Herbert Schnädelbach

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Herbert Schnädelbach [ʃnˈɛːdəlˌbaχ], (* 6. August 1936 in Altenburg, Thüringen) ist ein deutscher Philosoph. Die von ihm erarbeitete, methodisch-rationale Gesprächsphilosophie umfasst signifikante Beiträge zur Entwicklung der Diskurs- und Sozialphilosophie, zur Konstruktion philosophischer Rationalitätstheorien, zur Ausdifferenzierung des Historismus und zur Etablierung einer sprachpragmatischen Erkenntnistheorie. Hierzu zählen auch komplexitätssteigernde Einwürfe in aktuellen Debatten, so etwa zum Atheismus, zu den Willensfreiheit- und Wertediskussionen und zum kommunikativen Handlungsbegriff.

Herbert Schnädelbach in Glauben Wissen Kritisieren, Schnädelbach und die Hegelsche Milchschale 1, D 2007.

Leben und Philosophie

Biographie

Herbert Schnädelbach überlebte die Flucht aus dem Osten (1944 aus Breslau), Hunger und Bombardements (1944 die Luftangriffe auf Dresden). Er wuchs in Sachsen auf (Erzgebirge und Leipzig) und machte sein Abitur in der Pfalz (1955 Staatliches Naturwissenschaftliches Gymnasium Landau). Er studierte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, wo er 1962 bis 1966 bei Theodor W. Adorno wissenschaftliche Hilfskraft war und 1965 mit der Arbeit Hegels Theorie der subjektiven Freiheit in Philosophie promovierte. Im Nebenfach Germanistik prüfte ihn Paul Stöcklein und in Soziologie Jürgen Habermas. Im Jahre 1970 habilitierte er sich bei Adorno und Habermas (Adorno erstellte und unterzeichnete sein Gutachten 1969). Die Habilitation erschien 1971 unter ihrem Titel Erfahrung, Begründung und Reflexion. Versuch über den Positivismus.

Als Professor für Philosophie lehrte Herbert Schnädelbach von 1971-1978 in Frankfurt am Main (als erster Dekan des Fachbereichs Philosophie und mit Schwerpunkten in Wissenschaftsphilosophie und Diskursanalyse), 1978-1992 an der Universität Hamburg (insbesondere Sozialphilosophie in den Bereichen Politische Philosophie und Gesellschaftstheorie). 1987-1988 war er Dekan des Fachbereichs 'Philosophie und Sozialwissenschaften' der Universität Hamburg. Als er von 1988-1990 Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland war (jetzt Deutsche Gesellschaft für Philosophie), organisierte er 1990 mit deren XV. Kongress, „Philosophie der Gegenwart - Gegenwart der Philosophie“ das Zusammenfügen von Marksteinen ihrer Gegenwärtigkeit.[1]

Nach der Wende von 1989 wurde er als erster Professor aus dem Westen an das Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin berufen. Dort begann er im Sommersemester 1992 zu lehren und er war von 1993 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2002 ordentlicher Professor für Theoretische Philosophie mit Schwerpunkten in analytischer Sprachphilosophie, zum Begriff der Rationalität und in der Philosophie des Geistes. Auf den zuletzt genannten Punkt ist sein Lehrstuhlnachfolger Dominik Perler spezialisiert, während Schnädelbach es vor allem in der Diskurs- und Rationalitätstheorie ist. Publikationen und Vorträge im In- und Ausland haben sich auch nach seiner Emeritierung fortgesetzt.

Philosophie und Philosophien

Schnädelbach entstammt der Schule der Kritischen Theorie, grenzte sich aber nach seinem Philosophiestudium von ihr ab. In zahlreichen Arbeiten zu G.W.F. Hegel hat er auch zu diesem eine kritische Distanz gewahrt und sich keiner Schule angeschlossen. Das Herzstück der Philosophie Schnädelbachs ist die Distinktionstheorie der Diskursvermengung (Reflexion und Diskurs, 1977): Durch die analytische Unterscheidung ineinander verflochtener Diskursmomente können Geltungsansprüche kritisch begutachtet werden.

Pluralität in Aufklärung und Wissenschaft

Herbert Schnädelbach begreift Philosophie als einen Plural und als ein fortlaufend kritisches Gespräch im Spannungsfeld von Aufklärung und Wissenschaft.

„Die Philosophie ist ein Plural; ihre innere Pluralität ist ihre Stärke. Ein Grund hierfür liegt in dem Doppelcharakter, mit dem sie im Abendland entstand – als Wissenschaft und Aufklärung. Welterkenntnis und Selbstdeutung, objektive Theoriebildung und subjektive Orientierung – das Erbe von Aristoteles und Sokrates – sind in unserer Tradition immer wieder neue Konstellationen eingegangen. Auch darum müssen wir heute Aufklärungsbedarfe immer zugleich an die Wissenschaften verweisen – hier wird m.E. über die Differenz zwischen Philosophie und Pseudophilosophie entschieden – wie wir umgekehrt in den Wissenschaften Aufklärungsprozesse anzumahnen und zu ermuntern haben. Aber auch der Sache nach ist die Philosophie ein Plural, wenn wir sie als Inbegriff gedanklicher Orientierungsversuche im Bereich der Grundsätze unseres Denkens, Erkennens und Handelns verstehen. […][2]“(HS)[3]

Auch Kinder philosophieren,[4] aber in der Institution Wissenschaft haben Philosophen die Aufgabe, das Fach Philosophie „verantwortlich“ zu entwickeln und es nicht zu „ruinieren“.[5] Wenn vermeintliches Philosophieren der Experten diesen Aufklärungs- und Wissenschaftsansprüchen nicht standhält und demzufolge die Grenzen dieses Plurals erreicht oder überschreitet, dann ist Schnädelbach oft derjenige, der Konflikte provoziert und austrägt. Im Rahmen einer großen Abschiedsvorlesung im Jahre 2002 bezeichnete Schnädelbach diejenigen, die zum Gespräch der Philosophie mit dazugehören, aber an ihrem Rande stehend enttäuschen, als „die „»Mono-logen«, Phänomenologen und Krypto-Theologen“ der (Pseudo-)Philosophie.[6] Der in diesem Zusammenhang stehende Vorwurf der „Pseudophilosophie“ geht zurück auf Schnädelbachs Einschätzung, dass es in der professionellen Philosophie eine Tendenz zunehmender Ver(geistes)wissenschaftlichung gebe (die auch in anderen Fächern beklagt wird).[7] Daher betont er mit dem „Doppelcharakter“ der Philosophie eigentlich und vornehmlich die eher vernachlässigte Aufklärung. „Das angemessene Verhältnis von Wissenschaft und Aufklärung ist vielleicht das, was wir unter dem Wort Weisheit suchen.“[8]

Zwar hat die Philosophie nach Schnädelbach keinen originären Gegenstandsbereich, aber hinsichtlich ihres spezifischen Weltbezugs folgt auch er der aristotelischen Trias, welche sich mit Kant und Wittgenstein verändert habe (Physik>Erkenntnis, Ethik/Handlungen, Logik>Kommunikation).[9] In seinen Bemühungen „Zur philosophischen Ortsbestimmung“[10] summiert er – unabhängig von seinen eigenen, so bestimmten Ansprüchen und Theorien – die disparaten Teile dessen, was sich in Bezug auf die jeweiligen Orientierungsgrundsätze in Orient und Okzident unter dem Begriff der Philosophie entwickelt, als „eine Kultur der Nachdenklichkeit“. Durch die philosophische Aufklärung erfülle sich der Sinn der Philosophie (Nutzen, Resultate etc.), während die Rückbindung der Aufklärung an die Wissenschaft die Geltung ihrer Aussagen absichere. „Pseudophilosophie“ ist also nicht bloß im Sinne von Weltanschauungen, Esoterik, Grundlagenignoranz (es-ist-so-wie- es ist)/–essentialismus oder Binsenwahrheiten zu verstehen. Angesichts der vielen Philosophien vertritt Schnädelbach mit unvergleichlichem Nachdruck einen normativen Begriff von Philosophie, der (1) aufklärende Sachfragen und (2) intersubjektive Geltungsansprüche einfordert. Letzteres meint die intersubjektive Anschlussfähigkeit in der Wissenschaft, die dann auch für alle Thesen von deklamatorischen und philosophischen Genies wie etwa Heidegger, Adorno oder Sloterdijk gilt; während ersteres nach seiner Einschätzung in der Institution Philosophie noch häufiger vergessen wird, nämlich die dortigen (exegetischen) Arbeitsthemen immer abzuleiten von einem primären Bezug zur gegenwärtigen Praxis.

Methodisch-rationale Gesprächsphilosophie

Schnädelbachs Philosophie ist eine methodisch-rationale Gesprächsphilosophie, die in ihrem Theoriedesign aus Reflexions-, Diskurs- und Rationalitätsanalysen besteht. Sie beinhalt die zentrale These, dass die Philosophie ein Gespräch sei, sie analysiert deren Diskurse (bzw. Gespräche) – nach typologischen Differenzen, (Reflexions-)Methoden, in Bezug auf Sachprobleme und mit einer formalen (nicht bloß hermeneutischen bzw. sprachlichen) Auszeichnung diskursiv-normativer Geltungsansprüche. Dadurch ist sie selbst ausgewiesen als eine Philosophie, nämlich als eine, die mit Geltungs- und Rationalitätsansprüchen das Gespräch mit seinen jeweiligen Sachbezügen zum Gegenstand hat.[11]

Die Philosophie ist nach Schnädelbach ein Gespräch, weil die am philosophischen Gespräch Beteiligten im Chaos des Gesprächs sind, es nicht beenden können und im freien Führen von Gesprächen (Plural) durch das Gespräch (Singular) in dessen Richtung geführt werden (also auch entgegen einer geplanten Richtung). Diese Richtung begründet er damit, dass sie sich „sich als Resultante aus unserem Tun und Lassen erst ergibt“.[12] Somit verdeutlicht diese Gesprächsphilosophie, warum die Philosophie notwendigerweise keinen originären Gegenstandsbereich haben kann, als Eule der Minerva auf das Grau in Grau von rückblickenden Reflexionen verwiesen ist und das jeweils nächste Ergebnis ihrer Untersuchungen vielleicht erahnen, aber nicht definitiv vorherbestimmen kann. Schnädelbach problematisiert den genuinen Ort des Gesprächs als „Spannungsfeld zwischen der ersten und zweiten Person“ (ich/du, wir/ihr und vice versa), er nennt als „dritte Dimension“ des Gesprächs die vermeintliche Sache (den Gesprächsgegenstand) und er erläutert den Begriff des Gesprächs in Abgrenzung zu Dialog und Diskurs.[13] Wegen der Einordnung der Philosophie unter einen systematischen Geltungsanspruch ist seine Argumentation hier bereits vorgezeichnet: Der sokratisch-platonische Dialog (Sokratik, Maieutik etc.) ist nicht nur einseitig propädeutisch, sondern ohne (empirisch-aristotelische) Wissenschaft auf Explikation von Begriffen beschränkt. Der Foucaultsche Diskurs hingegen lässt wegen seiner subjektlosen Diskursformen, die ja wie ein Wittgensteinsches Sprachspiel daherkommen, ebenfalls den allgemeineren Geltungsanspruch vermissen.[14]

Schnädelbachs methodisch-rationale Gesprächsphilosophie ist eine erneuerte Form traditioneller Philosophie (Dialog, Rationalismus u. a.), die in aller Konsequenz mittels der Orientierungsleistungen der Vernunft systematisch vorzugehen versucht. Zu ihren theoretischen Grundlagen gehört als erste Komponente sein Hauptwerk Reflexion und Diskurs mit der ihr eigenen Entfaltung der Reflexions- und Diskursbegriffe in der Philosophie. Die zweite Komponente ist seine Rationalitätstheorie. Dass der frühe Schnädelbach eher auf ‚Diskurs’ und der späte des Öfteren auf ‚Gespräch’ rekurriert (oder die Begriffe synonym verwendet), hat mit der dritten Komponente zu tun, dem Diskurs- bzw. Gesprächsverlauf der Philosophie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dieser Verlauf – in Amerika (sprach-/)pragmatisch und in Europa (sprach-)hermeneutisch - ist nicht nur Kontext seiner Philosophie, sondern diese ist auch selbst ein Teil von jenem Verlauf. Auf die früheren Unzulänglichkeiten dieses Verlaufs reagierten neben Noam Chomsky und später Niklas Luhmann in einer kongenialen Weise auch Jürgen Habermas und Herbert Schnädelbach, die alle – mit einem Blick auf den linguistic turn und der gleichzeitigen Verkürzung der linguistischen Pragmatik – das Kommunikationsparadigma in der Philosophie (mit)konstituierten und die Semantik ihrer Begriffe hierbei weiterentwickelten. Dies sind bei Schnädelbach vornehmlich komplexe Summierungen und typologische Theorien (nur wenig essayistische Zeitdiagnosen) zur Erkenntnis, Normativität und Kulturgeschichte (Werkkomplex II) - letzteres mit mehreren Essays insbesondere zu Religion und Glaube (Werkkomplex III) - der (Post-)Moderne.


Methodisch-rationale Grundlegung (Werkkomplex I)

Vernunftreflexion und Rationalitätstheorie

Rehabilitierung(en) des animal rationale

„Verachte nur Vernunft oder Wissenschaft oder beides, des Menschen allerhöchste Gaben – so hast dem Teufel sich ergeben und musst zugrunde gehen.“ (Goethe)[15]

Das animal rationale und sein logos werden seit der Antike, insbesondere aber im Rationalismus, im Idealismus und im Anschluss an den linguistic turn untersucht. Bei der Überprüfung dessen, was vernünftig (rational) ist, setzt Schnädelbach Kants Geschäft der Kritik der Vernunft an und mittels der Vernunft fort. Dabei kommt er zu einer reflektierten Revision der hegelschen Kritik an Kant, während er Hegels Element, dass wir schon immer in der Reflexion sind, gleichzeitig bewahrt.

