Gaußschule Gymnasium am Löwenwall
Gaußschule Gymnasium am Löwenwall | |
---|---|
Schulform | Gymnasium |
Gründung | 1909 |
Ort | Braunschweig |
Land | Niedersachsen |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 52° 15′ 40″ N, 10° 31′ 50″ O |
Träger | Stadt Braunschweig |
Schüler | etwa 950[1] |
Lehrkräfte | etwa 70[1] |
Leitung | Stefan Lüttenberg[2] |
Website | gaussschule-braunschweig.de |
Die Gaußschule ist ein Gymnasium der Stadt Braunschweig.
Geschichte
Die Gaußschule wurde am 21. April 1909 als Städtische Realschule für Jungen gegründet und erhielt am 2. Oktober 1911 den offiziellen Namen Gaußschule, Städtische Oberrealschule am Löwenwall. Benannt wurde die Schule nach dem Braunschweiger Mathematiker Carl Friedrich Gauß. Gauß besuchte seinerzeit allerdings das Gymnasium Martino-Katharineum, das sich ebenfalls in Braunschweig befindet.
1913 verließen die ersten zwölf Abiturienten die Lehranstalt. 68 Schüler und zwei Lehrer fielen im Ersten Weltkrieg. 1930 wurde das schuleigene Landheim in Oderbrück im Oberharz eingeweiht, das noch heute besteht. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Schülerzahl zwangsläufig unter anderem durch die systematische Verfolgung jüdischer Schüler und Lehrer stark reduziert. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schulgebäude durch Bombentreffer teilweise zerstört. 136 Schüler und zwei Lehrer fielen, drei Schüler wurden vermisst.
Von April bis Dezember 1945 war der Unterricht von der britischen Militärregierung verboten; das Schulgebäude wurde von der notleidenden Bevölkerung geplündert. Ab dem 5. Dezember wurde der Unterricht in beschränktem Maße wieder aufgenommen. An Ostern 1946 legten die ersten 61 Schüler das Nachkriegsabitur ab.
Eine der ersten deutschen Schülerzeitungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war „Der Punkt“ der Gaußschule. Die Nummer 1 der Zeitung erschien im September 1948. Leiter der Schülerredaktion war über mehrere Ausgaben hinweg der spätere Journalist und Diplomat Günter Gaus.
- 1962: Einweihung der schuleigenen Sternwarte
- 1973: Einführung der Koedukation
- 1980: 50-jähriges Bestehen des Schullandheims
- 1982: Erster gemischter Abiturjahrgang nach Einführung der Koedukation
- 1985: Gründung des „Vereins ehemaliger Gaußschüler“
- 1988: Einführung des Musikzweiges
- 1996: Einführung einer Schulcafeteria
- 1997: Die Gaußschule wird offene Ganztagsschule
- 2002: Die Gaußschule wird Medienprofilschule
- 2005: Einweihung des schuleigenen Planetariums
- 2006: Fertigstellung des neuen Schulhofes
- 2009: 100-Jahr-Feier
- 2011: Fertigstellung des neuen Freizeitbereichs
- 2019: Abschluss der Sanierungsarbeiten am Harzheim
Harzheim
Die Gaußschule hat seit 1930 ein eigenes Schullandheim. Es liegt 60 km südlich von Braunschweig in Oderbrück, im Harz in einer Höhe von 800 m mitten im Nationalpark Harz.[3] Eigentümer des Heims ist seit 1928 der „Gaußschulheim Oderbrück zu Braunschweig e.V. – Der Förderverein der Gaußschule“.[4] Nachdem die Realschule John-F.-Kennedy-Platz und die Grund- und Hauptschule Pestalozzistraße zuvor ihre Landheime aus finanziellen Gründen aufgegeben und verkauft haben, ist die Gaußschule nun die einzige Schule in Braunschweig, die noch ein eigenes Schullandheim besitzt.
