Die TV-Highlights im Januar
01.01.2025
02:40
NDR
Fernsehfilm
Anneke Kim Sarnau, Oliver Wnuk, Löhr, Koch. Klug & witzig auf die Spitze getrieben
„Käse und Blei“ (NDR / Polyphon) ist ein furioser Kurzfilm über ein Silvesteressen, das völlig aus dem Ruder läuft. Angesichts der Kürze der mit großem Aufwand inszenierten Komödie ist die Ereignisdichte nicht weiter verwunderlich, aber Regisseur Felix Koch gelingt es auf fast schon wundersame Weise, die vielen zum Teil bizarren Ideen trotzdem nicht wie eine Nummernrevue wirken zu lassen. Der Film wäre schon allein wegen der zudem vortrefflich vorgetragenen Dialoge eine Empfehlung wert, aber auch die Slapstickszenen sind wunderbar umgesetzt. Der Humor ist aber nicht nur handfest, sondern auch tiefschwarz.
01.01.2025
03:20
ARD
Fernsehfilm
Julia Brendler, Stephan Luca, Florian Gärtner. Wenn der Alltag das Genre küsst
Ein Ex-Ehepaar renoviert sein Südtiroler Ferienhaus, um es endlich zu verkaufen, und renoviert dabei gleich seine Liebe mit. Der Weg ist das Ziel in der sommerlichen Alltagskomödie „Trennung auf Italienisch“ von Florian Gärtner. In dem mit Julia Brendler und Stephan Luca top besetzten ARD-Freitagsfilm gibt es Vieles zu entdecken, was über die Konventionen einer romantischen Komödie hinausgeht. Ernsthaft emotionale und komische Momente sind ebenso wohl dosiert wie die deutsch-italienischen Mentalitäten, die das Liebesspiel augenzwinkernd konterkarieren. Ein sehr dicht erzählter Unterhaltungsfilm!
01.01.2025
06:10
One
Fernsehfilm
Engelke, Brandt, Pläging/Bierhals, Erik Haffner. Herzerwärmend tragikomisch
Ein kleines Juwel zum Jahresende mit Anke Engelke & Matthias Brandt: In dem 30minütigen Kammerspiel „Kurzschluss“ (WDR / btf) sind beide kurz vor dem Jahreswechsel im Vorraum einer Bank eingeschlossen. Engelke als spitzzüngige Kleinstadt-Bürgermeisterin und Brandt als ungeduldiger Geschäftsmann aus Berlin führen ein tragikomisches Zwei-Personen-Stück auf, präzise inszeniert von Regisseur Erik Haffner. Den Autoren Claudius Pläging und Max Bierhals gelingt es, mit wenigen Mitteln und viel Dialogwitz eine kurzweilige Silvester-Geschichte zu erzählen – ein weiteres kreatives Schmuckstück aus der bildundtonfabrik.
02.01.2025
13:55
One
Fernsehfilm
Christian Berkel, Andrea Sawatzki, Fritz Karl, Jeltsch, Hofer. Aufforderung zum Tanz
„Entführen für Anfänger“ (Degeto / 307) ist eine stellenweise überaus witzige und vom Ehepaar Berkel/Sawatzki mit großer Spielfreude verkörperte Variante des Stockholm-Syndroms: Adam, ein verwitweter Buchhalter, der nach knapp 40 Dienstjahren einer KI weichen muss, revanchiert sich, indem er Evelyn, die Frau seines Chefs (Fritz Karl), verschleppt. Als sich herausstellt, dass der Schönheitschirurg froh ist, seine Gattin auf elegante Weise loszuwerden, verbünden sich der Entführer und seine Gefangene.