Zur Rehabilitierung des animal rationale wirkt er nicht nur in seinem gleichnamigen Aufsatz und Aufsatzband:[16] Schnädelbachs gesprächsphilosophische Werk enthält ein rationalitätstheoretisches Aufsatzgerüst, das sich wohl nur mit groben Vereinfachungen zusammenfassen lässt.[17] Es steht im Kontext anderer Rationalitätstheorien, welche – teilweise in Anlehnung an diskurstheoretische und ökonomische Theorien – insbesondere in den 1980er Jahren die Rationalitätsforschungen voran brachten (Karl-Otto Apel, Jürgen Habermas, Wolfgang Kuhlmann u. a.). Dies kann auch als Reaktion auf das „postmoderne“ Zeitalter des metaphysischen Irrationalismus verstanden werden, durch das die Rede von der menschlichen Vernunft auch unter Philosophen – oftmals mit einer poststrukturalistischen Berufung auf Nietzsche – in Misskredit geraten war. So wurde Schnädelbach hierzu als entsprechende Gegenbewegung für ein „Rationalitätsprojekt“ nach Berlin berufen, wo er als Verteidiger des animal rationale 1998 den positiven „Grundriss“ einer gegenwärtigen Rationalitätstheorie darlegte.

„Rationalitätstypen“ (1998/2000)

Der neue Maßstäbe setzende und in der Fachschaft viel diskutierte Artikel "Rationalitätstypen" (1998/2000)[18] ist für Anfänger der Philosophie eher unzugänglich bzw. in den gemachten Voraussetzungen nicht einfach nachvollziehbar, zumal er sich an Schnädelbachs Kollegenschaft richtete. Schnädelbach hat keine zugänglichere Version formuliert. Umso übersichtlicher ist zumindest seine dortige Gliederung der Rationalitätstheorie in die Bereiche Begründung, Argumentation und Regelfolgen (mit der folgenden Bezugnahme auf Intentionalität und Anthropologie). Die Regelfolgen sind hierbei eine sich in Veränderung befindliche Grundlage von Argumentationen, die somit „prinzipiell der kritischen Beurteilung ausgesetzt bleiben“. [19]

Für Schnädelbach ist das kritische Element sowohl kommunikativ (Habermas, Apel) als auch pragmatisch (Wittgenstein, Quine), solange es ausgewiesen ist als vernünftig (bzw. rational). Anders als bei der Mehrzahl der gegenwärtigen Rationalitätskonzepte ist für ihn all das, was verständlich ist, rational.[20] Im Bereich objektsprachlicher Begründungsrationalität unterscheidet Schnädelbach aufbauend auf Kant „kognitive, normative, epistemische und intentionale (auch ‚praktische’ im engeren Sinne)“ Typen der Rationalität.[21] Angesichts der vielen Rationalitätstypen, die Gegenstand der Rationalitätsdebatten sind (reine, praktische, kommunikative, funktionalistische, instrumentelle, emotionale, expressive, wissenschaftliche, ästhetische usw.), kann man jene als basale Begründungstypen begreifen, die die Philosophinnen und Philosophen heutzutage nicht mehr selbstverständlich hintergehen können. Herbert Schnädelbach prägte den Term ‚Methodischer Rationalismus’ und kommt damit zu einer Neuformulierung des Vernunftbegriffs unter den Vorzeichen der Moderne. Als methodischer Rationalist hat er zum Abstand vor großen Systemen mahnend auf einen eigenen Systementwurf verzichtet, es bei seinen zahlreichen Theoriestücken belassen und sie 2007 mit dem Band Vernunft deswegen um eine Begriffsgeschichte ergänzt, weil der Begriff der Vernunft durch seine historische Genese, unterschiedliche Begriffsauflagen und unseren geschichtlichen Bezug besser verständlich werde.


Diskurspluralität und Diskursvermengung

Reflexion und Diskurs (1977)

Die Studien zur Figur der Reflexion, die ein gutes Drittel von Schnädelbachs Hauptwerk Reflexion und Diskurs (1977) ausmachen, richten sich zusammen mit dem linguistic turn (und z. T. mit dessen spätmittelalterlichen Vorläufern) gegen den Fehlschluss, dass Sätze vor oder nach dem Denken stehen; und sie kommen wie die pragmatische Wendung der Sprachphilosophie zu dem Ergebnis, dass Referenzpunkte nicht eine vorgestellte Bedeutung haben, sondern nur die der normalen Sätze (keine Spiegelmetaphern wie bei Descartes oder Husserl). Schnädelbach ordnet die Reflexionsphänomene wie in seiner Rationalitätsphilosophie typologisch: mit „Kant I“ empirisch, logisch und transzendental (‚transzendental’ als ‚semiotisch’ wie in Apels Transzendentalpragmatik) und mit „Kant II“ phänomenologisch, geltungstheoretisch und sinnexplikativ. So bietet Schnädelbach dann auf der Ebene der Diskurstheorien eine Entfaltung von ‚Reflexion’ als methodisches Muster der Philosophie überhaupt.[22]

„Wie immer man zu dem Status einer Diskurstheorie als philosophischer Theorie stehen mag – ob mit Habermas durch den universellen oder mit Apel durch den transzendentalen Charakter der Sprachpragmatik definiert, zu der jene Diskurstheorie gehört: der pragmatische Einführungskontext macht diese Theorie attraktiv als Grundlage einer Reformulierung der mentalistischen Reflexionskonzepte. Wenn in ihnen von ‚Bewußtsein’ im Sinne einer Bereichskategorie die Rede war, so umfasst dieser Ausdruck immer zugleich Subjekt, Tätigkeit und Gegenstand des Bewusstseins. Diese drei Aspekte einer umfassenden Hinsicht […] bleiben in der Sprachpragmatik unverkürzt erhalten: als Sprecher, Sprechvorgang und Gesprochenes. Bewusstseinvermögen und Bewusstseinsakte finden ihre Analogie in der Kompetenz und der Performanz des Sprechers.“ (HS)[23]

Trotz dieser Parallelbeschreibung war in Schnädelbachs Diagnose die bisherige Theorie der Diskurse teilweise irreflexiv und für eine Rekonstruktion traditioneller Reflexionskonzepte nicht voll explizierbar, weil sie ihre eigene Metasprache nicht selbst enthielt, und stattdessen in Abgrenzung zu Luhmann auf geltungstheoretische Kontexte spezialisiert war, so dass hier – entsprechend dem Untertitel von Reflexion und Diskurs – auch die Fragen einer Logik der Philosophie gestellt werden mussten.[24] Infolge dessen präzisiert Schnädelbach das Verhältnis von Diskurs und Metakommunikation, die Abgrenzung von Diskurs und kommunikativem Handeln und den Themenbereich diskursiver Verständigung, um dann anknüpfend „an die kommunikative Kompetenz der Philosophierenden“ hauptsächlich deren Diskurstypen entfalten zu können.[25]

Deskriptiv, normativ, explikativ

Der Diskursanalyse hat Herbert Schnädelbach in seinem Hauptwerk, Reflexion und Diskurs (1977), ein bedeutendes Instrumentarium geliefert. Philosophische Reflexion, die ihre konsensfähigen Formen zugleich mit entwirft, versichert sich eines intersubjektiv rekonstruierbaren Rationalismus. Dieser grenzt sich sowohl ressourcenhaft von Positionen des unterschiedlichsten Intuitionismus ab und rekonstruiert methodisch seinen thematischen Gegenstand auf der Ebene von pragmatischen Sinnexplikationen in Form von satzförmigen Sachgehalten. Es ist Herbert Schnädelbachs These, dass sich die Reflexion in der Philosophie unter dem Vorzeichen einer radikalisierten Moderne (die semantische Zeitform einer nicht aufhebbaren Dauerkrise) in den Pluralitäten von Diskursen nur zu entfalten vermag, wenn sie sich von vornherein nicht von Fragen der Geltung abkoppeln lässt.

Herbert Schnädelbachs genuine Leistung ist der insistierend-systematische Entwurf einer Pluralität der Diskurse. Dabei sind die Konnotationen des Pluralismus missverständlich. Genauer muss man hier von einem Entwurf einer Theorie der unproblematischen Diskursverknüpfung und der problematischen Diskursvermengung sprechen. In Erinnerung an die Auszeichnungen naturalistischer Fehlschlüsse von George Edward Moore und den Begriff des Kategorienfehlers von Gilbert Ryle erläutert Herbert Schnädelbach die (pragmatischen) Logiken von Explikationen, Deskriptionen und Normativitäten, die in philosophischen Diskursen praktiziert werden. Im Gegensatz zur alltäglichen Kommunikation, wo diese ausgezeichneten Momente sich untereinander verflüssigen, sind Diskurse als explikative, deskriptive und normative (präskriptive) auseinander zu halten. Erst ihre differente Auszeichnung ermöglicht Denkfiguren, in der unproblematische Diskursverknüpfungen zugleich die Einheit der Philosophie prozessual bestätigen. Nicht allein unter den normativen Gesichtspunkten der Konsensfähigkeit werden diese legitimen Verknüpfungen zugleich mit deskriptiven, normativen und explikativen Konfusionen (Unklarheiten) kontrastiert. Diese Konfusionen, auf welche die Theorie der schnädelbachschen Diskursvermengung aufmerksam macht, sind Effekte von Vermengungen bzw. Verwechslungen und oftmals bilden sie die Gründe für Dissens und von kontroversen Debatten (in der Philosophie ebenso wie beispielsweise in der Politik).

Diskursvermengungen sind weit verbreitet: Das phänomenologische Programm, welches seinen Anspruch der Beschreibung (Deskription) der Phänomene als Explikation ausgibt, ist ein systematisches Missverständnis. Die Identifikation von Faktischem und Normativen in Form einer Transformation von Ist-Sätzen in Soll-Sätzen in vielen Ethiken und Moralentwürfen ist ein anderes. Nicht nur in der methodischen Durchführung eines philosophischen Problems sondern bereits in der Thematisierung von Diskursgegenständen kann eine solche Vermengung entstehen. Schnädelbachs Auflistung (und stetige Ergänzung) der verschiedensten Formen der Diskursvermengung, die selbst namhafte Traditionen kategorial vollziehen, denunziert keineswegs deren philosophische Befunde, stellt aber durch die Identifikation des systematischen Ortes von diskursiver Philosophie ein inwendiges Kriterium zur Verfügung, das Unterscheidungen nachvollziehbar ermöglicht.


Normativität und Orientierung

Kritik an Kritischer Theorie und Habermas

Der frühe Schnädelbach hatte eine Nähe zur kritischen Gesellschaftstheorie (von Max Horkheimer, Theodor W. Adorno u. a.). Diese Theorie beinhaltete einen abgrenzenden Vorwurf gegenüber dem Positivismus, nach dem dieser normative Defizite aufweise. Diese Defizite wurden durch Schnädelbach erstmals nachgewiesen.[26] Indem er allerdings in Erfahrung, Begründung und Reflexion. Versuch über den Positivismus (1971) gleichzeitig dessen Stärken kommunizierte und zudem auch Habermas Kritik an der Kritischen Theorie folgte, begann er sich auffällig früh von der Dominanz abzusetzen, die die Kritische Theorie in Frankfurt ausübte.[27] Auch von dem bloßen Grundanspruch der Kritischen Theorie, einer wissenschaftlichen Kritik der Gesellschaft gerecht werden zu können, rückte Schnädelbach frühzeitig ab. Seine Gründe liegen in Referenzen auf Max Weber und in dem spezielleren Vorwurf der Diskursvermengung, mit denen Schnädelbach zur Kritischen Theorie eine deutliche und dauerhafte Distanz wahrt(e) und auch nicht wie Habermas ihre Weiterentwicklung oder Transformation verfolgt(e). Allerdings verblieb er immer in ihrem Kontext, indem er in moraltheoretischer Hinsicht die theoretischen Bezüge ihrer Vertreter und Zeitgenossen untersuchte (von Adorno, Horkheimer, Sartre u. a.) und normativ-ethische Wendungen vollzieht.[28] Schnädelbach hat begründet, dass die Dialektik der Aufklärung nur als negative aktuell sei,[29] ansonsten Philosophiegeschichte sei und nicht zuletzt wegen des Poststrukturalismus’ als lebensphilosophische Kulturkritik ihre Renaissance gehabt habe.

Die wohl wichtigste Abrechnung mit der Dogmatik der Kritischen Theorie hatte Habermas 1964 mit seiner Antrittsrede bereits geleistet, die dieser in seinem eigenen Hauptwerk, der Theorie des kommunikativen Handelns, noch verstärkte (durch Aufzeigen der Grenzen ihrer Begründungsbegriffe u. a.). Habermas Werk, das der Sozialphilosophie zugerechnet wird, sorgte international für Diskussionen, an denen Schnädelbach seinen Anteil hatte. Hier erregte Schnädelbach 1982 das erste Mal eine breite Aufmerksamkeit, als er auf jenes Werk mit einer versiert-philosophischen Rezension reagierte.[30] Diese erste nachhaltige Kritik zu Habermas’ Hauptwerk gesteht dem kommunikativen Rationalitätstyp hinsichtlich der Begründungsebene ein Primat zu, das Habermas zudem hinsichtlich empirischer Anschlussfähigkeiten zu entfalten gelinge; aber es seien die Vorüberzeugungen derjenigen, die Gründe beschreiben und bewerten, die einen intern ableitbaren Zusammenhang dieser Beschreibung und Bewertung verhindern würden.[31] Infolge dessen verschiebe sich die Begründungslast einer normativen Gesellschaftstheorie auf Habermas Theorie des Verhältnisses von kommunikativem Handeln und Lebenswelt, zumal letztere ja auch nach Habermas das gemeinsame Hintergrundwissen (und die Anschlussstelle der Handlungstheorie) ist. Doch eben auch bei der Lebenswelt zeige sich nach Schnädelbach eine Rückbindung an die erste Person der Forschergemeinschaft (oder die des beschreibenden und beurteilenden Forschers) mit dessen jeweiligen Vorüberzeugungen und somit ein „nie ganz objektivierbares Apriori“.[31][32] Allerdings lasse sich das zweistufige Gesellschaftskonzept von Habermas Hauptwerk (jener Theorie des kommunikativen Handelns), mit dem Typenunterschied zwischen zweckrationalem und kommunikativen Handeln begründen.[31] Dieser konstruktive Abschluss von Schnädelbachs Kritik kann aber nicht die Beschneidung kaschieren, die er hier hinsichtlich der normativen Begründungsansprüche von Habermas unternahm.

