Herbert Lange

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Herbert Lange, erster Kommandant von Kulmhof, Bild vor 1939

Herbert Lange (* 29. September 1909 in Menzlin, Vorpommern; † 20. April 1945 bei Bernau) war ein deutscher SS-Führer, der als Gestapoangehöriger, Einsatzgruppenleiter und Kommandant des Vernichtungslagers Kulmhof an vielen Verbrechen des NS-Regimes beteiligt war.

Lange studierte Rechtswissenschaft an der Preußischen Universität zu Greifswald. Im Sommersemester 1930 wurde er Mitglied der Greifswalder Burschenschaft Rugia.[1] Er beendete das Studium ohne Examen. Zum 1. Mai 1932 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.159.583).[2] Kurz darauf wurde er Mitglied der SA.

Im Zuge der „Machtergreifung“ wechselte er 1933 zur Schutzstaffel (SS-Nummer 93.501). Er trat gleichzeitig in den Polizeidienst ein mit dem Rang Kriminalkommissar. Ab 1934 war er bei der Gestapo Stettin tätig und wechselte im Jahr darauf zur Gestapo Aachen.

1938 wurde Lange zum SS-Untersturmführer befördert, 1941 zum SS-Hauptsturmführer und 1944 zum Sturmbannführer.

Personenbeschreibung

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Langes Frau und Kinder wohnten 1945 auf dem Gelände des Konzentrationslagers Ravensbrück

Christabel Bielenberg (1909–2003) wurde am 4. Januar 1945 von Kriminalrat Herbert Lange in der Prinz-Albrecht-Straße verhört. 1968 schrieb sie darüber:[3]

„Nun konnte ich ihn erkennen. Es war nicht mehr nur eine körperlose Fistelstimme, sondern ein kleiner, untersetzter, noch jüngerer Mann mit einem birnenförmigen Kopf. Er hatte dunkles, schütteres Haar über einer hohen schmalen Stirn, rundliche Backen und einen kleinen Mund mit wulstigen Lippen. Er war gewiß keine Schönheit, aber es war der Ausdruck seiner Augen, der ihn so grauenerregend machte. Sie lagen nahe beieinander, waren sehr klein, sehr blau, sehr kalt und starrten mich intensiv und wachsam an.“

Einsatzgruppe VI in Polen

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Im September 1939 wurde Lange von der Staatspolizeistelle Aachen nach Polen abgeordnet zur Einsatzgruppe VI, für die er den Gruppenstab Stapo in Posen leitete. Am 10. Oktober 1939 eröffnete Lange hier für die Einsatzgruppe VI im Fort VII in Posen (Fort Colomb) ein Gestapogefängnis unter der Bezeichnung 'Konzentrationslager Posen', das er bis zum 16. Oktober leitete. Als am 20. November 1939 alle Einsatzgruppen und -kommandos aufgelöst wurden, kam Lange zum Stab des Inspekteurs der Sicherheitspolizei und des SD Posen, SS-Standartenführer Ernst Damzog, dem er bis zum Frühjahr 1942 unterstellt blieb.

Sonderkommando Lange

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Noch im Jahr 1939 wurde Lange Leiter des nach ihm benannten Sonderkommandos. Spätestens ab Anfang 1940 bis mindestens Sommer 1940, wahrscheinlich jedoch bis Sommer 1941, war er beschäftigt mit der sogenannten Räumung von Heilanstalten (Psychiatrische Kliniken) im Warthegau, im annektierten Südpreußen, in Ostpreußen und im Regierungsbezirk Zichenau. Die Kranken wurden von seinem Kommando in Gaswagen ermordet.

