Diskussion:Krao Farini

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Letzter Kommentar: vor 10 Monaten von Enyavar in Abschnitt noch Detailfragen
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Der Artikel „Krao Farini“ wurde im Dezember 2023 für die Präsentation auf der Wikipedia-Hauptseite in der Rubrik „Schon gewusst?vorgeschlagen. Die Diskussion ist hier archiviert. So lautete der Teaser auf der damaligen Hauptseite vom 18.01.2024; die Abrufstatistik zeigt die täglichen Abrufzahlen dieses Artikels.

Bearbeitungen

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Hallo Enyavar, ich habe jetzt einiges an dem von dir erstellten Artikel gemacht. Habe die Schritte in den ZQ erklärt. Natürlich alles diskutabel; ich halte es für wichtig und angebracht, das Leben des Mädchens/Frau so rum darzustellen. Viele Grüße, --Coyote III (Diskussion) 22:33, 25. Dez. 2023 (CET)Beantworten

Theoriefindung und Quellen statt Belege

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In diesem Artikel wurde keine Literatur angegeben und ausweislich der Einzelnachweise wurden ausschließlich Primärquellen ausgewertet, die Neueste datiert von 1926. Nun ist es so, dass auch eine nur oberflächliche Recherche reichlich Sekundärliteratur zumeist aus dem 21. Jahrhundert ergibt. Ich liste nur zehn Titel, in denen Krao ausführlich behandelt wird (es gibt noch einige mehr).

  • Nadja Durbach, The Missing Link and the Hairy Belle: Krao and Victorian Discourses of Evolution, Imperialism, and Primitive Sexuality, in Marlene Tromp (Hrsg.): Victorian Freaks. The Social Context of Freakery in England, Ohio State UP 2007, S. 134-53.
  • Nadja Durbach: Spectacle of Deformity: Freak Shows and Modern British Culture. Univ. of California Press 2010.
  • Diana Snigurowicz,Sex, Simians, and Spectacle in Nineteenth-Century France; or How to Tell a 'Man' from a Monkey, In: Canadian Journal of History 34 (April 1999): S. 51-81.
  • Kimberly A. Hamlin: The "Case of a Bearded Woman": Hypertrichosis and the Construction of Gender in the Age of Darwin. In: American Quarterly , December 2011, Vol. 63, No. 4, S. 955-981.
  • Nigel Rothfels: Aztecs, Aborigines and Ape-People. Science and Freaks in Germany, 1850-1900. In: Rosemarie Garland-Thompson (Hrsg.): Freakery. Cultural Soectacles of the Extraordinary Body. NY UP 1996, S. 158-172.
  • Andrew Horrall: Inventing the Cave Man. From Darwin to the Flintstones. Manchester UP 2017.
  • Lindsey B. Churchill: What is it? Difference, Darwin and the Victorian Freak Show. In: Jeannette Eileen Jones, Patrick B. Sharp (Hrsg.): Darwin in Atlantic Cultures. Evolutionary Visions of Race, Gender, and Sexuality. Routledge 2010, S. 128-142
  • Thodora Goss: Listening to Krao: What the Freak and Monster Tell Us. In: Conjunctions, No. 59, Colloquy (2012), S. 148-155.
  • Janet M. Davis: The Circus Age: Culture and Society under the American Big Top. Univ. of NC Press 2003.
  • Stephanie Nestawal: Monstrosität, Malformation, Mutation. Von Mythologie zu Pathologie. Lang, Frankfurt 2010.