Das „Harzheim“ genannte Gebäude wurde ab 1929 mit Hilfe privater Spenden gebaut und 1930 fertig gestellt. Anfang April 1945, in der Endphase des Zweiten Weltkrieges, wurde der Harz von den Nationalsozialisten zur „Festung Harz“ erklärt. Die dort befindlichen deutschen Kampfverbände sollten die vorrückenden amerikanischen Truppen aufhalten. So kam es u. a. rund um das Harzheim zu heftigen Gefechten mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Das Harzheim und andere Gebäude in Oderbrück und Umgebung wurden dabei bis auf die Grundmauern zerstört. Unweit des Landheims befindet sich heute der Ehrenfriedhof Oderbrück, eine Kriegsgräberstätte, auf der etliche Gefallene dieser letzten Kampfhandlungen bestattet wurden. Nachdem das Harzheim zerstört war, sammelten Schüler, Eltern und Lehrer erneute Gelder, um das Heim wiederaufbauen zu können. 1950 wurde es wiedereröffnet.[5]
Von 2009 bis 2019 wurde das Harzheim für 650.000 Euro generalsaniert. Die Finanzierung wurde zum Teil durch private Spenden[6], aber auch durch Finanzmittel des Bundes, des Landes Niedersachsen, der Richard-Borek-Stiftung und schließlich mit 120.000 Euro aus Fördermitteln der Europäischen Union sichergestellt.[7] Viele Arbeiten am und im Harzheim wurden dabei von Schülern, Eltern und Lehrern in Eigenleistung erbracht.[8]
Versuchte Umbenennung der Gaußschule
Am 15. März 2016 entschied der Schulvorstand mit einer Mehrheit von zwei Stimmen[9], dass die Schule in „Gymnasium Carl Friedrich Gauß Braunschweig“ umbenannt und dafür bei der Stadt Braunschweig ein Antrag auf Namensänderung gestellt werden solle. Hintergrund war, dass die Schulleiterin Lenck-Ackermann eine Marketing-Agentur beauftragt hatte, das Corporate Image der Schule […] mit allen relevanten Elementen zu überarbeiten.[10] Die Entscheidung des Schulvorstandes stieß auf vehementen Widerstand der Lehrer- und Schülerschaft sowie zahlreicher ehemaliger Schüler und Lehrer (darunter die beiden Amtsvorgänger Lenck-Ackermanns[11]). Kritisiert wurde vor allem die nicht stattgefundene oder wenigstens doch mangelhafte Kommunikation der Schulleitung gegenüber Lehrer-, Schüler- und Elternschaft bzgl. der beabsichtigten Umbenennung. Insbesondere wurde die fehlende Notwendigkeit, bzw. Sinnhaftigkeit eines solchen Schrittes hinterfragt.
Ein pensionierter, ehemaliger Lehrer, der 41 Jahre an der Gaußschule unterrichtet hat, initiierte daraufhin am 22. März 2016[12] auf openPetition eine Online-Petition gegen die beabsichtigte Umbenennung[13], da dieser jegliche Notwendigkeit und jedweder Rückhalt bei der überragenden Mehrheit von Lehrern, Schülern und Eltern fehle. Innerhalb der ersten 24 Stunden unterzeichneten knapp 1000 Personen. Bis zum Ablauf der Zeichnungsfrist am 18. April 2016, hatten 2927 Personen aus der ganzen Welt unterzeichnet.[14]
„Das Votum des Schulvorstandes spiegelt in keiner Weise die Mehrheitsverhältnisse innerhalb des Kollegiums und der Schülerschaft der Gaußschule wider. Während ca. 80 % der an einer Online-Umfrage beteiligten Schülerinnen und Schüler eine Umbenennung der Schule abgelehnt haben, hat sich das Kollegium mit einer ebenfalls überwältigenden Mehrheit für die Beibehaltung des Namens „Gaußschule“ ausgesprochen.“
Vertreter sämtlicher, im Braunschweiger Stadtrat vertretenen, Parteien äußerten ebenfalls Unverständnis bzgl. der Notwendigkeit der Umbenennung.[15]
Angesichts der massiven Kritik, die die Entscheidung des Schulvorstandes hervorrief, wandte sich die Schulleiterin am 11. April 2016 in einem offenen Brief an den Vorstand und bat diesen, die Entscheidung zur Umbenennung zu widerrufen. Sie begründete dies unter anderem damit, dass mit diesem Beschluss durch die Pressearbeit einiger und die politische Einflussnahme anderer etwas in Gang gesetzt worden [sei], was der Gaußschule und ihren insgesamt im Innern gelebten Werten nicht gerecht werde. Es werde tatsächlich kein neuer Name benötigt.[9] Darauf hin zog der Schulvorstand am 20. April 2016 seinen Umbenennungsbeschluss vom 15. März 2016 wieder zurück.
