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„Weimarer Republik“ – Versionsunterschied

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Neufassung des historischen Teils zur Endphase der Weimarer Republik unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – siehe Diskussion, aktuell Nr. 10
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Als 1928/29 erstmals die Dawes-Plan-Reparationsrate in voller Höhe belastend anstand, wurde im [[Young-Plan]] die Frage einer möglichen Erleichterung verbunden mit dem Vorhaben einer endgültigen Regelung der Reparationsfrage. Statt der im Dawes-Plan vorgesehenen [[Annuität (Investitionsrechnung)|Annuität]] von 2,5 Milliarden Reichsmark sollten nun in den folgenden 59 Jahren durchschnittlich 2 Milliarden gezahlt werden, zu Anfang 1,7 Milliarden. Vor allem die über Generationen sich erstreckende Dauerbelastung war für die nationalistische Rechte in ihrer Agitation gegen die Weimarer Republik propagandistischer Zündstoff. DNVP und NSDAP führten ein knapp erfolgreiches [[Volksbegehren (Deutschland)|Volksbegehren]] und einen an der Abstimmungsbeteiligung überdeutlich scheiternden [[Volksentscheid gegen den Young-Plan]] durch, mit dem die Nationalsozialisten sich allerdings propagandistisch profilieren und als führende Kraft am rechten Rand des politischen Parteienspektrums darstellen konnten.<ref>Longerich 1995, S.&nbsp;251.</ref>
Als 1928/29 erstmals die Dawes-Plan-Reparationsrate in voller Höhe belastend anstand, wurde im [[Young-Plan]] die Frage einer möglichen Erleichterung verbunden mit dem Vorhaben einer endgültigen Regelung der Reparationsfrage. Statt der im Dawes-Plan vorgesehenen [[Annuität (Investitionsrechnung)|Annuität]] von 2,5 Milliarden Reichsmark sollten nun in den folgenden 59 Jahren durchschnittlich 2 Milliarden gezahlt werden, zu Anfang 1,7 Milliarden. Vor allem die über Generationen sich erstreckende Dauerbelastung war für die nationalistische Rechte in ihrer Agitation gegen die Weimarer Republik propagandistischer Zündstoff. DNVP und NSDAP führten ein knapp erfolgreiches [[Volksbegehren (Deutschland)|Volksbegehren]] und einen an der Abstimmungsbeteiligung überdeutlich scheiternden [[Volksentscheid gegen den Young-Plan]] durch, mit dem die Nationalsozialisten sich allerdings propagandistisch profilieren und als führende Kraft am rechten Rand des politischen Parteienspektrums darstellen konnten.<ref>Longerich 1995, S.&nbsp;251.</ref>


=== Vor dem Untergang: Die Ära der Präsidialkabinette (1930–1933) ===
=== Entwicklung ab 1929 ===

[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-08215, Berlin, Verfassungsfeier im Stadion.jpg|miniatur|hochkant|Verfassungsfeier im Berliner Stadion, 11. August 1929]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-08215, Berlin, Verfassungsfeier im Stadion.jpg|miniatur|hochkant|Verfassungsfeier im Berliner Stadion, 11. August 1929]]


Nach der Großen Inflation 1923 bewirkte wenige Jahre später das Hereinbrechen der [[Weltwirtschaftskrise]] die zweite existenzielle Krise der Weimarer Demokratie, an der sie zugrunde gehen sollte. Mitentscheidend dabei war der sich weiter verstärkende Zug zur Aushöhlung des parlamentarischen Systems, dessen Kernkompetenzen – Regierungsbildung und Gesetzgebung – überlagert und ersetzt wurden durch Befugnisse des Reichspräsidenten. In den Präsidialkabinetten der Reichskanzler Brüning, von Papen und von Schleicher wurden die zur Krisenbewältigung als Notbehelf vorgesehenen verfassungskonformen politischen Durchgriffsrechte des Reichspräsidenten (Notverordnungen, Einsetzung des Reichskanzlers, Auflösung des Reichstags) zu Regelinstrumenten, die mehr und mehr in demokratiewidriger Stoßrichtung zur Anwendung kamen. Begünstigt wurde diese Entwicklung in der soziökonomischen Dauerkrise von einer zunehmenden Radikalisierung des Wählerverhaltens, die in der zweiten Jahreshälfte 1932 zu einer Mehrheit der republikfeindlichen Extremisten im Reichstag führte.
Die [[Weltwirtschaftskrise]] traf Deutschland härter als andere europäische Staaten; ihre Folgen führten zu einer Radikalisierung der Politik. Nach dem Schwarzen Donnerstag, dem Zusammenbruch der New Yorker Börse am 24. Oktober 1929, erhielt Deutschland kaum noch Auslandskredite. Daraufhin brach die deutsche Wirtschaft ein, die ohnehin schon unter geringer [[Handelsbilanz|internationaler Wettbewerbsfähigkeit]] und einem dadurch hervorgerufenen hohen [[Handelsbilanzdefizit]] und den Reparationen zu leiden hatte. Die Krise in der Exportwirtschaft griff schnell auf die [[Binnenkonjunktur]] über. Durch die einsetzende Massenarbeitslosigkeit verschlechterte sich die soziale und wirtschaftliche Lage dramatisch. Am Ende der Weimarer Republik im Jahr 1933 zählte man insgesamt sechs Millionen offizielle Arbeitslose, dies entsprach einer Quote von etwas mehr als 30 %. Nur noch 12&nbsp;Millionen Menschen arbeiteten regulär. Viele lebten am [[Existenzminimum]]. Dies ging einher mit einer Dauerregierungskrise ab Juni 1932. [[Parlament]], Regierung und Reichspräsident arbeiteten mehr gegen- als miteinander. Es kam zu Neuwahlen und Kabinettskrisen in rascher Folge, bei denen die radikalen Parteien, allen voran die NSDAP, immer mehr Zulauf erhielten.


==== Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in Deutschland ====
==== Kabinett Brüning ====
Die [[Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung|1927 eingeführte Arbeitslosenversicherung]] war durch die steigende Arbeitslosigkeit schnell finanziell überfordert. Da ihr Defizit vom Reich ausgeglichen wurde, gewann die [[Arbeitslosenversicherung]] finanzpolitische Brisanz. Zur Sanierung schlug die SPD wie die Gewerkschaften eine Beitragserhöhung vor, während die DVP ähnlich den Industrie- und Unternehmerverbänden einen Leistungsabbau der Versicherung forderte. Da die Sozialdemokratie vermutete, die DVP bekämpfe eigentlich die Arbeitslosenversicherung selbst, zeigte sie sich unnachgiebig. Einen Kompromißvorschlag der Zentrumsfraktion unter [[Heinrich Brüning]] lehnte die SPD ab, weil es sich nur um eine zeitlich befristete Lösung gehandelt hätte. Das [[Kabinett Müller II|Kabinett Müller]] trat am 27. März 1930 geschlossen zurück.<ref>Eberhard Kolb: ''Deutschland 1918–1933. Eine Geschichte der Weimarer Republik.'' Oldenbourg, München 2010, S. 134–136.</ref>


[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-T0706-501, berlin, Armenspeisung.jpg|miniatur|Armenspeisung 1931 in Berlin: Gulaschkanone der Reichswehr]]
Diese Regierung war die letzte der Weimarer Republik, die sich auf eine parlamentarische Mehrheit stützen konnte. Die tieferen Gründe für ihr Scheitern gehören zu den umstrittensten Fragen der Geschichte der Weimarer Republik. Unbeschadet der Kritik an der Haltung der SPD setzte sich dabei zunehmend eine kritische Sicht durch, die einen durch Hindenburg und sein Umfeld, die DNVP und Teile der DVP forcierten zielgerichteten Prozess der Entparlamentarisierung feststellt, durch den die Kompromißbereitschaft der Flügelparteien vermindert worden sei. Unbestritten ist, dass der Bruch der „Großen Koalition“ in der Geschichte der Weimarer Republik einen entscheidenden Wendepunkt markierte und der Beginn ihres Endes war.<ref>Eberhard Kolb: ''Die Weimarer Republik.'' 6. überarb. u. erw. Aufl., Oldenbourg, München 2002, S. 229-231; Andreas Wirsching: ''Die Weimarer Republik in ihrer inneren Entwicklung. Politik und Gesellschaft.'' Oldenbourg, München 2000, S. 111-113.</ref>


Der die [[Weltwirtschaftskrise]] einleitende Kurssturz am [[Schwarzer Donnerstag|Schwarzen Donnerstag]] der [[New York Stock Exchange|New Yorker Börse]] im Oktober 1929 hatte in Deutschland besonders gravierende Auswirkungen, weil die amerikanischen Kapitalanleger, die zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Weimarer Republik auf der Grundlage des Dawes-Plans wesentlich beigetragen hatten, sich nun zurückhielten und investierte Kreditmittel in mehreren Wellen abzogen. Mit der einsetzenden Geldmittelknappheit stockte der Absatz auf dem Inlandsmarkt ebenso wie der Export, da sich nun allgemein [[Protektionismus|protektionistische]] Abschottungsmaßnahmen gegen ausländische Konkurrenz breit machten. So wurde eine [[Konjunktur|wirtschaftskonjunkturelle]] Abwärtsspirale in Gang gesetzt, in der eine massiv rückläufige Produktion zu Massenentlassungen führte und sinkende Massenkaufkraft den Absatz weiter einbrechen ließ. Im Verhältnis zum Höchststand 1927/28 ging die Industrieproduktion insgesamt um mehr als 43 Prozent zurück, die Stahlerzeugung sogar um 65 Prozent. Die Investitionstätigkeit kam praktisch zum Erliegen.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;441.</ref>
Am 28. März beauftragte Reichspräsident Hindenburg Heinrich Brüning mit der Regierungsbildung. Da das Ernennungsrecht nach Art. 53 WRV beim Reichspräsidenten lag, war ein [[Präsidialkabinett]], also eine Minderheitsregierung möglich, die nur auf das Vertrauen des Präsidenten und dessen Notstandsvollmachten gestützt war (gesetzesvertretendes Notverordnungsrecht nach Art.&nbsp;48 Abs.&nbsp;2 und Befugnis zur Auflösung des Reichstags nach Art. 25 WRV). Ein solches Präsidialkabinett wurde unter Brünings Führung etabliert. Zu dieser Entscheidung hatte das Fehlen einer arbeitsfähigen Regierung ebenso beigetragen wie die mangelnde Konsensfähigkeit der Parteien. Dass tatsächlich alle Verhandlungsspielräume erschöpft waren, wurde jedoch bezweifelt. Auch wurden nur die Minister der SPD ausgewechselt, was auf einen vom Präsidenten gewünschten und geplanten Schwenk nach rechts hindeutet.


Zugleich wurde die anschwellende Massenarbeitslosigkeit zur wachsenden Belastung und finanziellen Überforderung des sozialen Sicherungssystems, das eben erst um die Arbeitslosenversicherung erweitert worden war. Jeweils bezogen auf den Monat Januar stieg die Anzahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen von 2,85 Millionen 1929 über mehr als 3,2 Millionen 1930 und annähernd 4,9 Millionen 1931 bis auf über 6 Millionen 1932.<ref>Longerich 1995, S.&nbsp;303. Die nicht registrierten „unsichtbaren“ Arbeitslosen werden für 1931 auf zusätzlich etwa 1 Million geschätzt, für 1932 auf zusätzlich 1,5 bis 2,5 Millionen. (Longerich ebenda)</ref> Nur noch 12&nbsp;Millionen Menschen arbeiteten regulär. In den von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Großstädten begegnete man auf der Straße Dauerarbeitslosen mit Schildern: „Suche Arbeit um jeden Preis“; es gab Menschen auf der Suche nach billigen Schlafplätzen für Stunden, weil sie keine dauerhafte Unterkunft bezahlen konnten, und Andrang in Wärmehallen seitens derer, die kein Geld für Heizmaterial erübrigen konnten.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;444.</ref>
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-11265, Braunschweig, NS-Gautreffen mit Adolf Hitler.jpg|miniatur|Gautreffen der Nationalsozialisten, 1931 in Braunschweig]]
Im Sommer 1931 kulminierten Kredit- und Staatsfinanzkrise in einem Ansturm auf die Bankinstitute, wo Gläubiger ihre Einlagen zurückforderten. Nach zwei [[Bankfeiertag#Geschichte|Bankfeiertagen]] (Schließtagen) am 14. und 15. Juli konnte durch die Gründung einer Garantiebank und durch eine per Notverordnung durchgesetzte Bankenhaftungsgemeinschaft die Lage mit Hilfe einer verstärkten staatlichen Aufsicht über das Kreditwesen vorläufig stabilisiert werden. Die Zuspitzung war eingetreten, nachdem der Plan einer [[Deutsch-österreichische Zollunion|deutsch-österreichischen Zollunion]] ruchbar geworden war, mit der das im [[Vertrag von Saint-Germain]] 1919 festgelegte Anschlussverbot [[Deutschösterreich]]s an das Deutsche Reich unterlaufen werden sollte. So bewirkte die Pleite der österreichischen [[Creditanstalt-Bankverein#Erste Republik|Creditanstalt]], dass als Reaktion darauf auch in Deutschland eine neue Rückrufwelle ausländischen Kapitals die ohnehin gebeutelte Republik heimsuchte.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;463-474.</ref>
Die [[Reichstagswahl 1930|Wahlen vom September 1930]] brachten den Nationalsozialisten einen erdrutschartigen Zuwachs: sie konnten ihre Stimmenzahl auf 18,3 % steigern und wurden damit zur zweitstärksten Partei. Jetzt gab es nicht einmal mehr eine Mehrheit für eine [[Große Koalition]] im Reichstag, der zunehmend zum Forum für die Agitation rechter und linker Gegner der Republik wurde.


Denn parallel zur Krise um die österreichische Creditanstalt wurde bekannt, dass [[Karstadt]] in Geldnöten steckte, ebenso die [[Nordstern (Versicherung)|Nordstern-Versicherung]]. Dem Zusammenbruch des [[Nordwolle]]-Konzerns folgte die Krise seines Hauptgeldgebers, der [[Darmstädter und Nationalbank]], die damals eine der größten deutschen Geschäftsbanken war. Binnen weniger Tage konnte die Bank dem Ansturm ihrer Anleger nicht mehr standhalten und schloss am 13. Juli ihre Schalter. Die [[Dresdner Bank]], die ebenfalls mit Krediten für die Nordwolle schwer belastet war, behauptete am 11. Juli 1931, nicht in Gefahr zu sein – und war drei Tage später gleichfalls am Ende. Nach den beiden allgemeinen Bankfeiertagen vom 14. und 15. Juli wurden Abhebungen zunächst nur für dringlichste Geschäfte zugelassen, etwa für die Zahlung von Gehältern. Unterdessen wurden die am meisten gefährdeten Banken mit Geld versorgt. Kredite für die Wirtschaft wurden von Staats wegen verbilligt und die Verzinsung laufender Anleihen reduziert. Mit groß angelegten Interventionen, darunter die Übernahme und Umstrukturierung großer Banken, gelang es der Regierung, den Kollaps des deutschen Finanzsystems zu verhindern. Die fortschreitende Verunsicherung und politische Vertrauenskrise in der Bevölkerung war damit aber nicht zu beheben.
Eine erste Welle von Kündigungen ausländischer Kredite war die Folge. Auch dies verschärfte die Wirtschaftskrise weiter. Bei sinkenden Steuereinnahmen und gleichbleibenden Kriegslasten (Reparationen, Kriegsrenten) konnte der Reichshaushalt nur durch massive Steuererhöhungen und Lohnkürzungen ausgeglichen werden. Die Kriegslasten betrugen 1930 insgesamt 47,5 % des ordentlichen Reichshaushalts. Die abbröckelnde Binnennachfrage verstärkte die Wirtschafts- und Sozialkrise. 1930 verlangten die Arbeitgeber im Bergbau 12,5 % Lohnverzicht von den Arbeitnehmern, was die Gewerkschaften im Herbst des Jahres ablehnten. Am 29. Dezember scheiterten die Tarifverhandlungen. Die Regierung Brüning hatte sich bereits zuvor klar auf die Seite der Arbeitgeber gestellt und drohte mit staatlichen Maßnahmen gegen mögliche Arbeitskämpfe. Zum 15. Januar 1931 kündigte der [[Zechenverband]] 295.000 Arbeitern, die teilweise zu schlechteren Bedingungen wieder eingestellt werden sollten. Auf Seiten der Gewerkschaften bereitete man sich auf gewaltsame Auseinandersetzungen vor. Die Regierung setzte per Notverordnung eine Schlichtungskommission ein, die Tarife auch gegen den Willen der Tarifparteien festlegen konnte. Am 10. Januar verfügte diese Kommission eine Kürzung der Löhne um sechs Prozent und eine Rücknahme der Massenkündigung. Dennoch kam es zu [[Streik]]s und [[Aussperrung]]en. In den folgenden Monaten wurden die Löhne durch Notverordnungen weiter gekürzt, was die Not der Bevölkerung vor allem im [[Ruhrgebiet]] weiter vergrößerte.


==== Brünings Deflationspolitik ====
Das Vertrauen in die Demokratie und die Republik sank. Viele machten die Republik für die schlechte Wirtschaftslage verantwortlich, zumal die [[Reichsregierung]] im Verlauf des Jahres 1930 mehrfach neue Steuern erhob, um die Staatsaufgaben erfüllen zu können. Die Rufe nach einem „starken Mann“, der das Deutsche Reich wieder zu alter Größe und Ansehen bringen sollte, wurden lauter. In der [[Deutschnationale Volkspartei|DNVP]] hatten sich die stramm antirepublikanischen Kräfte um den Medienzaren [[Alfred Hugenberg]] durchgesetzt, der gemeinsam mit [[Adolf Hitler]] und [[Franz Seldte]] vom [[Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten|Stahlhelm]] („bewaffneter Arm“ der DNVP) bereits 1929 einen erfolglosen [[Volksentscheid gegen den Young-Plan]] initiiert hatte.


[[Datei:Bundesarchiv Bild 119-2600, Heinrich Brüning.jpg|miniatur|Heinrich Brüning, um 1930]]
Besonders die Nationalsozialisten suggerierten mittels gezielter [[Propaganda]] und der Konzentration auf die Person Hitlers ein solches Bild der Stärke. Sie nutzten moderne Wahlkampfmittel, Großveranstaltungen und konsequente Emotionalisierung. Hitlers Angriffe richteten sich gegen alles, was mit dem „Weimarer System“ in Verbindung gebracht wurde – vom Parteiensystem, bestehend aus verschiedenen relativ kleinen Parteien und Splitterparteien, bis hin zum eigentlichen demokratisch-parlamentarischen Prinzip. Die wenig erfolgreiche antisemitische [[NS-Propaganda|Propaganda der NSDAP]] wurde demgegenüber deutlich zurückgefahren.


;Vom Ende der Großen Koalition bis zum NSDAP-Wahldurchbruch
Aber nicht nur der rechte Flügel Deutschlands erstarkte, sondern auch der linke. Die republikfreundlichen Sozialdemokraten verloren im Gegensatz zu den Liberalen kaum Stimmen, die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) konnte sogar Stimmen gewinnen und wurde zu einer bedeutenden Macht im Parlament und auf der Straße. Denn längst hatte sich der Kampf, ausgehend von den Kampforganisationen der NSDAP ([[Sturmabteilung|SA]]) und der KPD ([[Roter Frontkämpferbund]], seit dem Verbot 1929 in der Illegalität aktiv), auf die Straße verlagert, wo sich bürgerkriegsähnliche Szenen abspielten. Daran hatten selbst die republikanisch gesinnten Kräfte mit einem eigenen Kampfverband, dem sozialdemokratisch dominierten [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold]] (später [[Eiserne Front]]), Anteil. Auch diese chaotischen Gewaltszenen spielten letztlich –&nbsp;obwohl diese oft dafür verantwortlich waren&nbsp;– den Nationalsozialisten in die Hände, da Hitler immer häufiger als „letzte Karte“ ins Spiel gebracht wurde, der die geordneten Verhältnisse wiederherstellen würde.
Um eine weitere Stärkung der radikalen Flügelparteien zu verhindern, tolerierte die SPD seit Oktober 1930 im Reichstag weitgehend die auf Kürzung der Sozialausgaben basierende Spar- und [[Deflationspolitik]] Brünings, welche aber die wirtschaftliche Krise kurzfristig noch verschärfte.


Die politische Sprengkraft der Weltwirtschaftskrise in Deutschland zeigte sich schon beim Auseinanderbrechen der Großen Koalition im März 1930 über dem Problem der Lastenverteilung bezüglich der immer stärker unter Kostendruck geratenden sozialen Sicherungssysteme. Nachdem die Bemühungen des Finanzexperten der Zentrumspartei [[Heinrich Brüning]], der das Vertrauen Hindenburgs besaß, um einen Kompromiss zwischen den Koalitionsflügelparteien SPD und DVP gescheitert waren und die [[Kabinett Müller II|Regierung Hermann Müller]] am 27. März 1930 zurückgetreten war<ref>“Im Rückblick gibt es keinen Zweifel, daß an diesem Tag die Zeit relativer Stabilität zu Ende ging und die Auflösungsphase der ersten deutschen Demokratie begann.“ (Winkler 1998, S.&nbsp;372.)</ref>, wurde Brüning am 30. März durch Hindenburg zum Reichskanzler ernannt und überstand am 3. April mit Hilfe der DNVP einen von der SPD eingebrachten Misstrauensantrag. Dass Brüning jedoch von Anbeginn als Regierungschef in einem zunächst noch verdeckten Präsidialregime fungierte<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;378.</ref>, zeigte sich im Juli 1930, als [[Kabinett Brüning I|seine Regierung]] mit Beitragserhöhungen zur Arbeitslosenversicherung und Steuererhöhungen zur Deckung des Haushalts eine Reichstagsmehrheit suchte. Da diese wegen gespaltenen Abstimmungsverhaltens in der DNVP verfehlt wurde, kam die Regierungsvorlage danach noch einmal als Notverordnung des Reichspräsidenten vor den Reichstag. Als dieser ebenfalls auf der Grundlage von Art. 48 WRV am 18. Juli 1930 von seinem Recht Gebrauch machte, die Notverordnung außer Kraft zu setzen, verlas Brüning noch in derselben Sitzung die vorbereitete Verordnung Hindenburgs zur Auflösung des Reichstags gemäß Art. 25 WRV. Bis zu den Neuwahlen am 14. September konnte sich das Notverordnungsregime daraufhin ungehindert entfalten.
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-02134, Bad Harzburg, Gründung der Harzburger Front.jpg|miniatur|Harzburger Front 1931]]
Am 11. Oktober 1931 vereinigte sich die nationalistische Rechte kurzzeitig zur [[Harzburger Front]]. Als Reaktion bildeten die republiktreuen Organisationen unter dem Fahnensymbol der drei Pfeile die Eiserne Front.
1932 standen Wahlen zum Amt des Reichspräsidenten an. Bezeichnend für die Situation der Republik ist, dass keiner der Kandidaten, Thälmann, Hitler und Hindenburg, ein Demokrat war. Die Parteien der Mitte bis zur SPD unterstützten Hindenburg, um einen Erfolg Hitlers zu verhindern. Brüning hatte sich mit seinem Verbot der SA und der [[Osthilfe (Deutsches Reich)|Osthilfeverordnung]], die von den ostpreußischen Grundbesitzern –&nbsp;zu denen auch Hindenburg gehörte&nbsp;– stark kritisiert wurde, beim Reichspräsidenten in Misskredit gebracht. Hindenburg nahm ihm zudem übel, dass er auf sein Betreiben auch von den Anhängern der SPD zum Reichspräsidenten gewählt worden war. Er entzog ihm sein Vertrauen, und Brüning, der aufgrund seiner Sparpolitik in der Bevölkerung ohnehin kaum Rückhalt besaß, musste zurücktreten. Der Kanzler wurde nach eigenem Bekunden „hundert Meter vor dem Ziel“ gestürzt, da seine Deflationspolitik noch keine Wirkung entfalten konnte. Auch sein Ziel der Gleichberechtigung Deutschlands und der endgültigen Aufhebung der Reparationen hatte er nicht erreicht.


