Keibul-Lamjao-Nationalpark

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Keibul-Lamjao-Nationalpark
Lage Distrikt Bishnupur, Manipur, Indien
Fläche 40 km²
WDPA-ID 4609
Geographische Lage 24° 29′ N, 93° 50′ OKoordinaten: 24° 28′ 48″ N, 93° 50′ 24″ O
Keibul-Lamjao-Nationalpark (Indien)
Keibul-Lamjao-Nationalpark (Indien)
Einrichtungsdatum 28. März 1977
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Der Keibul-Lamjao-Nationalpark (Meitei Keibul Lamjao Leipakki Lampak) befindet sich im Distrikt Bishnupur im indischen Bundesstaat Manipur. Das am Loktak-See gelegene Schutzgebiet dient der Erhaltung des ausschließlich dort verbreiteten, stark gefährdeten Manipur-Leierhirsches. Der See hat zudem ein einzigartiges Ökosystem aus im See treibenden Inseln aus Biomasse, die Phumdi genannt werden. Der Keibul-Lamjao-Nationalpark wird daher auch als „einziger schwimmender Nationalpark der Welt“ bezeichnet.[1]

Geographie und Geschichte

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Der Keibul-Lamjao-Nationalpark befindet sich 32 Kilometer südlich von Imphal, der Hauptstadt Manipurs, und an der Südostseite des Loktak-Sees, welcher seit März 1990 als Ramsar-Gebiet ausgewiesen ist.[2] Der Nationalpark umfasst eine Fläche von ca. 40 km² und bildet zusammen mit einer Randzone des Loktak-Sees (140 km²) und Pumlen Pat (43 km²) das Keibul-Lamjao-Schutzgebiet, welches seit 2016 auf der Tentativliste Indiens für den Status als UNESCO-Welterbe steht.[1] Während der Norden des Nationalparks aus Phumdi besteht, liegt der Süden etwas erhöht auf festem Boden. Dort finden sich drei Hügel: Chingjao, Pabot und Toya.[3] Das Schutzgebiet ist von zahlreichen Dörfern umgeben, in denen vor allem Meitei leben.[1] Der Loktak-See ist der größte Süßwassersee im Nordosten Indiens und spielt eine wichtige Rolle für die Bewässerung, Trinkwasser- und Nahrungsversorgung in der Region.[4] Haupteinnahmequellen der Bevölkerung sind die Fischerei und Landwirtschaft.[1] Jährlich werden durch die über tausend am See lebenden Fischer etwa 1500 Tonnen Fisch gefangen.[4] Der jährliche Gesamtniederschlag im Parkgebiet liegt bei 1250 mm. Die Temperaturen variieren zwischen 4 °C im Januar und 32 °C im Juni.[5]

Das Nationalparkgebiet war ursprünglich ein Jagdgebiet für Wasservögel. 1954 wurde es als Schutzgebiet für den Manipur-Leierhirsch ausgewiesen,[6] welches am 28. März 1977 den Nationalparkstatus erhielt.[1][5] 1983 wurde zur Stromerzeugung und zu Bewässerungszwecken südlich des Loktak-Sees am Fluss Manipur der Ithai-Staudamm gebaut, wodurch 83.000 Hektar Landwirtschaftsfläche geflutet wurden. An die betroffene Bevölkerung wurden jedoch keine Entschädigungen gezahlt und auch das Ökosystem wurde stark beeinträchtigt.[7] Nach Protesten wurde 2017 schließlich durch die Regierung Manipurs die Prüfung einer Stilllegung des Staudamms gefordert.[8][9]

Phumdi-Ökosystem und Umweltprobleme

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Im aus der Vogelperspektive betrachteten See befinden sich ringförmige, mit Gras bewachsene Inseln. Im vordersten Ring ist ein kleines Boot in dem ein Fischer gerade ein Netz ins Wasser geworfen hat.
Phumdi im Loktak-See
Karte
OpenStreetMap-Karte mit dem Loktak-See, Keibul-Lamjao-Nationalpark (grün) und Ithai-Staudamm (grauer Marker)

Der Loktak-See hat ein einzigartiges Ökosystem. Die sogenannten Phumdi sind Inseln bildende, schwimmende Matten aus organischem Material, Erde und Vegetation. Die Phumdi kommen in unterschiedlichen Größen und Stärken vor. Das größte Phumdi-Gebiet befindet sich auf der im Nationalpark liegenden Seeseite. Ein Phumdi beginnt mit einer kleinen Masse unzersetzten organischen Materials oder einem dichten Bewuchs von Wasserhyazinthen, sammelt Schwebstoffe an und wird nach und nach von Gräsern und anderen krautigen Pflanzen besiedelt. Phumdi weisen drei Schichten auf. Die oberste Wurzelschicht ist im Allgemeinen 0–15 cm dick, gefolgt von einer 25–65 cm dicken Mattenschicht und der untersten Torfschicht von 0–25 cm Dicke. Die Tragmasse des Phumdi besteht aus organischem Kohlenstoff (36 %), Stickstoff (2,08 %), organischem Material (24,98 %) und anderen Rückständen einschließlich mineralischer Substanz (37,94 %). Der hohe Pflanzenanteil sorgt für den Auftrieb des Phumdi. Wie bei einem Eisberg liegt jedoch ein Großteil der Masse unter Wasser, über Wasser liegt nur etwa ein Fünftel. Außerhalb der Monsunzeit, wenn der Wasserstand im See niedriger ist, kommen die Wurzeln des Phumdi mit dem Seeboden in Berührung und nehmen wichtige Nährstoffe auf.[1][3][4]