Der Rechercheaufwand über google books und Jstor war minimal. Ich zitiere WP:BLG: Wikipedia-Artikel sollen gut gesichertes, etabliertes Wissen enthalten, mit dem Ziel, den aktuellen Kenntnisstand darzustellen. Grundsätzlich sind daher wissenschaftliche Publikationen, insbesondere Standardwerke, begutachtete Veröffentlichungen und systematische Übersichtsarbeiten, die für das Fachgebiet des jeweiligen Lemmas relevant sind, zu bevorzugen. Damit keine veralteten oder überholten Informationen in Wikipedia eingearbeitet werden, sollten möglichst aktuelle Ausgaben Verwendung finden. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, inwieweit diese Quellen in den akademischen Diskurs, etwa in akademischen Fachzeitschriften des betreffenden Themengebiets, einbezogen werden und welches Gewicht ihnen darin beigemessen wird. Die Diskrepanz zwischen leicht zugänglicher, aktueller Sekundärliteratur und den hier verwendeten Quellen ist eklatant. Im Artikel wird originäre Forschung, allerdings auf einem Niveau, der weit hinter dem Wissenstand zum Verständnis von Krao zurückbleibt. Auf alles einzugehen, was in der oben angegebenen Literatur an Interpretationsansätzen zu finden ist, würde zu weit führen. Das hinterlässt auch inhaltliche Lücken. So wird Kraos Rezeption in Deutschland, England und Frankreich überhaupt nicht einmal erwähnt, geschweige denn analysiert. Die Eigenart der im Artikel verwendeten Belege, nämlich vor allem amerikanische Lokalzeitungen des 19. Jahrhunderts, lässt mich darauf schliessen, dass der Artikelautor sich an den im Artikel der englischen Sprachversion verwendeten Belegen orientiert und auf eine eigene Recherche verzichtet hat. Sorry, aber bei dem Thema kommt man nicht von selbst auf die Times von Owosso in Michigan und die Utica Sunday Tribune. Und das ist AGF. Sonst müßte ich annehmen, dass der Artikelautor die Sekundärliteratur bewusst unterdrückt. Trotzdem stellt sich die Frage, ob überhaupt Interesse an einer kritischen und reflektierten Aufarbeitung besteht oder ob hier nur ein wenig Freak-Show gespielt werden soll. --Assayer (Diskussion) 04:16, 6. Jan. 2024 (CET)Beantworten