Bekannte Schüler
- Kurt Bertram (1897–1973), NSDAP-Politiker und Bankkaufmann[16]
- Jürgen Blänsdorf (* 1936), Altphilologe, Abiturjahrgang 1956
- Ernst-Joachim Brunke (1946–1995), Chemiker, Abiturjahrgang 1966
- Sebastian Ebel (* 1963), Finanzgeschäftsführer Vodafone, Präsident von Eintracht Braunschweig, Abiturjahrgang 1982
- Günter Gaus (1929–2004), Journalist, Publizist, Diplomat und Politiker, von 1974 bis 1981 Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der DDR, Abiturjahrgang 1949[17]
- Werner Goldschmidt (1903–1975), Kunsthistoriker und Musikverleger, Abiturjahrgang 1923[18]
- Stefan Grimme (* 1963), Professor für Theoretische Chemie, Leibnizpreisträger, Abiturjahrgang 1982
- Marcus Herrenberger (* 1955), Künstler, Abiturjahrgang 1975[19]
- Werner Knopp (1931–2019), Jurist und von 1977 bis 1998 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Abiturjahrgang 1950
- Rolf-Dieter Krause (* 1951), Fernsehjournalist und Leiter des ARD-Studios Brüssel, Abiturjahrgang 1971[20]
- Wolfgang Meibeyer (* 1938), Geograph, Abiturjahrgang 1958[21]
- Rudolf S. Morgenstern (* 1939), Architekt, Professor an der Technischen Universität Dresden, Abiturjahrgang 1959[22]
- Kurt Piepenschneider (1901–1956), Architekt, Abiturjahrgang 1921[18]
- Bernfried E. G. Pröve (* 1963), Musiker und Komponist, Abiturjahrgang 1982
- Wilfried Rödiger (1937–2016), Arzt, Abiturjahrgang 1958[23]
- Dirk Rühmann (* 1960), Schriftsteller, Abiturjahrgang 1979[24]
- Eckhard Schimpf (* 1938), Journalist, Buchautor und Motorsportler
- Ulf Schmidt (* 1966), Theaterautor und -wissenschaftler, Abiturjahrgang 1986.
- Ulrich Seiffert (* 1941), Unternehmer und Vorstandsmitglied der Volkswagen AG
- Manfred Sohn (* 1955), Politiker, Abiturjahrgang 1975
- Thomas Steg (* 1960), Politik- und Kommunikationsberater, Manager bei VW, Abiturjahrgang 1979[24]
- Theodor Stiebel (1894–1960), Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur und Gründer des Unternehmens Stiebel Eltron, Abiturjahrgang 1913
- Hans-Georg Unger (* 1926), Ingenieur, Abiturjahrgang 1950
- Joelle Wedemeyer (* 1996), Fußballerin beim VfL Wolfsburg und U20-Fußball-Weltmeisterin 2014[25]
- Hannes Westermann (1912–1989), Architekt, Abiturjahrgang 1932
- Wolfgang in der Wiesche (* 1960), Künstler, Abiturjahrgang 1980
- Heinz Wolff (1909 – ?), Architekt und Stadtplaner, Abiturjahrgang 1928[26]
- Ruprecht Zwirner (1929–2010), Arzt, Träger der Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft,[27] Abiturjahrgang 1950
Bekannte Lehrkräfte
- Joachim Altemark (1906–1963), unterrichtete ab 1949 Musik[28]
- Carl Baumann (Politiker, 1888), Studienrat und Politiker (DNVP, Bürgerliche Einheitsliste, NSDAP)
- Wilhelm Frantzen (1900–1975), unterrichtete Kunst 1942 und von 1950 bis 1961[29]
- Karin Heidemann-Thien (* 1953), unterrichtete in den 1970ern und 80ern Französisch und Gemeinschaftskunde, Mitgründerin und Vorstand der Bürgerstiftung Braunschweig, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes[30]
- Hennes Jäcker (1932–2013), Torwart der Meisterelf von Eintracht Braunschweig 1967, unterrichtete in den 1970ern Sport und Latein
- Gerhard Linne (1913–1975), unterrichtete Deutsch, Geschichte und Latein[17]
- Georg Ruppelt (* 1947), Referendar für Deutsch und Geschichte 1977, Träger des Bundesverdienstkreuzes
Impressionen
-
1:1-Kopie der von Fritz Schaper und Hermann Heinrich Howaldt geschaffenen Gauß-Statue am Eingang zur Aula. Das Original befindet sich am Gaußberg.