Seit dem Bau des Ithai-Staudamms steht das Wasser im Nationalpark jedoch ganzjährig hoch, da der Wasserpegel am Staudamm konstant auf 768,5 m über dem Meeresspiegel gehalten wird. Die in der Trockenzeit nicht mehr den Boden erreichenden Phumdi verlieren daher immer mehr an Dicke und Stabilität. Die normale Fließrichtung im See ist zudem von Norden nach Süden, jedoch dreht sich dies durch den Staudamm im August bis März um, wenn die Staustufe geschlossen wird. Die Wasserströmung treibt die Phumdi im Nationalpark dadurch nach Norden ab.[4][7][5] Auch kommen einige Fischarten durch den Bau des Staudamms nicht mehr flussaufwärts, was die Ökologie und Wirtschaft am See schädigt.[10] Weitere Umweltprobleme bestehen beispielsweise durch die umliegende Landwirtschaft, die die Wasserqualität beeinträchtigt.[5]

Im Keibul-Lamjao-Schutzgebiet wurden insgesamt 185 Pflanzenarten verzeichnet, die aus 50 verschiedenen Familien und 121 Gattungen stammen. Davon kommen 90 Arten auf den Phumdi vor, 19 Arten auf festem Boden und die restlichen 76 in beiden Lebensräumen. Zu letzteren zählen beispielsweise die Schilfrohrart Phragmites karka und die Süßgrasarten Leersia hexandra und Capillipedium assimile. Auf den Phumdi dominieren Mandschurischer Wasserreis (Zizania latifolia), das Ingwergewächs Hedychium coronarium, die Zypergrasart Cyperus difformis, Springkräuter und Vogelknöteriche.[1] Viele der Wasserpflanzen sind essbar.[7]

Ein in einer blühenden Wiese stehender, geweihloser Leierhirsch blickt aufmerksam mit aufgestellten Ohren in die Ferne, leicht am Betrachter vorbei.
Weiblicher Manipur-Leierhirsch (Panolia eldii eldii) im Nationalpark

Der im Park lebende Manipur-Leierhirsch (Panolia eldii eldii) ist eine Unterart aus der Gattung der Leierhirsche. Er wird lokal als Sangai bezeichnet. Sein Verbreitungsgebiet erstreckte sich historisch über den Süden Manipurs, nahm jedoch durch Bejagung und einen Rückgang an Lebensräumen stark ab. In den 1950er Jahren vermutete man bereits das Aussterben des Manipur-Leierhirsches, doch wurden 1953 von Edward Pritchard Gee einige Tiere entdeckt. 1975 wurden bei einer Zählung aus der Luft nur noch 14 Hirsche im Feuchtgebiet südlich des Loktak-Sees gezählt. Bis 2003 wuchs die Population jedoch auf 180, fünf Jahre später waren es 225 Tiere und 2013 wurden 204 Tiere gezählt.[11] Sie kommen dabei lediglich in 6 der 40 km² des Parks vor.[6] Ihre Hufe sind an das sumpfige Gelände der Phumdi angepasst.[5] Während der Monsunzeit halten sie sich auf den höhergelegenen Gebieten auf.[6] Eine möglicherweise ernsthafte Bedrohung für die Leierhirsche sind neben der geringen genetischen Vielfalt und möglichen Krankheiten Überschwemmungen, da sie höhergelegene Areale nicht einfach erreichen können.[11][5]

