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Leuchtturm Norderney

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Leuchtturm Norderney
Großer Norderneyer Leuchtturm
Großer Norderneyer Leuchtturm
Großer Norderneyer Leuchtturm
Ort: Norderney
Lage: auf einer Düne in der Mitte der Ostfriesischen Insel Norderney
Geographische Lage: 53° 42′ 33,5″ N, 7° 13′ 46,6″ OKoordinaten: 53° 42′ 33,5″ N, 7° 13′ 46,6″ O
Höhe Turmbasis: 54,6 m ü. NN
Leuchtturm Norderney (Niedersachsen)
Leuchtturm Norderney (Niedersachsen)
Kennung: Blz. (3) 12 s
0.2s-(2.8s)-0.2s-(2.8s)-0.2s-(5.8s)
Nenntragweite weiß: 23 sm (42,6 km)
Nenntragweite grün: - sm (Fehler im Ausdruck: Fehlender Operand für * km)
Nenntragweite rot: - sm (Fehler im Ausdruck: Fehlender Operand für * km)
Optik: Fresnel-Linse
Betriebsart: 1874 Petroleumlampe
1900 Petroleumglühlicht
1930 Elektrifizierung
1938 Glühlampenlicht
Funktion: Leuchtturm
Bauzeit: 1871 bis 1874
Betriebszeit: seit 1. Oktober 1874
Übersicht der Leuchttürme auf den Ostfriesischen Inseln
Bild des Leuchtturms um 1900

Der Leuchtturm Norderney (Offizielle Bezeichnung: Großer Norderneyer Leuchtturm)[1] steht etwa in der Mitte der ostfriesischen Insel Norderney auf einer rund 10 m hohen Düne[2] unmittelbar nördlich des Inselflugplatzes. Der Leuchtturm wurde in den Jahren 1871 bis 1874 erbaut und ist ein aktives Seezeichen vor der niedersächsischen Festlandsküste. Mit einer Turmhöhe von 54,60 Metern ü. NN. (Gesamthöhe mit Laterne 64 Meter), 253 Stufen und einem mittleren Durchmesser von etwa 6,45 Metern ist er gleichzeitig das höchste Bauwerk der Insel und dient der Schifffahrt als Navigationsfestpunkt, Landmarke und Wegweiser. Der Turm mit der internationalen vergebenen Ordnungsnummer B 1054 gehört der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung der Bundesrepublik Deutschland, Außenbezirk Emden. Zum Turm gehört ein Wärter- und Maschinenhaus, in dem sich bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts eine Telegrafenstation befand.

Geschichte

Bau und Inbetriebnahme

Der Leuchtturm hat einen 13,27 m[3] hohen Sockel mit quadratischem Querschnitt sowie einen Hauptschaft mit einem Querschnitt in Form eines regelmäßigen Achteckes. Er wurde in den Jahren 1871 bis 1874 durch die 1823 gegründete Königliche General-Direktion des Wasserbaus mit Sitz in Hannover in massiver Bauweise aus roten Ziegeln gemauert. Die Abschlusssteine des Turmkopfes bestehen aus Sandstein.[1][3] Die Baupläne entwarf die Königlich-Preußische Wasser- und Schiffahrtsverwaltung in Norden zusammen mit dem Konstrukteur Ernst Schumacher aus Leer. Seitdem ist der Turm das einzige aktive Seefeuer auf der Insel und dient der Schifffahrt als Orientierungsfeuer.[4] Der Leuchtturm wurde am 1. Oktober 1874 nach dem Entzünden seiner Lichtquelle, die zunächst aus einer Petroleumlampe mit fünf konzentrischen Dochten bestand, offiziell als festes Schifffahrtszeichen der Insel Norderney eingeweiht. Damit wurde eine rund 80 Kilometer lange Lücke von Leuchtfeuern auf den Ostfriesischen Inseln und der südlichen Deutschen Bucht unterbrochen. Da es bereits seit 1857 und 1870 auf Borkum seit 1624 auf Wangerooge Leuchtfeuer gab und die Küste zwischen Juist und Spiekeroog völlig unbefeuert war, drängten in erster Linie die Bremer Kaufmannschaft, die die Sicherheit ihrer eingesetzten Schiffe bedroht sah, auf den Bau eines weiteren Bauwerks auf einer der Ostfriesischen Inseln.[3][5] Durch die Errichtung und Inbetriebnahme des Norderneyer Leuchtturms kam es zu einer Verdichtung der Leuchtfeuer, wodurch die Sicherheit des Schiffsverkehrs vor der deutschen Küste erhöht werden sollte. Der Leuchtturm löste das im Jahre 1849 errichtete Kap als offizielles Erkennungszeichen der Insel für die Seefahrt ab.

