Die bei der Tecklenborg-Werft in Bremerhaven gebaute Potosi war eine deutsche Fünfmastbark und bei ihrer Indienststellung 1895 – nach der France und dem AuxiliarseglerMaria Rickmers – das dritte Segelschiff mit dieser nur siebenmal gebauten Takelage. Später wurde sie unter chilenischer Flagge in Flora umbenannt. Sie war in den Jahren zwischen ihrer Indienststellung und der Fertigstellung des Fünfmast-VollschiffsPreußen 1902 das größte Segelschiff der Welt.
Gemäß dem seit 1875 herrschenden Brauch der Reederei F. Laeisz erhielt das Schiff einen mit „P“ beginnenden Namen, in diesem Fall den der bolivianischen Bergwerksstadt Potosí, weshalb sie zu den Flying P-Liner gezählt wird. Sie war wie die anderen Großsegler der Reederei als modernes Dreiinselschiff und Frachtsegler konzipiert, mit 7,9 m langer Poop, 20,5 m langer Mittschiffsbrücke und 12,5 m langer Back. Unter dem Hauptdeck hatte das Schiff ein weiteres, längs durchgehendes Stahldeck. Da die Potosi von vornherein in der Salpeterfahrt von Chile nach Deutschland eingesetzt werden sollte, waren die Laderäume für die Aufnahme von Salpeter in Säcken eingerichtet. Der Rumpf war in der Laeisz-Tradition schwarz mit einem weißen Wasserpass und rot gestrichenen Unterwasserschiff. Sie war ein schnelles Schiff, das aber bei voller Beladung und starker Krängung viel Wasser übernahm. Wie alle Laeisz-Segler hatte das Schiff keinen Hilfsantrieb und wurde aus Sicherheitsgründen bei Ankunft in Cuxhaven mit Schlepper-Assistenz flussaufwärts bis zum Hafen Hamburg gebracht.[1]
Erster Schiffsführer der Potosi war Robert Hilgendorf, der mit seinen Erfahrungen als Segelschiffs-Kapitän schon beim Bau wesentlich zur Schiffskonstruktion beitrug.[2] Er erreichte danach auch mehrere Fahrten-Rekorde mit diesem Schiff, darunter ein bis heute von Windjammern unübertroffenes Etmal von 376 Seemeilen (das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rechnerisch 15,7 Knoten[3][4], was insofern ungenau ist, weil ins Etmal nicht zwangsläufig der tatsächlich gefahrene, sondern der kürzeste Weg zwischen den beiden Mittagspositionen eingeht und darüber hinaus auch eine eventuelle Zeitverschiebung zu berücksichtigen wäre)[3][4]. Insgesamt absolvierte das große Schiff 27 Rundreisen unter fünf Kapitänen, darunter 1903–1909 auch Hinrich Nissen, bis zur Internierung am 23. September 1914 in Valparaíso, Chile. Noch während der Internierungszeit 1914–1920 wurde sie 1917 an die Bremer ReedereiF. A. Vinnen verkauft und 1920 als Reparationszahlung nach Frankreich ausgeliefert. Von dort wurde sie nach Buenos Aires (Argentinien), kurze Zeit später nach Chile an die Reederei González, Soffia & Cía. in Valparaíso verkauft. In Flora umbenannt, machte sie unter dem ehemaligen Laeisz-Kapitän August Oetzmann mit einer Ladung Salpeter noch eine Fahrt zum ehemaligen Heimathafen Hamburg.
Von dort segelte sie 1925 über Cardiff mit Übernahme einer Ladung Presskohle nach Mejillones (Chile) zurück. Später geriet diese Ladung vor der patagonischen Küste in Brand, der schließlich auf das ganze Schiff übergriff. Gewisse Umstände des Brandhergangs und der Löschversuche gaben damals Anlass, eine Brandstiftung zu vermuten. Nach Aufgrundsetzen und einer gewaltigen Explosion, die beide Stahldecks aufriss und das komplette Rigg bis auf den Fockmast wegsprengte, brannte das Schiff tagelang auf dem Strand. Nach späterem Wiederaufschwimmen und führerlosem Abtreiben, was dort für etliche Aufregung sorgte, wurde das ausgebrannte Wrack Tage später wiedergefunden und vor Comodoro Rivadavia vom argentinischen Kreuzer Patria auf 46° S 66° W-46-66Koordinaten: 46° 0′ 0″ S, 66° 0′ 0″ W versenkt.
Fritz Brustat-Naval: Die Kap-Hoorn-Saga. Auf Segelschiffen am Ende der Welt. Ullstein Taschenbuch-Vlg., Frankfurt/M. / Berlin 1987, ISBN 3-548-20831-2
Hans Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984, ISBN 3-7822-0341-0, S. 168
Jochen Brennecke: Windjammer. Der große Bericht über die Entwicklung, Reisen und Schicksale der „Königinnen der Sieben Meere“. 3. Auflage. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984, ISBN 3-7822-0009-8, Kap. XXII – Die Größten unter den Segelschiffen der Welt, S. 298.
Hans Blöss: Glanz und Schicksal der „Potosi“ und „Preussen“, Hamburgs und der Welt größte Segler. Schmidt u. Klaunig Verlag, Kiel 1960
Hermann Ostermann: Potosi – Stolz der deutschen Segelschiffsflotte. In: Das Logbuch, 31. Jahrg. 1995, Heft 4, S. 184–189, Brilon-Gudenhagen
Hans Georg Prager: Reederei F. Laeisz – Von den Großseglern zur Containerfahrt. Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 2004, ISBN 3-7822-0880-3
Peter Klingbeil: Die Flying P-Liner. Die Segelschiffe der Reederei F. Laeisz. Verlag „Die Hanse“, Hamburg 1998 / 2000, ISBN 3-434-52562-9
Manfred Prager: Vergleich zwischen dem Fünfmastvollschiff „Preussen“ und der Fünfmastbark „Potosi“ auf den Reisen nach der Westküste Südamerikas und zurück. In: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie – Zeitschrift für Seefahrt und Meereskunde, Hamburg / Berlin 1908; ISSN0174-8114
↑ abHans Georg Prager: Reederei F. Laeisz. 4. Auflage. Koehler, Hamburg 2004, ISBN 3-7822-0880-3, S.214 (auf der Aufschlagseite im vorderen Buchdeckel wird, gemäß Meteorologischem Journal an Bord der POTOSI, 8. Reise 1900, Deutscher Wetterdienst Hamburg, Kapitän Robert Hilgendorf (10./11. Mai) zitiert: "Grösste Distanz (376 sm), die die POTOSI bis jetzt gemacht hat, hätten wir nur besser steuern können, dann wären es noch etwas mehr gewesen.").