Im Nationalpark gibt es auch eine Population von Axishirschen, die 2013 insgesamt 212 Tiere zählte.[1] Weitere vorkommende Säugetiere sind unter anderem Fischkatzen, Indische Zibetkatzen, Rohrkatzen, Asiatische Goldkatzen, Fischotter, Wildschweine, Füchse und Flughunde.[6][5] BirdLife International listet den Nationalpark zudem als Important Bird Area („bedeutendes Vogelschutzgebiet“). Zu den im Park anzutreffenden, gefährdeten Vogelarten zählen der Bindenseeadler,[12] der Schelladler[13] und der Sundamarabu[14]. Potentiell gefährdet sind zudem der Riesenstorch,[15] der Orient-Schlangenhalsvogel[16] und die Moorente[17]. Auch die Mandarinente kommt im Park vor. Insgesamt ist das Schutzgebiet Lebensraum für über 30.000 Wasservögel aus rund 60 verschiedenen Arten.[18][1] Im Loktak-See wurden zudem 25 Amphibienarten verzeichnet, darunter die Schwarznarbenkröte, der Asiatische Ochsenfrosch, der Weißbart-Ruderfrosch und Euphlyctis cyanophlyctis.[19] Zu den vorkommenden Reptilienarten zählen beispielsweise der Gelbgebänderte Krait, die Kettenviper, die Gewöhnliche Fischnatter, die Schönnatter und Pythons.[5] Die Fischfauna umfasst 54 Arten aus 18 verschiedenen Familien. Einige davon treten nur saisonal auf.[1]

Der Keibul-Lamjao-Nationalpark ist einer der weniger bekannten Nationalparks. Die geeignetste Besuchszeit ist im Dezember bis Mai.[6] Die Sangai sind vor allem beim Grasen am frühen Morgen und am Nachmittag anzutreffen.[5]

  • Der Dokumentar- und Kurzfilm The Return of Sangai aus dem Jahr 2017 erzählt vom Nationalpark und der „Rückkehr der Sangai“.[20]
Commons: Keibul-Lamjao-Nationalpark – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j Keibul Lamjao Conservation Area. UNESCO, abgerufen am 8. November 2023.
  2. Loktak Lake. In: Ramsar Sites Information Service. Abgerufen am 8. November 2023.
  3. a b Kiranbala Takhelmayum und Susmita Gupta: Aquatic insect diversity of a protected area, Keibul Lamjao National Park in Manipur, North East India. In: Journal of Asia-Pacific Entomology. Band 18, Nr. 2, 2015, S. 335–341, doi:10.1016/j.aspen.2015.04.002.
  4. a b c d The Floating Islands of India. In: NASA Earth Observatory. NASA, 7. Mai 2018, abgerufen am 11. November 2023 (englisch).
  5. a b c d e f g h i Sinsit Singh: Brow antlered deer (Cervus eldi eldi) in Keibul Lamjao National Park, Manipur, India. In: Workshop on Eld’s Deer Conservation and Restoration. 2003, S. 19–23 (archive.org [PDF]).
  6. a b c d e Sharad Singh Negi: Handbook of National Parks, Wildlife Sanctuaries, and Biosphere Reserves in India. 2002, ISBN 81-7387-128-0, S. 69.
  7. a b c Neeta Satam: Manipur: Ithai Dam Threatens the Loktak Wetland. Pulitzer Center, 2017, abgerufen am 11. November 2023 (englisch).
  8. Jaya Thakur: The Ithai barrage of Manipur: To decommission or not. Observer Research Foundation, 2020, abgerufen am 12. November 2023.
  9. Arunabh Saikia: Manipur asks for a review after the ruling BJP wants Loktak hydroelectricity project broken down. In: scroll.in. 12. August 2017, abgerufen am 12. November 2023.
  10. Khundrakpam Jugindro Singh: The Ithai Barrage of Manipur: Its Emerging Impacts On Anthropogenic and Ecosystem to the Catchment Areas. In: IOSR Journal Of Humanities And Social Science. Band 23, Nr. 5, 2018, S. 67–72, doi:10.9790/0837-2305066772.
  11. a b Leierhirsch (Rucervus eldii) – EN in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: T.N.E. Gray, S.M. Brook, W.J. McShea, S. Mahood, M.K. Ranjitsingh, A. Miyunt, S.A. Hussain & R. Timmins, 2014. Abgerufen am 9. November 2023.
  12. Bindenseeadler (Haliaeetus leucoryphus) – EN in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2021. Abgerufen am 11. November 2023.
  13. Schelladler (Clanga clanga) – VU in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2021. Abgerufen am 11. November 2023.
  14. Sundamarabu (Leptoptilos javanicus) – VU in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2016. Abgerufen am 11. November 2023.
  15. Riesenstorch (Ephippiorhynchus asiaticus) – NT in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2016. Abgerufen am 11. November 2023.
  16. Orient-Schlangenhalsvogel (Anhinga melanogaster) – NT in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2016. Abgerufen am 11. November 2023.
  17. Moorente (Aythya nyroca) – NT in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2019. Abgerufen am 11. November 2023.
  18. Keibul Lamjao National Park. BirdLife International, abgerufen am 9. November 2023 (englisch).
  19. Banita Ningombam & Sabitry Bordoloi: Amphibian Fauna of Loktak Lake, Mainpur, India with ten new records for the state. In: Zoo's Print Journal. Band 22, Nr. 5, 2007, ISSN 0973-2535, S. 2688–2690.
  20. The Return of Sangai bei IMDb und auf YouTube (englisch)