In Schnädelbachs „Rationalität und Normativität“[33] klärt Schnädelbach zunächst Mehrdeutigkeiten von ‚rational’, um damit dessen normative Indifferenz nachzuweisen (ohne auszuschließen, dass man „den Kognitivismus der Rationalitätstheorie durch die Integration emotiver und voluntativer Elemente“ vielleicht korrigieren könne); so dass man dann letztlich wieder auf Präferenzen und Entscheidungen einer bestimmten Lebensform zurückgeworfen werde. Zieht man hier zu Schnädelbachs kritischer Position Bilanz, so ist zumindest der Weg einer methodisch-rationalen Normativität positiv ausgezeichnet: Demnach müssen die Fragen des Was-soll-ich-tun immer systematisch-verständlich behandelt und dabei auch unsere jeweiligen Selbstverständlichkeiten und Orientierungen so hinterfragt werden.

„Werte und Wertungen“ (2001)

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine methodisch-rationale Aufklärung, wie Schnädelbach sie versteht, nicht nur kritisch (mit der modernen, insbs. der kantischen Aufkärungstradition) und grammatisch (mit der sprachanalytischen, insbes. der sprachpragmatischen Kommunikationstradition), sondern auch normativ zu begreifen ist (mittels seiner eigenen Distinktionstheorie im Anschluss an alle vorstehenden, aber auch ethische Traditionen insbs. des sozialphilosophischen Umfelds in Frankfurt); wobei die normative Aufklärung dann, wenn sie wissenschaftlich unterfüttert ist, Schnädelbachs praktisches Verständnis von einer gegenwärtigen Ethik ergibt. Alle drei Aufklärungsmomente sind in seinen Beiträgen bezüglich unserer Werte erkennbar.

„Plötzlich treten uns die Standards und Kriterien, gemäß deren wir Dinge gut finden, schätzen und anderen vorziehen, als metaphysische Großobjekte gegenüber, die angeblich unabhängig von uns existieren oder gelten und uns in die Pflicht nehmen; kein Wunder, daß Ideologen sich ihrer zu bemächtigen und in ihrem Namen zu sprechen versuchen. Hinter dieser Fassade verschwindet die Tatsache, dass die Werte in Wahrheit unsere eigenen Präferenzen und Entscheidungen repräsentieren, die wir nicht nur selbst verantworten, sondern in veränderten Situationen auch kritisch zu überprüfen haben; es gibt keine Instanz, die uns davon entlastet.“ (HS)[34]

In der „Praktischen Philosophie“ erfolgt die kritische Prüfung von Entscheidungen und von im Hintergrund wirkenden Präferenzen in Ethik, Politischer Philosophie, Rechts- und Sozialphilosophie, um nur ihre bekanntesten Bereichsüberschriften zu nennen. Ihr Anspruch an Wissenschaftlichkeit erfüllt sich auch bei Schnädelbach in der Neutralität, sich nicht im Vorfeld auf das Ergebnis einer Prüfung festzulegen, sowie in den Beweisverfahren auf Allgemeingültigkeit bzw. Objektivität.

In seinem Beitrag „Werte und Wertungen“ (2001)[35] zielt Schnädelbach auf die Objektivität der Werte, welche ja oft und in verschiedenen Situationen thematisiert werden. Dazu benötigt der praktische Philosoph ein grammatisches Begriffsinstrumentarium, dass Schnädelbach in diesem Aufsatz ausbreitet, zum Beispiel Zweck/Wert; Werte/Wertungen; Wertungen/Bewertungen; Beurteilungen/Urteile; allgemein/notwendig; deskriptiv/normativ/evaluativ; objektiv/subjektiv; intersubjektiv/privat; Begriff/Regel; Mitteilungssinn/ Handlungssinn sowie ideologiekritische/ontologische/grammatische Argumente (nur letztere werden mit fachphilosophischen Voraussetzungen erläutert). Neben diesen Distinktionen fasst er wesentliche Strömungen der praktischen Philosophie nach Nietzsche zusammen (z. B. Neukantianer, Wertphänomenologen und Kritische Theorie) ohne in Not einer (moralischen oder ethischen) Parteinahme zu stehen, und er stellt sie in den Kontext des heutigen Werte-Sprachgebrauchs.

Hier erweist Schnädelbach, dass Werte nicht Objekte sind (so wie der Begriff ‚Mensch’ kein Mensch und Rotsein nicht rot sei, so sei „die“ Gerechtigkeit nicht selber gerecht), sondern nur Regeln des evaluativen Sprachgebrauchs. „Unter „Objektivität“ der Werte können wir nur die intersubjektive Geltung dieser Regeln und der sie umfassenden Präferenzen verstehen“, wie etwa die (nicht-wertfreie) Entscheidung der Verfassungsgeber hinsichtlich der (nach Präferenzen geordneten) Stellung der Würde des Menschen und seiner Rechte.[35] Der entsprechende Niederschlag im Grundgesetz stelle eine „Brücke zwischen dem Evaluativen und dem Normativen“ her. Hinsichtlich des normativen Bereichs des Privaten mit seinen alltäglichen Streitereien fügt Schnädelbach lediglich jene Stellungnahme an, dass hier keine (rechtliche) Regelung oder Normierung nötig sei. Er begründet dies mit dem Hinweis, dass dazu nur der jeweilige „Konsens über die Regeln der Konsensbildung“ hinreichend und unverzichtbar sei.[36]

Die Rückbindung an eine intersubjektive (nicht bloß konventionelle) Geltung von Sprachregeln bezeichnet er auch als kulturelle Geltung. Sie sei nicht auf das Faktische oder „Natürliche“ zurückführbar oder damit zu vermengen[37] (z. B. bzgl. der Rolle der Geschlechter), weil es keine natürliche Geltung gibt (die Natur ist stumm).

Geschichte, Kultur, Sprache und Erkenntnis (Werkkomplex II)

Vor und zurück im neuen Holismus

Geschichte und Auslegung

Geschichtsphilosophie, Historismuskritik und Philosophiegeschichte

Wie der Philosoph David Hume ist Schnädelbach ein Anti-Traditionalist mit Tradition – im Sinne einer aktiven Geschichtspflege, aber eigentlich nur mit Bezug auf ihren Gegenwartswert. Trotz oder wegen dieses paradoxen Verhältnisses zur Geschichte ist Schnädelbach der Autor von zwei Büchern, die im In- und Ausland Referenzwerke wurden zur Geschichtsperiode 1831-1933: Eines zur Geschichtsphilosophie und ein anderes zur deutschen Philosophiegeschichte.

Zunächst veröffentlichte er 1974 mit Geschichtsphilosophie nach Hegel. Die Probleme des Historismus eine Rehabilitierung und gleichzeitige Kritik am Historismus, der meistens als reaktionär wahrgenommen wird, aber im Anschluss an Hegel zunächst aufkläreririsch wirkte (als eine Aufklärung der Aufklärung und auch gegen Hegels System der Weltgeschichte, das an dessen Begriff der Freiheit gebunden war). Problematisch sei der Historismus dennoch, aufgrund seines „heimlichen Positivismus“ mit dem Glauben an Geschichtsgesetze und in seiner Beschränkung auf Narration mit einem Paradox theoretischer Theoriefeindlichkeit. Das Buch beschreibt eine Fülle geschichtsphilosophischer Aporien, die meistens auf die Beschränktheit geschichtsphilosophischer Konzepte zurückführbar seien. Die Denkfigur „Jede Epoche ist unmittelbar zu Gott“ erlaubt nicht einmal jenen politischen Positivismus, den der Historismus politisch behauptet. Normative Ansprüche der Kritik wären nach diesem Ansatz lediglich weltanschaulich gegeben. Hieraus wird deutlich, dass auf dieser Basis jedes Rechtssystem nicht wirklich begründet, sondern nur gesetzt wäre (ein Rückfall auf vormoderne Autoritätsmodelle). Wie ist Geschichtsschreibung dann noch möglich? Da Hegels Weg gescheitert sei, bleibe als einziger Weg offen, empirisch-narrative Konzepte zu beschreiten (s. u. „Geschichte als kulturelle Evolution“) und sie für vergleichende Theorien zu öffnen.

Nach Schnädelbach wird die Lehre der Philosophiegeschichte anhand einer Themenorientierung greifbar und für die Gegenwart nützlich. Konsequenterweise organisierte er das 1983 erschienende, ebenfalls mehrfach übersetzte und mit einer Epochenskizze versehene Buch Philosophie in Deutschland 1831-1933 nach folgenden Themen: Geschichte, Wissenschaft, Verstehen, Werte, Sein und Mensch.


Hermeneutik und Morbus Hermeneuticus

Einerseits knüpft Schnädelbach mehrfach an Hans-Georg Gadamer und die hermeneutische Tradition an. So argumentiert er denn auch für eine hermeneutische und kritische Rationalitätstheorie ohne Fundamentalismus.[38]

Gleichwohl war er es, der mit dem als Streitschrift bezeichneten Aufsatz „Morbus Hermeneuticus. Thesen über eine hermeneutische Krankheit“ (1981) für eine innovative Relativierung der Universalansprüche der Hermeneutik sorgte. Die damalige und wohl auch weiterhin gegenwärtige Diagnose lautete: „Die hermeneutische Krankheit besteht in der Philologisierung der Philosophie, und sie greift nach einer kurzen analytischen Zwischenpause wieder um sich“, wobei eines ihrer Symptome die Überzeugung sei, „daß das Philosophieren im Lesen der Werke von Philosophen bestehe“, was dann das „selbständig philosophisch[e]“ Denken ersetze.[39] Nach Schnädelbach hat diese Krankheit, die jeden Philosophierenden anstecken könne, ihren Herd in der hermeneutischen Ontologie. Diese bestehe in der Auffassung, dass Philosophieren in der Weise unseres „Seins zum Text“ (Odo Marquard) bestehe und dieser ‚Text’ bereits von der großen Philosophie vollständig abgesteckt sei.[40] Zentrales Argument ist, dass die Reduktion der Hermeneutik (auf eine Philologisierung des Philosophierens) „die Mittel in Zwecke und das Medium in den Inhalt des Philosophierens“ verkehre.[39] „Die philosophische Gesprächssituation aber bestehe in einem Dialog über eine Sache, während die Philologen sich damit begnügen mögen, primär über Texte und damit über Reden anderer über eine Sache zu reden“ und daher konsequenterweise nicht Philosoph, sondern „Philologe werden“ sollten.[39]

Geltungen in Bezug auf Ereignisse und Bedeutungen gehen nach Schnädelbach (und dies ist der Kern des Arguments) nicht in ihrer Genese auf (im beobachten- oder erklären-wie-es–geworden-ist), sie müssen erklärt werden und sind somit mehr als ihre Geschichte (so wie in der Geestaltpsychologie das Ganze mehr als seine Teile ist, in der Regeltheorie die Regelanwendung mehr als ihre Regel ist, ein Gerichtsurteil mehr als eine Gesetzesauslegung ist, etc.). In der anschließenden Debatte und bei weiteren Zitierungen des Terms ‚Morbus Hermeneuticus’ wurde Schnädelbach vorgeworfen, dass er damit das Anliegen der Hermeneutik (oder auch das der Philologen) unterlaufe.


Kultur

„Kultur und Kulturkritik“ (1992)[41]

Zu Schnädelbachs expliziten Plädoyers gehört auch das für eine kritische Kulturphilosophie. So wie die analytische Philosophie in einen neuen Holismus übergegangen sei (mit Quine s. u.), so sei auch der Kulturbegriff nicht nur allgemein und formalisiert, sondern auch dermaßen neutralisiert, dass er keinen Zusammenhang zwischen Kultur und Kritik zu stiften vermag. Also müsse der Weg statt von der Kultur- zur Vernunftkritik (z. B. bei Adorno) wieder in umgekehrter Richtung begangen werden.

