Her Nien

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Hernien

Lernziele: Leistenhernien, Narbenhernie, Symptome, Diagnostik, Therapie


Lehrmedien: Tafel, Bilder, Patientenbefunde/ - Anamnese
Ablauf des Kurses:
1. Am Patientenbett
(Patientenvorstellung, körperliche Untersuchung, Demonstration von
Befunden)
2. Systematische interaktive Falldiskussion, theoretischer Teil

Vorbereitung durch die Studierenden

Definition Hernie:
Eine Hernie besteht aus Bruchsack, Bruchpforte und Bruchinhalt. Der Bruchsack ist
meistens Peritoneum, die Bruchlücke ist eine präformierte oder sekundär
entstandene Lücke meist in der Bauchwand, Bruchinhalt kann Fettgewebe,
Omentum und auch Darm bzw. andere Organe sein. Äußere Hernien werden an der
Körperoberfläche sichtbar, während die viel selteneren inneren Hernien Protrusionen
von Organen in angeborene oder erworbene Lücken in der Bauchhöhle sind.

Leistenhernien

Epidemiologie:
· Häufigste Hernienform (75%)
· In 10 – 15% der Fälle beidseitiges Vorkommen
· Ca. 120.000 Leistenhernien-Operationen/Jahr (BRD)

Anatomie
Der Leistenkanal (Canalis inguinalis) hat eine Länge von 4-5 cm und verläuft von
innen kranial lateral, nach außen caudal medial.
Eingang: Innerer Leistenring (Anulus inguinalis profundus) ca. 1cm kranial in
Projektion der Mitte des Leistenbandes
Ausgang: Äußerer Leistenring (Anulus inguinalis superficialis) oberhalb des
Tuberculum pubicum

Begrenzungen des Leistenkanals:


· Ventral: Aponeurose des M. obliquus externus
· Dorsal: Fascia transversalis, Peritoneum parietale
· Kranial: Unterrand des M. obliquus internus und des M. transversus abdominis
· Kaudal: Ligamentum inguinale

Einteilung der Leistenhernien


Unterschieden wird die direkte Leistenhernie, die medial der epigastrischen Gefäße
verläuft und erworben ist, von der indirekten Leistenhernie, die lateral der
epigastrischen Gefäße verläuft und sowohl angeboren wie erworben sein kann.
· Indirekte (laterale) Leistenhernie:
o Die Bruchlücke liegt lateral der Vasa epigastrica
o Der Bruchsack verläuft durch den inneren Leistenring und durch den
Leistenkanal zum äußeren Leistenring
o Häufiger bei jüngeren Patienten
o Als sog. angeborene Hernie bei persistierendem des Proc. vaginalis
o Kann bis ins Skrotum als sogenannte Skrotalhernie vordringen
· Direkte (mediale) Leistenhernie:
o Die Bruchlücke liegt medial der Vasa epigastrica (Fossa inguinalis
medialis)
o Der Bruchsack durchsetzt die Bauchdecke senkrecht auf direktem Weg
und verläuft zum äußeren Leistenring
o Hat keine Beziehung zum Samenstrang.
o Häufiger bei älteren Patienten
o Schwachstelle ist hier das muskelfreie Dreieck
· Kombinierte Leistenhernie
o Kombination aus indirekter und direkter Hernie mit 2 Bruchsäcken
o Tritt in 15% auf
Anamnese
· Art der Beschwerden, Auftreten z.B. beim Husten, Heben, Pressen
· Zeitlicher Rahmen der Beschwerden (seit wann, wie oft)
· Obstipation/Stuhlverhalt/Blut im Stuhlgang
· Übelkeit/Erbrechen
· Probleme beim Wasserlassen
· Fieber
· Vorhergehende Leistenhernienoperationen

