Interkulturelle Kompetenz in Der KiTa
Interkulturelle Kompetenz in Der KiTa
Interkulturelle Kompetenz in Der KiTa
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Interkulturelle Kompetenz
in der KiTa
Ariane Gernhardt
Karsten Herrmann
Maria Korte-Rüther
Schutzgebühr 2 Euro
Gefördert durch:
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Interkulturelle Kompetenz
in der KiTa
Abstract:
Die Kultur ist die Brille, durch die wir die Welt sehen und bestimmt auf weit-
reichende Weise unser Denken und Handeln, unsere Werte und Einstellungen -
und so können sich auch die Erziehungs- und Sozialisationsziele von Eltern für
ihre Kinder je nach Kultur gravierend unterscheiden. Angesichts der Tatsache,
dass schon heute rund ein Drittel der Kinder in den KiTas einen Migrationshin-
tergrund hat, wird die Interkulturelle Kompetenz daher zunehmend auch für
frühpädagogische Fachkräfte zu einer unverzichtbaren Schlüsselkompetenz.
Sie kann dabei auch einen zentralen Beitrag zur Chancengleichheit und Integ-
ration von Anfang an leisten.
Gliederung
2. Interkulturelle Kompetenz
2.1 Interkulturelle Praxis nachhaltig implementieren
2.2 Ein exemplarisches Beispiel aus der Weiterbildungspraxis
2.3 Der Alltag im Fokus
3. Interkulturelle Praxis-Ansätze
4. Literatur
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Die Kultur prägt die Menschen bis in ihr tiefstes Inneres. Unsere Beispiele sind
in diesem Sinne nur, bildlich gesprochen, die sichtbare Spitze eines mächtigen
Die Kultur prägt die Men- Eisberges, der unsere (Erziehungs-)Einstellungen, Werte und Ziele maßgeblich
schen bis in ihr tiefstes Inne- bestimmt. Kultur ist dabei nicht nur von Land zu Land, von Kontinent zu Kon-
res tinent unterschiedlich, sondern in jedem Land selbst gibt es unterschiedliche
Kulturen, die durch Tradition, Religion, Sprache und insbesondere auch sozio-
ökonomische Faktoren bestimmt werden.
Gleichzeitig ist bekannt, dass der Bildungserfolg von Kindern und Jugendli-
chen in Deutschland so stark wie in fast keinem anderen Land mit der sozialen
Schichtzugehörigkeit der Eltern zusammenhängt. Und wenn „ein benachtei-
ligter sozio-ökonomischer Status und ein Migrationshintergrund zusammen
fallen, so sind diese Kinder mehrfach von Chancenungleichheit betroffen“
(Yoksulabakan / Haddou, 2013, S. 68).
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Nur wenige Begriffe weisen eine vergleichbare Vielfältigkeit auf wie der Be-
griff der „Kultur“. So steht er einerseits für die literarisch-musisch-künstleri-
schen Errungenschaften einer Person, Stadt oder einer ganzen Nation. In die-
sem Kontext tummeln sich die „Kulturschaffenden“ und ihr „Kulturpublikum“,
aber auch der „Kulturbanause“, der die geistig-schöpferischen Kulturleistun-
gen nicht zu würdigen weiß. Dieser Kulturbegriff steht hier nicht zur Debatte.
Andererseits werden mit dem Begriff der Kultur häufig die religiösen Praktiken,
Sitten und Gebräuche ganzer Völker benannt und dabei ein ganzes Land mit
einer spezifischen Kultur gleichgesetzt. Im Verständnis der nifbe-Forschungs-
stelle Entwicklung, Lernen und Kultur unter der Leitung von Prof. Dr. Heidi
Keller definiert Kultur sich jedoch nicht als Land oder Gesellschaft, sondern als
resultierend aus der ökonomischen Situation, dem Ausmaß formaler Bildung
und dem Familienmuster (Alter bei Geburt des ersten Kindes; Anzahl der Kin-
der; Anzahl zusammen lebender Generationen). Dies bedeutet, dass in einem
Land wie Deutschland schon immer ganz verschiedene Kulturen neben- und
miteinander existiert haben – unabhängig von Zuwanderungsbewegungen.
