Schalschelet gedola

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Schalschelet gedola:
Folge von Tropen in der hebräischen Liturgie
Zeichen:֓ ׀
Codepunkte:U+0593 U+05C0
Einzelzeichen:Schalschelet
Paseq
Codeblock:Unicodeblock Hebräisch
Schalscheletשַׁלְשֶׁ֓לֶת׀
Schalschelet gedolaשַׁלְשֶׁלֶת גְדוֹלָ֓ה׀
Ta’amaj Sifre Emet
1. trennende („beherrschende“) Akzente
ֽSilluq ֫ ֥Ole we-Jored
֑Etnachta ֗Rewia gadol
֝ ֗Rewia Mugrasch ֓ ׀Schalschelet gedola
֮Zarqa (Trope) ֗Rewia qaton
֭Dechi ֡Pazer
֤ ׀Mahpach legarmeh ֨ ׀Asla legarmeh
2. verbindende („dienende“) Akzente
֣Munach ֥Mercha
֬Illuj ֖Tipcha
֢Atnach hafuch ֤Mahpach
֨Qadma ֓Schalschelet
֘Zinnorit 
Schalschelet gedola ׀ ֓ (hebräisch שַׁלְשֶׁלֶת גְדוֹלָה, deutsch ‚große Kette‘) ist eine Folge zweier Tropen in der jüdischen Liturgie und zählt zu den biblischen Satz-, Betonungs- und Kantillationszeichen, den Teamim, die im Tanach erscheinen.
Trope
von altgriechisch
τρόπος
tropos
über jiddisch
טראָפּ
trop[1]
dt.: Betonung,
Melodie

Während in den Büchern des Prosa-Systems allgemein von Schalschelet gesprochen wird, welches dort jedoch sehr selten ist, wird in den Sifre Emet ausdrücklich vom Schalschelet gedola gesprochen, um diese Kombination von der nur dort vorkommenden Schalschelet qetanna zu unterscheiden. Als disjunktive Markierung besteht sie stets aus dem eigentlichen Schalschelet und einem angehängten Paseq.

Die Symbolik soll die innere Dualität und Zerrissenheit des handelnden Subjekts der Erzählung verdeutlichen, was sich im Zögern in seinen äußeren Handlungen ausdrückt.[2][3]

Grammatikalisch ist Schalschelet gedola ein disjunktives (trennendes) Zeichen der zweiten Ebene an Stelle eines Segol-Segments.[4] Im Gegensatz zum Segol geht dem Schalschelet weder ein konjunktiver Akzent noch ein disjunktiver Akzent der niedrigeren Ebene voraus, es steht immer alleine am Versanfang. Schalschelet ersetzt ein Segol, das das Ende eines Segments der zweiten Ebene signalisiert. Während ein Segol nie auf dem ersten Wort eines Satzes erscheinen kann, übernimmt das Schalschelet die Funktion eines Segols in solchen Fällen.[4]

\relative c'' { \override Staff.TimeSignature #'stencil = ##f  \override Staff.BarLine #'break-visibility = #'#(#f #f #f) \key g \major \time 4/4 g8( fis16) e\([ fis g fis] e[ fis g fis] g[ a b c ] d[ c b a g] a4\) g } \addlyrics { Schal sche _ _ _ – _ _ _ – _ _ _ – _ _ _ _ _– let }

[5]

Die Länge von Schalschelet variiert bis zu circa 30 Tönen; die Anzahl ändert sich aber je nach dem Wort, auf dem sie verwendet wird. Solomon Rosowsky nennt eine Variante mit 18 Noten und schreibt dazu: „Von allen Tropen hat Schalschelet die kompliziertesten Phoneme“.[6]

Worte mit Schalschelet erscheinen ausschließlich am Anfang des Verses. Es erscheint in den 21 Büchern nur in Gen 19,16; Gen 24,12; Gen 39,8; Lev 8,23; Jes 13,8; Es 5,15 und Am 1,2.[7][8] Ein mit Schalschelet betontes Wort bekommt musikalisch gesehen eine ganz besondere Aufmerksamkeit.

