Sawsan Chebli

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Sawsan Chebli (2019)

Sawsan Chebli (arabisch سوسن شبلي Susan Schibli ˈsɔːˌsan ˈʃɪbˌli; * 26. Juli 1978 in West-Berlin) ist eine deutsche Politikerin, ehemalige politische Beamtin (SPD), Autorin und Aktivistin. Sie war von Dezember 2016 bis Dezember 2021 Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei. Zuvor war sie von Januar 2014 bis Dezember 2016 stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts und von März 2010 bis Dezember 2013 Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport.

Herkunft, Ausbildung und Privates

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Cheblis Eltern lebten infolge des Palästinakrieges ab 1948 als palästinensische Flüchtlinge im Libanon und kamen 1970 als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland. Nach der Ablehnung der Asylanträge lebten sie geduldet und staatenlos in West-Berlin, wo Chebli 1978 als zwölftes von dreizehn Kindern geboren wurde.[1][2][3] Ihr Vater wurde dreimal in den Libanon abgeschoben und kehrte immer wieder nach Deutschland zurück.[3][4] 1993 erhielt die Familie die deutsche Staatsangehörigkeit.[1][2][3] Chebli bezeichnete ihre familiäre Herkunft sowie den sich daraus ergebenden persönlichen Bezug zum Nahostkonflikt als Motivation, Politik zu studieren und in die Politik zu gehen.[5][6][7]

Chebli wuchs in Moabit auf. Deutsch lernte sie in der Schule.[1][2] Nach dem Abitur 1999 am Lessing-Gymnasium studierte sie Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, war von 2001 bis 2003 studentische Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients und schloss 2004 mit dem Diplom ab.[8] Ein Vorbild war ihr 2018 verstorbener ältester Bruder, der als Imam in Schweden arbeitete und die dortigen Behörden in Integrationsfragen beriet.[9][2][10]

Chebli ist mit Nizar Maarouf verheiratet, der bis 2014 stellvertretender Direktor von Vivantes International Medicine, der Medizintourismus-Sparte von Vivantes, und einer der Geschäftsführer der dazugehörigen Betreibergesellschaft Vivantes International war.[11][12] Nach der Auflösung der Betreibergesellschaft durch den Berliner Senat und der Eingliederung des Geschäftsbereichs in das Mutterunternehmen im Jahr 2014 war er noch bis 2019 stellvertretender Direktor von Vivantes International Medicine.[13][14] Er war zeitweise Mitglied des Präsidiums der Ghorfa.[13] Im Mai 2020 wurden Chebli und Maarouf Eltern eines Sohnes.[15]

In einem Tweet von 2019 gab Chebli an, Sawsan Mohammed Chebli zu heißen. Diesen Tweet richtete sie ausdrücklich an die AfD, die zuvor in einem Beitrag es als ein Zeichen für Islamisierung interpretiert hatte, dass 2018 Mohammed der meistvergebene Vorname in Berlin gewesen war. Chebli wurde daraufhin 24 Stunden für die Bearbeitung auf Twitter gesperrt, was stark kritisiert wurde.[16]

Politische Laufbahn

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2001 wurde Chebli Mitglied der SPD.[17] und arbeitete während ihres Studiums im Bundestagsbüro von Gert Weisskirchen.[18] Nach dem Abschluss des Studiums 2004 war sie 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin von Brigitte Wimmer und 2005 bis 2009 von Johannes Jung.[8][18] Ihr Tätigkeitsschwerpunkt war die Außenpolitik.[18] 2009 nahm sie als eine der Munich Young Leaders an der Münchner Sicherheitskonferenz teil.[19] Im März 2010 übernahm Chebli in der von Ehrhart Körting geleiteten Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport die neu geschaffene Stelle als Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten.[20][21]

Im Januar 2014 berief Frank-Walter Steinmeier sie als erste Muslimin und ohne vorherige Diplomatentätigkeit zur Stellvertreterin des Pressesprechers Martin Schäfer ins Auswärtige Amt. Wie bereits ihre Berufung zur Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten fand auch dies ein großes Medienecho.[22][23][24][25][26] Im Auswärtigen Amt war Chebli einem Bericht des Spiegels zufolge umstritten. Der Personalrat des Ministeriums sei mit Beschwerden über sie befasst gewesen. Außerdem habe sie in Pressekonferenzen oft unvorbereitet gewirkt und auf Nachfragen „patzig“ reagiert.[27] Im Februar 2014 gehörte sie zu den Gründern des Arbeitskreises muslimischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.[28] Seit 2016 gehört sie dem Berliner Landesvorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen an.[29]