Der aufsehenerregende Wahlerfolg der NSDAP bei der [[Reichstagswahl 1930]], für den es allerdings Vorzeichen auf Länderebene gegeben hatte, war auf mehreren Ebenen folgenreich:
{{Siehe auch|Kabinett Brüning I|Kabinett Brüning II|titel2=II}}
* Die Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung wurde durch das Erstarken der Extremisten immer unwahrscheinlicher.
* Die zunehmend unsicheren politischen Verhältnisse führten zu vermehrtem Rückruf und Abfluss von Auslandskapital, was den wirtschaftlichen Abschwung noch verstärkte.
* Die Sozialdemokraten (nur sie hatten nach dieser Wahl noch mehr Reichstagsmandate als die NSDAP) entschlossen sich unter dem Eindruck dieser Entwicklung, Brünings Notverordnungspolitik bis auf Weiteres zu tolerieren, um noch Schlimmeres zu verhüten.


;Sparen bis zum Äußersten
==== Kabinett von Papen ====
Sein Nachfolger [[Franz von Papen]] ersuchte Hindenburg sofort um Auflösung des Parlaments. Er wollte die Unterstützung der Nationalsozialisten und hob dafür das Verbot der SA wieder auf. Im sechsten Reichstag, der im Juli 1932 gewählt wurde, hatten die Nationalsozialisten 230 und die Kommunisten 89 von 608 Mandaten. Die beiden extremen Flügelparteien hatten damit eine negative Mehrheit erreicht, die jede parlamentarische Arbeit unmöglich machte. Papen löste den gerade erst gewählten Reichstag, nach einem mit großer Mehrheit gegen ihn gerichteten Misstrauensvotum, durch eine vorbereitete Order Hindenburgs wieder auf. Am 16. Juni 1932 hob Hindenburg das unter Brüning verhängte Verbot der [[Sturmabteilung|SA]] und der [[Schutzstaffel|SS]] auf. Im Sommer 1932 verstaatlichte die Regierung Papen den [[Rundfunk]] und öffnete ihn für die Wahlkampfwerbung der Parteien, darunter die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] aber nicht für die [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], und schuf damit für die Übernahme des Rundfunks durch die Nationalsozialisten günstige Voraussetzungen.<ref>Peter Longerich: ''Nationalsozialistische Propaganda.'' In: [[Karl Dietrich Bracher]], [[Manfred Funke]], [[Hans-Adolf Jacobsen]] (Hrsg.): ''Deutschland 1933–1945. Neue Studien zur nationalsozialistischen Herrschaft'' (=&nbsp;''Schriftenreihe der [[Bundeszentrale für politische Bildung]].'' Bd. 314). 2., ergänzte Auflage, bpb, Bonn 1993, ISBN 3-89331-185-8, S. 291–314, hier S. 299.</ref> Am 20. Juli setzte Papen in einer illegalen Handlung die Regierung von Preußen ab, die letzte Bastion der Republik. Als Vorwand für diesen häufig als [[Staatsstreich]] bezeichneten ''[[Preußenschlag]]'' diente das angebliche Versagen der preußischen Polizei am „[[Altonaer Blutsonntag]]“ (Straßenkämpfe zwischen SA und Kommunisten).


Nachdem im Frühjahr 1931 aufkeimende Hoffnungen auf eine konjunkturelle Wiederbelebung sich mit der Bankenkrise im Sommer zerschlagen hatten und der Kapitalmangel auch für den Staatshaushalt zu immer größeren Defiziten geführt hatte, nahm Brünings Spar- und Deflationspolitik immer härtere Konturen an. In seine Amtszeit fielen mehrfache Erhöhungen der Lohn und Einkommenssteuer, der Umsatzsteuer sowie diverser Verbrauchssteuern, dazu die Einführung neuer Steuerarten wie „Krisensteuer“ und „Bürgersteuer“. Parallel dazu wurde eine rigide Sparpolitik der öffentlichen Hand verordnet mit der Folge, dass sie auch in Ländern und Gemeinden als Abnehmer von Gütern und Dienstleistungen weitgehend ausfiel: Seit Oktober 1931 durften keine öffentlichen Gebäude mehr errichtet werden; Mittel für Reparaturen und Anschaffungen wurden nur freigegeben, wenn Menschenleben unmittelbar gefährdet waren.<ref>Reiner Marcowitz: ''Weimarer Republik 1929–1933.'' 3. Aufl., Darmstadt 2009, S.&nbsp;66.</ref>
Die [[Reichstagswahl November 1932|Neuwahlen vom November]] desselben Jahres brachten zwar einen Rückgang der Stimmen für die NSDAP, aber wiederum keine regierungsfähige Mehrheit. Papen trat zurück, nachdem ihm klar geworden war, dass er die Unterstützung der Reichswehr bei der Absicherung einer Diktaturregierung nicht besaß. Zudem hatte es der Reichstag aufgrund eines Verfahrensfehlers Papens geschafft, ihm rechtlich wirkungslos, aber öffentlichkeitswirksam das Misstrauen auszusprechen. Aufgrund der fehlenden Unterstützung des [[Reichswehrministerium|Reichswehrministers]] [[Kurt von Schleicher]], die im Zuge einer militärischen Simulation eines möglichen Aufstandes (dem „[[Planspiel Ott]]“) sichtbar geworden war, verweigerte Hindenburg die geforderte Auflösung des Reichstags ohne Festsetzung von Neuwahlen. Diese Ausschaltung des Parlaments, gestützt auf das Argument des [[Staatsnotstand]]s, hätte einen offensichtlichen Verfassungsbruch dargestellt.


Die weiter ansteigende Massenarbeitslosigkeit verursachte – trotz geminderter Unterstützungsdauer und in der Höhe abgesenkter Leistungsansprüche bei der Arbeitslosenversicherung sowie ständiger Kürzungen bei der nachgelagerten Sozialfürsorge –
{{Siehe auch|Kabinett Papen}}
fortlaufende Deckungslücken im Staatshaushalt, die auch durch eine radikale Zurückführung der Staatsausgaben nicht geschlossen werden konnten. Dennoch ging Brüning von seinem Kurs nicht ab, den er einerseits wegen der zurückliegenden Inflationserfahrung als alternativlos darstellte und den er andererseits für allein geeignet hielt, das Ausland davon zu überzeugen, dass Deutschland die Reparationen unter solchen Umständen nicht mehr zu leisten in der Lage sei und dass sie folglich ganz erlassen werden müssten. So brachte auch das [[Hoover-Moratorium]] zur Stundung der internationalen Zahlungsverpflichtungen, das im Sommer 1931 parallel zur deutschen Bankenkrise in Kraft trat und die Aussetzung der Reparationszahlungen auf ein Jahr gewährte, keine Wende in Brünings Deflationspolitik. Mit der Möglichkeit eines endgültigen Verzichts auf Reparationen rechnete er erst Anfang 1933, nach der nächsten US-Präsidentschaftswahl.<ref>Reiner Marcowitz: ''Weimarer Republik 1929–1933.'' 3. Aufl., Darmstadt 2009, S.&nbsp;67; Mommsen 1998, S.&nbsp;460; Winkler 1998, S.&nbsp;441 f. zitiert Brüning dazu wie folgt: „Werde Hoover wiedergewählt, könne man ab November wieder verhandeln; werde er nicht wiedergewählt, könnten Verhandlungen nicht vor dem März 1933, dem Amtsantritt des neuen Präsidenten, beginnen. ‚Bis dahin müssen wir durchhalten.’“</ref>


Beschäftigungspolitische Aktivierungsmaßnahmen blieben ohne zureichende Finanzierungsmittel in den Ansätzen stecken. Über „fragwürdige Palliative“<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;448.</ref> wie die Einführung eines freiwilligen Arbeitsdienstes und geringfügige Notstandsarbeiten kam man nicht hinaus. Dabei verhinderte speziell die überproportionale Jugendarbeitslosigkeit die soziale und politische Integration eines beträchtlichen Teils der Nachwachsenden und ließ die gesellschaftliche Militanz insbesondere in KPD und NSDAP schnell anwachsen.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;444.</ref> Mit seinem unnachgiebigen Sparkurs stieß Brüning zunehmend auf Unverständnis in der Öffentlichkeit und teils auch im eigenen Kabinett, wo Arbeitsminister [[Adam Stegerwald]] im März 1932 meinte, man müsse in diesem Frühjahr den Leuten durch Arbeitsbeschaffung Erleichterung verschaffen, sonst werde die Regierung den Sommer nicht überstehen.<ref>Reiner Marcowitz: ''Weimarer Republik 1929–1933.'' 3. Aufl., Darmstadt 2009, S.&nbsp;67.</ref> Brüning dagegen beschwor noch kurz vor seiner Entlassung die Richtigkeit der seit 1930 verfolgten Strategie und verkündete im Reichstag gegen die Nationalsozialisten gewendet, er werde nicht den Fehler machen, „an den letzten hundert Metern vor dem Ziel“ innenpolitisch die Ruhe zu verlieren.<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;464 f..</ref>
==== Kabinett von Schleicher ====
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-P046304, General Kurt v. Schleicher vor Wahllokal.jpg|miniatur|General Kurt von Schleicher geht zur Wahl, 5. März 1933]]


;Glücklos entlassen
Papens Nachfolger wurde General [[Kurt von Schleicher]], der bis dahin im Hintergrund die Fäden gezogen hatte und für Papens Sturz verantwortlich war. Doch auch sein Konzept, einen Ausweg aus der Krise zu finden, scheiterte. Er hatte eine breite „[[Querfront]]“ von den [[Gewerkschaft]]en bis zum linken Flügel der NSDAP um [[Gregor Strasser]] erstrebt. Anders als Papen setzte er nicht auf restaurative Verfassungsreformen, sondern auf sozialen Ausgleich. Am 28. Januar 1933 musste auch Schleicher zurücktreten, nachdem er zuletzt selbst von Hindenburg erfolglos die Ausrufung des Staatsnotstands, nach dem er aber vermutlich im Gegensatz zu Papen wieder zur Demokratie zurückkehren wollte, gefordert hatte. Schleicher selbst war kein Demokrat, sein Verhältnis zur NSDAP wandelte sich mehrmals, zuletzt empfahl er Hindenburg ein Kabinett unter Hitler.<ref>[[Akten der Reichskanzlei|AdR]], Dok. Nr. 72 vom 28. Januar 1933.</ref>
Schleichers dringliche Bitte um Order zur Auflösung des Reichstags und Proklamation des Staatsnotstandes gründete sich in der Tatsache, dass in der nächsten Sitzung am 31. Januar 1933 ein sicheres Misstrauensvotum drohte. Hindenburg lehnte sein Begehren um Zusage der Auflösung mit folgenden Worten ab:


Je länger der wirtschaftliche Abschwung anhielt, ohne dass die Regierung Brüning trotz aller verordneten Härten Erfolge erzielte, desto weniger Rückhalt hatte sie in gesellschaftlichen Interessengruppen und Parteien. Umso mehr war der Reichskanzler aber auf Hindenburgs Gunst angewiesen und musste sich ihm gefällig erweisen<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;475: „In letzter Instanz zählte nicht, was Brüning wollte, sondern was der Reichspräsident und seine Umgebung für erforderlich hielten.“</ref>, etwa im Zuge einer [[Kabinett Brüning II|Kabinettsumbildung]] im Oktober 1931, mit der eine deutlichere Orientierung ins rechte Spektrum signalisiert werden sollte, ohne dass aber die Tolerierung durch die SPD verspielt werden durfte. Dabei kam dem Reichstag in dieser Phase faktisch nur mehr die Rolle zu, „jeweils nach Erlaß eines Notverordnungsbündels den Mißtrauensanträgen von rechts und links zu widersprechen.“<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;486.</ref>
: „Das kann ich bei der gegebenen Lage nicht. Ich erkenne dankbar an, daß sie versucht haben die Nationalsozialisten für sich zu gewinnen und eine Reichstagsmehrheit zu schaffen. Es ist leider nicht gelungen und es müssen daher nun andere Möglichkeiten versucht werden.“<ref>AdR, Kabinett Schleicher, Dok. Nr. 72, Niederschrift aus dem Büro des Reichspräsidenten über den Empfang des Reichskanzlers durch den Reichspräsidenten am 28. Januar 1933.</ref>


Insgesamt 109 Notverordnungen in Brünings Regierungszeit standen lediglich 29 vom Reichstag ordentlich verabschiedete Gesetze gegenüber. Auch die Kontrollfunktion des Reichstags wurde drastisch beschnitten, indem er durch häufige Vertagungen zu immer weniger Sitzungen zusammenkam. Bis zu Brünings Sturz Ende Mai waren es im Jahre 1932 nur noch acht Sitzungstage.<ref>Reiner Marcowitz: ''Weimarer Republik 1929–1933.'' 3. Aufl., Darmstadt 2009, S.&nbsp;69.</ref> Doch auch gegen die Mitwirkungsrechte der Länder suchte Brüning das Präsidialregime abzuschirmen und betrachtete die allgemeine Finanznot als Hebel zu ihrer Entmachtung. Speziell die Sonderstellung [[Preußen#Freistaat Preußen (1918–1933)|Preußens]] erforderte Rücksichten, die es künftighin durch eine „Verreichlichung“ und durch die Abschaffung des [[Preußischer Landtag#Freistaat Preußen (1918–1933)|preußischen Landtags]] abzustreifen galt.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;481.</ref>
{{Siehe auch|Kabinett von Schleicher}}


[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-11265, Braunschweig, NS-Gautreffen mit Adolf Hitler.jpg|miniatur|Gautreffen der Nationalsozialisten, 1931 in Braunschweig]]
==== Machtübernahme der NSDAP ====
Eine von Hindenburg favorisierte Erweiterung der parlamentarischen Tolerierung des Präsidialregimes nach rechts außen scheiterte am radikal antirepublikanischen Kurs nicht nur der NSDAP unter Hitler, sondern auch der unterdessen von [[Alfred Hugenberg]] geführten DNVP. Bei der Bildung der [[Harzburger Front]] im Oktober 1931 rivalisierten beide um die Führungsrolle in der „nationalen Opposition“. Wiederum gemeinsam verweigerten sie Brüning die Zustimmung zu dem Plan, Hindenburgs Amtszeit per [[Zweidrittelmehrheit]]sbeschluss des Reichstags um zwei Jahre zu verlängern (ein Verfahren, das zu Eberts Gunsten 1923 funktioniert hatte). So musste Hindenburg mangels erfolgversprechender anderer Kandidaten von Brüning überredet werden, sich mit Unterstützung der republiktreuen Parteien erneut zur Wahl zu stellen, während die KPD [[Ernst Thälmann]] aufstellte und die „nationale Opposition“ mit [[Theodor Duesterberg]] für DNVP und Stahlhelm sowie Hitler für die NSDAP gleich zwei Kandidaten stellte. Als Hindenburg knapp die absolute Stimmenmehrheit verfehlte und sich in einem zweiten Wahlgang wieder nur mit Unterstützung der ungeliebten Sozialdemokraten gegen Hitler behauptete, machte er dafür Brüning verantwortlich. Auch widerstrebte dem Reichspräsidenten das von der Regierung mit Blick auf die [[Boxheimer Dokumente]] und das offensive Auftreten der NS-Verbände im April 1932 verhängte Verbot von [[Sturmabteilung|SA]] und [[Schutzstaffel|SS]], das auch Hindenburg selbst verschärften Attacken seitens der „nationalen Opposition“ aussetzte.
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-14439, Rede Adolf Hitlers zum Ermächtigungsgesetz.jpg|miniatur|Adolf Hitler redet vor dem Deutschen Reichstag zum Ermächtigungsgesetz, 23. März 1933]]


Den letzten Anstoß zur Entlassung Brünings gaben die Ostsiedlungspläne seiner Regierung, wonach der Reichsarbeitsminister und der Reichskommissar für die
Kurt von Schleicher, der Papens Sturz betrieben hatte, war nun selbst Opfer einer Intrige: Schon am 4. Januar 1933 hatte sich sein ehemaliger Schützling [[Franz von Papen]] mit Hitler zu Geheimverhandlungen im Privathaus des Kölner Bankiers [[Kurt von Schröder]] getroffen ([[Treffen Papens mit Hitler im Haus des Bankiers Schröder]]). Diesem Gespräch folgten weitere, zuletzt in Anwesenheit [[Otto Meißner]]s, des Staatssekretärs des Reichspräsidenten, sowie [[Oskar von Hindenburg|Oskars von Hindenburg]], der als Sohn des Reichspräsidenten ebenfalls zu den Beratern in der [[Kamarilla]] des greisen Paul von Hindenburg gehörte. Sie vereinbarten eine Koalitionsregierung aus Deutschnationalen und NSDAP, der außer Hitler nur zwei weitere Nationalsozialisten, nämlich [[Wilhelm Frick]] als Innenminister und [[Hermann Göring]] als Minister ohne Geschäftsbereich (und kommissarischer preußischer Innenminister), angehören sollten. Papen selbst war als Vizekanzler und Reichskommissar für Preußen vorgesehen.
[[Osthilfe (Deutsches Reich)|Osthilfe]] dafür sorgen sollten, dass nicht mehr entschuldungsfähige große ostpreußische Güter vom Staat erworben und zur Ansiedlung landloser Bauern verwendet würden: eine Form der Arbeitsbeschaffung im ländlichen Bereich. Dagegen intervenierten aber die Sprecher der dortigen Großgrundbesitzer bei Hindenburg, dem Standesgenossen und Eigentümer von [[Gut Neudeck]], bei dem sie nicht umsonst mit Verständnis für ihre Kampagne gegen „agrarbolschewistische“ Tendenzen bzw. gegen das „Abgleiten in den Staatssozialismus“ rechneten. Hindenburg verweigerte daraufhin den Erlass der diesbezüglichen Verordnung und ließ Brüning wissen, dass nun für ein rechtsgerichtetes Kabinett auf Reichsebene gesorgt werden müsse, das die Nationalsozialisten zu dulden bereit wären, wenn sie nach ihrem gerade errungenen Erfolg bei den [[Preußischer Landtag#Endphase der Weimarer Republik|preußischen Landtagswahlen]] dort in die Regierung kämen. Indem Brüning darin wie auch im bloßen Weiterwirken als Außenminister für sich keine annehmbare Perspektive sah, entließ ihn Hindenburg am 30. Mai 1932.<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;466–472.</ref>


==== Von Papens autoritäre Offensive ====
Der 86-jährige Reichspräsident, der sich lange gegen eine Kanzlerschaft des „böhmischen Gefreiten“ Hitler gesträubt hatte, konnte mit dem Hinweis beruhigt werden, dass ein von einer konservativen Kabinettsmehrheit „eingerahmter“ NSDAP-Führer nur eine geringe Gefahr bedeute. Die Annahme, Hitler in dieser Konstellation als Kanzler in Schach halten zu können, sollte sich aber als folgenschwere Fehleinschätzung erweisen. Für diesen Versuch sprach aber aus Sicht Hindenburgs auch die formale Verfassungskonformität der Lösung Hitler. Und doch bedeutete die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933, in Verbindung mit den weiteren Maßnahmen der sogenannten [[Machtergreifung]], faktisch das Ende der Weimarer Republik – auch wenn die Weimarer Verfassung ausdrücklich nie außer Kraft gesetzt wurde und erst die schrittweise bis ins Jahr 1934 vorgenommene nationalsozialistische [[Rechtsetzung]] sie nahezu vollends überlagerte.<ref name="Kotulla_DtVerfGesch_Vom_Alten_Reich_bis_Weimar_Rn2434">[[Michael Kotulla]]: ''Deutsche Verfassungsgeschichte: Vom Alten Reich bis Weimar (1495–1934).'' Springer, Berlin [u.&nbsp;a.] 2008, ISBN 978-3-540-48705-0, § 35 [http://books.google.de/books?id=mfjijA5t9bUC&pg=PA622 Rn 2434].</ref> In der Geschichtsforschung wird zumeist die [[Zäsur]] des 30. Januar 1933 als Ende der Weimarer Republik angenommen. Das [[Rechtsordnung|Rechts-]] und Präsidialregierungssystem der Vorjahre dauerte formal zu diesem Zeitpunkt und auch noch im folgenden Jahr, bis zum Tod Hindenburgs 1934, an. Hitler beabsichtigte, das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Kanzlers zu vereinen. Dieses Vorhaben ließ er sich durch eine [[Volksabstimmung (Deutschland)|Volksabstimmung]] am 19. August bestätigen.<ref>Vgl. näher hierzu Hanns-Jürgen Wiegand: ''Direktdemokratische Elemente in der deutschen Verfassungsgeschichte'', Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006 (Juristische Zeitgeschichte: Abt. 1; 20), [http://books.google.de/books?id=XNL1qu2_EOkC&pg=PA146 S. 146–148].</ref>

[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R1230-505, Reichkabinett von Papen.jpg|miniatur|hochkant=1.6|Das Kabinett Papen; stehend v.l.: Gürtner (Justiz), Warmbold (Wirtschaft), von Schleicher (Reichswehr); sitzend v.l.: von Braun (Ernährung, Landwirtschaft), von Gayl (Inneres), von Papen (Kanzler), von Neurath (Äußeres); es fehlen: von Krosigk (Finanzen), Schäffer (Arbeit), von Eltz-Rübenach (Verkehr, Post)]]

Die Weichen für den Nachfolger Brünings als Reichskanzler wurden vornehmlich durch den als engen Mitarbeiter von Reichswehrminister [[Wilhelm Groener]] zu Einfluss gelangten General [[Kurt von Schleicher]] gestellt, der seit Ende der 1920er Jahre zu einem wichtigen Berater Hindenburgs geworden war. Er hatte sich seinerzeit bereits für Brüning als Kanzler verwendet, schlug nun den als hochkonservativ geltenden Zentrumspolitiker [[Franz von Papen]] als Reichskanzler vor und traf eine Ministervorauswahl für die Kabinettsbildung. In der wegen Brünings Entlassung aufgebrachten Zentrumspartei kam von Papen seinem Ausschluss durch Austritt zuvor, sodass das mit zahlreichen Adelsprädikaten durchsetzte „Kabinett der Barone“ schließlich aus lauter Parteilosen bestand, nachdem auch einige vormals der DNVP angehörige Minister aus ihrer Partei ausgetreten waren. Die als „Kabinett der nationalen Konzentration“ firmierende [[Kabinett Papen|neue Regierung]] setzte sich betont vom Parteienparlamentarismus ab. In seiner über Rundfunk abgegebenen Regierungserklärung wetterte von Papen gegen die „Misswirtschaft der Parlamentsdemokratie“ sowie einen „sich ständig steigernden Staatssozialismus“ und „Kulturbolschewismus“.<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;480 f.</ref> Man trug sich im Kabinett mit Plänen für einen Verfassungsumbau, der u.&nbsp;a. anstelle des Reichsrats ein Oberhaus mit vom Reichspräsidenten auf Lebenszeit ernannten Honoratioren vorsah und der die Rechte des Reichstags durchgreifend reduzieren sollte.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;597.</ref>

Vor allem gegen Preußen richtete sich der Angriff auf die politischen Mitwirkungsrechte der Länder. Hier waren seit den Landtagswahlen im April 1932 die Nationalsozialisten zur mit Abstand stärksten politischen Kraft geworden, hätten eine Mehrheitsregierung aber nur mit dem Zentrum bilden können, das sich weigerte, einen nationalasozialistischen Ministerpräsidenten zu wählen. So blieb die Regierung der Weimarer Koalition unter dem Sozialdemokraten [[Otto Braun]] als Minderheitsregierung geschäftsführend im Amt, bis der [[Altonaer Blutsonntag]], an dem eine Demonstration der durch das Papen-Kabinett wieder zugelassenen SA zu brutalen Zusammenstößen mit protestierenden Kommunisten führte, der Reichsregierung den Vorwand lieferte, im [[Preußenschlag]] unter Verhängung des Ausnahmezustands selbst die Kontrolle über Regierung, Behörden und Polizei dieses mit Abstand größten und wichtigsten Landes zu übernehmen.