In der Bekanntmachung für Seefahrer durch den Bauinspektor Adolf Tolle vom 4. August 1874 heißt es:[6]

Norderney, auf dem nördlichen Ende der großen Düne, südöstlich der sogenannten weißen Dünen. Ein weißes Funkelfeuer mit Blinken von 10 zu 10 Sekunden, den ganzen Horizont beleuchtend. Fresnelcher Linsenapparat I. Ordnung, 24-teilig, Brenner Nr. 5 mit 5 Dochten. Mineralöl, Verbrennung 1150g/Std., 4500 kg pro Jahr. Feuerhöhe 59,6 m, Höhe des Leuchtfeuergebäudes 53,75 m über dem Erdboden… Es sind 3 Wärter vorhanden. In dem Wärterhaus neben dem Leuchtturm wird eine Telegrafenstation eingerichtet werden.

Seit seiner Entzündung sandte das Leuchtfeuer sechs Blitze in der Minute über 21 Seemeilen. Im Jahre 1930 wurde das Petroleumfeuer gelöscht und die Lichtquelle auf eine elektrische Glühlampe mit einer Leistung von 1000 Watt umgestellt. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Leuchtfeuer der Leuchttürme und Feuerschiffe vor der deutschen Küste abgeschaltet. Der Norderneyer Leuchtturm wurde von den alliierten Bomberverbänden während der Bombenangriffe auf die Ostfriesischen Inseln nicht zerstört, da er als Tagessichtmarke und Navigationspunkt diente. Vor der Elektrifizierung der Drehmechanik erfolgte die Drehung der Optik bis in das Jahr 1959 durch ein im Turmschacht aufgehängtes Gewicht von 3,5 bis 4 Zentnern, welches täglich durch die bis zu drei angestellten Leuchtturmwärter mithilfe einer Winde von Hand aufgezogen werden musste. Im Zuge der allgemeinen Modernisierung der Leuchtfeuer an den deutschen Küsten wurde im Juli 1977 die Blitzkennung des Leuchtturms geändert. Seitdem wird alle 12 Sekunden eine Gruppe von drei Blitzen ausgesandt. Die Blitzkennung lautet (Blz.(3) 12 s).[4][7][8] Seit 1981 wird der Betrieb des Turms von der Verkehrszentrale Ems an der Knock bei Emden vollautomatisch ferngesteuert und überwacht.

Modernisierung und Sanierung

Aufgrund der vorherrschenden Witterungsbedingungen wurde der Turm in den Jahren 1936, 1951 und 1957 durch Außenanstriche neu imprägniert, bevor 1975 eine erste gründliche Restaurierung erforderlich wurde.[9] Nachdem der Turm im Jahre 1930 an das örtliche Stromnetz angeschlossen wurde, um die Petroleumlampe durch eine Glühlampe zu ersetzen, wurde 1958 ein Notstromaggregat eingebaut.[3]