Nach der Wiederwahl von Michael Müller zum Regierenden Bürgermeister von Berlin am 8. Dezember 2016 wechselte Chebli als Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in die von Björn Böhning geleitete Berliner Senatskanzlei.[30][31] Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Hella Dunger-Löper war sie auch für den Bereich Internationales zuständig und verantwortlich für die Abteilung Protokoll und Internationales, die zuvor beim Chef der Senatskanzlei angesiedelt war. Die aus der Umgliederung resultierende Konkurrenzsituation zwischen Chebli und dem damaligen Leiter der Abteilung Volker Pellet soll laut Medienberichten zum Weggang Pellets im Jahr 2017 geführt haben.[32] Am 17. April 2018 wurde Christian Gaebler Chef der Senatskanzlei. Nach der Wahl von Franziska Giffey zur Regierenden Bürgermeisterin am 21. Dezember 2021 verließ Chebli die Senatskanzlei. Ihre Nachfolgerin wurde Ana-Maria Trăsnea.[33]

Bei der Bundestagswahl 2021 wollte sie als Direktkandidatin im Wahlkreis Berlin-Charlottenburg – Wilmersdorf kandidieren, unterlag bei der parteiinternen Vorwahl aber Michael Müller.[34]

Politische Initiativen

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Chebli initiierte 2010 die Gründung des Vereins JUMA. Der Vereinsname steht für die Abkürzung von Jung, Muslimisch, Aktiv und das arabische Wort für Freitagsgebet. Ziel des Vereins ist es, jungen Muslimen eine Stimme zu geben.[35][28][36]

2017 war Chebli für die Kampagne Farben bekennen verantwortlich, bei der in Berlin Plakate mit Bildern von Geflüchteten, dem Schriftzug „Typisch Deutsch“ und jeweils einer Eigenschaft wie Hilfsbereitschaft oder Pünktlichkeit aufgehängt wurden.[37] Seit 2018 wird ein FARBENBEKENNEN-Award verliehen, mit dem Leistungen von Geflüchteten ausgezeichnet werden.[38]

Chebli war nach eigenen Angaben in ihrer Jugend Antisemitin, änderte ihre Einstellung aber später.[39] Auf ihre Initiative wurde im November 2017 der Berliner Arbeitskreis gegen Antisemitismus gegründet. Die Amadeu Antonio Stiftung und das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus kritisierten, dass sie an der Gründung nicht beteiligt wurden.[40] Im Dezember 2018 stellte der Arbeitskreis seinen Abschlussbericht vor, in dem die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten und eine stärkere Thematisierung von Antisemitismus in Schulen und Universitäten gefordert wurden.[41]

Im Januar 2018 forderte Chebli eine Pflicht zum Besuch einer KZ-Gedenkstätte für alle in Deutschland lebenden Personen.[42] Nach dem Anschlag in Halle (Saale) am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, rief Chebli zu einer Mahnwache vor der Neuen Synagoge in Berlin auf, zu der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erschien.[43]

Positionen und Kontroversen

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Haltung zum Islam

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Chebli ist praktizierende Muslimin und äußerte sich 2012 zum Tragen eines Kopftuchs folgendermaßen: „Ja, das Kopftuch ist für mich eine religiöse Pflicht, aber nein, ich trage es nicht, weil es für mich nicht das Wichtigste im Islam ist.“[44] Bei ihrer Berufung zur Staatssekretärin im Dezember 2016 begründete sie ihre Entscheidung, kein Kopftuch zu tragen, mit ihrer Überzeugung, dass man anders in Deutschland keine politische Karriere beginnen könne.[31] Im Januar 2017 äußerte sie gegenüber der Zeit: „Ich trage kein Kopftuch, weil ich es nicht möchte. Ich will aber, dass jede Frau das für sich selbst entscheiden kann.“ Erol Özkaraca (damals SPD) kritisierte diese Äußerung mit den Worten: „Von einer muslimischen Sozialdemokratin erwarte ich, dass sie sagt: Mein Gott ist ein barmherziger Gott, er verlangt von mir nicht, mich zu verhüllen.“[3]