Untersuchung
Inspektion: Vorwölbung in der Leiste
Palpation: Digitale Austastung des Leistenkanals
· Palpation des Leistenkanales über den Anulus inguinalis superficialis mit dem
Finger (beim Mann über das Skrotum, bei der Frau meist nicht möglich) im
Stehen und Liegen
· Hustenanprall
· Konsistenz, Größe, Schmerzhaftigkeit des Bruchs
· Beziehung zu Leistenband, Leistenkanal und Skrotum
Digital-rektale Untersuchung (Tumor? Blut?)
Reponierbarkeit des Bruchs
· Kann die Hernie leicht reponiert werden (elektive OP-Indikation)
· Kann die Hernie nicht reponiert werden (ggf. dringliche OP-Indikation)
· Ist die Hernie inkarzeriert (Notfall-Indikation?)
·

Reponible Hernie Irreponible Hernie Inkarzerierte Hernie

Weitere Diagnostik
· Diagnosestellung: anamnestisch und klinisch (s.o.)
· Differenzierung nach direkter (medial der epigastrischen Gefäße), indirekter
(lateral derselben) oder kombinierter Hernie erst intraoperativ möglich (bei
Säuglingen/ehemaligen Frühchen: offener Processus vaginalis)
· im Zweifelsfall: sonographische Abgrenzung zu LK-Schwellungen, Lipomen,
Hydro- und Varikozelen, Abszessen oder Malignomen

OP-Indikation
Jede Hernie stellt unabhängig vom Alter wegen der prinzipiell bestehenden Gefahr
der Inkarzeration eine Indikation zur Operation dar.
Bei Inkarzeration muss umgehend eine Notfalloperation durchgeführt werden, sonst
eine elektive Operation zeitnah.

OP-Vorbereitung:
Aufklärung (speziell):
Rezidiv, Hämatom, Wundinfektion, Hodenatrophie durch Verletzung der
Hodengefäße, Infertilität durch Verletzung des Samenstranges, Harnverhalt,
chronische Schmerzsyndrome durch Nervenläsion (N. ilioinguinalie, R. genitalis des
N. genitofemoralis), Hodenhochstand; Nur bei Netzimplantation: Netzinfektion,
Netzexplantation, Fremdkörperreaktion,
Dislokation oder Schrumpfung des Netzes

Klärung der Anästhesieform: Lokalanästhesie, spinale Anästhesie oder ITN

Kontraindikationen für eine ambulante OP


· Notfallindikation
· Schwere Allgemeinerkrankung (ASA IV)
· Gerinnungsstörungen
· Mangelnde Compliance
· Mangelnde häusliche Versorgung
· Harnentleerungsstörung
· Rezidivhernie
· Säuglinge, Frühchen im 1. LJ, Kinder mit Systemerkrankungen bleiben
postoperativ stationär in der Kinderklinik

OP-Varianten
1. Hernioplastik nach Shouldice
· Spaltung und Doppelung der Fascia transversalis mit fortlaufender Naht
· Naht des M. obliquus internus und des M. transverus abdominis an das
Leistenband

2. Hernioplastik nach Lichtenstein (mit alloplastischem Material)


· Spannungsfreie Implantation eines präperitonealen Netzes aus Polypropylen,
das die Bauchwand verstärkt.
3. Laparoskopische Hernioplastik: Total extraperitoneale Hernioplastik (TEP)
in ITN
· Endoskopisches Einbringen eines Kunststoffnetzes zwischen Fascia
transversalis und Peritoneum ohne Eröffnung der Peritonealhöhle
OP-Durchführung
ggf. Lokalanästhesie:
mit Xylocain/Carbostesin-Mischung (1:1) 2 cm medial der Spina iliaca anterior
superior mit fächerförmiger Infiltration nach medial, caudal und cranial
Herniotomie (allgemein):
· Hautschnitt schräg inguinal im Verlauf der Bauchfalten bzw. Hautlinien
· Ligatur des Vasa epigastricae superficiales
· Spalten der Externusaponeurose vom äußeren Leistenring nach lateral
(CAVE: N. ilioingunalis)
· Anschlingen des Samenstranggebildes
· Längsspaltung des Samenstranggebildes unter Schonung des Ductus
deferens und des R. genitalis des N. genitofemoralis sowie der begleitenden
Gefäße
· ggf. Ligatur und Resektion von Cremasterfasern und eines präperitonealen
Lipoms
· Darstellen des Bruchsackes
· Eröffnen des Bruchsackes, Inspektion und Reposition des Bruchinhaltes
· Verschluss des Bruchsackes an der Basis mit einer Durchstichligatur und
Abtragung