02.01.2025
20:15
3sat
Serie & Mehrteiler
Svenja Jung, Kling, Ferch, Doehnert, Edel. Zwei Frauen strahlen, der Osten leuchtet
„Der Palast“ (Constantin Television) – der Titel ist Programm, und er macht deutlich, was von dem ZDF-Dreiteiler zu erwarten ist und was nicht. Wer sich ein Drama verspricht, das sich ernsthaft mit der deutsch-deutschen Geschichte auseinandersetzt, kann sich die viereinhalb Stunden sparen. Autorin Doehnert bedient sich zwar der Geschichte, doch dieses Puzzle aus historischen Versatzstücken und ostwestdeutschen Mentalitätsstereotypen bildet allenfalls den Zeithorizont für eine Erzählung, die als Familien-Melodram konzipiert ist und die sich clever Kästners Zwillingsmotivs bedient. Wer dieser Art (n)ostalgischen Fernsehens nichts abgewinnen kann, dem wird eine „Palast“-Revolte nicht schwerfallen. Wer sich jedoch dem gekonnt gemachten Trivialen hinzugeben bereit ist, wer Fern-Sehen nicht nur als Kopfarbeit sondern auch als Bauchlust versteht, als eine angenehm ziellose und emotional entlastende Form der Wahrnehmung, der dürfte Spaß haben an diesem Bilderbogen, dieser „Doppelten-Lottchen“-Variation, die in Sachen Identifikation, Spannungs-Dramaturgie & Tanz bestens funktioniert. Svenja Jung trägt den Film, sie ist sein Atem, sein Herz, sein Gesicht – und wenn sie nicht gerade ein Solo gibt, so sticht sie noch als ein Teil aus dem Ornament der Masse heraus. Bei „Der Palast“ stößt der Verstand an seine Grenzen, obsiegt das Gefühl.
02.01.2025
22:35
One
Serie & Mehrteiler
Schütte, Mädel, Hagmeister, Hübner, Schudt. Nur die Harten kommen in den Garten
So hart wie der Name schon klingt: Klaus Kranitz therapiert im schonungslosen Schnell-Verfahren. Drei Sitzungen, 1500 Euro und das Versprechen, dass sich danach wieder alle verstehen. Mit „Kranitz – Bei Trennung Geld zurück“ (Florida Film) wildert Regisseur Jan Georg Schütte erneut in dem ihm vertrauten Genre der Impro-Comedy. Die Hauptrolle übernimmt er diesmal selbst. Dass er in seiner Rolle als selbsternannter Therapeut noch ganz andere Geschäfte im Sinn hat, sorgt für manche Wendung. Die sechs Episoden mit namhaftem Personal und ein paar unbekannten Gesichtern sind mal sehr, mal etwas weniger gelungen. Das Format an sich überzeugt durch wechselnde, dem jeweiligen Thema angemessene Visualisierung und der Lust an hemmungsloser Übertreibung. Vorm Abdriften in den puren Klamauk ist die Serie trotzdem weit entfernt. Jede Sitzung verhandelt die psychischen Begleiterscheinungen einer Post-Corona-Gesellschaft, in der sich Blender, Ratlose, Kämpfer, Träumer nicht mehr auf einen Nenner kommen. Geschweige denn auf sowas wie Liebe.
02.01.2025
22:45
BR
Serie & Mehrteiler
Seeböck, Warenski, Mwezi, Forcher, Schultschik, Hartl, Moder. Die Piste zum Ruhm
Im ganzen Land hat´s diesen Winter mehr geschneit als üblich. Gute Bedingungen zur Erstausstrahlung einer Serie über skibegeisterte Teenager, die ganz nach oben wollen. „School of Champions“ (Superfilm) folgt den jungen Talenten in die Mehrbettzimmer einer fiktiven Sportakademie. Die Vermarktung ihres Erfolgs ist von Anfang an eingepreist. Heißt: Disziplin statt Freestyle, Social-Media im Dienst der PR und abliefern auf den Punkt. Obwohl die Action da so nahe liegt, reiht „School of Champions“ nicht eine spannende Abfahrt an die andere. Viel mehr konzentriert man sich auf die emotionalen Slaloms der jungen Sport-Elite. An der Seite der Ski-Asse wedelt der Zuschauer erzähltechnisch eher auf blauen Pisten zu Tal. Der Parcours ist nach den Standards eines Coming-of-Age-Dramas im Internatsmilieu abgesteckt, nimmt aber auch volljährige Zuschauer mit. Eine zweite Staffel ist im Dreh.