Kulturelle Modelle
Ebenso wenig wie es eine einheitliche Kultur auf der Welt gibt, gibt es für die
Bildungs- und Sozialisationsziele von Kindern ein normiertes und universell
gültiges Modell, nach dem sich alle Eltern zu richten hätten. Im Gegenteil: Es
existieren zahlreiche, ganz verschiedene kulturelle Modelle für die Bildung
und Erziehung von Kindern und diese stellen immer eine erprobte Anpassung
an die jeweiligen konkreten gesellschaftlichen Bedingungen dar. Es ist wich-
tig sich immer wieder zu verdeutlichen, dass es hier nicht um „richtig“ oder
„falsch“ gehen kann, sondern nur um die Angemessenheit in der jeweiligen
Situation: „Generell hat Erziehung die Aufgabe, den Menschen auf das Um-
feld vorzubereiten, in dem er lebt. Der Erfolg der Erziehung muss sich an der
Gesellschaft bewähren, die die tatsächliche Lebenswelt des Einzelnen bietet“
(Uslucan 2013, S., 25).
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Die Entwicklungs- und Kulturpsychologin Heidi Keller hat aus ihren langjäh-
rigen Forschungen in vielen Ländern dieser Welt zwei Prototypen kultureller
Modelle herauskristallisiert (vgl. Keller, 2011):
Diese Modelle existieren nur noch selten in Reinform und kommen in den ver-
schiedensten Abstufungen und Hybridformen vor. Das Modell der psycholo-
gischen Autonomie ist dabei typisch für die westliche Mittelschicht in Europa
und den USA, das Modell der hierarchischen Verbundenheit typisch für ländli-
che und subsistenzwirtschaftlich orientierte Bevölkerungsschichten in weiten
Teilen Afrikas, Asiens oder Südamerikas.
Das Modell der psychologi- Das Modell der psychologischen Autonomie rückt das selbstbestimmte und
schen Autonomie rückt das selbstständige Kind in den Mittelpunkt. Die innere und individuelle Welt
selbstbestimmte und selbst- des Kindes nimmt großen Raum ein und wird bewusst kultiviert: „Psycholo-
ständige Kind in den Mittel- gische Autonomie bedeutet eine individuums-/kindzentrierte Sichtweise, in
punkt der einerseits persönliche Unabhängigkeit und Eigenständigkeit, andererseits
Selbstbestimmung und die Realisierung eigener Wünsche und Bedürfnisse
zentrale Ankerpunkte sind.“ (Keller 2013, S. 13)
Von Anfang an wird das Kind von den Eltern so gleichsam auf „Augenhöhe“
angesprochen und in die familiäre Kommunikation eingebunden. Es wird aus-
drücklich gefragt, wie es ihm geht, was es denkt und was es erlebt hat. Es
herrscht ein elaborativer Sprachstil mit vielen offenen Fragen, Rückmeldun-
gen, Bestätigungen und ausschmückenden Detailinformationen vor.
Viele der ZuwandererInnen in Deutschland stammen aus Ländern, in denen Viele ZuwanderInnen in
das Modell der hierarchischen Verbundenheit vorherrscht. Deutlich herauszu- Deutschland stammen aus
heben ist hierbei jedoch noch einmal, dass die Modelle Prototypen darstellen, Ländern, in denen das Modell
die in der Praxis in sehr verschiedenen Mischformen auftreten. So verbieten der hierarchischen Verbun-
sich stereotype Erklärungsmuster im Hinblick auf kulturelle Verhaltens- und denheit vorherrscht
Denkmuster oder gar „nationale Charaktere“. Es gibt weder „den Türken“
noch „den Araber“ noch „den Russlanddeutschen“. Die vorherrschenden Erzie-
hungs- und Bildungsziele sind individuell stark abhängig vom Niveau formaler
Bildung und der sozio-ökonomischen Situation, aber auch von Alter und Fami-
lienkonstellation: „Die Teheraner Arztfamilie wird sich der deutschen öffent-
lichen Erziehungsphilosophie in vielerlei Hinsicht eher verbunden fühlen, als
mit ihren weniger formal gebildeten Landsleuten aus dörflichen Regionen des
Iran“ (Keller 2013. S. 15).