In einem Doppelinterview mit Michael Müller in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im August 2016 antwortete Chebli auf die Frage, warum unter muslimischen Jugendlichen der dritten Generation der Anteil derer steige, die im Zweifel die Scharia über das Grundgesetz stellen: „Die Scharia regelt zum größten Teil das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen. Es geht um Dinge wie das Gebet, um Fasten, um Almosen. Das stellt mich als Demokratin doch vor kein Problem im Alltag, sondern ist absolut kompatibel, wie es für Christen, Juden und andere auch der Fall ist.“[45] Cheblis Berufung zur Staatssekretärin durch Müller im Dezember 2016 bezeichnete Erol Özkaraca (damals SPD) gegenüber der Welt als absolute Fehlentscheidung, von der er Müller mehrfach abgeraten haben will. Sie arbeite daran, den konservativen Islam in Deutschland hoffähig zu machen. Es sei aber nicht Aufgabe der Politik, religiöse Ströme zu organisieren. Chebli sei in Wirklichkeit keine moderate Muslima, sondern konservativ. Das Kopftuch betrachte sie als religiöse Pflicht. Ihre Aussagen zur Vereinbarkeit der Scharia mit unserer Verfassung und zur Integration werfe die Frage auf, ob ihr die Grenzen des säkularen Rechtsstaats bewusst seien und sie bereit sei, für diese einzustehen. Das passe alles nicht zur SPD.[17] Gegenüber der Berliner Zeitung sagte er, Cheblis Berufung sei ein Signal, dass hohe Regierungsämter konservativen Muslimen offenständen, und eine Stärkung konservativer islamischer Kräfte. Lale Akgün (SPD) bezeichnete die Berufung als krasse Fehlentscheidung. Sie warf Chebli vor, die Scharia für mit dem Grundgesetz kompatibel zu halten und einen gestrigen Islam zu vertreten. Außerdem kritisierte sie, dass Chebli über die Religion Politik mache.[46] Chebli selbst erläuterte ihre Haltung zur Scharia im Januar 2017 gegenüber der Zeit so: „Die Scharia enthält rituelle Vorschriften für das Gebet und das Verhalten gläubiger Menschen, darunter die Verpflichtung, Almosen zu spenden. Das alles fällt ganz klar unter die Religionsfreiheit. Andere Vorschriften der Scharia widersprechen ganz klar dem Grundgesetz und haben in einem demokratischen Staat nichts zu suchen.“[3]

Nach antisemitischen und israelfeindlichen Protesten in Berlin anlässlich der Ankündigung Donald Trumps, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, forderte Chebli im Dezember 2017 mehr muslimisches Engagement gegen Antisemitismus. Sie äußerte sich gegenüber der Welt: „Genauso wie Muslime als Minderheit erwarten, dass andere sich für sie einsetzen, wenn sie diskriminiert oder angegriffen werden, müssen sie ihre Stimme viel lauter erheben, wenn Juden in unserem Land bedroht werden. Der Kampf gegen Antisemitismus muss auch ihr Kampf sein.“[47] Zuvor war sie in die Kritik geraten, weil sie die antisemitischen Ausschreitungen zunächst nicht kritisiert hatte.[40] Im Rahmen der Verhandlungen über eine erneute Große Koalition nach der Bundestagswahl 2017 wollte die SPD Chebli zur Antisemitismusbeauftragten und später zur Integrationsbeauftragten der Bundesregierung vorschlagen. Dagegen protestierten jüdische Organisationen mit dem Vorwurf, in den Vorjahren judenfeindliche Angriffe in Berlin nicht kritisiert zu haben und muslimischen Judenhass zu verharmlosen.[48]

Die Hauptfigur des 2021 erschienenen Romans Die Kandidatin von Constantin Schreiber, die als erste Muslima für das Amt der Bundeskanzlerin kandidiert, wurde als Anspielung auf Chebli gedeutet.[49]