„Auch prämoderne Kulturen kennen Kulturkritik – man denke an die alttestamentlichen Propheten, an Laotse oder Buddha; deswegen macht die Tatsache der Reflexivität noch nicht die Modernität von Kulturen aus. Modern sind Kulturen erst dann, wenn sich die Kulturkritik in ihnen nicht mehr an mythischen, religiösen oder transzendenten Autoritäten orientiert, sondern das Bewusstsein davon gewonnen hat, daß die Kriterien und Maßstäbe, denen sie folgt, im kulturkritischen Diskurs selbst gerechtfertigt werden müssen […].“ (HS)[42]

Die hieran anschließende Frage ist: Welche Maßstäbe sind gerechtfertigt? Schnädelbach diskutiert in Anlehnung an die moderne Kulturkritik deren Entgegensetzungen. Die Natur sei kein geeigneter Maßstab, da man mit ihr für das Recht des Stärkeren, gegen Schwerbehinderte und die Gleichstellung der Frauen argumentieren könnte.[42] Jean-Jacques Rousseau mache mit dem Entfremdungsmodell eine (paradoxilösende) Gegenrechnung auf, doch erst Kant würde erkennen, dass „die Berufung auf natürliche Tatsachen im Menschen unvereinbar ist mit der These der Willensfreiheit“.[42] Schnädelbach deutet auf die Aporien kulturinterner Begriffe (‚Zivilisation’, ‚-sierung’, ‚zwei Kulturen’, ‚Modernisierung’, ‚Lebenswelt’) und totalitärer Begriffe (‚Leben’, ‚Überbau’, das kulturelle Ganze, ‚Gesellschaft’). Gleichwohl bleibe es Aufgabe kritischer Kulturphilosophie „den natürlichen Dogmatismus aus- und den relativistischen Skeptizismus einzugrenzen“, denn mit letzterem – ethisch gewendet – könne man Folter oder Kinderarbeit in einer Weltkultur nicht kritisieren.[42] Schnädelbachs verbleibender, formaler und zugleich technizistischer und demokratischer Maßstab ist wieder der Verweis auf Vernunft und Rationalitätstheorie, da eben kein essentialistischer, substanzieller oder objektivistischer Maßstab gerechtfertigt wäre. Mit einem anderen Verweis – aber erneut ethisch gewendet – pointiert Schnädelbach die Aufgabe der Geschichtsphilosophie.

Herbert Schnädelbach in Glauben Wissen Kritisieren, Schnädelbach und die Hegelsche Milchschale 1, D 2007.


„Geschichte als kulturelle Evolution“ (2002/2004)

In „Geschichte als kulturelle Evolution“ nimmt Schnädelbach eine Diskussion zwischen Luhmann und Habermas zum Verhältnis von Evolution und Geschichte auf, wobei nun der Begriff ‚kulturell’ die theoretische Konstruktion trägt, die die Besonderheit des Geschichtlichen auszeichnet: Geschichte als kulturelle Evolution.[43] Zunächst argumentiert er mit Kant gegen die Deutung der Geschichte als „Naturprozess“ „nach einem verabredeten Plane, im ganzen“[44] (Schnädelbach: „sei es Gottes, der Vorhersehung, des Schicksals oder der Menschheit“); es gebe stattdessen „rein »Kultürliches«, das sich nur evolutionär darstellen lasse: zum Beispiel die »Entwicklung« der Dampflokomotiven und Ihr »Aussterben«“.[45]

‚Evolution’ sei mit den Elementen ‚Tradition, ‚Variation’ und ‚Selektion’ eine neutrale „Bezeichnung für ein Modell der Systematisierung von Informationen über Vergangenes, das nur historisch zufällig in der Biologie entwickelt wurde – durch Darwin.“[46] Nach Schnädelbach ist kulturelle Evolution eine zweite Stufe der Reflexivität, in der sich der Mensch zu seiner Natur und Tradition verhalten könne.[47] Mit Schopenhauer, Marx und Nietzsche, deren Einfluss auf das 20. Jh. und den Erfahrungen hieraus müsse man einräumen, dass Handlungsabsicht und –erfolg selten übereinstimmen, aber der Grund dafür sei „nicht die Irrationalität des Handelns selber, sondern die Tatsache, dass wir viele sind und dass es deswegen viele sind, die […] rational zu handeln versuchen.[48] Wenn aber Geschichten nicht das sind, was man tut, sondern das, was einem geschieht, dann könne das Geschichtliche nicht nach dem Schema individueller Handlungsrationalität erklärt oder gedeutet werden. Es verbleibe ein narrativer, analytischer Historismus, in dem Natürliches geschichtlich und Geschichtliches natürlich sein könne, weil Evolution „keine bloße Naturtatsache ist, sondern […] sich gleichermaßen auf Natürliches wie auf »Kultürliches« anwenden“ lasse.[49]

In Schnädelbachs Perspektive ist kein Machen oder Herstellen zukünftiger Geschichte möglich, wohl aber eine Verbindung von Handlungs- und Mitteilungssinn des Geschichtlichen als Chance und Last einer prinzipiell intentionalen Steuerbarkeit kultureller Evolution.[50] Schnädelbach vollzieht eine scharfe Trennung zwischen objektiv-narrativer Konstitution des Vergangenen, die sich – als Aufgabe des Historikers – an „der Widerständigkeit des historischen Material gegen beliebige Einordnung und Zuordnung“ bemesse (hier liege die Aufgabe des Historikers), und geschichtlicher Verantwortung, die – auf Produktion von Zukunft bezogen – völlig anders orientiert sein müsse (nämlich primär an „moralischen und politischen Überzeugungen“).[51]


(Post-)Analytische Philosophie als Sprachphilosophie

Sprache

„Analytische und postanalytische Philosophie“ (2004)

Schnädelbach unterteilt die analytische Philosophie in drei Momente. Die Zeit des Logischen Atomismus ist gefolgt vom Logischen Empirismus. Beide haben sich in ihrer Ausdifferenzierung erschöpft und sind daher heute nicht mehr als Programm begehbar.

Die These Schnädelbachs lautet, dass das dritte Moment der analytischen Philosophie, die Analytische Sprachphilosophie, den einzigen gangbaren Weg dieser Tradition darstellt, weil Sinnkritik (über die Sinnhaftigkeit unserer Termini) der Erkenntniskritik vorgeordnet ist. Schon 1977, in Reflexion und Diskurs – in der distinktiven Auszeichnung deskriptiver, explikativer und normativer Diskurse und seiner Theorie der Diskursvermischung – zeigte Schnädelbach dies auf, womit die Rationalitätsdebatten der 1980er Jahre ihr bis heute prägendes Verständnis, Philosophie als Diskurs (statt einer Philosophie verschiedener Stile und Philosophen), vorweggenommen worden ist. Wenn man an das mentalistische Paradigma (von Descartes und auch Kant) das sprachanalytische anschließe (das vor allem durch Russell und Moore auf den Weg gebracht und von Wittgensteins pragmatische Wendung, Quines Two Dogmas, Davidsons On the very Idea of a Conceptual Scheme und vielen anderen entwickelt worden sei), dann ergebe sich nach Schnädelbach „die Maxime, im Kontext kritischen Philosophierens alle philosophischen Sachfragen zunächst von Ihrem im weitesten Sinne grammatischen Aspekt her aufzugreifen, um sicher zu sein, dass wir es nicht mit einem linguistischen Schein, das heißt durch sprachliche Selbstmißverständnisse erzeugten Scheinproblemen, zu tun haben […]“ (ebenda); - im Ergebnis also ein Anspruch, der einen Standard für gegenwärtiges Philosophieren zementiert.


„Phänomenologie und Sprachanalyse“ (2000)

Neben der analytischen Sprachphilosophie sei mit der Phänomenologie eine weitere Hauptrichtung der Philosophie des 20. Jhts. benannt: „Husserls Programm einer Philosophie als »strenger Wissenschaft«[…] samt ihrer Wirkungsgeschichte über Heidegger, Sartre, Merlau-Ponty, Emmanuel Levinas, Hans Lipps u. v. a., wobei sich diese Richtungen im 21. Jht. – so Schnädelbachs These – komplementär verbinden würden.[52] Während Edmund Husserl „im Talar rein deskriptiver »Wesensforschung«“ über ein bloß symbolisches Wortverständnis hinaus auf die »Sachen selbst« zurückgehen wollte,[53] besteht Ludwig Wittgenstein darauf, „[n]ur in einer Sprache können wir etwas mit etwas meinen“, so dass dann das „Wesen“ in den grammatischen Regeln der Sprachverwendung liege.[54] Die Phänomenologie sei aber in Husserls Ansatz und dann durch Martin Heideggers Sein und Zeit hermeneutisch gewendet, so dass sie nicht für eine Weltverdoppelung stehe, sondern in eine Auslegung der Phänomene übergehe, somit für Sprachanalysen attraktiv geworden sei (bei Jaakko Hintikka, Dagfinn Føllesdal u. a.) und Schnädelbachs eigenen Vorwurf der Diskursvermengung ein Stück weit untergrabe (Deskripitives wird explikativ). Die transzendentale (Kant) bzw. bedeutungskonstitutive (Husserl) oder „black box“-Subjektivität findet sich heute wieder in Debatten wie der ‚Intentionalität vs. Konventionalität von Sprechakten’. Schnädelbach erklärt, dass Phänomene durchaus Intentionen beschreiben, aber auch hier wieder Momente der Diskursvermengung weiterbestehen.[55] Schnädelbach vermittelt Gedankenfiguren, durch die das phänomenale, nichtpropositionale (bzw. präpropositionale) Bewusstsein als ein Komplement unserer sprachlichen Kompetenz die Grenzen dieser Kompetenz bewusst mache, wobei jedoch sinnkritische Formen immer sprachförmig blieben.

Erkenntnis, Wille und Natur

Erkenntnis und Subjekt der Erkenntnis

In seiner Erkenntnistheorie als das, „was die Alten »Physik« nannten – das Wissen von der Welt der erkennbaren Dinge und Ereignisse“,[56] vertritt Schnädelbach einen grammatischen Ansatz, nach der die Erkenntnistheorie als eine Theorie der Formen des Wissens zu verstehen sei (Wahrnehmungen, Ideen, Erinnerungen usw., welche sich durch unseren Sprachgebrauch erschließen würden). Somit geht seine Theorie vom Sprachgebrauch der epistemischen Ausdrücke aus und sie räumt, darüber hinaus, dem explikativen Diskurs in Erkenntnisfragen einen Vorrang ein.

Aber woher kommen im Bereich der Erkenntnis Geltungsfragen? Ohne Skeptizismus wären Geltungsfragen offenbar nicht wichtig, ihn wie Hegel ernst zu nehmen, überführe den Diskurs in Geltungsfragen. Demnach bedürfe Erkenntnis die diskursive Befriedigung eines skeptischen Subjekts und dessen skeptischer Intervention im Rahmen eines Diskurses. Das eigentliche Erkenntnissubjekt ist hier nicht der, der begründet, sondern der, der die Begründung akzeptiert. Das explikative Moment bekommt ein Schwergewicht, weil es dann nicht um bloße Beschreibungen geht (wie beispielsweise Fenster und Türen unterschieden werden) oder Befehle (normativ, was mit ihnen gemacht werden solle), sondern um Erklärungen; also um theoretische Verständigungen darüber, was nicht mehr weiter bezweifelt, sondern was dem Fragenden mit Descartes gesprochen klar und deutlich wird.

Schnädelbach vertritt die Propositionalitätsthese (alle epistemischen Ausdrücke verlangten im Grunde eine durch ‚dass …’ eingeleitete Ergänzung) und dass es nicht mehr um die Übereinstimmung von intellectus und res „und erst recht nicht“ um die Identität von Subjekt und Objekt gehe.[57] Schnädelbach exponiert das sinnkritische Element und zeichnete es methodisch aus (er fragt, ob Sätze benutzbar sind, also ob sie vielleicht unsinnig und nicht-kommunikativ sind, welche pragmatische Funktion sie haben etc.), wobei der Begriff ‚transzendental’ ein Erörterungsmoment gegen Metadiskurse ist. Erkenntnistheorie sei einerseits ein philosophisches Geschäft, das anderseits durch zahlreiche Disziplinen auch empirisch erforscht werde (Kognitionswissenschaft, Evolutionäre Erkenntnistheorie, Wissenssoziologie), beides ergänze sich, aber ersteres (a) setze nicht wie letztere die Möglichkeit von Erkenntnis voraus, (b) daher trenne es Wissen auch von „Meinung und Geistesverwirrung“ und (c) es behalte die Perspektive der ersten Person Singular und Plural bei. Mit dieser Perspektive rehabilitiert Schnädelbach das Erkenntnissubjekt, allerdings verweise sie genaugenommen nicht auf Erkenntnissubjekte als solche, sondern auf deren Subjektivität, das heißt auf das Bedingungsgefüge, das schon Kant als dasjenige begriff, das die Erkenntnissubjekte selbst immer schon ins Spiel bringen (und das in der Beobachtungsperspektive der dritten Person unberücksichtigt bliebe),[58], während die Objektivität der Erkenntnis den „Anspruch unseres Wissens“ bezeichne „Etwas so zu repräsentieren, wie es tatsächlich ist – unabhängig von unseren Vormeinungen und Vorurteilen“.[59]

Schnädelbachs Erkenntnistheorie, die eine fallibilistische ist, weist zentrale Elemente der „Postmoderne“ auf, nämliche prozessuale Erkenntnisvorgänge, eine offene Zukunft des nicht endgültig Bestimmbaren und eine Wahrheit, die der Endgültigkeit nicht ausgeliefert ist. Das zugleich zivilisierende Element der schnädelbachschen Erkenntnis- und Diskurstheorie ist in diesem Sinne postmodern, da es sich nach voller Befriedigung der Geltungsfragen immer noch als zukünftig erweist: Wahrheit ist diskursiv und immer nur vorläufig abgeschlossen (sie bleibe wie das Wissen fallibel).


