Die Füchsin, der Möchtern-Detektiv & die Umsiedlungsopfer
Anne Marie Fuchs (Lina Wendel), eine ehemalige Spionin der DDR, und Youssef El Kilali (Karim Cherif), ein Kleinunternehmer mit arabischen Wurzeln, sind auch im zweiten Film der Krimireihe „Die Füchsin“ gemeinsam im Düsseldorfer Umland unterwegs. Youssef hofft auf gute Detektiv-Geschäfte und hat unter seinen Kunden Visitenkarten verteilt. Weil die Füchsin jedoch mit der eigenen Vergangenheit beschäftigt ist und von der Idee einer gemeinsamen Detektei nicht viel hält, muss er allein zur ersten Kundin fahren. Und wie es der Drehbuch-Zufall will, stolpert Youssef prompt als Erster über die Leiche von Astrid Altmann (Doris Plenert), wird dabei von deren Tochter Katja Mehring (Tanja Schleiff) überrascht und natürlich von Kommissar Eisner (Robert Dölle) verdächtigt. Also macht sich die Füchsin doch auf, um dem Möchtegern-Detektiv beizustehen. Schauplatz ist Ekenbach, ein Dorf im Braunkohlerevier. Das Opfer kämpfte gegen die geplante Umsiedlung Ekenbachs und war offenbar auf einen Skandal gestoßen. Ihre Tochter arbeitet als Pressesprecherin beim Energiekonzern Westdeutsche Kohle AG (WDK), der den Tagebau betreibt.
Unternehmer sind profitgierig und Politiker korrupt
Drehbuch-Autor Ralf Kinder wollte den zweiten Fall „politischer“ gestalten. Der Kriminalfall sollte „von der Macht des großen Geldes“ erzählen und von „der Ohnmacht der Menschen, die den Renditen und Dividenden im Weg stehen“. So plakativ, wie er es formuliert, ist es auch geworden. Die Figuren haben eindeutige Funktionen und sind sonst nicht weiter interessant. Die Täter treiben rücksichtslos ihr Geschäft voran. Dass sie dabei über Leichen gehen, muss man als irgendwie selbstverständlich hinnehmen, denn bekanntlich sind Wirtschaftsführer gierig nach Profit und Politiker korrupt. Nichts gegen einen Kapitalismus-kritischen Ansatz, aber wenn fiktionale Bösewichter keine Spur faszinierend, sondern nur Abziehbilder sind, mündet die politische Absicht in Langeweile.
Giftmüll wird illegal entsorgt, Grundstücke über einen Strohmann verkauft
Der Kampf des Ortes ums Überleben findet auch nur sparsam Eingang in die Inszenierung. Neben der kleinen Demonstration zu Beginn gibt es noch die Geschichte von Carsten Mehring (Isaak Dentler). Der Schwiegersohn der getöteten Astrid Altmann steht mit seiner Sand und Kies KG vor dem Ruin. Die Füchsin und Youssef beobachten, wie er Giftmüll auf seinem Gelände entsorgt, und verkleiden sich als dubiose Geschäftsleute, die ihm 50.000 Euro in bar für das Versenken von 300 Stahlfässern bieten. Grundbuch-Auszüge belegen außerdem, dass Mehring zahlreiche Grundstücke in Ekenbach gekauft hat – offenbar als Strohmann für anonyme Interessenten. Kurz darauf finden ihn die Detektive und seine Frau tot auf dem Firmengelände. Katja Mehring trauert nun um Mutter und Mann, aber über die Trauer hinaus hat diese Figur nicht viel zu tun. Dass sie WDK-Sprecherin ist und ein freundschaftliches Verhältnis zu Bürgermeister Röpers (Dirk Borchardt) hat, sind Details, die ins Leere laufen.
