Dieter Schnabel prägte Jahrzehntelang den Ditzinger Gemeinderat, hat die Kunst und Kultur gefördert und nie den Konflikt gescheut. Jetzt ist er im Alter von 89 Jahren gestorben.
Dieter Schnabel ist gestorben. Eine Zäsur für die Stadt, in der er gelebt und gewirkt hat. „Es gibt in Ditzingen niemanden, der ihn nicht gekannt hat“, sagt Oberbürgermeister Michael Makurath. Dieter Schnabel hat die Kommunalpolitik 46 Jahre lang geprägt. Nicht, weil er für seine Positionen als Chef der von ihm mitgegründeten Unabhängigen Bürger Mehrheiten gesucht hätte – es freute ihn, wenn Vertreter anderer Fraktionen seine Position teilten. Aber er war meist nicht aktiv um politische Mehrheiten bemüht. Dieter Schnabel hatte seine Meinung, unverrückbar. Er war wortgewaltig, konnte dabei ebenso leise, charmant und zurückhaltend sein, wie er laut und polternd aufzutreten vermochte.
Gründungsmitglied verschiedener Vereine
Er sagte, was ihm zufolge gesagt werden musste. Damit, so formulieren es politische Weggefährten, berührte er die Menschen – so oder so. Nicht jeder wollte oder konnte damit umgehen. Schnabel aber war an der Sache orientiert, ganz gleich, ob er dafür die Schwäche des anderen offenlegen musste. Auch das machte ihn zur Respektsperson, die über Jahre hinweg am Jahresende für den Gemeinderat das Jahr Revue passieren ließ.
Die öffentliche Rede war seine Bühne, die Diskussion seine Leidenschaft. War diese beendet, wurde der stets mit Anzug, Weste und Krawatte gekleidete Jurist – einstiger Pflichtverteidiger von RAF-Terroristen im Stammheim-Prozess – zum interessierten, gebildeten Gesprächspartner, der in einem bundesweiten Netzwerk von Politik, Kultur und Journalismus beheimatet war. Die Öffentlichkeit ließ er daran teilhaben im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des Kultur- und Kunstkreises, zu dessen Gründungsmitgliedern er dort ebenso gehörte wie bei den Unabhängigen Bürgern und dem Tennisclub.
Beim Kulturtreff hatte er weit mehr als 300 Gespräche geführt – mit Künstlern, die in der Städtischen Galerie ausstellten, mit Vertretern aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft. Dieter Schnabel moderierte, er fragte und hakte fordernd nach, bis die Antwort ihm Erklärung genug war. Selten überließ er in diesen Gesprächen ausschließlich den anderen die Bühne. Da musste schon der frühere, inzwischen verstorbene Trumpf-Chef Berthold Leibinger sein Interviewpartner sein oder der einstige EU-Kommissar Günther Oettinger, denen er Respekt zollte und damit auch in öffentlicher Runde im Ton zurückhaltender wurde.
Frotzeleien mit Oettinger
Oettinger und er kannten sich aus gemeinsamen Gemeinderatstagen. Oettingers Frotzeleien quittierte Schnabel meist mit einem Schmunzeln, auch mal einem kurzem, gluckenden Lacher. Die beiden hatten stürmische Zeiten in der Stadt erlebt, nachdem Ditzingen kommunalpolitisch in schwieriges Fahrwasser geraten war und der damalige Oberbürgermeister nach einem Fehlverhalten vorzeitig aus dem Amt schied. Es sei damals Schnabel gewesen, der auf ihn zugekommen sei um zu überlegen, was nun zum Wohl der Stadt zu tun sei, sagt Oettinger.
Eindrücklich Position bezog Schnabel auch im Kontext eines Besuchs ehemaliger Zwangsarbeiter im Ort, engagiert war er bei der Vorbereitung des Jubiläums 50 Jahre Grundgesetz dabei. Und unermüdlich setzte er sich für Meinungsfreiheit und unabhängigen Journalismus ein. „Dieter Schnabel war ein Mensch, der Politik und Kultur zusammengedacht hat“, sagt Markus Pfalzgraf vom Landesverband der Journalistengewerkschaft DJV. Seine Kulturkritiken erschienen auch in dieser Zeitung.
Vielfach ausgezeichnet von Bund und Land
Beim Neujahrsempfang hätte Dieter Schnabel die Bürgermedaille der Stadt erhalten sollen. Er hatte das Bundesverdienstkreuz, die Staufermedaille des Landes, war auch Ehrenmitglied des Deutschen Journalistenverbands, welches sich zeitlebens den großen Fragen widmete.
1935 in Stuttgart geboren, war er in einer Zeit groß geworden, die anders mit Privatheit umging: Privates blieb privat.
Am 28. November ist Dieter Schnabel im Alter von 89 Jahren gestorben. Die Trauerfeier für ihn ist am Freitag, 13. Dezember, um 11 Uhr in der Speyrer Kirche.