Walter Blümich
Walter Blümich (* 28. Oktober 1888 in Peterswaldau; † 15. Januar 1950 in Berlin)[1] war ein deutscher Jurist, Herausgeber und Autor eines Standardkommentars zum deutschen Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz und Gewerbesteuergesetz. Ab 1933 leitete er im Reichsfinanzministerium das Referat Einkommensteuer und war an der Ausarbeitung der Gesetze beteiligt, die die fiskalische Entrechtung jüdischer Bürger ermöglichten.[2]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Walter Blümich war der Sohn eines Fabrikbesitzers.[3] Er besuchte das Gymnasium in Schweidnitz. Von 1907 bis 1910 studierte er Jura in Marburg, Berlin und Breslau. Im Wintersemester 1911/12 wurde er zum Dr. jur. promoviert und absolvierte anschließend das Rechtsreferendariat.[4] Nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg von 1915 bis 1918 arbeitete er als Anwalt- und Notariatsvertreter in Landeshut und im Finanzamt Sagan und ab 1920 als Regierungsrat im Reichsfinanzministerium.[5] 1922 wurde er zum Leiter des Finanzamtes Kolberg ernannt. Von 1924 bis 1933 gehörte er dem Finanzgericht beim Landesfinanzamt Groß-Berlin an.
Zum 1. Dezember 1932 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 1.418.389).[6][7] 1933 wurde er ins Reichsfinanzministerium berufen.[8] Blümich verantwortete dort neben Sondersteuern für Polen und „Zigeuner“ die Abschaffung des Ehegattensplittings und des Kinderfreibetrags für Juden. Das von ihm im Reichsfinanzministerium geleitete Referat war nach den Worten der Berliner Wirtschaftswissenschaftlerin Regine Buchheim „neben der SS Hauptakteur der Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Deutschen“.[9] Ab 1938 leitete Blümich das Oberfinanzpräsidium Düsseldorf, ab 1943 das Oberfinanzpräsidium Berlin-Brandenburg.
Am 7. Mai 1945 wurde er von sowjetischen Soldaten verhaftet und blieb bis Weihnachten 1945 in einem Lager inhaftiert. Nach seiner Freilassung arbeitete er zunächst als Bauarbeiter und Nachtwächter, dann für einen Steuerberater.[7] Danach leitete er die Steuerabteilung der Deutschen Revisions- und Treuhand-AG (heute PricewaterhouseCoopers).[10]
Namensgeber eines juristischen Standardwerkes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Juli 2021 teilte der Verlag C. H. Beck mit, man habe sich, um Missverständnisse auszuschließen, dazu entschlossen, Werke mit Namensgebern, die in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt haben, umzubenennen.[11] Der bei dem Tochterunternehmen Verlag Franz Vahlen erschienene „Blümich“ wird daher zum nächsten Erscheinen noch 2021 nach den aktuellen Herausgebern in „Brandis/Heuermann“ umbenannt.[12][13]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Martin Friedenberger: Walter Blümich. In: Martin Friedenberger, Karl-Dieter Gössel, Eberhard Schönknecht (Hrsg.): Die Reichsfinanzverwaltung im Nationalsozialismus. Darstellung und Dokumente. Edition Temmen, Bremen 2002, ISBN 3-86108-377-9, S. 260–265.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Adelheid Schmitz: Dr. Walter Blümich im Portal Erinnerungsort Düsseldorf, abgerufen am 28. Juli 2021.
- ↑ Martin Friedenberger: Fiskalische Ausplünderung. Die Berliner Steuer- und Finanzverwaltung und die jüdische Bevölkerung 1933–1945. Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-86-4, S. 159.
- ↑ Legalisierter Raub. Ausstellung des Fritz-Bauer-Instituts – Personenregister, abgerufen am 28. Juli 2021.
- ↑ Christiane Kuller: Bürokratie und Verbrechen. Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland. Oldenbourg, München 2013, ISBN 978-3-486-71659-7, S. 57.
- ↑ Ralf Banken: Hitlers Steuerstaat. Die Steuerpolitik im Dritten Reich. De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2018, ISBN 978-3-486-73611-3, S. 68.
- ↑ Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/3280835
- ↑ a b Christiane Kuller: Bürokratie und Verbrechen. Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland. Oldenbourg, München 2013, S. 58.
- ↑ Stefan Mehl: Das Reichsfinanzministerium und die Verfolgung der deutschen Juden 1933–1945. Freie Universität Berlin, Zentralinstitut für Sozialwissenschaftliche Forschung, Berlin 1990, ISBN 3-927474-41-X, S. 32.
- ↑ Regine Buchheim: Unselige Kontinuitäten, Süddeutsche Zeitung vom 1. Juni 2021.
- ↑ Wolf Gruner: Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 1: Deutsches Reich 1933–1937. Oldenbourg, München 2008, ISBN 978-3-486-58480-6, S. 621.
- ↑ C.H.BECK wird Werke aus seinem Verlagsprogramm umbenennen: Namen von Juristen, die in der NS-Zeit aktiv waren, werden auf den Titeln nicht beibehalten. Pressemitteilung. Abgerufen am 27. Juli 2021.
- ↑ Brandis / Heuermann (vormals Blümich). Ertragsteuerrecht. In: Verlag C.H.Beck oHG / beck-shop.de. Abgerufen am 10. März 2022: „Erschienen 22. September 2021“
- ↑ Brandis/Heuermann: Ertragsteuerrecht, Kommentar, Loseblattsammlung in fünf Ordnern, 12068 S., 157. Auflage. 2021, Franz Vahlen, ISBN 978-3-8006-2313-6
Personendaten | |
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NAME | Blümich, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist, Herausgeber und Autor |
GEBURTSDATUM | 28. Oktober 1888 |
GEBURTSORT | Peterswaldau |
STERBEDATUM | 15. Januar 1950 |
STERBEORT | Berlin |