Doch keiner hörte und empfand dieses Gottesgnadentum, das wie ein reiner, fortreissender Gebirgsbach diesem Mann aus dem Herzen drang. Die taufrische Stimme drang nicht hindurch durch die dicken Nebelschwaden der Voreingenommenheit, der Gewöhnung, der Abwehr und der Lächerlichkeit. Die Stimme zerschellte an der stählernen Umpanzerung des Vorurteils, schlug nicht hindurch bis in die Sinne dieser verblüfften Theatermenschen.
Was? dieser kleine Chorist wagte nach der Solorolle der Opernrevue zu greifen! Er hatte den unverfrorenen Wahnwitz, für Bara einzuspringen, für den berühmtesten lebenden Tenor, den Empfänger einer sagenhaften Gage, über deren Höhe sich die Zeitungen in phantastischen Vermutungen stritten! Der Kerl war ja vollständig übergeschnappt.
Alles bog sich vor Lachen. Buchner lachte, der Chor lachte, das Orchester lachte, der letzte Beleuchter lachte, Fatma lächelte, trotz ihres Kummers, nur Jo Ternitz lachte nicht. Sie liebte fast schon den kleinen Choristen.
Die Bühne war plötzlich von einer höhnenden Heiterkeit überflutet. Die vielen Gänge der Hinterbühne spieen die Spötter aus. Alles strömte herbei, diesen[1] vermessenen Komiker wider Willen zu hören. In diesem Orkan des Gelächters ertrank die Stimme Peter Heises.
Doch den Sänger traf der ätzende Hohn der Kollegen nicht. Er hörte und sah ihn nicht. Er war nicht mehr von dieser Welt. Er war entrückt zu den Höhen seiner Lebenssehnsucht.
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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)