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ADB:Michael Küchmeister

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Artikel „Michael Küchmeister“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 288–290, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Michael_K%C3%BCchmeister&oldid=- (Version vom 12. November 2024, 12:56 Uhr UTC)
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Küchmeister: Michael K. (erst ein Jahrhundert später von wenig glaubwürdiger Seite als K. von Sternberg bezeichnet), Hochmeister des deutschen Ordens vom 9. Januar 1414 bis zu seiner Abdankung im März 1422, † den 15. Decbr. 1423. – Der Hochmeister Heinrich v. Plauen, ohne Zweifel der Retter des Ordens und seines Staates nach der Unglücksschlacht von Tannenberg, wurde bereits nach dreijähriger Regierung seines Amtes entsetzt, weil er in der Noth des Augenblicks für die Zukunft kein anderes Heil sah, als die Kräfte straff zusammenzufassen und gegen Unzuverlässige und Widerspenstige scharf, ja zu scharf und nicht ohne Gewaltthätigkeit zuzugreifen. Nicht blos einer der Hauptanstifter bei diesem Vorgehen gegen Heinrich v. Plauen war der oberste Marschall Michael K., sondern er wurde auch selbst an Stelle des Abgesetzten zu der höchsten Würde des Ordens erhoben. Die Hoffnung, von der er sich zunächst hatte leiten lassen, durch größere Nachgiebigkeit die Polen zur [289] Ermäßigung ihrer Forderungen, zum Eingehen auf einen festen Frieden zu bewegen, schlug vollständig fehl. Obwol er dem Könige Wladislaw (Jagiello) mit der Anzeige seiner Erhebung zugleich eine friedlichere Regierung zusicherte, um dadurch den Krieg, welchen Heinrich v. Plauen noch kurz vor seiner Absetzung begonnen hatte, mit einem Male zu beendigen, stellten die Polen dennoch auf einer Zusammenkunft des Königs mit dem neuen Hochmeister, jenen mit sich fortreißend, Forderungen, wie sie seit beinahe einem Jahrhundert, seit dem ersten Beginne des preußisch-polnischen Streites, nicht lautbar geworden waren. Sofort ging es in den neuen Krieg, der auf beiden Seiten eine ganze Reihe von Städten in Flammen aufgehen ließ; erst als in diesem „Hungerfeldzuge“ das preußische Land wieder auf weite Strecken hin aufgezehrt war, kam durch die Vermittelung eines päpstlichen Legaten ein zweijähriger Waffenstillstand zu Stande, welcher, wie der Thorner Friede den Papst, so das Kostnitzer Concil zum obersten Schiedsrichter einsetzte. Aber weder Kaiser, noch Papst, noch Concil vermochte die verfahrene Frage zur Entscheidung zu bringen, und nicht zum wenigsten, da Niemand die Macht besaß, einem eigenen Spruche bei den streitenden Parteien selbst Geltung zu verschaffen; eine Reihe von Jahren hindurch entwickelt sich da ein ebenso unfruchtbares, wie widerwärtiges diplomatisches Intriguenspiel, bei welchem sich die großen politischen und kirchlichen Fragen der Zeit bald wechselsweise, bald ineinander greifend mit der preußisch-polnischen Frage verquickten. Das Einzige, was aus allen Verhandlungen hervorging, waren die wiederholten Verlängerungen des Waffenstillstandes, aber doch auch sie nur, weil die Parteien selbst in der ganzen Zeit wegen mangelnder Kräfte nicht allzu geneigt, kaum fähig waren, wieder zu den Waffen zu greifen. Schon hatten endlich im Sommer 1420 Polen und Masowier abermals ihre Waffen in das südliche Preußen hineingetragen, wobei, wenn auch sonst nichts erreicht, so doch das Land von neuem mit Raub und Brand schrecklich verwüstet wurde, als noch ein neues, für den Orden höchst gefährliches Moment hinzukam: der König schloß um Ostern mit dem Kurfürsten Friedrich von Brandenburg, dem der Rückgewinn der Neumark am Herzen lag, einen Vertrag ab, der die Heirath der zur Erbin Polens bestimmten Tochter des Königs mit dem zweiten Sohne des Kurfürsten festsetzte und zugleich ein gegenseitiges Bündniß gegen den Orden enthielt, d. h. das Ordensland vom Reiche abschnitt. Die Erkenntniß, daß nunmehr bei den Polen der Krieg gegen den Orden beschlossene Sache wäre, der Anblick der jammervollen Lage des eigenen Landes und die allgemeinen Beschwerden und Klagen, die fast täglich einliefen und in Danzig gar zu einem Aufruhr führten, sodann Mißmuth und Verzweiflung über das völlige Fehlschlagen der eigenen Politik, endlich schwere körperliche Leiden bewogen den Hochmeister, Amt und Würde niederzulegen. – Verfolgt man die innere Regierung und Verwaltung Küchmeister’s genauer, so gewinnt man wol den Eindruck, daß es durchaus nicht lediglich persönlicher Ehrgeiz gewesen war, was ihn einst zu der Empörung gegen den Hochmeister Heinrich v. Plauen getrieben hatte, sondern zum guten Theile wenigstens ehrliche Ueberzeugung von der Verkehrtheit und Schädlichkeit der aggressiven Politik desselben; nur hatte er sich leider in der Art der Polen sehr schlimm verrechnet. Die Folge davon, daß es bei der Steigerung der polnischen Forderungen nie zu einem festen Frieden kam, war trotz der Erneuerungen des Waffenstillstandes die unabweisbare Nothwendigkeit für den Orden, sich fortwährend gerüstet zu halten und, da dieses jetzt nur noch durch Annahme von Söldnern möglich war, dem durch die letzten Kriege verheerten Lande dauernd schwere Lasten aufzulegen. Sichtlich ließ es sich K. angelegen sein, die Einigkeit zwischen dem Orden und den Ständen des Landes zu pflegen. Nicht blos bei der Entscheidung innerer Zwistigkeiten und bei der [290] allgemeinen Gesetzgebung zog er den Beirath der Stände herbei, sondern auch bei wichtigen auswärtigen Verhandlungen that er „nichts ohne das Wissen des gemeinen Landes“; gegen die Empörer in Danzig ging er, anders als einst in ähnlichem Falle Heinrich v. Plauen, streng gesetzlich vor; um die preußischen Hansestädte nicht völlig mit ihren Genossen zu überwerfen, verzichtete er schließlich ganz auf den ergiebigen Pfundzoll, jene Handelsabgabe, die einst nur zu hansischen Zwecken eingeführt, dann aber von den Hochmeistern in ihrer Geldnoth zumeist für sich selbst in Anspruch genommen war. Aber das Alles konnte doch dem gesunkenen Handel, dem darniederliegenden Ackerbau des Landes, der Geldnoth des Ordens nicht mehr aufhelfen, und immer vernehmlicher trat die allgemeine Unzufriedenheit zu Tage. – Nach seiner Abdankung lebte K. nicht volle zwei Jahre mehr in Danzig, wohin er sich „abgebeten“ hatte.

J. Voigt, Gesch. Preußens, 7. Bd. (1836); Caro, Gesch. Polens, 3. Bd. (1869); Acten der Ständetage Preußens, herausgegeben von Töppen, 1. Bd. (1878); Scriptores rerum Prussicarum, 3. u. 4. Bd. (1866 u. 1870).