Am ersten und zweiten Tage war der Untersuchungsgefangene Peter Heise nicht vernehmungsfähig. Er wütete wie ein Tollhäusler, zertrampelte das blecherne Waschgeschirr, schäumte, schrie, bettelte, winselte, flehte und griff mit nackten Fäusten den schwer bewaffneten Wärter an. Man liess ihn austoben. Zwei Tage und zwei Nächte hielten seine Kräfte und Nerven durch. Dann brach er zusammen. Lag auf der Pritsche mit violetten zuckenden Lidern und zuckenden Gliedern. Da schleppte man ihn zum Verhör.
Man setzte ihn auf einen Stuhl. Die Beine knickten unter ihm fort. Aus einem grauen erloschenen Gesicht blickten stumpfe blutgefüllte Augen auf den Beamten. Drei Polizisten bewachten diesen renitenten gefährlichen Mann.
„Wollen Sie nicht lieber ein umfassendes Geständnis ablegen?“ ermahnte der Kommissar. „Es kann nur zu Ihrem Besten sein.“
„Ich bin unschuldig,“ flüsterte Peter Heises erstorbene Kraft.
„Unschuldig?“ Die Stimme des Vernehmenden wurde schärfer. „Bleiben Sie bei diesem zwecklosen Leugnen, auch wenn ich Ihnen verrate, dass ein rundes Dutzend Zeugen hier bekundet hat, dass Sie kurz vor dem Mord gedroht haben, Sie hätten noch ein Wort mit dem Getöteten zu sprechen?“
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)