@Assayer: danke für die gut begründete und fundamentale Kritik an meiner Übernahme aus der en-WP. Du hattest hier völlig Recht. Ich habe die genannte Literatur, aber auch weitere Funde, jetzt eingearbeitet soweit möglich. Dass hier so großzügig eine Vielfalt an Literatur verfügbar ist, ist mir peinlicherweise entgangen: ich habe die en-WP als Ausgangspunkt genommen und deren Quellen gründlich geprüft, aber nicht Google Books benützt. Ein schwerer Fehler, geholfen hätte mir das allerdings leider auch nur begrenzt, da Google den Zugang sehr stark einschränkt (s.u.). Aber auch der Verweis auf JSTOR hat geholfen, dort bin ich ebenfalls fündig geworden. Zu zwei Kritikpunkten möchte ich mich etwas verteidigen: Ich wollte eben nicht ‚Freakshow spielen‘, sondern die Person abbilden, und das ist auch weiterhin mein Interesse. Recht hast du natürlich auch hier, s.o., dass ein Artikel um so weniger nach Freakshow aussieht, je besser er recherchiert ist. Zum anderen, sehe ich eine originäre Forschung (OR) auch in der vorherigen Fassung bereits nicht: Alte Zeitungen sind keine Primärquellen, sie haben "bloß" eine viel schlechtere Qualität als (gute) Sekundärquellen. (Ja, die gefehlt haben.) Und leider sind auch Sekundärquellen nicht deswegen besser, nur weil sie dem 21. Jahrhundert entstammen.
Ich muss gestehen, dass der Artikel in meiner ersten Überarbeitung noch keine gänzliche Neuausrichtung erfahren hat: Die Legenden (egal woher man sie nimmt, einschließlich damaliger Zeitungen) gehören dazu und es wurde mir aus dem Material jetzt lediglich klar, dass Der Große FariniTM diese drei Typen der Legende offenbar gleichzeitig unters Volk bringen ließ. Die wirkliche Herkunft war bislang gar nicht dargestellt, das kommt jetzt hinzu. Außerdem habe ich zahlreiche Details gerade zur ersten Ausstellung in London einbringen können. Die spätere Karriere ab den 1890ern ist ebenfalls etwas deutlicher, doch gerade dort sollte man weiterhin ausbauen und erleuchten.
Zu den vorgeschlagenen Quellen in obiger Reihenfolge:
  • Victorian Freaks. The Social Context of Freakery in England: Nicht frei zugänglich.
  • Spectacle of Deformity: Freak Shows and Modern British Culture: Nicht frei zugänglich, aaaber die Seiten 89-112 waren mir als Vorschau verfügbar, ausgenommen die Seiten 90, 97, 101, 104-111 und ab 113. Entsprechend benutzt; aber hier könnte noch viel mehr auffindbar sein, gerade zur Schaustellerlaufbahn nach 1890? Autorin und Name des Kapitels/Aufsatzes legt nahe, dass es weitgehend eine Überarbeitung von dem 2007 veröffentlichten Beitrag eins weiter oben ist.
  • Sex, Simians, and Spectacle (etc): Leider weder über Google Books noch über JSTOR abrufbar, lediglich vielfach in anderen Publikationen zitiert.
  • The "Case of a Bearded Woman": Hypertrichosis and the Construction of Gender in the Age of Darwin: Über JSTOR gefunden, zugänglich und benutzbar; geht leider vergleichsweise wenig auf Krao ein, hat aber Eckdaten.
  • Freakery. Cultural Spectacles of the Extraordinary Body: Leider weder über Google Books noch über JSTOR abrufbar, lediglich vielfach in anderen Publikationen zitiert.
  • Inventing the cave man: From Darwin to the Flintstones: Nicht frei zugänglich.
  • Darwin in Atlantic Cultures: War kurz frei zugänglich (?). Beim zweiten Aufruf dann nicht mehr.
  • Theodora Goss: Listening to Krao: What the Freak and Monster Tell Us: Über JSTOR gefunden, zugänglich und theoretisch benutzbar. Für zwei Stellen als zusätzliche Quelle eingearbeitet, aber es handelt sich hier eher um einen philosophischen Aufsatz, der anhand ihres Lebenswegs schwierige Fragen aufwirft und so performt (Grendel, Frankensteins Monster, Twilight-Charaktere, Krao Farini). Sollte also auch wieder rausfliegen hier.
  • The Circus Age: Nicht frei zugänglich.
  • Monstrosität, Malformation, Mutation: von Mythologie zu...: Die ersten 5 Seiten des Porträts waren zugänglich und benutzbar. Allerdings habe ich hier Bauchschmerzen: Die Autorin stützt sich stark auf die Quellenlage bei Virchow's "Zeitschrift für Ethnologie" und zitiert an einigen Stellen nachlässig bis grob falsch: Mir aufgefallen ist z.B.: der angebliche Entdecker Bock soll Krao in Deutschland begleitet haben: die zitierte Stelle (1883) gibt das keinesfalls her. Falls Bock mit Krao noch weiter involviert war als in die (ungeklärten!) Übergabe an Farini (s.u. neuer Absatz), dann stammt dieses Wissen woanders her. Außerdem: Der Polizeieinsatz um zu verhindern, dass Krao im Affenkäfig landet, wird Berlin zugeschrieben, tatsächlich verweist die Stelle (1884) eindeutig auf das Londoner Aquarium. Daher habe ich für diese Stellen unbedingt die Originalquellen benutzt, nämlich die Z.f.Ethnologie 1883, 1884, 1885 und 1893.
