„Apokryphe jüdische Schriften“ – Versionsunterschied

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== Verbindung zum Christentum ==
== Verbindung zum Christentum ==
Viele der jüdischen Apokryphen und Pseudepigraphen wurden ursprünglich von jüdischen [[Autor]]en verfasst, aber im Laufe der Zeit, insbesondere in der [[Frühchristentum|frühen christlichen]] Ära, von christlichen Schreibern überarbeitet oder erweitert
Viele der jüdischen Apokryphen und Pseudepigraphen wurden ursprünglich von jüdischen [[Autor]]en verfasst, aber im Laufe der Zeit, insbesondere in der [[Frühchristentum|frühen christlichen]] Ära, von christlichen Schreibern überarbeitet oder erweitert.
Obgleich sie nicht Teil des Tanachs sind, wurden viele von ihnen in anderen religiösen Traditionen, wie etwa in den Schriften des [[Christentum]]s, aufgenommen.<ref>[[Crawford Howell Toy]], [[George Foot Moore]]: ''Apocrypha.'' Jewish Encyclopedia, auf jewishencyclopedia.com [https://www.jewishencyclopedia.com/articles/1644-apocrypha]</ref>
Obgleich sie nicht Teil des Tanachs sind, wurden viele von ihnen in anderen religiösen Traditionen, wie etwa in den Schriften des [[Christentum]]s, aufgenommen.<ref>[[Crawford Howell Toy]], [[George Foot Moore]]: ''Apocrypha.'' Jewish Encyclopedia, auf jewishencyclopedia.com [https://www.jewishencyclopedia.com/articles/1644-apocrypha]</ref>



Version vom 6. Dezember 2024, 11:59 Uhr

Als Apokryphe jüdische Schriften bzw. Sefarim Chitzonim (סְפָרִים חִיצוֹנִים), „außenstehende Bücher“ , bezeichnet man eine Sammlung religiöser und literarischer Texte, die nicht in den Kanon der hebräischen Bibel aufgenommen wurden. Der Begriff „Ha-Sefarim Ha-Chitzoniyim“ bedeutet wörtlich „die äußeren Schriften“, was auf ihren Status außerhalb des traditionellen jüdischen Kanons, des Tanach, hinweist. In einigen Stellen des Talmuds wurde auf vereinzelte Schriften Bezug genommen. So finden sich im Traktat Sanhedrin (hebräisch מַסֶּכֶת סַנְהֶדְרִין) 10:1 oder Gittin 56b Hinweise auf nicht-kanonische Schriften wie das Buch Henoch. Auch in rabbinischen Schriften ab der Zeit der Geonim oder in späteren Kommentaren, wie bei Maimonides in seiner Mischne Tora, gibt es gelegentlich Verweise auf solche Schriften. Maimonides spricht in seiner Mischne Tora („Hilchot Teshuvah 3:8“) von einigen dieser Schriften, ohne sie jedoch als kanonisch zu anerkennen. Und letztlich in der jüdischen Mystik und Kabbala, finden sich ebenfalls Verweise auf die „Sefarim Chitzonim“, besonders wenn es um die esoterische Auslegungen von Schriften geht. Sie sind oft von historischem, theologischen oder literarischem Interesse.

Historischer Hintergrund

Die Schriften sind in der Regel in der Zeit des Zweiten Tempels, also ca. 516 v. Chr. bis 70 n. Chr. oder unmittelbar danach verfasst worden. Damit spiegeln sie die religiösen und sozialen Veränderungen dieses Zeitraumes wider. Da die meisten dieser Werke im zweiten Jahrhundert v. Chr. im Gefolge des Makkabäeraufstandes oder in den letzten Jahrzehnten des ersten Jahrhunderts n. Chr. nach der Zerstörung des Zweiten Tempels geschrieben wurden, können sie auch als Reaktion auf die politischen und religiösen Herausforderungen der Zeit gesehen werden.[1] In einem enger gefassten Zeitraum, um die Zeitenwende, also vom ca. 1. Jahrhundert v. Chr. bis 1. Jahrhundert n. Chr., gab es im Judentum eine Vielzahl von Sekten, Gruppierungen und Bewegungen, die unterschiedliche theologische, politische und soziale Ansichten vertraten und auch Heilserwartungen hatten. Die jüdische Gesellschaft war stark von den Ereignissen der Zeit geprägt, darunter die römische Besatzung, der Einfluss hellenistischer Kultur und innere Konflikte.