Sexismusvorwürfe

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Im Kontext der breiten öffentlichen Diskussion um #MeToo veröffentlichte Sawsan Chebli im Oktober 2017 auf ihrer Facebook-Seite eine wenige Stunden zuvor gemachte Erfahrung von Alltagssexismus. Während eines dienstlichen Auftritts bei der Deutsch-Indischen Gesellschaft sei sie vom Botschafter a. D. Hans-Joachim Kiderlen als Frau öffentlich herabgewürdigt worden.[50] Der frühere Diplomat bedauerte wenige Tage später seine „unpassende Ansprache“ und entschuldigte sich gegenüber der Staatssekretärin.[51] Der Vorfall und Cheblis Umgang damit zogen eine kontroverse Diskussion in der deutschen Presse nach sich.[52][53][54][55][56] Cornelia von Oheimb, Vertreterin der Deutsch-Indischen Gesellschaft, widersprach Cheblis Darstellung der Umstände des Vorfalls.[57]

Mäßigungsgebot

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Nachdem Chebli im August 2018 einen Tweet unter dem Hashtag #wirsindmehr mit dem Satz „Wir sind zu wenig radikal“ beendet hatte, wurde ihr ein Verstoß gegen das Mäßigungsgebot vorgeworfen, dem sie als Beamtin sowohl dienstlich als auch privat unterliegt.[58] Eine im Januar 2019 vom Chef der Senatskanzlei Christian Gaebler erlassene Dienstanweisung, dass sich Mitarbeiter der Senatskanzlei bei öffentlichen Äußerungen zurückzuhalten hätten und ein Hinweis auf ein bestehendes Dienstverhältnis zur Senatskanzlei zu unterlassen sei, wurde von den Medien als Reaktion auf Cheblis öffentliche Äußerungen gewertet.[59]

Gerichtliche Auseinandersetzungen

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Das Amtsgericht Tiergarten sprach am 27. Februar 2020 den YouTuber Tim Kellner[60] vom Vorwurf der Beleidigung frei, der Chebli als „islamische Sprechpuppe“ und „Quotenmigrantin der SPD“ bezeichnet hatte. Die Staatsanwaltschaft Berlin und Chebli kündigten an, in Berufung zu gehen.[61][62]

Am 13. November 2020 kommentierte Chebli einen Fernsehbeitrag des Kabarettisten Dieter Nuhr, dass dieser „so ignorant, dumm und uninformiert“ sei und „nur Witze“ über Minderheiten machen könne.[63] Dazu nahm der CDU-Fraktionsvorsitzende in Brandenburg, Jan Redmann, auf Facebook Stellung. Unter diesen Beitrag setzte am 15. November 2020 ein Nutzer bei Facebook einen beleidigenden Kommentar in Bezug auf Chebli. Sie klagte daraufhin auf Unterlassung und Entschädigung in Höhe von 5000 Euro. Durch rechtskräftige Berufungsentscheidung wurde der Klage auf Unterlassung stattgegeben, ein Anspruch auf Geldentschädigung jedoch abgelehnt.[64][65]

Wegen anderer Beschimpfungen Cheblis und solcher gegen Nancy Faeser und Annalena Baerbock wurde Tim Kellner am 4. Oktober 2023 vom Amtsgericht Detmold zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt.[66] Seine Berufung wurde am 5. Juni 2024 vom Landgericht Detmold zurückgewiesen.[67]

Im Zusammenhang mit einem Online-Hasskommentar von 2021 bekam Chebli Mitte Januar 2024 5000 Euro Entschädigung vom Landgericht Berlin zugesprochen. Laut dem Landgericht handelt es sich „um Schmähkritik, die in die Würde der Klägerin eingreift“; daher seien ihre „Persönlichkeitsrechte verletzt“. Der Verfasser muss zudem die Anwalts- und Gerichtskosten tragen. Das Geld, so Chebli, gehe an die Organisation „Hate Aid“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.[68]

Im Oktober 2020 berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung über den Vorwurf ehemaliger Kollegen gegen Chebli, als Staatssekretärin in der Verwaltung Chaos angerichtet zu haben. Sie habe in Unkenntnis der Abläufe agiert, ständig neue Ideen eingebracht, die sie bald wieder fallen gelassen habe, und Sitzungen einberufen, zu denen sie als einzige nicht erschienen sei. Als Vorgesetzte habe sie die Mitarbeiter regelmäßig für eigene Fehler verantwortlich gemacht und sie „wie Dreck behandelt“. Immer wieder hätten sich Mitarbeiter deshalb krankgemeldet oder versetzen lassen. Ein Beamter remonstrierte beim Chef der Senatskanzlei gegen Anweisungen Cheblis, die er als ungerechtfertigt ansah. Auch der vorzeitige Weggang des Protokollchefs Volker Pellet aus der Senatskanzlei 2017 wurde wieder aufgegriffen. Chebli bestreitet diese Vorwürfe.[69]

