Statuenmenhir

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Karte mit Statuenmenhiren in Europa.[1] Fotografien und Zeichnungen: 1 + 4. Bueno u. a. 2005; 2. Santonja + Santonja 1978; 3. Jorge 1999; 5. Portela + Jiménez 1996; 6. Romero 1981; 7. Helgouach 1997; 8. Tarrete 1997; 9, 10, 13, 14, 29, 30, 31, 32. Philippon 2002; 11. Corboud + Curdy 2009; 12. Muller 1997; 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23. Arnal 1976; 24 + 25. Augusto 1972; 26 + 27. Grosjean 1966; 34. López u. a. 2009.

Statuenmenhire sind in der Regel platten- oder stelenförmige und auf allen Seiten bearbeitete Steine, die auf der Schauseite eine mehr oder weniger deutliche anthropomorphe Form, zumindest aber Kopfumrisse, Augenpaare, Gesichter oder Hände bzw. Füße zeigen. Auch eindeutig identifizierbare Kleidungsstücke (z. B. Gürtel) oder Waffen (z. B. Schwerter, Dolche) berechtigen zur Charakterisierung eines Steins als „Statuenmenhir“. Diese Stelen haben kein Äquivalent. Frederic Hermet, der erste, der sich mit dieser Monumentart beschäftigte, gab ihr den Namen: "statue-menhir" für eine im Boden steckende Skulptur, deren Form an einen Menhir erinnert.

Statuenmenhire im Alignement von Stantari, Korsika – während die rechten Steine menschliche Gesichter zeigen, fehlen anthropomorphe Züge bei den beiden linken; auf dem zweiten Stein von links ist ein Schwert erkennbar.

Abgrenzung

Menhirgruppe von Filitosa, Korsika. Auf Korsika (insbesondere in Filitosa) stehen ca. 630 ungestalteten Stelen lediglich 73 Statuenmenhire gegenüber.

Unter dem Oberbegriff „Statuenmenhir“ wurden seit den 1970er Jahren in diversen Einzelartikeln eine Vielzahl von gravierten steinernen Stelen bzw. Stelenbruchstücken zusammengefasst, die jedoch in etlichen Fällen die oben genannten Kriterien nicht erfüllen[1]. Bei einigen Bruchstücken wird behauptet, es handele sich bei den Ornamenten um Waffen, Brustschmuck (Pektorale) oder um Kleidung (Gürtel, Fransen etc.), was immerhin eine Rechtfertigung für die Einordnung in die Gruppe der Statuenmenhire darstellen würde – nur ist in vielen Fällen kaum etwas Genaues erkennbar.

Bei Menhirgruppen fehlen bei vielen Steinen anthropomorphe Details, doch sind bei einigen immerhin noch Schwerter erkennbar; außerdem spielt bei diesen Gruppen die ansonsten einheitliche Gestaltung der Steine und der Fundzusammenhang eine gewisse Rolle, so dass mit einigem Recht alle Steine einer solchen Gruppe (z. B. im Alignement von Stantari, in Filitosa oder die sogenannten Bamberger Götzen) als Statuenmenhire bezeichnet werden können.

Stelen ohne Gravierungen, oder solche mit kurvilinearen Gravierungen wie der Stein 3 der sogenannten Statuenmenhire de la Gruasse oder mit geometrischen Gravierungen wie der sogenannte Statuenmenhir von Latsch ähneln eher manchen Steinen der bretonischen Megalithkunst (z. B. Pierres-Plates oder Gavrinis); sie bedürfen sicherlich noch einer genaueren wissenschaftlichen Untersuchung und Einordnung.

Aussehen

Weiblicher Menhir im Kirchhof der Castel Church, Guernsey

Statuenmenhire stellen männliche, mitunter geschlechtlich unbestimmbare oder – an den Brüsten erkennbar – weibliche Wesen dar, die auf Korsika scheinbar auch Waffen tragen (Castaldu I).