  • (+) Animals and Their Children in Victorian Culture (Ch. 13: Imperial Pets: Monkey-Girls, Man-Cubs, and Dog-faced Boys on Exhibition in Victorian Britain): Nicht frei zugänglich, aber drei Beispielseiten des Kapitels waren verfügbar. Entsprechend benutzt.
  • (+) Peter C. Kjærgaard: The Missing Link and Human Origins: Understanding an Evolutionary Icon. In: Perspectives on Science and Culture, Kris Rutten, Stefaan Blancke, Ronald Soetaert (Hrsg). Purdue University Press, 2018. JSTOR-Link (nur sehr minimal)
Was ich weiß, ist dass dies natürlich noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sondern nur mein erster Rundumschlag anhand der erstbesten direkt online verfügbaren Quellen. Ja ich weiß: der bessere Weg ist die Fernleihe, und es sind noch Dinge ungeklärt. Du schrubst etwa auch von französischen Quellen: Habe ich noch nicht mal gesucht bisher. --Enyavar (Diskussion) 02:35, 9. Jan. 2024 (CET)Beantworten
Außerdem @Coyote III:: Könntest du schon einmal Korrektur lesen? --Enyavar (Diskussion) 02:35, 9. Jan. 2024 (CET)Beantworten
Also Victorian Freaks findest Du im Volltext über Project MUSE. Spectacle of Deformity gibt es bei DeGruyter. Sex, Simians, and Spectacle gibt's im Volltext über Ebsco, also alle über die Wikipedia Library (letzteren Titel einfach in das Suchfeld der Library eintragen). Das sind auch mit die wichtigsten Texte. Sex, Simians, and Spectacle geht auf Frankreich ein. Grundlegend eingelesen habe ich mich bislang nicht, sondern ich habe bibliographiert. Alte Zeitungsartikel sind Quellen und müssen entsprechend kritisch gelesen werden. Literatur aus dem 21. Jahrhundert sollte einen anderen, ideologiekritischen Blick ermöglichen. Dass solche Literatur qualitativ schwankt, ändert nichts daran, dass sie anders zu nutzen ist als Zeitungsartikel aus dem 19. Jhd. Aber das müssen wir jetzt hier nicht vertiefen. TF war in der monierten Version etwa die Aussage: Über vierzig Jahre lang tourte Krao Farini anschließend weitgehend selbstbestimmt in verschiedenen Ensembles durch die Vereinigten Staaten und zeigte Schaulustigen ihren schwarzen Bart und ihre geschickten Hände und Füße. --Assayer (Diskussion) 13:46, 9. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Hallo Enyavar, hab paar kleinere Sachen abgeändert; mit dem jetzigen Stand kann ich soweit leben, hab keine direkten Alarm-Punkte bzgl. meiner Kritik neulich (Fortführung des kolonialen Blicks). Insgesamt bin ich noch nicht so ganz glücklich mit dem Spirit des Artikels und evtl. würde mir auch vorschweben, den Aufbau noch mal etwas anders zu gestalten, natürlich vorschlagsweise. Aber da warte ich, bis du im Großen und Ganzen fertig bist, das ein oder andere schwebte dir glaube ich noch vor. Wenn die inhaltlichen Akzentuierungen/Gewichtungen sich noch verändern, macht das hinterher mehr Sinn. Grüße, --Coyote III (Diskussion) 12:44, 10. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Danke sowohl an Assayer wie auch an Coyote III; ich habe auch selbst noch einmal den Aufbau umstrukturiert. Die Texte von Snigurowicz und Durbach sind jetzt ebenfalls „drin“, dafür habe ich Goss komplett herausgeworfen. Das "weitgehend selbstbestimmt" ist bereits in meiner Fassung vom 8. Januar nicht mehr enthalten gewesen. Die alten Zeitungsartikel hatte ich nicht als neutrale Quellen erachtet: Aus ihnen gehen einerseits die als solches markierten Legenden heraus, die G.A.Farini verbreitete; zum anderen enthalten sie sachliche Informationen zu Orten und Zeiten. Ich bin der Meinung, dass der Artikel auch vor der Überarbeitung nicht in dem Sinne sensationalistisch war wie die ollen Zeitungsquellen. Entschuldigung noch einmal an Coyote III wegen des Benutzerkonflikts soeben. --Enyavar (Diskussion) 17:57, 12. Jan. 2024 (CET)Beantworten
Musste weg, hab den Rest nun auch noch durchgeschaut. Finde die Struktur jetzt gut. Viele Grüße, --Coyote III (Diskussion) 22:50, 12. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Heirat mit Farini

