Ratiopharm

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Ratiopharm GmbH

Ratiopharm-Logo
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Rechtsform GmbH
Gründung 1974
Sitz Ulm
Leitung Oliver Windholz (CEO)
Mitarbeiterzahl 5417 (2007)[1]
Umsatz 1,819 Mrd. EUR (2007) weltweit
819,4 Mio. EUR (2007) Deutschland
Branche Pharmazeutische Industrie
Website ratiopharm.de

Die Ratiopharm GmbH (Eigenschreibweise: ratiopharm GmbH) ist ein 1974 gegründetes deutsches Pharmaunternehmen mit Sitz in Ulm. Geschäftsfelder sind das international ausgerichtete Generikageschäft, die Entwicklung von Biosimilars und die Produktion sowohl für die herkömmlichen chemischen Produkte als auch für die Herstellung von biopharmazeutischen Wirkstoffen und biopharmazeutischen Endprodukten.

Die Produktpalette umfasst über 950 verschreibungspflichtige Arzneimittel und nicht verschreibungspflichtige („OTC“) Präparate, die ausschließlich über Apotheken vertrieben werden. Somit verfügt das Unternehmen über das größte Produktsortiment der Branche. Nahezu alle Anwendungsgebiete, von Allergien über Herz-Kreislauf-Beschwerden, Magen-Darm-Problemen bis hin zu Zahnschmerzen werden abgedeckt.

In Deutschland beläuft sich der Umsatz auf 819 Mio. Euro. Der Gesamtumsatz beträgt 1,819 Mrd. Euro. Mit jährlich 170 Millionen Packungen stellt Ratiopharm Deutschlands meistverwendete und meistverordnete Arzneimittelmarke dar. Ratiopharm ist in 25 Ländern mit Niederlassungen vertreten, erhältlich sind die Produkte in 35 Ländern. Weltweit beschäftigt die Ratiopharm-Gruppe 5417 Mitarbeiter, davon 2846 in Deutschland (2007).

Geschichte

Geschäftszahlen
Jahr Umsatz weltweit
in Mio. Euro
Umsatz in Dt.
in Mio. Euro
2007 1.819 819,4
2006 1.702 815,1
2005 1.615 864,4
2004 1.459 673
2003 1.101 421
2002 931
2001 816
Alte Geschäftszahlen
Jahr Umsatz
in Mio. Mark
1989 371
1975 2,5
1974 0,25

Die ratiopharm GmbH wurde 1974 von Adolf Merckle in Blaubeuren als 100-%-Tochter der Merckle GmbH gegründet. Ein Meilenstein in der Firmengeschichte war die Einführung des Antibiotikums Doxycyclin-ratiopharm 1979. Die Zulassung des Generikums musste vor Gericht gegen den Widerstand des Originalherstellers erkämpft werden. Mit dem Gerichtsurteil wurde eine entscheidende Voraussetzung für die künftige Akzeptanz von Generika in Deutschland geschaffen. 1985 erfolgte die Einführung der sogenannten OTC-Arzneimittel, die ohne Verschreibungspflicht in den Apotheken erhältlich sind. Die ratiopharm International GmbH wurde 1988 gegründet.

Im Jahr 2000 stieg Ratiopharm zum führenden Generika-Anbieter in Europa auf. Im gleichen Jahr erfolgte die Übernahme von Kanadas drittgrößtem Generika-Hersteller Technilab (inzwischen ratiopharm Canada). 2002 wurde ribosepharm von Fujisawa Pharmaceutical (Onkologie-Produkte) übernommen. 2004 erfolgte die Übernahme von Magnafarma, dem drittgrößten niederländischen Generika-Hersteller. Im selben Jahr war Ratiopharm weltweit bereits in 24 Ländern präsent. Im Oktober 2005 wurde der jüngste Entwicklungsstandort von Ratiopharm in Goa in Indien eröffnet.

2007 startete Firmenchef Philipp Daniel Merckle eine Image-Kampagne mit dem Namen „World in Balance“.

Mitte März 2008 gab Ratiopharm bekannt, dass sich Philipp Daniel Merckle zum Ende des Monats aus dem operativen Geschäft der Ratiopharm-Gruppe zurückziehen und in den Beirat der Unternehmensgruppe wechseln werde. Sein Nachfolger ist der Wirtschaftsingenieur Oliver Windholz.[2]

Am 7. Januar 2009 wurde der Verkauf von Ratiopharm durch die Merckle-Gruppe beschlossen und bestätigt. [3]