Russischer Überfall auf die Ukraine

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In einem Beitrag für den Tagesspiegel stellte Chebli Ende April 2022 bei vielen Menschen in der arabischen Welt eine „Abwesenheit von Empathie gegenüber dem Leid der ukrainischen Bevölkerung“ fest. Solidarität gebe es in Syrien, „wo man die Brutalität der russischen Militärs am eigenen Leib erlebt“ habe. Die Gründe für das von ihr wahrgenommene Fehlen von Empathie sind laut Chebli ein verbreiteter Antiamerikanismus in Nahost sowie auch „ein mehr oder weniger offen ausgesprochener Antisemitismus“. Russland habe „die arabische Nachbarschaft Europas als ein ‚weiches Ziel‘ der Propaganda ausgemacht [...], wo man mit Desinformation unter Einsatz geringer Mittel starke Wirkung erzielen“ könne. Daher müsse „unsere Außenpolitik sich viel stärker an die Gesellschaften in der Nachbarschaft Europas richten [...], als das bisher der Fall“ sei. Man müsse „klar und deutlich“ die politischen Ziele kommunizieren und dürfe sich Diskussionen nicht verweigern.[70]

Krieg in Gaza seit 2023

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In der taz sagte Chebli Ende Juni 2024, dass Palästinenser in der deutschen Öffentlichkeit „kaum Empathie und Solidarität, sondern Ausgrenzung, Misstrauen und immer öfter puren Hass“ erführen. Es tue „weh zu sehen, dass so viele Menschen, die sonst laut sind, wenn es um Menschenrechte geht und darum, Grundrechte zu verteidigen, zu Gaza schweigen“. Über den Krieg im Gazastreifen informiere sie sich vor allem über amerikanische, britische und arabische Medien, denn viele Nachrichten kämen „hier schlicht nicht vor“ und seien „einseitig und verzerrt“. Sie habe die Verbrechen der Hamas „sofort klar verurteilt und deutlich gemacht, dass sie durch nichts zu rechtfertigen“ seien: wer aber „heute, nach über 35.000 Toten, die meisten davon Kinder und Frauen, und all dem, was wir über die Kriegsführung und die Politiker in der israelischen Regierung wissen, immer noch blind Israel verteidigt und lediglich ‚aber Hamas‘ sagt, mit dem teile ich keine gemeinsamen Werte“. Sie denke „erstmals auch darüber nach, Deutschland zu verlassen“, und keine Wahl sei ihr so schwergefallen „wie die letzte Europawahl, vor allem wegen der Haltung der SPD zu Gaza“. Sie konstatierte ein „kollektive[s] Wegsehen bei antimuslimischem Rassismus“.[71] Der Psychologe und Autor Ahmad Mansour schrieb daraufhin ebenfalls in der taz, er frage sich, wie Chebli „so sehr an den Fakten vorbeireden“ könne, denn wie Umfragen und Kundgebungen bewiesen, erlebten nicht Muslime, sondern Juden „einen enormen Zuwachs an Feindseligkeit“ und einen „erschreckenden Anstieg an antijüdischen und israelfeindlichen Aktivitäten bis hin zu strafbaren Handlungen“. Die Bilder vom Krieg seien „tragisch und schwer erträglich“ und Kritik an der Regierung Netanjahu sei „nötig und richtig“, aber Chebli erwähne weder die 1200 am 7. Oktober 2023 getöteten Israelis noch fordere sie die Freilassung der israelischen Geiseln. Es gehe in dem Krieg „um einen der schwersten Kämpfe gegen den Terror“ und Hamasführer machten „keinen Hehl daraus, dass sie zivile Opfer wollen, um Hass gegen Israel anzufachen – und viele Aktivisten [...] spielen dieses Spiel mit“. Das habe auch mit einer falsch verstandenen Toleranz bei der Integration von „Menschen aus autoritären Regimen und mit traditionell patriarchalen, oft antisemitischen Vorstellungen“ zu tun.[72]

