Beraunit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Beraunit
Beraunit aus der Mark Mine, Essershausen, Weilburg, Kreis Wetzlar, Hessen
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2021 s.p.[1]

IMA-Symbol

Bru[2]

Chemische Formel Fe2+Fe3+5[(OH)5|(PO4)4]·6H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/D.05
VII/D.11-070

8.DC.27
41.11.16.01
Ähnliche Minerale Kakoxen
Kristallographische Daten
Kristallsystem Monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15
Gitterparameter a = 20,95 Å; b = 5,17 Å; c = 19,27 Å
β = 93,3°°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Zwillingsbildung Durchdringungszwillinge nach {100}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,8 bis 3,08; berechnet: 2,894
Spaltbarkeit gut nach {100}
Bruch; Tenazität spröde
Farbe mattes Grün bis grünbraun, rotbraun, blutrot
Strichfarbe trübes Olivgrün wenn frisch, gelbbraun wenn oxidiert[4]
Transparenz Durchscheinend
Glanz Glasglanz, Harzglanz, Perlglanz an Spaltstellen[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,707 bis 1,775[4]
nβ = 1,735 bis 1,786[4]
nγ = 1,738 bis 1,820[4]
Doppelbrechung δ = 0,031 bis 0,045[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv[5]
Achsenwinkel 2V = gemessen: 30° bis 60°; berechnet: 66°[5]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in Säuren[6]

Beraunit ist ein eher selten vorkommendes Mineral der Mineralklasse der Phosphate, Arsenate und Vanadate mit der chemischen Zusammensetzung Fe2+Fe3+5[(OH)5|(PO4)4]·6H2O[3] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Eisen-Phosphat mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Beraunit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt meist tafelige Kristalle von bis zu einem Zentimeter Größe. Zudem kann er grobe Nadeln in Mineral-Aggregaten ausbilden.[4]

Mit einer Mohshärte von 3 bis 4 gehört der Beraunit zu den weichen bis mittelharten Mineralen.

Etymologie und Geschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Mineral wurde 1841 von August Breithaupt in seinem Vollständiges Handbuch der Mineralogie erstmals beschrieben. Er fand es im Kreis Beraun (heute Beroun) in Böhmen, heutiges Tschechien.[7] Später wurde das Mineral von Clifford Frondel genauer untersucht. Er untersuchte die chemische Zusammensetzung und kam auf eine Formel zwischen Fe3+5[(PO4)3|(OH)6]·21/4H2O und Fe2+Fe3+4[(PO4)3|(OH)5]·21/2H2O.[8] Heute gilt die Formel Fe2+Fe3+5[(OH)5|(PO4)4]·6H2O[3], also enthält Beraunit wesentlich mehr Kristallwasser, als von Frondel angenommen wurde.

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Beraunit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Strunzit die „Strunzit-Beraunit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/D.05 und den weiteren Mitgliedern Bermanit, Destinezit (diskreditiert als Varietät von Diadochit), Diadochit, Kakoxen, Kryzhanovskit (auch Kryshanovskit) und Tinticit sowie die beiden Minerale mit inzwischen zweifelhaftem Status Ganomatit und Pitticit bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/D.11-070. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wo Beraunit zusammen mit Bermanit, Burangait, Dufrénit, Ercitit, Ferristrunzit, Ferrostrunzit, Gayit, Gormanit, Kakoxen, Kamarizait, Kayrobertsonit, Kidwellit, Matioliit, Metavivianit, Meurigit-K, Meurigit-Na, Natrodufrénit, Phosphofibrit, Souzalith, Strunzit, Tinticit, Zincoberaunit und Zincostrunzit sowie die inzwischen diskreditierten Minerale Eleonorit und Laubmannit die unbenannte Gruppe VII/D.11 bildet.[9]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Beraunit in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 1 : 1 und < 2 : 1“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.DC.27 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Beraunit ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 42.11.16 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)4(XO4)3Zq × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beraunit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 20,943 Å, b = 5,129 Å, c = 19,213 und Å, β = 93,67° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Die Eisenatome sind in der Gitterstruktur sechsfach koordiniert. Die Phosphatanionen ([PO4]3−) bilden Tetraeder.[6]

Beraunit ist gut löslich in Säuren.[6]

