Amor (Mythologie)
Amor, oft auch Cupido genannt, ist in der römischen Mythologie der Gott und die Personifikation der Liebe (genauer: des Sichverliebens) und wird als halbwüchsiger Knabe nicht ohne schalkhafte Bosheit aufgefasst, der mit seinen Pfeilen ins Herz trifft und dadurch die Liebe erweckt. Widerstehen kann man ihm nicht: Omnia vincit amor („Amor besiegt alles“, wobei das lateinische Wort „amor“ auch direkt mit „Liebe“ übersetzt werden kann).
Amors griechisches Analogon ist Eros. Entsprechend der Abstammung des griechischen Eros von Aphrodite und Ares ist Amor der Sohn der Venus und des Mars. Sowohl in der griechischen als auch in der römischen Mythologie handelt es sich um eine Personifikation des abstrakten Begriffs „Liebe“. Nach den literarischen Zeugnissen ist Amor/Cupido mit Eros identisch. Die römische Personifikation erfolgte offenbar nicht unabhängig, sondern nach dem griechischen Vorbild. Vom 5. Jahrhundert v. Chr. an war den Römern die Gestalt des griechischen Liebesgottes geläufig. Cupido ist im Umfeld Roms zuerst als Inschrift auf einem faliskischen Stamnos aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. bezeugt. Auf dem Gefäß ist er neben Ganymed und Jupiter als Ephebe dargestellt, wobei alle Götter mit ihrem Namen versehen sind.[1] Der älteste literarische Beleg findet sich in der fragmentarisch erhaltenen Komödie Gymnasticus des Gnaeus Naevius aus dem späten 3. Jahrhundert v. Chr.[2] In Bühnenstücken des Plautus, eines Zeitgenossen des Naevius, finden sich die ältesten Belege dafür, dass neben Cupido auch der Name Amor als Göttername verwendet wurde. Allerdings differenzierte Plautus, er nahm zwei ihrem Wesen nach verschiedene Liebesgötter an: Amor war für die Liebe zuständig, Cupido für die Begierde.[3]
Die wohl bekannteste mythische Erzählung von Amor ist die von Apuleius in seinen Roman Metamorphosen eingebettete Erzählung von Amor und Psyche.[4]
In der Emblematik wird Amor oft auch als blind dargestellt, was William Shakespeare im Sommernachtstraum[5] so erklärt:
Die Liebe siehet durch die Phantasie,
Nicht durch die Augen, und deswegen wird
Der goldbeschwingte Amor blind gemalt.
Geflügelt ohne Augen deutet er
Der Liebe Hastigkeit im Wählen an;
Und weil sie leicht verlässt was sie erkohr,
So stellt man ihn als einen Knaben vor;
Wie Knaben oft beym Spiel meineydig werden,
So scherzt des Knaben Amors Leichtsinn auch
Mit seinen Schwüren.
Analog zu den griechischen Eroten, den Mehrfachdarstellungen kindlicher Liebesgötter, gibt es zu Amor die Amoretten, die meist als nackte, geflügelte Knaben dargestellt werden. In der Kunst erscheinen sie zum Beispiel in Watteaus Gemälde Einschiffung nach Kythera.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heinrich Fliedner: Amor und Cupido. Untersuchungen über den römischen Liebesgott (= Beiträge zur klassischen Philologie. Heft 53). Hain, Meisenheim 1974, ISBN 3-445-01151-6.
- Bettina Full: Eros. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.): Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 5). Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-02032-1, S. 262–275.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Etwa 2400 Photos von Darstellungen Amors in der Warburg Institute Iconographic Database
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Antonie Wlosok: Amor and Cupid. In: Harvard Studies in Classical Philology. Volume 79. Harvard University Press, Cambridge / London 1975, ISBN 0-674-37926-8, S. 175 f. (Digitalisat).
- ↑ Eric Herbert Warmington (Hrsg. u. Übers.): Gymnasticus. In: Remains of old latin. Volume 2: Livius Andronicus, Naevius, Pacuvius and Accius. Heinemann, London 1967, S. 92 (Ausschnitt bei Google Books; bei Google wird fälschlicherweise angezeigt, es handle sich bei dem durchsuchten Buch um die Ausgabe London und Cambridge 1936, tatsächlich ist die Fundstelle jedoch in der erweiterten Ausgabe London 1967 zu finden).
- ↑ Heinrich Fliedner: Amor und Cupido. Meisenheim 1974, S. 3–5, 52 f.
- ↑ Apuleius: Metamorphosen. 4,28–6,24.
- ↑ 1. Aufzug, 1. Szene. Übersetzung von Christoph Martin Wieland. Originaltext:
Love looks not with the eyes but with the mind;
And therefore is wing'd Cupid painted blind.
Nor hath Love's mind of any judgment taste;
Wings, and no eyes, figure unheedy haste;
And therefore is Love said to be a child,
Because in choice he is so oft beguil'd.
As waggish boys in game themselves forswear.