Kinder impfen: Was die Stiko zum Coronavirus empfiehlt
Die Kinderimpfungen mit einem Corona-Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige sollen noch im Dezember 2021 starten. Laut einer deutschen Studie sind Kinder keine Pandemie-Treiber. Was die Ständige Impfkommission besorgten Eltern empfiehlt, lesen Sie hier.
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Kinder impfen: Stiko empfiehlt erst Nein, dann doch Ja
Eine Impfung von Kindern gegen das Coronavirus könnte eine Rückkehr zum üblichen Schulunterricht und damit auch zum normalen Leben erleichtern, wurde und wird spekuliert. Gesundheitsminister Jens Spahn (kinderlos) war von Anfang an dafür, Kinder zu impfen - auch gegen den Willen der Ständigen Impfkommission. Dabei gibt es einiges zu bedenken:
- Das Immunsystem von Kindern ist nicht dasselbe wie das eines Erwachsenen. So erleben Kinder eine Corona-Infizierung meist ohne Symptome. Dennoch übertragen sie die Krankheit ebenso, weswegen sich manche auch einen Impfstoff für Kinder wünschen.
- Wegen des unausgereiften Immunsystems passt nicht jeder Impfstoff für Kinder und muss gegebenenfalls modifiziert werden. Das betrifft vor allem die Dosis.
- In Europa läuft der Zulassungsprozess für die Corona-Impfstoffe nicht über eine Notfallzulassung, sondern über das „beschleunigte Verfahren“. Heißt, dass die europäische Arzneimittelbehörde die neuen Daten und Ergebnisse immer direkt vom Impfstoffentwickler bekommt und sie schon prüfen kann, bevor der Antrag auf Zulassung gestellt wird.
- Die EMA checkt, ob die Qualität, die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes ihren Ansprüchen genügt. Bei einer regulären Zulassung wird ein neuer Impfstoff oft mehrere Jahre ausführlich getestet. An unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, mit unterschiedlichen Dosierungen.
- Das Pharmaunternehmen Moderna aus den USA begann bereits im Januar 2021 damit, einen Impfstoff für Kinder zu entwickeln.
- Eine klinische Studie in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren habe eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt, verkündete die Hersteller Pfizer und Biontech. Die Impfung sei gut vertragen worden, sagen die Pharma-Giganten. Die Nebenwirkungen hätten jenen in der Altersgruppe von 16 bis 25 Jahren entsprochen.
- Die Hersteller haben auch bereits eine klinische Studie für Babys ab sechs Monaten und jüngere Kinder begonnen.
- Laut Pharma-Gigant Biontech ist die Dosis für die älteren Kinder und Jugendlichen unverändert zur Dosis für Personen ab 16 Jahren: 30 Mikrogramm. Bei den Jüngeren zwischen 6 Monaten bis 11 Jahren evaluiere Biontech zur Zeit die Dosierung zwischen 3, 10 und 20 Mikrogramm in einer klinischen Studie.
- Seit dem 31. Mai 2021 können nun auch Kinder ab 12 Jahren in der Europäischen Union mit dem Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft werden. Nach einer Empfehlung der Arzneimittelbehörde EMA erteilte die EU-Kommission die Zulassung. In Deutschland hatte allerdings die Ständige Impfkommission noch keine Empfehlung ausgesprochen. Jens Spahn war dafür, Jugendliche auch ohne Stiko-Empfehlung eine Impfung zu ermöglichen.
- Die Ständige Impfkommission hat sich zunächst gegen eine generelle Corona-Impfempfehlung für Kinder ab 12 Jahren ausgesprochen.
- In der Debatte um Corona-Impfungen für Kinder wehrte sich die Stiko gegen Einmischung von außen. "Die laute Einmischung der Politik ist kontraproduktiv und nützt niemandem", wird Stiko-Chef Thomas Mertens zitiert. Eine Aktualisierung der Impfempfehlung könne es erst geben, wenn aussagekräftige Daten zum Risiko durch die Impfung und zum Risiko durch Delta vorliegen.
- Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat am 23. Juli 2021 sich für die Zulassung eines zweiten Corona-Impfstoffes für Kinder und Jugendliche ausgesprochen. Das Präparat des US-Herstellers Moderna kann nach der EMA-Empfehlung auch 12- bis 17-Jährigen gespritzt werden. Studien belegen angeblich, dass der Impfstoff ebenso sicher und verträglich sei wie bei Erwachsenen, teilte die EMA mit.
- Deutsche Unikliniken finden durch eine eigene Studie gute Gründe, warum Kinder nicht geimpft werden sollten.
- Am 16. August 2021 sprach sich die Stiko nun doch für Corona-Impfungen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren aus. Nach Bewertung neuer wissenschaftlicher Beobachtungen und Daten komme man zu der Einschätzung, "dass nach gegenwärtigem Wissensstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen", teilte das Gremium mit.
