Datenschutz als Sorge : Unternehmen fürchten Künstliche Intelligenz
Enzio Reuß hatte von Anfang an wenig Berührungsängste mit Künstlicher Intelligenz. Der Gründer des Frankfurter Unternehmens Fruitful Office erkannte schnell, welche Möglichkeiten ihm die Technologie eröffnet, um Prozesse in seinem Unternehmen zu optimieren. 2011 hat Enzio Reuß Fruitful Office gegründet, heute arbeiten 270 Männer und Frauen für den Lieferservice, der Unternehmen mit frischem Obst für deren Beschäftigte versorgt.
Bislang muss Reuß die Fahrten für die Belieferung händisch planen, auf einer großen Landkarte, wie er berichtet. Doch schon in wenigen Wochen soll Künstliche Intelligenz diese Routenplanung für ihn erledigen und dabei die zu erwartende Verkehrslage einbeziehen. Die Touren werden dann Tag für Tag automatisch errechnet. „Das wird uns jede Menge Zeit und Kapazitäten einsparen“, sagt Reuß.
Während er also gute Erfahrungen mit den Möglichkeiten der Digitalisierung gemacht hat, sind viele Unternehmen noch nicht überzeugt davon, dass ihnen KI nutzen kann. Eine Umfrage der Commerzbank unter Frankfurter Betrieben hat ergeben, dass nur ein Viertel der 100 befragten kleinen und mittelständischen Unternehmen bis zu einem Jahresumsatz von 15 Millionen Euro bereits Künstliche Intelligenz einsetzen.
Bei Verantwortlichen Wissenslücken schließen
Während 13 Prozent vorhaben, in Kürze entsprechende Technologien zu nutzen, und 27 Prozent sich zumindest bald mit dem Thema auseinandersetzen wollen, sagt jeder dritte Betrieb, dass KI auch in Zukunft keine Rolle für das eigene Haus spielen werde.
Enzio Reuß kann das verstehen. Es gebe eine diffuse Angst vor einer großen Superintelligenz, die alles beherrschen werde, sagt er, dabei werde Künstliche Intelligenz vor allem in begrenzten Lösungsumgebungen eingesetzt und müsse in dieser konkreten Anwendungsform auch wahrgenommen werden, „denn dann kann KI Betrieben großen Nutzen bringen, so wie uns“, sagt Reuß.
Auch die Commerzbank-Studie legt nahe, dass die bisherige Zurückhaltung gegenüber Künstlicher Intelligenz mit den Gefahren zu tun haben könnte, die Unternehmer demnach derzeit noch wahrnehmen: 72 Prozent der Befragten sehen Risiken in Bezug auf den Datenschutz oder befürchten Fehlinformationen.
Gleichzeitig sehen 68 Prozent aber durchaus den Vorteil, dass durch KI Prozesse effizienter gestaltet werden könnten. Sechs von zehn Betrieben glauben, durch KI Kosten senken zu können. Dagegen halten die meisten den Einsatz der Technologie als Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel für weitgehend ungeeignet.
Angesichts der Sorgen in Unternehmen sei es jetzt wichtig, Vertrauen in Künstliche Intelligenz aufzubauen, findet Siegfried Goy, der bei der Commerzbank die Unternehmerkundenberatung in der Region Frankfurt verantwortet. Es gelte, bei den Verantwortlichen in Betrieben Wissenslücken zu schließen und Risiken zu steuern, so Goy.
Diejenigen Betriebe in Frankfurt, die wie Fruitful Office KI schon im Einsatz haben, nutzten es vor allem zur Erstellung von Texten, „das können Kundenanschreiben sein, aber auch Inhalte für die eigene Website“, so Goy. Auch administrative Tätigkeiten werden von den Unternehmen als Einsatzfelder genannt.
Anwendungen für Datenanalyse und Dokumentation
Bei der Commerzbank beschäftige man sich seit Langem mit dem Einsatz von KI, sagt Goy, „wir werden hier weiter investieren“. Aktuell entwickle das Haus zum Beispiele neue Anwendungen für die Datenanalyse und für die Dokumentation.
Insgesamt blicken die Unternehmen in Frankfurt der Studie zufolge trotz zahlreicher Krisen in der jüngeren Vergangenheit vorwiegend optimistisch in die Zukunft. So erwarten mehr als drei Viertel der befragten kleinen und mittelständischen Betriebe in den nächsten sechs bis zwölf Monaten eine stabile oder sogar bessere Auftragslage.
Die Befürchtung, dass Unternehmen wegen der vielfältigen Krisen zuletzt weniger investiert hätten, hat sich in dieser Befragung nicht bestätigt. Drei Viertel der Betriebe haben alle oder zumindest einen Teil der geplanten Vorhaben umgesetzt.
Auch in den nächsten drei Jahren wollen die Unternehmen Geld ausgeben, und zwar vor allem für Digitalisierung und Prozessoptimierung (51 Prozent) sowie für Anlagen, Maschinen, Technik und IT (51 Prozent). Auch in die Arbeitgeberattraktivität soll investiert werden (42 Prozent). „Das spricht für eine gesunde Finanzbasis der Unternehmen“, findet Dominik Prinz, Gebietsleiter für Unternehmerkunden der Commerzbank in Frankfurt.
Auch Enzio Reuß will mit Fruitful Office weiter wachsen und investieren, er sieht Potential vor allem im Thema Robotik. Künftig, hofft er, könnten Roboter die Obstkisten für seine mehrere Tausend Kunden packen. „Digitalisierung und KI werden noch ungeahnte Möglichkeiten für uns bereithalten.“