Außenpolitisch konnte von Papen bald den Erfolg verbuchen, der Brünings Kurs durchgängig bestimmt hatte: eine dauerhaft entlastende, abschließende Regelung der Reparationszahlungen auf der [[Konferenz von Lausanne (1932)|Konferenz von Lausanne]]. Danach erweiterte die Regierung den Finanzierungsrahmen für die betriebliche Arbeitsbeschaffung und erlaubte eine drastische Unterschreitung der Tariflöhne in Unternehmen, die Arbeitskräfte einstellten. So wurde das Kabinett von Papen im Spätsommer 1932 für die meisten Unternehmer zur Wunschregierung.<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;515 f.</ref> Bei Lohnempfängern und Arbeitslosen hingegen war die Erbitterung gegen die neue Regierung groß, die vordem bereits die Leistungsdauer der Arbeitslosenversicherung von 20 auf 6 Wochen zurückgenommen hatte und die Arbeitslosen anschließend der Sozialfürsorge überließ, die das [[Existenzminimum]] nicht einmal annähernd gewährleistete. Sehr oft konnten Arbeitslose die Wohnungskosten nicht mehr aufbringen; und in vielen Familien wurde auch das Ernährungsminimum deutlich unterschritten. Massenhaft waren 1932 ganze Familien bei der Suche nach Arbeit obdachlos auf der Landstraße unterwegs.<ref>Winkler 1998, S.&nbsp;482 f.</ref>

Gleichzeitig verlagerte sich auch die politische Auseinandersetzung verstärkt von den entmachteten Parlamenten auf die Straße, wo neben den rechts- und linksextremen Kampfbünden auch die [[Eiserne Front]] der Republiktreuen sich zu behaupten suchte. Im Zeichen der Straßenaufmärsche und gewaltsamen Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten stand auch der Wahlkampf für die [[Reichstagswahl Juli 1932|Reichstagswahl vom 31. Juli 1932]], die den untereinander verfeindeten und republikfeindlichen Parteien NSDAP und KPD eine in der Summe ablehnende Mehrheit im Reichstag verschafften. Hitler, der sich aufgrund des Wahlergebnisses bereits auf dem Sprung ins Kanzleramt wähnte, wurde allerdings von Hindenburg die Berufung unter Hinweis auf die diktatorische Ausrichtung der NSDAP versagt. Von Papen, dem der Reichstag nahezu geschlossen das Misstrauen aussprach, verblieb nach erneuter Reichstagsauflösung im Amt. Doch auch dessen Plänen, erneute Reichstagswahlen unter Bruch der Verfassung vorerst nicht anzusetzen, verweigerte sich Hindenburg, möglicherweise beeindruckt vom [[Eugen Ott#Planspiel Ott|Planspiel Ott]].

==== Von Schleichers misslungene Querfront ====
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-P046304, General Kurt v. Schleicher vor Wahllokal.jpg|miniatur|General Kurt von Schleicher geht zur Wahl, 5. März 1933]]

Als die [[Reichstagswahl November 1932| Reichstagswahl vom 6. November 1932]] der NSDAP zwar Verluste statt neuerlicher Zuwächse brachte, an der bisherigen Konstellation aber nichts grundlegend änderte – Hitler stand nach wie vor als Vizekanzler nicht zur Verfügung –, bot sich der bis dahin im Hintergrund die Fäden ziehende Reichswehrminister von Schleicher mit einem neuen Konzept zur populären Verankerung der Präsidialregierung dem Reichspräsidenten als Kanzler an. Hindenburg ging angesichts der allseits mangelnden Unterstützung für von Papen darauf ein. Von Schleichers Ansatz zielte parteiübergreifend auf die Gewinnung der Gewerkschaften und der jeweiligen Arbeitnehmerflügel in den Parteien für eine nun stärker auf Arbeitsbeschaffung und Jugendbeschäftigung gerichtete Politik. Dabei setzte von Schleicher seine Hoffnungen auch auf den gewerkschaftlich orientierten Flügel der NSDAP unter [[Gregor Strasser]], dem er am 3. Dezember die Vizekanzlerschaft und zugleich das Amt des preußischen Ministerpräsidenten anbot. Obwohl die NSDAP tags darauf bei den Landtagswahlen in Thüringen einen Stimmenverlust von mehr als 40 Prozent erlitt, was Strasser in der Meinung bestärkte, dass die NSDAP sich neu orientieren müsse, fügte er sich der Direktive Hitlers, als der sich seinen Vorstellungen energisch widersetzte, nahm Urlaub und legte alle Parteiämter nieder.<ref>Mommsen 1998, S.&nbsp;610.</ref>

Damit war von Schleicher im Grunde bereits wenige Tage nach Beginn seiner Kanzlerschaft gescheitert, denn den Sozialdemokraten galt der wendige General als nicht vertrauenswürdig und die Industrieverbände beobachteten argwöhnisch seine Öffnung hin zu den Gewerkschaften. Von Papen, den er als Botschafter nach Paris hatte wegloben wollen, war Hindenburgs Wunsch folgend in Berlin geblieben und nahm neuerlich Kontakt zu Hitler auf, um Möglichkeiten einer gemeinsamen Regierungsübernahme auszuloten. Von Schleicher suchte nun seinerseits [[Kabinett Schleicher|mit Unterstützung des Kabinetts]] Hindenburg davon zu überzeugen, dass nur die Ausrufung des Staatsnotstands, die Auflösung des Reichstags und der Aufschub von Reichstagsneuwahlen bis zum Herbst 1933 die Krise der Präsidialregierungen zu beenden geeignet sei. Dies verweigerte ihm Hindenburg aber ebenso, wie er es auf von Schleichers Betreiben vordem von Papen verweigert hatte. <ref>Winkler 1998, S.&nbsp;574 ff.</ref>

=== Ende im Zeichen der nationalsozialistischen Machtübernahme ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-14439, Rede Adolf Hitlers zum Ermächtigungsgesetz.jpg|miniatur|Adolf Hitler redet vor dem Deutschen Reichstag zum Ermächtigungsgesetz, 23. März 1933]]


Dem [[Treffen Papens mit Hitler im Haus des Bankiers Schröder|Treffen von Papens mit Hitler]] im Haus des Kölner Bankiers [[Kurt von Schröder]] am 4. Januar 1933 folgten weitere, zuletzt in Anwesenheit [[Otto Meißner]]s, des Staatssekretärs des Reichspräsidenten, sowie [[Oskar von Hindenburg|Oskars von Hindenburg]], der als Sohn des Reichspräsidenten ebenfalls zu den Beratern in der [[Kamarilla]] Paul von Hindenburgs gehörte. Man vereinbarte eine Koalitionsregierung aus Deutschnationalen und NSDAP, der außer Hitler nur zwei weitere Nationalsozialisten, nämlich [[Wilhelm Frick]] als Innenminister und [[Hermann Göring]] als Minister ohne Geschäftsbereich (und kommissarischer preußischer Innenminister), angehören sollten. Von Papen selbst war als Vizekanzler und Reichskommissar für Preußen vorgesehen.
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-18450-0002, Demütigung von Bernhard Kuhnt durch SA.jpg|miniatur|Nationalsozialisten wollen den ehemaligen [[Oldenburg (Land)|oldenburgischen]] Landesdirektoriumspräsidenten [[Bernhard Kuhnt]] demütigen, indem sie den SPD-Politiker in einem Karren zur Zwangsarbeit transportieren, 9. März 1933]]
Die [[Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat|Reichstagsbrandverordnung]] und das [[Ermächtigungsgesetz]] führten direkt in die Diktatur des [[Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialismus]]. Ob die Reichstagswahlen am 5. März 1933 und die Volksabstimmung 1934 demokratischen Maßstäben genügten, ist umstritten.<ref>Diskutiert etwa in Irene Strenge: ''Machtübernahme 1933 – alles auf legalem Weg?'' (=&nbsp;''Zeitgeschichtliche Forschungen.'' Bd. 15). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10815-9; ebenso: Karl-Dietrich Bracher: ''Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34'' (=&nbsp;''Schriften des Instituts für Politische Wissenschaft.'' Bd. 14). 2., durchgesehene Auflage, Westdeutscher Verlag, Köln [u.&nbsp;a.] 1962.</ref>


Der 86-jährige Reichspräsident, der sich lange gegen eine Kanzlerschaft des „böhmischen Gefreiten“ Hitler gesträubt hatte, wurde zuletzt mit dem Hinweis beruhigt, dass ein von einer konservativen Kabinettsmehrheit „eingerahmter“ NSDAP-Führer nur eine geringe Gefahr bedeute. Für diesen Versuch sprach aber aus Sicht Hindenburgs nach allem auch die formale Verfassungskonformität der nunmehrigen Berufung Hitlers zum Reichskanzler. Die Annahme allerdings, Hitler und die Nationalsozialisten in dieser Regierungskonstellation in Schach halten zu können, sollte sich als folgenschwere Fehleinschätzung erweisen. Denn die [[Kabinett Hitler|Ernennung Hitlers zum Reichskanzler]] am 30. Januar 1933 ermöglichte in Verbindung mit den weiteren Maßnahmen der sogenannten [[Machtergreifung]], faktisch das Ende der Weimarer Republik. Zwar wurde während der gesamten [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Zeit]] die Weimarer Verfassung formal nicht außer Kraft gesetzt. Mit der Errichtung der NS-Diktatur endeten aber ihre demokratische Funktion und ihre die Politik bindende Wirkung.
{{Siehe auch|Kabinett Hitler}}


== Territoriale Gliederung ==
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Der Oberbefehlshaber der Reichswehr war der Reichspräsident. Infolge der Bestimmungen des Versailler Vertrags war sie als Berufsarmee mit begrenzter Größe und Ausrüstung organisiert. Die Reichswehr wurde ein ''Staat im Staate'', der sich nach außen hin abschottete, sie wurde nicht zu einer Streitmacht der Republik. Zwar beschloss sie, im ''Ebert-Groener-Bündnis'' die Regierung im „gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus“ zu unterstützen. Dennoch war die Reichswehr für die junge Republik eher eine Last, weil sie von einem konservativ-monarchisch geprägten Offizierkorps geführt wurde; zu demokratischen [[Reform]]en ihres inneren Gefüges kam es nicht. Deutschnational eingestellt, war die Reichswehr in den Anfangsjahren der Republik im Kampf gegen [[Politische Linke|linke]] Gruppierungen eingesetzt. Beim [[Kapp-Putsch]] war sie nicht bereit einzugreifen. Nach der [[Machtergreifung|NS-Machtübernahme]] akzeptierte sie das Regime Hitlers widerstandslos.
Der Oberbefehlshaber der Reichswehr war der Reichspräsident. Infolge der Bestimmungen des Versailler Vertrags war sie als Berufsarmee mit begrenzter Größe und Ausrüstung organisiert. Die Reichswehr wurde ein ''Staat im Staate'', der sich nach außen hin abschottete, sie wurde nicht zu einer Streitmacht der Republik. Zwar beschloss sie, im ''Ebert-Groener-Bündnis'' die Regierung im „gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus“ zu unterstützen. Dennoch war die Reichswehr für die junge Republik eher eine Last, weil sie von einem konservativ-monarchisch geprägten Offizierkorps geführt wurde; zu demokratischen [[Reform]]en ihres inneren Gefüges kam es nicht. Deutschnational eingestellt, war die Reichswehr in den Anfangsjahren der Republik im Kampf gegen [[Politische Linke|linke]] Gruppierungen eingesetzt. Beim [[Kapp-Putsch]] war sie nicht bereit einzugreifen. Nach der [[Machtergreifung|NS-Machtübernahme]] akzeptierte sie das Regime Hitlers widerstandslos.

== Wirtschaft ==
=== Finanzkrise ab 1929 ===
Der wirtschaftliche Abschwung, in Form einer scharfen Rezession, hatte seinen spektakulären Ausgang im [[Börsenkrach]] an der [[Wall Street]] genommen und sich –&nbsp;gefördert von einem starren Währungssystem und verfehlter Politik (z.&nbsp;B. protektionistischen Zollmaßnahmen)&nbsp;– rasch global ausgebreitet. Inmitten dieser prekären Situation erschütterte eine Hiobsbotschaft aus Österreich die Bankenwelt in Europa. Die [[Creditanstalt]], größte Bank Österreichs und zugleich eine gigantische Holding mit umfangreichem Aktienbesitz, war pleite. Durch direkte und indirekte Beteiligungen hatte sie 60 Prozent der österreichischen Industrie kontrolliert.

Die Nachricht vom unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der Creditanstalt wurde zu einem entscheidenden Scheidepunkt: Nun regierte die Panik. Die österreichischen Banken wurden von verängstigten Sparern gestürmt. Die Nerven von Anlegern und Investoren lagen blank, und das nicht nur in Österreich. Denn die Schwächen des Banksystems, die der Creditanstalt zum Verhängnis geworden waren, ließen sich in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Deutschland, nur zu leicht wiedererkennen.
Anders als im angelsächsischen Raum pflegten die Bankiers in Deutschland (sowie im übrigen Mittel- und Osteuropa), enge Beziehungen zur Industrie: über langfristig vergebene Kredite und Unternehmensbeteiligungen in Form von Aktien. Beides erwies sich als schwerwiegende Belastung in der Krise. An die gegebenen Kredite kam eine Bank, sollte sie plötzlich Geld brauchen, aufgrund der langen Laufzeiten nicht wieder heran. Und Aktien waren in einer allgemeinen Wirtschaftskrise nicht mehr viel wert, sodass die vielen Unternehmensbeteiligungen schwer auf den Bilanzen der Banken lasteten.

Endgültig zum Verhängnis wurde der deutschen Bankenwirtschaft jedoch ihre Abhängigkeit vom Ausland (großteils den Vereinigten Staaten von Amerika). Dort hatte sie sich mit dem Kapital versorgt, das sie an Handel und Industrie verlieh. Diese Lösung war verlockend, denn in Deutschland selbst war Kapital nach der Hyperinflation von 1923, welche sämtliche Sparguthaben wertlos gemacht hatte, knapp. Auf Kapital deutscher Sparer konnte also nicht in ausreichendem Maße zurückgegriffen werden. Das Ausland sprang ein und füllte den Banken die Kassen, allerdings war die Erinnerung an das Chaos der Inflation auch bei den ausländischen Geldgebern nicht verblasst. Sie blieben vorsichtig und vergaben vor allem kurzfristige, schnell rückholbare Kredite ins Reich. Damit war im Krisenfall der Notausstieg erheblich vereinfacht.

[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-T0706-501, berlin, Armenspeisung.jpg|miniatur|Armenspeisung 1931 in Berlin: Gulaschkanone der Reichswehr]]
Die Liquidität der deutschen Banken hing also in erheblichem Umfang vom Vertrauen des Auslands ab, welches sich, während der sich abzeichnenden Weltwirtschaftskrise, als zunehmend fragil erwies. Bereits im September 1930, als sich bei der Reichstagswahl die Stimmen der Nationalsozialisten verzehnfacht hatten, begannen Investoren, beunruhigt über eine mögliche politische Instabilität, Kapital aus Deutschland abzuziehen. Die Lage verschlimmerte sich, als renommierte deutsche Konzerne in Turbulenzen gerieten. Im Mai 1931, gerade als in [[Österreich]] die Krise um die Creditanstalt für Panik zu sorgen begann, wurde ruchbar, dass [[Karstadt]] in Geldnöten steckte, ebenso die bekannte [[Nordstern (Versicherung)|Nordstern-Versicherung]]. Karstadt war dabei gewesen, seine Expansion rasch voranzutreiben, und finanzierte diese mit Hilfe ausländischer Kredite. Die Gläubiger fragten sich nun besorgt, wie sicher die Banken noch waren, die Karstadt Geld geliehen hatten.

Politische Entwicklungen verschreckten die Geldgeber noch weiter. Eine Erklärung von Reichskanzler Brüning, der, in den Verhandlungen über die Reparationszahlungen, die Möglichkeit eines Staatsbankrotts des Reiches andeutete, heizte Anfang Juni 1931 die gefährlichen Kapitalabflüsse ins Ausland weiter an. Für den großen Krach fehlte nur noch der Anlass. Den lieferte eine windige Bremer Firma namens [[Nordwolle]] – und ihr Partner, die [[Darmstädter und Nationalbank]], die ihr im großen Stil geliehen hatte. Beide Unternehmen hatten sich mit fragwürdigen, hochrisikobehafteten Investments verspekuliert. Die [[Danatbank]] wurde vom Kollaps der Nordwolle hart getroffen. In der Öffentlichkeit machten erste Gerüchte die Runde, dass nun auch eine deutsche Bank in Schwierigkeiten sei. Als der Name der Danatbank fiel, brach der Ansturm der Anleger los. Binnen weniger Tage musste die Bank kapitulieren. Am Montag, den 13. Juli, blieben ihre Schalter geschlossen.

Am vorausgegangenen Wochenende hatten hektische Krisengespräche zwischen führenden Branchenvertretern und der Reichsregierung ein heilloses Chaos unter den Banken im Reich offenbart. Die [[Dresdner Bank]] etwa, die ebenfalls mit Krediten für die Nordwolle schwer belastet war, behauptete am 11. Juli 1931, nicht in Gefahr zu sein – drei Tage später war sie am Ende. Die Reichsregierung zog nun die Notbremse. Als am Montag die Banken öffneten und schon nach wenigen Stunden dem Andrang panischer Sparer nicht mehr gewachsen waren, erklärte die Regierung die folgenden zwei Tage zu ''Bankfeiertagen'': sämtliche Geldinstitute blieben geschlossen. Danach wurden Abhebungen zunächst nur für dringlichste Geschäfte zugelassen, etwa für die Zahlung von Gehältern. Die Atempause nutzte man, um die am meisten gefährdeten Banken mit Geld zu versorgen.

{{Siehe auch|Aktienindex des Statistischen Reichsamtes}}

=== Staatseingriffe ===
Der Staat verbilligte, unter dem wüsten Protest der Bankiers, Kredite für die Wirtschaft und reduzierte per Dekret die Verzinsung laufender Anleihen. Es wurden schärfere Kontrollen und eine erste Bankenaufsicht eingeführt. Der Regierung gelang es, mit groß angelegten Interventionen –&nbsp;von der Übernahme großer Banken über Umstrukturierungen bis hin zu flankierenden Aufsichtsmaßnahmen&nbsp;– den Kollaps des deutschen Finanzsystems zu verhindern. Womit sie jedoch in der Bevölkerung ihren letzten Kredit verspielt hatte. Gewerkschaften und Kommunisten wetterten gegen die ''Sozialisierung der Verluste''. Eine antikapitalistische Haltung der Bevölkerung war, allein schon durch die wirtschaftliche Krise an sich weit verbreitet, da nun aber das Kabinett sich scheinbar vor allem für das Großkapital und die unpopulären Banken in die Bresche warf, brachte dies keinerlei Sympathie – im Gegenteil. Auch die Banken rückten, obwohl der staatliche Eingriff sie letztendlich gerettet hatte, von Reichskanzler Brüning ab. Dessen umsichtige Politik sollte im Nachgang entscheidend zur Gesundung der deutschen Wirtschaft beitragen, welche die Weimarer Republik aber nicht mehr erlebte.


