Neues Domizil: Brauerei-Pferde ziehen nach Egling

Neufahrn - Brauerei-Pferde kennt man etwa vom Oktoberfestumzug. Aber wo sind die Tiere eigentlich den Rest des Jahres? Ab Samstag in Neufahrn bei Egling.
Lenz ist es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen. Er genießt das und nimmt die Anprobe fürs Fotoshooting vor dem großen Event gelassen hin. Tut so, als interessiere ihn das Aufbrezeln eigentlich gar nicht. Das linke Bein lässig angewinkelt, steht er ziemlich cool da. Dann stöckelt er hinaus ins Freie, auf schweren, mit Stollen besetzten Hufeisen.

Lenz, neun Jahre jung und damit im besten Pferdealter, ist einer von acht schweren, belgischen Kaltblütern, die an diesem Samstag auf dem Zengerle-Hof in Neufahrn bei Egling (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) ihr neues Domizil beziehen. Für den Tag der Einweihung wird gerade geprobt. Mit Wagen, Festgeschirr und so weiter. Die schönen Brabanter Braunschimmel gehören der Spaten-Brauerei, „der letzten Münchner Brauerei, die eigene Pferde besitzt“, wie Verkaufsleiter Bernhard Klier erklärt. „Wir gehören zwar zum weltgrößten Bierkonzern. Aber im Gegensatz zu unserem Ruf legen wir viel Wert auf den Erhalt von Traditionen.“ Auch das soll bei der Einweihung des neuen Rösser-Domizils mit rund 250 geladenen Gästen zum Ausdruck gebracht werden.

Seit 2008 leben Lenz und seine Kollegen Hans (9), Moritz (16), Toni (4), Hugo (5), Jackl (6) sowie die beiden Senioren Leo und Jobst (beide 19) bei Egling in der Obhut von Walter Zengerle, 50, und dessen Familie. Der Sattler, Raumausstatter und Pferdefan lenkt seit 36 Jahren nebenbei Gespanne, vor elf Jahren nahm er zum ersten Mal für die Spaten-Brauerei auf dem Kutschbock Platz. Bis vor kurzem hatten die rund 1000 Kilo schweren Kaltblüter mitten im Dorf ihr Zuhause.
Dass sie jetzt in die neue „Herren-WG“ umziehen, liegt an geänderten EU-Vorschriften, die unter anderem eine bestimmte Boxengröße vorgeben. So bezieht jedes Ross in der 20 mal 30 Meter großen Halle nun eine 3,60 x 3,60 Meter große Box. Geräumige 13 Quadratmeter, luftig und hoch, täglich frisches Heu inklusive.
Im Einsatz sind die Tiere vor allem für Werbezwecke, bei

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Leonhardifahrten, Volksfesten. Insgesamt stehen pro Jahr 30 bis 50 Auftritte im Terminkalender. „Die jungen Rösser trainieren auf Volksfesten, damit sie für die Wiesn fit sind“, sagt Zengerle. Das Oktoberfest ist für die acht Wallache der Höhepunkt des Jahres. Da hat jeder seine Aufgabe. Leo und Jobst, die Senioren, sind die Leitpferde. Jobst ist der Chef im Sechser-Gespann, sagt der Kutscher. „Leo ist unser Professor. Der denkt mit beim Fahren, kennt sogar die Ampelfarben.“
Jackl, der ruhigste im Team, darf seit zwei Jahren beim Wirte-Einzug und beim Trachtenzug das Münchner Kindl tragen. Um ihn an eine Reiterin zu gewöhnen, schwingt sich Zengerles Tochter Anna (16) manchmal auf den breiten Rücken des sechsjährigen Wallachs. Die Rösser scheint nichts aus der Ruhe zu bringen. „Aber sie nehmen Veränderungen wahr“, sagt Wolfgang Zengerle. „Wenn sie vor dem Oktoberfest in ihr Quartier im Zirkus Krone kommen, wissen sie, was los ist“, sagt er. „Die Wiesn ist auch für die Rösser etwas besonders. Da gehen sie mit Stolz raus und tragen den Kopf ein bisschen höher.“
Rudi Stallein