Bildung und Fundorte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beraunit kommt in Spuren in Eisenerz vor, zudem in Lehm und Sand. Er ist ein Sekundärmineral zu Triphylin. Beraunit bildet Paragenesen mit Vivianit, Dufrénit, Rockbridgeit, Wavellit, Ferristrunzit, Frondelit, Hureaulith, Mitridatit, Stewartit, Laueit, Leukophosphit, Triphylin und Limonit.[4]

Als relativ seltene Mineralbildung kann Beraunit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 160 Fundstellen dokumentiert.[11]

Die Typlokalität liegt Tschechien im Kreis Beroun und dort in St. Benigna (Svatá Dobrotivá) in der „Hrbek Mine“. Weitere Fundorte in Tschechien sind Kutterberg (Kutná Hora). In der Region Karlovy Vary gibt es in Krásno nad Teplou (Schönfeld) einen Fundort, sowie zwei Fundorte in der Region Pilsen. In der Region Vysočina gibt es ebenfalls einen Fundort.[12]

In Deutschland gibt es ungefähr 25 Fundorte. In Baden-Württemberg gibt es einen Fundort in Wolfach im Schwarzwald. In Bayern gibt es viele Fundorte, die meisten davon in der Oberpfalz (in den Gemeinden Auerbach, Pleystein, Plößberg und Waidhaus), einen gibt es in Bayern jedoch in der Region Niederbayern in Rabenstein. In Hessen gibt es im Kreis Wetzlar in Rodheim-Bieber, in Waldgirmes und in Weilburg Fundorte. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Fundstelle im Sauerland in Uentrop (Stadt Arnsberg), und im Wuppertal bei Schloss Aprath. In Sachsen gibt es einen Fundort im Erzgebirge in Bezirk Annaberg, sowie zwei Fundorte in Görlitz in der Oberlausitz und einen Fundort in Auerbach im Vogtland. In Schleswig-Holstein gibt es einen Fundort in Jodelund. In Thüringen gibt es einen Fundort im Harz und einen im Vogtland.[12]

In Österreich fand sich das Mineral bisher nur in der Steiermark am Erzberg bei Eisenerz, am Brandberg bei Sankt Peter-Freienstein und im ehemaligen Quarzsteinbruch Ebenlecker (auch Ebenlöcker) bei Herzogberg. Eine weitere als Grießleiten bezeichnete Fundstelle bei Nonnersdorf in der Gemeinde Maria Laach am Jauerling in Niederösterreich gilt bisher als fraglich bzw. nicht gesichert.[12]

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz liegt im Valle di Ponte (auch Ponte Valley) nahe Brissago im Kanton Tessin.[12]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Belgien, Brasilien, Frankreich, Irland, Italien, Japan, Kamerun, Mali, Marokko, Niederlande, Portugal, Russland, Spanien, Schweden, Tschechien, Ungarn, im Vereinigten Königreich in England und in den US-Bundesstaaten Alabama, Arizona, Arkansas, Connecticut, Florida, Georgia, Indiana, Maine, Montana, Nevada, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, North Carolina, Pennsylvania, South Carolina, South Dakota und Tennessee.[12]

  • Y. M. F. Cossato, P. Orlandi, M. Pasero: Manganese–bearing beraunite from Mangualde, Portugal: mineral data and structure refinement. In: The Canadian Mineralogist. Band 27, 1989, S. 441–446 (rruff.info [PDF; 683 kB; abgerufen am 23. April 2018]).
  • Paul B. Moore, A. R. Kampf: Beraunite: Refinement, comparative crystal chemistry, and selected bond valences. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 201, 1992, S. 263–263 (rruff.info [PDF; 417 kB; abgerufen am 23. April 2018]).
Commons: Beraunite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 9. Februar 2023]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 499 (englisch).
  4. a b c d e f g Beraunite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 54 kB; abgerufen am 9. Februar 2023]).
  5. a b c d Beraunite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Februar 2023 (englisch).
  6. a b c Beraunit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 9. Februar 2023.
  7. August Breithaupt: Beraunit. In: Vollständiges Handbuch der Mineralogie. 1841 (rruff.info [PDF; 105 kB; abgerufen am 9. Februar 2023]).
  8. Clifford Frondel: The dufrenite problem. In: American Mineralogist. Band 34. Mineralogical Society of America, 1949, S. 537 (rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 9. Februar 2023]).
  9. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  11. Localities for Beraunite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Februar 2023 (englisch).
  12. a b c d e Fundortliste für Beraunit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 9. Februar 2023.