03.01.2025
23:35
ARD
Reihe
Stadelmann, Höfels, Kling, Baxmeyer, Schmidt. Einfache Geschichte – einfach gut!
Ein Blutbad im Harz, fünf Tote, ein beherzter Dorfpolizist mittendrin – und der hat bald auch noch eine Kronzeugin und vier Bad Cops vom LKA an der Backe. Nach dem enormen Erfolg von „Harter Brocken“ hat Aljoscha Stadelmann in „Die Kronzeugin“ (ARD Degeto / H&V) nun seinen zweiten Einsatz als Mann des Gesetzes, der von allen gewaltig unterschätzt wird. Gleiches galt lange Zeit auch für diesen Schauspieler, der neben dem klar und überschaubar gestalteten Drehbuch von Holger Karsten Schmidt Herzstück dieses Premium-Krimis ist. So straff der Plot, so verspielt einige Details. Insgesamt dominieren Spannung & Genre-Brüche. Besonders eindrucksvoll inszeniert: eine akzentuierte Suspense-Szene & das Blutbad.
04.01.2025
12:15
ZDF
Fernsehfilm
Hannelore Elsner, Marie Bäumer & die Unberechenbarkeit großer Schauspielerinnen
Zu der Entscheidung, die Beziehungsgeschichten der ZDF-Tragikomödie „Ferien vom Leben“ in ein Road-Movie zu verpacken, kann man den Machern nur gratulieren. Sie ist die Basis dafür, dass aus „Ferien vom Leben“ ein absoluter „Herzkino“-Höhepunkt geworden ist. Der Film erzählt die Heldenreise zweier Frauen, aber auch für einen Ehemann, einen Sohn und einen vermeintlich lebensfrohen iranischen Trucker bringt diese Filmfahrt entscheidende existenzielle Veränderungen. Genre & Geschichte zielen auf Reflexion & Kommunikation; dennoch werden hier die Beziehungen nicht zerquasselt, die Szenen nicht zugequatscht. Die psychologische Grundierung stimmt, der Humor passt (als erkenntnisstiftendes Prinzip) und das Ensemble ist großartig, allen voran Bäumer, die ihrem Spiel Kino-Präsenz verleiht.
04.01.2025
13:00
WDR
Serie & Mehrteiler
Friedel, Koffler, Herzsprung, Levshin, Silber, Boss/Stennert. Der Tüftler & der Puma
„Die Dasslers – Pioniere, Brüder und Rivalen“ zeichnet das Leben der ungleichen Brüder über den Zeitraum von 50 Jahren nach, erzählt vom Aufstieg der Firma, von Rückschlagen und Beziehungskrisen, von der großen Katastrophe, die der Zweite Weltkrieg auch zwischenmenschlich für die Dasslers bedeutete, und von einer lebenslangen Rivalität. Am Ende der Geschichte stehen die Weltkonzerne Adidas & Puma. Es ist ein dramaturgisch & filmisch makelloser Zweiteiler, der auch in der unaufgeregten Art überzeugt, wie seine Macher die Familiengeschichte mit den Diskursen Politik, Sport & Marktwirtschaft kurzschließen. Besser als das kürzere RTL-Movie hat die ARD-Produktion das ideale Format für den Stoff gefunden. Und auch im Detail stimmt so gut wie alles: Besetzung, Dialoge, Ellipsen, Metaphern, Erzählrhythmus; es gibt Bilder und Sätze, die man nicht vergessen wird. Die Schauspieler durch die Maske (Birger Laube!) altern zu lassen, anstatt doppelt zu besetzen, war die vielleicht beste Produktionsidee – mit einem preiswürdien Ergebnis.
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