Das Sonderkommando Lange war, bei einer erheblichen Dunkelziffer, verantwortlich für die Ermordung von mindestens 6.219 polnischen und deutschen Patienten:

Auf Bitten der Wehrmacht befahl Himmler am 4. Oktober 1941, das Sonderkommando Lange mit Flugzeug nach Nowgorod zu holen, um dort die Insassen dreier Anstalten für psychiatrische Patienten umzubringen. Die Räumlichkeiten wurden für die Unterbringung von Truppen benötigt.[4]

SS-Sonderkommando Chelmno

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Ab Dezember 1941 schließlich leitete Lange als erster Kommandant das Vernichtungslager Chełmno (Kulmhof) und war dort für die Ermordung zehntausender Juden, Roma und Sinti verantwortlich. Er wurde im März 1942 durch den zweiten Kommandanten des Lagers Chełmno, Hans Bothmann (1911–1946), abgelöst, den er anschließend noch fünf Wochen einarbeitete.

Reichssicherheitshauptamt

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Danach war Lange im Reichskriminalpolizeiamt unter Arthur Nebe im Berliner Reichssicherheitshauptamt tätig. Er verfolgte die Mitglieder des Solf-Kreises, in den er 1943 den Spitzel Paul Reckzeh einschleusen konnte. 1943 war er stellvertretender Referatsleiter IV E 3 (Abwehr West – Frankreich, Schweiz, Belgien). Die Verhöre von Carl Langbehn und Marie-Louise Sarre lagen noch vor dem Juli 1944, als er als Kriminalrat mit der Leitung der Kommission „Lange“[5] zur Verfolgung der Attentäter des 20. Juli 1944 betraut wurde, auch Walter Huppenkothen war in dieser Kommission. In dieser Funktion traf Bielenberg auf ihn.

Herbert Lange starb angeblich[6] als SS-Sturmbannführer am 20. April 1945 bei Bernau während der Schlacht um Berlin.

Angaben bei weiteren Opfern

  • Mathias Beer: Die Entwicklung der Gaswagen beim Mord an den Juden. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 35 (1987), S. 403–417 (PDF).
  • Volker Rieß: Die Anfänge der Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ in den Reichsgauen Danzig-Westpreußen und Wartheland 1939/40. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main und anderen Orten. 1993, ISBN 3-631-47784-8.
  • Ernst Klee (Hrsg.): Dokumente zur „Euthanasie“, Fischer Taschenbuch Verlag 4327, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-24327-0.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-596-16048-0.
  • Eugen Kogon, Hermann Langbein, Adalbert Rückerl (Hrsg.): Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-10-039304-X.
  • Ernst Klee, Willi Dreßen, Volker Rieß (Hrsg.): „Schöne Zeiten“. Judenmord aus Sicht der Täter und Gaffer. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-10-040402-5.
  • Janusz Gulczyński: Obóz śmierci w Chełmnie nad Nerem. Konin 1991.
  • Christabel Bielenberg: Als ich Deutsche war. 1934–1945. Eine Engländerin erzählt (autorisierte dt. Fassung von Christian Spiel), Beck, München 1987. ISBN 3-406-31919-X.
  • Patrick Montague, Christopher R. Browning: Chelmo and the Holocaust : A History of Hitler's First Death Camp. Univ. of North Carolina Press, New York 2012 Auszüge bei google books
Commons: Herbert Lange – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Helma Brunck, Harald Lönnecker, Klaus Oldenhage (Hg.): „... ein großes Ganzes ..., wenn auch verschieden in seinen Teilen“ – Beiträge zur Geschichte der Burschenschaft (= Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, Bd. 19), Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2012, X u. 673 S., ISBN 978-3-8253-5961-4, S. 505.
  2. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/24730692
  3. Bielenberg, S. 255; auch die Personenbeschreibung durch Hermann Pünder ist wenig schmeichelhaft. Zu „Edeltraut“, ebd., S. 235.
  4. Peter Longerich: Heinrich Himmler: Biographie. München 2008, ISBN 978-3-88680-859-5, S. 555.
  5. Der Kommission „Lange“ gehörten möglicherweise 400 Polizeikräfte an
  6. es gibt widersprüchliche Aussagen Huppenkothens nach dem Krieg
  7. Alexander Groß erinnert an seinen Vater (Memento vom 25. Mai 2008 im Internet Archive)