== Kunst und Kultur in der Weimarer Zeit ==
== Kunst und Kultur in der Weimarer Zeit ==

Version vom 11. November 2012, 18:09 Uhr

Deutsches Reich
Weimarer Republik
1918–1933
Flagge des Deutschen Reiches 1919–1933 Wappen des Deutschen Reiches 1919–1928
Flagge Wappen
[1][2][3]
Navigation
Verfassung Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919
Amtssprache Deutsch
Hauptstadt Berlin
Staatsform parlamentarische Republik
Regierungsform präsidentiell-parlamentarisch
Staatsoberhaupt
– 1919 bis 1925
– 1925 bis 1934
Reichspräsident
Friedrich Ebert
Paul von Hindenburg
Regierungschef
1919


– 1919 bis 1920
– 1920
– 1920 bis 1921
– 1921 bis 1922
– 1922 bis 1923
– 1923
– 1923 bis 1925
– 1925 bis 1926
– 1926 bis 1928
– 1928 bis 1930
– 1930 bis 1932
– 1932
– 1932 bis 1933

Philipp Scheidemann
(Präsident des Reichsministeriums)
Reichskanzler
Gustav Bauer
Hermann Müller
Constantin Fehrenbach
Joseph Wirth
Wilhelm Cuno
Gustav Stresemann
Wilhelm Marx
Hans Luther
Wilhelm Marx
Hermann Müller
Heinrich Brüning
Franz von Papen
Kurt von Schleicher
Fläche 468.787 km²
Einwohnerzahl
– 1925

62.411.000
Bevölkerungsdichte
– 1925
– 1933

133 Einwohner pro km²
139 Einwohner pro km²
Währung 1 Reichsmark = 100 Reichspfennig
Proklamation der Republik 9. November 1918
Nationalhymne Deutschlandlied
Nationalfeiertag Verfassungstag am 11. August (Annahme der demokratischen Verfassung)
Zeitzone UTC+1 MEZ
Kfz-Kennzeichen D
Karte
Karte des Deutschen Reichs
Karte des Deutschen Reichs

Als Weimarer Republik wird der Abschnitt der deutschen Geschichte von 1918 bis 1933 bezeichnet, als Deutschland eine demokratisch verfasste parlamentarische Republik war. Die Epoche begann mit der Ausrufung der Republik am 9. November 1918 und endete mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Die Weimarer Republik entstand im Zuge der Novemberrevolution. Ihren Namen erhielt die erste auf nationalstaatlicher Ebene verwirklichte deutsche Republik nach der thüringischen Stadt Weimar, dem ersten Tagungsort der verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung.

Nachdem zunächst der Rat der Volksbeauftragten die Regierungsgewalt ausgeübt hatte, wurde auf Beschluss des Reichsrätekongresses am 19. Januar 1919 die Wahl zur Deutschen Nationalversammlung abgehalten. Am 11. Februar wählte die Nationalversammlung Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten, der am 13. Februar das Kabinett Scheidemann ernannte. Die Weimarer Reichsverfassung trat am 14. August 1919 in Kraft. Sie konstituierte das Deutsche Reich als föderative Republik. Staatsoberhaupt war der für eine Amtszeit von sieben Jahren direkt vom Volk gewählte Reichspräsident, der als Teil der Exekutive über weitreichende Befugnisse, darunter ein Notverordnungsrecht verfügte. Die Regierung führte der vom Reichspräsidenten zu ernennende und zu entlassene Reichskanzler, der dem Reichstag gegenüber verantwortlich war. Als Volksvertretung mit umfassenden Gesetzgebungs-, Budget- und Kontrollrechten wurde der Reichstag für eine Legislaturperiode von vier Jahren nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Die Länder vertrat der Reichsrat.

Die Geschichte der Weimarer Republik lässt sich nach der Gründungsphase in drei Abschnitte gliedern. In den Krisenjahren von 1919 bis 1923 hatte die Republik mit den unmittelbaren Kriegsfolgen, einer Hyperinflation sowie zahlreichen Umsturzversuchen und politischen Morden zu kämpfen. In den Jahren von 1924 bis 1929 erlebte sie eine Zeit relativer Stabilität, wirtschaftlicher Erholung sowie außenpolitischer Anerkennung und Wertschätzung. Die Weltwirtschaftskrise ab Ende 1929, die Präsidialkabinette nach dem Bruch der Großen Koalition am 27. März 1930 und der Aufstieg der Nationalsozialisten mündeten schließlich in ihren Untergang.

Grundzüge der Weimarer Republik

Die Republik hatte mehrere Strukturprobleme aus der Kaiserzeit geerbt, so die Wirtschafts- und Sozialordnung sowie die konfessionell geprägte Schulpolitik. Dazu kamen Phänomene, die das Scheitern der Weimarer Demokratie direkt beeinflussten:

  • Der Erste Weltkrieg hinterließ schwere ökonomische und soziale Lasten. Insbesondere die faktische Enteignung vieler Bürger durch die Hyperinflation und die nach dem Versailler Vertrag geforderten Reparationen erwiesen sich als – nicht zuletzt psychologische – Belastung und lieferten den Gegnern der Republik Munition für ihre Agitation gegen die „Erfüllungspolitik“.
  • Da die demokratischen Politiker im Kaiserreich von der Führung der Staatsgeschäfte ausgeschlossen waren, stützten sie sich in Militär, Verwaltung und Justiz weiterhin auf das vorhandene Personal, das die republikanische Staatsform und die Demokratie jedoch weitgehend ablehnte. Mit Ausnahme Preußens fand keine grundlegende Demokratisierung der Beamtenschaft statt. Symptomatisch dafür waren die vielfach politisch motivierten Urteile der Justiz: Rechte Straftäter konnten mit wesentlich milderen Urteilen rechnen als linke.
  • Auch große Teile der Bevölkerung lehnten bürgerliche Demokratie und Republik ab: Konservative und Rechtsextreme glaubten an die Dolchstoßlegende, nach der nicht die kaiserliche, sondern die neue demokratische Regierung für die Kriegsniederlage und den als demütigend empfundenen Friedensvertrag von Versailles verantwortlich gewesen sei. Auf der Linken hatten die Kämpfe während der Novemberrevolution zu einer unversöhnlichen Haltung der Kommunisten gegenüber den Sozialdemokraten geführt, die sie von einem gemeinsamen Vorgehen gegen die Feinde der Republik abhielten.

Die Weimarer Verfassung galt zu ihrer Zeit als eine der fortschrittlichsten überhaupt. Sie war nach der Märzrevolution von 1848 der zweite – und erste erfolgreiche – Versuch, eine liberale Demokratie in Deutschland zu etablieren. Die schon unter Zeitgenossen verbreitete These, der Staat von Weimar sei eine „Demokratie ohne Demokraten“ gewesen, ist nur bedingt richtig, weist aber auf ein wesentliches Problem hin: Es gab keinen tragfähigen Verfassungskonsens, der alle Teile des politischen Spektrums von rechts bis links eingebunden hätte. Nach dem Tod des ersten Reichspräsidenten, des SPD-Politikers Friedrich Ebert, wurde 1925 mit Paul von Hindenburg ein rechtskonservativer Nachfolger gewählt, der der republikanischen Staatsform betont kritisch gegenüber stand.

Die meisten politischen Parteien zur Zeit der Weimarer Republik hatten ihre ideologische Ausrichtung von ihren unmittelbaren Vorgängern im Kaiserreich übernommen und vertraten weitgehend die Interessen ihrer jeweiligen Klientel. Die Aufteilung nach Interessengruppen und Sozialmilieus wie Arbeiterbewegung oder Katholiken wurde als Partikularismus gescholten. Im Reichstag, dem Parlament, waren zeitweise bis zu 17 und selten weniger als 11 verschiedene Parteien vertreten. In 14 Jahren gab es 20 Kabinettswechsel. Elf Minderheitenkabinette waren von der Duldung durch Parteien abhängig, die nicht zur Regierungskoalition gehörten.

Die relative Stabilisierung der Weimarer Republik nach dem Ende der Großen Inflation endete mit den wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen, die dem Schwarzen Freitag der New Yorker Börse 1929 gerade in Deutschland folgten. Der Abzug von kurzfristigen Krediten amerikanischer Investoren, die einen zwischenzeitlichen Aufschwung gespeist hatten, trug zu der einsetzenden Wirtschaftsdepression wesentlich bei: stockender Warenabsatz, rückläufige Produktion, Massenentlassungen und -arbeitslosigkeit samt schwindender Kaufkraft bewirkten eine Abwärtsspirale ungekannten Ausmaßes, der die im Aufbau befindlichen sozialen Sicherungssysteme nicht gewachsen waren.

Da es seit März 1930 keine von der Reichstagsmehrheit getragene Regierung mehr gab, regierten Reichspräsident von Hindenburg und die von ihm ernannten Reichskanzler von da an vor allem mit Hilfe von Notverordnungen. Die Reichstagswahlen 1930 zeitigten den Aufstieg der rechtsradikalen NSDAP zu einer bedeutenden Kraft im Weimarer Parteienspektrum. Seit dem Sommer 1932 verfügten die republik- und demokratiefeindlichen Parteien, neben der NSDAP die rechtskonservative DNVP und die linksradikale KPD, zusammen über eine negative Mehrheit im Reichstag. Mit der DNVP und anderen rechtskonservativen Kräften bildete sich um Adolf Hitler als Parteiführer der Nationalsozialisten Anfang 1933 eine neue, zur Macht drängende Kräftekonstellation. Am 30. Januar zum Reichskanzler ernannt, gelang es Hitler in kurzer Zeit, die demokratischen, rechtsstaatlichen und föderalen Strukturen der Republik zu zerstören und seine Diktatur durchzusetzen.

Bezeichnung

Gedenktafel zur namen- und verfassunggebenden Weimarer Nationalversammlung am Großen Haus des Deutschen Nationaltheaters in Weimar

Zeitgenössische Befürworter und Gegner der Republik sprachen vor allem von der Deutschen Republik. Die beiden sozialdemokratischen Parteien wollten in der Nationalversammlung 1919 diese Bezeichnung auch als Staatsnamen durchsetzen, weil sie den staatlichen Neuanfang betonen wollten und das Wort Reich wegen des darin mitschwingenden imperialen Anspruchs einen schlechten Klang im Ausland habe. Die liberalen Parteien, auch der Verfassungsrechtler Hugo Preuß wollten dagegen die Tradition des Staatsnamens Deutsches Reich beibehalten. Dem stimmten die Vertreter des Zentrums und die Deutschnationalen zu. Später allerdings vertraten Teile der Rechten die Auffassung, die Republik habe den alten Namen nicht verdient. Der erste Verfassungsartikel Das Deutsche Reich ist eine Republik war also ein Kompromiss.

Die Verbindung mit dem Stadtnamen Weimar wurde zunächst nur im Zusammenhang mit der Verfassung verwendet; erst 1929, zu deren zehnjährigem Jubiläum, sprachen rückwärtsgewandte Konservative, der Nationalsozialist Adolf Hitler und auch das Organ der Kommunisten von der Weimarer Republik. 1932 tauchte dieser Ausdruck aber auch in der republiktreuen Vossischen Zeitung auf.

Frühe Rückschauen auf die Republik verwendeten den Begriff ebenfalls selten. Arthur Rosenbergs Werk von 1935 hieß Geschichte der deutschen Republik. Spätere Neuausgaben dieses und anderer Bücher nutzten die Bezeichnung „Weimarer Republik“ im Titel oder im Untertitel. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sie sich in Publizistik und historischer Forschung allgemein durch. 1946 erschien das erste Werk mit dem Titel Weimarer Republik. Nach Gründung der Bundesrepublik wurde diese in analoger Anlehnung an den Ort der Verfassungsgebung vielfach als Bonner Republik, mitunter auch als „Zweite Republik“, im Gegensatz zur „Ersten Republik“ von Weimar, bezeichnet. Heute dienen die Begriffe Weimarer Republik, Bonner Republik und Berliner Republik der Unterscheidung zwischen den drei demokratischen Geschichtsepochen Deutschlands.[4]

Geschichte der Weimarer Republik

Gründung der Republik 1918/1919

Kurz vor Ausrufung der Republik: Der SPD-Politiker Philipp Scheidemann spricht aus einem Fenster der Reichskanzlei zum Volk, 9. November 1918
Scheidemann ruft auf dem Westbalkon (zweites Fenster nördlich des Portikus) des Reichstages die Republik aus.

Die gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die zur Entstehung der Weimarer Republik führten, wurden wesentlich von den am Ende des Ersten Weltkriegs in Deutschland eingetretenen innen- und außenpolitischen Konstellationen und Kräfteverhältnissen bestimmt. Bedeutsame Wirkungsfaktoren dabei waren

  1. das überraschende Eingeständnis der militärischen Niederlage durch die Oberste Heeresleitung (OHL)
  2. die dadurch energisch beschleunigte Umwandlung des Herrschaftssystems in eine parlamentarische Monarchie im Laufe des Oktobers 1918
  3. die von den gegen weitere Kriegseinsätze meuternden Matrosen in Gang gesetzte revolutionäre Bewegung der Soldaten und Arbeiter im November 1918 und
  4. die von Seiten der Mehrheitssozialdemokratie breit befürwortete und durch den Reichsrätekongress im Dezember 1918 beschlossene Errichtung einer parlamentarischen Demokratie.

Die Oktoberreform, nach der ein Reichskanzler künftig des Vertrauens der Reichstagsmehrheit bedurfte, war nicht nur als verfassungsstrukturelle Neuerung bedeutsam, sondern spiegelte in der gegebenen Lage auch unterschiedliche Motive: Man hoffte, indem man sich den von US-Präsident Woodrow Wilson formulierten Forderungen annäherte, auf mildere Friedensbedingungen. Der OHL aber ging es darum, die Verantwortung für einen gewiss schwierigen Friedensschluss auf die Volksvertreter abzuwälzen. Als die amerikanische Antwort auf das deutsche Waffenstillstandsbegehren im Kern auf die militärische Kapitulation des Deutschen Reiches und auf die Abdankung des Kaisers zielte, vollzog die OHL eine Kehrtwende und befahl den Truppen weiterzukämpfen. Auslösendes Moment der nachfolgenden Novemberrevolution war der Befehl der Seekriegsleitung vom 30. Oktober, die Hochseeflotte auslaufen zu lassen, der zwar die Zustimmung von Kaiser Wilhelms II. hatte, nicht aber die des Reichskanzlers Prinz Max von Baden. Anscheinend ging es der Seekriegsleitung darum, „die Machtverschiebung im Innern rückgängig zu machen und dem Militär wieder zu jener beherrschenden Stellung zu verhelfen, auf die es einen historischen Anspruch zu haben meinte.“[5]

Die Befehlsverweigerung und Erhebung der Marinesoldaten in Wilhelmshaven und Kiel gegen die sinnlos erscheinende Selbstaufopferung wurde für ganz Deutschland zu einem Revolutionssignal. Von Norddeutschland ausgehend, wurden vor allem in den Städten Arbeiter- und Soldatenräte gebildet, die der bisherigen Staatsgewalt als neue örtliche Machtorgane gegenübertraten. Bis Ende November 1918 hatten alle 22 Monarchen im Deutschen Reich förmlich abgedankt oder sich abgesetzt. In Bayern wurde unter Führung Kurt Eisners bereits am 7. November der Freistaat ausgerufen und eine Räterepublik gegründet. Tragende politische Kräfte der spontanen Rätebewegung waren hauptsächlich die Mitglieder und Anhänger der sozialdemokratischen Parteien MSPD und USPD. Sie erwiesen sich zu lokaler Selbstorganisation fähig, traten mit Forderungen nach Beendigung des Krieges und Obrigkeitsstaats sowie nach Humanisierung der militärischen Disziplin auf und etablierten sich als Ordnungsfaktor neben und anstelle der nicht mehr ausreichend legitimierten und auseinanderbrechenden staatlichen Macht.[6]

In Berlin überschlugen sich am 9. November 1918 die Ereignisse. Zunächst übertrug Prinz Max von Baden sein Reichskanzleramt dem MSPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert – ein Vorgang, der in der Verfassung so gar nicht vorgesehen war. Am selben Tag rief Eberts Parteifreund Philipp Scheidemann vom Balkon des Reichstags die „deutsche Republik“ auf parlamentarisch-demokratischer Linie aus; etwa gleichzeitig proklamierte der Sprecher des Spartakusbundes und spätere Mitgründer der KPD Karl Liebknecht im Berliner Tiergarten und etwa zwei Stunden später nochmals vom Balkon des Berliner Stadtschlosses die „freie sozialistische Republik“.

Um das Revolutionsgeschehen im Sinne der eigenen Ziele unter Kontrolle zu behalten, bot die MSPD der USPD die paritätische Beteiligung in einer provisorischen Revolutionsregierung an, dem Rat der Volksbeauftragten. Ebert hatte darin den Vorsitz und verständigte sich mit dem in die OHL-Führung aufgerückten General Wilhelm Groener über die wechselseitige Unterstützung zur Wiederherstellung geordneter Verhältnisse. Seine vorläufige Legitimation erhielt der Rat der Volksbeauftragten durch den ebenfalls eilends konstituierten Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Berlin. Die Grundsatzentscheidung über das künftige politische System in ganz Deutschland fiel auf dem Reichsrätekongress im Dezember 1918, der jeweils mit großer Mehrheit zum einen den Antrag ablehnte, am Rätesystem festzuhalten (also den Arbeiter- und Soldatenräten die höchste gesetzgebende und vollziehende Gewalt einzuräumen), und zweitens stattdessen für den 19. Januar 1919 Wahlen zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung anberaumte.

Zwar hatte man die Organisationsform der Arbeiter- und Soldatenräte aus der Russischen Revolution 1917 übernommen; die Errichtung der bolschewistischen Diktatur und der daraus entstandene russische Bürgerkrieg aber stellten für die deutschen Sozialdemokraten ganz überwiegend ein abschreckendes Beispiel dar.[7] Der insbesondere im Spartakusaufstand mobilisierte straßenkämpferische Widerstand gegen die Politik des Rats der Volksbeauftragten wurde im Januar 1919 mit Hilfe von Freikorpstruppen niedergeschlagen, die politischen Köpfe der Erhebung, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, am 15. Januar 1919 ermordet.

Dass die Verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung in Weimar zusammentrat, war wesentlich auf die anhaltend unruhige Lage in Berlin zurückzuführen; doch warb Ebert für diesen Tagungsort auch mit der Begründung, es werde wohl in der ganzen Welt als angenehm empfunden, „wenn man den Geist von Weimar mit dem Aufbau des neuen Deutschen Reiches verbindet.“[8] Die Aufgaben der Weimarer Nationalversammlung gingen von Anbeginn über die Rolle des Verfassungsgebers vielfältig hinaus, denn sie hatte zusätzlich alle Aufgaben eines Parlaments zu erfüllen. Dazu gehörten bereits im Februar 1919 die Wahl des Reichspräsidenten Friedrich Ebert und die Regierungsbildung. Hierbei konnte an die Reichstagskonstellationen noch zu Zeiten der Oktoberreform 1918 angeknüpft werden, da die Wahlen zur Nationalversammlung den Parteien MSPD, DDP und Zentrum, die nun die Weimarer Koalition bildeten, mit 329 von insgesamt 421 Abgeordneten zunächst eine äußerst komfortable Mehrheit verschafften. Auf dieser Basis wurde Philipp Scheidemann erster Regierungschef der Weimarer Republik.

Scheidemann selbst aber stellte diese Mehrheit auf eine harte Probe, als er sich im Mai und Juni 1919 kategorisch gegen die Unterzeichnung des Versailler Vertrags aussprach: „Welche Hand müsste nicht verdorren, die sich und uns in diese Fessel legt?“[9] Als sich abzeichnete, dass unter dem Druck des Ultimatums der Siegermächte eine Mehrheit auch der sozialdemokratische Abgeordneten für die Vertragsannahme votieren würde, trat er zurück. Sein Nachfolger wurde Gustav Bauer. Der Versailler Vertrag wurde in der Nationalversammlung am 22. Juni 1919 mit 237 gegen 138 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Mit der Schlussabstimmung über die Annahme der Verfassung am 31. Juli 1919 und ihrem Inkrafttreten am 14. August endete die Gründungsphase der Weimarer Republik. Nach bis zuletzt schwierigen Verhandlungen und Kompromissen hatten sich 265 Abgeordnete für die Weimarer Verfassung ausgesprochen und 75 dagegen; 86 Mitglieder der Nationalversammlung blieben der Abstimmung fern, überwiegend aus den Reihen der Weimarer Koalition.[10]

Frühe Krisenjahre (1919–1923)

Von Anfang war die junge Republik den Angriffen der extremen Rechten und Linken ausgesetzt. Die Linke warf den Sozialdemokraten wegen ihres Zusammengehens mit den alten Eliten Verrat an den Idealen der Arbeiterbewegung vor; die Rechte machte die Anhänger der Republik für die Niederlage im Ersten Weltkrieg verantwortlich, verunglimpfte sie als „Novemberverbrecher“ und unterstellte ihnen, sie hätten das im Felde unbesiegte deutsche Heer mit der Revolution von hinten erdolcht (→ Dolchstoßlegende).

Kapp-Putsch 1920 in Berlin: Soldaten der Marinebrigade Ehrhardt hissen die Kriegsflagge des Kaiserreichs mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot.

Der Kapp-Putsch vom März 1920 stellte die Republik auf eine erste Bewährungsprobe. Freikorps (welche gemäß Versailler Vertrag aufzulösen waren) besetzten unter der Führung von General von Lüttwitz das Berliner Regierungsviertel und ernannten den ehemaligen preußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp zum Reichskanzler. Die legale Regierung zog sich zunächst nach Dresden und anschließend nach Stuttgart zurück und rief von dort aus zum Generalstreik gegen die Putschisten auf. Der Putsch scheiterte rasch, nicht zuletzt an der Weigerung der Ministerialbürokratie, den Anordnungen Kapps Folge zu leisten. Die Reichswehr hingegen hatte sich als unzuverlässig erwiesen und abwartend verhalten gemäß der vom Chef des Truppenamtes Hans von Seeckt vertretenen Devise, dass Reichswehr nicht auf Reichswehr bzw. Truppe nicht auf Truppe schieße.[11]

Teile der Arbeiterschaft beließen es im Zuge des Kapp-Putsches nicht bei passivem Widerstand, sondern bewaffneten sich gegen die Putschisten. Speziell im Ruhrgebiet, wo die Unzufriedenheit über ausgebliebene Sozialisierungsmaßnahmen besonders hoch war, bildeten sich erneut Räte, die eine lokale Machtübernahme anstrebten. Im sogenannten Ruhraufstand kam es zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen der „Roten Ruhrarmee“ und Einheiten der Putschisten und nach dem Scheitern des Bielefelder Abkommens zur blutigen Niederschlagung des Aufstands durch entsandte Reichswehreinheiten und Freikorps. In Bayern dagegen führte der Kapp-Putsch zu einer antirepublikanischen Regierungsumbildung, die den Freistaat auf Dauer zur autoritären „Ordnungszelle“ innerhalb des Weimarer Gesamtstaates machte und zum Sammelbecken der rechtskonservativen und reaktionären Kräfte.