Instandsetzungsarbeiten von 2003 bis 2006

Der Leuchtturm während der Sanierungsphase

Bei einer weiteren Bauwerksprüfung wurden gravierende Feuchtigkeitsschäden festgestellt, die eine grundsätzliche Bausubstanzerhaltung nach sich zogen. Von 2003 bis 2006 wurde der Leuchtturm daraufhin in den Monaten März bis Oktober mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 600.000 Euro aufwändig in fünf Stadien restauriert. Zunächst wurde damit begonnen, das äußere, aus Ziegeln und hartem Mörtel bestehende Mauerwerk, das nach 129 Jahren durch Wind und Wetter verwittert und durch Risse zerstört war, vor allem im Bereich des Sockels großflächig zu sanieren und gegen aufkommende Feuchtigkeitsschäden zu imprägnieren. Die weiteren Stadien waren die anschließende Verfugung des Mauerwerks mit neuem Mörtel, die Sanierung der Fenster und der Eingangstür sowie die Sanierung des inneren Mauerwerks und des Daches. Der Brandschutz wurde auf einen aktuellen Stand gebracht. Der Leuchtapparat wurde im Zuge der allgemeinen Sanierung 2004 mit einer 400 Watt starken Halogendampflampe modernisiert, die unter anderem die Wartungsintervalle vergrößert, da sie in einem automatischen Lampenwechsler verbaut ist. Fällt eine Lampe aus, so schaltet sich die zweite automatisch ein. Die gebündelte Lichtstärke beträgt 496.000 cd, der Lichtstrahl ist 20,7 Seemeilen weit sichtbar.[1]

Der Leuchtturm ist seit diesen Sanierungsarbeiten mit zwei AIS-Antennen versehen, die an der Ostseite der Laterne am Turmkopf angebracht wurden. Weitere installierte Antennen-, Sende- und Empfangseinrichtungen sind ein Datensender für den Pegeldatenfunk der Wasserstandsdatenfernübertragung (WDFÜ) und Funkantennen für die Kommunikation der DGzRS-Seenotrettungskreuzer.

Laterne und Optik

Bildergalerie des Linsenapparats und der Laterne

Ein nach den Plänen des französischen Ingenieurs Augustin Jean Fresnel entworfener Fresnelscher Linsenapparat wird in das 5,3 m hohe Laternenhaus des Leuchtturms eingesetzt. Das Laternenhaus ist an seinen 16 Glasflächen durchgehend weiß verglast. Auf dem Laternenhaus ist ein kupfernes Kuppeldach mit einer Spitze aufgesetzt.[3] Der Linsenapparat ist auf einer kugelgelagerten Platte montiert und linksdrehend. Er dient zur Verstärkung und Bündelung des Lichtes aus der in der Mitte der Optik installierten Lichtquelle. Die auf diese Art stark gebündelten Lichtstrahlen haben eine Tragweite von 23 Seemeilen (42,6 Kilometer). Der gesamte Linsenapparat hat einen Durchmesser von 1,85 Metern und besteht aus 1008 Prismen, von denen jede vierte abgedeckt ist, und 24 Plankonvexlinsen. Ein Linsenfeld hat 8 katadioptrische Prismen unterhalb und 18 katadioptrische Prismen oberhalb des Diopters. Der Diopter, die eigentliche Fresnel-Linse, besteht aus der Plankonvexlinse und je 8 dioptrischen Prismen oberhalb und unterhalb der Plankonvexlinse. Mit einer Brennweite von 920 Millimetern gehört der Linsenapparat zur 1. Ordnung.[10] Die Ordnungszahl gibt dabei die Entfernung der Linse zum Leuchtkörper an.[11] Insgesamt besteht die 3,5 Tonnen schwere Linsen-Konstruktion, die aufgrund ihrer Form als Scheinwerferoptik bezeichnet wird, aus 1032 Prismen und Linsen. Die Fresnel-Linse wurde von der in Paris ansässigen Firma Sautter – Lemonier & Cie. gefertigt und als Reparationsleistung des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 geliefert.[12]

Sonstiges

Datei:DPAG 2009 Leuchtturm Norderney.jpg
Briefmarke von 2009

Gegen Eintrittsgeld kann der Turm seit April 2006 bestiegen[1] und in der Hauptsaison als Aussichtspunkt genutzt werden. Die jährliche Besucherzahl liegt bei etwa 40.000. An klaren Tagen mit guter Fernsicht können von der umzäunten Galerie unterhalb der Turmspitze im Westen Juist und Borkum mit seinen Leuchttürmen und im Osten Langeoog mit seinem Wasserturm und Spiekeroog mit bloßem Auge ausgemacht werden.