Interviews

Commons: Sawsan Chebli – Sammlung von Bildern

Interviews

Porträts

Einzelnachweise

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  1. a b c Klaus Remme: „Ich hoffe, dass ich ein gutes Vorbild bin“. In: Deutschlandfunk. 6. Februar 2014, abgerufen am 28. Juli 2015.
  2. a b c d Fatina Keilani: „Islam macht mir das Leben leicht“. In: Der Tagesspiegel. 22. Februar 2011, abgerufen am 28. Juli 2015.
  3. a b c d e Mariam Lau: Sawsan Chebli: „Ich, eine Islamistin? Schauen Sie mich doch an!“ In: Die Zeit. Nr. 5/2017, 26. Januar 2017, ISSN 0044-2070 (Online [abgerufen am 26. Januar 2017]).
  4. Deike Diening: Staatssekretärin auf Gedenkfahrt: Was Sawsan Chebli in Auschwitz suchte – und was sie fand. In: Der Tagesspiegel. 16. Juni 2019, abgerufen am 6. März 2020.
  5. Laura Hofmann: Sawsan Chebli über ehrenamtliches Engagement: „Berlin ist Modell für eine starke Zivilgesellschaft“. In: tagesspiegel.de. 23. August 2019, abgerufen am 28. August 2020.
  6. Alke Wierth: Sawsan Chebli im Interview: „Für mich ist das Wesen des Islams friedlich“. In: taz.de. 1. Juni 2010, abgerufen am 28. August 2020.
  7. Herlinde Koelbl: Sawsan Chebli: „Für mich war der deutsche Pass das Tor zur Freiheit“. In: zeit.de. 2. Februar 2018, abgerufen am 28. August 2020.
  8. a b Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales. In: berlin.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. November 2021; abgerufen am 10. Juni 2019.
  9. Sabine Rennefanz: „Ich brauche keinen Gebetsraum“. In: berliner-zeitung.de. 15. Juni 2010, abgerufen am 23. September 2018.
  10. Sawsan Chebli: Tweet vom 23. September 2018. In: twitter.com. 23. September 2018, abgerufen am 23. September 2018.
  11. Ina Brzoska: Vivantes buhlt um ausländische Patienten. In: morgenpost.de. 15. September 2011, abgerufen am 29. März 2021.
  12. Silke Kersting: Deutsche Heilkunst für internationale Patienten. In: handelsblatt.com. 17. März 2012, abgerufen am 29. März 2021.
  13. a b Lennart Pfahler: Geld, Gesundheit – gut gemischt. In: welt.de. 29. März 2021, abgerufen am 29. März 2021.
  14. Hannes Heine, Alexander Fröhlich: Vorwürfe gegen Angehörige von Sawsan Chebli. In: tagesspiegel.de. 29. März 2021, abgerufen am 29. März 2021.
  15. Joachim Fahrun: Wie Müller Charlottenburg-Wilmersdorf für sich erobern will. In: morgenpost.de. 26. August 2020, abgerufen am 26. August 2020.
  16. Twitter sperrt Account von Sawsan Chebli vorübergehend www.welt.de, 5. Mai 2019
  17. a b Annelie Baumann: Das Bild von der erfolgreichen Migrantin hat Risse. In: Die Welt. 11. Dezember 2016, abgerufen am 11. Dezember 2016.
  18. a b c Tilo Jung: Sawsan Chebli (SPD) – Jung & Naiv: Folge 313 + eure Fragen. 25. Juni 2017, abgerufen am 26. Juni 2017.
  19. Conference Report. Körber Stiftung, 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Juli 2015; abgerufen am 28. Juli 2015 (englisch).
  20. Alke Wierth: Das Versprechen des Aufstiegs. In: taz. 24. Juni 2010, abgerufen am 28. Juli 2015.
  21. Christian Brüning: „Manchmal denke ich: Was bin ich eigentlich?“ In: Berliner Morgenpost. 1. August 2010, abgerufen am 28. Juli 2015.
  22. Hans Monath: „Ich bete, ich faste, ich trinke keinen Alkohol“. In: Der Tagesspiegel. 26. Januar 2014, abgerufen am 28. Juli 2015.
  23. تعيين سيدة فلسطينية متحدثة باسم وزارة الخارجية الألمانية In: Palestine News Network. 28. Januar 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Januar 2014; abgerufen am 28. Juli 2015 (arabisch).