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Das hat mich nun doch noch geschockt: Theodora Goss schreibt von einer Heirat Kraos mit ihrem Adoptivvater. So leichtfüßig wie Goss' Aufsatz aufgebaut ist, übernehme ich das nicht ohne Bestätigung. --Enyavar (Diskussion) 02:35, 9. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Konnte keine Bestätigung finden; nach dem Lebenslauf von G.A. Farini war er 1871-1880 mit Alice Carpenter verheiratet, dann 1886-Lebensende mit Anna Müller, die ihn noch um zwei Jahre überlebte. Eine Heirat mit seiner minderjährigen Adoptivtochter ist in den 1880ern undenkbar und auch in den 1890ern wo er noch mehr Kontrolle über ihr Leben hatte, kann ich es mir nicht vorstellen. Goss irrt sich da massiv, möglicherweise weil Krao seinen Nachnamen annahm. Vielleicht auch eine Verwechselung mit Julia Pastrana, die ihren Impresario zwar auch nicht heiratete, aber von ihm schwanger wurde. --Enyavar (Diskussion) 17:57, 12. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Die Rolle Bocks.

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Was ebenfalls noch fehlt, ist eine genaue Beleuchtung der Rolle Bocks.

  • Variante 1: Er ist komplett unbeteiligt - Der Nachlass in der BL legt das nahe, das kann aber falsch sein.
  • Variante 2: Er hat mit Farini Kontakt gehabt, und ihm gekabelt, wo er ein Kind finden kann, wie Farini es sucht.
  • Variante 3: Er hat Krao "dingfest" gemacht und hat Farini nach Bangkok kommen lassen, um das Kind abzuholen. (Farinis Legenden legen 2 oder 3 nahe.)
  • Variante 4: Er hat Krao höchstpersönlich nach Europa verschleppt (davon gehen durchaus einige Quellen aus).
  • Cariante 5: Er war sogar an der Vermarktung in Europa noch beteiligt (sogar das habe ich gelesen).

Auch in den wenigen unbeeinflussten Quellen der 1880er die ich lesen konnte, bleiben Aussagen hierzu nebelhaft. Genauso die zwei Figuren George Shelley und Edward Sachs. Den ersten dieser beiden habe ich stracks im Verdacht, ein weiteres Alter Ego Farinis gewesen zu sein: Es ist ein 0815-Name, mal Shelly mal Shelley geschrieben, und der gute Doktor taucht sowohl 1882 als auch 1884 in ihrem Umfeld auf. --Enyavar (Diskussion) 02:35, 9. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Antiquarischer Ansatz

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siehe auch: Wikipedia_Diskussion:Hauptseite/Schon_gewusst/Diskussionsarchiv/2024/Januar#Krao_Farini

Nachdem nur die Literaturbasis geklärt ist, formuliere ich eine inhaltliche Kritik an der Artikelgestaltung. Ein ganzes Kapitel ist Kraos Herkunft gewidmet und dabei weit überwiegend aus den Quellen gearbeitet. Was ist enzyklopädisch an Legenden des 19. Jhds.? Die Forschungsliteratur geht weit weniger detailliert darauf ein. Durbach widmet Legendenbildung und tatsächlicher Herkunft etwas über eine Seite weniger Platz (S. 95f.) und kontextualisiert sie vielmehr im Rahmen darwinistischer Debatten.

