Bowiea volubilis

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Bowiea volubilis

Bowiea volubilis, Habitus und Blüten, rechts ist die grüne Knolle.

Systematik
Monokotyledonen
Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
Familie: Spargelgewächse (Asparagaceae)
Unterfamilie: Scilloideae
Gattung: Bowiea
Art: Bowiea volubilis
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Bowiea
Harv. ex Hook.f.
Wissenschaftlicher Name der Art
Bowiea volubilis
Harv. ex Hook.f.
Zwiebeln von Bowiea volubilis
Bowiea mit einer neuen Tochterzwiebel
Blüten

Bowiea volubilis, gärtnerisch auch Kletterzwiebel oder Zulukartoffel genannt, ist eine Pflanzenart aus der Unterfamilie der Scilloideae (von einigen Botanikern alternativ, wie vor 2009 allgemein, weiterhin als Familie Hyazinthengewächse, Hyacinthaceae, aufgefasst). Bowiea volubilis ist die einzige Art der monotypischen Gattung Bowiea. Die Gattung wurde zu Ehren des englischen Botanikers James Bowie benannt. Die Pflanze ist giftig, wird aber dennoch für Anwendungen in der Medizin stark besammelt und ist daher gefährdet. Zu den zahlreichen lokalen Namen gehört Nyalakhobvu oder Khobvumutovu in Tshivenda.

Bei der Art[1] ist eine eigentliche Sprossachse mit Laubblättern weitgehend reduziert, erkennbar ist meist nur der oberirdische Teil der Zwiebel, die aber auch vollkommen unterirdisch sein kann. Was wie der rankende Spross aussieht, ist der Blütenstand.

Die kugelige bis etwas abgeplattete, viele Jahre ausdauernde Zwiebel erreicht bis etwa 15 Zentimeter Durchmesser. Ihre weiß gefärbten, fleischigen Wurzeln erreichen 5 Millimeter Durchmesser. Meist ragt ihr oberer Abschnitt mehr oder weniger weit über die Erdoberfläche und ist grün gefärbt. Die Zwiebel wird gebildet aus den Blattbasen von Niederblättern, diese sind zunächst grün (im Schatten weiß) fleischig und werden im Alter trockenhäutig. Eine Blattspreite wird nur an immaturen (nicht blühenden) Jungpflanzen ausgebildet, diese ist dann fleischig, linear-lanzettlich und rinnig, sie ist sehr kurzlebig.[2] Es ist gewöhnlich immer nur ein Blatt gleichzeitig vorhanden.

Der oberirdische Teil der Pflanze oberhalb der Zwiebel ist der Blütenstand, der bei dieser Art hauptsächlich die Pflanze durch Photosynthese ernährt. Dieser ist jung grün, im Alter oft graugrün gefärbt und weich fleischig sukkulent. Er ist mehrfach stark verzweigt und erreicht etwa zwei bis drei (maximal bis vier) Meter Länge. Er ist in der Regel als Kletterpflanze an anderen Pflanzen emporrankend, kann aber in felsigen Lebensräumen, wenn eine Unterlage fehlt, auch auf der Oberfläche kriechen oder von Felsen herabhängen. Er trägt keine Laubblätter, die Tragblätter der Blüten sind lanzettlich. Die sechszähligen Blüten besitzen 16 bis 24 Millimeter Durchmesser, sie sitzen einzeln an langen, gebogenen Blütenstielen. Sie haben eine einfache, freie Blütenhülle aus grünlich oder gelblich, seltener weiß gefärbten Perigonblättern. Sie sind länglich bis lanzettlich, etwas zugespitzt mit zurückgeschlagenen Rändern. Die sechs Staubblätter sind frei und etwas spreizend. Der konische Fruchtknoten ist halb unterständig, dreikammerig, mit kurzem Griffel, er ist auf der Oberseite drüsig-klebrig. Er entwickelt sich zur Fruchtreife zu einer längs aufreißenden Kapselfrucht. Die kleinen Samen sind schwarz und glänzend.

Die Pflanze überdauert als Zwiebel. Die oberirdischen Blütenstände erscheinen im Frühjahr.