  24. Almanya’ya Müslüman sözcü. In: Hürriyet. 28. Januar 2014, abgerufen am 28. Juli 2015 (türkisch).
  25. Insight Germany: Intercultural Advisor Sawsan Chebli. (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive) Deutsche Welle, 10. April 2013 (englisch)
  26. Berliner Muslimin wird Sprecherin von Minister Steinmeier morgenpost.de, 25. Januar 2014
  27. Nicola Abé: Löwenkind. In: Der Spiegel. Nr. 29, 2018, S. 32–34 (online).
  28. a b Johannes C. Bockenheimer: Hat Berlins SPD ein Antisemitismus-Problem? In: Der Tagesspiegel. 8. September 2017, abgerufen am 8. September 2017.
  29. Sawsan Chebli spd.berlin
  30. Steinmeiers Sprecherin wechselt ins Rote Rathaus. In: Spiegel Online. Abgerufen am 6. Dezember 2016.
  31. a b Hans Monath: Sawsan Chebli – 15 Jahre staatenlos. In: Der Tagesspiegel. 8. Dezember 2016, abgerufen am 8. Dezember 2016.
  32. Sabine Beikler: Berlins Protokollchef sucht das Weite. In: Der Tagesspiegel. 19. April 2017, abgerufen am 19. April 2017.
  33. Julius Betschka: 27-jährige Sozialdemokratin wird Staatssekretärin in Berlin. In: Der Tagesspiegel. 21. Dezember 2021, abgerufen am 21. Dezember 2021.
  34. Berlins Regierungschef gewinnt Duell um die Bundestagskandidatur tagesspiegel.de, 28. Oktober 2020
  35. Sabine Rennefanz: Vorreiterprojekt Juma für Migrantenkinder: Berlin ist nicht nur Sarrazin. In: Berliner Zeitung. 10. November 2013, abgerufen am 10. November 2013.
  36. Thomas Klatt: Kopftuch, Antisemitismus, Erdogan – das nervt! In: Deutschlandfunk. 16. Januar 2019, abgerufen am 16. Januar 2019.
  37. Florian Schumann, Michael Graupner: Geflüchtete mitten in der Gesellschaft. In: Der Tagesspiegel. 15. November 2017, abgerufen am 15. November 2017.
  38. Milena Fritzsche: Ein Preis für engagierte Geflüchtete. In: Der Tagesspiegel. 6. September 2018, abgerufen am 6. September 2018.
  39. Sawsan Chebli: Als Jugendliche hasste die Berliner Politikerin Juden. 9. August 2023, abgerufen am 27. August 2023.
  40. a b Martin Niewendick: „Wir nehmen das mit Kopfschütteln zur Kenntnis“. In: Die Welt. 12. Dezember 2017, abgerufen am 12. Dezember 2017.
  41. Bert Schulz: Mehr tun gegen Antisemitismus. In: taz. 14. Dezember 2018, abgerufen am 14. Dezember 2018.
  42. Berliner Staatssekretärin: KZ-Besuch als Pflicht auch für Migranten. In: Der Tagesspiegel. 7. Januar 2018, abgerufen am 7. Januar 2018.
  43. Hannes Heine, Alexander Fröhlich, Ingo Salmen, Leonard Scharfenberg, Katharina Wiechers, Felix Wellisch: Merkel besucht Berliner Synagoge. In: Der Tagesspiegel. 9. Oktober 2019, abgerufen am 6. März 2020.
  44. Muslimischsein – Deutschsein – Frausein (Memento vom 10. Dezember 2016 im Internet Archive) Selbstvorstellung bei spd-fem.net, 26. November 2012, abgerufen am 12. Dezember 2016
  45. Jasper von Altenbockum, Rainer Hermann: „... als würden Muslime für Aliens gehalten“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. August 2016, abgerufen am 3. August 2016.
  46. Jan Thomsen: Neue Staatssekretärin in Berlin: Berufung von Muslimin Sawsan Chebli stößt in Senatskanzlei auf Widerstand. In: Berliner Zeitung. 10. Dezember 2016, abgerufen am 10. Dezember 2016.
  47. Philip Kuhn: „Kampf gegen Antisemitismus muss Kampf der Muslime sein“. In: Die Welt. 11. Dezember 2017, abgerufen am 12. Dezember 2017.
