Kino

"Wunder" gibt es immer wieder Ein Liebesbrief ans Leben

Familie Pullman - mit Daisy - am ersten Schultag.

Familie Pullman - mit Daisy - am ersten Schultag.

(Foto: dpa)

Ein bisschen kitschig, die Überschrift, zugegeben, aber das Leben ist kitschig. Und grausam. Dass man es mit Humor nehmen sollte, zeigt uns der zehnjährige Auggie, der ein entstelltes Gesicht hat und sein Leben als Schüler meistern muss. Großes Kino!

"Wunder gibt es immer wieder" sang Katja Ebstein bereits 1970 - und belegte damit wundervollerweise sogar den dritten Platz beim Eurovision Song Contest. Aber das nur am Rande. Der Film, um den es im folgenden Text nun gehen soll, ist nämlich ein solches Wunder, besser könnte man es nicht ausdrücken. Ein kleiner Junge mit einem Gen-Defekt, der sein ganzes Gesicht entstellt und dem auch etliche "Schönheits"-Operationen nicht wirklich helfen können, zeigt dem Zuschauer, der Welt und wahrscheinlich dem ganzen Universum, was Antoine de Saint Exupéry ("Der kleine Prinz") bereits wusste: "Man sieht nur mit dem Herzen gut."

Hat Auggie bisher zu Hause unterrichtet, nun muss er in die Schule: Julia Roberts als Auggies Mom.

Hat Auggie bisher zu Hause unterrichtet, nun muss er in die Schule: Julia Roberts als Auggies Mom.

(Foto: dpa)

Denn darum geht es in "Wunder", einem Film, der auf wahren Tatsachen beruht und der schon als Buch ein Erfolg war. Das wirkliche Wunder in diesem Film sind die Darsteller, und da sollte man ausnahmsweise mal nicht mit den bekannten Größen wie Julia Roberts und Owen Wilson starten, sondern die beachten, die den Film wirklich tragen: die Kinder.

Natürlich ist Auggie, der von Jacob Trembley dargestellt wird, die Hauptperson, aber der heimliche Star des Films ist seine große Schwester Via, gespielt von Izabela Vidovic; denn Auggies Geschichte ist auch ihre Geschichte. Als das kluge, stille Mädchen nämlich ein Geschwisterchen bekommt, ist die Zeit der ungeteilten Aufmerksamkeit für sie vorbei. So weit, so normal in Familien mit mehreren Kindern. Auggie jedoch ist schwer behindert und das gesunde Kind rückt in den Hintergrund. Sie liebt ihren kleinen Bruder abgöttisch, sie ist seine Vertraute, seine Mentorin, seine zweite Mutter, seine Freundin und seine Verbündete und doch bleibt sie an vielen Stellen auf der Strecke.

"Ich will dein Gesicht sehen, denn es ist das Gesicht meines Sohnes, den ich sehr liebe." Owen Wilson möchte man zum Vater haben, auf jeden Fall.

"Ich will dein Gesicht sehen, denn es ist das Gesicht meines Sohnes, den ich sehr liebe." Owen Wilson möchte man zum Vater haben, auf jeden Fall.

(Foto: dpa)

Das ist nicht böse gemeint von den liebenden und besorgten Eltern, die für ihren Auggie nur das Beste wollen - das ist mehr als verständlich - und doch leidet natürlich auch das gesunde Kind, das immer funktioniert, unter der besonderen Situation. Denn so einfach ist das nicht, sich immer zurückzunehmen, besonders dann nicht, wenn man in die Pubertät kommt. Wie toll das gespielt wird von Izabela Vidovic, ist nur ein Highlight dieses Kino-Wunders von Regisseur Stephen Chbosky, der den Bestseller von R.J. Palacio zu einem Film der Extra-Klasse gemacht hat.

"Es ist dein Gesicht!"

Palacio schrieb "Wunder", nachdem sie und ihr kleiner Sohn eine Eisdiele besucht hatten. Ihr Sohn bemerkte ein Mädchen mit entstelltem Gesicht und fing an zu weinen. Die Autorin versuchte, ihr Kind wegzubringen, um das Mädchen oder ihre Familie nicht zu kränken, was die Situation jedoch verschlimmerte. Diese Szene sei ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen, sagt Palacio.