Ausdruck der eingetretenen scharfen politischen Polarisierung waren insbesondere die rechtsradikal motivierten Morde von Mitgliedern der Organisation Consul an wichtigen Repräsentanten der jungen Republik: an Matthias Erzberger 1921 und Walther Rathenau 1922, die man als willfährige „Erfüllungspolitiker“ in Bezug auf den Versailler Vertrag diffamiert hatte. Während Erzberger für die Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens 1918 angefeindet wurde, war Rathenau als Außenminister unter anderem für die Reparationsproblematik zuständig. Er hatte zudem durch den mit der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik geschlossenen Vertrag von Rapallo die äußere Isolierung Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg aufzubrechen gesucht. Doch auch als Jude zog er rechtsextremistischen Hass auf sich. Die in Trauerzügen für die Ermordeten massenhaft bekundete Solidarität zum einen und die Verabschiedung eines Republikschutzgesetzes zum anderen sollten den rechten Feinden des Weimarer Gemeinwesens Einhalt gebieten. Doch die kaiserzeitlich-konservativ geprägte Richterschaft trug mit milden Urteilen gegen ultrarechte Staatsverbrecher dazu bei, dass diese sich von ihrem Treiben nicht dauerhaft abhalten ließen.

Die politischen Weichenstellungen, die die Weimarer Republik 1923 an den Rand des Zusammenbruchs brachten, wurden sowohl in der deutschen wie in der französischen Politik gestellt. Die von den Sozialdemokraten geduldete Minderheitsregierung des parteilosen Reichskanzlers Wilhelm Cuno zielte in demonstrativer Fortsetzung des Kurses „Erst Brot, dann Reparationen!“ trotz anderer Möglichkeiten auf ein Zugeständnis der Alliierten, dass die deutsche Leistungsfähigkeit bei den Reparationen bereits überschritten war, während der französische Ministerpräsident Poincaré die Nichterfüllung der deutschen Reparationslieferungen als Hebel ansah, um die von englischer Seite in Versailles verweigerte Abtrennung des Rheinlands vom Deutschen Reich doch noch zu erreichen.[12]

Geldscheine zu einer Million Mark, als Notizblock verwendet, Oktober 1923
NSDAP-Versammlung im Bürgerbräukeller, ca. 1923

Nach der Feststellung unzureichender deutscher Kohlelieferungen durch die Reparationskommission marschierten am 11. Januar 1923 französische und belgische Truppen ins Rheinland ein. Gegen die Ruhrbesetzung wurde in Abstimmung mit der Reichsregierung vor Ort von deutscher Seite der passive Widerstand organisiert, wobei das Reich ohne produktiven Gegenwert sämtliche Ausfallkosten für die Unternehmen des besetzten Gebietes und deren Beschäftigte übernahm. Während auch die französische Seite bei der Besetzung eher draufzahlte als davon profitierte, entwickelte sich die deutsche Finanznot bis zum Sommer 1923 zunehmend dramatisch. Die Finanzierung des Ruhrkampfes und die Kompensation der dadurch bedingten Produktionsausfälle und Steuereinnahmenverluste allein durch Vermehrung des Banknotenumlaufs führten zu einer dramatisch beschleunigten Inflation, in der schließlich das Geld, das man in Form der Papiermark besaß, binnen eines Tages mehr als die Hälfte an Kaufkraft verlor. Angesichts der damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen bröckelte der Ruhrwiderstand, kam es mit der Rheinischen Republik zu einer wenn auch nur kurzzeitig erfolgreichen Abspaltungsbewegung und radikalisierten sich Teile der Lohnarbeiterschaft. In Sachsen und Thüringen führte das zu kommunistischer Regierungsbeteiligung unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten. Im Reichstag hatten die Sozialdemokraten der Regierung Cuno unterdessen die Tolerierung versagt und waren in eine Große Koalition unter dem DVP-Kanzler Gustav Stresemann eingetreten. Der beendete am 23. September 1923 den Ruhrwiderstand, um für die geplante und dringend nötige Währungsreform im Oktober / November 1923 einen Erfolg zu ermöglichen. Zum Umstellungsdatum am 15. November 1923 (1 Rentenmark = 1 Billion Papiermark bei 4,20 Rentenmark für den Dollar) war der Staat inflationsbedingt praktisch schuldenfrei, hauptsächlich auf Kosten seiner sparfreudigen Bürger. Zu den Inflationsgewinnern gehörten Sachwertbesitzer und diejenigen, die selbst hohe Schulden aufgenommen hatten: Sie konnten ihre Kredite mit entwertetem Geld bequem zurückzahlen.

Von der nationalistischen Rechten vor allem in Bayern wurde der Abbruch des Ruhrwiderstands als Landesverrat gebrandmarkt. Unter Bruch der Weimarer Verfassung wurde für Bayern der Ausnahmezustand ausgerufen und die vollziehende Gewalt auf Gustav Ritter von Kahr als Generalstaatskommissar übertragen. Die Reichswehr unter dem Chef der Heeresleitung General Hans von Seeckt, der in dieser Lage eigene, gegen die Linksparteien und den Weimarer Parlamentarismus gerichtete Regierungsambitionen entwickelte,[13] verhielt sich nur zu eigenen Bedingungen der Regierung Stresemann gegenüber loyal: Gegen die kommunistischen Regierungsbeteiligungen in Sachsen und Thüringen wurde eine „Reichsexekution“ (Art. 48 Abs. 1) vollzogen. Gegen Bayern aber war man nicht bereit vorzugehen. Hier wurde seitens von Kahr im Zusammenwirken mit dem bayerischen Wehrkreiskommandeur Otto von Lossow eine auf den Sturz der Reichsregierung zielende militärische Aktion vorbereitet. Der NSDAP-Führer Adolf Hitler, der nach dem Vorbild der italienischen Faschisten unter Benito Mussolini die eigene Hauptrolle für einen „Marsch auf Berlin“ beanspruchte, suchte sich die Rivalen in einem Gewaltstreich zu unterwerfen, scheiterte aber mit dem Hitler-Putsch am 9. November 1923. Mit diesem Zerwürfnis der rechtsgerichteten Kräfte untereinander aber war die von Bayern ausgehende Bedrohung der Republik insgesamt vorerst entschärft und der Weg frei für eine Währungsreform, die dem Weimarer Staat neue Chancen eröffnen sollte.

Relative Stabilisierung (1924–1929)

Auf die Ende 1923 abgewendete Katastrophe der Weimarer Republik folgte annähernd ein halbes Jahrzehnt der inneren Konsolidierung und der außenpolitischen Verständigung, allerdings ohne dass ein tragfähiges Fundament für diese parlamentarische Demokratie zustande kam. Mit der Anerkennung der Reparationsverpflichtung wurde zwar die Reintegration Deutschlands in das damalige Staatensystem und in die Weltmärkte gefördert, aber auch eine starke Abhängigkeit vom Zufluss amerikanischen Kapitals begründet: eine teils geborgte und nur scheinbare Stabilität.[14]

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

Rentenmark-Ausgabe am 15. November 1923

Eine wesentliche Grundlage der relativen Stabilisierung war die Neuregelung der Reparationsfrage durch den Dawes-Plan.[15] In ihm wurden ohne Festsetzung einer endgültigen Gesamtsumme die künftigen jährlichen Zahlungen im Hinblick auf Umfang, Zusammensetzung und Transfersicherung geregelt. Letztere sollte der amerikanische Finanzexperte Parker Gilbert als Reparationsagent gewährleisten, der in dieser Funktion zur Sicherung der Währungsstabilität auch auf die deutsche Steuer- und Finanzpolitik unmittelbar Einfluss nehmen konnte. Die lange ungewisse Annahme des Dawes-Plans im Reichstag – Teile der Rechten sprachen von „neuer Versklavung des deutschen Volkes“, die KPD von der Versklavung nicht nur des deutschen Proletariats[16] – brachte nach ihrem Zustandekommen der Weimarer Republik einen Zustrom amerikanischer Kredite aus Staatsmitteln wie auch von Privatanlegern, der einerseits als Anschubfinanzierung für die Reparationsdienste, andererseits als wirtschaftliche Wiederbelebungshilfe diente.

Die ökonomische Konsolidierung nach der Hyperinflation ging aber großteils zu Lasten von Lohnarbeiterschaft und wirtschaftlichem Mittelstand. Der Achtstundentag als eine soziale Haupterrungenschaft der Revolution 1918/19 wurde vielfach aufgeweicht und aufgegeben; die Beamtenschaft war von massiven Stelleneinsparungen und Gehaltskürzungen betroffen; Rationalisierung und Konzentrationsprozesse im großindustriellen Bereich wurden fortgesetzt und entzogen vielen kleinen und mittleren Betrieben die Existenzgrundlage. Die inflationsgeschädigten Sparer und Gläubiger blieben faktisch ohne nennenswerte Entschädigung.[17]

„Klassengesellschaft im Übergang“

Hans Bredow bei der Grundsteinlegung des neuen Funkhauses am Reichskanzlerplatz in Berlin 1929
Ein Tänzchen von Sechstagebummlern in den frühen Morgenstunden beim Berliner Sechstagerennen, 1927

Die in der Weimarer Verfassung enthaltenen sozialstaatlichen Garantieerklärungen standen zu den vielfachen Erfahrungen sozialen Abstiegs in auffälligem Kontrast und entfalteten nur eingeschränkte Wirkung. Immerhin konnten die als Kleinsparer durch die Inflation Verarmten oder wirtschaftlich Ruinierten ab 1924 eine staatlich organisierte Sozialfürsorge in Anspruch nehmen, die die vormalige Armenhilfe ablöste. Das neue System war allerdings gekennzeichnet durch „kleinliche Bedürftigkeitsprüfungen einer anonymen Sozialbürokratie“ und durch nur das Existenzminimum sichernde Zuwendungen.[18] In der kurzen Hochphase der gesamtwirtschaftlichen Erholung und des konjunkturellen Optimismus wurde 1927 die Arbeitslosenversicherung eingeführt, in mancher Hinsicht der „Höhepunkt des sozialen Ausbaus der Republik“, wenn auch nur einem Teil der Arbeitnehmer zugute kommend und Dauerarbeitslosigkeit nicht erfassend.[19]

Der Parlamentarismus der Weimarer Demokratie war Ausdruck einer von Klassen und Sozialmilieus stark geprägten und zersplitterten Parteienlandschaft, in der die Interessenvertretung der je eigenen Wählerklientel der Bereitschaft zum Kompromiss häufig enge Grenzen setzte. Dieses Klassen- und Standesbewusstsein in den jeweiligen Sozialmilieus gehörte zum Erbe der Kaiserzeit und wirkte fort, wurde aber auch teils überformt von einer sich in den 1920er Jahren ausbildenden konsum- und freizeitorientierten Massenkultur, als deren Triebkräfte neue Medien wirkten: Schallplatte, Film und Rundfunk. Ins Kino gingen und vor dem Radio saßen bald Menschen aller Klassen und Schichten. Die Massenkultur wies in Richtung Demokratisierung, was man von konservativer Seite als geistige Verflachung und Wertverfall auslegte. Gleichwohl wurden die Klassenfronten durch die Massenkultur allmählich aufgelockert: eine „Klassengesellschaft im Übergang“ also.[20]

Die ebenfalls auf Kaiserreich und Jahrhundertwende zurückgehende Entwicklung einer spezifischen Jugendbewegung und Jugendkultur ging vor dem Hintergrund von Weltkriegserfahrung und Revolution 1918/19 in eine neue Phase über: „Der ‚verlorenen Kriegsgeneration’ folgten die ‚überflüssigen’ Nachkriegsgenerationen.“[21] Ihnen gemeinsam war die Erfahrung schwierigster Bedingungen beim Einstieg in das Erwerbsleben, überdurchschnittlich häufiger Arbeitslosigkeit und besonderer Ungeschütztheit in sozialfürsorgerischer Hinsicht, was nicht zuletzt den akademischen Nachwuchs betraf. Neben der Rebellion gegen die ritualisierte Bürgerlichkeit der wilhelminisch geprägten Elternhäuser wandten sich viele Jugendliche auch gegen die in den zwanziger Jahren Einzug haltende „Amerikanisierung“ des Alltagslebens. Der romantischen Hinwendung zu Naturerlebnissen entsprach jedoch nicht notwendig eine reaktionäre Gesinnung. In der sozialdemokratischen Jugend ging man ebenso „auf Fahrt“ wie im bürgerlichen Wandervogel und sang zur Klampfe Lieder aus dem „Zupfgeigenhansl“. „Aus der Jugendbewegung führten Wege in mehr als ein politisches Lager und in mehr als eine Zukunft.“[22]

Kulturelle Freiheit und Vielfalt

Das Bild von den „Goldenen zwanziger Jahren“ reflektiert weniger den sich anbahnenden sozialen Wandel oder gar die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu Zeiten der Weimarer Republik, sondern eine neue Inspiriertheit und Freiheit in Kunst und Kultur. Unter dem Einfluss der expressionistischen Bewegung entfalteten sich eine faszinierende Vielfalt der Stile und ein „enormer Reichtum an Ideen und Fähigkeiten“: „In Kubismus, Futurismus, Dadaismus und anderen –ismen versuchten die Künstler dieser Zeit, sich an Radikalität und Experimentierfreude gegenseitig zu überbieten.“[23]

Hufeisensiedlung Berlin-Britz, 1925, Frühform des Sozialen Wohnungsbaus

Die Stabilisierungsphase der Republik ab 1924 wurde zur Ära der Neuen Sachlichkeit, deren Stil besonders von Vorstellungen und Erzeugnissen der Bauhaus-Kultur geprägt wurde. Der damit verbundene Trend zur „unpathetischen Gebrauchskunst“, die ihre Produkte ohne mäzenatische Förderung in einer demokratischen Gesellschaft zu vermarkten hatte, zeugte von einer „Versachlichung“ des gesamten Kunstbetriebs. Diese wirkte auch im öffentlichen Wohnungsbau, der bei nun reichlicher zur Verfügung stehenden Finanzierungsmitteln in der Aufschwungphase nach Mitte der 1920er Jahre vor allem in manchen Großstädten mit Reihenhäusern oder Zeilenbauten in die industrielle Serienherstellung überging: „bevorzugt wurden Stahl, Beton, Glas, Flachdächer und Weiß als Leitfarbe.“[24]

Labiles politisches System

Als Reichspräsident Ebert Anfang 1925 als 54-Jähriger infolge einer verschleppten Blinddarmentzündung verstarb,[25] unterlag in der Reichspräsidentenwahl 1925 der Kandidat der die Republik tragenden Parteien Wilhelm Marx gegen den Kandidaten der nationalistischen Rechten Paul von Hindenburg. Zwar erklärte dieser vorab, das Amt gemäß der Weimarer Verfassung führen zu wollen, und hätte damit unter günstigen Umständen die Akzeptanz der Republik im rechten Lager erhöhen können; doch zeigte sein Wahlerfolg andererseits, wie weit die Rechtsverschiebung des Wählerverhaltens seit den Weimarer Anfängen bereits fortgeschritten war.

Kommunisten demonstrieren Stärke: Zug des „Rotfrontkämpferbundes“, Berlin-Wedding 1927

So waren auch die beiden Reichstagswahlen im Mai und im Dezember 1924 für die 1919 so komfortabel gestartete Weimarer Koalition, die sich als „Bollwerk der Demokratie“ nur mehr in Preußen behauptete, neuerliche Misserfolge. Nur drei von sieben Regierungen in den Jahren 1924 bis 1929 hatten eine Mehrheit im Reichstag. Das begünstigte jenes staatsautoritäre und republikfeindliche Denken, das von parlamentarischer Demokratie ohnehin nichts hielt und entweder im Geiste einer Konservativen Revolution obrigkeitsstaatliche Lösungen anstrebte oder das Weimarer System durch eine Proletarische Revolution zu beseitigen trachtete. Die Schwäche des Reichstags verschaffte zudem den außerparlamentarischen Kampfbünden eine anhaltende Bedeutung und politische Funktion, die neben der Reichswehr fortbestanden. Als wichtigste paramilitärische Formation dieser Art entwickelte sich der Stahlhelm, neben dem in den späteren Jahren die nationalsozialistische SA an Bedeutung zunahm. Um den rechten Wehrverbänden für ihre Machtdemonstrationen die Straßen und Säle nicht allein zu überlassen, schufen die republiktreuen Parteien aus ihren Reihen das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold als Kampfbund-Gegengewicht. Auf der äußersten Linken stand der Rotfrontkämpferbund.

Propagandawagen zur Fürstenenteignung 1926

Die in der Weimarer Verfassung vorgesehenen plebiszitären Elemente Volksbegehren und Volksentscheid kamen nur gelegentlich zur Anwendung. Innenpolitisch bedeutsam waren vor allem Volksbegehren und Volksentscheid zur Fürstenenteignung, von der KPD auf den Weg gebracht und von der SPD unterstützt. Die DNVP beschwor im Vorfeld der Abstimmung die Gefahr des Bolschewismus; das rechte bürgerliche Lager sah das Privateigentum als solches gefährdet. In rhetorischer Zuspitzung wurde die Alternative „Republik oder Monarchie“ zum Gegenstand einer Abstimmung erklärt, in der tatsächlich nur prinzipielle Erstattungsansprüche der durch die Novemberrevolution enteigneten deutschen Fürsten verneint oder bejaht werden konnten. Den Gegnern der Fürstenenteignung verhalf bereits ein Boykott der Abstimmung zum allerdings wenig überzeugenden Erfolg, indem das Quorum (Teilnahme der Mehrheit aller Stimmberechtigten an der Abstimmung) nicht erreicht wurde. Dass jedoch im Juni 1926 trotz widriger Rahmenbedingungen vor allem im ländlichen Bereich 14,5 Millionen Stimmen (36,4 %) für die Fürstenenteignung zusammenkamen – zu beträchtlichen Anteilen von Anhängern der bürgerlichen Parteien –, könnte bedeuten, dass eine Bevölkerungsmehrheit für die Republik und gegen die konservativen Eliten stand.[26]

Zu einer Stabilisierung der Weimarer Republik auf parlamentarischer Grundlage hätte nach der Reichstagswahl 1928 die Bildung der Großen Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller führen können, die von einer Reichstagsmehrheit getragen wurde. Dass es dazu nicht kam, lag nur zum Teil an den von vornherein stark divergierenden Positionen von SPD und DVP etwa in der Panzerkreuzer-Debatte. Es waren letztlich die von der hereinbrechenden Weltwirtschaftskrise hervorgerufenen Finanzierungsprobleme des sozialen Sicherungssystems, bei denen die Gegensätze unüberbrückbar wurden.

Außenpolitik der Verständigung

Bei allen zwischen 1923 und 1928 häufigen Personenwechseln im Reichskanzleramt und in den Regierungskabinetten gab es dennoch in Außenminister Gustav Stresemann eine wirkungsmächtige personelle Konstante, bis auch dieser sich wie vor ihm Ebert im Amt gesundheitlich aufgerieben hatte und 1929 verstarb. Mit dem von ihm selbst bezeugten Wandel vom „Herzensmonarchisten“ zum „Vernunftrepublikaner“ übte Stresemann nicht nur als Reichskanzler 1923, sondern während der gesamten Dauer seiner Regierungsmitwirkung einen stabilisierenden Einfluss auf die politische Entwicklung der Republik aus.

Stresemann vor der Vollversammlung des Völkerbunds, 1926

Die Lösung aus den Fesseln des Versailler Vertrags strebte er ausschließlich mit friedlichen Mitteln auf dem Wege der Verständigung an, ohne aber langfristige Revisionsabsichten etwa hinsichtlich an Polen abgetretener Gebiete aufzugeben. Indem er 1925 die Initiative zu den Locarno-Verträgen ergriff, die Verständigung mit Frankreich erreichte und Deutschland 1926 eine gleichberechtigte Stellung im Völkerbund sicherte, führte er die Weimarer Republik aus der Isolation. Mit dem Berliner Vertrag wurde aber auch für ein weiterhin unbelastetes Verhältnis zur Sowjetunion gesorgt. Die von der Locarno-Politik deutscherseits erwarteten günstigen Auswirkungen kamen immerhin teilweise auch zustande: Noch 1925 wurde die erste Rheinlandzone geräumt; die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen wurden durch Abkommen ausgebaut; und die interalliierte Militärkommission zur Überwachung der deutschen Abrüstung verließ 1927 Deutschland. Bei den Verhandlungen zum Briand-Kellogg-Pakt spielte Stresemann 1928 eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den USA und Frankreich.[27]

Als 1928/29 erstmals die Dawes-Plan-Reparationsrate in voller Höhe belastend anstand, wurde im Young-Plan die Frage einer möglichen Erleichterung verbunden mit dem Vorhaben einer endgültigen Regelung der Reparationsfrage. Statt der im Dawes-Plan vorgesehenen Annuität von 2,5 Milliarden Reichsmark sollten nun in den folgenden 59 Jahren durchschnittlich 2 Milliarden gezahlt werden, zu Anfang 1,7 Milliarden. Vor allem die über Generationen sich erstreckende Dauerbelastung war für die nationalistische Rechte in ihrer Agitation gegen die Weimarer Republik propagandistischer Zündstoff. DNVP und NSDAP führten ein knapp erfolgreiches Volksbegehren und einen an der Abstimmungsbeteiligung überdeutlich scheiternden Volksentscheid gegen den Young-Plan durch, mit dem die Nationalsozialisten sich allerdings propagandistisch profilieren und als führende Kraft am rechten Rand des politischen Parteienspektrums darstellen konnten.[28]

Vor dem Untergang: Die Ära der Präsidialkabinette (1930–1933)

Verfassungsfeier im Berliner Stadion, 11. August 1929

Nach der Großen Inflation 1923 bewirkte wenige Jahre später das Hereinbrechen der Weltwirtschaftskrise die zweite existenzielle Krise der Weimarer Demokratie, an der sie zugrunde gehen sollte. Mitentscheidend dabei war der sich weiter verstärkende Zug zur Aushöhlung des parlamentarischen Systems, dessen Kernkompetenzen – Regierungsbildung und Gesetzgebung – überlagert und ersetzt wurden durch Befugnisse des Reichspräsidenten. In den Präsidialkabinetten der Reichskanzler Brüning, von Papen und von Schleicher wurden die zur Krisenbewältigung als Notbehelf vorgesehenen verfassungskonformen politischen Durchgriffsrechte des Reichspräsidenten (Notverordnungen, Einsetzung des Reichskanzlers, Auflösung des Reichstags) zu Regelinstrumenten, die mehr und mehr in demokratiewidriger Stoßrichtung zur Anwendung kamen. Begünstigt wurde diese Entwicklung in der soziökonomischen Dauerkrise von einer zunehmenden Radikalisierung des Wählerverhaltens, die in der zweiten Jahreshälfte 1932 zu einer Mehrheit der republikfeindlichen Extremisten im Reichstag führte.

Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in Deutschland

Armenspeisung 1931 in Berlin: Gulaschkanone der Reichswehr

Der die Weltwirtschaftskrise einleitende Kurssturz am Schwarzen Donnerstag der New Yorker Börse im Oktober 1929 hatte in Deutschland besonders gravierende Auswirkungen, weil die amerikanischen Kapitalanleger, die zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Weimarer Republik auf der Grundlage des Dawes-Plans wesentlich beigetragen hatten, sich nun zurückhielten und investierte Kreditmittel in mehreren Wellen abzogen. Mit der einsetzenden Geldmittelknappheit stockte der Absatz auf dem Inlandsmarkt ebenso wie der Export, da sich nun allgemein protektionistische Abschottungsmaßnahmen gegen ausländische Konkurrenz breit machten. So wurde eine wirtschaftskonjunkturelle Abwärtsspirale in Gang gesetzt, in der eine massiv rückläufige Produktion zu Massenentlassungen führte und sinkende Massenkaufkraft den Absatz weiter einbrechen ließ. Im Verhältnis zum Höchststand 1927/28 ging die Industrieproduktion insgesamt um mehr als 43 Prozent zurück, die Stahlerzeugung sogar um 65 Prozent. Die Investitionstätigkeit kam praktisch zum Erliegen.[29]

Zugleich wurde die anschwellende Massenarbeitslosigkeit zur wachsenden Belastung und finanziellen Überforderung des sozialen Sicherungssystems, das eben erst um die Arbeitslosenversicherung erweitert worden war. Jeweils bezogen auf den Monat Januar stieg die Anzahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen von 2,85 Millionen 1929 über mehr als 3,2 Millionen 1930 und annähernd 4,9 Millionen 1931 bis auf über 6 Millionen 1932.[30] Nur noch 12 Millionen Menschen arbeiteten regulär. In den von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Großstädten begegnete man auf der Straße Dauerarbeitslosen mit Schildern: „Suche Arbeit um jeden Preis“; es gab Menschen auf der Suche nach billigen Schlafplätzen für Stunden, weil sie keine dauerhafte Unterkunft bezahlen konnten, und Andrang in Wärmehallen seitens derer, die kein Geld für Heizmaterial erübrigen konnten.[31] Im Sommer 1931 kulminierten Kredit- und Staatsfinanzkrise in einem Ansturm auf die Bankinstitute, wo Gläubiger ihre Einlagen zurückforderten. Nach zwei Bankfeiertagen (Schließtagen) am 14. und 15. Juli konnte durch die Gründung einer Garantiebank und durch eine per Notverordnung durchgesetzte Bankenhaftungsgemeinschaft die Lage mit Hilfe einer verstärkten staatlichen Aufsicht über das Kreditwesen vorläufig stabilisiert werden. Die Zuspitzung war eingetreten, nachdem der Plan einer deutsch-österreichischen Zollunion ruchbar geworden war, mit der das im Vertrag von Saint-Germain 1919 festgelegte Anschlussverbot Deutschösterreichs an das Deutsche Reich unterlaufen werden sollte. So bewirkte die Pleite der österreichischen Creditanstalt, dass als Reaktion darauf auch in Deutschland eine neue Rückrufwelle ausländischen Kapitals die ohnehin gebeutelte Republik heimsuchte.[32]

Denn parallel zur Krise um die österreichische Creditanstalt wurde bekannt, dass Karstadt in Geldnöten steckte, ebenso die Nordstern-Versicherung. Dem Zusammenbruch des Nordwolle-Konzerns folgte die Krise seines Hauptgeldgebers, der Darmstädter und Nationalbank, die damals eine der größten deutschen Geschäftsbanken war. Binnen weniger Tage konnte die Bank dem Ansturm ihrer Anleger nicht mehr standhalten und schloss am 13. Juli ihre Schalter. Die Dresdner Bank, die ebenfalls mit Krediten für die Nordwolle schwer belastet war, behauptete am 11. Juli 1931, nicht in Gefahr zu sein – und war drei Tage später gleichfalls am Ende. Nach den beiden allgemeinen Bankfeiertagen vom 14. und 15. Juli wurden Abhebungen zunächst nur für dringlichste Geschäfte zugelassen, etwa für die Zahlung von Gehältern. Unterdessen wurden die am meisten gefährdeten Banken mit Geld versorgt. Kredite für die Wirtschaft wurden von Staats wegen verbilligt und die Verzinsung laufender Anleihen reduziert. Mit groß angelegten Interventionen, darunter die Übernahme und Umstrukturierung großer Banken, gelang es der Regierung, den Kollaps des deutschen Finanzsystems zu verhindern. Die fortschreitende Verunsicherung und politische Vertrauenskrise in der Bevölkerung war damit aber nicht zu beheben.

Brünings Deflationspolitik

Heinrich Brüning, um 1930
Vom Ende der Großen Koalition bis zum NSDAP-Wahldurchbruch

Die politische Sprengkraft der Weltwirtschaftskrise in Deutschland zeigte sich schon beim Auseinanderbrechen der Großen Koalition im März 1930 über dem Problem der Lastenverteilung bezüglich der immer stärker unter Kostendruck geratenden sozialen Sicherungssysteme. Nachdem die Bemühungen des Finanzexperten der Zentrumspartei Heinrich Brüning, der das Vertrauen Hindenburgs besaß, um einen Kompromiss zwischen den Koalitionsflügelparteien SPD und DVP gescheitert waren und die Regierung Hermann Müller am 27. März 1930 zurückgetreten war[33], wurde Brüning am 30. März durch Hindenburg zum Reichskanzler ernannt und überstand am 3. April mit Hilfe der DNVP einen von der SPD eingebrachten Misstrauensantrag. Dass Brüning jedoch von Anbeginn als Regierungschef in einem zunächst noch verdeckten Präsidialregime fungierte[34], zeigte sich im Juli 1930, als seine Regierung mit Beitragserhöhungen zur Arbeitslosenversicherung und Steuererhöhungen zur Deckung des Haushalts eine Reichstagsmehrheit suchte. Da diese wegen gespaltenen Abstimmungsverhaltens in der DNVP verfehlt wurde, kam die Regierungsvorlage danach noch einmal als Notverordnung des Reichspräsidenten vor den Reichstag. Als dieser ebenfalls auf der Grundlage von Art. 48 WRV am 18. Juli 1930 von seinem Recht Gebrauch machte, die Notverordnung außer Kraft zu setzen, verlas Brüning noch in derselben Sitzung die vorbereitete Verordnung Hindenburgs zur Auflösung des Reichstags gemäß Art. 25 WRV. Bis zu den Neuwahlen am 14. September konnte sich das Notverordnungsregime daraufhin ungehindert entfalten.

Der aufsehenerregende Wahlerfolg der NSDAP bei der Reichstagswahl 1930, für den es allerdings Vorzeichen auf Länderebene gegeben hatte, war auf mehreren Ebenen folgenreich:

  • Die Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung wurde durch das Erstarken der Extremisten immer unwahrscheinlicher.
  • Die zunehmend unsicheren politischen Verhältnisse führten zu vermehrtem Rückruf und Abfluss von Auslandskapital, was den wirtschaftlichen Abschwung noch verstärkte.
  • Die Sozialdemokraten (nur sie hatten nach dieser Wahl noch mehr Reichstagsmandate als die NSDAP) entschlossen sich unter dem Eindruck dieser Entwicklung, Brünings Notverordnungspolitik bis auf Weiteres zu tolerieren, um noch Schlimmeres zu verhüten.
Sparen bis zum Äußersten

Nachdem im Frühjahr 1931 aufkeimende Hoffnungen auf eine konjunkturelle Wiederbelebung sich mit der Bankenkrise im Sommer zerschlagen hatten und der Kapitalmangel auch für den Staatshaushalt zu immer größeren Defiziten geführt hatte, nahm Brünings Spar- und Deflationspolitik immer härtere Konturen an. In seine Amtszeit fielen mehrfache Erhöhungen der Lohn und Einkommenssteuer, der Umsatzsteuer sowie diverser Verbrauchssteuern, dazu die Einführung neuer Steuerarten wie „Krisensteuer“ und „Bürgersteuer“. Parallel dazu wurde eine rigide Sparpolitik der öffentlichen Hand verordnet mit der Folge, dass sie auch in Ländern und Gemeinden als Abnehmer von Gütern und Dienstleistungen weitgehend ausfiel: Seit Oktober 1931 durften keine öffentlichen Gebäude mehr errichtet werden; Mittel für Reparaturen und Anschaffungen wurden nur freigegeben, wenn Menschenleben unmittelbar gefährdet waren.[35]

Die weiter ansteigende Massenarbeitslosigkeit verursachte – trotz geminderter Unterstützungsdauer und in der Höhe abgesenkter Leistungsansprüche bei der Arbeitslosenversicherung sowie ständiger Kürzungen bei der nachgelagerten Sozialfürsorge – fortlaufende Deckungslücken im Staatshaushalt, die auch durch eine radikale Zurückführung der Staatsausgaben nicht geschlossen werden konnten. Dennoch ging Brüning von seinem Kurs nicht ab, den er einerseits wegen der zurückliegenden Inflationserfahrung als alternativlos darstellte und den er andererseits für allein geeignet hielt, das Ausland davon zu überzeugen, dass Deutschland die Reparationen unter solchen Umständen nicht mehr zu leisten in der Lage sei und dass sie folglich ganz erlassen werden müssten. So brachte auch das Hoover-Moratorium zur Stundung der internationalen Zahlungsverpflichtungen, das im Sommer 1931 parallel zur deutschen Bankenkrise in Kraft trat und die Aussetzung der Reparationszahlungen auf ein Jahr gewährte, keine Wende in Brünings Deflationspolitik. Mit der Möglichkeit eines endgültigen Verzichts auf Reparationen rechnete er erst Anfang 1933, nach der nächsten US-Präsidentschaftswahl.[36]

Beschäftigungspolitische Aktivierungsmaßnahmen blieben ohne zureichende Finanzierungsmittel in den Ansätzen stecken. Über „fragwürdige Palliative“[37] wie die Einführung eines freiwilligen Arbeitsdienstes und geringfügige Notstandsarbeiten kam man nicht hinaus. Dabei verhinderte speziell die überproportionale Jugendarbeitslosigkeit die soziale und politische Integration eines beträchtlichen Teils der Nachwachsenden und ließ die gesellschaftliche Militanz insbesondere in KPD und NSDAP schnell anwachsen.[38] Mit seinem unnachgiebigen Sparkurs stieß Brüning zunehmend auf Unverständnis in der Öffentlichkeit und teils auch im eigenen Kabinett, wo Arbeitsminister Adam Stegerwald im März 1932 meinte, man müsse in diesem Frühjahr den Leuten durch Arbeitsbeschaffung Erleichterung verschaffen, sonst werde die Regierung den Sommer nicht überstehen.[39] Brüning dagegen beschwor noch kurz vor seiner Entlassung die Richtigkeit der seit 1930 verfolgten Strategie und verkündete im Reichstag gegen die Nationalsozialisten gewendet, er werde nicht den Fehler machen, „an den letzten hundert Metern vor dem Ziel“ innenpolitisch die Ruhe zu verlieren.[40]

Glücklos entlassen

Je länger der wirtschaftliche Abschwung anhielt, ohne dass die Regierung Brüning trotz aller verordneten Härten Erfolge erzielte, desto weniger Rückhalt hatte sie in gesellschaftlichen Interessengruppen und Parteien. Umso mehr war der Reichskanzler aber auf Hindenburgs Gunst angewiesen und musste sich ihm gefällig erweisen[41], etwa im Zuge einer Kabinettsumbildung im Oktober 1931, mit der eine deutlichere Orientierung ins rechte Spektrum signalisiert werden sollte, ohne dass aber die Tolerierung durch die SPD verspielt werden durfte. Dabei kam dem Reichstag in dieser Phase faktisch nur mehr die Rolle zu, „jeweils nach Erlaß eines Notverordnungsbündels den Mißtrauensanträgen von rechts und links zu widersprechen.“[42]

Insgesamt 109 Notverordnungen in Brünings Regierungszeit standen lediglich 29 vom Reichstag ordentlich verabschiedete Gesetze gegenüber. Auch die Kontrollfunktion des Reichstags wurde drastisch beschnitten, indem er durch häufige Vertagungen zu immer weniger Sitzungen zusammenkam. Bis zu Brünings Sturz Ende Mai waren es im Jahre 1932 nur noch acht Sitzungstage.[43] Doch auch gegen die Mitwirkungsrechte der Länder suchte Brüning das Präsidialregime abzuschirmen und betrachtete die allgemeine Finanznot als Hebel zu ihrer Entmachtung. Speziell die Sonderstellung Preußens erforderte Rücksichten, die es künftighin durch eine „Verreichlichung“ und durch die Abschaffung des preußischen Landtags abzustreifen galt.[44]

Gautreffen der Nationalsozialisten, 1931 in Braunschweig

Eine von Hindenburg favorisierte Erweiterung der parlamentarischen Tolerierung des Präsidialregimes nach rechts außen scheiterte am radikal antirepublikanischen Kurs nicht nur der NSDAP unter Hitler, sondern auch der unterdessen von Alfred Hugenberg geführten DNVP. Bei der Bildung der Harzburger Front im Oktober 1931 rivalisierten beide um die Führungsrolle in der „nationalen Opposition“. Wiederum gemeinsam verweigerten sie Brüning die Zustimmung zu dem Plan, Hindenburgs Amtszeit per Zweidrittelmehrheitsbeschluss des Reichstags um zwei Jahre zu verlängern (ein Verfahren, das zu Eberts Gunsten 1923 funktioniert hatte). So musste Hindenburg mangels erfolgversprechender anderer Kandidaten von Brüning überredet werden, sich mit Unterstützung der republiktreuen Parteien erneut zur Wahl zu stellen, während die KPD Ernst Thälmann aufstellte und die „nationale Opposition“ mit Theodor Duesterberg für DNVP und Stahlhelm sowie Hitler für die NSDAP gleich zwei Kandidaten stellte. Als Hindenburg knapp die absolute Stimmenmehrheit verfehlte und sich in einem zweiten Wahlgang wieder nur mit Unterstützung der ungeliebten Sozialdemokraten gegen Hitler behauptete, machte er dafür Brüning verantwortlich. Auch widerstrebte dem Reichspräsidenten das von der Regierung mit Blick auf die Boxheimer Dokumente und das offensive Auftreten der NS-Verbände im April 1932 verhängte Verbot von SA und SS, das auch Hindenburg selbst verschärften Attacken seitens der „nationalen Opposition“ aussetzte.

Den letzten Anstoß zur Entlassung Brünings gaben die Ostsiedlungspläne seiner Regierung, wonach der Reichsarbeitsminister und der Reichskommissar für die Osthilfe dafür sorgen sollten, dass nicht mehr entschuldungsfähige große ostpreußische Güter vom Staat erworben und zur Ansiedlung landloser Bauern verwendet würden: eine Form der Arbeitsbeschaffung im ländlichen Bereich. Dagegen intervenierten aber die Sprecher der dortigen Großgrundbesitzer bei Hindenburg, dem Standesgenossen und Eigentümer von Gut Neudeck, bei dem sie nicht umsonst mit Verständnis für ihre Kampagne gegen „agrarbolschewistische“ Tendenzen bzw. gegen das „Abgleiten in den Staatssozialismus“ rechneten. Hindenburg verweigerte daraufhin den Erlass der diesbezüglichen Verordnung und ließ Brüning wissen, dass nun für ein rechtsgerichtetes Kabinett auf Reichsebene gesorgt werden müsse, das die Nationalsozialisten zu dulden bereit wären, wenn sie nach ihrem gerade errungenen Erfolg bei den preußischen Landtagswahlen dort in die Regierung kämen. Indem Brüning darin wie auch im bloßen Weiterwirken als Außenminister für sich keine annehmbare Perspektive sah, entließ ihn Hindenburg am 30. Mai 1932.[45]

Von Papens autoritäre Offensive

Das Kabinett Papen; stehend v.l.: Gürtner (Justiz), Warmbold (Wirtschaft), von Schleicher (Reichswehr); sitzend v.l.: von Braun (Ernährung, Landwirtschaft), von Gayl (Inneres), von Papen (Kanzler), von Neurath (Äußeres); es fehlen: von Krosigk (Finanzen), Schäffer (Arbeit), von Eltz-Rübenach (Verkehr, Post)

Die Weichen für den Nachfolger Brünings als Reichskanzler wurden vornehmlich durch den als engen Mitarbeiter von Reichswehrminister Wilhelm Groener zu Einfluss gelangten General Kurt von Schleicher gestellt, der seit Ende der 1920er Jahre zu einem wichtigen Berater Hindenburgs geworden war. Er hatte sich seinerzeit bereits für Brüning als Kanzler verwendet, schlug nun den als hochkonservativ geltenden Zentrumspolitiker Franz von Papen als Reichskanzler vor und traf eine Ministervorauswahl für die Kabinettsbildung. In der wegen Brünings Entlassung aufgebrachten Zentrumspartei kam von Papen seinem Ausschluss durch Austritt zuvor, sodass das mit zahlreichen Adelsprädikaten durchsetzte „Kabinett der Barone“ schließlich aus lauter Parteilosen bestand, nachdem auch einige vormals der DNVP angehörige Minister aus ihrer Partei ausgetreten waren. Die als „Kabinett der nationalen Konzentration“ firmierende neue Regierung setzte sich betont vom Parteienparlamentarismus ab. In seiner über Rundfunk abgegebenen Regierungserklärung wetterte von Papen gegen die „Misswirtschaft der Parlamentsdemokratie“ sowie einen „sich ständig steigernden Staatssozialismus“ und „Kulturbolschewismus“.[46] Man trug sich im Kabinett mit Plänen für einen Verfassungsumbau, der u. a. anstelle des Reichsrats ein Oberhaus mit vom Reichspräsidenten auf Lebenszeit ernannten Honoratioren vorsah und der die Rechte des Reichstags durchgreifend reduzieren sollte.[47]

Vor allem gegen Preußen richtete sich der Angriff auf die politischen Mitwirkungsrechte der Länder. Hier waren seit den Landtagswahlen im April 1932 die Nationalsozialisten zur mit Abstand stärksten politischen Kraft geworden, hätten eine Mehrheitsregierung aber nur mit dem Zentrum bilden können, das sich weigerte, einen nationalasozialistischen Ministerpräsidenten zu wählen. So blieb die Regierung der Weimarer Koalition unter dem Sozialdemokraten Otto Braun als Minderheitsregierung geschäftsführend im Amt, bis der Altonaer Blutsonntag, an dem eine Demonstration der durch das Papen-Kabinett wieder zugelassenen SA zu brutalen Zusammenstößen mit protestierenden Kommunisten führte, der Reichsregierung den Vorwand lieferte, im Preußenschlag unter Verhängung des Ausnahmezustands selbst die Kontrolle über Regierung, Behörden und Polizei dieses mit Abstand größten und wichtigsten Landes zu übernehmen.

Außenpolitisch konnte von Papen bald den Erfolg verbuchen, der Brünings Kurs durchgängig bestimmt hatte: eine dauerhaft entlastende, abschließende Regelung der Reparationszahlungen auf der Konferenz von Lausanne. Danach erweiterte die Regierung den Finanzierungsrahmen für die betriebliche Arbeitsbeschaffung und erlaubte eine drastische Unterschreitung der Tariflöhne in Unternehmen, die Arbeitskräfte einstellten. So wurde das Kabinett von Papen im Spätsommer 1932 für die meisten Unternehmer zur Wunschregierung.[48] Bei Lohnempfängern und Arbeitslosen hingegen war die Erbitterung gegen die neue Regierung groß, die vordem bereits die Leistungsdauer der Arbeitslosenversicherung von 20 auf 6 Wochen zurückgenommen hatte und die Arbeitslosen anschließend der Sozialfürsorge überließ, die das Existenzminimum nicht einmal annähernd gewährleistete. Sehr oft konnten Arbeitslose die Wohnungskosten nicht mehr aufbringen; und in vielen Familien wurde auch das Ernährungsminimum deutlich unterschritten. Massenhaft waren 1932 ganze Familien bei der Suche nach Arbeit obdachlos auf der Landstraße unterwegs.[49]

Gleichzeitig verlagerte sich auch die politische Auseinandersetzung verstärkt von den entmachteten Parlamenten auf die Straße, wo neben den rechts- und linksextremen Kampfbünden auch die Eiserne Front der Republiktreuen sich zu behaupten suchte. Im Zeichen der Straßenaufmärsche und gewaltsamen Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten stand auch der Wahlkampf für die Reichstagswahl vom 31. Juli 1932, die den untereinander verfeindeten und republikfeindlichen Parteien NSDAP und KPD eine in der Summe ablehnende Mehrheit im Reichstag verschafften. Hitler, der sich aufgrund des Wahlergebnisses bereits auf dem Sprung ins Kanzleramt wähnte, wurde allerdings von Hindenburg die Berufung unter Hinweis auf die diktatorische Ausrichtung der NSDAP versagt. Von Papen, dem der Reichstag nahezu geschlossen das Misstrauen aussprach, verblieb nach erneuter Reichstagsauflösung im Amt. Doch auch dessen Plänen, erneute Reichstagswahlen unter Bruch der Verfassung vorerst nicht anzusetzen, verweigerte sich Hindenburg, möglicherweise beeindruckt vom Planspiel Ott.

Von Schleichers misslungene Querfront

General Kurt von Schleicher geht zur Wahl, 5. März 1933

Als die Reichstagswahl vom 6. November 1932 der NSDAP zwar Verluste statt neuerlicher Zuwächse brachte, an der bisherigen Konstellation aber nichts grundlegend änderte – Hitler stand nach wie vor als Vizekanzler nicht zur Verfügung –, bot sich der bis dahin im Hintergrund die Fäden ziehende Reichswehrminister von Schleicher mit einem neuen Konzept zur populären Verankerung der Präsidialregierung dem Reichspräsidenten als Kanzler an. Hindenburg ging angesichts der allseits mangelnden Unterstützung für von Papen darauf ein. Von Schleichers Ansatz zielte parteiübergreifend auf die Gewinnung der Gewerkschaften und der jeweiligen Arbeitnehmerflügel in den Parteien für eine nun stärker auf Arbeitsbeschaffung und Jugendbeschäftigung gerichtete Politik. Dabei setzte von Schleicher seine Hoffnungen auch auf den gewerkschaftlich orientierten Flügel der NSDAP unter Gregor Strasser, dem er am 3. Dezember die Vizekanzlerschaft und zugleich das Amt des preußischen Ministerpräsidenten anbot. Obwohl die NSDAP tags darauf bei den Landtagswahlen in Thüringen einen Stimmenverlust von mehr als 40 Prozent erlitt, was Strasser in der Meinung bestärkte, dass die NSDAP sich neu orientieren müsse, fügte er sich der Direktive Hitlers, als der sich seinen Vorstellungen energisch widersetzte, nahm Urlaub und legte alle Parteiämter nieder.[50]

Damit war von Schleicher im Grunde bereits wenige Tage nach Beginn seiner Kanzlerschaft gescheitert, denn den Sozialdemokraten galt der wendige General als nicht vertrauenswürdig und die Industrieverbände beobachteten argwöhnisch seine Öffnung hin zu den Gewerkschaften. Von Papen, den er als Botschafter nach Paris hatte wegloben wollen, war Hindenburgs Wunsch folgend in Berlin geblieben und nahm neuerlich Kontakt zu Hitler auf, um Möglichkeiten einer gemeinsamen Regierungsübernahme auszuloten. Von Schleicher suchte nun seinerseits mit Unterstützung des Kabinetts Hindenburg davon zu überzeugen, dass nur die Ausrufung des Staatsnotstands, die Auflösung des Reichstags und der Aufschub von Reichstagsneuwahlen bis zum Herbst 1933 die Krise der Präsidialregierungen zu beenden geeignet sei. Dies verweigerte ihm Hindenburg aber ebenso, wie er es auf von Schleichers Betreiben vordem von Papen verweigert hatte. [51]

Ende im Zeichen der nationalsozialistischen Machtübernahme

Adolf Hitler redet vor dem Deutschen Reichstag zum Ermächtigungsgesetz, 23. März 1933

Dem Treffen von Papens mit Hitler im Haus des Kölner Bankiers Kurt von Schröder am 4. Januar 1933 folgten weitere, zuletzt in Anwesenheit Otto Meißners, des Staatssekretärs des Reichspräsidenten, sowie Oskars von Hindenburg, der als Sohn des Reichspräsidenten ebenfalls zu den Beratern in der Kamarilla Paul von Hindenburgs gehörte. Man vereinbarte eine Koalitionsregierung aus Deutschnationalen und NSDAP, der außer Hitler nur zwei weitere Nationalsozialisten, nämlich Wilhelm Frick als Innenminister und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich (und kommissarischer preußischer Innenminister), angehören sollten. Von Papen selbst war als Vizekanzler und Reichskommissar für Preußen vorgesehen.