Grundsätzlich stehen Familien mit Migrationshintergrund vor der Herausfor- ZuwanderInnen stehen vor
derung, ihre eigenen Erziehungsziele mit denen der aufnehmenden Gesell- der Herausforderung, ihre Er-
schaft abzugleichen. Die Folge kann eine Annäherung und Integration oder ziehungsziele mit denen der
auch eine bewusste Abgrenzung und verstärkte Orientierung an der eigenen aufnehmenden Gesellschaft
Tradition sein, wodurch tendenziell Reibungsflächen mit der aufnehmenden abzugleichen
Gesellschaft entstehen.
Interkulturelle Kompetenz
In der Fachliteratur finden sich viele Versuche, den Begriff der Interkulturellen
Kompetenz näher zu analysieren und zu definieren. Dabei wird die Komplexi-
Interkulturelle Kompetenz tät eines Begriffes deutlich, der selber wiederum auf Konzepten wie „Interak-
als Trias aus Wissen, Haltung tionskompetenz“ oder „Kommunikationskompetenz“ fußt. In einem praxiso-
und Praxis rientierten Ansatz definiert Heidi Keller (Keller 2013, S. 12) die Interkulturelle
Kompetenz als eine Trias mit folgenden Komponenten:
• Kenntnis / Wissen
• Haltung / Achtsamkeit
• Diversität leben
Nun reicht Wissen alleine nicht aus, um den erzieherischen Alltag kultursen-
sitiv zu gestalten, vielmehr muss das Wissen in einer Haltung begründet sein,
die kulturelle Unterschiede grundsätzlich akzeptiert und ihnen mit Neugierde,
Sensibilität und Offenheit begegnet. Dafür ist es notwendig, sich der eigenen
kulturellen Prägung bewusst zu werden, die fest verankerte kulturelle Brille
einmal abzunehmen und die Welt mit anderen, offenen Augen zu betrachten.
Dies beinhaltet auch eine Auseinandersetzung mit dem identitätsstiftenden
„Eigenen“ und dem tendenziell auch immer identitätsbedrohenden „Frem-
den“ und „Anderem“. Dies ist wahrscheinlich der schwierigste und arbeitsin-
tensivste, jedoch unumgängliche Schritt zu einer Interkulturellen Kompetenz,
die es ermöglicht, anderen Kulturen auf gleicher Augenhöhe und mit Respekt
zu begegnen. Erst hiermit werden Wege zu einem gemeinsamen Verständnis
geebnet. Eine solche Haltung erlaubt es im konkreten Fall auch, fehlendes
Detail-Wissen durch sensibles Eingehen auf die GesprächspartnerInnen und
konkretes Nachfragen zu kompensieren, produktiv mit den kulturellen Un-
terschieden und Überschneidungen umzugehen und Schritt für Schritt eine
kultursensitive Elementarpädagogik in der Praxis zu realisieren - und damit Di-
versität zu leben. Konkret geht es in der letzten Komponente der Trias darum,
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Bereits diese grobe Beschreibung der Trias lässt erkennen, welche enormen
Umstellungen und Kompetenzen der pädagogischen Fachkräfte vonnöten
sind, um Interkulturelle Kompetenz zu erreichen. Eine detaillierte Auflistung
von zentralen Kompetenzen bzw. Fähigkeiten für interkulturell kompetente pä-
dagogische Fachkräfte findet sich bei Yokuslabakan und Haddou (2013, S. 74):
• Empathie (Einfühlungsvermögen)
• Selbstreflexivität
• Fähigkeit zum Perspektivwechsel
• Fähigkeit zum Aushalten von Unsicherheiten, Unterschiedlichkeiten und
Uneindeutigkeiten
• Konfliktfähigkeit
• Personenzentriertes Verhalten in Gesprächen
• Aktives Zuhören
• Stetige Anpassung des eigenen Handlungsrahmens
Die Auflistung dieser Kompetenzen und Fähigkeiten verdeutlicht, dass Inter- Interkulturelle Kompetenz
kulturelle Kompetenz keine Kompetenz ist, „die gleich bleibt, sondern sich in muss sich in einem stetigen
einem ständigen Prozess befindet. Sie will und muss weiter entwickelt und der Prozess weiter entwickeln
jeweils aktuellen Situation angepasst werden“ (Röhling 2013, S. 80).