Leistenhernienreparation nach Shouldice:


· Spaltung der Fascia transversalis vom inneren Leistenring bis zum
Tuberculum pubicum unter Schonung der epigastrischen Gefäße
· Doppelung der Faszie mit fortlaufender Naht (Prolene 2-0, von medial nach
lateral und zurück)
· Fixierung des M. obliquus internus am Leistenband mit einer fortlaufenden
Naht (von lateral nach medial und zurück)
· Überprüfung der Einengung des inneren Leistenringes auf
Kleinfingerkuppenweite
· Verschluss der Externusaponeurose, Hautnaht
Leistenhernienverschluss rechts nach Shouldice

Leistenhernienreparation nach Lichtenstein:


· Einschneiden eines Ultrapro-Netzes längs an der kurzen Seite, Ecken
abrunden
· Fixierung des Netzes am Tuberculum pubicum, das mind. 3 cm überlappt wird
· Fortlaufende Annaht des Netzes ans Leistenband (Prolene 2-0)
· Verstärkung des inneren Leistenringes durch Umschlingen mit den
"Schwalbenschwänzen" des Netzes, die unter dem Samenstranggebilde
liegen
· Fixierung des cranialen und medialen Anteils des Netzes mit Einzelknöpfen an
der Internusaponeurose
· Vernähung der "Schwalbenschwänze" lateral des inneren Leistenringes
· Verschluss der Externusaponeurose, Hautnaht mit resorbierbarer Naht

Leistenhernien-Verschluss rechts nach Lichtenstein


Abschließend bei allen männlichen Patienten stets:
· "EKG" = Eier-Kontroll-Griff: Herunterziehen des Hodens in das Skrotum

Wahl des Operationsverfahrens


Bzgl. der methodischen Wahl der Leistenhernien-Reparation besteht kein
allgemeingültiger Konsens. Neben patientenbezogenen Faktoren
(Nebenerkrankungen, persönliche Präferenz) ist auch die Vertrautheit des Chirurgen
mit einer Technik wichtig (z.B. bessere Ergebnisse mit Lichtenstein-Operation auch
bei unerfahrenen Operateuren nachgewiesen).
Empfehlung zur Shouldice-Operation
· Junge Patienten (< 35-40 Jahre), kleinere Hernie
· Keine schweren Risikofaktoren
Empfehlung zur Lichtenstein-Operation
· Ältere Patienten (> 40 Jahre), große Hernie
· Risikofaktoren (dies wären z.B.: schwere COPD, Rezidivhernie, schwere
körperliche Arbeit ohne Möglichkeit der Schonung für 12 Wochen)
· Rezidivhernien
· Frühe Belastung erforderlich (z.B. aus beruflichen Gründen)

Nachbehandlung
· Vermeiden von Tragen schwerer Lasten über >10kg für 4-6 Wochen
· Bei Obstipation Laxantien
· Wundkontrolle

Narbenhernie

Definition:
Abdominelle Narbenhernien entstehen als Folge einer Laparotomie durch Dehiszenz
der Faszien und entwickeln sich meist innerhalb des ersten postoperativen Jahres in
bis zu 10% der Fälle.
Ätiologie
· Z.n. Laparotomie, parastomale Hernie
· Prädisponierend: Wundinfektion, postoperative Blutung, Serom, Aszites
(Leberzirrhose!), intraabdominelle Drucksteigerung postoperativ (z.B. Husten,
COPD, Obstipation/Pressen)

