Stand: 17.09.2024 12:55 Uhr
Obwohl in Offenbach geboren, gilt Olli Dittrich doch irgendwie als waschechter Hamburger Jung. Lange hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, erst mit fast 40 Jahren hatte er im Quatsch-Comedy-Club seinen Durchbruch als Komiker.
von Stefanie Grossmann
Als arbeitsloser Dittsche schlurft Dittrich in Bademantel und Schumiletten in seiner gleichnamigen Sendung aus der "Eppendorfer Grillstation" in die deutschen Wohnzimmer - und das mit typisch Hamburger Dialekt. In der Komiksendung sinniert er über Verschwörungstheorien, spricht liebevoll von dem Imbiss als "muggelichem" Platz und trinkt lecker Bier, das "perlt".
AUDIO: Olli Dittrich: Wie aus dem Theatermaler ein Comedy-Star wurde (44 Min)
Dieser etwas traurige, anrührende Dittsche ist die Paraderolle von Olli Dittrich und wie ein Alter Ego. "Das wirklich wahre Leben" hat Dittrich bereits in einer Autobiografie veröffentlicht. Dort schreibt er ganz unverblümt und ehrlich über Ängste, Zwänge und seine Skepsis gegenüber dem Show-Business: "Applaus ist trügerisch und Erfolg, vor allem im Unterhaltungsgeschäft, nun wirklich keine stete Sache."
Vom Theatermaler ins Musikgeschäft
Zurück auf Anfang: Am 20. November 1956 kommt Oliver Michael Dittrich in Offenbach auf die Welt und wächst nach dem Umzug der Familie nach Hamburg mit zwei Brüdern im Stadtteil Langenhorn auf. Seine Lehrer prophezeien ihm damals: "Aus dir wird nie was." Nach dem Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule lernt Dittrich nach der mittleren Reife Theatermaler an der Hamburger Staatsoper. Sein Faible für Musik führt ihn nach der Lehre zum Plattenlabel Polydor. Dort arbeitet sich Dittrich vom Packer bis ins Produkt-Management hoch.
Doch seine Arbeit macht ihn nicht glücklich. Darüber hinaus ist er unfähig und überfordert, etwas an dem Zustand zu verändern: "Für mich war Angst in fast jeder Form das große Thema. Ängste waren alles, was mich damals noch beschäftigte, besser gesagt, dominierte", erzählt er in seinem Buch. Es sei eine ungeheuer komplizierte, zehrende, fast verhängnisvolle Zeit gewesen, so Dittrich. Eigene Versuche, als Songschreiber Fuß zu fassen, scheitern: So floppt 1989 Dittrichs Debütalbum "Modern Guy".
Olli Dittrichs preisgekrönter Durchbruch
Ohne Drehbuch zum Erfolg: Für die Improvisationsreihe "Blind Date" bekamen Anke Engelke und Olli Dittrich den Grimme-Preis.
In den folgenden Jahren hält sich Olli Dittrich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Bei seinem ersten Auftritt 1992 als Komiker im Quatsch-Comedy-Club lernt Dittrich Wigald Boning kennen. Einige Zeit später stürmen sie nicht nur als Die Doofen mit "Mief" die Hitparaden, sondern treten mit großem Erfolg in der Show "RTL Samstag Nacht" auf. Für die Talkshow-Parodie "Zwei Stühle - eine Meinung" bekommen Dittrich und Boning 1994 den Grimme-Preis. 2003 gewinnt der Komiker den begehrten Preis aus Marl ein zweites Mal - zusammen mit Anke Engelke für die Improvisationsreihe "Blind Date". Den dritten Grimme-Preis heimst Dittrich schon ein Jahr später für die Kultsendung "Dittsche" ein.
Dass Olli Dittrich mehr als nur Dittsche ist, hat er bewiesen. In manch seiner Rollen kommt er besser als das Original daher. Über seine Parodie von Franz Beckenbauer im Rahmen der "Harald Schmidt Show" schreibt der Journalist Stefan Niggemeier 2006: "Beckenbauer hätte noch am Donnerstagabend zurücktreten müssen. So gut wie Olli Dittrich ist er als Beckenbauer einfach nicht."
Mit Country-Musik zum Eurovision Song Contest
Die Musik hat Olli Dittrich nie aus den Augen verloren. Mit der Country-Band Texas Lightning und dem Lied "No No Never" schafft er die Teilnahme am Eurovision Song Contest 2006 für Deutschland. Während der Song hierzulande lange Nummer Eins in den Charts ist, reicht es beim europäischen Gesangswettbewerb nur für Platz 14. Einen lang ersehnten Traum als Texter, Interpret und Komponist erfüllt sich Olli Dittrich mit der CD "11 Richtige", die 2008 erscheint. Ein Jahr lang feilt er an dem Opus, auf dem 60 Orchestermusiker zu hören sind.
Dittrich brilliert als Beckenbauer
Dann wagt sich Dittrich erneut auf die Bühne: Als Studiomoderator "Sören Lorenz" persifliert er im Ersten die Frühprogramme der deutschen TV-Landschaft. Dazu gehören unfreiwillig komische Sensationsnachrichten, die keine sind, oder übermüdete Witze von Moderatoren. Im Mittelpunkt von "Frühstücksfernsehen" stehen Anekdoten und skurrile Figuren, wie etwa Argentiniens Fußballstar "Edson Santiago Piporente de la Paz". Als Co-Moderatorin steht Dittrich Komikerin Cordula Statmann zur Seite.
Olli Dittrich und Cordula Stratmann im "Frühstücksfernsehen" als Sören Lorenz und Claudia Akgün.
Danach entstehen weitere Persiflagen: In "Das TalkGespräch" macht sich Olli Dittrich über die abendlichen Plauderstunden im Fernsehen lustig. Ein weiterer Coup ist "Schorsch Aigner - der Mann der Franz Beckenbauer war". Darin ist der Verwandlungskünstler erneut in einer seiner Paraderolle zu sehen - er nimmt die "Lichtgestalt" Franz Beckenbauer aufs Korn. Im NDR Fernsehen entsteht 2015 mit Dittrich in der Hauptrolle "Jennifer - Sehnsucht nach was Besseres". Als windiger Chef eines Friseurbetriebs sorgt er in der Comedy-Serie für köstliche Unterhaltung.
Anerkennung von einem ganz Großen
Dass Dittrich als Komiker ein ganz Großer ist, bescheinigte ihm kein Geringerer als der 2011 verstorbene Loriot: "Niemandem sonst gelingt es, an einer Theke einer Eppendorfer Imbissstube im weißblauen Bademantel den Wahnsinn bürgerlicher Monologe in pure Wonne einzutauschen."
Olli Dittrich zählt Loriot zu seinen komödiantischen Vorbildern, genauso wie den weniger bekannten Satiriker Heino Jäger. Außerdem ist er seit früher Jugend Fan des Hamburger SV. Vor allem mit dem verstorbenen Uwe Seeler verband ihn viel. Dittrich lebt in Hamburg-Eppendorf.
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Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 |10.01.2024 | 20:00 Uhr
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