Eine spätere, stark abstrahierte Ausprägung sind die sardischen Baityloi, die in der Nähe des Gigantengrabes von Tamuli die Verehrung eines Pantheons von sechs zur Hälfte mittels ihrer deutlichen brustartigen Wölbungen als weiblich einzustufenden Göttern darzustellen scheinen.

In der Bretagne und in Großbritannien gibt es Plattenmenhire, bei denen durch ein Rostrum, eine mehr oder weniger ausgeprägte Erhöhung in der Mitte der Oberkante, Kopf oder Hals lediglich angedeutet sind, die ansonsten aber ungestaltet sind. In Nordirland finden sich im County Fermanagh kleine anthropomorphe Steinfiguren, die als Caldragh Idole bekannt geworden sind, deren Entstehungszeit jedoch nicht feststeht. Auch wegen ihrer geringen Größe von nur etwa 60 cm rechnet man sie nicht zu den Statuenmenhiren.

Verbreitung

Statuenmenhire gibt es in einigen Ländern Europas, wo sie meist mit unbearbeiteten Menhiren vergesellschaftet vorkommen. Eine kleine Anzahl ist in Bulgarien, Deutschland, England, Griechenland und der Schweiz gefunden worden. An der Nordküste des Schwarzen Meeres findet sich die größte Konzentration von Steinen auf der Krim und in den Steppen der Ukraine, wo 300 Stelen und Statuenmenhire vorkommen. Im westmediterranen Raum kommen Statuenmenhire in Nordwestitalien, in Apulien sowie auf Korsika, Mallorca (Dame von Son Matge) und Sardinien sowie in Portugal und Spanien vor.

Südfrankreich

Drei große Areale mit zusammen über 140 Statuenmenhiren gibt es im Süden Frankreichs:

In Südfrankreich und auf der Iberischen Halbinsel tragen einige Exemplare die Ritzung eines Krummstabes (Báculo).

Korsika

Roger Grosjean stellte im Jahr 1967 eine 6-stufige typologische Klassifizierung der korsischen Menhire und Statuenmenhire vor, die in erster Linie auf das Vorhandensein oder Fehlen von Waffen beruht[2].

  • Stufe 1: Weniger als einen Meter hohe Monolithen oder Baityloi,
  • Stufe 2: Protoanthropomorph, die menschliche Form schematisch dargestellt,
  • Stufe 3: Anthropomorphe Figur mit separatem Kopf und Körper; selten mehr als zwei Meter hoch, unterteilt in:
  • Stufe 4: "Südliche Statuenmenhire, unbewaffnet", verfügen über anatomische Details vor allem im Gesicht (Augen, Nase, Mund).
  • Stufe 5: "Südliche Statuenmenhire, bewaffnet" mit Schwertern, Dolchen und Helmen oder Brustpanzern; anatomische Details sind nicht herausgearbeitet (Gürtel und Lendenschurz).
  • Stufe 6: "Nördliche Statuenmenhire, unbewaffnet", dünner und schlanker als die bisherigen Statuen; langer Hals und Ohren.

Sardinien

Auf Sardinien ist der bedeutendste Statuenfund der von Monte Prama. Rund 50 völlig andersartige Exemplare wurden um den Ort Laconi gefunden. Im Jahre 2005 wurde bei Laconi ein neuer fragmentarischer Statuenmenhir entdeckt, weitere fand man 1996 beim Gigantengrab von Murisiddi bei Isili. 2008 fand man unzählige zerbrochene Menhire bei Cuccuru e Lai. Eine bestimmte Form prähistorischer Menhire wird als Baityloi (ital. Betili) bezeichnet. Es handelt sich meist um nicht sehr große schlanke, granatenartig aussehende Steine, die aufrecht stehen. Einige haben Löcher anstelle der Augen, andere haben Brüste. Einer hat ein menschliches Antlitz.

