabu]] erwähnte Ende des 9. Jahrhunderts eine Insel namens ''Quidin'' im Weichseldelta. Der Name lässt sich auf das [[Altpreußische Sprache|prußische]] („kweita“) wie auf das slawische (polnisch „kwiat“) Wort für „Blume“ zurückführen. |
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=== Deutschordensstaat === |
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Am 14. März 1440 gründeten in Marienwerder Landadel und Städte des Ordensstaates den [[Preußischer Bund|Preußischen Bund]], der in Opposition zur Landesherrschaft des Ordens trat und sich 1454 gegen die Zusicherung großzügiger Privilegien dem [[König von Polen]] unterstellte. Bei der Teilung des bisherigen Ordensgebietes im [[Zweiter Frieden von Thorn|Zweiten Frieden von Thorn]] blieb Marienwerder dem [[Ordensstaat]] erhalten und war fortan dessen einzige Stadt an der Weichsel. |
Am 14. März 1440 gründeten in Marienwerder Landadel und Städte des Ordensstaates den [[Preußischer Bund|Preußischen Bund]], der in Opposition zur Landesherrschaft des Ordens trat und sich 1454 gegen die Zusicherung großzügiger Privilegien dem [[König von Polen]] unterstellte. Bei der Teilung des bisherigen Ordensgebietes im [[Zweiter Frieden von Thorn|Zweiten Frieden von Thorn]] blieb Marienwerder dem [[Ordensstaat]] erhalten und war fortan dessen einzige Stadt an der Weichsel. |
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=== Herzogtum Preußen === |
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Mit der [[Säkularisation]] des Ordensstaates 1525 unter [[Albrecht (Preußen)|Albrecht I.]] wurde die Stadt [[Evangelisch-Lutherische Kirchen|lutherisch]] und Teil des [[Herzogtum Preußen|Herzogtums Preußen]], des späteren ''Königreichs Preußen''. Im Jahre 1540 begann der Abriss der Ordensburg bis auf einen kleinen Rest. Für den Burghügel südlich der heutigen Altstadt kam der Name ''Altschlösschen'' auf. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gehörte die Lateinschule von Marienwerder zu den bedeutenderen evangelischen Schulen. Im 18. Jahrhundert erlangte die Anstalt die Befugnis zur Entlassung auf die Universität. Ein neues Schulgebäude wurde für das [[Gymnasium Marienwerder]] im Zeitraum 1835–1838 errichtet.<ref name="LW" /> |
Mit der [[Säkularisation]] des Ordensstaates 1525 unter [[Albrecht (Preußen)|Albrecht I.]] wurde die Stadt [[Evangelisch-Lutherische Kirchen|lutherisch]] und Teil des [[Herzogtum Preußen|Herzogtums Preußen]], des späteren ''Königreichs Preußen''. Im Jahre 1540 begann der Abriss der Ordensburg bis auf einen kleinen Rest. Für den Burghügel südlich der heutigen Altstadt kam der Name ''Altschlösschen'' auf. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gehörte die Lateinschule von Marienwerder zu den bedeutenderen evangelischen Schulen. Im 18. Jahrhundert erlangte die Anstalt die Befugnis zur Entlassung auf die Universität. Ein neues Schulgebäude wurde für das [[Gymnasium Marienwerder]] im Zeitraum 1835–1838 errichtet.<ref name="LW" /> |
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=== Königreich Preußen === |
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Durch die Neueinteilung des [[Königreich Preußen|Königreichs Preußens]] im Rahmen der ersten polnischen Teilung von 1772 wurde Marienwerder administrativ aus Ostpreußen ausgegliedert und diente nach Gründung der [[Provinz Westpreußen]] 1775 als Sitz der Verwaltung. |
Durch die Neueinteilung des [[Königreich Preußen|Königreichs Preußens]] im Rahmen der ersten polnischen Teilung von 1772 wurde Marienwerder administrativ aus Ostpreußen ausgegliedert und diente nach Gründung der [[Provinz Westpreußen]] 1775 als Sitz der Verwaltung. |
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Nach den Grenzregelungen des [[Wiener Kongress#Territoriale Neuordnung|Wiener Kongresses]] in den Jahren 1815–1818 wurde Westpreußen um Danzig erweitert, welches Marienwerder als Hauptstadt ablöste. |