In Gen 19,16 BHS mit der Betonung auf dem Wort „wajitmahmah“ (hebräisch וַֽיִּתְמַהְמָ֓הּ׀; deutsch ‚und er verweilte‘): Es handelt sich dabei um den Moment, als Lot sich gerade in der Stadt Sodom befindet, die zerstört werden soll. Die Betonung soll dabei Lots Gefühl der Unsicherheit verdeutlichen.[9][10]

Genesis 19,16
Gesamter Vers

וַיִּתְמַהְמָ֓הּ | וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּמִח֥וּץ לָעִֽיר ׃

Als er aber zögerte, ergriffen die Männer ihn und seine Frau und seine beiden Töchter bei der Hand, weil der HERR ihn verschonen wollte, und führten ihn hinaus und ließen ihn erst draußen vor der Stadt wieder los. Gen 19,16 LUT
1. Ebene

וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּ מִח֥וּץ לָעִֽיר׃
Sof pasuq / Silluq

וַיִּתְמַהְמָ֓הּ | וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו
Etnachta

2. Ebene

מִח֥וּץ לָעִֽיר׃
 

וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּ
Tipcha

וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו
 

וַיִּתְמַהְמָ֓הּ׀
Schalschelet

In Esra 5,15 BHS mit der Betonung auf dem Wort „lehu“ (biblisch-aramäisch לֵ֓הּוּ ‚zu ihm‘): Es handelt sich dabei um den Moment der Beauftragung mit dem Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels unter Serubbabel und Jeschua.

Esra 5,15
Gesamter Vers

וַאֲמַר־לֵ֓הּ׀ אֵלֶּה מָֽאנַיָּ֔א שֵׂ֚א אֵֽזֶל־אֲחֵ֣ת הִמֹּ֔ו בְּהֵיכְלָ֖א דִּ֣י בִירוּשְׁלֶ֑ם וּבֵ֥ית אֱלָהָ֖א יִתְבְּנֵ֥א עַל־אַתְרֵֽהּ׃

und sprach zu ihm: Nimm diese Geräte, zieh hin und bringe sie in den Tempel zu Jerusalem, und das Haus Gottes soll gebaut werden an seiner früheren Stätte. Esra 5,15 LUT
1. Ebene

וּבֵ֥ית אֱלָהָ֖א יִתְבְּנֵ֥א עַל־אַתְרֵֽהּ׃ ׃
Sof pasuq / Silluq

וַאֲמַר־לֵ֓הּ׀ אֵלֶּה מָֽאנַיָּ֔א שֵׂ֚א אֵֽזֶל־אֲחֵ֣ת הִמֹּ֔ו בְּהֵיכְלָ֖א דִּ֣י בִירוּשְׁלֶ֑ם
Etnachta

2. Ebene

יִתְבְּנֵ֥א עַל־אַתְרֵֽהּ׃
 

וּבֵ֥ית אֱלָהָ֖א
Tipcha

אֵלֶּה מָֽאנַיָּ֔א שֵׂ֚א אֵֽזֶל־אֲחֵ֣ת הִמֹּ֔ו בְּהֵיכְלָ֖א דִּ֣י בִירוּשְׁלֶ֑ם
 

וַאֲמַר־לֵ֓הּ׀
Schalschelet

In Jesaja 13,8 BHS mit der Betonung auf dem Wort „weniwhalu“ (hebräisch וְֽנִבְהָ֓לוּ; dt.: „und erschreckt werden sie“[11]): Es handelt sich dabei um den Moment, wo Gericht über die Völker gehalten wird. Die Betonung liegt dabei auf dem Gefühl der Bestürzung.

Jesaja 13,8
Gesamter Vers

וְֽנִבְהָ֓לוּ׀ צִירִ֤ים וַֽחֲבָלִים֙ יֹֽאחֵז֔וּן כַּיֹּולֵדָ֖ה יְחִיל֑וּן אִ֤ישׁ אֶל־רֵעֵ֨הוּ֙ יִתְמָ֔הוּ פְּנֵ֥י לְהָבִ֖ים פְּנֵיהֶֽם׃

Schrecken, Angst und Schmerzen wird sie ankommen, es wird ihnen bange sein wie einer Gebärenden. Einer wird sich vor dem andern entsetzen Jes 13,8 LUT
1. Ebene

אִ֤ישׁ אֶל־רֵעֵ֨הוּ֙ יִתְמָ֔הוּ פְּנֵ֥י לְהָבִ֖ים פְּנֵיהֶֽם׃
Sof pasuq / Silluq

וְֽנִבְהָ֓לוּ׀ צִירִ֤ים וַֽחֲבָלִים֙ יֹֽאחֵז֔וּן כַּיֹּולֵדָ֖ה יְחִיל֑וּן
Etnachta