Die Art ist durch den sukkulenten, rankenden Blütenstand unverkennbar. Die ähnliche und nahe verwandte Gattung Schizobasis besitzt stattdessen aufrechte, drahtig-harte Blütenstände.[1]

Die Chromosomenzahl ist 2n = 20.[3][4]

Die Art ist in Südafrika und in Ostafrika, nördlich bis Kenia und Uganda, verbreitet. Sie kommt außerdem vor in Namibia, Mosambik, Sambia, Simbabwe, Angola und Tansania. In Südafrika ist sie flächendeckend in allen neun Provinzen nachgewiesen[2].

Bowiea volubilis subsp. volubilis wächst in humiden bis semiariden Bergländern und in gut bewässerten Flussauen, bei jährlichen Regenmengen etwa von 200 bis 800 Millimeter, im recht schattigen Unterwuchs subtropischer Wälder, wo sie lokal durchaus häufig sein und hohe Dichten erreichen kann.[5][6]

Die Art wurde, offenbar unabhängig voneinander, im Jahr 1862 von zwei britischen Pflanzenjägern und -sammlern in Natal, Südafrika gesammelt, einmal von Thomas Cooper (1815–1913) und einmal von Henry Hutton (1825–1896). Basierend auf dem Material von Hutton beschrieb der englische Botaniker Joseph Dalton Hooker die Art nach in den Kew Gardens kultivierten Exemplaren im Jahr 1867 in einer neu aufgestellten, monotypischen Gattung Bowiea neu, wobei er den Namen William Henry Harvey zuschreibt, der ihn in einem unveröffentlichten Manuskript geprägt hatte, das Hooker vorlag.[4] Der Gattungsname ehrt den britischen Botaniker James Bowie. Der Gattungsname Bowiea wurde allerdings zweimal vergeben. 1824 beschrieb der Botaniker Adrian Hardy Haworth eine homonyme Gattung Bowiea für die Art Bowiea africana, heute in die große Gattung der Aloen transferiert und Aloe bowiea benannt (der Name Aloe africana war bereits für eine andere Art vergeben, wodurch bei der Umkombination ein neuer Name geprägt wurde).[7] Bowiea Harv. wurde gegenüber Bowiea Haw. formell festgeschrieben (Nomen conservandum), so dass der Name bei der hier behandelten Art verblieb.[8]

Synonyme sind: Schizobasopsis volubilis (Harv. ex Hook. f.) Macbr., Ophiobostryx volubilis Skeels, Bowiea kilimandscharica Mildbraed). Bowiea kilimandscharica wurde 1936 nach Pflanzen beschrieben, die weitab des damals bekannten Verbreitungsgebiets am Kilimandscharo entdeckt worden waren; weitere fast zeitgleiche Funde stammen aus den Ngong-Bergen in Kenia. Sie wurde nach Neuuntersuchung 1987 synonymisiert.[4]

Die Gattung Bowiea gehört in die Unterfamilie der Urgineoideae, benannt nach den Meerzwiebeln (z. B. Weiße Meerzwiebel, ehemals Gattung Urginea, heute Drimia, der Name von höheren Taxa wird bei solchen Umkombinationen nicht angepasst). Folgt man den Botanikern, die der Einstufung des übergeordneten Taxons als Unterfamilie Scilloideae folgen, wird dieselbe Gruppe einen Rang zurückgestuft und dann als Tribus Urgineeae gefasst. Nach phylogenomischen Analysen ist Bowiea deren basalste Gruppe und Schwestergruppe zu allen anderen zusammengenommen, wobei die Abgrenzung der traditionellen Gattungen als monophyletischen Einheiten schwierig ist. Einige Botaniker haben daraus den radikalen Schluss gezogen, alle anderen Arten der Urgineoideae in einer einzigen Gattung Drimia zu vereinen[9], die damit allein im südlichen Afrika, der vermuteten Herkunftsregion und dem Mannigfaltigkeitszentrum der Gruppe[10], über 200 Arten umfassen würde. Andere unterscheiden hier bis zu zwölf eigenständige Gattungen.[11] Über die Stellung von Bowiea selbst als eigene Gattung herrscht dabei aber Einigkeit.