Nach den Grenzregelungen des [[Wiener Kongress#Territoriale Neuordnung|Wiener Kongresses]] in den Jahren 1815–1818 wurde Westpreußen um Danzig erweitert, welches Marienwerder als Hauptstadt ablöste. |
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Gegen Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde Marienwerder im Januar 1945 von deutscher Seite [[Evakuierung|evakuiert]]. Einige Wochen später besetzte die [[Rote Armee]] die Stadt. Das unzerstört gebliebene Marienwerder diente von März bis November der [[2. Weißrussische Front|2. Weißrussischen Front]] als Lazarettstadt. Es kam zu mehreren Bränden, denen die Altstadt zum Opfer fiel.<ref>''Eine Stadt als Kriegsschauplatz'', Bericht über eine polnisch-deutsche Historikertagung im Jahre 2004: [http://www.mitteleuropa.de/kk1194.htm Mitteleuropa.de], dort auch die Information zur unerforschten Herkunft der Neusiedler.</ref> Gemäß dem [[Potsdamer Abkommen]] kam Marienwerder unter die Verwaltung der [[Volksrepublik Polen]]. Sie benannte Marienwerder in „Kwidzyn“ um und ersetzte die vertriebene Einwohnerschaft vollständig durch [[Polen (Ethnie)|Polen]]. Die in Marienwerder abgeräumten Trümmer gingen als Baumaterial nach [[Warschau]]. Seit 2002 wird die Altstadt auf historischem Grundriss wiederaufgebaut. |
Gegen Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde Marienwerder im Januar 1945 von deutscher Seite [[Evakuierung|evakuiert]]. Einige Wochen später besetzte die [[Rote Armee]] die Stadt. Das unzerstört gebliebene Marienwerder diente von März bis November der [[2. Weißrussische Front|2. Weißrussischen Front]] als Lazarettstadt. Es kam zu mehreren Bränden, denen die Altstadt zum Opfer fiel.<ref>''Eine Stadt als Kriegsschauplatz'', Bericht über eine polnisch-deutsche Historikertagung im Jahre 2004: [http://www.mitteleuropa.de/kk1194.htm Mitteleuropa.de], dort auch die Information zur unerforschten Herkunft der Neusiedler.</ref> Gemäß dem [[Potsdamer Abkommen]] kam Marienwerder unter die Verwaltung der [[Volksrepublik Polen]]. Sie benannte Marienwerder in „Kwidzyn“ um und ersetzte die vertriebene Einwohnerschaft vollständig durch [[Polen (Ethnie)|Polen]]. Die in Marienwerder abgeräumten Trümmer gingen als Baumaterial nach [[Warschau]]. Seit 2002 wird die Altstadt auf historischem Grundriss wiederaufgebaut. |
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== Bauwerke == |
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* [[Burg Marienwerder]], Schloss des Domkapitels, ab 1322 erbaut, ursprünglich Vierflügelanlage, der Süd- und Ostflügel 1798 abgebrochen, die auch um die Domkirche herumlaufenden Wehrgänge ebenso bereits 1677, im 19. Jahrhundert Gerichtsgebäude und Gefängnis, heute Museum |
* [[Burg Marienwerder]], Schloss des Domkapitels, ab 1322 erbaut, ursprünglich Vierflügelanlage, der Süd- und Ostflügel 1798 abgebrochen, die auch um die Domkirche herumlaufenden Wehrgänge ebenso bereits 1677, im 19. Jahrhundert Gerichtsgebäude und Gefängnis, heute Museum |
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* [[Domkirche (Marienwerder)| |
* [[Domkirche (Marienwerder)|St.-Johannes-Dom]], neu von 1344 bis etwa 1355 im Stil der Backsteingotik erbaut, mit den Grabmälern dreier [[Hochmeister]] und der pomesanischen Bischöfe |
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* Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit, |
* Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit, errichtet von 1846 bis 1858 als erste katholische Kirche in der Stadt seit der Reformation nach Entwurf von [[Karl Friedrich Schinkel]] im [[Rundbogenstil]] als Ziegelbau auf einem Steinfundament. Der Bau der beiden Türme wurde 1886 abgeschlossen. Die Kirche ist eine dreischiffige [[Basilika (Bautyp)|Basilika]] mit einer fünfseitigen Apsis am Chor auf der Ostseite. Der Haupteingang besteht aus drei miteinander verbundenen Portalen. Über den Portalen sind die Heiligenfiguren der Apostel Petrus und Paulus angebracht. |
