Gustav Gotthilf Winkel

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Winkel als Corpsstudent um 1928

Gustav Gotthilf Winkel (* 18. August 1857 in Pritzwalk; † 6. Februar 1937 in Marburg[1]) war ein deutscher Verwaltungsjurist und Heraldiker. Berühmt wurde er als Corpsstudent.

Als einziger Sohn eines Kanzleirats im Kreis Prignitz geboren, durchlief Winkel seine Schulausbildung in Pritzwalk, Wittstock/Dosse und ab 1878 am Königlichen Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Greiffenberg. Ab 1879 studierte er Rechtswissenschaft an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, der Friedrichs-Universität Halle, der Universität Leipzig und der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Nach dem Ersten Staatsexamen am Oberlandesgericht Naumburg am 3. November 1884 war er Gerichtsreferendar in Pritzwalk und am Landgericht Berlin. 1887 wechselte er von der Rechtspflege in die innere Verwaltung des Königreichs Preußen. Als Regierungsreferendar wurde er in den Regierungsbezirk Posen versetzt. Nach dem Dienst bei den Landratsämtern des Kreises Obornik und des Kreises Wreschen (1888) kam er zur Regierung in Breslau. Am 5. Juli 1890 bestand er am Kammergericht die Assessorprüfung. Danach war er Regierungsassessor beim Kreis Neuhaldensleben und bei der Regierung in Magdeburg (Steuern, Baupolizei, Eisenbahn und Deiche). 1893 heiratete er Agnes von Erckert aus Freienwalde. 1904 ging er als Domänendezernent zur Regierung in Kassel. 1908 wurde er nach Köslin und 1911 schließlich als Geh. Regierungsrat zur Regierung in Königsberg versetzt. Wegen eines Augenleidens quittierte er Mitte 1918 mit 61 Jahren den Dienst. Den Ruhestand verlebte er in Marburg.

Die von Winkel herausgegebene Kriegszeitung

Winkels corpsstudentisches Leben begann 1879 bei Franconia Würzburg. Als Inaktiver war er Verkehrsgast bei Borussia Halle. Bei Borussia Breslau verkehrte er wie ein Corpsbursche. 1911 nach Königsberg i. Pr. versetzt zu werden,

„war natürlich für Winkel das Beste, was ihm passieren konnte. Bei den Masuren verkehrte er bald wie ein Aktiver. Er war so mitten drin, dass er auf der Grogstunde zum Dämmerschoppen den Alten Herren sagen musste, wie ihre jungen Corpsbrüder hießen. Als der Krieg ausbrach und er viele Feldpostbriefe auf dem Haus herumliegen sah, regte er an, diese zu sammeln, um sie durch eine Feldkriegszeitung allen Corpsbrüdern zugänglich zu machen. Die Anregung wurde aufgegriffen und Winkel gebeten, die Zeitung zusammenzustellen, was er freudig tat. Zweimal im Monat stellte er eine Zeitung zusammen und versandte sie. 100 Nummern wurden es bis zum Kriegsende und belohnt wurde diese selbstlose Arbeit durch die Verleihung der Corpsschleife im Jahre 1915.“

Herbert Kater

Die handschriftliche Lithographie der Kriegszeitung des Corps Masovia 1914–1919 mit 1.081 Seiten in zwei Bänden befindet sich im Masurenarchiv und in der Deutschen Nationalbibliothek. Zeitlebens grollte er, dass Masovia ihm nur die Corpsschleife verliehen hatte. In besonders großer Ausfertigung trug er sie unter dem Band seines Muttercorps.

1919/20 war Winkel Herausgeber der Deutschen Corps-Zeitung. Er kämpfte für die Aufnahme der Rhaetia und der Corps in Prag, Graz, Leoben, Wien und Brünn. Dafür erhielt er ehrenhalber die Bänder von Rhaetia (1919), Suevia Prag (1919), Frankonia Brünn (1919) und Marchia Brünn (1920). Er initiierte Masovias Vorstellungsverhältnisse mit Suevia Prag und Rhaetia. 1928 gab er das Biographische Corpsalbum der Borussia Bonn 1821–1928 mit Kurzlebensläufen und Abbildungen fast aller 1.037 Bonner Preußen heraus. Dafür erhielt er 1928 Borussias Corpsschleife.[2] Seine Corpsgeschichte der Bonner Borussia 1821–1935 erschien erst 1938 postum. Indem er die Corpsliste bearbeitete und 90 frühe Bonner Preußen nachwies, konnte das „Kaisercorps“ seine Stiftung um sieben Jahre rückdatieren. Von 1898 bis 1931 nahm er an allen 31 Abgeordnetentagen des Verbandes Alter Corpsstudenten teil. Er vertrat die Alte-Herren-Senioren-Convente zu Magdeburg, Kassel, Köslin, Stettin, Kolberg, Bartenstein, Stolp, Insterburg, Waldenburg und Lyck. Er besorgte die 1930 erschienene Neuausgabe der Kösener Corpslisten. Seine Briefe unterschrieb er mit G.G.