Willensfreiheit und Kritik am Naturalismus

In den langjährigen Gegenwartsdebatten zum Naturalismus und zur Willensfreiheit ist Schnädelbach kein maßgeblicher Vertreter einer Richtung, aber dennoch sind seine Beiträge auch hier auffallend innovativ. So veröffentlichte er mit dem bescheiden anklingenden Aufsatz „Vermutungen über die Willensfreiheit“ von 1980 einen Beitrag, der für eine Komplexitätssteigerung in einer Debatte sorgte, die seither weitere Entwicklungsstufen durchlaufen ist. Er argumentiert für eine Verschränkung von Geist und Natur mittels einer kausalen Wirksamkeit von Rationalität und er sieht sich hierin im nach herein bestätigt durch Daniel C. Dennetts Elbow Room, Kap. 11, und Ernst Tugendhats „Der Begriff der Willensfreiheit“ (1987).[60] Die Rationalität trete als ein Vermögen zwischen Determination und Handlung, was uns zwar nicht für Verantwortlichkeit verantwortlich mache, uns aber im Anschluss an das Erwerben von Rationalitätskompetenz – ethisch gewendet – sehr wohl für unsere Handlungen und unseren Charakter verantwortlich mache.[61]

Komplex wird es hier unter anderem dadurch, dass Schnädelbach die reflexive Spaltung, die George Herbert Mead mit „I am me“ herstellt (Ich handle und weiß, dass ich handle), hier als Gattungskompetenz in die Willensfreiheit-Debatte einführt, als ein empirisch unabhängiges Selbstverhältnis zu uns (wir können auch in Ketten liegen) und somit als Möglichkeitsbedingung – nicht bloß transzendental oder empirisch, sondern eben performativ-pragmatisch (eine transzendentaltheoretische Überführung des Kantischen Ichs, dass uns begleiten können muss, in eine Interaktions- oder Entscheidungspragmatik).[62]

In der Naturalismusdebatte und auch in der Philosophie des Geistes entfaltet Schnädelbach die Position, dass man normative Begriffe nicht empirisch übersetzen könne (und vice versa). Die verschieden Ausformungen des Naturalismus beschreibt Schnädelbach im Aufsatz „Naturalismus“ zusammen mit Geert Keil, mit dem er generell vertritt, „dass vieles, was als Naturalismus firmiert, diesen Namen nicht verdient, während das, was ihn verdient, nicht verdient, vertreten zu werden.“[63] Zur Begründung: Der Naturalismus, lebt davon, Natur und Geistesformen als zwei verschiedene Momente distinkt zu halten (eine durchaus maßgebliche Unterscheidung in den wissenschaftstheoretischen Debatten der 1970er Jahre); aber es handele sich offenbar immer um das Gleiche auf einer vertikalen Ebene, weil wir ohne geistige Sinnkonstruktionen Naturphänomene nicht wahrnehmen würden.

Komplex ist diesbezüglich Schnädelbachs Stellung zu einer Vergegenständlichung des Lebendigen, die er mittels einer kommunikationstheoretischen Rettung des Sinnverstehens ablehnt; allerdings wird weder hier noch bei „Geschichte als Evolution“ auf philosophische Konsequenzen der Quantenmechanik, Neokybernetik oder der Mehrwertigen Logik eingegangen.[64]


Religionskritik, Hegel und Philosophielehre (Werkkomplex III)

Frommer Atheismus und die Kehrseite des Segens

Atheismus und „Der Fluch des Christentums“ (2000)

Im Jahre 2000 entfachte seine Religionskritik am „Segen“ des Christentums eine öffentliche Debatte. Schnädelbach oszilliert hier zwischen feuilletonistischen und wissenschaftlichen Beiträgen. Mit einem Artikel in der Zeitung Die Zeit im Jahr 2000 löste er eine Debatte über die Darstellung und Charakterisierung des Christentums aus. Schnädelbach ging in diesem Beitrag von sieben Geburtsfehlern des Christentums aus und sieht stattdessen seine jüdischen Wurzeln als wesentlich an. Dann aber, so Schnädelbach, bliebe vom Christentum nicht viel Bewahrenswertes übrig. Schnädelbach bezweifelt den Anspruch des Christentums als zivilisatorischen ‚Segen’, ohne dass zugleich die Kehrseite, sein ‚Fluch’, ebenso deutlich in Rechnung gestellt wird. (Kontroverse siehe Weblinks).

Ist Schnädelbach ein prominenter Atheist und somit gegen Gott? Ein Atheist kann nach Schnädelbach eigentlich gar nicht gegen Gott sein, weil er Gott dazu voraussetzen müsste. Dann bleibt die Frage, ob er selbst Atheist ist. Es gebe (1) konfessionelle Atheisten, die in Bezug auf Gott etwas glauben (nämlich „Ich glaube, dass es Gott nicht gibt“) und solche die bloß indifferent sind („Ich glaube nicht, dass es Gott gibt“). Letztere seien entweder (2) „fromme Atheisten“, weil sie damit ein Bedauern ausdrücken (weil sie ohne Religion eine Ordnung oder vielleicht ein kindliches Bedürfnis nach Geborgenheit vermissen würden) oder (3) sie hätten kein Interesse an dem Thema (das hat Schnädelbach schon, und er kommt auch selbst nicht ohne Hoffnungs- und Glaubenssätze aus, allerdings nicht im Sinne der religiösen bzw. tranzendenten Referenz auf Gott oder Götter).[65][66] Im Rahmen von Standortdiskussionen bekennt sich Schnädelbach zu einer philosophisch reflektierten Indifferenz (im Sinne von „A-“ als ohne Gott)[67] und er identifiziert sich mit dem von ihm begründeten „zweiten Weg“ eines „frommen“ Atheismus, allerdings weniger aufgrund eines Bedauerns, sondern eher dadurch, dass sich auch ihm religiöse bzw. transzendente Fragen stellen (siehe unten: Aufklärung), die aber weder für ihn noch allgemein mit ‚Gott’ beantwortet seien.

Von einem „gläubigen“ und Neuen Atheismus grenzt sich Schnädelbach scharf ab, insbesondere von Vertretern der Giordano-Bruno-Stiftung und Richard Dawkins: „Dieser konfessionelle Atheismus mit seiner naturwissenschaftlich verpackten Propaganda hat es in unseren Tagen auf die Bestseller-Listen geschafft, und man fühlt sich ins 19. Jahrhundert zurückversetzt“; denn: der Abschied vom „Gotteswahn“ (so Dawkins’ deutscher Buchtitel) habe schon damals vom Aberglauben befreien sollen, er verenge aber den Blick auf christlichen und islamischen Fundamentalismus (der durchaus zu kritisieren sei: Schnädelbach selbst bezeichnet nicht den Islam, wohl aber den Islamismus als eine „neue Form des Faschismus“ [68]) hin zu konfessionellem Humanismus (der ebenfalls abzulehnen sei[69]) und hin zu Atheismus als Staatsreligion (er führt den sowjetischen Machtbereich an, wo „fröhlichen Atheisten das Lachen vergangen“ sei).[70] Schnädelbach hält es daher mit dem Grundsatz „Der Mensch ist dem Menschen ein Mensch“ (Francisco de Vitoria: „homo homini homo“) und Schnädelbach ergänzt hierbei gegen Thomas Hobbes, „dass dies schwieriger sein kann, als wenn er nur ein Wolf wäre“.[71]


Schnädelbach in Diskussion mit Bischof Overbeck auf dem Deutschen Katholikentag 2008 in Osnabrück

Aufklärung und „Rückkehr“ von Religion bzw. Atheismus

Schnädelbach ist in der neuren Debatte um die vermeintliche Rückkehr der Religion maßgeblich beteiligt (ergänzt durch eine Auseinandersetzung mit der „Wiederkehr des Atheismus“ als Kehrseite),[72] ohne anzuerkennen, dass das Rück- oder Wiederkehrende notwendig etwas von dem sei, was mit Religiosität tatsächlich gemeint ist (oder sich zu recht gegen Religion als Ganzes wende).[73]

„Wer behauptet, wenn die Menschen nicht an Gott glauben, dann ist die Moral bodenlos, der ist historisch und philosophisch ungebildet. Wir wissen seit Aristoteles, dass die praktische Philosophie, die sich über die Fragen der Gerechtigkeit und des guten, gelingenden Lebens Gedanken macht, auf eigenen Füßen steht.“ (HS)[4]

Mit diesen und anderen Orientierungssätzen widerspricht Schnädelbach der Auffassung, dass den Religionen und ihren Konfessionen in den heutigen Werte- und Sittlichkeitsgrundlagen ein Primat zukomme. Die Religion sei allerdings ein „Bildungsbestand“. So müsse man oftmals die Bibel kennen, um unsere Literatur- und Bilderwelt zu verstehen.[65] Zudem betont Schnädelbach, dass im Vergleich zu den anderen Weltreligionen das Christentum zur modernen Entwicklung beitrug. So habe insbesondere die Theologie des Christentums die Aufklärung mit vorangetrieben.[74] Hinsichtlich der geistigen Werte der westlichen Zivilisation seien allerdings nicht nur die christliche Religion, sondern zum Beispiel auch die jüdische Tradition und die seit der Antike stattfindende Entwicklung der Philosophie in Europa konstitutiv gewesen. Bei der Entscheidung von moralischen Fragen könne man mit Kant darauf vertrauen, dass die Vernunft sich selbst begründe, und der Verzicht auf ‚Gott’ könne mit Horkheimer gesprochen, eine Solidarität unter den Menschen auslösen.[75] Dieses Vertrauen sei in einem sehr weiten Sinne des Begriffs der Religion (welcher in der Regel enger zu fassen sei) seine eigene.[76]


Hegel und die philosophische Lehre

Philosophieprofession und –lehre

Innerhalb der Institution Philosophie steht Schnädelbachs Lehrtätigkeit – zusammen mit seinen Veröffentlichungen und seiner emphatischen Forderung nach gegenwärtiger Aufklärung – für einen exemplarischen Vermittlungserfolg zwischen einerseits einer auf hohem Niveau operierenden, in Teilgebieten differenzierten Philosophieprofession und andererseits den eher lebensweltlich orientierten Fragestellungen, die im gesellschaftlichen Alltag und im (Philosophie-)Studium bestehen.[77]

Zu Schnädelbachs Schülern, Promovenden oder Habilitanten zählen u. a. Micha Brumlik, Siemone Dietz, Kathrin Glüer, Heiner Hastedt, Geert Keil, Christian Thies, Udo Tietz, Anke Thyen und Mark Young.


Warum Hegel? Vergeßt Hegel? Aber …

In seiner Antrittsrede „Hegels Lehre von der Wahrheit“ an der Humboldt-Universität erläutert Schnädelbach 1993, dass Hegels „Das Wahre ist das Ganze“ für diesen einen Singular, das Absolute, die Wahrheit, ein gegenständliches Objekt, die Einheit seiner selbst mit seinem Gegenteil und auch Gott darstelle – also Wahrheit nicht einen bloß jeweiligen Geltungsanspruch bezeichne. Letzteres sei aber, so argumentiert Schnädelbach, aufgrund der Endlichkeit der Vernunft zu vertreten, und zwar nicht als Pluralismus, sondern als „das was Pluralität möglich macht: die kommunikative Einheit der Vernunft“ (ebenda). Erneut wendet Schnädelbach dies am Ende seiner Rede ethisch (nebst einer Anerkennung an die Interpretation des Christentums, die Frieden als menschl. Angelegenheit begreift): „So verweist die Einheit der Vernunft selbst auf die Idee des Friedens und damit eine Ethik der Solidarität unter endlichen, zugleich natürlichen und geschichtlichen, im übrigen vernunftbegabten Lebewesen. Hegel wäre dies nicht genug, aber uns sollte es genügen.“[78]

Mit „Warum Hegel?“ (Pirmin Stekeler-Weithofer formulierte die Frage um zu „Vergeßt Hegel?“) löste Schnädelbach 1998 eine Debatte aus, die zunächst an der Humboldt Universität geführt wurde (mit Gerd Irrlitz, Volker Gerhardt u. a.) und die sich dann weiter ausbreitete. In ihr wandte sich Schnädelbach gegen universitäre Beschäftigungen mit Hegel, solange diese nur der Ahnenpflege und nicht auch der Gegenwart dienten. Nur noch der kritische Umgang mit Hegel (wie man es nicht machen solle) sei zu rechtfertigen und dann auch entsprechend lehrreich.[79]

Diese Auffassung zeigt auf, warum Schnädelbach später mit der Herausgabe eines dreibändigen Hegel-Kommentars, seiner dortigen Autorenschaft und einer kleinen aber dennoch beachtlichen Einführung zu Hegel erneut ausgiebig zum System Hegels arbeitete und publizierte. Schließlich ist es die ambitionierteste, komplexeste und vielleicht auch lehrreichste aller (Vernunft-)Philosophien überhaupt – eine gewaltige Meßlatte für die Philosophinnen und Philosophen nach Hegel, der daher oftmals als Gigant bezeichnet wurde. Die Einführung hält sich daran, Hegels spekulative Grundfigur, die Identität von Identität und Nichtidentität, konsequent zu entfalten und auf diese Weise das hegelsche Gesamtsystem logisch nachvollziehbar zu erschließen. Diese Denkfigur ist voraussetzungsreich, aber ohne Spekulation führe kein Weg in Hegels Systemstruktur. Schnädelbach bietet neben diesem stringent philosophischen Ansatz auch einen verkürzten, der Übersicht dienenden Ansatz (aus der Perspektive des Idealismus):

„Von Fichte und Schelling unterscheidet sich Hegels Philosophie nur dadurch, dass er nicht bei der punktuellen Beschwörung des absoluten Bewußtseins stehenbleibt, sondern sich die Mühe macht, die Präsenz des Absoluten stufenweise in den Gestalten des endlichen Bewusstseins selbst nachzuweisen, was aber nur gelingen kann, wenn man schon voraussetzt, dass das Absolute immer schon im Bewusstsein präsent ist – auch schon in der sinnlichen Gewissheit.“ (HS)[80]

Der angehängte Punkt der Voraussetzung ist Schnädelbachs Kernargument gegen Hegel. Statt wie Kant (eher induktiv) bei dem endlichen Bewusstsein anzusetzen, muss bei Hegel (eher deduktiv) schon alles im „holistischen Bewustsein“ sein, welches somit der Leibnizschen Monade gleiche – nämlich „ohne Türen und Fenster“.[81] In konstruktiver[82] Autorenschaft des zweiten Kommentarbandes zur praktischen Philosophie Hegels (2000) attributiert Schnädelbach seinem gescheiterten Vorbild Hegel mehrere ethische Wendungen, die Schnädelbach in seinem eigenen Philosophiewerk zu solchen Wendungen motiviert haben mögen: Jene Philosophie habe in den Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821) mit ihrer zentral(istisch)en Orientierung an der ‚sittlichen Welt’ ihre „endgültige Gestalt“ erreicht, auch die Geschichtsphilosophie sei für Hegel letztlich eine praktische Philosophie und eben diese sei bei Hegel die „letzte umfassende“ Philosophia practica univeralis.

