Kraft seiner Beherrschung. Sein Gesicht war sehr blass, aber er wollte vor dem Beamten nichts von dem verraten, was Jo und ihn verband. Er tat kühl und fremd.
„Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind,“ begann er rasch, ehe sie etwas allzu Nahes sagen konnte. „Wie geht es Ihnen?“
Jos Herz hatte voll Angst und Mitleid dieser Begegnung entgegengepocht. Jetzt stand sie befremdet, vor den Kopf geschlagen, vor ihm. Das „Sie“, der kalte Ton, machte sie hilflos.
„Ich wollte dir nur sagen,“ sie sagte trotzdem tapfer „dir“, „dass ich an deine Unschuld glaube.“
Heise sah sie mit mühsam verhehlter Zärtlichkeit an.
„Danke,“ erwiderte er schroff und schielte auf den Aufseher, damit sie erkenne, dass er nur wegen dieser lästigen Gegenwart so abscheulich zu ihr war. Aber sie begriff diese Finte nicht.
„Sie haben mir einen Verteidiger gestellt,“ fuhr er fort, „das ist sehr nett von Ihnen, aber ich brauche keine Verteidigung. Ich werde mich selbst verteidigen.“
„Willst du – wollen Sie –“ sie war so verwirrt und ratlos, dass sie nicht mehr aus, noch ein wusste, – „nicht doch lieber alles mit ihm besprechen?“
„Nein. Was macht die Opernrevue? Ist die Rolle schon neu besetzt?“
„Wir proben,“ entgegnete sie und begriff den Mann, den sie geliebt hatte, immer weniger.
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)