Anamnese und Untersuchung


Vergleiche grob wie bei Leistenhernie, auch hier besonders wichtig:
· Reponierbarkeit?
· Inkarzeration?
· Bruchränder?
· Bruchgröße? Im Liegen und Stehen austasten.
Ausserdem:
· Voroperationen?
· Gitterbruch? Bei Unklarheit ggf. CT
Differentialdiagnosen: Rektusdiastase (Auseinanderweichen der Mm. Recti
abdominis als harmloser Befund), Weichteiltumoren: Lipom, Malignom (Sarkom),
Metastasen

Operationsprinzip: Stabilisierung der Bauchwand

Operationsverfahren
1. Konventioneller Bruchpfortenverschluss ohne Kunststoffnetz
· Fasziendopplung nach Mayo. Prinzip: Verstärkung der Faszie durch Dopplung
des Nahtlagers
· Stoß-auf-Stoß-Naht. Prinzip: Adaptation der Bruchränder durch Naht
Hauptproblem dieser Verfahren: Hohe Rezidivquote
Studien zeigen, dass die Fasziendopplung keinen Vorteil bzgl. der Rezidivhäufigkeit
bringt, so dass in unserer Klinik die Stoß-auf-Stoß-Naht verwendet wird.
Indikation: Kleinere Bruchlücken (i.d.R: 1-4 cm)
2. Verschluss der Bruchpforte unter Verwendung eines Kunststoffnetzes
Indikation: Bei größeren Defekten (>4-5 cm) oder Rezidivhernie
Prinzip: Stabilisierung der geschwächten Bauchwand mit einem Kunststoffnetz
Einnähen des Kunststoffnetzes in:
· Sublay-Technik: Biomechanisch stabilstes Prinzip. Das Netz wird dorsal der
Bruchpforte eingebracht, z.B. hinter den M. rectus abdominis (retromuskulär)
bei einer Narbenhernie nach Medianlaparotomie (Alternative: präperitoneale
Platzierung)
· Inlay-Technik: Einbringen eines Netzes in die Bruchlücke
· Onlay-Technik: Einbringen eines Netzes oberhalb der Bruchlücke
Rezidivrate
· nach Mayo-OP: 25-50%
· mit Netz: ~10%
·

Komplikationen
· Wundinfektion/Netzinfektion
· Serom, Hämatom
· Darmarrosionen bei Kontakt des Netzes mit dem Darm
· Netzlockerung

Schenkelhernien

Die Schenkelhernie (Hernia femoralis) ist mit ca. 3%igem Auftreten eine eher seltene
Form der Hernie. Sie überwiegt bei weiblichen Patienten mit einem Faktor 3:1 und
tritt meist jenseits des 50. Lebensjahrs auf. Die typischen Schenkelhernien treten
medial der Leistengefäße durch das Septum femorale, das kranial zwischen dem
Ligamentum inguinale, dem Ligamentum lagunare und medial dem Pecten ossis
pubis liegt, aus. Als besondere Komplikation ist auch hier die Inkarzeration
gefürchtet.

Literatur:
Schumpelick, Volker: Hernien. Stuttgart: Enke, 1996.
Lichtenstein-Originalartikel:
Amid, P.K., Shulman A.G., Lichtenstein, I.L.: Die Herniotomie nach Lichtenstein.
Chirurg (1994) 65: 54-58.
Kux, M., Fuchsjäger, N., Feichner, A.: Lichtenstein-Patch versus Shouldice-Technik
bei primären Leistenhernien mit hoher Rezidivgefährdung. Chirurg (1994) 65: 59-62.
http://www.charite.de/chi/elearning/
http://www.charite.de/chi/elearning/leistenhernie/index.html

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