Wunderbare Schwester: Izabela Vidovic als Via.

Wunderbare Schwester: Izabela Vidovic als Via.

"Ich habe mir vorgestellt, wie es ist, der Welt so gegenüberzutreten. Wie man damit umgeht, wenn die Leute einen ständig anstarren, auf dich zeigen und gemeine Kommentare abgeben. Wie muss das für diese Person sein und für die Eltern oder die Schwester? Alle Leute, die anders aussehen, erfahren so etwas ihr Leben lang. Aber wenn das Gesicht betroffen ist, ist das noch mal etwas anderes. Weil es immer sichtbar ist, es ist dein Gesicht. Es ist das Erste, was Menschen sehen, wenn man rausgeht. Über all das habe ich nachgedacht und dabei entstand 'Wunder'."

Warum sie ihren Protagonisten Auggie als Zehnjährigen beschreibt, hat mehrere Gründe, erklärt sie weiter: Ihr älterer Sohn war in diesem Alter und in der 5. Klasse, als sie das Buch schrieb, so Palacio. "Es ist eine besondere Phase, viele Kids kommen in eine neue Schule. Es ist der Übergang von der Kindheit zum Teenager, die Kinder fangen an, Entscheidungen für sich selbst zu treffen. In dieser Zeit ist es wichtig, die Kinder an die Bedeutung von Freundlichkeit zu erinnern, wie wichtig es ist, nett zueinander zu sein. Das ist ein sehr emotionaler Abschnitt im Leben von Kindern. Sie entscheiden, welche Art von Mensch sie sein wollen."

Kinder können grausam sein, aber auch die liebsten, unvoreingenommensten Menschen.

Kinder können grausam sein, aber auch die liebsten, unvoreingenommensten Menschen.

Palacio hofft, dass auch der Film die Botschaft an so viele Menschen wie möglich weitergibt: "Vor allem in Zeiten wie diesen brauchen wir das. Wir brauchen Menschen, die über Freundlichkeit, Respekt und Toleranz sprechen. Und das sind all die Dinge, für die das Buch und der Film stehen."

Anders als andere

Die Hollywood-Stars Julia Roberts und Owen Wilson sind in der Produktion als Auggies Eltern zu sehen. Die Autorin war bei der Entstehung des Films eingebunden, ihre Meinung sei gefragt und geschätzt gewesen, so Palacio. Auch als es darum ging, wie Auggie, der von dem unglaublichen, elf Jahre alten Jacob Tremblay dargestellt wird, aussehen soll: "Es war schwierig zu entscheiden, wie weit man mit dem entstellten Gesicht gehen kann und wie weit es für Jacob noch okay ist in der Maske, mit dem Make-up. Dieser Balanceakt ist sehr gut gelungen. Im Film ist es nicht so extrem, wie ich es mir vorgestellt und im Buch beschrieben habe. Der Streifen bleibt aber auf alle Fälle der Botschaft des Buchs treu. Da ist es nicht wichtig, wie schwerwiegend die Entstellungen sind. Es geht nur darum, dass er anders aussieht als andere."

Jacob Tremblay bei den Critic's Choice Awards im Januar 2018.

Jacob Tremblay bei den Critic's Choice Awards im Januar 2018.

(Foto: AP)

Dass Auggies Eltern von großen Hollywood-Stars gespielt werden, war für Palacio "wirklich Wahnsinn": "Ich konnte es nicht glauben. Ich bewundere Julia Roberts seit so vielen Jahren. Für mich sind sie und Meryl Streep die großartigsten Schauspielerinnen unserer Zeit, das sind echte Filmstars, in der Tradition der Stars aus den 30ern, 40ern und 50ern. Als ich hörte, dass Julia Roberts diesen Film machen will, konnte ich das einfach nicht fassen. Auch die Performance von Owen Wilson hat mich umgehauen. Ich habe beide persönlich kennengelernt und sie sind wundervoll."

Dem kann man nichts hinzufügen, es stimmt. Beide sind feinfühlig, ernsthaft und komisch zugleich. Ein großartiges Paar. Und wie gesagt: Behalten Sie Izabela Vidovic auf dem Zettel - von ihr werden wir hoffentlich noch viel hören und sehen.

"Wunder" startet am 25. Januar in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de, mit spot

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