Sturmlied

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Das Sturmlied ist ein um 1920 von Dietrich Eckart verfasster Text, der durch nationalsozialistische Propaganda Bekanntheit erlangte. Dem Text entstammt die Parole "Deutschland erwache!", die immer noch in Neonazi-Kreisen aufgegriffen wird.[1]

Entstehung

Dietrich Eckart war ein überzeugter Nationalsozialist, der von Adolf Hitler in seinem Werk Mein Kampf mit einer Widmung bedacht wurde. Er dichtete das Lied, welches - wie etwa auch das Horst-Wessel-Lied - zu einer wichtigen Hymne der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, der Sturmabteilung (SA) avancierte.

Inhalt

Das Sturmlied beschwört ein personifiziertes schlafendes Deutschland, zu erwachen, sich zu rächen und Sturm zu laufen gegen die Bedrohung, die unter anderem als Judas bezeichnet wird und als Höllen-Schlange metaphorisiert wird. Hier wird ein antisemitisches Vorurteil genutzt, indem auf deren Reichtum verwiesen wird, der nach Auffassung der Propaganda, typisch etwa für Juden sei. Judas, der Verräter Jesu, steht symbolisch für das Böse.[2] Hier wird eine angebliche Opposition zwischen dem Judentum und dem Christentum angedeutet.

Der Text beschreibt eine Vorstellung von den "bösen" Zuständen der Zeit der Weimarer Republik, die im Text selbst als Chaos und Bedrohungsszenario dargestellt werden. Damit wird die Vorstellung von der Dolchstoßlegende weitergeführt.[2]

Der Text, der empathisch wirken sollte, arbeitet insbesondere mit Wiederholungen und einem übertriebenen Schreckensszenario, was zum Ziel hatte, zu menschenfeindlichen Taten aufzuwiegeln, insbesondere also zur "Rache" an den Juden. Damit bedient sich der Text insbesondere des Sündenbock-Motivs, das verkürzt gesagt die Schuld für alle Übel einer Person oder Gruppe zuweist.

Wirkung

Eckarts Text wurde vor seiner Vertonung durch Hans Gansser 1922[2] regelmäßig am Schluss größerer Parteiversammlungen vorgetragen, unter anderem von Eckart selbst. Der Historiker Karl Alexander von Müller erinnert sich: "Ich meine noch das Bild im großen Hofbräuhaus-Saal vor mir zu sehen, wie ... der untersetzte, kurzhalsige Dietrich Eckart rotglühenden Kopfes am Podium auf einen Tisch sprang und mit den Gebärden eines Rasenden sein Lied »Deutschland erwache« in die Menge schrie." [3]

Die Parole "Deutschland erwache!" entwickelte sich zu einem Slogan der von den Nationalsozialisten so bezeichneten "nationalsozialistischen Revolution" und zierte die Parteistandarten.[2]

Aufnahme durch Tucholsky

Der Schriftsteller Kurt Tucholsky griff den Ausdruck "Deutschland erwache!" als Überschrift in einem antifaschistischen Gedicht im Jahr 1930 auf, in welchem er auf die faschistische Gefahr aufmerksam macht und konstatiert, das Deutschland bereits wach sei.[4]

Tucholsky fand allerdings mit seiner Warnung "Daß der Nazi dir einen Totenkranz flicht: Deutschland, siehst du das nicht?“ kein politisches Gehör.[5]

Rechtliche Bewertung

Das Sturmlied ist durch § 86 des deutschen Strafgesetzbuches, der sich gegen die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen richtet, verboten.[1]

Einzelnachweise

  1. a b [1]
  2. a b c d Hillesheim, Jürgen / Michael, Elisabeth: Lexikon nationalsozialistischer Dichter: Biographien, Analysen, Bibliographien, 1993, S. 136.
  3. Plewnia, Margarete: Auf dem Weg zu Hitler: Der völkische Publizist Dietrich Eckart, 1970, S. 88.
  4. [2]
  5. http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/dossier-nationalsozialismus/39540/erste-widerstaende?p=all