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* Papst-Pius-Kapelle, erbaut 1892 im neugotischen Stil für die Gemeinde der [[Altlutheraner]] |
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* [[Alte Synagoge Marienwerder (Westpreußen)|Alte Synagoge]], erbaut in den 1830er Jahren |
* [[Alte Synagoge Marienwerder (Westpreußen)|Alte Synagoge]], erbaut in den 1830er Jahren |
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* Gebäude der Post, neugotischer Backsteinbau, errichtet von 1911 bis 1913 |
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== Verkehr == |
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* A. von der Oelsnitz: ''Jahresbericht über die Friedrichsschule zu Marienwerder''. Programm Nr. 38, Marienwerder 1876 ([https://books.google.de/books?id=Gq-jlmJKbc4C&printsec=frontcover Digitalisat]). |
* A. von der Oelsnitz: ''Jahresbericht über die Friedrichsschule zu Marienwerder''. Programm Nr. 38, Marienwerder 1876 ([https://books.google.de/books?id=Gq-jlmJKbc4C&printsec=frontcover Digitalisat]). |
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* {{Meyers Online|11|248|spezialkapitel=Marienwerder}} |
* {{Meyers Online|11|248|spezialkapitel=Marienwerder}} |
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[https://www.meyersgaz.org/place/20143001 Marienwerder, Westpreußen], in: ''Meyers Gazetteer'', mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Marienwerder. |
* [https://www.meyersgaz.org/place/20143001 Marienwerder, Westpreußen], in: ''Meyers Gazetteer'', mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Marienwerder. |
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* ''Marienwerder: Geschichte der ältesten Stadt der Reichsdeutschen Ostmark.'' Im Auftrag des Magistrats der Stadt Marienwerder bearbeitet von [[Erich Wernicke (Lehrer)|Erich Wernicke]]. Weichsel-Verlag, 1933. |
* ''Marienwerder: Geschichte der ältesten Stadt der Reichsdeutschen Ostmark.'' Im Auftrag des Magistrats der Stadt Marienwerder bearbeitet von [[Erich Wernicke (Lehrer)|Erich Wernicke]]. Weichsel-Verlag, 1933. |
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* [[Erich Weise]] (Hrsg.): ''[[Handbuch der historischen Stätten]]'', Band: ''Ost- und Westpreußen'' (= ''[[Kröners Taschenausgabe]].'' Band 317). Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1966. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-31701-X, S. 133–136. |
* [[Erich Weise]] (Hrsg.): ''[[Handbuch der historischen Stätten]]'', Band: ''Ost- und Westpreußen'' (= ''[[Kröners Taschenausgabe]].'' Band 317). Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1966. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-31701-X, S. 133–136. |
Version vom 17. August 2022, 14:31 Uhr
Kwidzyn | ||
---|---|---|
Basisdaten | ||
Staat: | Polen
| |
Woiwodschaft: | Pommern | |
Powiat: | Kwidzyn | |
Fläche: | 21,82 km² | |
Geographische Lage: | 53° 44′ N, 18° 56′ O
| |
Höhe: | 42 m n.p.m. | |
Einwohner: | 38.329 (31. Dez. 2020)[1] | |
Postleitzahl: | 82-500 bis 82-504 | |
Telefonvorwahl: | (+48) 55 | |
Kfz-Kennzeichen: | GKW | |
Wirtschaft und Verkehr | ||
Straße: | DK 55: Nowy Dwór Gdański–Stolno | |
DK 90: Dąbrówka–Kwidzyn | ||
DW 518: Gniew–Kwidzyn | ||
Eisenbahn: | PKP-Strecke 207: Toruń–Malbork | |
Nächster int. Flughafen: | Danzig | |
Gmina | ||
Gminatyp: | Stadtgemeinde | |
Fläche: | 21,82 km² | |
Einwohner: | 38.329 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 1757 Einw./km² | |
Gemeindenummer (GUS): | 2207011 | |
Verwaltung (Stand: 2010) | ||
Bürgermeister: | Andrzej Krzysztofiak | |
Adresse: | ul. Warszawska 19 82-500 Kwidzyn | |
Webpräsenz: | www.kwidzyn.pl |
Kwidzyn (deutsch Marienwerder, ist eine Stadt in der Woiwodschaft Pommern in Polen und Sitz des Powiats Kwidzyński.