Der Kunstmaler Ole West, der bis Ende 2008 auf Norderney lebte, hat den Leuchtturm und dessen Umgebung häufig als Motiv seiner Bilder gewählt, die er hauptsächlich auf Seekarten malt.

Am 2. Juli 2009 gab die Post eine Sonderbriefmarke mit dem Bild des Norderneyer Leuchtturms im Wert von 45 Cent in der Serie Leuchttürme heraus. Die Gesamtauflage der Briefmarke beträgt 12,3 Millionen Exemplare.[13] Der Entwurf für das Postwertzeichen stammt von Professor Johannes Graf aus Dortmund. Erstausgabestempel der Stempelstellen Berlin und Bonn sind verfügbar.[14]

Siehe auch

Commons: Norderney – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Bildbände
  • Reinhard Scheiblich, Hans Helge Staack: Leuchttürme-Lexikon. Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-8319-0038-8.
  • Uwe Schnall: Leuchttürme an deutschen Küsten. Eine Bildreise. Ellert & Richter Verlag, Hamburg 1999, ISBN 3-89234-521-X.

Einzelnachweise

  1. a b c d Anfrage über Online-Formular an die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) – Wasser- und Schifffahrtsamt Emden (WSA Außenbezirk Emden)
  2. Natur erleben in Niedersachsen - Nationale Naturlandschaften. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, abgerufen am 5. September 2009.
  3. a b c d e Manfred Schüler: Deutsche Leuchtfeuer - Norderney. In: Deutsche Leuchtfeuer. 20. Juli 2007, abgerufen am 5. September 2009.
  4. a b Leuchtturm Norderney. Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) – Wasser- und Schifffahrtsamt Emden (WSA Außenbezirk Emden), abgerufen am 10. Januar 2009.
  5. Thorsten Solmecke und Ulrich Sengebusch: Leuchtturm Norderney. 1. September 2009, abgerufen am 5. September 2009.
  6. Manfred Bätje: Norderney entdecken. In: Stadt Norderney (Hrsg.): Das Historische Schaufenster - Ein Streifzug durch die Geschichte und Kultur der Insel und des Nordseeheilbades Norderney. 2. Auflage. Selbstverlag, Norderney 2004.
  7. Daten des Norderneyer Leuchtturms. In: leuchtturm-atlas.de. Abgerufen am 10. Januar 2009.
  8. Anlage 8, Bezeichnung der Wasserstraße. Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV);
  9. Friedrich-Karl Zemke: Deutsche Leuchttürme einst und jetzt. 3. Auflage. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2000, ISBN 3-7822-0769-6, S. 78.
  10. Informationen zur Modernisierung des Lampenapparates. Fachstelle der Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) für Verkehrstechniken (FVT), abgerufen am 10. Januar 2009.
  11. Informationen zur Leuchtturm-Technik. In: luechthuus.de. Abgerufen am 10. Januar 2009.
  12. Daten und Bilder zum Leuchtturm Norderney. In: leuchtturm-welt.de. Abgerufen am 10. Januar 2009.
  13. Leuchtturm Norderney als Sonderbriefmarke. In: Ostfriesischer Kurier. 3. Juli 2009, S. 9 (Online-Ausgabe JPEG-Grafik; 947 KB).
  14. Deutsche Post Philatelie (Hrsg.): Postfrisch - Das Philatelie Journal. Juli/August, 2009.