Bedeutung

Verfasst wurden die Texte vor allem in Hebräisch, Aramäisch und Griechisch. Viele der Schriften, die in der Septuaginta (der griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel) enthalten sind, wurden in dieser Zeit verfasst. Die jüdischen Apokryphen unterscheiden sich von den Apokryphen des Neuen Testaments und den Apokryphen der christlichen Bibel (Deuterokanonisch), da sie die einzige dieser Sammlungen sind, die innerhalb eines jüdisch-theologischen Rahmens prosperierten.

Sie entstanden nicht nur in einem unterschiedlichen kulturellen, theologischen und historischen Kontext, sie wurden auch anders rezipiert. Jüdische Apokryphen dienten dazu, Fragen zu vertiefen, die in den kanonischen Schriften nicht ausführlich behandelt wurden, wie z. B. das Problem des Bösen, der Engelwesen, das Jenseits und die Eschatologie. Eine große Anzahl dieser Texte boten Hoffnung auf eine göttliche Intervention in Zeiten von Verfolgung und Krise, besonders im Kontext der hellenistischen oder römischen Herrschaft (z. B. 1. Makkabäer, 2. Baruch).

Literaturwissenschaftliche Untersuchungen und Vergleiche zeigen ein enges Verhältnis von apokryphen Schriften und apokalyptischen Vorstellungen, die aber nicht identisch sind.[2]

Verbindung zum Christentum

Viele der jüdischen Apokryphen und Pseudepigraphen wurden ursprünglich von jüdischen Autoren verfasst, aber im Laufe der Zeit, insbesondere in der frühen christlichen Ära, von christlichen Schreibern überarbeitet oder erweitert. Obgleich sie nicht Teil des Tanachs sind, wurden viele von ihnen in anderen religiösen Traditionen, wie etwa in den Schriften des Christentums, aufgenommen.[3]

Begriffsabgrenzungen

Während apokryphe Schriften sich dadurch auszeichnen, nicht Teil eines gegebenen Kanons zu sein, sind pseudepigraphische Texte Werke die von mehreren Autoren oder einem Autor bzw. Redaktor, -en bewusst im Namen einer bekannten Persönlichkeit abgefasst oder fälschlicherweise einer solchen zugeschrieben wurden. Es gibt dabei Schnittmengen zwischen apokryphen und pseudepigraphischen Werken.

Schriften (Auswahl)

Literatur

  • R. H. Charles: The Apocrypha and Pseudepigrapha of the Old Testament in English. Clarendon, Oxford 1913
  • Emil Kautzsch: Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments. 2 Bände, Mohr, Tübingen u. a. 1898–1900
  • Christoph Dohmen, Günter Stemberger: Hermeneutik der Jüdischen Bibel und des Alten Testaments. (Studienbücher Theologie) 2. Auflg., W. Kohlhammer, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-17-036140-9
  • Michael E. Stone: Selected Studies in Pseudepigrapha and Apocrypha with Special Reference to the Armenian Tradition. SVTP 9. Brill, Leiden 1991
  • Michael E. Stone: Pseudepigraphic Perspectives: The Apocrypha and Pseudepigrapha in Light of the Dead Sea Scrolls. Proceedings of the Second International Symposium of the Orion Center for the Study of the Dead Sea Scrolls and Associated Literature, 12–14 January 1997 with E. G. Chazon. STDJ 31., Brill, Leiden 1999.
  • Christfried Böttrich: Pseudepigraphen (AT). Deutsche Bibelgesellschaft. Erstellt: Januar 2009, auf die-bibel.de [4]
  • Martin Beck: Apokryphen (AT). Deutsche Bibelgesellschaft. Erstellt: Mai 2007, auf die-bibel.de [5]

Einzelnachweise

  1. Jacob Cytryn: Apocrypha and Pseudepigrapha. External texts from the Second Temple period. My Jewish Learning, auf myjewishlearning.com [1]
  2. Emil Schürer: Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi. J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig 1890
  3. Crawford Howell Toy, George Foot Moore: Apocrypha. Jewish Encyclopedia, auf jewishencyclopedia.com [2]
  4. Apokalypse des Abraham, auf wikisource.org [3]