Die Umstellung hin zu einer interkulturellen Praxis in der Kita kann nicht per
Knopfdruck gelingen; vielmehr müssen die normative Kraft der unhinterfrag-
ten Erziehungsvorstellungen überwunden, eingefahrene Verhaltensmuster ab-
gelegt und neue Handlungsstrategien erworben werden. Hierzu gibt es natio-
nal wie auch international bereits eine Vielzahl und Vielfalt an interkulturellen
Trainings für frühpädagogische Fachkräfte, die solche Prozesse unterstützen
(Otto / Schröder / Gernhardt, 2013). Und dennoch bleibt der Transfer der Fort-
bildungsinhalte in die Praxis wie auch deren Nachhaltigkeit eine besondere
Herausforderung (Sulzer / Wagner, 2011). Neben den bereits beschriebenen in-
dividuell zu nehmenden Hürden sind diese Schwierigkeiten auch auf das Ver-
ständnis von Interkultureller Kompetenz als Querschnittsaufgabe zurückzu-
führen. Danach äußert sich interkulturell kompetentes Handeln in erster Linie
in den alltäglichen Interaktionen mit den Kindern, mit den Eltern aber auch
im Team und durchzieht alle pädagogischen Handlungsfelder gleichermaßen
(Sulzer / Wagner, 2011). Das heißt, Interkulturelle Kompetenz geht letztlich
weit über persönliche Kompetenzen und Verhaltensweisen von einzelnen Interkulturelle Kompetenz
pädagogischen Fachkräften sowie über die Durchführung einzelner Projekte muss im Alltag und Gesamt-
hinaus: Sie muss im Alltag und im Gesamtkonzept der KiTa sowie in deren Or- konzept der KiTa verankert
ganisations- und Personalentwicklung eingebunden sein. Diese Erfahrung wur- werden
de mittlerweile in mehreren Projekten und Fortbildungen zu diesem Thema
gemacht: Es zeigte sich, dass ein Programm nur dann dauerhaft wirken kann,
wenn alle Teammitglieder und die dahinter stehende Organisation es tragen.
Als besonders erfolgversprechend haben sich sogenannte inhouse-Schulungen
erwiesen, Weitertbildungen an denen das gesamte Kita-Team teilnimmt (Otto
/ Schröder / Gernhardt, 2013).