),Lage
Die Stadt liegt im ehemaligen Westpreußen, fünf Kilometer östlich der Weichsel am Fluss Liwa (Liebe).
Geschichte
Bis 1919 war Marienwerder die Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks Marienwerder in der Provinz Westpreußen. Mit der Burg Marienwerder des pomesanischen Domkapitels (Bischofsburg) befindet sich in der Stadt eine der bedeutendsten Burganlagen des Deutschordensstaates. Schon der angelsächsische Seefahrer Wulfstan von Haithabu erwähnte Ende des 9. Jahrhunderts eine Insel namens Quidin im Weichseldelta. Der Name lässt sich auf das prußische („kweita“) wie auf das slawische (polnisch „kwiat“) Wort für „Blume“ zurückführen.
Deutschordensstaat
Der Deutsche Orden hatte unter Hermann Balk 1233 auf einem von den Pruzzen befestigten Hügel auf dem Gebiet des Dorfes Queden (1236 bis 1945 Tiefenau, seither Tychnowy) eine Burg namens Insula sanctae Mariae angelegt. Noch im gleichen Jahr verlegte er sie 5 Kilometer weiter nach Süden auf einen Hügel, der ebenfalls zuvor von den Pruzzen befestigt worden war.[2] Die Stadt Marienwerder selbst legte der Orden wenig später nördlich dieser Burg an und stattete sie mit einer Handfeste aus. Nach Gründung des Bistums Pomesanien kam die Ordensburg 1254 in den Besitz des Bischofs. Er erwählte sie 1285 zu seinem Sitz, residierte aber seit etwa 1300 in Riesenburg (poln. Prabuty). Nördlich der Stadt ließ er von 1264 bis 1284 eine Domkirche errichten. Im Jahre 1322 begann der Bischof dort mit dem Bau der Bischofsburg zur Unterbringung des 1284 gegründeten Domkapitels. Um diese Zeit scheint auch die Lateinschule gegründet worden zu sein.[3] Die heutige Domkirche entstand an Stelle der alten in den Jahren 1344 bis 1355. Sie enthält die Grabmäler dreier Hochmeister und der pomesanischen Bischöfe.[4]
Am 14. März 1440 gründeten in Marienwerder Landadel und Städte des Ordensstaates den Preußischen Bund, der in Opposition zur Landesherrschaft des Ordens trat und sich 1454 gegen die Zusicherung großzügiger Privilegien dem König von Polen unterstellte. Bei der Teilung des bisherigen Ordensgebietes im Zweiten Frieden von Thorn blieb Marienwerder dem Ordensstaat erhalten und war fortan dessen einzige Stadt an der Weichsel.
