Conseil constitutionnel (Frankreich)
Der Conseil constitutionnel (französisch ‚Verfassungsrat‘) ist das französische Verfassungsgericht.
Kompetenzen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Conseil constitutionnel (CC) entscheidet über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sowie von Referenden. Im Unterschied zum deutschen Bundesverfassungsgericht kannte er bis 2010 weder Verfassungsbeschwerde noch konkrete Normenkontrolle. Vor dem Inkrafttreten der Verfassungsreform von 2008 konnte ein Gesetz im Unterschied zu Deutschland nur überprüft werden, bevor es ausgefertigt wurde (abstrakte Normenkontrolle a priori, auch abstrakte Präventivkontrolle).
Zum Beispiel prüfte der CC im Jahr 1981 das Verstaatlichungsgesetz des damals neuen Staatspräsidenten François Mitterrand (und billigte es am 11. Februar 1982). Die Überprüfung vor der Veröffentlichung des Gesetzes ist obligatorisch für Gesetze, die die Verfassung konkretisieren (Organgesetze) und für die Geschäftsordnungen der Parlamentskammern. Alle anderen Rechtsnormen (einfache Gesetze, völkerrechtliche Verträge, Verordnungen) werden nur auf Antrag überprüft. Antragsberechtigt sind der Staatspräsident, der Premierminister, der Präsident der Nationalversammlung, der Präsident des Senats und seit 1974 auch 60 Abgeordnete oder 60 Senatoren.
Die Reform von 2008 ermöglicht es den zwei obersten Gerichtshöfen, im Rahmen einer Rechtsbeschwerde (Cassation) dem Rat eine Vorfrage (question préjudicielle) vorzulegen, um die Verfassungsmäßigkeit zu prüfen (wie bei dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen der Vorabentscheidungsverfahren).
Üblicherweise ist auch die Aufgabe der jeweiligen Verfassungsgerichte der Staaten, die Vereinbarkeit der nationalen Gesetze mit dem Völkerrecht zu kontrollieren, was der Conseil constitutionnel jedoch mehrfach abgelehnt hatte. In der Entscheidung Nicolo vom 20. Oktober 1989 hat sich der Conseil d’État dafür zuständig erklärt. In Frankreich gab es bis zur Entscheidung Nicolo keinen Rechtsweg gegen völkerrechtswidrige Gesetze.
Zusammensetzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Conseil constitutionnel besteht aus neun Richtern. Sie werden alle drei Jahre zu einem Drittel vom Staatspräsidenten, dem Präsidenten der Nationalversammlung und dem Präsidenten des Senats ernannt. Weder müssen die Mitglieder dabei eine bestimmte Altersgrenze überschritten haben, noch wird eine berufliche Qualifikation für die Inhaberschaft dieses Amtes vorausgesetzt. Eine Wiederernennung ist unzulässig.
Die ehemaligen Staatspräsidenten sind Mitglieder auf Lebenszeit. Üben sie ein mit der Position unvereinbares Amt aus, ruht die Mitgliedschaft. Ein solches ist mit Blick auf die ehemaligen Staatspräsidenten insbesondere jedes Wahlamt, was z. B. Valéry Giscard d’Estaing von 1984 bis 2004 vom Conseil ausschloss, da er in dieser Zeit Abgeordneter und Regionalratspräsident war. Daneben ist es üblich, dass ehemalige Staatspräsidenten auch aus anderen Gründen das Ruhen ihrer Mitgliedschaft erklären können. Sie können von der Mitgliedschaft aber nicht zurücktreten.[1]
Der Staatspräsident ernennt den Präsidenten des Verfassungsrates. Er kann dabei sowohl ein ernanntes Mitglied als auch einen ehemaligen Staatspräsidenten auswählen.[2]
Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, wird ein neues Mitglied ernannt. Dessen Amtszeit entspricht der noch verbleibenden Amtszeit des ausgeschiedenen Mitglieds. Ernannt wird das Ersatzmitglied vom aktuellen Inhaber des Amtes, bei dem das Vorschlagsrecht für das ausgeschiedene Mitglied lag. War die verbleibende Amtszeit kürzer als drei Jahre, dürfen diese Mitglieder erneut, dann für eine reguläre Amtszeit von 9 Jahren, ernannt werden.[3]
Mitglieder des Verfassungsrates dürfen keine öffentliche Funktion und keine sonstige Berufstätigkeit ausüben; die Tätigkeit als Anwalt ist nochmals ausdrücklich ausgeschlossen. Sie dürfen weder der Regierung noch dem beratenden Rat für Wirtschaft, Soziales und Umwelt angehören, ebenso ist jedes Wahlmandat oder die Funktion als Défenseur des droits unzulässig. Treten ernannte Mitglieder des Verfassungsrates eine solche Funktion an, scheiden sie automatisch aus dem Verfassungsrat aus[4], bei geborenen Mitgliedern ruht dann die Mitgliedschaft.