Dagegen werden die Interpretationsansätze der Forschungsliteratur kaum referiert. Bsp.:

  • Im Artikel heiß es: „Krao selbst soll sich bereits früh durchaus begeistert gezeigt haben, in der westlichen Welt Dinge zu erleben und zu besitzen, die ihr in der Heimat verwehrt gewesen waren, darunter eine Vielfalt an feinen Kleidern und Spielzeugen. London sei Laos an Geschäften weit überlegen.” Weggelassen wird die Analyse des Belegs Garascia „The ‘Missing Link’ becomes a colonial child consumer who estranges shopping from its usual British bourgeois feminine and heterosexual sensibilities, and revises the dynamics of gender, sexuality, and commerce at work in late-Victorian Britain. The freak show offers a space for the colonial female subject to speak in a relatively untrammelled way about British consumerism, and how it reproduces ideologies of heterosexual femininity.”
  • Aus Durbachs Interpretation “Not only did her adoption normalize and westernize Krao by locating her within a Victorian family unit […]. By advertising her vaccination and the possibility that she might be educated, Farini accentuated Krao’s admittance into British society though the rites and rituals of Western childhood. (S. 102) wird im Artikel „Ihre höfliche Art und rasche Anpassung an viktorianische Gepflogenheiten machte den Behörden schnell deutlich, dass die „junge Lady“ auch der Impf- und Schulpflicht unterlag.“
  • Wenn im Artikel zum Auftritt in Dublin lapidar steht: „Das wissenschaftliche Fachpublikum konnte sie auch in Unterwäsche begutachten.“ Werden bei Durbach die „erotic readings of her body“ betont. "The music hall setting, unlike the pseudoscientific setting of the Westminster Aquarium, encouraged Krao to perform her freakish bodily difference in dramatic and sexually provocative ways that explicitly located her as a “primitive” Other.”" (S. 112)
  • Im Artikel fällt ein Satz wie: „Frauen zeigten ihre Körperbehaarung nicht.“ Während Hamlin auf den großen Unterschied zwischen Hypertrichose bei weißen und schwarzen Frauen verweist: Bei den einen ist es ein medizinisch-ästhetisches Problem, bei den anderen geht es um den Übergang von Affe zu Mensch. (S. 955f.) D. h. Geschlecht ist zu dieser Zeit stark rassifiziert.

Kurzum, die für die historiographische Interpretation zentralen Kategorien Kolonialismus, Sexualität, Gender, Race werden im Artikel nicht rezipiert. Dass die Bilder auch nur präsentiert werden, aber nicht wie in der Historiographie die Bildsprache aufgezeigt wird, tut ihr Übriges.

In dem Artikel steckt zweifellos viel Arbeit. Aber mir scheint, dass die historiographische Analyse bewusst herausgehalten wurde. Das ist nicht mein Ansatz. --Assayer (Diskussion) 13:45, 14. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Es steht dir frei, meine Formulierungen zu korrigieren/verfeinern/auszubauen oder wo unzutreffend zu entfernen, und die gewünschten Ansätze zur modernen Interpretation einzubringen (etwa als Rezeptions-Absatz), einschließlich beispielsweise der von Garascia aufgeworfenen Frage, inwieweit Krao queer war. Das ist ein interessanter sozialwissenschaftlicher Aspekt, aus meiner Sicht aber eben auch ein sehr heikles Terrain mit dem man sich extrem leicht in enzyklopädische Nesseln setzt. "Bewusst" habe ich hier biographische Tatsachen darstellen wollen, und NPOV geht leichter ohne tiefergehende historiographische Analyse zu Ursachen und Folgen der sehr großen Komplexe Imperialismus, Rassismus, Klassismus, Sexismus. Rudimentär schwingen diese gesellschaftskritischen Aspekte im Artikel trotzdem schon mit. Ich bezüglich weiterer Änderungen gespannt.
Zur Frage, warum ich die Legenden dringelassen habe: Die Legenden sind da und werden bis heute nacherzählt, aber selten mehr als eine. In fast allen herangezogenen Quellen (ob nun 19. oder 21. Jahrhundert) findet sich ein entsprechender Absatz (oder z.B. im Fall von "Die Akte Krao" (nicht verwendet) selbst im 21. Jahrhundert nicht einmal eine Gegendarstellung). Insofern empfand ich einen kritischen Ansatz, der erlaubt, die Legenden miteinander zu vergleichen und der dann die wenigen (mir) bekannten Informationen ihrer Herkunft aus Bangkok einbringt, als besonders wichtig. Wie du sicher bemerkt hast, habe ich auch noch weiter gesucht, zu den Hintergründen von Kraos Herkunft fand ich aber als beste moderne Quelle eben Nestawal, die weniger detailliert war als die Aufsätze der von ihr benutzten GfAEU aus den 1880ern. --Enyavar (Diskussion) 18:01, 14. Jan. 2024 (CET)Beantworten
Ein Artikel, der Krao nicht im Beziehungsgeflecht der Kategorien Gender, Sexuality, Race zum Kolonialismus lokalisiert, ist nicht NPOV. --Assayer (Diskussion) 14:32, 15. Jan. 2024 (CET)Beantworten
So entwirft man dann eine Lebensgeschichte der Kuriosität, bereinigt um Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Kolonialismus. Keiner der von mir auf der Artikelseite zitierten Sätze ist im Konjunktiv formuliert. (Zitat)
[..] soll sich [..] gezeigt haben [..] und [..] wird mit der Meinung zitiert, London sei [..] --> Das war der erste der monierten Sätze, und beide Sätze deuten an, dass sich die getroffene Aussage in Zweifel ziehen lässt. Genau das meinte ich mit der Aussage vom offenbar überlesenen Konjunktiv. --Enyavar (Diskussion) 23:01, 17. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Frage an den Leser: Ist der Artikel rassistisch / misogynstisch?