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Ganz bewusst wird in der Fortbildung der direkte Bezug zum Kita-Alltag herge-
stellt, sodass die ErzieherInnen sich immer wieder aktiv mit ihrem Erfahrungs-
schatz einbringen können. Die modularisiert angebotenen Themenblöcke ori-
entieren sich an der Trias: Wissen, Haltung und Sensibilisierung / Diversität
leben. Dabei spielen der Wechsel der Perspektiven und die Reflexion des eige-
nen professionellen Handelns eine grundlegende Rolle. Zentrale Themen der
Fortbildung sind:
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Diese Themen werden immer an praktischen Beispielen aus der Arbeit der Teil-
nehmerInnen verdeutlicht und erfahrbar gemacht. Zusätzlich zu den Stan-
dard-Modulen können die TeilnehmerInnen der nifbe-Fortbildung zur Inter-
kulturellen Kompetenz zwei auswählen, die für Ihre jeweilige Praxis besonders
bedeutsam sind:
Je mehr Erwachsene mit Kin- auf der Erkenntnis aus kulturvergleichenden Untersuchungen, dass Kinder in
dern interagieren, desto we- verschiedenen Kulturen teilweise durch unterschiedliche Kommunikationsstile
niger Raum bleibt für Peer- zum Sprechen und zur Sprachentwicklung angeregt werden, wurde ein Kon-
Interaktionen. zept zur alltagsbasierten Sprachförderung entwickelt. Zum einen fußt es auf
der Erkenntnis, dass die Verwendung von offenen Fragen und der Bezug zu
ausschmückenden und vertiefenden Details einen sprachlichen Aufforderungs-
charakter für Kinder aus verschiedenen Kulturen besitzt. Zum anderen – und
hier werden kulturspezifische Unterschiede offenkundig – fokussieren die Ge-
spräche in kulturellen Kontexten, die psychologische Autonomie unterstützen,
auf das individuelle Kind und seine Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen,
während sich in relational organisierten kulturellen Kontexten Gespräche eher
auf die soziale Einheit, also das „wir“ beziehen. Dementsprechend beteiligen
sich diese Kinder eher an Gesprächen über Gruppenzusammenhänge oder
andere Familienmitglieder, während Kinder aus Familien, die sich an psycho-
logischer Autonomie orientieren, eher an Unterhaltungen teilnehmen, wenn
über sie selbst gesprochen wird. Eigene Untersuchungen haben ergeben, dass
das Sprachverhalten der ErzieherInnen schon in relativ kurzen Fortbildungen
nachhaltig verändert werden kann und die Kinder hinsichtlich ihrer Sprach-
entwicklung davon profitieren. Ausführlicher dargestellt finden Sie diesen
kultursensitiven Sprachförderansatz im nifbe-Themenheft Nummer 6 von Lisa
Schröder und Heidi Keller.
Interkulturelle Praxis-Ansätze
Neben einer grundsätzlichen Haltung der Offenheit und der Berücksichtigung
von kultureller Vielfalt in der Alltagspraxis, können auch gezielte Aktivitäten
das interkulturelle Miteinander in der KiTa unterstützen: „Die interkulturell
ausgerichtete Kindertageseinrichtung vermittelt die vorhandenen Unter-
schiedlichkeiten der Kinder als Normalität und bietet allen Kindern und deren
Familien möglichst viele ‚Anknüpfungspunkte‘“ (Haddou 2013, S. 71). Dies
bezieht sich zum Beispiel auf die im KiTa-Alltag präsenten Themen und Aktivi-
täten, die räumliche Ausstattung und die vorhandenen Materialien.
128). Ein sehr positives Zeichen für die ernst gemeinte Interkulturelle Praxis
ist es beispielsweise, wenn Eltern aus in der KiTa stark vertretenen Kulturkrei-
sen für die Arbeit im KiTa-Beirat gewonnen werden. Sie können hier eine über-
aus wertvolle Funktion als „Brückenbauer“ zu anderen Eltern mit Migrations-
hintergrund und Ideengeber rund um das Thema der Interkulturellen Praxis
einnehmen. Grundsätzlich gilt: „Eine strategische Einbindung von Eltern ent-
lastet die pädagogischen Fachkräfte und ermöglicht die Teilhabe der Familien“
(Yoksulabakan / Haddou 2013, S. 72).
Hinweis
In der Praxis wird häufig berichtet, dass die zahlreichen Bemühungen vieler Ki-
Ta-Teams um mehr Einbindung der Eltern nur mäßigen Erfolg haben: So werden
Eltern-Kind-Angebote nicht angenommen, Informationsveranstaltungen nicht
besucht und Elterngespräche nicht wahrgenommen. Bei vielen ErzieherInnen
führt das verständlicherweise zu Frust und Enttäuschung. Aber auch hier ist es
wichtig, von unseren eigenen Vorstellungen, Denkmustern und Verhaltensweisen
Abstand zu nehmen: Was bedeutet KiTa in dem jeweiligen kulturellen Kontext?