Ligurien, Toskana

  • Auf dem italienischen Festland wurden in der historischen Region Lunigiana (heute weitgehend identisch mit den Provinzen La Spezia und Massa-Carrara) mehr als 60 Statuenmenhire gefunden, darunter auch mehrere weibliche. Viele Steine wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in das Museo delle statue stele della Lunigiana in Pontremoli verbracht.

Sonstige

Estàtua-menhir del Pla de les Pruneres (Mollet, Katalonien)[2]

Eine deutlich geringere Anzahl dieser wurden auch gefunden in/auf:

Datierung

Die meisten Forscher datieren die regelmäßig auf der Vorderseite (meist auch insgesamt) stelenartig geglätteten Statuenmenhire Westeuropas in das Endneolithikum und die Frühbronzezeit[3], d. h. ins 3. oder 2. Jahrtausend v. Chr. und somit deutlich jünger als die meisten anderen Menhire. Außerdem wird in Fachkreisen diskutiert, ob die anthropomorphen Darstellungen bei einigen Stelen dem Originalzustand bei Aufstellung der Steine entsprechen oder aber spätere Bearbeitungen sind.

Siehe auch

Literatur

  • MARTÍNEZ, P.; MOYA, A.; LÓPEZ, J.B. (2015): Catalunya, tierra de colosos. Las estatuas-menhires decoradas del Neolítico final-Calcolítico catalán : singularidades y vínculos con la estatuaria del Midi francés. Actes du 3e Colloque International sur la statuaire mégalithique : Pierres levées et statues-menhirs au Néolithique (Saint-Pons-de-Thomières, 10 au 12 septembre 2012), Saint-Pons-de-Thomières. pp. 269-284.[3]
  • MOYA, A., MARTÍNEZ, P. y LOPEZ, J. B. (2010): “Èssers de pedra. Estàtues-menhirs i esteles antropomorfes a l´art megalític de Catalunya”, Cypsela 18, pp 11-41. [4]
  • Enrico Atzeni: Tombe megalitiche di Laconi (Nuoro). In: G. Bartoli (Hrsg.): Congresso Internazionale l'Età del Rame in Europa. Viareggio 15–18 ottobre 1987. All'Insegna del Giglio, Florenz 1988, S. 524–527 (Rassegna di archeologia 7).
  • Joseph Cesari, Franck Leandri: Note sur la découverte de quatre nouvelles statues-menhirs en Corse. In: Archéologie en Languedoc. 22, 1998, ISSN 0221-4792, S. 93–103.
  • Marta Diaz-Guardamino Uribe: Iconical signs, indexical relations. Bronze Age stelae and statue-menhirs in the Iberian Peninsula. In: Journal of Iberian Archaeology, Jg. 10 (2008) ISSN 0874-2677.
  • Roger Grosjean: La statue-menhir de Santa-Naria (Olmeto, Corse) In: Bulletin de la Société préhistorique française. Comptes rendus des séances mensuelles 1974 S. 53–57
  • Tim Kerig: Ein Statuenmenhir mit Darstellung einer Axt vom Eschollbrückener Typ? Zu einem enigmatischen Steindenkmal aus Gelnhausen-Meerholz (Mainz-Kinzig-Kreis). In: Prähistorische Zeitschrift, Bd. 85 (2010), 59–78 ISSN 0079-4848.
  • Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Europäische Kultplätze der Steinzeit (Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas; Bd. 36). Beier & Beran, Langenweißbach 2003, ISBN 3-930036-70-3.
  • Detert Zylmann: Das Rätsel der Menhire. Probst, Mainz-Kostheim 2003, ISBN 3-936326-07-X.
Commons: Statuenmenhire – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. siehe z. B. http://www.cruptorix.nl/megalieten/statuesmenhirs-en.html
  2. http://www.casciani.fr/Fiches/Fiche0002.php
  3. Sara Champion, "Menhir." Grove Art Online. Oxford Art Online. Oxford University Press, accessed August 24, 2015, http://www.oxfordartonline.com/subscriber/article/grove/art/T056846