Fehlspekulationen

Nachdem der schwäbische Unternehmer und Milliardär Adolf Merckle (ratiopharm, HeidelbergCement) an der Börse mit mehreren Spekulationsgeschäften in komplizierten Beteiligungsverhältnissen an mehreren Unternehmen einen dreistelligen Millionenbetrag verloren hatte, sollen derzeit rund 40 Banken an Gesprächen über die Stabilisierung seines Firmenimperiums beteiligt sein. Laut Ludwig Merckle, Geschäftsführer der Ratiopharm-Muttergesellschaft VEM Vermögensverwaltung GmbH, drängen diese „massiv“ auf einen Verkauf von Ratiopharm oder anderen Beteiligungen. Dies verkündete Merckle auf einer Betriebsversammlung. Vom Land Baden-Württemberg wird Merckle keine Bürgschaft erhalten, wie von ihm gewünscht.[4] Adolf Merckle setzte nach Informationen aus Branchenkreisen seine Gläubigerbanken unter Druck. Merckle drohte, seine Beteiligungsgesellschaft VEM Vermögensverwaltung in die Insolvenz gehen zu lassen, sollten die Kreditinstitute ihn nicht finanziell unterstützen.[5][6]

Unternehmenskritik

Im Jahr 2005 wurde der Pharmakonzern beschuldigt, Ärzten systematisch Geld dafür zu zahlen, dass sie Ratiopharm-Produkte bevorzugt verschreiben. Dies sei durch E-Mails, Schecks und interne Dokumente belegt, die der Zeitschrift Stern vorlägen. Um seinen Marktanteil an verschriebenen Medikamenten zu erhöhen, habe Ratiopharm Ärzten die Praxissoftware „Doc Expert“ bezahlt, eine Software, die dem Arzt bevorzugt Ratiopharm-Produkte vorschlägt. Besonders kooperative Ärzte seien regelmäßig mit sogenannten „V.O.M.-Schecks“ (Abkürzung für Verordnungsmanagement) in Höhe von 2,5 % des Apotheken-Verkaufspreises pro Medikament belohnt worden. Zahlungen an Ärzte seien hierfür oft als Referentenhonorar oder Patientenseminar getarnt worden. Bis 2003 seien die Vergütungen an Ärzte zu einem großen Teil auch als Sachgeschenke wie Espressomaschinen, Mikrowellen etc. geleistet worden. [7] Ratiopharm wies die Anschuldigungen zurück und gab bekannt, juristische Schritte wegen mutwilliger Rufschädigung gegen den Stern einleiten zu wollen. [8]

Am 18. November 2005 teilte der Eigentümervertreter Philipp Daniel Merckle die Abberufung und sofortige Freistellung des Vorsitzenden der Geschäftsführung, Claudio Albrecht sowie des Finanzvorstandes Peter Prock mit; Hintergrund sollen aggressive Vertriebspraktiken sein. Merckle gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Die Folgen der bisherigen Führung sind mir in vielem zutiefst zuwider.“

Im Dezember 2005 stellte die Staatsanwaltschaft Ulm die aus diesem Artikel resultierenden Ermittlungen wegen Verdachtes der Untreue und des Betruges aus Rechtsgründen ein.

Im April 2006 korrigierte die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart diese Entscheidung und ordnete erneut Ermittlungen gegen Ratiopharm wegen des Verdachts auf Beihilfe zu Betrug und Untreue an. Es sollte geprüft werden, ob das Pharmaunternehmen Ärzte mit bestimmten Vergünstigungen dazu gebracht hat, Ratiopharm-Produkte zu verschreiben, obwohl sie günstigere Konkurrenzmittel hätten verschreiben müssen. Im November 2006 wurden die Ratiopharm-Firmenzentrale sowie acht Privatwohnungen von Ratiopharm-Mitarbeitern von der Landespolizeidirektion Tübingen durchsucht. [9]

Am 18. Dezember 2006 wurden Wohnungen und Geschäftsräume von knapp 400 ehemaligen und aktiven Außendienstmitarbeitern durchsucht. Die verantwortliche und zuständige Staatsanwaltschaft Ulm gab bekannt, dass „mit einem baldigen Abschluss des Ermittlungsverfahrens nicht zu rechnen“ sei.[10]

Einzelnachweise

  1. Unternehmensportrait: Informationen zum Unternehmen
  2. Presseinformation vom 13. März 2008
  3. Bericht auf gmx.de
  4. http://www.news-und-trends.de/newsfeed.php?id=2661307801
  5. dpa-AFX und Ärztezeitung online vom 11. Dezember 2008
  6. Bericht Financial Times Deutschland
  7. Markus Grill: Der Pharma-Skandal Stern 46/2005
  8. Ratiopharm droht „Stern“ mit Klage Der Spiegel, 9. November 2005
  9. Markus Grill: Razzia bei Ratiopharm
  10. Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Firma ratiopharm führt zu Durchsuchungen in neun Objekten – Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Ulm vom 7. November 2006