-
„Der Punkt“, eine der ersten Nachkriegsschülerzeitungen. Verantwortlich für den Inhalt war Gerhard Linne, Chefredakteur war Günter Gaus.
-
Banner zur 100-Jahr-Feier im August 2009.
Literatur
- N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. Festschrift der Gaußschule Braunschweig zum 50 Jährigen Jubiläum, Braunschweig 1959.
- Karl Lies: Die Gaußschule – Tradition und Geschichte. Braunschweig um 1967.
- Schulleitung (Hrsg.): 75 Jahre Gaußschule 1909–1984. Braunschweig 1984.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Gauß in Stichworten. In: gaussschule-braunschweig.de. Abgerufen am 5. März 2020.
- ↑ Schulleitung und Koordinatoren. In: gaussschule-braunschweig.de. Abgerufen am 2. Dezember 2020.
- ↑ Webseite zum Harzheim auf gaussschule-braunschweig.de
- ↑ Harzheimverein auf gaussschule-braunschweig.de
- ↑ Eckhard Schimpf: Vom Harzheim und vom „herrlichen Hort“. In: Braunschweiger Zeitung vom 6. Januar 2017.
- ↑ Katja Dartsch: Gaußschüler schwitzen für ihr Harzheim. In: Braunschweiger Zeitung vom 20. Juni 2017.
- ↑ Katja Dartsch: Harzheim der Gaußschule wieder tipptopp. In: Braunschweiger Zeitung vom 28. Januar 2019.
- ↑ Katja Dartsch: „Ich gehe an allen Tagen gerne in die Schule“. In: Braunschweiger Zeitung vom 17. Januar 2019.
- ↑ a b Gaußschule bleibt nun doch Gaußschule. In: Braunschweiger Zeitung vom 12. April 2016, S. 15.
- ↑ Gaußschule – „Die Entrüstung ist ganz typisch.“ In: Braunschweiger Zeitung vom 26. März 2016.
- ↑ Ohne Abstimmung keine Zustimmung zur Namensänderung der Gaußschule. Pressemitteilung der Braunschweiger SPD-Ratsfraktion
- ↑ Online-Petition gegen neuen Namen der Gaußschule. In: Braunschweiger Zeitung vom 23. März 2016, S. 17.
- ↑ Online-Petition gegen die Umbenennung der Gaußschule auf openpetition.de (Stand 19. April 2016)
- ↑ Stimmen aus aller Welt für die Gaußschule. In: Braunschweiger Zeitung vom 8. April 2016.
- ↑ Gaußschule – Standesdünkel oder „Marke“? In: Braunschweiger Zeitung vom 4. April 2016, S. 19.
- ↑ Reinhard Bein: Hitlers Braunschweiger Personal. Döring, Braunschweig 2017, ISBN 978-3-925268-56-4, S. 15.
- ↑ a b Günter Gaus: Widersprüche. Erinnerungen eines linken Konservativen. Propyläen, Berlin 2004, ISBN 3-549-07181-7, S. 119.
- ↑ a b N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. S. 105.
- ↑ Schulleitung (Hrsg.): 75 Jahre Gaußschule 1909–1984. S. 121.
- ↑ Lebenslauf auf romanherzoginstitut.de
- ↑ N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. S. 113.
- ↑ Schulleitung (Hrsg.): 75 Jahre Gaußschule 1909–1984. S. 115.
- ↑ N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. S. 113.
- ↑ a b Schulleitung (Hrsg.): 75 Jahre Gaußschule 1909–1984. S. 122.
- ↑ Pressespiegel ( des vom 2. April 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. vom 5. August 2014 auf gaussschule-bs.de
- ↑ N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. Festschrift der Gaußschule Braunschweig zum 50 Jährigen Jubiläum, Braunschweig 1959, S. 107.
- ↑ Nachruf im Ärzteblatt Baden-Württemberg ÄBW 08-2010, S. 323. (PDF-Datei)
- ↑ N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. S. 94.
- ↑ N. N.: 50 Jahre Gaußschule 1909–1959. Festschrift der Gaußschule Braunschweig zum 50 Jährigen Jubiläum, Braunschweig 1959, S. 97.
- ↑ Ann Claire Richter: Immer unkompliziert ans Ziel. In: Braunschweiger Zeitung vom 12. Januar 2019.