Schöne, kurzweilige Lektüre mit zahlreichen Spannungsmomenten.
Etwas nervig ist die Liebesgeschichte, oder besser gesagt die Lobreden auf die Vorzüge Schöne, kurzweilige Lektüre mit zahlreichen Spannungsmomenten.
Etwas nervig ist die Liebesgeschichte, oder besser gesagt die Lobreden auf die Vorzüge der Angebeteten. Das ist alles etwas drüber, aber halt zeitgemäß. Und Stevenson selbst litt wohl während des Schreibens an dieser Geschichte selbst an einer unglücklichen Liebesbeziehung.
Was der Geschichte zusätzlichen Reiz verleiht, ist der ursprüngliche Konflikt zwischen den beiden männlichen Hauptfiguren, dessen Ursache nie aufgeklärt wird....more
Auch (oder gerade) bei der zweiten Lektüre ein fabelhaftes Buch.
In erster Linie amüsiert diese unkonventionelle Lehrerin, die im Edinburgh der 1930erAuch (oder gerade) bei der zweiten Lektüre ein fabelhaftes Buch.
In erster Linie amüsiert diese unkonventionelle Lehrerin, die im Edinburgh der 1930er Jahren einige ausgewählte Schülerinnen um sich schart. Immer wieder bezeichnet sie selbst sich als in der Blüte ihres Lebens stehend. Rechnet man mal nach, zeigt sich, dass Miss Brodie in ihren 40ern sein muss. Nach damaligen Vorstellungen eher schon eine alte Jungfer. Die ständige Wiederholung, sie sei nun in ihrer Blütezeit (über Jahre hinweg), wirkt nicht nur albern, sondern auch traurig.
Und sie lenkt den Blick auf die Zeit, über die wir sprechen. Miss Brodies erste Liebe starb im Ersten Weltkrieg, einer der Lehrer an der Schule hat im Krieg seinen Arm verloren. Für Frauen in der Generation Brodies gibt es zu wenige Männer. Was natürlich eine Schwierigkeit auf dem Heiratsmarkt darstellt, bedeutet gleichzeitig, zumindest für Frauen aus etwas wohlhabenderen Kreisen, auch neue Freiheit. Miss Brodie ist gebildet, ein Freigeist, unkonventionell, vielleicht feministisch, politisch, kunstinteressiert, reist viel. Und hat ein ausgeprägtes Interesse daran, andere zu formen – man kann auch sagen zu manipulieren.
Die sechs Mädchen, die dann über Jahre die Brodie-Clique bilden, konnte ich erst nach einer Weile auseinanderhalten, auch wenn sie alle eine ungewöhnliche Fähigkeit haben. Eins haben sie aber alle gemeinsam: Sie interessieren sich für Sex und Liebesgeschichten. Auf beiden Gebieten kann Miss Brodie der Phantasie der kichernden Gören einiges bieten.
Insbesondere die phantasiebegabte Sandy hat es mir angetan. Sie träumt sich ständig weg in die Romane, die sie gerade liest, mal in ein Werk von R.L. Stevenson, dann in Brontës Jane Eyre. Sich selbst sieht sich dabei als Protagonistin dieser Geschichten. Sie erinnerte mich an die Briony aus Ian McEwans Abbitte.
Interessant auch, dass die farblose, dumme Mary MacGregor später bei einem Brand stirbt. Was gleich mehrmals geschildert wird und in einer Szene zu Schulzeiten schon eine Parallele findet, wenn Mary bei einem Experiment so erschrickt, dass sie hin und her läuft – wie später in dem brennenden Hotel (wie ein panisches Tier in einem Käfig). Warum diese Wiederholungen? Vielleicht weil dieses eine tragische Ereignis das Spektakulärste ist, was ihr begegnen wird, das Einzige was von ihr bleibt?
So steht neben Absurdem, Belustigendem immer auch etwas zutiefst Abgründiges.
Und wenn man anfangs Miss Brodie bei aller Exzentrik auch faszinierend finden mag, man sich beim Lesen selbst an die eigenen Lehrer erinnert, die ein wenig anders waren, so stößt einem doch immer wieder Miss Brodies Sympathie für die Faschisten auf. Und dass sie als ihren Vorfahren Deacon Brodie benennt, das Vorbild für Stevensons The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde, lässt ebenfalls tief blicken....more