Man kann zwei Unterarten unterscheiden[12]:

  • Bowiea volubilis subsp. gariepensis (van Jaarsv.) Bruyns. Endemisch in Südafrika, an schattigen, südexponierten Felswänden in den ariden Bergländern am Oranje vom Richtersveld-Nationalpark bis zur Region Kakamas. Unterscheidet sich durch immer graugrünen Blütenstand, rein weiße Blüten mit nicht zurückgekrümmten Perianthblättern. Blüht von Mai bis Juli.[5]
  • Bowiea volubilis subsp. volubilis: Sie kommt von Uganda bis zum südlichen Afrika vor.[12]

Bowiea volubilis subsp. gariepensis wurde durch den Geologen und Botaniker Paul Range 1909 nahe Pelladrift am Oranje entdeckt, aber erst 1989 durch den südafrikanischen Botaniker Ernst van Jaarsfeld beschrieben, ursprünglich als eigene Art[5], so auch in der ebenfalls von Jaarsfeld verfassten Darstellung im Illustrated Handbook of Succulent Plants.[1] Sie wurde 1989 durch Peter V. Bruyns und Canio G. Vosa zur Unterart zurückgestuft[4], was allgemein akzeptiert worden ist.

Traditionell ist die Verwendung als Heilmittel in Afrika weit verbreitet und bei verschiedenen Beschwerden eingesetzt. In Limpopo setzen traditionelle Heiler sie unter anderem ein gegen Hautausschlag, Wurmerkrankungen, Entzündungen der Leber, Unterleibsbeschwerden bei Frauen und Neugeborenengelbsucht.[13]

Durch das nicht genau umrissene Anwendungsspektrum kann es zu tödlichen Vergiftungen wegen einer Überdosierung kommen.

Als Wirkstoffe sind in den Teilen der Pflanze mehrere Bufadienolide enthalten, welche strukturell mit Bovosid A verwandt sind. Die Haupt-Aglyka sind hierbei Bovorubosid, Bovokryptosid und Bovogenin A. Der Gehalt an Bufadienoliden der Zwiebel beträgt etwa 0,4 mg/g.

Die Aufnahme einer konzentrierten Abkochung der Zulukartoffel führt rasch zum Tod durch Herzversagen, welcher nach nur wenigen Minuten eintreten kann. Die Symptome umfassen dabei Übelkeit, Erbrechen, erhöhter Speichelfluss, Krämpfe, Magendarmbeschwerden und heftigen Durchfall. Außerdem kommt es zu allgemeiner Erschöpfung und Funktionsstörungen von Atmung und Herz, wie Arrhythmien, Hypertonie, Koma und Herzstillstand. Insgesamt alles Symptome die für Vergiftungen mit Herzglykosiden typisch sind. Ebenfalls beschrieben sind Hautreizungen bei Kontakt mit Pflanzenmaterial.

Die Wirkstoffe sind als äußerst giftiges Herzgift eingestuft (Ia). Besonders toxisch sind dabei die Zwiebel und oberirdische Pflanzenteile. Diese sind in etwa 30-mal giftiger als Digitalis und haben in Afrika zu vielen Todesfällen bei Menschen und Tieren geführt. Allerdings sind Viehvergiftungen selten. Die mittlere letale Dosis (LD50) für die hauptsächlich enthaltenen Bufadienolide bei einer Katze liegt bei 0,11–0,19 mg/kg bei einer intravenösen Applikation. Bei Schafen kann das Fressen von etwa 15 g frischem Zwiebelmaterial den Tod bewirken. Die Bufadienolide hemmen die Na+,K+-ATPase und wirken daher als starke Nerven- und Zellgifte. Diese für den Aufbau von Ionengradienten notwendige membranständige Ionenpumpe ist für die axonale Reizweiterleitung und aktive sekundäre Transportprozesse von essentieller Bedeutung. Wird diese ATPase gehemmt führt dies zu einer Unterbrechung der neuromuskulären Reizleitung und somit zum Herzstillstand. Die Wirkweise entspricht dabei der anderer Herzglykoside. Bovosid A wird ähnlich wie Digitoxin im Körper angereichert.

Bei einer Aufnahme von Pflanzenmaterial, daraus isolierten Herzglykosiden oder auch der Verletzung durch mit den Wirkstoffen vergifteten Pfeilen sind sofortige Maßnahmen nötig. Nach dem Auslösen von Erbrechen müssen weitere Entgiftungsmaßnahmen erfolgen, wie sie für die Behandlung von Vergiftungen mit Herzglykosiden typisch sind.

