Literatur des Posener Landes

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Clara Viebig, Das schlafende Heer, 1904

Literatur des Posener Landes (oft auch Ostmarkenliteratur) ist eine Bezeichnung für belletristische Literatur über die preußische Provinz Posen im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Historische Hintergründe

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Seit 1793 gehörte der westliche Teil des Königreichs Polen zum Königreich Preußen, aus dem Gebiet Großpolen wurde dann die Provinz Posen, aus Polnisch-Preußen wurde Westpreußen. Die Bevölkerung blieb überwiegend polnisch, es kamen aber deutsche Beamte, Richter, Lehrer, evangelische Pfarrer und, sowie deutsche Siedler, die sich in Dörfern und Städten niederließen. Es blieben aber immer Spannungen zwischen der einheimischen Bevölkerung, die wieder einen eigenen polnischen Staat wollte, und den Zugewanderten.

Seit etwa 1890 verschärfte sich durch den vermehrten Wegzug vieler deutscher Siedler für die preußischen Behörden das Problem, dass der Anteil der polnischen Bevölkerung prozentual wieder zunahm. 1894 wurde der Verein zur Förderung des Deutschtums in den Ostmarken (Hakata) gegründet, der die deutsche Bevölkerung aktiv mit materieller und ideeller Unterstützung stärken sollte, der von der einheimischen Bevölkerung als stark antipolnisch wahrgenommen wurde.

Seit etwa 1890 entstanden vermehrt Romane, die die Situation in diesen Provinzen mit ihren Schwierigkeiten schilderten. Die zentrale Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen erstellte um 1905 eine Liste von etwa 40 deutschnational ausgerichteten Romanen über die Ostmark, die sie kleineren Leihbibliotheken zur Verbreitung empfahl. 1913 veranstaltete der Deutsche Ostmarkenverein einen Wettbewerb um den besten Ostmarkenroman mit einer hohen Siegerprämie. Daran beteiligten sich vor allem unbekannte Autoren.

Nach dem Übergang der Provinzen Posen und Westpreußen an den neuen polnischen Staat 1919 entstanden nur noch wenige Romane und Erzählungen, die diese Regionen zum Thema hatten. Diese waren als Erinnerungen an die frühere Zeit geschrieben, oft mit dem Wunsch einer Rückkehr zu den vorherigen Verhältnissen.

Literarische Darstellung

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Es gab zahlreiche Romane und weitere literarische Texte, die die Provinz Posen zum Thema hatten. Die meisten waren Heimatromane mit der Schilderung von Land und Leuten.[1] Dabei war die Erzählperspektive fast immer eine deutsche. Öfter wurden auch Probleme geschildert, die deutsche Bewohner mit der polnischen Bevölkerung hatten. Diese wurden dabei oft mit überwiegend negativen Eigenschaften (Stereotypen) beschrieben, wie Verschlagenheit, Alkoholismus, mangelnde Arbeitsdisziplin, nachlässiges Verhalten usw. Besonders negativ wurden polnische katholische Geistliche beschrieben (die aus deutscher Perspektive einen wesentlichen Anteil an der starken Ablehnung der polnischen Bevölkerung gegen die deutsche Fremdherrschaft hatten). Es wurde aber auch die Schönheit der Landschaft mit ihren weiten Feldern beschrieben.

Viele Romane und Erzählungen waren deutschnational ausgerichtet und wurden Bestandteil der deutschen Propaganda zur weiteren Germanisierung dieses Gebietes.

Autoren und Texte

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Die meisten der Autoren lebten nur einige Jahre in der Provinz Posen, als Beamte, Juristen, Lehrer oder deren Ehefrauen und zogen danach wieder nach Westen, oder hielten sich nur einige Monate im Jahr hier auf (Clara Viebig).[2] Einige Autoren waren hier geboren worden, lebten danach aber die meiste Zeit ihres Lebens an anderen Orten (wie Carl Busse, Ernst Below, Erich Fliess, Albert Herse, Friederike Kraze). Nur wenige verbrachten den größten Teil ihres Lebens hier, diese waren meist gemäßigt in ihren Ansichten und um Verständigung mit der polnischen Bevölkerung bemüht (Franz Werner).