Aktuelle Mitglieder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Name | Leben | Amtszeit | Nominiert von | Name | Besonderheiten |
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Laurent Fabius | 1946– | 2016–2025 | Staatspräsident | François Hollande | Präsident seit 2016 |
Nicolas Sarkozy | 1955– | 2012– | ehemaliger Staatspräsident nimmt seit 2013 nicht mehr an den Sitzungen teil | ||
François Hollande | 1954– | 2017– | ehemaliger Staatspräsident nimmt nicht an den Sitzungen teil | ||
Michel Pinault | 1947– | 2016–2025 | Senatspräsident | Gérard Larcher | |
Corinne Luqiens | 1952– | 2016–2025 | Präsident der Nationalversammlung | Claude Bartolone | |
Alain Juppé | 1945– | 2019–2028 | Präsident der Nationalversammlung | Richard Ferrand | |
Jacques Mézard | 1947– | 2019–2028 | Staatspräsident | Emmanuel Macron | |
François Pillet | 1950– | 2019–2028 | Senatspräsident | Gérard Larcher | |
Jacqueline Gourault | 1950– | 2022–2031 | Staatspräsident | Emmanuel Macron | |
François Seners | 1958– | 2022–2031 | Senatspräsident | Gérard Larcher | |
Véronique Malbec | 1958– | 2022–2031 | Präsident der Nationalversammlung | Richard Ferrand |
Ehemalige Mitglieder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Michel Fromont: Der französische Verfassungsrat. In: Christian Starck, Albrecht Weber (Hrsg.): Verfassungsgerichtsbarkeit in Westeuropa. Teilband I. 2. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2007, ISBN 978-3-8329-2640-3 (Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit. Band 30/I), S. 227–258.
- Frédéric Monera: L'idée de République et la jurisprudence du Conseil constitutionnel. L.G.D.J., Paris 2004, ISBN 978-2-275-02524-7.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Patrick Roger: De retour en politique, Sarkozy ne peut pas démissionner du Conseil constitutionnel. In: Le Monde (online). 22. September 2014, abgerufen am 11. August 2017 (französisch).
- ↑ Article 1, Ordonnance n° 58-1067 du 7 novembre 1958 portant loi organique sur le Conseil constitutionnel. Version consolidée au 11 août 2017. Légifrance, Secrétariat général du Gouvernement, abgerufen am 11. August 2017 (französisch).
- ↑ Article 12, Ordonnance n° 58-1067 du 7 novembre 1958 portant loi organique sur le Conseil constitutionnel. Version consolidée au 11 août 2017. Légifrance, Secrétariat général du Gouvernement, abgerufen am 11. August 2017 (französisch).
- ↑ Article 4, Ordonnance n° 58-1067 du 7 novembre 1958 portant loi organique sur le Conseil constitutionnel. Version consolidée au 11 août 2017. Légifrance, Secrétariat général du Gouvernement, abgerufen am 11. August 2017 (französisch).