Rezeption, Kritik und Wirkung

Wirkung

Seit den 1960er Jahren publizierte Schnädelbach in verschiedenen Fachzeitschriften. Von seinen Büchern gehören zwei zu den internationalen Referenzquellen der philosophischen Forschung und mehrere zum Werk von G.W.F. Hegel. Schnädelbachs breit gefächertes und häufig an René Descartes, Immanuel Kant und Ludwig Wittgenstein anschließende Werk ist einerseits verschiedenen Forschungsfeldern zuzuordnen, bleibt aber andererseits auf die philosophische Reflexion beschränkt und lässt nur selten „Interdisziplinarität“ oder sein Zweitfach Soziologie erkennen.

Zu seinem Werk gehören typologische Übersichtsdarstellungen, aufklärende Infragestellungen und mehrere Streitschriften, in denen er häufig als kritischer Aporienjäger auftritt und auch vor dem Selbstverständnis etwa von Philosophie und Christentum nicht halt macht.[83] Bezüglich verschiedener Zuspitzungen von Sachurteilen, werden ihm „provokante Thesen“, „Polemik“ und „Brillanz“ nachgesagt.[84] Schnädelbachs Plädoyer, dass die Philosophie keine philosophiegeschichtliche Literaturwissenschaft, sondern hauptsächlich eine sachliche Auseinandersetzung mit aktuellen Problemen sein solle, findet sich wieder in den von ihm ausgelösten Hermeneutik-, Historismus- und Hegeldebatten. In ihnen argumentiert er unter Beibehaltung von (falliblen) Wahrheitsansprüchen der Wissenschaft gegen - in einzelnen Schulen und Positionen aufkommende - Universalansprüche.

Aufgrund breiter Fachkompetenz, innovativer Beiträge und engagierter Lehre in der Philosophie sowie auch und wegen seiner strittigen Thesen und Argumente genießt Herbert Schnädelbach national ein hohes Ansehen als „Friedensstifter der besonderen, nämlich der unmöglichen und doch so notwendigen Art“ (Oswald Schwemmer, Erlangen u. Berlin)[85], als einer der „führenden Philosophen in Deutschland“ (Dirk Westerkamp, Kiel) und international als einer der „bedeutendendsten philosophischen Köpfe der Gegenwart“ (Jürgen Habermas, Frankfurt a. M.).[86]

Kritik und Rezeption

Systematisch

Hegel (Auswahl)

Rationalitätstypen

  • Eine umfangreiche Reihe kritischer und auch konstruktiver Aufsätze zur Schnädelbachschen Grundlegung einer Rationalitätstheorie findet sich in Ethik und Sozialwissenschaften 9 (1998).

Streitgespräche

Religion

Glauben, Wissen und Wissenschaft

Repliken zum Fluch des Christentums

Informative Weblogs o. ä.

Quellen und Nachweise

Originalquellen

Ausgewählte Publikationen

  • 1966 Hegels Theorie der subjektiven Freiheit, Dissertationsschrift, Frankfurt a. M.
  • 1968 „Was ist Ideologie? Versuch einer Begriffsklärung“, in: Der evangelische Erzieher 20
  • 1971 „Zum Problem der Entscheidbarkeit in der Kantischen Ethik“, in: N. Niebel/D. Leisgang (Hrsg.), Philosophie als Beziehungswissenschaft, Frankfurt a. M.
  • 1971 Erfahrung, Begründung und Reflexion. Versuch über den Positivismus, Habilitationsschrift, Frankfurt a. M.
  • 1974 Geschichtsphilosophie nach Hegel, Die Probleme des Historismus, Freiburg u. München.
  • 1977 Reflexion und Diskurs. Fragen einer Logik der Philosophie, Frankfurt a. M.
  • 1980 „Is Technology Ethically Neutral?” in: Melvin Kranzberg (Hrsg.), Ethics in an Age of Pervasive Technology, Boulder.
  • 1982 „Transformation der kritischen Theorie. Zu Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns“, Philosophische Rundschau 1982 (wiederabgedruckt u. a. in: Vernunft und Geschichte, 1987, und als „The Transformation of Critical Theory: Jürgen Habermas’ The Theory of Communicative Action’“, in A. Honneth/H. Joas Communicative Action: Essays on Jürgen Habermas’ `The Theory of Communicative Action’, Cambridge M.A. 1991).
  • 1983 Philosophie in Deutschland 1831-1933, Frankfurt a. M.
  • 1984 Rationalität, Philosophische Beiträge. (Hrsg.), Frankfurt a. M.
  • 1985 Philosophie, Ein Grundkurs (Hrsg. mit Ekkehard Martens) seit 1991 in zwei Bänden, 2003: 7. überarbeitete Auflage, Hamburg.
  • 1986 „Was ist Neoaristotelismus?“, in: W. Kuhlmann (Hrsg.), Moralität und Sittlichkeit. Das Problem Hegels und die Diskursethik, Frankfurt a. M. (wiederabgedruckt u. a. im zweiten Aufsatzband, ebd. 1992, u. als „What is Neo-Aristotelianism?“ in: PRAXIS International 7, no. 3+4, 1987).
  • 1987 Vernunft und Geschichte. Vorträge und Abhandlungen (1), Frankfurt a. M.
  • 1992 Zur Rehabilitierung des "animal rationale". Vorträge und Abhandlungen 2, Frankfurt a. M.
  • 1998 „Rationalitätstypen“ und „Replik“ in: Ethik und Sozialwissenschaften 9 (der Artikel ist abgedruckt in Philosophie in der modernen Kultur, 2000).
  • 1999 „Kritische Theorie? Aufgaben kritischer Philosophie heute“, in: Hans Albert/Roland Simon-Schäfer/Herbert Schnädelbach: Renaissance der Gesellschaftskritik Bamberg.
  • 1999 Hegel zur Einführung, Hamburg.
  • 2000 Hegels Philosophie – Kommentare zu den Hauptwerken, (Hrsg.) 3 Bände, 1339 Seiten, Frankfurt a. M.
  • 2000 Hegels praktische Philosophie. Ein Kommentar der Texte in der Reihenfolge ihrer Entstehung (Band 2 der Kommentare zu den Hauptwerken)), Frankfurt a. M.[82]
  • 2000 Naturalismus. Philosophische Beiträge. (Hrsg. mit Geert Keil), Frankfurt a. M.
  • 2000 Philosophie in der modernen Kultur. Vorträge und Abhandlungen 3, Frankfurt a. M. (Rezension).
  • 2000 Descartes im Diskurs der Neuzeit, (Hrsg. mit Wilhelm Friedrich Niebel u. Angelica Horn), Frankfurt a. M.
  • 2000 im Feuilleton: „Der Fluch des Christentums. Die sieben Geburtsfehler einer alt gewordenen Weltreligion. Eine kulturelle Bilanz nach zweitausend Jahren“ und „Armes Christentum! Vorläufiges Schlusswort einer erregten Debatte“ (siehe unten).
  • 2002 Erkenntnistheorie zur Einführung, Hamburg.
  • 2004 Analytische und postanalytische Philosophie. Vorträge und Abhandlungen 4, Frankfurt a. M. (Rezension).
  • 2005 Kant, Leipzig.
  • 2006 „Aufklärung und Religionskritik“ in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 54.
  • 2007 Vernunft, Leipzig.
  • 2008 „Erklären und Verstehen - zwei Welten der Wissenschaft?“ in: Gottfried Magerl/Heinrich Schmidinger (Hrsg.), Einheit und Freiheit der Wissenschaft. Idee und Wirklichkeit, Wien/Köln/Weimar.
  • 2009 Was können wir wissen, was sollen wir tun?: Zwölf philosophische Antworten (Hrsg. mit Dieter Krause u. Giuliano Campioni), Hamburg.
  • 2009 Religion in der modernen Welt. Vorträge, Abhandlungen, Streitschriften. Frankfurt a. M. (Rezension).

Bibliographie und Homepage

  • „Schriften von Herbert Schnädelbach. 1966-1995“, in: S. Dietz et al. (Hrsg.) Sich im Denken orientieren, Festschrift von 1996 (nicht ganz vollständig, aber mit 94 sortierten und gelisteten Publikationen die bislang umfänglichste Zusammenstellung).
  • Übersetzungen demnach u. a. in englischer, französischer, spanischer, italienischer, chinesischer, japanischer, polnischer und ungarischer Sprache.
  • Literatur von und über Herbert Schnädelbach im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Homepage.

Film, TV, Video etc.

Film

TV, Video etc.

Texte und Interviews im Web

Diskurs, Gespräch und Hegel

Religion/-skritik und Moderne Kultur

Frommer Atheismus

„Der Fluch des Christentums“ (2000)

Sekundärquellen

Festschriften

  • Sich im Denken orientieren. Für Herbert Schnädelbach. Herausgegeben von Simone Dietz, Heiner Hastedt, Geert Keil und Anke Thyen, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1996. ISBN 3-518-28853-9.
  • Phänomenologie und Sprachanalyse. Für Herbert Schnädelbach. Herausgegeben von Geert Keil und Udo Tietz. Mentis, Paderborn 2006. ISBN 3-89785-244-6.

Gesamtdarstellungen

  • Susanne Lang, Kirsten Hebel, Erik Porath, Angelika Sander, Nicole Schmidt, Christian Thies, Heinz Watzka; „Die Stimmen der Vernunft oder: Was ist Schnädelbachianismus?“ In: S. Dietz, H. Hastedt, G. Keil, A. Thyen; Sich im Denken orientieren, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996.
  • Cornelia Roy, „Großes philosophisches Herz“, Berliner Zeitung 18. Juli 2002.
  • Geert Keil, „Herbert Schnädelbach“ in: Julian Nida-Rümelin (Hrsg.), Klassiker der Philosophie des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2007.

Sonstige

(Kritiken siehe oben)