Die meisten Werke waren als Heimatliteratur mit der Beschreibung von Land und Leuten ausgelegt.[3] Einige waren stärker deutschnational ausgerichtet und betonten die Wichtigkeit der deutschen Kultur in dieser Region (Max Kaeseberg, Am Alten Markt zu Posen, 1907; Margarete von Gottschall, Nach Ostland wollen wir reiten!, 1909; Friedrich Paarmann, Deutschkloster, 1909), meist von Autoren, die nur wenige Jahre hier lebten.

Zu den bedeutendsten Autoren zu dieser Region gehörten damals Carl Busse und Erich Fließ. Als wichtigste Werke können heute die Romane Der schwarze Storch von Ilse Molzahn (1936), aus der kritischen Sicht eines Kindes, und Das schlafende Heer (1904) von Clara Viebig, der der damals der erfolgreichste war, eingeschätzt werden.

Einige Werke (Auswahl)

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1875–1899
  • Marie von Johow (M. Reinow), Die Brüder, Die Jesuitenschüler, 1876, Erzählungen, die in Posen handeln
  • Detlev von Liliencron, Breide Hummelsbüttel, 1887, Heimatroman
  • Erich Fließ, Zal Mawet – Schatten des Todes, 1890
  • Carl Busse, Ich weiß nicht, 1892
  • Wilhelmine von Leesen (Carl Postumus), In deutscher Hand, 1893
  • Otto Knoop, Sagen und Erzählungen aus der Provinz Posen, 1893, umfangreiche Sammlung von Überlieferungen der Umgebung, mit meist polnischer Herkunft
  • Carl Busse, Jugendstürme, 1896
  • Erich Fließ, Die drei Erinnyen, 1896
  • Paul Oskar Höcker, Polnische Wirtschaft, 1896, antipolnisch
  • Erich Fließ, Der Proboszcz, 1897
  • Ernst Below, Ostmark und Krummstab, 1898
  • Carl Busse, Jadwiga, 1899
1900–1914
1915–1930
Monographien
  • Maria Wojtczak: Literatur der Ostmark. Posener Heimatliteratur (1890–1918). Poznań 1998, grundlegende deutschsprachige Darstellung[4]
  • Maria Wojtczak: Ostmarkenliteratur. Prowincja Poznańska w literaturze niemieckiej lat 1890–1918. Poznań 2001
  • Ewa Greser: Die Stadt Poznań in der deutschsprachigen Literatur (1772–1918). Poznań 2016 PDF.
Aufsätze
  • Maria Wojzczak: Hinter den Kulissen des Ostmarkenvereins. Zur Entstehungsgeschichte der "Ostmarkenromane". In: Studia Germanica Posnanensia, 22. Poznań, 1995, S. 65–76 Digitalisat
  • Maria Wojtczak: Eine nachträgliche Glosse zur Ostmarkenliteratur. Neue Entstehungskulissen. In: Studia Germanica Posnaniensia, 32, 2011. S. 137–146 PDF

Einzelnachweise

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  1. Ewa Greser, Die Stadt Poznań in der deutschsprachigen Literatur (1772–1918), Poznań 2016, besonders S. 182–196 PDF, betonte den unpolitischen Aspekt in vielen Werken
  2. Maria Wojtczak, Literatur der Ostmark, 1998; mit umfangreichem Verzeichnis von Autoren der Region
  3. Elżbieta Nowikiewicz, Bromberg in der deutschsprachigen Literatur, S. 123 (PDF); führt etwa fünfzehn Autoren aus dieser Stadt auf
  4. Christoph Schröder: Maria Wojczak. Literatur der Ostmark. In: Zeitschrift für Ostmitteleuropaforschung. 2000, S. 627–628 PDF, Rezension.