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Ein Abenteuer Rothschild’s

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Ein Abenteuer Rothschild’s
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aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 752
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Rothschild’s Bürge
Blätter und Blüthen
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Bearbeitungsstand
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[752] Ein Abenteuer Rothschild’s. Der Baron Rothschild in Paris, welcher gern zu Fuß ausgeht wie ein gewöhnlicher Sterblicher, hatte kürzlich einen weiten Gang unternommen und gerieth schließlich in das Stadtviertel hinter dem Pantheon, das ihm gänzlich unbekannt war, so daß er sich bald völlig verirrte. Anfangs sah er sich einigermaßen unruhig um, er erblickte aber weder eine Droschke noch einen Omnibus, ja kaum einige wenige Fußgänger; sein Mißmuth über diesen Zufall schwand, als er überlegte, welche amüsante Zerstreuung ihm dies kleine Abenteuer bieten könne, und er begann ganz vergnügt weiter zu schweifen und gleichsam auf Entdeckungsreisen auszugehen, denn dieses Stadtviertel von Paris war für ihn eine ebenso unbekannte Gegend wie Amerika vor der Landung des Columbus für die Europäer. Plötzlich bemerkt er den Laden eines Trödlers, tritt hinzu, beschaut sich das bunte Gewirr von den verschiedenartigsten Gegenständen und entdeckt mitten unter diesem Wust einen alterthümlichen Barometer aus der Zeit Ludwigs des Sechszehnten, der zwar keine Spur mehr von seiner ursprünglichen Vergoldung zeigte, aber trotzdem im Schnitzwerk noch vollkommen wohl erhalten war. Der Baron ist ein eifriger Liebhaber und Kenner von dergleichen Curiositäten, und so beschloß er sofort, den Barometer zu kaufen. Der Preis dafür betrug zehn Francs, und ganz erfreut über eine so wohlfeile Acquisition, greift Rothschild in die Tasche, um zu bezahlen – aber o weh! in der Eile und Zerstreuung hat er zu Hause seine Börse liegen lassen.

„Nun, das schadet nichts, ich nehme auf alle Fälle diesen Barometer,“ sagt er zu der Trödlerin; „schicken Sie ihn mir zu, ich bin Baron Rothschild, man wird Ihnen das Geld in meinem Hotel einhändigen.“

„Den Namen und die Adresse kenne ich nicht, mein Herr,“ entgegnete die Trödlerin, „und überdies schicke ich niemals den Leuten Sachen zu, die nicht vorher bezahlt worden sind.“

Jetzt stand der Baron völlig verblüfft da, denn er hatte sich’s nicht träumen lassen, daß Jemand seinen Namen nicht einmal kenne, aber da er einmal bei guter Laune war, so amüsirte ihn dies nur um so mehr, und er stand eben im Begriff, der Frau einige Aufklärungen über seine Stellung zu geben, als er auf der andern Seite der Straße einen Dienstmann vorübergehen sah. Er winkte denselben herbei und frug ihn lächelnd: „Weißt Du vielleicht etwas von dem Baron Rothschild?“

„Na, das ist aber eine komische Frage, das ist ja unser Geldkönig. Warum fragen Sie mich aber danach?“ setzte der Mensch etwas patzig hinzu, da er glaubte, man wolle ihn vielleicht mystificiren.

„Weil Madame hier ihm soeben einen Credit von zehn Francs versagt hat,“ sagte Rothschild, auf die Trödlerin zeigend.

„Ist das wirklich wahr, Madame Duclos?“ rief der Dienstmann im höchsten Grad erstaunt.

„Ja, sehen Sie, Monsieur Pierre, man kann doch eben nicht alle Welt kennen,“ erwiderte die Trödlerin ganz verlegen. „Sie kenne ich aber, und wenn Sie mir dafür garantiren wollen …“

Bei diesen Worten unterbrach der Baron die Frau durch ein so herzliches Gelächter, daß er sich eine ganze Weile kaum beruhigen konnte.

„Nun gut, Monsieur Pierre,“ sagte er dann noch immer lachend, „wenn Sie denn die Bürgschaft für mich übernehmen wollen, so gehen Sie einmal vor allen Dingen mir einen Wagen zu holen, und dann tragen Sie diesen Barometer in meine Wohnung.“

Der Packträger ließ sich dies nicht zwei Mal sagen; er grüßte den Baron sehr respectvoll, schaffte ihm rasch den anständigsten Wagen, den er nur auftreiben konnte, und eilte dann mit dem Barometer in das Hotel des Geldfürsten, wo er für das „übernommene Risico“, wie Rothschild sagte, reich belohnt wurde.