- Trotz Stiko-Empfehlung: Experte Kekulé sagt, welche drei Gründe gegen Kinder-Impfung sprechen.
- Wenn Kinder an Corona erkranken, verläuft die Krankheit meist nicht so stark wie bei Erwachsenen. Kinder sterben weit seltener an den Folgen des Coronavirus als Erwachsene. Deswegen legt auch das Robert-Koch-Institut (RKI) großen Wert darauf, dass zuerst alle Menschen geimpft werden, die eine mögliche Erkrankung nur schlecht überstehen.
- 20. September 2021: Nach Angaben von Biontech/Pfizer hat sich deren Impfstoff bei Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren als gut verträglich erwiesen. Die Daten der Studie sollen so bald wie möglich der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA und der US-Zulassungsbehörde FDA vorgelegt werden, wie die beiden Impfstoffhersteller.
- 18. Oktober 2021: Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft nun auch die Zulassung des Corona-Impfstoffes der Hersteller Biontech und Pfizer für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren. Das teilte die EMA mit.
- 29. Oktober 2021: Der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer hat in den USA nun auch für den Einsatz bei Kindern zwischen fünf und elf Jahren eine Notfallzulassung bekommen.
- 10. November 2021: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft die Zulassung des Corona-Impfstoffes des Herstellers Moderna für kleinere Kinder. Ein entsprechender Antrag auf Erweiterung der Zulassung in der EU sei eingegangen, teilte die EMA mit.
- 15. November 2021: Der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer darf in Israel nun auch Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren verabreicht werden. Das entschied das Gesundheitsministerium, nachdem sich zuvor bereits ein Beratergremium dafür ausgesprochen hatte. Bislang galt die Impfzulassung nur für Kinder ab zwölf Jahren und Erwachsene.
- 15. November 2021: 12-Jähriger aus Cuxhaven stirbt zwei Tage nach Impfung, Obduktion stellt schwere Herzerkrankung fest.
- 25. November 2021: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat grünes Licht für die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder ab fünf Jahren gegeben. Es wird der erste Corona-Impfstoff, der in der EU für Kinder unter zwölf Jahren zugelassen wird.
- Können Kinder-Impfungen den Durchbruch für die Pandemiebekämpfung bringen? Das ist fraglich - auch wenn die Impfquote in Deutschland damit weiter steigen dürfte. Man dürfe nicht vergessen, dass ein großer Teil des Problems ungeimpfte Erwachsene seien, sagte Stiko-Mitglied Fred Zepp. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht wieder eine Stellvertreter-Diskussion zum Nachteil von Kindern haben."
- 26. November 2021: Kinder- und Jugendmediziner warnen vor überzogenen Erwartungen an die Corona-Impfung für Kinder ab fünf Jahren. "Es wäre falsch, den Druck auf diese Gruppe zu erhöhen, da sie kein Treiber der Pandemie ist", sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
- Er warne die Politik davor, "im Kampf gegen Corona zu sehr auf Impfungen der Fünf- bis Elfjährigen zu setzen". Infizierte Kinder seien weniger ansteckend und erkranken auch selbst nur sehr selten schwer an Covid-19. Fischbach äußerte die Hoffnung, dass die Politik nicht wieder Druck auf die Ständige Impfkommission (Stiko) ausübe, rasch eine Empfehlung für Corona-Impfungen ab fünf Jahren auszusprechen.
- Er gehe davon aus, dass es von der Stiko zunächst nur eine Empfehlung für Kinder mit schweren Vorerkrankungen geben werde, so Fischbach. Die Stiko will ihre Empfehlung bis Jahresende abgeben, Spahn peilt den 20. Dezember an.
- 01. Dezember 2021: Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, würde sein eigenes sieben Jahre altes Kind derzeit nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Das sagte er im "F.A.Z.-Podcast für Deutschland". Lauterbach twitterte wörtlich: "Das ist schwierige Aussage."
- 09. Dezember 2021: Die Ständige Impfkommission will die Corona-Impfung Kindern von fünf bis elf Jahren mit Vorerkrankungen und Kontakt zu Risikopatienten empfehlen. Aber auch gesunde Kinder sollen bei individuellem Wunsch geimpft werden können.
- "Die Datengrundlage für eine generelle Empfehlung ist im Augenblick aus Sicht der Stiko nicht gegeben", sagte der Virologe Thomas Mertens. "Es gibt zwar keinen direkten Hinweis auf ein Risiko der Impfung in dieser Altersgruppe, aber es gibt eben auch keine ausreichend sichere Datenbasis, um die Sicherheit abschließend zu bewerten."