  48. Philipp Peyman Engel: Sawsan Chebli: Frau, Migrantin, Aufsteigerin. In: Cicero. 2. März 2018, abgerufen am 2. März 2018.
  49. Ulrich Reitz: Muslimische Kanzlerin? Aufregung um Buch von "Tagesschau"-Sprecher - der kontert. In: Focus Online. 21. Juni 2021, abgerufen am 31. Januar 2024.
  50. Staatsekretärin Chebli prangert Alltags-Sexismus an, Anke Myrrhe, Der Tagesspiegel, 15. Oktober 2017
  51. Jost Müller-Neuhof: Ex-Botschafter entschuldigt sich bei Chebli. 19. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  52. Jost Müller-Neuhof: Ein Staatsamt eignet sich nicht für politische Kampagnen. 23. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  53. Anna Sauerbrey: Es fühlte sich an, als würden wir uns auf einen Krieg vorbereiten. In: tagesspiegel.de. 22. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  54. Ferda Ataman: „Tragen sie doch eine Burka!“ In: spiegel.de. 21. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  55. Bernd Matthies: Warum der Sexismus-Vorwurf falsch ist. In: tagesspiegel.de. 16. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  56. Christine Richter, Paulina Czienskowski: Sexismus oder Kompliment? Debatte um Chebli-Beitrag. In: morgenpost.de. 18. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  57. Martin Niewendick: Sexismus-Vorfall: DIG wirft Chebli Ungereimtheiten vor. In: morgenpost.de. 16. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  58. Martin Nejezchleba: Wegen Tweet zu Chemnitz: AfD-Chef Padzerski fordert Disziplinarverfahren gegen Chebli. In: Berliner Morgenpost. 30. August 2018, abgerufen am 19. September 2020.
  59. Julia Haak: Neuer Ärger für Staatssekretärin Sawsan Chebli: Internes Senatskanzlei-Rundschreiben. In: Berliner Zeitung. 26. Januar 2019, abgerufen am 19. September 2020.
  60. Katja Füchsel, Sebastian Leber: „Eine bittere Nachricht für alle, die von Hetze betroffen sind“. In: tagesspiegel.de. 27. Februar 2020, abgerufen am 27. Februar 2020.
  61. Wiebke Ramm: „Islamische Sprechpuppe“ – YouTuber nach Hasskommentaren freigesprochen. In: Spiegel Online. 27. Februar 2020, abgerufen am 27. Februar 2020.
  62. Katrin Bischoff: Freispruch: Angeklagter hat Sawsan Chebli nicht rassistisch beleidigt. In: berliner-zeitung.de. 27. Februar 2020, abgerufen am 27. Februar 2020.
  63. Felix W. Zimmermann: Warum die Äußerungen über Chebli Beleidigungen sind www.lto.de, 3. April 2023.
  64. Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli muss Schmähkritik im Netz nicht hinnehmen www.tagesspiegel.de, 29. November 2023.
  65. Marie Winzek: OLG hält Äußerungen über Chebli für Schmähkritik www.lto.de, 29. November 2023.
  66. https://www.freilich-magazin.com/gesellschaft/tim-kellner-zu-11000-euro-geldstrafe-verurteilt 6. Oktober 2023.
  67. nzz.ch/international/tim-kellner-urteil-youtuber-beleidigt-politiker-soll-11000-euro-bezahlen-ld.1833830 6. Juni 2024
  68. SPD-Politikerin Chebli gewinnt Prozess um Hasskommentar www.rbb24.de, 29. Februar 2024.
  69. Markus Wehner: Die Kunstfigur. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Nr. 42, 18. Oktober 2020, S. 4 (Online).
  70. In Nahost fehlt die Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen www.tagesspiegel.de, 23. April 2022.
  71. „Ich habe noch nie so stark an meinem Deutschsein gezweifelt wie jetzt“ www.welt.de, 2. Juli 2024.
  72. Ahmad Mansour: Ungesehenes Leid taz.de, 4. Juli 2024.