Judy Chicago

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Februar 2024 um 19:07 Uhr durch Weblex (Diskussion | Beiträge).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Judy Chicago, 2012

Judy Chicago (* 20. Juli 1939 als Judith Sylvia Cohen[1] in Chicago, Illinois) ist eine US-amerikanische feministische Künstlerin und Schriftstellerin. Bekannt wurde sie durch ihr Werk The Dinner Party.

Judy Chicago mit einem Gemälde, 2015

Geboren als Judith Cohen, wuchs sie in Chicago in einer Familie mit stark jüdisch-amerikanischer Tradition auf, wurde von ihren gewerkschaftlich engagierten Eltern jedoch weltlich erzogen. Ihre Abschlüsse als Bachelor of Arts und Master of Arts machte sie an der University of California in Los Angeles in den Fächern Malerei und Skulptur. Ab 1970 nahm sie ihr Pseudonym Chicago an.[2] Momentan ist sie als künstlerische Leiterin der Flower tätig, einer Non-Profit-Kunstorganisation, die sie 1978 in Zusammenhang mit ihrer künstlerischen Arbeit gründete.

Ihr Ehemann ist der Fotograf Donald Woodman.

Künstlerisches Wirken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ausstellungskatalog zu Womanhouse

Womanhouse (1972)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1971 gründete Judy Chicago gemeinsam mit Miriam Schapiro das Feminist Art Program für das California Institute of the Arts (CalArts). Sie waren die Organisatorinnen einer der ersten feministischen Kunstausstellungen, Womanhouse, vom 30. Januar bis 28. Februar 1972. Im Zentrum der Ausstellung stand, als Parodie der gesellschaftlichen Stereotype, die Hausarbeit von Frauen. Die Einnahmen aus dem Verkauf diverser Kunstwerke flossen in ein feministisches Kunstprogramm. Die Ausstellung bestand aus Installationen und einer Performance in einem 17-räumigen verlassenen Haus in Hollywood. Im Prozess des Kunst-Schaffens wurden Schlüsselkonzepte des Feminismus wie Zusammenarbeit und Bewusstmachung umgesetzt. Ziel der Ausstellerinnen war es, aktiv Kunst zu fördern, die weibliche Erfahrungen in den Mittelpunkt stellt.

The Dinner Party (1974–1979)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
The Dinner Party

International bekannt wurde Judy Chicago mit ihrer Arbeit The Dinner Party,[3] an der hunderte Freiwillige beteiligt waren. Das in Büchern gut dokumentierte Werk ist seit 2007 im Elizabeth A. Sackler Center for Feminist Art im Brooklyn Museum in New York untergebracht. Der Hauptteil, eine Hommage an die Geschichte der Frauen, besteht aus 39 Tellern auf einem dreieckigen Tisch. Jeder Teller ist, in Anlehnung an die vielfältigen anatomischen Variationen einer Vulva und ihrer poetischen Umschreibung als Blume, passend zum charakteristischen kulturellen Beitrag oder Erkennungszeichen der Eingeladenen gestaltet. Die 39 Sitzplätze an diesem fiktiven Dinner der mythischen und der geschichtlich realen Frauen sind den drei Seiten thematisch zugeordnet:

1. Seite:
Von der Prähistorie
bis zum Römischen Imperium

1. Primordiale Göttin (Gaia, Nyx, Ananke, Hemera, Thalassa)
2. Fruchtbarkeitsgöttin
3. Ištar
4. Kali
5. Kretische „Schlangengöttin“ Asasara
6. Sophia
7. Amazonen
8. Hatschepsut
9. Judit
10. Sappho
11. Aspasia
12. Boudicca
13. Hypatia

  2. Seite:
Von den Anfängen des Christentums
bis zur Reformation

14. Marcella
15. Birgitta von Schweden
16. Theodora I.
17. Hrotsvit (Roswitha von Gandersheim)
18. Trotula
19. Eleonore von Aquitanien
20. Hildegard von Bingen
21. Petronilla de Meath
22. Christine de Pizan
23. Isabella d’Este
24. Elisabeth I. von England
25. Artemisia Gentileschi
26. Anna Maria von Schürmann

  3. Seite:
Von der Amerikanischen-
bis zur Feministischen Revolution

27. Anne Hutchinson
28. Sacajawea
29. Caroline Herschel
30. Mary Wollstonecraft
31. Sojourner Truth
32. Susan B. Anthony
33. Elizabeth Blackwell
34. Emily Dickinson
35. Ethel Smyth
36. Margaret Sanger
37. Natalie Barney
38. Virginia Woolf
39. Georgia O’Keeffe

Die Namen weiterer 999 mythischer und historischer Frauen sind auf 2300 unter dem Tischdreieck liegenden Bodenfliesen festgehalten.[4]

Sonstige Projekte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Birth Project 1980–1985 führte über die ganze USA ein Netzwerk von ausgebildeten Textilarbeiterinnen zusammen. In Holocaust Project 1993 wurde der deutsche Völkermord an den Juden mit der universalen Erfahrung der Verletzlichkeit menschlicher Wesen in Verbindung gebracht. Resolutions von 1994 kehrte thematisch zum Feminismus zurück.

  • Through the Flower: My Struggle as a Woman Artist (1975)
  • The Dinner Party: A Symbol of Our Heritage (1979)
  • Embroidering Our Heritage: The Dinner Party Needlework (1980)
  • The Birth Project (1985)
  • Holocaust Project: From Darkness into Light (1993)
  • The Dinner Party (1996)
  • Beyond the Flower: The Autobiography of a Feminist Artist (1996)
  • Fragments from the Delta of Venus (2004)
  • Kitty City: A Feline Book of Hours (2005)

2017 führte die deutsche Choreografin Sasha Waltz im Rahmen des Festivals Tanz im August ihr Tanzstück Women in der Elisabethkirche in Berlin auf.[5] Waltz berief sich mit diesem Werk auf die Installation The Dinner Party.[6] Von der Kritik wurde das Tanzstück als sehr blutig empfunden, während The Dinner Party „eine exquisit eingedeckte Tafelrunde für die historische Prominenz von Sappho bis Virginia Woolf“ sei, „unbelebt“ und deshalb Nahrung „für die Fantasie der Betrachterin“.[6]

Commons: Judy Chicago – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Encyclopedia Britannica: Judy Chicago
  2. Theresa Dann: Judy Chicago. In: Gabriele Schor (Hrsg.): Feministische Avantgarde. Kunst der 1970er-Jahre. Prestel, München / London / New York 2016, S. 494.
  3. The Dinner Party by Judy Chicago. Brooklyn Museum
  4. Liste mythischer und historischer Frauen
  5. Wiebke Hüster: Die verrätselte Frau. In: FAZ.net. 3. September 2017, abgerufen am 4. September 2017.
  6. a b Dorion Weickmann: Eine Frauensache. Geschichtsbewusste Choreografinnen dominieren die zweite Hälfte des Berliner Festivals Tanz im August. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 201, 21. September 2017, S. 13.