Altenburg

Didaktik

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Anmerkungen / Nachweise

  1. Vgl. HS (H. Schnädelbach), G. Keil „Vorwort“ in: dieselben (Hrsg.) Philosophie der Gegenwart. Gegenwart der Philosophie. Hamburg: Junius 1993
  2. [Fortsetzung des Zitats:] Hierbei werden wir uns den verschiedensten Mitteln bedienen – nicht nur was uns die historisch-hermeneutische Wissenschaftlichkeit an die Hand gibt; Monopole sind auch in der Philosophie kontraproduktiv. So vielfältig und vielgestaltig die Erwartungen sind, die an uns herangetragen werden, so phantasievoll und flexibel müssen wir sein, wenn es darum geht, ob wir sie verantwortlich erfüllen oder sie enttäuschen.
  3. HS, “Philosophie der Gegenwart - Gegenwart der Philosophie” in ders./Keil (Hrsg.) Philosophie der Gegenwart. Gegenwart der Philosophie, S. 19. Hamburg: Junius 1993.
  4. a b HS im Interview von A. Brauer, „Ist Gott offenbar – und warum nicht?“, Tagesspiegel, 16. Dezember 2007.
  5. HS, “Philosophie der Gegenwart - Gegenwart der Philosophie” s. o.
  6. Statt mit Namensbezug hier mit entsprechender Tätigkeitscharakterisierung, die natürlich nicht alle Phänomenologen und erst recht nicht alle Theologen adressiert, sondern Grenzen des Philosophierens aufzeigt (vgl. unten „Phänomenologie und Sprachanalyse“ als einen gangbaren philosophischen (Aus-)Weg für Phänomenologen des 21. Jhts.). Quelle: HS, „Das Gespräch der Philosophie. Berliner Abschiedsvorlesung“ [1], vierter Aufsatzband 2004 [2]. Siehe auch: Berliner Zeitung, Porträterbeschreibung, 18. Juli 2002: „Geht Konfrontationen nicht aus dem Weg: Herbert Schnädelbach.“
  7. So etwa von Friedrich von Graf, Prof. für Systematische Theologie und Ethik, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Februar 2008: „Die Theologien leiden unter einem grotesken Übergewicht der exegetischen Disziplinen, die sich, angesichts der knappen Bestände an heiligen Texten, in ein für Außenstehende absurdes philologisches Spezialistentum verrannt haben.“
  8. HS, „Philosophie als Wissenschaft und als Aufklärung“, in: W. Oelmüller (Hrsg.), Philosophie und Wissenschaft, Paderborn 1988 (und HS, zweiter Aufsatzband, 1992).
  9. HS, „Philosophie als Wissenschaft und als Aufklärung“, in: W. Oelmüller (Hrsg.), Philosophie und Wissenschaft, Paderborn 1988 (und HS, zweiter Aufsatzband, 1992): „[W]enn wir die Kantischen Fragen um die folgende ergänzen: „Was können wir verstehen?“ […] rücken wir neben den theoretischen und praktischen Weltbezug [siehe ebenda: Erkenntnis- und Handlungsbezug] den dritten Weltbezug ins Feld der Aufmerksamkeit: den der Kommunikation“. Diesen ordnet HS der ‚Bedeutungstheorie’ (Semantik) und ‚Logik’ zu (letzteres nunmehr als ein formales Teilgebiet). Siehe HS, „Das Gespräch der Philosophie […]“ a.a.O.
  10. HS, zweiter Aufsatzband 1992, Überschrift zum zweiten Kapitel.
  11. Erläuterung: Dies ist eine Form und kein Inhalt, eine traditionelle Referenz auf Ratio und Methode. Daher hat sie einen dauerhaften Gegenstand nur im engeren Sinne (ihre „reinen“ Formen, um mit Kant zu sprechen), aber Schnädelbachs Philosophie ist nicht auf Metaphilosophie beschränkt (auf ‚Philosophie der Philosophie’, die Frage nach Vernunftgrundlagen und die ‚Philosophie-als-Gespräch’-These), denn mit ihren Reflexionen einzelner Philosophien werden sachliche Anlässe selektiert und untersucht. Schnädelbach meint dennoch, dass die Philosophie als Ganzes keinen originären Gesprächsgegenstand hat (daher wendete er sich eine Zeit lang gegen die Auszeichnung von phil. Lehrstühlen). Das lässt sich auch auf die Gesamtheit der Philosophie von Herbert Schnädelbach anwenden, zumal er sich in seinen Gesprächsthemen selbst nicht festlegen wollte (im Sinne gängiger Entscheidungen für Spezialisierungen) und nicht selbst festlegte (im Sinne nicht vorhersehbarer Spezialisierungsrückwirkungen auf den Philosophierenden). Dennoch ist seine Philosophie hinsichtlich ihrer Vorgehensweisen und Orientierungen, ihren Ergebnissen und Wirkungen im Folgenden typologisch erfassbar.
  12. HS, „Das Gespräch der Philosophie […]“ a.a.O [3]. Mit Anlehnung an die Hegelsche Milchschale und einem Vergleich mit Hannah Arendts Unterscheidung zwischen Handeln und Herstellen.
  13. HS, „Das Gespräch der Philosophie […]“ a.a.O [4], mit kurzen Kritiken an Platon, Foucault und Lyotard sowie auch einer Abgrenzung zum „autopoietischen System“ (Luhmann).
  14. Vgl. HS, „Das Gespräch der Philosophie […]“ a.a.O [5], mit kurzen Kritiken an Platon und HS, „Das Gesicht im Sand. Foucault und der anthropologische Schlummer“ in: A. Honneth u. a. (Hrsg.), Zwischenbetrachtungen: Im Prozeß der Aufklärung, Festschrift für Jürgen Habermas, Frankfurt a. M. 1989, wiederabgedruckt in HS, zweiter Aufsatzband (1992) u. in: A. Honneth et al. Philosophical Interventions in the Unfinished Project of Enlightment, Cambridge 1992.
  15. HS’s „Frei nach (Hegel frei nach Goethe)“-Zitat mit Referenz auf „Hegel, Vorrede zur Rechtsphilosophie“ zu Beginn von HS’s „Against Feyerabend“-Beitrag; in: H.P. Duerr (Hrsg.), Versuchungen. Aufsätze zur Philosophie Paul Feyerabends, Erster Band, Frankfurt 1980 (und in: HS, erster Aufsatzband 1987).
  16. HS, Zur Rehabilitierung des animal rationale, 1992.
  17. Bereits die ersten beiden Aufsatzbände von HS enthalten seine folgenden Aufsätze, welche er fast alle unter den Abschnitten „I. Vernunft und Geschichte“ und „I. Philosophie als Theorie der Rationalität“ zusammenfasst: „Über die Vernünftigkeit der Geschichte“(1987), „Über historische Aufklärung“ (1979), „Zur Dialektik der historischen Vernunft“ (1981), „Über Irrationalität und Irrationalismus“ (1981), „Bemerkungen über Rationalität und Sprache“ (1982), „Vermutungen über die Willensfreiheit“ (1980/87), „„Etwas Verstehen heißt Verstehen, wie es gemeint ist“ – Variationen über eine hermeneutische Maxime“ (1987), „Dialektik und Diskurs“ (1987), „Dialektik als Vernunftkritik“ (1983), „Zur Rehabilitierung des animal rationale“ (1992), „Philosophie als Theorie der Rationalität“ (1991), „Über Rationalität und Begründung“ (1987), „Rationalität und Normativität“ (1990), „Thesen über Geltung und Wahrheit“ (1988), „Die Philosophie und die Wissenschaft vom Menschen“ (1989), „Metaphysik und Religion heute“ (1992), „Kultur und Kulturkritik“ (1992). Von den im dritten und vierten Aufsatzband erschienen Beiträge, die ebenfalls der Rationalitätstheorie zugeordnet werden könnten, seien hier nur „Rationalitätstypen“ (1998) und „Grenzen der Vernunft? Über einen Topos der Philosophie“ (2004) erwähnt.
  18. HS „Rationalitätstypen“, Hauptartikel in: Ethik und Sozialwissenschaften. Streitforum für Erwägungskultur, Band 9, Heft 1, 1998, mit zahlreichen Reaktionen und einer Replik von HS sowie auch dann in überarbeiteter Form in HS, dritter Aufsatzband 2000.
  19. HS „Rationalitätstypen“, Hauptartikel in: Ethik und Sozialwissenschaften. Streitforum für Erwägungskultur, Band 9, Heft 1, 1998, auch „Offenheit der Vernunft“.
  20. Vgl. HS, „Über Rationalität und Begründung“ (1987).
  21. HS, „Rationalitätstypen“ s. o.
  22. HS, Reflexion und Diskurs, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977. Schnädelbach setzt nicht bei den Diskursen der Gesellschaft, sondern bei denen der Philosophie an.
  23. HS, Reflexion und Diskurs, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977, S. 137
  24. HS, Reflexion und Diskurs, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977, S. 139.
  25. HS, Reflexion und Diskurs, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977, S. 173.
  26. Diese Leistung ist vergleichbar mit den Nachweisen von Albrecht Wellmer gegen Karl Raimund Popper). Siehe HS, Erfahrung, Begründung und Reflexion (1971).
  27. Siehe HS, Erfahrung, Begründung und Reflexion (1971).
  28. HS, „Philosophieren nach Heidegger und Adorno“, im zweiten Aufsatzband 1992; „Sartre und die Frankfurter Schule“ in T. König (Hrsg.), Sartre. Ein Kongreß, Hamburg: Reinbek 1988 (auch in HS, zweiter Aufsatzband 1992); „Max Horkheimer und die Moralphilosophie des deutschen Idealismus“ (in Deutsch in HS, erster Aufsatzband 1987), HS „Adorno und die Geschichte“, vierter Aufsatzband 2004. Die normativen und normativ-ethischen Wendungen werden im Folgenden nach und nach benannt.
  29. „Die Aktualität der Dialektik der Aufklärung“ in: Kunneman, de Vries (Hrsg.) Zur Aktualität der ‚Dialektik der Aufklärung’. Zwischen Moderne und Postmoderne, Frankfurt/New York 1989 (und im zweiten Aufsatzband 1992).
  30. „Transformation der kritischen Theorie. Zu Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns“, Philosophische Rundschau 1982 (wiederabgedruckt in: Vernunft und Geschichte 1987; Englisch: „The Transformation of Critical Theory: Jürgen Habermas’ The Theory of Communicative Action’“, in A. Honneth/H. Joas (ed.), Communicative Action: Essays on Jürgen Habermas’ `The Theory of Communicative Action’, J. Gaines/D. Jones (trans.), Cambridge: Polity 1991). Viele nehmen auf Schnädelbachs „critique advanced “ (so Thomas A. McCarthy, 1984 u. 1987) anschl. Bezug.
  31. a b c „Transformation der kritischen Theorie. Zu Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns“, Philosophische Rundschau 1982 (wiederabgedruckt in: Vernunft und Geschichte 1987; Englisch: „The Transformation of Critical Theory: Jürgen Habermas’ The Theory of Communicative Action’“, in A. Honneth/H. Joas (ed.), Communicative Action: Essays on Jürgen Habermas’ `The Theory of Communicative Action’, J. Gaines/D. Jones (trans.), Cambridge: Polity 1991).
  32. Für eine weitere einflussreiche Kritik an Habermas’ Werk siehe Hans Albert, „Transzendentale Träumereien. Karl-Otto Apels Sprachspiele und sein hermeneutischer Gott“, 1975, und auch die Aufsatzsammlung Kritische Vernunft und menschliche Praxis, 1977 (der Kritik schließt sich Schnädelbach an in: Albert/ Schnädelbach/ Simon-Schäfer (Autoren und Hrsg.), Renaissance der Gesellschaftskritik? Wiederkehr der Gesellschaftstheorie, Bamberg 1999) oder auch Aufsätze der Erlanger Schule (als gleichzeitig vermittelnde Position).
  33. HS, „Rationalität und Normativität“, in: Apel/Pozzo (Hrsg.), Zur Rekonstruktion der praktischen Philosophie (Gedenkschrift für Karl-Heinz Ilting), Stuttgart 1990 und in HS, zweiter Aufsatzband 1992.
  34. HS, „Die Sprache der Werte“ in Logos 7 (2001), 149 ff., wiederabgedruckt in HS, vierter Aufsatzband 2004 [6].
  35. a b HS, „Werte und Wertungen“ in Logos 7 (2001), 149 ff., wiederabgedruckt in HS, vierter Aufsatzband 2004 [7].
  36. HS, „Werte und Wertungen“ in Logos 7 (2001), 149 ff., wiederabgedruckt in HS, vierter Aufsatzband 2004 [8]. HS geht hier davon aus, dass jenseits von rechtlichen Regelungen die Tolerierung von Privatsphären beginnen muss. Doch mit dem Unverzichtbarkeitshinweis wiederholen sich in ihnen offenbar die Leitgedanken der Luhmannschen Formel „Legitimation durch Verfahren“ und die der schnädelbachschen Forderung, Präferenzen selbst zu verantworten und „in veränderten Situationen auch kritisch zu überprüfen“ (wobei HS mit Präferenzen auch hier unsere Vor-Überzeugungen einschließt).
  37. Vgl. oben, Abschn. „deskriptiv, normativ, explikativ“, und ebd., Referenzen zu Moore u. Ryle.
  38. HS, „Philosophie als Theorie der Rationalität“, in HS, zweiter Aufsatzband 1992 (vorher als „Theorie der Rationalität“ in: P. Koslowski (Hrsg.), Orientierung durch Philosophie, Frankfurt a. M. 1987). Vgl. auch HS, „Erklären und Verstehen - zwei Welten der Wissenschaft?“, 2008.
  39. a b c HS, „Morbus Hermeneuticus. Thesen über eine hermeneutische Krankheit“, in Zeitschrift für Didaktik der Philosophie 3, 1981, und in HS, erster Aufsatzband 1992.
  40. Siehe HS, „Morbus Hermeneuticus. Thesen über eine hermeneutische Krankheit“, in Zeitschrift für Didaktik der Philosophie 3, 1981, und in HS, erster Aufsatzband 1992. Dort heißt es weiter: „In den Schulen und philosophischen Seminaren ist es außerdem sehr bequem, sich als Philosoph hinter Texten zu verstecken“, anstatt diese „als Verbündete im Geschäft des Selbstdenkens“ zu erfahren.
  41. HS, ;„Kultur und Kulturkritik“ im zweiten Aufsatzband 1992. In überarbeiteten Versionen erschien dieser Artikel als „Plädoyer für eine kritische Kulturphilosophie“ in Information Philosophie 4 1992 und in R. Konersmann (Hrsg.) Kulturphilosophie, Leipzig: Reclam 1996 (3. Aufl. 2004). Diese späteren Versionen verzichten erst auf eine deutlich längere Einführung, die Adornos Ansatz an der Kulturkritik mit der Marxschen Verdinglichungsthese verbindet, und dann im Folgenden auf eine Reihe von Querverweise und -gedanken (so etwa zu Sigmund Freud, Odo Marquard, Karl Marx, Jürgen Habermas etc., so dass die frühste Version als die elaborierteste gelten muss.
  42. a b c d HS, ;„Kultur und Kulturkritik“ im zweiten Aufsatzband 1992. In überarbeiteten Versionen erschien dieser Artikel als „Plädoyer für eine kritische Kulturphilosophie“ in Information Philosophie 4 1992 und in R. Konersmann (Hrsg.) Kulturphilosophie, Leipzig: Reclam 1996 (3. Aufl. 2004).