„Wir sind alle schuldig geworden, nur unterschiedlich bestraft“
Was den Film dann doch über das Vorabend-Krimi-Niveau heraushebt, ist die Titelfigur und das Zusammenspiel von zwei ungewöhnlichen Ermittler-Typen. Die Ausstrahlung des Premieren-Films „Dunkle Fährte“ ist allerdings schon über ein Jahr her, und wer die Wiederholung im WDR Fernsehen (am 11.2.17) nicht gesehen hat, wird womöglich leichte Startschwierigkeiten haben. Die Füchsin saß wegen Landesverrats zweieinhalb Jahre im Gefängnis, ist arbeitslos und wohnt nach wie vor in einer kleinen Hochhaus-Wohnung. Wenn sich die Schuhsohle löst, greift sie zum Kleber – und beschwert den Schuh mit zwei Büchern: „Deutsche Geschichte“ und „Die Stasi im Westen“. Die Vergangenheit drückt tatsächlich schwer, Spionin Fuchs musste in der DDR ihren Sohn hergeben, als sie den Dienst beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) quittieren wollte. In dieser Folge erfährt man weitere Details ihrer Vorgeschichte, dennoch bleiben noch viele Fragen offen. Was hat die Füchsin als Spionin getan? Was genau wurde ihr angetan? Wer ist für die Trennung von ihrem Sohn verantwortlich? „Wir sind alle schuldig geworden, nur unterschiedlich bestraft“, sagt sie zu ihrem ehemaligen MfS-Führungsoffizier Ruhleben (Torsten Michaelis). Die Inszenierung wirkt bei diesem Handlungsstrang deutlich ambitionierter: Traumsequenzen spiegeln das Trauma des Verlustes ihres eigenen Kindes wider, und die visuellen Spielereien mit der Überwachungstechnik verweisen auf eine besondere Kontinuität. Spioniert wird immer.
Vietnamesin jagt ehemalige DDR-Spionin durch Düsseldorf
Das Verhältnis zwischen der Füchsin und Ruhleben, der nun im Kapitalismus mit seiner Sicherheitsfirma gutes Geld zu machen scheint, wird weiter in der Schwebe gehalten. Mal misstrauen und bestehlen, mal helfen sie sich. Das hat seinen Reiz, aber man muss auch guten Willens sein, der Logik zu folgen, wonach ehemalige DDR-Agenten irgendwie alles möglich machen. „Spur auf der Halde“ beginnt mit dem simpel erscheinenden Einbruch der Füchsin in Ruhlebens Büro, obwohl die Firma hier als modernes, hochgerüstetes Computerzentrum inszeniert wird. Xuân Lan (Bolor Gansuh), Ruhlebens „interne Sicherheitsbeauftragte“, nimmt schließlich zu Fuß die Verfolgung auf. Die Vietnamesin jagt mit grimmigem Gesicht die Ex-Spionin über Düsseldorfs Straßen – das hat etwas von James Bond für Arme, aber der Vergleich ist natürlich unfair. Viel besser passen jedenfalls Understatement und Ironie zu dieser Reihe: Die Füchsin hat eine Floppy-Disk erbeutet, auf der beim MfS der Vorgang „Fuchsbau“ dokumentiert wurde, und muss nun bei Youssef einen passenden Computer bestellen.
Humorvolle Dialoge mit dem sympathisch-empfindsamen Youssef
Diese Anna Marie Fuchs ist klug, furchtlos, erfahren, trickreich und überdies eine angenehm untypische Figur: Sie ist keine Ermittlerin, die die viel beschworene „weibliche Intuition“ vor sich herträgt, als könnten Frauen nur nach Bauchgefühl zum Ziel kommen. Sie ist kühl, unnahbar, misstrauisch, die eigenen Gefühle verbergend. Lina Wendel ist mit ihrer ruhigen, ernsthaften Ausstrahlung die perfekte Besetzung für diese starke, aber ins Abseits geratene und tief verletzte Frau. Durch die Wortgeplänkel mit Youssef behält auch der zweite Film einen stark komödiantischen Einschlag. Mit unverkrampftem Humor werden hier in den Dialogen Ressentiments und Stereotype zum Thema gemacht. Das geht zwar nicht ganz klischeefrei ab, aber in diesen Zeiten mit einer – und auch mal über eine – sympathische(n) arabische(n) Figur zu lachen, hat etwas Erfrischendes. Behutsam spinnen Drehbuch und Inszenierung die Fäden zwischen den Protagonisten weiter. Die Füchsin lässt langsam erkennen, dass sie Gefallen findet an der Zusammenarbeit mit diesem empfindsamen und schwatzhaften Youssef. Komisch auch Sara Fazilat als Youssefs Nichte Saida, die im Café von Youssefs Freundin Simone (Jasmin Schwiers) wieder als kundige Hackerin eine Hilfe ist.