2. Ebene
 

צִירִ֤ים וַֽחֲבָלִים֙ יֹֽאחֵז֔וּן כַּיֹּולֵדָ֖ה יְחִיל֑וּן
 

וְֽנִבְהָ֓לוּ׀
Schalschelet

ספרי אמ"ת
סִפְרֵי אֱמֶת
Sifre Emet [siɸre ʔɛmɛt]
deutsch ‚Bücher Emet‘,
bzw. ‚Bücher der Wahrheit‘
אִיוֹב (Ijob)
מִשְלֵי (Sprichwörter)
תְהִלִּים (Psalmen)
Anfangsbuchstaben der Bücher
Ijob  Lut, Sprichwörter  Lut
und Psalmen  Lut bilden
zusammen das Merkwort אֱמֶת
Teil des Tanach Sifre Emet Schalschelet Schalschelet gedola
Tora 4
Propheten 2
Ketuvim Psalmen (hier als
Schalschelet
gedola)
23
Ijob 6
Sprüche 2
1
Gesamt 38 31

Die Tabelle zeigt das Vorkommen von Schalschelet (gedola) in den 21 Büchern und in den Sifre Emet.[12] Während das im Ganzen extrem seltene Schalschelet qetana (Ohne Paseq) im Prosa-System überhaupt nicht vorkommt, finden wir das Schalschelet (mit Paseq) dort immerhin 7 mal. Im Vergleich dazu ist es im poetischen System (dort als Schalschelet gedola bezeichnet) zwar immer noch selten, aber doch wenigstens etwas häufiger.

  • Francis L. Cohen: Cantillation. In: Isidore Singer (Hrsg.): The Jewish Encyclopedia. Band III. KTAV Publishing House, New York, S. 542–548 (1901–1906).
  • James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible. Band I: Concordance of the Hebrew Accents used in the Pentateuch. Edwin Mellon Press, Lewiston, New York 1996, ISBN 0-7734-2395-8.
  • Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. The art of cantillation. 1. Auflage. Jewish Publication Society, Philadelphia 2002, ISBN 0-8276-0693-1.
  • Solomon Rosowsky: The Cantillation of the Bible. The Five Books of Moses. The Reconstructionist Press, New York 1957.
  • Israel Yeivin: Introduction to the Tiberian Masorah. Hrsg.: E. J. Revell. Scholars Press, Missoula, Montana 1980, ISBN 0-89130-374-X.
  • Page H. Kelley, Daniel S. Mynatt, Timothy G Crawford: The Masorah of Biblia Hebraica Stuttgartensia. Introduction and annotated glossary. W.B. Eerdmans Publishing Company, Grand Rapids (Michigan) 1998, OCLC 38168226.
  • Elyse Goldstein: The Women’s Torah Commentary. New Insights from Women Rabbis on the 54 Weekly Torah Portions. Jewish Lights Publishing, Woodstock (Vermont) 2000, OCLC 43706613.
  • Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. Student Edition. The Jewish Publication Society, Philadelphia 2005, ISBN 0-8276-0816-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Ronald H. Isaacs: A Taste of Torah. An Introduction to Thirteen Challenging Bible Stories. URJ Press, New York City 2006, OCLC 62755617.
  • William Wickes: A treatise on the accentuation of the three so-called poetical books on the Old Testament, Psalms, Proverbs, and Job. 1881 (archive.org).
  • William Wickes: A treatise on the accentuation of the twenty-one so-called prose books of the Old Testament. 1887 (archive.org).
  • Arthur Davis: The Hebrew accents of the twenty-one Books of the Bible (K"A Sefarim) with a new introduction. 1900 (archive.org).

Einzelnachweise

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  1. Jacobson (2002), S. 3: Trop. «In Yiddish, the lingua franca of the Jews in Northern Europe […], these accents came to be known as trop. The derivation of this word seems to be from the Greek tropos or Latin tropus ».
  2. Under Duress in VaYeshev: The Shalshelet | Jewish Boston Blogs. jewishboston.com, abgerufen am 8. April 2015.
  3. On Not Trying to Be What You Are Not – Covenant & Conversation – Parsha. chabad.org, abgerufen am 8. April 2015.
  4. a b Jacobson (2002), S. 105.
  5. Cohen, S. 546.
  6. „Of all the tropes Shalshaelaeth has the most complicated phonema“ Rosowsky, S. 236.
  7. Jacobson (2002), S. 107–108.
  8. Kelley u. a., The Masorah of Biblia Hebraica Stuttgartensia, S. 147 books.google.co.uk
  9. Jacobson, S. 65.
  10. Goldstein, S. 64.
  11. Rita Maria Steurer: Das alte Testament. Interlinearübersetzung Hebräisch – Deutsch und Transkription des hebräischen Grundtextes nach der Biblia Hebraica Stuttgartensia 1986. Band 3. Jesaja – Jeremia – Ezechiel. Hänssler, Neuhausen-Stuttgart 1986, ISBN 3-7751-1275-8, S. 68.
  12. James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible: Concordance …. 1. Band, S. 5.