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Gastbeitrag von Gabor Steingart: Nicht nur Habeck ist das Problem – auch die CDU braucht Wirtschafts-Nachhilfe
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FOCUS online/Wochit Nicht nur Habeck ist das Problem – auch die CDU braucht Wirtschafts-Nachhilfe
  • Gastautor (Berlin)
Dienstag, 01.10.2024, 10:03

Nach Robert Habeck wird es so schnell keinen Wirtschaftsminister der Grünen mehr geben. Doch Grund zur Freude ist das nicht: Auch bei der CDU mangelt es bei einigen an ökonomischem Sachverstand. Es droht eine große Koalition der Reformverweigerer.

Die gute Nachricht zuerst: Die Grünen werden so bald nicht mehr den Bundeswirtschaftsminister stellen. Es ist kein Kanzler denkbar, der sich auf dieses Abenteuer ein zweites Mal einlassen würde.

Die staatliche Investitionslenkung, die bei Habeck „Transformation der Volkswirtschaft“ heißt, endet mit einem umfassenden Investitionsstreik: Das Geschäft mit den Wärmepumpen bricht genauso ein wie das mit den Elektroautos. Die heimische Industrie wandert ab. Ausländische Investoren machen einen Bogen um das Land.

Ökonomischer Unsinn ist keine grüne Exklusivität

Man hätte es wissen können. Karl Schiller, Wirtschaftsprofessor und ehemaliger SPD-Wirtschaftsminister, beschrieb die Begrenztheit einer staatlichen Intervention mit folgendem Sprachbild: „Man kann die Pferde zur Tränke führen, aber saufen müssen sie dann von alleine.“

Genau das ist das Problem: Die Pferde saufen nicht mehr. Eher darben oder flüchten sie, als dass sie aus dieser grünen Tränke trinken.

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Die schlechte Nachricht folgt der guten auf dem Fuße: Auch unter einem CDU-Kanzler wird es keine Angebotspolitik im Stile eines Ludwig Erhard mehr geben. Das Wasser in der CDU-Tränke schimmert ebenfalls trübe. Ökonomischer Unsinn ist keine grüne Exklusivität.

#1 Staat statt Markt: Die Industriepolitik von Habeck folgt der Strategie von CDU-Wirtschaftsminister Altmaier

Robert Habeck sieht den Staat – entgegen Ludwig Erhards Empfehlung – nicht nur als Schiedsrichter, sondern als Sturmspitze, die selbst Tore schießen soll. Dieses Misstrauen in die unsichtbare Hand des Marktes hat er von seinem CDU-Vorgänger Peter Altmaier geerbt. Lars Feld, Leiter des Walter-Eucken-Instituts der Universität Freiburg und der Persönliche Beauftragte des Finanzministers, sagt im „Pioneer Ökonomie-Briefing“:

„Die von uns so viel gescholtene Industriepolitik geht auf Herrn Altmaier zurück.“

Der ehemalige CDU-Wirtschaftsminister legte 2019 eine „Nationale Industriestrategie“ vor. Darin betonte er die Wichtigkeit „großer und starker Akteure”, die mit staatlichen Geldern großgezogen und am Leben erhalten werden sollen. Dazu sei im Falle von Schlüsseltechnologien (die der Staat auswählen sollte) eine Überprüfung des Wettbewerbsrechts, die Ermöglichung von „Beihilfen“ und die „Erleichterung von Unternehmenszusammenschlüssen“ nötig. Schon Altmaier misstraute dem Kapitalismus:

„Ein Unternehmen hat sein Fortkommen im Blick, nicht das des gesamten Landes.“

Feld sieht in dieser CDU-Industriestrategie den gedanklichen und faktischen Blueprint für Habecks Wirken: „Genau dieser Politik folgt das Bundeswirtschaftsministerium weiterhin.“

#2 Gemeinschaftsschulden: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, CDU, setzt auf Deficit Spending

Kaum verlässt ein Christdemokrat die Landesgrenze, findet eine wundersame Verwandlung statt: Aus dem Ordnungspolitiker wird ein Schuldenpolitiker. So flirtet in Brüssel die christdemokratische Kommissionspräsidentin – entgegen der offiziellen CDU-Position – mit der gemeinschaftlichen Schuldenaufnahme.

Der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi empfahl in seinem Bericht , den er auf Bitten der CDU-Politikerin erstellt hatte, „zusätzlich jährliche Mindestinvestitionen von 750 bis 800 Milliarden Euro“ – auf Pump. Und diese Schulden sollten gemeinsame Schulden sein, also Eurobonds. Und wie denkt die Christdemokratin von der Leyen darüber? Sie sei „offen für diese Diskussionen, weil der Impact staatlicher Investitionen stark ist“, sagte sie im Mai der Financial Times.

#3 Bürgergeld-Wahnsinn: CDU sorgte im Bundesrat für die Mehrheit

„Eine Illusion ohne positive Effekte“, nennt die CDU das Bürgergeld heute auf ihrer Website. Denn „wer Arbeiten kann, soll auch arbeiten gehen, ansonsten gibt es keine Sozialhilfe“, fordert Carsten Linnemann und will das Bürgergeld, wie es heute existiert, abschaffen. Gut gebrüllt, Löwe.

Wichtig zu wissen: Ohne die Unterstützung der Union im Bundesrat hätte es das Bürgergeld niemals geben können. Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff nannte die erzielte Einigung damals eine „Sternstunde der Demokratie“, sein hessischer Parteikollege, Ministerpräsident Boris Rhein, prophezeite, dass das Bürgergeld „für viele Menschen in Deutschland eine spürbare Verbesserung bringen“ würde.

#4 Rente: Die CDU wird an der Rente nicht rütteln können

Die Rente als Versicherung funktioniert schon lange nicht mehr. Der Bundeszuschuss zur Rente – der mittlerweile bei fast 85 Milliarden Euro liegt – alimentiert die Vergangenheit und lähmt die Zukunft. Der Bundesrechnungshof spricht daher auch vom „versteinerten Haushalt“.

Friedrich Merz will weder den Bundeszuschuss kürzen noch das Renteneintrittsalter anhand der Lebenserwartung erhöhen, wie er es selbst erst vor einem Jahr formulierte:

„Es wird weder im Wahlprogramm noch in einem möglichen Koalitionsvertrag mit uns eine Rente mit 70 geben.“

Klar ist: Ohne Rentner gibt es keine CDU-Mehrheit. Merz stellt sich gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, obwohl alle namhaften Experten zur Heraufsetzung des Rentenalters raten.

#5 Reformen: Das neue CDU-Grundsatzprogramm bleibt undeutlich

Die größte Auffälligkeit des neuen CDU-Grundsatzprogramms ist seine Unschärfe. Anders als unter CDU-Chef Helmut Kohl („Gürtel enger schnallen“) wird allen alles versprochen. Der Staat soll investieren, in Schulen, Forschung, Straßen, Brücken, die Bahn und die militärische Aufrüstung, bei Einhaltung der Schuldenbremse. Die Wirtschaft soll entfesselt werden, unter Beibehaltung des Sozialstaates und des Beamtenstaates in bisheriger Größe.

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Fazit: Wenn der eine Habeck geht, kommt der nächste. Die größte Koalition von allen ist die der Reformverweigerer.

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