Welche Rollen / Aufgaben haben ErzieherInnen? Welche Vorgehensweisen sind
üblich, wenn zu wichtigen Veranstaltungen eingeladen wird? Bei welchen Ange-
boten fühlen sich die Eltern angesprochen? u.v.m.
Insgesamt kann die KiTa so einen wichtigen Beitrag für die soziale Integration
von Familien mit Migrationshintergrund leisten und auch Vertrauen in „öf-
fentliche“ Institutionen schaffen. Auch hier kommt es insbesondere auf den
Anfang an, so dass Eltern von vornherein das Gefühl haben, dass ihre kulturel-
len Hintergründe und Vorstellungen in der KiTa respektiert und wertgeschätzt
werden und ihre Kinder entsprechend gut aufgehoben sind.
Interkulturelle Projektideen
Dabei möchten wir jedoch betonen, dass die alleinige Durchführung solcher
Projekte nicht ausreicht, um eine interkulturell kompetente KiTa-Praxis einzu- Projekte können die nachhal-
führen. Ohne das notwendige Wissen über kulturelle Unterschiede, eine wert- tige Verankerung der Inter-
schätzende Haltung gegenüber allen Kulturen und die notwendigen Hand- kulturellen Praxis in der KiTa
lungsstrategien zur Integration divergierender kultureller Erziehungsstile im nicht ersetzen, aber berei-
täglichen Miteinander, führen diese zeitlich begrenzten Angebote kaum zu chern!
den gewünschten Resultaten.
Vielfalt ist spannend, aber Achtung: Anhand dieses Projektes kann auch sehr deutlich
werden, wie wichtig es ist, über kulturelle Unterschiede informiert zu sein: Kindern,
die in westlichen Mittelschichtsfamilien aufwachsen, wird das Gestalten der Poster
wahrscheinlich sehr leicht fallen und viel Spaß bereiten. Sie sind es gewohnt, nach
ihren Wünschen und Vorstellungen gefragt zu werden und von ihrem Umfeld in ih-
ren Interessen unterstützt und auf Besonderheiten aufmerksam gemacht zu werden.
Dagegen kann es für Kinder aus anderen kulturellen Kontexten eher ungewohnt oder
unangenehm sein, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Sie sind es aus ihrer Familie ge-
wohnt, sich in die bestehenden Strukturen einzuordnen und anzupassen. Der soziale
Zusammenhalt wird stärker betont als Individualität und Interessen einzelner Mitglie-
der. Kinder, die solche Erfahrungen machen, bevorzugen es vielleicht, die Bilder mit
Fotos ihrer (Groß-)Familien, ihrer Geschwister, Haustiere, usw. zu versehen, so dass ihr
vielfältiger Lebenskosmos schon auf einen Blick deutlich wird!
Interkulturelles Memory
Die Vielfalt von Familienkonstellationen kann in ganz einfacher Weise auch über
ein Interkulturelles Memory erfahren werden (erhältlich beim Verlag das Netz).
Hier können Kinder viele verschiedene Familien kennen lernen, die in unserer Ge-
sellschaft leben. Jedes Mädchen und jeder Junge kann Familien finden, die Ähn-
lichkeiten mit der eigenen Familie haben. Sich wiederzuerkennen stärkt Kinder
in der Entwicklung eines positiven Selbstbildes und hilft ihnen, sich zugehörig
zu fühlen. Das Familienspiel kann auf unterschiedliche Weise gespielt werden.