Die Art wird als traditionelle Heilpflanze stark besammelt und ist dadurch lokal bestandsbedroht. Ein Anzeichen dafür ist auch, dass das Durchschnittsgewicht der auf Märkten angebotenen Zwiebeln in den letzten Jahren stark abgenommen hat. Sie wird in ihrem Verbreitungszentrum in Südafrika als gefährdete (vulnerable) Heilpflanze eingeschätzt.[14] Die in relativ abgelegenen Gebieten in unzugänglichen Habitaten wachsende Unterart gariepensis ist hingegen nicht gefährdet.[15]

  • Ewald Kleiner: Bowiea volubilis, Kuas, Heft 8, 1980, Seite 240–241.
  • Michael Wink, Ben-Erik van Wyk, Coralie Wink: Handbuch der giftigen und psychoaktiven Pflanzen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008. ISBN 3-8047-2425-6

Einzelnachweise

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  1. a b c E. van Jaarsveld: Bowiea. In Urs Eggli (Hrsg.): Illustrated Handbook of Succulent Plants: Monocotyledons. Springer, Berlin, Heidelberg, New York 2001. ISBN 3-540-41692-7, S. 276–277. In der Neuauflage 2020 Eggli U., Nyffeler R. (editors) Monocotyledons. Illustrated Handbook of Succulent Plants. Springer, Berlin, Heidelberg. doi:10.1007/978-3-662-56486-8_9 auf S. 1243–1244.
  2. a b R. Williams: Hyacinthaceae - Bowiea Harv. ex Hook.f. Keys to the flora of southern Africa. South African National Biodiversity Institute (SANBI). (nach O.A. Leistner (editor) (2000): Seed plants of southern Africa: families and genera. Strelitzia 10. National Botanical Institute, Pretoria). Abgerufen am 22. Mai 2021.
  3. Tropicos. [1]
  4. a b c d Peter V. Bruyns & Canio G. Vosa (1987): Taxonomic and Cytological Notes on Bowiea Hook. F. and Allied Genera (Liliaceae), Caryologia 40 (4): 287–297. doi:10.1080/00087114.1987.10797831
  5. a b c Ernst van Jaarsveld (1992): Bowiea gariepensis and Bowiea volubilis. British Cactus & Succulent Journal 10 (4): 96–98. JSTOR:42794343
  6. Bowiea volubilis. PlantZAfrica, Plant of the Week, plants of southern Africa. SANBI South African National Biodiversity Institute.
  7. Gideon F. Smith: The correct publication date of Chamaealoe Berger (Asphodelaceae: Alooideae). Taxon 39 (2): 332–334. JSTOR:1223065
  8. International Code of Botanical Nomenclature (Saint Louis Code), Electronic version. Appendix IIIa Nomina Generica Conservanda et rejiciendia
  9. J.C. Manning, P. Goldblatt, M.F. Fay (2003): A revised generic synopsis of Hyacinthaceae in Sub-Saharan Africa, based on molecular evidence, including new combinations and the new tribe Pseudoprospereae. Edinburgh Journal of Botany 60(3): 533-568. doi:10.10M/S0960428603000404
  10. Martin Pfosser (2013): Out of Africa: Miocene Dispersal, Vicariance, and Extinction within Hyacinthaceae Subfamily Urgineoideae. Journal of Integrative Plant Biology 55(10): 950-964. doi:10.1111/jipb.12065
  11. M. Martinez-Azorin, M.B. Crespo, M.Á. Alonso-Vargas, A.P. Dold, N.R. Crouch, M. Pfosser, L. Mucina, M. Pinter, W. Wetschnig (2019): New combinations in the tribe Urgineeae (Asparagaceae subfam. Scilloideae) with comments on contrasting taxonomic treatments. Phytotaxa 397 (4): 291-299. doi:10.11646/phytotaxa.397.4.3
  12. a b Bowiea. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 4. September 2016.
  13. L.J. Ramarumo, A. Maroyi, M.P. Tshisikhawe (2019): Bowiea volubilis Harv. ex Hook.f. subsp. volubilis: A therapeutic plant species used by the traditional healers in the Soutpansberg Region, Vhembe Biosphere Reserve, Limpopo Province, South Africa. Journal of Pharmaceutical Science & Research 11 (7): 2538–2542.
  14. V.L. Williams, J.E. Victor, N.R.Crouch (2013): Red Listed medicinal plants of South Africa: Status, trends, and assessment challenges. South African Journal of Botany 86: 23-35. doi:10.1016/j.sajb.2013.01.006
  15. E. J. van Jaarsveld & L. Potter, 2005. Bowiea volubilis Harv. ex Hook.f. subsp. gariepensis (Van Jaarsv.) Bruyns. National Assessment: Red List of South African Plants version 2020.1. Abgerufen am 4. Juni 2021.
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