  43. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004). Umgearbeitete Version von HS, „Geschichte erzählen oder Geschichte machen? Noch einmal über den Sinn der Geschichte“ zuerst in: Kultur•Handlung•Wissenschaft. Für Peter Janich, Weilerwist: Velbrück 2002. HS sieht selbst eine Fortsetzung, aber er setzt keine Textverweise zu Niklas Luhmanns „Evolution und Geschichte“ und Jürgen Habermas „Geschichte und Evolution“ in: Geschichte und Gesellschaft, Heft 2 1976.
  44. Kant, Immanuel: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, A 387.
  45. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004) 294 und 305, mit Verweis auf Beispiel von Hans Poser, Wissenschaftstheorie. Eine philosophische Einführung, Stuttgart 2001, 262ff.
  46. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004) 295f. Fraglich ist hier, ob Evolution für Schnädelbach „nur“ ein radikal konstruiertes „Modell“ ist.
  47. Vgl. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004) 298f. mit Verweisen auf Martin Stuart Fox, Joseph Fracchia, Richard C. Lewontin und Friedrich Kambartel.
  48. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004) 286f, mit Verweis auf Hannah Arendts „prinzipielle Pluralität“.
  49. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004) S. 300.
  50. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004) S. 300-307. Kritisch: Kein Bezug zur Neokybernetik (s. u., Abschnitt zum Naturalismus).
  51. HS, „Geschichte als kulturelle Evolution“ in: HS, vierter Aufsatzband (2004)
  52. HS „Phänomenologie und Sprachanalyse“ mit diversen Verweisen u. a. auf Ernst Tugendhat, in: ders., dritter Aufsatzband 2000, S. 230f.
  53. HS „Phänomenologie und Sprachanalyse“ in: ders., dritter Aufsatzband 2000, S. 239 mit Verweis auf Edmund Husserl, Philosophie als strenge Wissenschaft, Frankfurt a. M. (1911) 1965, S. 40 u. 43.
  54. Wittgenstein zitiert ebenda mit Verweis auf ders., Philosophische Untersuchungen §38 Erg.
  55. Siehe HS, Reflexion und Diskurs (1977).
  56. HS, „Das Gespräch der Philosophie […]“ a.a.O S.350 [9].
  57. Siehe HS, Erkenntnistheorie zur Einführung, Hamburg 2002 S. 33 und ders., „Subjektivität erkenntnistheoretisch oder: Über das Subjekt der Erkenntnis“ in M. Grundmann, R. Beer (Hrsg.) Subjekttheorien interdisziplinär, Münster 2003, S. 70 u. 73f.. wiederabgedruckt in Schnädelbach 2004, S. 212 u. 216f.
  58. Über das Subjekt der Erkenntnis“ in M. Grundmann, R. Beer (Hrsg.) Subjekttheorien interdisziplinär, Münster 2003, S. 74f. bzw. 217f. Hier ist anders als bei Kant der Plural verwendet, zumal HS diesbezüglich auch Charles Sanders Peirce zitiert, „dass man die Subjektivität von Erkenntnis nicht im Individuellen aufsuchen sollte, sondern immer in der jeweiligen »Gemeinschaft der Philosophierenden«“
  59. Über das Subjekt der Erkenntnis“ in M. Grundmann, R. Beer (Hrsg.) Subjekttheorien interdisziplinär, Münster 2003, S. 217.
  60. HS „Vermutungen über die Willensfreiheit“ (1980) und „Nachwort“ (1987) in: Vernunft und Geschichte 1987, insbs. S. 123f. Der Aufsatz vereint – auch mit Hilfe von 78 Querverweisen – quasi alle Aspekte der bis dato geführten Debatte. Für Weitergehendes der nachfolgenden zwanzig Jahre siehe beispielsweise Peter Bieri (u. a. Das Handwerk der Freiheit, 2001), Daniel C. Dennett u. v. a. und für Vertreter des Determinismus beispielsweise Gerhard Roth (u. a. Das Gehirn und seine Wirklichkeit, 1994), Wolf Singer (u. a. „Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen“, 2004) u. v. a.
  61. HS „Vermutungen über die Willensfreiheit“ (1980) und „Nachwort“ (1987) in: Vernunft und Geschichte 1987, S. 118. Siehe auch HS, „Drei Gehirne und die Willensfreiheit. Pseudoaufklärung im Gewand der Wissenschaft: Die neu aufgewärmte immergleiche Geschichte vom Determinismus diesmal in neurophilosophischer Variante“, in: Frankfurter Rundschau, 25. Mai 2004.
  62. HS „Vermutungen über die Willensfreiheit“ (1980) und „Nachwort“ (1987) in: Vernunft und Geschichte 1987, S. 110.
  63. Siehe Schnädelbach/Keil, „Naturalismus“ in: dies., Naturalismus, Frankfurt a. M. 2000.
  64. Sowohl die Quantenmechanik (Fünfte Solvay-Konferenz), die Neokybernetik (Claude Shannon, Heinz von Förster) und auch die mehrwertige Logik (Gotthard Günther, Saul A. Kripke) könnten heute hinsichtlich der Denkfigur des Naturalismus berücksichtigt werden.
  65. a b HS im Interview von P. Riesbeck, „Fromme Atheisten ‚Ästhetische Erlebnisqualität’“, Berliner Zeitung, 20. März 2008.
  66. Siehe auch HS, „Der fromme Atheist“, in: Neue Rundschau 118, Heft 2 2007, S. 112-119.
  67. Siehe Schnädelbach/Hirschler: „Mit dem abwesenden Gott leben. Herbert Schnädelbach im Streitgespräch mit dem evangelischen Bischof Horst Hirschler“.
    HS ebenda: „Sie argumentieren mit einem Bedürfnis, das wir zweifelsohne haben. Auch ich habe in meinem Leben Dinge erlebt, wo ich dachte: Jetzt möchte ich mich eigentlich bei jemandem bedanken. Schon als Kind. Wir haben den schweren Luftangriff auf Dresden 1945 überstanden, und ich keine Angst. Umgekehrt machen wir ja auch häufig die Erfahrung, eigentlich ist niemand schuld, aber ich muss mich bei jemandem beklagen oder jemanden verantwortlich machen. Aber diese Stelle ist leer. Sie füllen diese Stelle mit "Gott" oder mit "so etwas wie Gott". Sie haben also eine Chiffre oder ein Symbol dafür. Ich finde es intellektuell redlicher, diese Stelle leer zu lassen.“ Hirschler: „Aber Sie lassen sie doch nicht leer, Sie füllen sie auf Ihre Weise!“ Schnädelbach: „Nein, das tue ich nicht. Wenn jemand für sich diese Stelle mit einem persönlichen Gott zu füllen vermag, dann habe ich nichts dagegen. Auf die Frage nach dem Sinn des Lebens aber kann mir auch kein Theologe eine Antwort geben. Ich bin davon überzeugt, dass man die Antwort auf diese Frage selbst finden muss. Ich habe nichts gegen Religiosität. Aber ich habe etwas gegen eine Form von Religiosität, die für alle verbindlich gemacht wird. Wenn Sie mir sagen, ich müsste diese Leerstelle irgendwie besetzen, sonst führte ich eine Eintagsfliegenexistenz, kann ich das nicht akzeptieren. Gauben Sie mir, ich kann ganz gut mit dem abwesenden Gott leben.“ Hirschler: „Das glaube ich Ihnen nicht! …“. Siehe [10].
  68. HS im Film Glauben Wissen Kritisieren, Schnädelbach und die Hegelsche Milchschale I 2007
  69. Zum “konfessionellem Humanismus” zitiert Schnädelbach in Religion in der modernen Welt an Ludwig Feuerbach anschließend: „Der Mensch ist für den Menschen das höchste Wesen“ (vgl. Plinius der Ältere: „homo homini Deus“) und er erinnert sogleich an Stalin und Hitler (als mögliche summum ens). Im Plenum des Internationalem Humanismus-Kongress am 2./3. Juli 2009 erklärte Schnädelbach mit Blick auf das Haupttransparent entsprechend modifizierend, er würde den Begriff ‚Humanismus’ nicht so hoch hängen.
  70. HS Religion in der modernen Welt, S. 53ff.
  71. HS Religion in der modernen Welt, S. 53ff. Zu Hobbes siehe homo homini lupus.
  72. Siehe z. B. HS „Die Wiederkehr der Religion“, in: Die Zeit, 11. August 2005 "Wiederkehr der Religion" von Herbert Schnädelbach (ZEIT, 2005, Nr. 33, 11. August 2005); oder ders. in: Polar. Das Magazin für Politik, Theorie, Alltag, Campus Verlag. Polar 3 2007 (www.polar-zeitschrift.de). Siehe auch Th. Brose, „Zwischen Himmel und Erde. Zwei Berliner Zeitschriften über die Rückkehr der Religion“, Berliner Zeitung, 28. November 2007 [11]. Siehe aber auch: Wiederkehr des Atheismus. Fluch oder Segen für die Theologie? (Hrsg. v. M. Striet, Freiburg 2008).
  73. Vgl. HS im Interview von P. Riesbeck, „Fromme Atheisten ‚Ästhetische Erlebnisqualität’“, Berliner Zeitung, 20. Februar 2008. und HS im Film Glauben Wissen Kritisieren, Schnädelbach und die Hegelsche Milchschale I 2007.
  74. „Aufklärung und Religionskritik“, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 54 2006; und „Religion und kritische Vernunft“, in: Laube/Pfleiderer (Hrsg.), Die Vernunft der Religion. Protestantische Aspekte einer aktuellen Kontroverse, Loccumer Protokolle 62/07, Rehburg-Loccum 2008.
  75. HS „Das philosophische Radio mit Herbert Schnädelbach über Atheismus“ [12], von Jürgen Wiebicke, WDR, 29. August 2008.
  76. HS „Das philosophische Radio mit Herbert Schnädelbach über Atheismus“, von Jürgen Wiebicke, WDR, 29. August 2008 [13] (womit zugleich begründet ist, warum er (ohne Ausdehnung der Begriffsweite) den Begriff ‚fromm’ in Anspruch nimmt.
  77. (1) Ein besonders starker Beleg hierfür sind seine fünf Einführungsbände zu Wissenschaftstheorie, Hegel, Kant, Erkenntnistheorie und Vernunft, welche nicht nur ein kritisches Verständnis zu erzielen suchen, sondern in ihren Ansatzweisen zu ihren Themen gleichzeitig wissenschaftliche Beiträge zu leisten vermochten (s. o., Abschnitte zu Wirkung und Erkenntnis). Weitere Belege: (2) die Themenorientierung des zweibändigen Philosophie. Ein Grundkurs, und die Tatsache, dass dieser seit 1993 in der 7. Auflage vertrieben wird, (3) die Anerkennungen in der Festschrift Sich im Denken orientieren, Frankfurt: Suhrkamp 1996, mit Beiträgen von Schülern und Studenten inklusive des dramaturgischen Beitrags „Die Stimmen der Vernunft oder: Was ist Schnädelbachianismus? Ein Fragment“; und (4) seine Wirkung and der Humboldt-Universität zu Berlin, zu der zählen stark besuchte Veranstaltungen und die mit Volker Gerhardt vollzogene Erneuerung des philosophischen Instituts, sowie exemplarisch sowohl (5) die Betonung des Philosophiedidaktiker Ekkehard Martens (unveröffentlichtes Interview 2006), Schnädelbach zeichne sich aus durch ein „hohes Engagement in der Lehre“ und gleichzeitiger "Lust an der Publikation" als auch (6) Cornelia Roy, „Großes philosophisches Herz“,Berliner Zeitung 18. Juli 2002: „Schnädelbach war ein Hochschullehrer alter Tradition: Die Lehre lag ihm besonders am Herzen. Sie war für ihn nicht nur Anhängsel der Forschung“ [14].
  78. HS, dritter Aufsatzband (2000) [15]
  79. Vor Nebenwirkungen muss dennoch gewarnt werden. Der professionelle Aporienjäger formuliert in jener Antrittsrede:
    „Daraus ergeben sich auch semantische Kopfschmerzen: Ist nur das Ganze wahr, dann kann es das Falsche nicht außer sich haben; also müssen wir Wahrheit als wahre Einheit von Wahrheit und Falschheit denken – aber können wir so etwas überhaupt verstehen?“
  80. HS, „Noch einmal: Hegel zur Einführung“, in: Hegel zur Einführung (1999) S. 158 mit einem Querverweis auf Platons Menon.
  81. HS, „Noch einmal: Hegel zur Einführung“, in: Hegel zur Einführung (1999), Fn. 157.
  82. a b Dieser Teil der Schnädelbachschen Kommentierung aus dem Jahre 2000 ist in der Perspektive von Jürgen Habermas eines der wichtigesten philosophischen Werke seit 1950, das somit über eine Erklärung Hegels und auch dasjenige hinaus geht, was die Bezeichnung „Kommentar“ vorgibt [16].
  83. Zur Philosophie grundlegend: Sie habe „keine Allzuständigkeit“ Die Welt 19. Oktober 1999 (nachfolgend weitere Beispiele).
  84. Von Brillanz ist die Rede (hinsichtlich seiner Zuspitzungen in Vorlesungen) in der Berliner Zeitung (dort auch von „provokante[n] Thesen“) und in der Verabschiedungsrede des ehemaligen Institutsdirektors Rolf-Peter Horstmann (beide vom 18. Juli 2002). Von Polemik ist – teilweise auch mit positiver Konnotation – die Rede hinsichtlich seiner Fluch-vom-Christentums-Urteile, in Horst Hirschler und Herbert Schnädelbach, Streitgespräch [17], sowie den Repliken von Slavoj Zizek, „Liebe ohne Gnade“, Die Zeit, 15. Juni 2000, Hans Maier „Die Überwindung der Welt“, Die Zeit, 29. Juni 2000, Klaus Berger „Wahrheit verträgt keine Gewalt“, Die Zeit, 25. Mai 2000, Michale Korthaus „Das Christentum – ein Fluch über unserer Kultur?“ [18], Oliver Scholz „Re [hegel-ger] Schnädelbach“ [19] und Erwin Bader „Einige Überlegungen zum Dialog zwischen Schnädelbach und Hirschler“, der diesen Vorwurf dort allerdings relativierte und auch zurücknahm, nachdem Schnädelbach darauf reagiert hatte (ebenda) u. v. m. Von einer Seltenheit der polemischen Schärfe und (stattdessen) von unpathetischer Sachlichkeit spricht der Rezensent Josef Quack (in Bezug auf den vierten Aufsatzband) [20], zumal offenbar zu beachten ist, dass provokante Thesen nach unsachlichen und sachlichen zu unterscheiden sind.
  85. Oswald Schwemmer, Rede des Dekans zur Verabschiedung von Herbert Schnädelbach, Juni 2002. Schwemmer führt aus, dass Schnädelbach durch scharfe Charakterisierungen in zunächst gegensätzlich erscheinenden Positionen Verbindendes erkennen lasse. Neben fachphilosophischen Themen mag dies auch erinnern an die scharfe Charakterisierung ‚Fluch’ als Kehrseite zum ‚Segen’ unter der Verbindung ‚Christentum’.
  86. Jürgen Habermas, Statement zur Bedeutung von Herbert Schnädelbach, in: Glauben Wissen Kritisieren, Schnädelbach und die Hegelsche Milchschale 1, 2007.