Der 86-jährige Reichspräsident, der sich lange gegen eine Kanzlerschaft des „böhmischen Gefreiten“ Hitler gesträubt hatte, wurde zuletzt mit dem Hinweis beruhigt, dass ein von einer konservativen Kabinettsmehrheit „eingerahmter“ NSDAP-Führer nur eine geringe Gefahr bedeute. Für diesen Versuch sprach aber aus Sicht Hindenburgs nach allem auch die formale Verfassungskonformität der nunmehrigen Berufung Hitlers zum Reichskanzler. Die Annahme allerdings, Hitler und die Nationalsozialisten in dieser Regierungskonstellation in Schach halten zu können, sollte sich als folgenschwere Fehleinschätzung erweisen. Denn die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 ermöglichte in Verbindung mit den weiteren Maßnahmen der sogenannten Machtergreifung, faktisch das Ende der Weimarer Republik. Zwar wurde während der gesamten NS-Zeit die Weimarer Verfassung formal nicht außer Kraft gesetzt. Mit der Errichtung der NS-Diktatur endeten aber ihre demokratische Funktion und ihre die Politik bindende Wirkung.

Territoriale Gliederung

Am Tag der Verfassungsverkündung bestand das Deutsche Reich aus 24 Ländern, die ihre Wurzeln in den Gliedstaaten des Deutschen Kaiserreichs hatten. Die sieben Thüringer Staaten schlossen sich mit Wirkung vom 1. Mai 1920 zum Land Thüringen zusammen (wobei erst am 1. April 1923 die „Übergangszeit“ des Landesbildungs- und Integrationsprozesses beendet war[52]), während Waldeck 1929 preußisch wurde (im „Dritten Reich“ wurden 1934 Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zum Land Mecklenburg vereinigt; 1937 wurde Lübeck ein Teil Preußens).

In ihrer Kernzeit umfasste die Republik somit folgende 18 Länder (Angaben von 1925):[53]

Länder Deutschlands (1925)
Land Flagge Wappen Fläche (km²) Einwohner Einw./km² Hauptstadt
Freistaat Anhalt 2.313,58 351.045 143 Dessau
Republik Baden 15.069,87 2.312.500 153 Karlsruhe
Freistaat Bayern 75.996,47 7.379.600 97 München
Freistaat Braunschweig 3.672,05 501.875 137 Braunschweig
Freie Hansestadt Bremen 257,32 338.846 1.322 Bremen
Freie und Hansestadt Hamburg 415,26 1.132.523 2.775 Hamburg
Volksstaat Hessen 7.691,93 1.347.279 167 Darmstadt
Freistaat Lippe 1.215,16 163.648 135 Detmold
Freie und Hansestadt Lübeck 297,71 127.971 430 Lübeck
Freistaat Mecklenburg-Schwerin 13.126,92 674.045 51 Schwerin
Freistaat Mecklenburg-Strelitz 2.929,50 110.269 38 Neustrelitz
Freistaat Oldenburg 6.423,98 545.172 85 Oldenburg
Freistaat Preußen 291.639,93 38.120.170 131 Berlin
Freistaat Sachsen 14.986,31 4.992.320 333 Dresden
Freistaat Schaumburg-Lippe 340,30 48.046 141 Bückeburg
Land Thüringen 11.176,78 1.607.329 137 Weimar
Freistaat Waldeck 1055,43 55.816 53 Arolsen
Freier Volksstaat Württemberg 19.507,63 2.580.235 132 Stuttgart
Saargebiet[54] 1.910,49 768.000 402 Saarbrücken
Deutsches Reich 468.116,13 62.410.619 134 Berlin

Bevölkerung

Religion

Im dritten Abschnitt der Weimarer Verfassung wurde unter anderem auf eine Staatskirche verzichtet; damit war das bis dahin noch geltende „landesherrliche Kirchenregiment“ abgeschafft, nach dem der Landesherr Träger der Regierungsgewalt in der evangelischen Landeskirche war.

Frauen in der Weimarer Republik

Mit der Gründung der Weimarer Republik erhielten Frauen das aktive und passive Wahlrecht. An den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung beteiligten sich 78 Prozent der wahlberechtigten Frauen, 9,6 Prozent der Abgeordneten waren weiblich. Frauen blieben aber auch in den zwanziger Jahren in allen Parteien weiterhin unterrepräsentiert und waren kaum in hohen Parteiämtern vertreten.

Politik

Weihnachtsansprache von Wilhelm Marx im Dezember 1923. Marx war der am längsten dienende Reichskanzler der Republik.

Verglichen mit dem Kaiserreich bis zum Jahre 1917 regierten die Kabinette in der Weimarer Zeit eher kurz; die wenigsten verfügten über eine parlamentarische Mehrheit. Als „Weimarer Koalition“ oder „Weimarer Parteien“, die uneingeschränkt zur Republik standen, bezeichnet man:

  • die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die allerdings am linken Rand (vor allem nach der Wiedervereinigung mit der USPD 1922) auch Befürworter einer „sozialistischen Republik“ beherbergte;
  • die „bürgerlichen Parteien der Mitte“, nämlich das katholische Zentrum und die liberale Deutsche Demokratische Partei (DDP). Allerdings fand eine Verfassungsreform mit Stärkung der Exekutive oder des Reichspräsidenten Anhänger bis weit in die Mitte dieser Parteien.

Ein typisches Kabinett der Weimarer Zeit war ein Minderheitskabinett aus Zentrum, DDP und der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei (DVP). Da zum effektiven Regieren Gesetze nötig sind, haben die Regierungen aus Zentrum und DDP (und seit 1921 DVP)

  • sich durch die SPD oder durch rechte Parteien wie die DNVP parlamentarisch tolerieren lassen;
  • teilweise durch Einbezug der SPD (1923, 1928-30) oder der konservativen DNVP (1925, 1927/28) eine parlamentarische Mehrheit erlangt, zumindest theoretisch;
  • mit Ermächtigungsgesetzen regiert: der Reichstag erlaubte dabei der Regierung für einen begrenzten Zeitraum, selbst Gesetze zu erlassen (nur in der Zeit von Reichspräsident Friedrich Ebert und dann 1933);
  • seit 1930 (unter Reichskanzler Heinrich Brüning) statt mit Gesetzen mit „Notverordnungen des Reichspräsidenten“ regiert (nach Art. 48 der Weimarer Verfassung); dennoch bedurfte es der Unterstützung durch die SPD, die mit ihren Stimmen im Reichstag unterband, dass der Reichstag die Notverordnungen aufhob.

Als im Juni 1932 der ehemalige Zentrumsmann Franz von Papen Reichskanzler wurde, waren Zentrum und DDP nicht mehr im Kabinett vertreten: Ihm gehörten, neben acht Parteilosen, nur noch zwei DNVP-Minister an. Ähnlich stand es mit dem Kabinett Schleichers (Dezember 1932/Januar 1933).

Mit der Abteilung I A wurde 1919 auch eine ‚Centrale Staatspolizei‘ (Innennachrichtendienst) gegründet.

Weimarer Verfassung

Nach den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung (Konstituante) am 19. Januar 1919 trat die Weimarer Nationalversammlung am 6. Februar 1919 im Nationaltheater in Weimar zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Weimar war als Tagungsort gewählt worden, weil Sicherheit und Unabhängigkeit der Volksvertreter aufgrund von Unruhen in der Hauptstadt Berlin nicht gewährleistet schienen, und weil man die Stadt der Weimarer Klassik als Signal einer humanitären Rückbesinnung nach innen wie nach außen präsentieren konnte, auch und gerade gegenüber den Siegermächten des Weltkriegs und den anderen Staaten, die von Januar 1919 an in Paris über einen Friedensschluss berieten. Hauptaufgabe der Nationalversammlung war die Schaffung einer Verfassung mit demokratischer Grundordnung.

Maßgeblich verantwortlich für den grundlegenden Verfassungsentwurf war der linksliberale spätere Reichsinnenminister Hugo Preuß. Dieser hatte schon während des Krieges einen Vorschlag für eine demokratisch überarbeitete Verfassung des Deutschen Reiches vorgelegt und war deshalb als Gegner des Obrigkeitsstaates und überzeugter Demokrat bekannt. In der Begründung seines Entwurfs sagte er: „Das deutsche Volk zur sich selbst bestimmenden Nation zu bilden, zum ersten Mal in der deutschen Geschichte den Grundsatz zu verwirklichen: die Staatsgewalt liegt beim Volk, – das ist der Leitgedanke der freistaatlichen deutschen Verfassung von Weimar […].“

Der Entwurf löste heftig geführte Diskussionen zwischen den verschiedenen politischen Lagern aus, da er eine tiefe Zäsur gegenüber der politischen Ordnung des Kaiserreichs darstellte. Die Verfassung hatte schließlich zwar einen genuin demokratischen Charakter, wurde jedoch von vielen als Kompromissverfassung angesehen, da an der Entwicklung viele Parteien mit gegensätzlichen Positionen und Interessen beteiligt waren. An die Stelle der politischen Grundentscheidung traten vielfach dilatorische Formelkompromisse, die ein Nebeneinander von Programmen und positiven Bestimmungen nach sich zogen, dem die „verschiedenartigsten politischen, sozialen und religiösen Inhalte und Überzeugungen zugrunde liegen“.[55] Der Kompromisscharakter erschwerte zwar vielen die Identifikation mit der Verfassung, gleichwohl erzeugte die Konstitution eine Normativität, die am Ende selbst die Nationalsozialisten vor einem offenen Verfassungsbruch zurückschrecken ließ.

Die Weimarer Reichsverfassung
Die Weimarer Reichsverfassung

Durch die Weimarer Verfassung wurde das Deutsche Reich erstmals eine parlamentarische Demokratie mit in der Verfassung verankerten liberalen und sozialen Grundrechten. Auf der Ebene des Gesamtstaates wurden die Reichsgesetze vom auf vier Jahre gewählten Reichstag beschlossen, bei dem auch das Budgetrecht lag und der den Reichskanzler und jeden Minister durch ein destruktives Misstrauensvotum absetzen konnte. Außer vom Reichstag war der Reichskanzler auch noch vom Reichspräsidenten abhängig, der ihn einsetzen und absetzen konnte. Da der Reichspräsident eine herausgehobene und machtpolitisch potenziell einflussreiche Position innehatte, wird er in der Literatur oftmals dem Kaiser gleichgestellt, man spricht auch vom „Ersatzkaiser“. Er wurde auf sieben Jahre vom Volk gewählt und konnte im Einvernehmen mit dem Reichskanzler Notverordnungen erlassen, durch die sogar Grundrechte zeitweilig außer Kraft gesetzt werden konnten. Selbst der mögliche Widerstand des Reichstags dagegen konnte ggf. ausgeschaltet werden, da der Reichspräsident ihm gegenüber das Auflösungsrecht hatte. Die Verfassung basierte auf dem Rechtspositivismus, was bedeutet, dass sie der Verfassungsrevision (Art. 76) keine substanziellen Schranken zog. Der führende Verfassungskommentator Gerhard Anschütz äußerte dazu: „Auf dem durch Art. 76 geregelten Gesetzgebungswege können Verfassungsrechtsänderungen jeder Art bewirkt werden: nicht nur minder bedeutsame, mehr durch technische als durch politische Erwägungen bedingte, sondern auch bedeutsame, einschließlich solcher, die sich auf die rechtliche Natur des föderativ organisierten Reichsganzen (Bundesstaat), die Zuständigkeitsverschiebung zwischen Reich und Ländern, die Staats- und Regierungsform des Reichs und der Länder (Republik, Demokratie, Wahlrecht, Parlamentarismus, Volksentscheid, Volksbegehren) und andere prinzipielle Fragen (Grundrechte) beziehen. Die durch Art. 76 den hier bezeichneten qualifizierten Mehrheiten übertragene verfassungsändernde Gewalt ist gegenständlich unbeschränkt.“[56]

Reichspräsident Friedrich Ebert, 15. Februar 1925

Am 31. Juli 1919 wurde die Weimarer Verfassung schließlich in ihrer endgültigen Form von der Nationalversammlung angenommen und vom Reichspräsidenten Friedrich Ebert am 11. August in Schwarzburg ausgefertigt.[57] Zum Gedenken an die „Geburtsstunde der Demokratie“ wurde dieser Tag zum Nationalfeiertag bestimmt.

Parteienlandschaft

Die politischen Parteien stammten größtenteils noch aus der Kaiserzeit, auch wenn die meisten ihren Namen geändert hatten. Entgegen einer weitverbreiteten Irrmeinung ist die Zahl der im Parlament vertretenen Parteien ungefähr gleich geblieben: Unter dem absoluten Mehrheitswahlrecht der Kaiserzeit waren es durchschnittlich 13,8 Parteien, in der Weimarer Republik 14,4. Zwar gab es beispielsweise im Reichstag keine Parteien von Polen, Dänen und Elsässern mehr, aber weiterhin eine hannoversche, zusätzlich eine oder zwei bayerische Parteien sowie Splitterparteien des Mittelstands wie die Wirtschaftspartei.

Juni 1928: zweites Kabinett unter Hermann Müller. Stehend von links: Hermann Dietrich (DDP), Rudolf Hilferding (SPD), Julius Curtius (DVP), Carl Severing (SPD), Theodor von Guérard (Zentrum), Georg Schätzel (BVP). Sitzend von links: Erich Koch-Weser (DDP), Hermann Müller (SPD), Wilhelm Groener (parteilos), Rudolf Wissell (SPD). Nicht abgebildet: Gustav Stresemann (DVP)

Bereits im Kaiserreich hatten die Parteien, über die Gesetzgebung des Reichstages, einen großen Einfluss auf die Politik gehabt. Aber in der Weimarer Zeit mussten sie zusätzlich in der Lage sein, Koalitionsregierungen zu bilden (und Kandidaten für die Reichspräsidentschaft zu stellen); das wäre ihnen bereits im Kaiserreich schwergefallen und hat tatsächlich die Durchsetzung des parlamentarischen Regierungssystems vor 1918 verhindert.

Anders als in vielen nach 1945 entstandenen Verfassungen gab es damals noch keinen verfassungspolitischen Auftrag der Parteien und auch kein Parteiengesetz. Parteien waren rechtlich gesehen Vereine. Geht man im Parteienspektrum von links nach rechts, gab es in der Weimarer Zeit folgende Parteien von Bedeutung:

und eine Reihe kleinerer Parteien:

Reichspräsident

Der erste Reichspräsident, Friedrich Ebert, amtierte von 1919 bis 1925. Er war zunächst von der Nationalversammlung eingesetzt worden, danach wurde sein Mandat mehrmals verlängert. Die erste verfassungsmäßige Wahl zum Reichspräsidenten fand 1925 statt, gewählt wurde der parteilose Weltkriegsfeldmarschall Paul von Hindenburg. 1932 wurde Hindenburg wiedergewählt; er verstarb 1934. Statt verfassungsgemäß den Reichspräsidenten neu wählen zu lassen, ernannte Reichskanzler Adolf Hitler sich selbst, durch die anschließende Volksabstimmung legitimiert, zum Führer und Reichskanzler. Damit hatte er die letzte Machtinstanz ergriffen, denn „Hitler wollte keinen Reichspräsidenten über sich dulden.“[58]

Reichskanzler

Die Reichskanzler im Kaiserreich hatten noch keiner Partei angehört; erstmals wurde 1917 ein Vertreter der Zentrumspartei Reichskanzler. Vom November 1918 bis zur Reichstagswahl 1920 gehörten die Regierungschefs der SPD an. Von 1920 bis 1932 stellte das Zentrum fast alle Reichskanzler, mit Ausnahme eines Sozialdemokraten, eines Liberalen und zweier Parteiloser. Nach zwei weiteren parteilosen Kanzlern übernahm Hitler von der NSDAP das Amt am 30. Januar 1933; seine Ernennung markiert das Ende der Weimarer Republik.

Beamtentum und Justiz

Wie bei der Reichswehr fanden auch in der Verwaltung und in der Rechtspflege keine demokratischen Reformen statt. In der Weimarer Verfassung wurde allen Beamten die „Freiheit ihrer politischen Gesinnung“ und ihre „wohlerworbenen Rechte“ garantiert, Richter erhielten einen noch stärkeren Schutz wie die Unabsetzbarkeit. Zur Zeit der Monarchie war bei den Beamten allgemein und auch bei den Richtern bei der Ausbildung und bei der Einstellung auf ihre politische Gesinnung geachtet worden, weshalb sie mehrheitlich rechter Gesinnung waren. Speziell die Linken, deren Anhänger zur Kaiserzeit keine wichtigen Posten übernehmen konnten, setzten sich besonders für die Freiheit der politischen Gesinnung ein. Eine von den linken Parteien gewollte Wahl der Richter durch das Volk kam nicht zustande, da man die Justiz nicht in die Politik hineinziehen wollte. Der wichtigste Grund gegen Reformen bei den Beamten war die Notwendigkeit einer funktionierenden Verwaltung am Ende des Krieges, um beispielsweise die Soldaten zurück nach Deutschland zu holen. Ein weiterer Grund war für die bürgerlichen Parteien, mit der rechten Beamtenschaft eine weitergehende sozialistische Revolution zu verhindern. Die Beamten mussten einen Eid auf die Verfassung leisten, und sie fühlten sich zwar dem Staat gegenüber verpflichtet, nicht aber der Republik.

Die politische Einstellung der Justiz kann man deutlich in ihren Urteilen erkennen, zum ersten Mal bei der Münchner Räterepublik und beim Kapp-Putsch. Während linke Straftäter mit enormer Härte behandelt wurden, kam es bei rechten Straftätern sehr selten überhaupt zu Anklagen oder Strafen, die auch sehr viel milder ausfielen. Adolf Hitler erhielt für seinen Putschversuch nur die gesetzliche Mindeststrafe und konnte den Prozess als Propagandaveranstaltung nutzen – die Weimarer Justiz war auf dem rechten Auge blind. Die Blindheit betraf nicht nur die Richter, sondern auch die Strafverfolgungsbehörden. Der Kriegsgerichtsrat und spätere Reichsanwalt Paul Jorns hatte unter anderem wichtige Spuren des Mordes an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nicht aufgenommen und die Ermittlungen auch anderweitig behindert. Gustav Noske (SPD), der erste Reichswehrminister der Weimarer Republik, verhinderte, dass der Prozess gegen Waldemar Pabst, der die Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu verantworten hatte, in die Revision ging. Der Prozess wurde eingestellt; nur einige der untergeordneten Beteiligten erhielten geringfügige Bußgelder oder minimale Haftstrafen, die zudem ausgesetzt wurden. Die Einseitigkeit der Justiz wurde bereits 1921 von Emil Julius Gumbel belegt, aber es kam zu keinen wirksamen Reformen. Die Gerichte fühlten sich oft nicht dem Gesetz, sondern dem Staat und dem Kampf gegen den Kommunismus verpflichtet.

Trauerzug für ermordete Polizisten, Berlin 1931. Vorne zweiter von rechts: der stellvertretende Polizeipräsident Bernhard Weiss

Die Blindheit galt auch für die massenwirksame Propaganda, die nicht nur von den Rechtsextremen selbst ausging, sondern auch von Medien der Mitte geteilt und mitgetragen wurde. Die Demokraten in der Verwaltung der Weimarer Republik wurden zum Teil systematisch verunglimpft, zum Beispiel der Berliner Polizeipräsident Bernhard Weiß, der als einer der wenigen standhaften Beamten regelmäßig gegen Rechtsbrüche von Hitlers SA vorging. Diese „Sturmabteilung“ hatte Ernst Röhm 1921 als „Schutztruppe“ der NSDAP gegründet. Die Bildung solcher paramilitärischen Verbände wurde ebenfalls von den Behörden geduldet: Die SA begleitete die Versammlungen und Kundgebungen ihrer Partei und begann auch bei anderen Parteiversammlungen immer wieder Straßen- und Saalschlachten, um sich systematisch auf den Tag der „Machtergreifung“ vorzubereiten.

Die Justiz spielte auch eine wichtige Rolle am Ende der Republik. Adolf Hitler erhielt nach seinem Putsch nur eine geringe Strafe und kam bald wieder frei. Die Verhandlungen durften zur Hetze und zur Verbreitung von Propaganda missbraucht werden. In der Urteilsbegründung wurde der Verzicht auf eine Ausweisung Hitlers, die nach dem Republikschutzgesetz angebracht war, damit begründet, dass „auf einen Mann, der so deutsch denkt und fühlt wie Hitler […] die Vorschrift […] des Republikschutzgesetzes […] keine Anwendung finden“ kann. Reichspräsident Ebert starb an einer verschleppten Blinddarmentzündung, die er aufgrund einer Anklage wegen Hochverrats nicht rechtzeitig hatte behandeln lassen. Im sogenannten Weltbühne-Prozess wurden die Journalisten Carl von Ossietzky und Walter Kreiser wegen Spionage zu 18 Monaten Haft verurteilt, weil in der Zeitschrift auf die geheime Aufrüstung der Reichswehr aufmerksam gemacht worden war.