„GeGe Winkel, wie er allgemein genannt wurde, war das wohl größte Original, das der Kösener hervorgebracht hat.“

Herbert Kater

Zeitlebens liebte Winkel die Berge. An seinem 70. Geburtstag wurde er Hüttenwart der Kasseler Hütte in den Zillertaler Alpen.

Pedantisch veranlagt, war Winkel ein großer Sammler auf dreißig Gebieten. Wie kein anderer hat er die Friedens-, Sieges- und Vivatbänder in Erinnerung gebracht, gesammelt, rekonstruiert und erneuert.

Winkels Nachlass befindet sich im Stadtmuseum Weißenfels auf Schloss Neu-Augustusburg.

  • Zur Vorgeschichte der Corps der Albertina. Deutsche Corps-Zeitung 33/9, S. 258 ff. und 34/6, S. 157 ff.
  • Die Wappen und Siegel der Städte, Flecken und Dörfer der Altmark und Prignitz. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins, Bd. 24, 1 (1894) S. 1–80. Magdeburg 1894 (Nachdruck 2004).
  • Vivatbänder. Ein Festschmuck aus fridericianischer Zeit. In: Velhagen und Klasings Monatshefte. Jg. 12, 1897/98, Bd. 2, Heft 8, April 1898, S. 184–193.
  • Geschichte der Franconia Erlangen 1810–1826, mit Mitgliederliste von 108 Namen. 1902.
  • Fürst Bismarck als Deichhauptmann. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins, Bd. 30 (1903) S. 189–205.
  • Lees Knowles: Ein Tag mit Korpsstudenten in Deutschland, auf Wunsch des Verfassers aus dem Englischen übersetzt von Gustav Gotthilf Winkel. Königsberg 1914, DNB 361075634
  • Die Corps und Burschenschaften an der Albertina. Königsberg 1914, DNB 57837790X
  • Deutsche oder lateinische Schrift für Schreibmaschinen? Königsberg um 1916, DNB 578377918
  • Vivatbänder. In: Mitteilungen. Verband deutscher Kriegssammlungen (1920), Heft 4, S. 101–118 (Digitalisat).
  • Kösener SC-Kalender – Taschenbuch für den Kösener Corpsstudenten. Leipzig 1920.
  • Weinheimer SC-Kalender, Leipzig 1926, DNB 577430858
  • Biographisches Corpsalbum der Borussia zu Bonn 1821–1928. Selbstverlag der Borussia, Bonn, Druck Wailandt AG, Aschaffenburg 1928. (urn:nbn:de:hbz:5:1-14326) Digitalisat
  • Lebensbild eines preußischen Verwaltungsbeamten (Selbstbiographie), in: Max F. Erckert: Chronik des fränkischen Geschlechts Erckert. 1971, S. 314–318.
  • Biographisches Lexikon der Heraldiker sowie der Sphragistiker, Vexillologen und Insignologen, hg. vom HEROLD, Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. Bearbeitet von Jürgen Arndt unter Mitwirkung von Horst Hilgenberg und Marga Wehner. Bauer & Raspe, Neustadt an der Aisch 1992 (J. Siebmachers Großes Wappenbuch, Bd. H), ISBN 3-87947-109-6, S. 592
  • Herbert Kater: Geh. Regierungsrat Gustav Gotthilf Winkel. Einst und Jetzt, Bd. 28 (1983), S. 185–194 (nach Aufzeichnungen von Peter Engel).
  • Pallas – Zeitschrift des Kunstgewerbevereins zu Magdeburg, Bd. 13 (1892), S. 25 f. (Chronik)
  • Konrad Vanja: Vivat–Vivat–Vivat! Widmungs- und Gedenkbänder aus drei Jahrhunderten. Schriften des Museums für Deutsche Volkskunde Berlin, Bd. 12. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, 5. Mai bis 13. Oktober 1985
  • Wer ist’s? – 10. Ausgabe (1935)
Commons: Gustav Gotthilf Winkel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Siehe Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAMR), Best. 915 Nr. 5750, S. 140 (Digitalisat).
  2. Kösener Corpslisten 1960, Hrsg. Otto Gerlach. Im Selbstverlag des Verbandes der Alten Corpsstudenten, Druck C. L. Mettcker Jever, Kassel 1961, 139/494; 87/1023; 74/179; 118/131; 17/78; 18/143; 9/1038.