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Bitte um eine Beurteilung: Liebe Lesende, die ihr euch während der SG?-Präsentation am 18. und 19. Januar auf diese Diskussion verirrt habt: euch möchte ich gerne um eine Aussage bitten, wie es im aktuellen Artikel (oberhalb des neuen Abschnitts "Rezeption") zum Thema Rassismus, Misogynie und Kolonialismus steht: Werden diese drei Aspekte aus eurer Sicht im Artikel dargestellt oder verschwiegen? Liest sich der Artikel hinsichtlich diese Themen aufbauschend oder verharmlosend? Bleibt man im Unklaren darüber, wie menschenverachtend das Showbusiness im 19. Jahrhundert war?
Ich freue mich über etwaige Wortmeldungen. --Enyavar (Diskussion) 23:01, 17. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Da es sich um eine Personenartikel und um ein Lexikon handelt, haben Wertungen der allgemeinen Situation zu unterbleiben. Als persönlich Bemerkung nur soviel: Im Gegenteil. Ich hatte nach dem Lesen den Eindruck, dass hier eine äußerst willensstarke Frau den widrigen Umständen widerstanden und ihnen das Weitestmögliche abgerungen hat. --Glamourqueen (Diskussion) 00:42, 19. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Hafen von Mandalay

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Zunächst mal vielen Dank für diesen sehr interessanten und kurzweiligen Artikel. Ich habe ihn gestern von vorne und hinten durchgelesen (sehr flüssig geschrieben), und mich beeindruckt die Biographie dieser selbstbewussten Frau. Noch einmal, danke, diese spannende Lebensgeschichte mit uns zu teilen.