Im Memory-Spiel werden die Bildpaare gesucht: Ein Bild zeigt eine Familie, das
andere Bild zeigt das dazugehörige Kind. Im Such- und Finde-Spiel werden beson-
dere Merkmale der Kinder und ihrer Familien gesucht. Im Sortier-Spiel werden die
Bildkarten nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden geordnet. Das Spiel bietet
auch Gesprächsanlässe mit Kindern über ihre eigenen Erfahrungen in der Familie.
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Interkulturelles Buffet
Was gibt es Schöneres, als über das Essen die Vielfalt der Kulturen sinnlich zu
erfahren und darüber ins Gespräch zu kommen? In vielen KiTas ist es daher schon
ganz selbstverständlich, gemeinsam mit den Eltern Interkulturelle Buffets mit
Köstlichkeiten aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen zu organisieren.
Hierbei ergibt sich insbesondere auch die Gelegenheit zum Kennenlernen und
zum Austausch von pädagogischen Fachkräften mit den Eltern sowie den Eltern
untereinander.
Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass wir alle unsere kulturelle Brille tragen und
vieles nicht so selbstverständlich ist, wie es uns erscheinen mag, werden sich
in der alltäglichen KiTa-Praxis über diese Beispiele hinweg für Sie unzählige
weitere Ansatzpunkte für eine „kultursensitive“ Pädagogik anbieten. Nutzen
und entwickeln Sie für entsprechende Lern- und Bildungssituationen Ihre Of-
fenheit, Sensibilität und Aufmerksamkeit und Sie werden sehen, dass Inter-
kulturelle Praxis nicht nur eine Herausforderung ist, sondern auch viel Spaß
machen kann und gewinnbringend für alle ist!
Tipp
Weitere wertvolle Hintergründe, Praxis-Tipps und kostenlose Expertisen rund um
das Thema einer vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung in der KiTa-Praxis
sind auf denr Websites ders Projektes „Kinderwelten“ (www.kinderwelten.net)
sowie der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) (www.
weiterbildungsinitiative.de) zu finden
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4. Literatur
AutorInnen
Ariane Gernhardt
Dipl.-Psychologin, ist seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstelle Entwick-
lung, Lernen und Kultur des nifbe e.V. Bestandteil ihrer Forschungsarbeit ist die Untersuchung
des kulturellen Einflusses auf Kinderzeichnungen sowie die Erfassung von Erziehungstheorien
und kulturellen Mustern im Alltagsgeschehen von Kindertageseinrichtungen. Ihre praktische
Tätigkeit umfasst die langjährige Mitarbeit in der „Babysprechstunde Osnabrück“, den Aufbau
und die Mitarbeit in der „Familiensprechstunde Belm“ - einem psychosozialen und kultursensi-
tiven Beratungsangebot für Familien und ErzieherInnen in den Kindertageseinrichtungen vor
Ort -, sowie die Durchführung von Fort- und Weiterbildungen für (sozial)pädagogisches Fach-
personal u.a. zu dem Thema „kultursensitive Beratung in Kindertageseinrichtungen“.
Dr Karsten Herrmann
seit 2008 Pressesprecher des nifbe e.V.. Zentraler Aufgabenbereich ist die Wissenschaftskom-
munikation in die breite (Fach-) Öffentlichkeit - u.a. durch die im Herder-Verlag erscheinende
nifbe-Schriftenreihe, die nifbe-Themenhefte und das nifbe-Portal mit seiner umfangreichen The-
mensammlung rund um das Professionswissen von frühpädagogischen Fachkräften.
Maria Korte-Rüther
seit 2008 Netzwerkmanagerin und Koordinatorin im nifbe e.V. Neben der Begleitung der Regi-
onalen Netzwerke des nifbe hat sie in u.a. in Kooperation mit dem Niedersächsischen Sozialmi-
nisterium das Pilotprojekt „Interkulturelle Kompetenz für Pädagogische Fachkräfte“ entwickelt
und und koordiniert.
Impressum
V.iS.d.P.:
Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung /
Forschungsstelle Entwicklung, Lernen und Kultur
Leitung: Prof. Dr. Heidi Keller
Osnabrück 2013
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