Herzogtum Preußen
Mit der Säkularisation des Ordensstaates 1525 unter Albrecht I. wurde die Stadt lutherisch und Teil des Herzogtums Preußen, des späteren Königreichs Preußen. Im Jahre 1540 begann der Abriss der Ordensburg bis auf einen kleinen Rest. Für den Burghügel südlich der heutigen Altstadt kam der Name Altschlösschen auf. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gehörte die Lateinschule von Marienwerder zu den bedeutenderen evangelischen Schulen. Im 18. Jahrhundert erlangte die Anstalt die Befugnis zur Entlassung auf die Universität. Ein neues Schulgebäude wurde für das Gymnasium Marienwerder im Zeitraum 1835–1838 errichtet.[3]
Königreich Preußen
Durch die Neueinteilung des Königreichs Preußens im Rahmen der ersten polnischen Teilung von 1772 wurde Marienwerder administrativ aus Ostpreußen ausgegliedert und diente nach Gründung der Provinz Westpreußen 1775 als Sitz der Verwaltung. Nach den Grenzregelungen des Wiener Kongresses in den Jahren 1815–1818 wurde Westpreußen um Danzig erweitert, welches Marienwerder als Hauptstadt ablöste. Nun wurde sie Kreisstadt und Hauptstadt des Regierungsbezirks Marienwerder, der das südliche Westpreußen umfasste. Dem Oberlandesgericht Marienwerder waren die Landgerichtsbezirke Danzig, Elbing, Graudenz, Konitz und Thorn zugeordnet. 1819 gründete hier in Marienwerder der königlich preußische Bauinspektor Salomo Sachs eine exzellente Baugewerkschule, die 15 Jahre Bestand hatte. Bis 1820 war er deren Vorsteher und Lehrer. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Marienwerder zwei evangelische Kirchen (darunter der Dom), eine katholische Kirche, eine Synagoge, ein Gymnasium, ein Amtsgericht, ein Oberlandesgericht und verschiedene gewerbliche Betriebe.[4]
Der Vertrag von Versailles hatte die Schaffung des Polnischen Korridors zur Ostsee auf westpreußischem Territorium und damit die Auflösung der Provinz Westpreußen zur Folge. Am 11. Juli 1920 stimmte die Bevölkerung im Abstimmungsgebiet Marienwerder mit über 92 Prozent für den Verbleib bei Deutschland, während der Rest der Provinz ohne Abstimmung zwischen Deutschland, dem Polnischen Korridor und der Freien Stadt Danzig aufgeteilt wurde. In der Stadt Marienwerder hatten 7811 Einwohner für den Anschluss an Ostpreußen und 362 für den an Polen gestimmt.[5] Daraufhin kam der Osten der Provinz Westpreußen als Regierungsbezirk Westpreußen mit Sitz in Marienwerder bis 1939 zur Provinz Ostpreußen. Nach dem Überfall auf Polen gehörte Marienwerder von 1939 bis 1945 zum Reichsgau Danzig-Westpreußen.
Polen
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Marienwerder im Januar 1945 von deutscher Seite evakuiert. Einige Wochen später besetzte die Rote Armee die Stadt. Das unzerstört gebliebene Marienwerder diente von März bis November der 2. Weißrussischen Front als Lazarettstadt. Es kam zu mehreren Bränden, denen die Altstadt zum Opfer fiel.[6] Gemäß dem Potsdamer Abkommen kam Marienwerder unter die Verwaltung der Volksrepublik Polen. Sie benannte Marienwerder in „Kwidzyn“ um und ersetzte die vertriebene Einwohnerschaft vollständig durch Polen. Die in Marienwerder abgeräumten Trümmer gingen als Baumaterial nach Warschau. Seit 2002 wird die Altstadt auf historischem Grundriss wiederaufgebaut.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
1400 | ca. 700 | [7] |