Eine Kleinigkeit fiel mir aber ins Auge, und zwar Im Hafen (!) der burmesischen Hauptstadt Mandalay im Abschnitt der "Gefangennahme durch eine siamesische Expedition". Das eingeklammerte Ausrufezeichen soll hier wahrscheinlich auf eine Ungereimtheit hinweisen, dass Mandalay als Stadt im Landesinneren über einen Hafen verfügt. Aber dem ist natürlich tatsächlich so. Der Irrawaddy ist nicht nur schiffbar, sondern auch heute noch eine der wichtigsten Verkehrsadern für Mandalay. Bereits 1864 wurde die 'Irrawaddy Flotilla Company' gegründet mit ursprünglich 4 Raddampfern, die vom Krieg der Briten übriggeblieben waren, und richteten einen regelmäßigen Liniendienst zwischen Mandalay und Rangun ein. Vom Königshaus gefördert, verfügte die Reederei in der Zeit, in der die Legendenbildung um Kraos Auffindung spielen, über 31 Flussdampfer, die größten waren rund 90 m lang und konnten 3.000 Passagiere, 500 Tonnen Fracht und zusätzlich 1.200 Tonnen Fracht in zwei Flats befördern, die auf beiden Seiten festgemacht waren. Ein so reger Passagier- und Frachtverkehr erfordert naturgemäß einen Hafen mit Landungsbrücken, Lagerhäusern und Schauerleuten, halt eben einen Flusshafen wie in Stuttgart oder Duisburg, den die königliche Residenz Mandalay damals natürlich auch hatte. Oder habe ich das (!) doch falsch interpretiert und es steht für eine völlig andere Bedeutung? Gruß, --109.193.233.146 11:07, 19. Jan. 2024 (CET)Beantworten

@109.193.233.146 Das fiel mir ebenfalls auf. Und natürlich ist ein Binnenhafen auch ein solcher. Das sollte geändert werden.
-- Nicola kölsche Europäerin 14:57, 19. Jan. 2024 (CET)Beantworten
Die Anmerkung hatte ich gesetzt, weil bereits Zeitgenossen diese Behauptung für unwahrscheinlich hielten. Ungeachtet der Frage, wie viele Europäer wohl den Irrawaddy hinauffuhren (Hafenstädte an der Küste - Rangun oder Bangkok - machen es wahrscheinlicher, dass Europäer dort auf einem Zwischenstopp im Hafen alles mögliche sehen konnten), war auch zu bezweifeln, ob die Haarfamilie des burmesischen Königs viel im Binnenhafen von Mandalay weilte. Aber da es so oder so ein Lügenmärchen ist, kann das "(!)" gerne entfernt werden, wenn es den Lesefluss stört. LG :-) --Enyavar (Diskussion) 16:22, 19. Jan. 2024 (CET)Beantworten

Neuere Rezeption

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Bei der Darstellung, in welcher Weise Krao Farini in die Mühlen der damaligen Zeit geraten ist, fehlt mir noch einer, weiß nicht ob die Autor/innen das auch thematisieren: sie ist ja als Person bzw. als Kind "in Wert gesetzt worden", das Ganze war nicht zuletzt ein wirtschaftlicher Vorgang. Im Artikel dargestellt die große Bemühung ihres 'Adoptivvaters' um Werbung und an einer Stelle werden seine wöchentlichen Einnahmen genannt. Weiß nicht, ob die zitierten Autor/innen diesen Aspekt thematisieren. Also Kapitalismus/Ausbeutung ist mMn eine weitere Kategorie. Grüße, --Coyote III (Diskussion) 13:58, 20. Jan. 2024 (CET)Beantworten

noch Detailfragen

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  • "Laotische Insel Borneo" - kann das sein? Heute gehört sie ja zu Indonesien...
  • "Polizeiminister Salomon" - von Siam oder eines westlichen Landes?
  • "in Begleitung einer Gesellschafterin" - kann man das einordnen, ob das eine wohlständige Lebensweise war, oder ob sie als alleinstehende junge Frau nicht alleine reisen/auftreten durfte und daher eine "seriöse" Begleitung benötigte? Grüße, --Coyote III (Diskussion) 14:14, 20. Jan. 2024 (CET)Beantworten
Laos ist ein Binnenland, Borneo war nie laotisch. Das hat Farini offenbar nicht groß gestört. - Wer dieser Polizeiminister Salomon war, wüsste ich auch gerne. - Die Gesellschafterin verstehe ich so, ja. Krao war mit 17 noch minderjährig, und Farini züchtete im Ruhestand Rosen - da konnte er sie schlecht unbegleitet auf Reisen schicken. Ab wann auf die Anstandsdame verzichtet wurde, weiß ich nicht. --Enyavar (Diskussion) 13:03, 29. Jan. 2024 (CET)Beantworten