Reichswehr

Parade der Reichswehr, 1930

Der Oberbefehlshaber der Reichswehr war der Reichspräsident. Infolge der Bestimmungen des Versailler Vertrags war sie als Berufsarmee mit begrenzter Größe und Ausrüstung organisiert. Die Reichswehr wurde ein Staat im Staate, der sich nach außen hin abschottete, sie wurde nicht zu einer Streitmacht der Republik. Zwar beschloss sie, im Ebert-Groener-Bündnis die Regierung im „gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus“ zu unterstützen. Dennoch war die Reichswehr für die junge Republik eher eine Last, weil sie von einem konservativ-monarchisch geprägten Offizierkorps geführt wurde; zu demokratischen Reformen ihres inneren Gefüges kam es nicht. Deutschnational eingestellt, war die Reichswehr in den Anfangsjahren der Republik im Kampf gegen linke Gruppierungen eingesetzt. Beim Kapp-Putsch war sie nicht bereit einzugreifen. Nach der NS-Machtübernahme akzeptierte sie das Regime Hitlers widerstandslos.

Kunst und Kultur in der Weimarer Zeit

Das 1926 in Dessau eingeweihte „Bauhaus“ von Walter Gropius, Abbildung von 1987

Kulturell war die Zeit der Weimarer Republik eine der schöpferischsten und experimentierfreudigsten Epochen der deutschen Geschichte. Waren die Anfangsjahre jedoch noch geprägt vom Geist des späten Expressionismus in Malerei und Literatur, dominierte im besten Jahrfünft die Neue Sachlichkeit, die wiederum von einem sozialkritischen Realismus zur Zeit der Weltwirtschaftskrise abgelöst wurde. Autoren wie Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Erich Kästner, Egon Erwin Kisch, Thomas und Heinrich Mann, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Franz Werfel, Arnold Zweig und Stefan Zweig schrieben Weltliteratur.

Der Film entwickelte sich zum Massenmedium und setzte mit dem Cabinet des Dr. Caligari und Metropolis künstlerische Akzente. Mit scharfer Beobachtungsgabe thematisierte der Schriftsteller Heinrich Eduard Jacob – von 1927 bis 1933 Wiener Leiter des „Mitteleuropäischen Büros“ des Berliner Tageblatts – in seinem Roman Blut und Zelluloid (1929) den italienischen Faschismus und die Auswirkungen von Hetzfilmen auf die Gesellschaft, was sich kurze Zeit später so verhängnisvoll für Deutschland auswirken sollte.

Der durch Walter Gropius in Weimar begründete Bauhausstil wurde zu einem der bedeutendsten Architekturstile des 20. Jahrhunderts. Stellvertretend für viele Künstler sei George Grosz genannt, der mit seinen ätzend satirischen Darstellungen von Bourgeoisie, Justiz und Militär (zum Beispiel Stützen der Gesellschaft, 1926) die sozialen Missstände der Weimarer Republik anprangerte.

Ursachen des Scheiterns

Alle Erklärungsmodelle, die sich auf einen einzelnen Grund für das Scheitern der Weimarer Republik beschränken, greifen zu kurz: Weder waren es allein institutionelle Mängel der Reichsverfassung noch die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er/Anfang der 1930er Jahre und das Elend der Massenarbeitslosigkeit, das breite Wählerschichten den Nationalsozialisten in die Arme trieb, noch kommt die versäumte Demokratisierung von Justiz, Verwaltung und Militär als alleinige Ursache in Frage. Das Scheitern lässt sich auch nicht ausschließlich am persönlichen Versagen Einzelner oder an der charismatischen Anziehungskraft der „Führerfigur“ Hitler festmachen: Hitler und die Nationalsozialisten hatten um die Jahreswende 1932/1933 den Zenit der Wählerzustimmung bereits überschritten. Gescheitert ist die erste deutsche Republik an einem ganzen Bündel von Ursachen und deren unglücklicher Verschränkung.

Bis zuletzt war der Weg in die Diktatur nicht zwangsläufig. Allerdings stellt die Forschung vielen politischen Hauptakteuren und Funktionseliten in Wirtschaft, Kultur und Staat in der letzten Phase der Weimarer Republik ein überwiegend negatives Zeugnis aus. Teils verblendet durch eigenen Ehrgeiz und Selbstüberschätzung, teils aus unzureichender politischer Urteilsfähigkeit hätten sie Hitler den Weg an die Macht geebnet. Sie selbst arbeiteten beispielsweise in Organisationen wie dem Bund zur Erneuerung des Reiches auf eine „autoritäre Präsidialregierung“ hin, die bereits viele Gemeinsamkeiten mit einer Führerdiktatur aufwies. Die Verteidiger der Republik boten letztlich keine zugkräftigen Alternativen.

Nach der Ernennung Hitlers konnten sich die demokratischen Parteien nicht auf ein gemeinsames, entschlossenes Vorgehen einigen – selbst innerhalb des Zentrums wurde teilweise eine Koalition mit der NSDAP erwogen. Kurt von Schleicher wiederum hatte es versäumt, dem Reichspräsidenten Alternativen zu einer verfassungswidrigen Verschiebung von Neuwahlen zu unterbreiten. So wäre es für sein Kabinett z. B. möglich gewesen, auch nach einem Misstrauensvotum als geschäftsführende Regierung im Amt zu bleiben. Das Misstrauensvotum hätte mit Verweis auf die Unfähigkeit der Antragssteller zur Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit ignoriert werden können, was die Regierungsablösung an ein „konstruktives Misstrauensvotum“ des Reichstags gebunden hätte, auch wenn die Weimarer Verfassung das noch nicht vorsah. Das Konzept eines konstruktiven Misstrauensvotums lag seit 1927 vor, und eine entsprechende Argumentation gegenüber Hindenburg war Schleicher seitens seiner Berater nahegelegt worden.

Die These, die „Weimar“ auf die Formel einer „Demokratie ohne Demokraten“ bringt, ist zweifellos die vereinfachende Zuspitzung eines Problems. Sie trifft jedoch durchaus auf viele damalige Führungskräfte in Staat, Wirtschaft und Verwaltung zu, darüber hinaus auch auf große Teile der Parteien und der Wähler. Die Neigung, die Demokratie ihren Feinden preiszugeben, war damals eine weitverbreitete Grundeinstellung in der deutschen Bevölkerung, von der die Nationalsozialisten profitierten.

Hitler wurde zu einer Zeit Reichskanzler, als seine Partei aufgrund innerer Spannungen nach mehreren vergeblichen Anläufen in einer ernsten Krise war. Was die Nationalsozialisten als „Machtergreifung“ bezeichneten, um damit Stärke zu suggerieren, wird von manchen eher als eine Art Machtübergabe, als Selbstaufgabe der Republik gesehen.

Beurteilung durch die Sozial- und Geschichtswissenschaft

Die Frage nach den Gründen für das Scheitern der Weimarer Republik beschäftigte auf Grund der katastrophalen Folgen viele Historiker und Sozialwissenschaftler, die unterschiedliche Akzente in der jeweiligen Interpretation setzten. Eberhard Kolb weist in seiner Zusammenfassung darauf hin, dass Gewichtung und Verknüpfung dabei nicht durch das Quellenmaterial zwingend vorgegeben sind, sondern aus der jeweiligen Interpretationsleistung des Historikers sowie aus dem Erkenntnisinteresse und der Perspektive des Forschers und/oder der Forschungsgeneration resultieren. Trotz nicht zu vermeidender Redundanzen sind im Folgenden Interpretationsmuster einiger Forscher vorgestellt, die sich besonders mit der Weimarer Republik auseinandersetzten.

Kolb betont die Komplexität des Ursachengeflechts und zählt im Besonderen Folgendes auf:[59]

  • Die institutionellen Rahmenbedingungen, etwa die verfassungsmäßigen Rechte und Möglichkeiten des Reichspräsidenten, zumal beim Fehlen klarer parlamentarischer Mehrheiten.
  • Die ökonomische Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf die politischen und gesellschaftlichen Machtverhältnisse.
  • Besonderheiten der politischen Kultur in Deutschland (mitverantwortlich zum Beispiel für die Republikferne der Eliten, die überwiegend der pluralistisch-parteienstaatlichen Demokratie ablehnend gegenüberstanden).
  • Veränderungen im sozialen Gefüge, beispielsweise Umschichtungen im Mittelstand mit Konsequenzen, unter anderem für die politische Orientierung und Wahlverhalten mittelständischer Kreise.
  • Ideologische Faktoren, so die autoritären Traditionen in Deutschland, extremer Nationalismus, verstärkt durch Kriegsniederlage, Dolchstoßlegende und Kriegsunschuldspropaganda.
  • Führererwartung und Hoffnung auf den „starken Mann“, wodurch einem charismatischen Führertum wie dem Hitlers der Boden bereitet wurde.
  • Massenpsychologische Momente, zum Beispiel Erfolgschancen einer massensuggestiven Propaganda infolge kollektiver Entwurzelung und politischer Labilität breiter Bevölkerungssegmente.
  • Die Rolle einzelner Persönlichkeiten an verantwortlicher Stelle, in erster Linie zu nennen sind hier Hindenburg, Schleicher, Papen.

Heinrich August Winkler weist wesentliche Momente des Scheiterns folgenden Punkten zu:[60]

  • Wahl von Hindenburg in das höchste Staatsamt, dem der Geist der Verfassung fremd war.
  • Viele Gegner und keine entschiedenen Verteidiger: Das Gros der Machteliten war gegen und die demokratischen Parteien nicht mehr entschieden für die Republik.
  • Radikalisierung als zwangsläufige Reaktion auf die wirtschaftliche Depression und die Verselbstständigung der Exekutivgewalt.
  • Fehlender antitotalitärer Konsens zwischen der Präsidialmacht und der demokratischen Minderheit des Parlaments.
  • Zunehmende Isolierung der Sozialdemokraten.
  • Fehlender Rückhalt im Bürgertum.

Hagen Schulze sieht die wichtigsten Gründe auf dem Feld der Mentalitäten, der Einstellungen und des Denkens („Lapidar lässt sich […] schließen: Bevölkerung, Gruppen, Parteien und einzelne Verantwortliche haben das Experiment Weimar scheitern lassen, weil sie falsch dachten und deshalb falsch handelten.“):[61]

  • Mangelnde Akzeptanz des politischen System von Weimar auf Dauer.
  • Der Wahlrechtsmodus begünstigte diese negativen Gruppenmentalitäten.

Detlev Peukert führte das Scheitern der Weimarer Republik auf „vier zerstörerische Prozesse“ zurück, „die einzeln wohl hätten gemeistert werden können“:[62]

  • Destabilisierung: Die Basiskompromisse aus der Gründungszeit hätten zu ihrer Ausgestaltung breiterer Handlungsspielräume der politisch Verantwortlichen bedurft. Durch die wirtschaftliche und soziale Dauerkrise wurde diese Handlungsfreiheit aber eingeengt, führte die sozioökonomische Strukturkrise (zugespitzt in der Weltwirtschaftskrise) zu einer Destabilisierung des politischen und sozialen Systems der Republik.
  • Legitimationsverlust: Die allmähliche und kontinuierliche Zurücknahme der Basiskompromisse trug zum Legitimationsverlust der neuen Ordnung bei. (z. B. Abbau des Sozialstaats, der in dieser Form in der Novemberrevolution als Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit begründet worden war (Stinnes-Legien-Abkommen der ZAG)).
  • Politik der autoritären Wende: Die alten republikfeindlichen Eliten zerstörten willentlich die angeschlagenen parlamentarisch-demokratischen Institutionen, um einen obrigkeitlichen Staat zu (re-)installieren. Dies war ein gemeineuropäisches Phänomen der 1930er Jahre, in Deutschland gab es aber zwei Besonderheiten:
  • Nirgendwo sonst waren die alten Werte des Kaiserreichs und die neuen republikanischen Werte zugleich so erschüttert worden wie im Nachkriegsdeutschland. Dies verringerte die Möglichkeiten eines liberal-konservativen Kompromisses.
  • Nirgendwo sonst war die Öffentlichkeit so weitgehend politisiert und radikalisiert worden wie hier. Dadurch war an eine stabile Regierung ohne breite Mehrheit nicht zu denken.
  • Zunehmender Einfluss der extremistischen Parteien NSDAP und KPD: Die NS-Bewegung konnte angesichts der Krise der Jahre 1930 bis 1933 die ganze Dynamik einer totalitären Integrationspartei entfalten. Sie konnte sich zum Sprecher der Krisenängste eines guten Drittels aller Deutschen machen. Aber allein hätte sie die Republik nicht stürzen können. Da die republikfeindlichen Parteien NSDAP, DNVP und KPD seit der Wahl im Juli 1932 zusammen deutlich mehr als 50 % der Reichstagsabgeordneten stellten, war es fortan nicht mehr möglich, eine parlamentarisch-demokratische Mehrheitskoalition zu bilden.

Siehe auch

Quellensammlungen

  • Wolfgang Michalka, Gottfried Niedhart (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1918–1933. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik (= Fischer-Taschenbücher 11250, Geschichte). Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-596-11250-8.

Literatur

  • Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik 1918–1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-94308-5.
  • Dieter Gessner: Die Weimarer Republik (= Kontroversen um die Geschichte). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002, ISBN 3-534-14727-8.
  • Peter Hoeres: Die Kultur von Weimar. Durchbruch der Moderne (= Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Band 5). be.bra-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89809-405-4.
  • Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Band 16). 7., durchgesehene und erweiterte Auflage, Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58870-5.
  • Detlef Lehnert: Die Weimarer Republik. Parteienstaat und Massengesellschaft (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 18646 Reclam Sachbuch). 2., überarbeitete Auflage, Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-018646-6.
  • Peter Longerich: Deutschland 1918–1933. Die Weimarer Republik. Handbuch zur Geschichte. Fackelträger, Hannover 1995, ISBN 3-7716-2208-5.
  • Werner Maser: Zwischen Kaiserreich und NS-Regime. Die erste deutsche Republik 1918 bis 1933. Bouvier, Bonn/Berlin 1992, ISBN 3-416-02354-4.
  • Horst Möller: Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie (= dtv 34059). 7., erweiterte und aktualisierte Neuauflage, Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2004, ISBN 3-423-34059-2.
  • Hans Mommsen: Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar. 1918–1933 (= Ullstein Nr. 26508 Propyläen-Taschenbuch). Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. Ullstein, Berlin 1998, ISBN 3-548-26508-1.
  • Ernst Nolte: Die Weimarer Republik. Demokratie zwischen Lenin und Hitler. Herbig, München 2006, ISBN 3-7766-2491-4.
  • Detlev J. K. Peukert: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne (= Edition Suhrkamp. Band 1282 = NF Bd. 282 Neue historische Bibliothek). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-518-11282-1.
  • Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933 (= Die Deutschen und ihre Nation. Band 4). Severin & Siedler, Berlin 1982, ISBN 3-88680-050-4.
  • Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933. Nymphenburger Verlags-Handlung, München 1962 (zahlreiche Auflagen).
  • Claudius Torp: Konsum und Politik in der Weimarer Republik (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 196). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen [u. a.] 2011, ISBN 978-3-525-35715-6 (zugleich: Bielefeld, Univ., Diss., 2009).
  • Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. Durchgesehene Auflage, C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43884-9.
Commons: Weimarer Republik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. 1928 wurde das Mitte der 1920er Jahre von Tobias Schwab (1887–1967) geschaffene Reichswappen angenommen, das im Februar 1950 Theodor Heuss auch als Bundeswappen verkündete. Vgl. dazu Jana Leichsenring: Staatssymbole: Der Bundesadler. In: Aktueller Begriff, No. 83/08, 12. Dezember 2008, ZDB-ID 2256061-0, S. 1–2, hier S. 2, online (PDF; 73 KB).
  2. Jürgen Hartmann: Der Bundesadler. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 56. Jg., Heft 3, 2008, S. 495–509, hier S. 50.
  3. Vgl. Abbildung des Reichswappens auf der Tafel „Deutsches Reich: Wappen I“ in: Der Große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden, Bd. 4: Chi–Dob, 15., völlig neubearbeitete Auflage, Brockhaus, Leipzig 1929, Tafel zwischen S. 648 und 649.
  4. Vgl. Sebastian Ullrich: Mehr als Schall und Rauch. Der Streit um den Namen der ersten deutschen Demokratie 1918–1949. In: Moritz Föllmer, Rüdiger Graf (Hrsg.): Die „Krise“ der Weimarer Republik. Zur Kritik eines Deutungsmusters, Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN 3-593-37734-9, S. 187–207.
  5. Winkler 1998, S. 25.
  6. Longerich 1995, S. 46.
  7. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. München 2003, S. 209.
  8. Zitiert nach Longerich 1995, S. 87.
  9. Zitiert nach Winkler 1998, S. 91.
  10. Longerich 1995, S. 97.
  11. Es ist nicht erwiesen, dass Seeckt die oft zitierte Wendung bei dieser Gelegenheit gebraucht hat. „In der Sache aber war die Haltung Seeckts klar. Es ging ihm vor allem um eines: Er wollte die Reichswehr als innenpolitisches Instrument intakt erhalten.“ (Winkler 1998, S. 121.)
  12. Winkler 1998, S. 187.
  13. Mommsen 1998, S. 184.
  14. Longerich 1995, S. 145.
  15. Mommsen 1998, S. 230; Longerich 1995, S. 153.
  16. Mommsen 1998, S. 224; Winkler 1998, S. 187.
  17. Mommsen 1998, S. 234; Longerich 1995, S. 150.
  18. Longerich 1995, S. 174 f.
  19. Mommsen 1998, S. 282.
  20. Winkler 1998, S. 296.
  21. Longerich 1995, S. 187.
  22. Winkler 1998, S. 297 f.
  23. Longerich 1995, S. 176 f.
  24. Longerich 1995, S. 178; Eberhard Kolb erkennt in der Neuen Sachlichkeit den „eigentlichen“ Weimarer Kunststil. (Die Weimarer Republik. 7. durchgesehene und erweiterte Auflage, Oldenbourg, München 2009, S. 98)
  25. Mommsen 1998, S. 292; Winkler 1998, S. 276: „Dabei gibt es kaum einen Zweifel, daß die Gesundheit Eberts auch durch seelische Kränkungen geschwächt worden war“, darunter Vorwürfe des Landesverrats wegen Eberts Rolle beim Berliner Munitionsarbeiterstreik vom Januar 1918 und haltlose Korruptionsbezichtigungen im Zusammenhang mit der Barmat-Spekulationsaffäre. In den dagegen angestrengten Prozessen wurde Ebert von republikfeindlichen Richtern nur teilweise Recht gegeben.
  26. Mommsen 1998, S. 296–300; Longerich 1995, S. 239 f.
  27. Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. 7. durchgesehene und erweiterte Auflage, Oldenbourg, München 2009, S. 70 f.
  28. Longerich 1995, S. 251.
  29. Mommsen 1998, S. 441.
  30. Longerich 1995, S. 303. Die nicht registrierten „unsichtbaren“ Arbeitslosen werden für 1931 auf zusätzlich etwa 1 Million geschätzt, für 1932 auf zusätzlich 1,5 bis 2,5 Millionen. (Longerich ebenda)
  31. Mommsen 1998, S. 444.
  32. Mommsen 1998, S. 463-474.
  33. “Im Rückblick gibt es keinen Zweifel, daß an diesem Tag die Zeit relativer Stabilität zu Ende ging und die Auflösungsphase der ersten deutschen Demokratie begann.“ (Winkler 1998, S. 372.)
  34. Winkler 1998, S. 378.
  35. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Aufl., Darmstadt 2009, S. 66.
  36. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Aufl., Darmstadt 2009, S. 67; Mommsen 1998, S. 460; Winkler 1998, S. 441 f. zitiert Brüning dazu wie folgt: „Werde Hoover wiedergewählt, könne man ab November wieder verhandeln; werde er nicht wiedergewählt, könnten Verhandlungen nicht vor dem März 1933, dem Amtsantritt des neuen Präsidenten, beginnen. ‚Bis dahin müssen wir durchhalten.’“
  37. Mommsen 1998, S. 448.
  38. Mommsen 1998, S. 444.
  39. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Aufl., Darmstadt 2009, S. 67.
  40. Winkler 1998, S. 464 f..
  41. Winkler 1998, S. 475: „In letzter Instanz zählte nicht, was Brüning wollte, sondern was der Reichspräsident und seine Umgebung für erforderlich hielten.“
  42. Mommsen 1998, S. 486.
  43. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Aufl., Darmstadt 2009, S. 69.
  44. Mommsen 1998, S. 481.
  45. Winkler 1998, S. 466–472.
  46. Winkler 1998, S. 480 f.
  47. Mommsen 1998, S. 597.
  48. Winkler 1998, S. 515 f.
  49. Winkler 1998, S. 482 f.
  50. Mommsen 1998, S. 610.
  51. Winkler 1998, S. 574 ff.
  52. Bernhard Post, Volker Wahl: Thüringen-Handbuch. Territorium, Verfassung, Parlament, Regierung und Verwaltung in Thüringen 1920 bis 1995 (= Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven. Bd. 1). Böhlau, Weimar 1999, ISBN 3-7400-0962-4.
  53. Otto Beckmann: Beckmanns Welt-Lexikon und Welt-Atlas. A–Z. Verlagsanstalt Beckmann, Leipzig [u. a.] 1931.
  54. Das Saargebiet war zwar zu diesem Zeitpunkt völkerrechtlich Teil des Deutschen Reiches, stand jedoch von 1920 bis 1935 unter Völkerbundsverwaltung.
  55. Carl Schmitt: Verfassungslehre. 3., unveränderte Auflage, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 30.
  56. Gerhard Anschütz: Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, S. 403.
  57. Vgl. Gerhard Lingelbach: Weimar 1919 – Weg in eine Demokratie. In: Eberhard Eichenhofer (Hrsg.): 80 Jahre Weimarer Reichsverfassung – Was ist geblieben?, 1999, S. 23–47, hier S. 47.
  58. Zit. nach Hanns-Jürgen Wiegand: Direktdemokratische Elemente in der deutschen Verfassungsgeschichte (= Juristische Zeitgeschichte, Abt. 1: Allgemeine Reihe. Bd. 20). BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8305-1210-4, S. 146 f., Anm. 16 mwN (zugleich: Darmstadt, Techn. Univ., Diss., 2004).
  59. Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik (= Oldenbourg-Grundriss der Geschichte. Bd. 16). 6. überarbeitete und erweiterte Auflage, Oldenbourg, München 2002, ISBN 3-486-49796-0, S. 250 f.
  60. Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37646-0, S. 609 f.
  61. Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Sonderausgabe. Siedler, Berlin 1994, ISBN 3-88680-500-X, S. 425.
  62. Detlev J. K. Peukert: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der Klassischen Moderne. Frankfurt a.M. 1987, S. 269 ff.
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