1572 | ca. 700 | nicht viel mehr[7] |
1782 | 3.156 | meistens evangelisch-lutherische Deutsche; Marienwerder war Regierungssitz der neuen Provinz Westpreußen mit Kulmerland, Pomesanien, Pommerellen und Teilen Großpolens geworden[8] |
1783 | 3.297 | davon 124 Personen von der Garnison (eine Schwadron eines Depot-Bataillons)[8] |
1831 | 5.060 | [9] |
1864 | 7.373 | davon 6.360 Evangelische und 661 Katholiken[10] |
1871 | 7.172 | darunter 6.300 Evangelische und 620 Katholiken[11] |
1875 | 7.580 | [12] |
1880 | 8.238 | [12] |
1890 | 8.552 | davon 6.732 Protestanten, 1.542 Katholiken und 226 Juden[12] |
1900 | 9.686 | mit der Garnison (eine Abteilung Feldartillerie Nr. 71), davon 1.868 Katholiken und 160 Juden[4] |
1905 | 11.819[7] | |
1910 | 12.983 | am 1. Dezember, davon 12.408 mit deutscher Muttersprache (9730 Evangelische, 2383 Katholiken, 145 Juden, 150 Sonstige), 346 mit polnischer Muttersprache (vier Evangelische, 338 Katholiken, vier Sonstige, 291 Einwohner benutzen die deutsche und eine andere Sprache);[13] nach anderen Angaben davon 9758 Evangelische, 2824 Katholiken und 145 Juden (1077 Militärpersonen)[14] |
1925 | 13.721 | davon 10.712 Protestanten, 2.724 Katholiken, 14 andere Christen und 190 Juden[12] |
1930 | 13.860 | meistens Protestanten, davon 2.870 Katholiken, 195 Juden und 290 Sonstige[15] |
1933 | 15.548 | davon 12.197 Protestanten, 3.073 Katholiken, 23 andere Christen und 169 Juden[12] |
1939 | 19.723 | davon 14.788 Protestanten, 4.307 Katholiken, 122 andere Christen und keine Juden[12] |
Jahr | 1965 | 2006 | 2019 |
Anzahl Einwohner | ca. 13.000[7] | 37.814 | 38.444 |
Bauwerke
- Burg Marienwerder, Schloss des Domkapitels, ab 1322 erbaut, ursprünglich Vierflügelanlage, der Süd- und Ostflügel 1798 abgebrochen, die auch um die Domkirche herumlaufenden Wehrgänge ebenso bereits 1677, im 19. Jahrhundert Gerichtsgebäude und Gefängnis, heute Museum
- St.-Johannes-Dom, neu von 1344 bis etwa 1355 im Stil der Backsteingotik erbaut, mit den Grabmälern dreier Hochmeister und der pomesanischen Bischöfe
- Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit, errichtet von 1846 bis 1858 als erste katholische Kirche in der Stadt seit der Reformation nach Entwurf von Karl Friedrich Schinkel im Rundbogenstil als Ziegelbau auf einem Steinfundament. Der Bau der beiden Türme wurde 1886 abgeschlossen. Die Kirche ist eine dreischiffige Basilika mit einer fünfseitigen Apsis am Chor auf der Ostseite. Der Haupteingang besteht aus drei miteinander verbundenen Portalen. Über den Portalen sind die Heiligenfiguren der Apostel Petrus und Paulus angebracht.
- Papst-Pius-Kapelle, erbaut 1892 im neugotischen Stil für die Gemeinde der Altlutheraner
- Alte Synagoge, erbaut in den 1830er Jahren
- Gebäude der Post, neugotischer Backsteinbau, errichtet von 1911 bis 1913
Verkehr
Im Bahnhof Kwidzyn trifft die nicht mehr im Personenverkehr betriebene Bahnstrecke Prabuty–Kwidzyn auf die Bahnstrecke Toruń–Malbork. Früher begann hier auch die Strecke nach Freystadt i. Westpr.
Seit 2013 ist Kwidzyn über die neu angelegte Landesstraße 90 und die Weichselbrücke bei Kwidzyn wieder mit der anderen Seite der Weichsel verbunden.
Landgemeinde Kwidzyn
Die Landgemeinde Kwidzyn, zu der die Stadt selbst nicht gehört, umfasst eine Fläche von 207,25 km² und hat 11.435 Einwohner (Stand 31. Dezember 2020).