- 10. Dezember 2021: Mertens bereut seine Aussage, sein eigenes Kind nicht aktuell nicht impfen zu lassen. Es sei ein "Fehler" gewesen, "dass ich überhaupt etwas Persönliches gesagt habe", sagte Stiko-Vertreter Mertens dem Nachrichtensender "Welt". Er werde nie ein Impfgegner sein, betonte Mertens.
- 13. Dezember 2021: Die Kinderimpfungen mit einem Corona-Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige sollen in dieser Woche in Deutschland anlaufen. Das Bundesgesundheitsministerium hatte den Start der Auslieferung des Kindervakzins von Biontech/Pfizer angekündigt. Neben Kinderarztpraxen sind auch in öffentlichen Impfzentren Kinderimpfungen vorgesehen, aber nicht überall. Mancherorts sind auch besondere Impf-Aktionen geplant.
- 13. Januar 2022: Die Stiko hat sich generell für eine Corona-Auffrischimpfung auch bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren ausgesprochen. Das Gremium empfehle eine sogenannte Boosterimpfung für diese Altersgruppe mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer "in der altersentsprechenden Dosierung" und mindestens drei Monate nach der vorangegangenen Impfung, teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) mit. Der Beschlussentwurf ist noch keine endgültige Empfehlung.
- Zusätzlich empfiehlt die Stiko Kindern im Alter von Fünf bis Elf, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben die Impfung mit Comirnaty. Gleiches gilt für Kinder und Jugendliche ab fünf Jahren, in deren Umfeld sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hoher Gefährdung für einen schweren Verlauf befinden.
- 24. Mai 2022: Die Stiko empfiehlt nun auch gesunden Kindern zwischen fünf und elf Jahren eine Corona-Impfung. Sie sollen zunächst aber nur eine mRNA-Impfstoffdosis bekommen, hieß es in einer Aktualisierung der Impfempfehlung.
- Nach der erweiterten Empfehlung für Corona-Impfungen für Kinder hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Entscheidungshoheit der Eltern betont. "Die Eltern müssen das frei entscheiden", sagte Lauterbach.
- Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt sagte: "Es ist eine Empfehlung, die ins Benehmen der Eltern gestellt wird." Er persönlich wäre zum jetzigen Zeitpunkt an der Stelle "eher zurückhaltend". Er begründete dies damit, dass die Erkrankung "für Kinder in der Regel gut überstehbar" sei und "auch im Wesentlichen ohne Spätfolgen, soweit man das zum jetzigen Zeitpunkt bewerten kann".
Stiko: COVID-19-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche
Zum am 16. August 2021 vorgelegten Beschlussentwurf der Stiko für eine aktualisierte COVID-19-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche erklärt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt:
- "Medizinische Wissenschaft muss unabhängig sein und bleiben. Deshalb ist es wichtig, dass die Ständige Impfkommission dem starken politischen Druck widerstanden und ihre Empfehlungen zu Corona-Schutzimpfungen bei Kindern und Jugendlichen nicht übereilt, sondern auf solider wissenschaftlicher Grundlage überarbeitet hat."
- "Die Stiko hat sich die notwendige Zeit genommen, auf Basis aktueller Daten und Beobachtungen eine evidenzbasierte Neubewertung der Sachlage vorzunehmen. Damit hat sie das Vertrauen der Menschen in die wissenschaftliche Unabhängigkeit des Gremiums gestärkt. Vor allem aber gibt sie Jugendlichen und Eltern sowie Ärztinnen und Ärzten bei der Entscheidung über eine Corona-Schutzimpfung wichtige Hilfestellung und notwendige Orientierung."
- Die Stiko stellt klar, dass ihre Empfehlungen auf den direkten Schutz der geimpften Kinder und Jugendlichen vor COVID-19 sowie vor möglichen psychosozialen Folgeerscheinungen der Pandemiemaßnahmen abzielen. Die Empfehlungen dienen nicht dem Ziel, durch eine höhere Impfquote bei Kindern und Jugendlichen schneller eine Herdenimmunität zu erreichen. Diese Haltung unterstützen wir ausdrücklich."
- "Es ist Aufgabe der Politik, Mittel und Wege zu finden, durch eine hohe Impfquote vor allem unter allen Erwachsenen die Grundimmunisierung der Bevölkerung zu beschleunigen. Diese Verantwortung Kindern und Jugendlichen aufzubürden, die ohnehin mit am meisten unter den Folgen der Pandemie leiden, wäre ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen."
- "Aus diesem Grund ist auch die Klarstellung der Stiko richtig und wichtig, dass eine Impfung keinesfalls zu einer Voraussetzung für die Teilnahme am sozialen Leben gemacht werden darf. Kitas, Schulen und Freizeitangebote müssen auch künftig allen Kindern und Jugendlichen offenstehen, unabhängig von ihrem Impfstatus."
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