Städtepartnerschaft
Kwidzyn unterhält seit dem 18. Oktober 1953 eine Städtepartnerschaft mit Celle in Niedersachsen.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Johannes Marienwerder (1343–1417), Theologe
- Johann Valerian Müller (1771–1839), Architekt und preußischer Baubeamter
- Karl von Brauchitsch (1780–1858), General der Infanterie
- Johann Friedrich List (1787–1868), Oberbürgermeister von Königsberg
- Ida von der Groeben (1791–1868), Pietistin und Schriftstellerin
- Hans von Auerswald (1792–1848), preußischer General
- Friedrich von Hering (1794–1871), preußischer General
- Rudolf von Auerswald (1795–1866), preußischer Ministerpräsident
- Heinrich Friedrich Jacobson (1804–1868), Kirchenrechtler und Kirchenhistoriker
- Hermann Conrad (1814–1885), Politiker und Rittergutsbesitzer
- Ernst Kossak (1814–1880), Journalist
- Hermann von Dechend (1814–1890), erster Präsident der Reichsbank
- Bruno von Schrötter (1816–1888), Verwaltungsjurist
- Julian Schmidt (1818–1886), Literaturhistoriker
- Julius von Hennig (1822–1877), Politiker
- Rudolf von Bergius (1824–1905), preußischer Generalmajor
- Heinrich Ludwig Robert Giseke (1827–1890), Dichter und Schriftsteller
- Richard Eduard John (1827–1889) Jurist
- Hermann Mebes (1829–1899), Präsident der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen
- Adalbert von Flottwell (1829–1909), Politiker und Beamter
- Gustav Meissner (1830–1901), Landschaftsmaler und Radierer
- Rudolf Heidenhain (1834–1897), Physiologe
- Hermann Siewert (1834–1890), Chemiker, Pionier der agrikulturchemischen Forschung in Argentinien
- Gustav Cohn (1840–1919), deutscher Ökonom
- Eugen Windmüller (1842–1927), Genre- und Landschaftsmaler
- Albert Ballewski (1843–1909), Ingenieur und Kaufmann
- Adalbert von Conrad (1848–1928), auf dem Rittergut Fronza geborener Verwaltungsbeamter und Parlamentarier
- Wilhelm Räuber (1849–1926), Maler
- Alfred Genzmer (1851–1912), Chirurg
- Alfred von Conrad (1852–1914), auf dem Rittergut Fronza geborener Verwaltungsjurist und Politiker
- Georg von Bülow (1853–1936), preußischer Offizier, zuletzt Generalmajor
- Hugo Salinger (1866–1942), Jurist, Reichsgerichtsrat
- Albert Kolbe (1871–1941), Oberbürgermeister von Stargard in Pommern
- Ernst Kolbe (1876–1945), Maler
- Kurt Rosenfeld (1877–1943), Politiker
- Thuro Balzer (1882–1967), Maler
- Friedrich Wagner-Poltrock (1883–1961), Architekt
- Ernst Laskowski (1885–1935), Theater- und Stummfilmschauspieler
- Robert Witthoeft-Emden (1886–1960), Vizeadmiral der Kriegsmarine, Marineattaché in Washington
- Joachim Witthöft (1887–1966), General der Infanterie
- Kunz Finck von Finckenstein (1889–1932), Rittergutsbesitzer und Mitglied des Preußischen Herrenhauses
- Kurt-Jürgen von Lützow (1892–1961), Generalleutnant
- Ida Siekmann (1902–1961), erstes Todesopfer der Berliner Mauer
- Rolf Lahr (1908–1985), Diplomat
- Ernst Tillich (1910–1985), Politiker
- Dieter Gütt (1924–1990), Rundfunk- und Fernsehjournalist
- Hans-Jürgen Karp (* 1935), Historiker und Herausgeber
- Hans-Herlof Hardtke (* 1939), Unternehmer
- Hardy Rodenstock (1941–2018), Künstlermanager und Musikverleger
- Kurt Röttgers (* 1944), Philosoph und Hochschullehrer
- Bodo Krämer (1945–2003), Schauspieler
- Wiesław Hartman (1950–2021), Springreiter
- Bernard Nowak (* 1950), Schriftsteller, Herausgeber und Redakteur
- Zbigniew Jan Wesołowski (* 1957), Sinologe
- Marek Szulen (* 1975), Komponist und Musiker
- Patryk Rombel (* 1983), Handballspieler
Ehrenbürger
- Friedrich Ludwig Fülleborn (1791–1858), preußischer Jurist und naturphilosophischer Schriftsteller
- Hans Pfundtner (1881–1945), Staatssekretär im Reichsinnenministerium
Sonstige
- Otto Friedrich von der Groeben (1657–1728), preußischer Forschungsreisender und polnischer Generalleutnant, Grabdenkmal im Dom der Stadt.
- August Kind (1824–1904), Oberbauinspektor in der Bauabteilung der Bezirksregierung, deutscher Architekt und Baubeamter der Reichspost
Siehe auch
Literatur
- Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777, S. 485–490.
- Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil II: Topographie von West-Preussen. Marienwerder 1789, S. 3–6 (Volltext).
- August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 441–444, Nr. 58 (Volltext).
- Hans Christoph Wilhelm Jahn: Nachträge zur Ergänzung der Chronik der Stadt Marienwerder in Westpreußen. Kanter, 1843.
- Max Toeppen: Geschichte der Stadt Marienwerder und ihrer Kunstbauten. Marienwerder 1875.
- A. von der Oelsnitz: Jahresbericht über die Friedrichsschule zu Marienwerder. Programm Nr. 38, Marienwerder 1876 (Digitalisat).
- Marienwerder. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 11, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 248.
- Marienwerder, Westpreußen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Marienwerder.
- Marienwerder: Geschichte der ältesten Stadt der Reichsdeutschen Ostmark. Im Auftrag des Magistrats der Stadt Marienwerder bearbeitet von Erich Wernicke. Weichsel-Verlag, 1933.
- Erich Weise (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten, Band: Ost- und Westpreußen (= Kröners Taschenausgabe. Band 317). Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1966. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-31701-X, S. 133–136.
Weblinks
- Website der Stadt (polnisch)
- Fotos und Geschichte Marienwerders und des Ordenslandes
- Schlossmuseum in Marienwerder
Einzelnachweise
- ↑ a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
- ↑ Johannes Voigt: Geschichte Preußens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des deutschen Ordens. Band 2. Königsberg 1827, S. 234 ff..
- ↑ a b L. Wiese: Das höhere Schulwesen in Preußen. Historisch-statistische Darstellung. Berlin 1864, S. 76–77
- ↑ a b c Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 13, Leipzig und Wien 1908, S. 299.
- ↑ Herbert Marzian, Csaba Kenez: Selbstbestimmung für Ostdeutschland - Eine Dokumentation zum 50. Jahrestag der ost- und westpreussischen Volksabstimmung am 11. Juli 1920. Herausgeber: Göttinger Arbeitskreis, 1970, S. 117
- ↑ Eine Stadt als Kriegsschauplatz, Bericht über eine polnisch-deutsche Historikertagung im Jahre 2004: Mitteleuropa.de, dort auch die Information zur unerforschten Herkunft der Neusiedler.
- ↑ a b c d Erich Weise (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Ost- und Westpreußen (= Kröners Taschenausgabe. Band 317). Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1966. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-31701-X, S. 133–136.
- ↑ a b Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil II, Marienwerder 1789, S. 3–6.
- ↑ August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 441–444.
- ↑ E. Jacobson: Topographisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Marienwerder, Danzig 1868, S. 106–107, Nr. 158.
- ↑ Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 48–49, Ziffer 2.
- ↑ a b c d e f Michael Rademacher: Provinz Westpreußen, Kreis Marienwerder. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft III: Regierungsbezirk Marienwerder, S. 40–41, Ziffer 2: Marinwerder.
- ↑ Marienwerder, Westpreußen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Marienwerder.
- ↑ Der Große Brockhaus, 15. Auflage, Band 12, Leipzig 1932, S. 143.