Schenker Derfreiesatz

Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 131

I\EUE DER FREIE SATZ

MUSIKALISCHE THEORIEN
UND PHANTASIEN VON

voN
HEINRICH PCHENKER
HEINRICH SCHENKER
,la
DAS ERSTE LEHRBUCH DER MI.]SIK

DRITTER BAND:
DER FREIE SATZ Semper idem
sed non
eodem modo

wI E N t9r5
UNIVERSAL-EDITION A. G. wIEN 1e35

NR. 6869 UNIVERSAL.EDITION A. G.


1.
MEIIVER GELIEBTEN FRAU
Alle Rechte insbesondere das Recht der Uebersetzung
in fremde Sprachen vorbehalten
Copyright ,OrO O, Uo*r*l-Edition A. G.

PAGO.BUCHDRUCKEfiDI. WIEN. I.
Die Manuskripte beweisen, claß der'Autor alle Stichvorlagen
zu tlen Noten-Figuren selbst geschri,eben, clie Abzüge bis Fig. 122, I
gt'schen und bis Fig. 104 eigenhändig korrigiert hat. (Von Fig. 104
;rb sirrcl die Notenbilder getreu nach der Vorlage hergestellt.)
[)er Text ist vom Autor diktiert, in einer Urschrift sorgfältig
korrigiert, in der Druckvorlage neuerlich durchgesehen worden und
irr tlic Fahnen sind eigenhändige Korrekturen eingetragen bis S.135.
Mit rlcn Vorkorrekturen gelesen hat der Autor den Text bis zum
lctztcn Wort.
Was aber bei einer letzten Durchsicht dem Werke vielleicht
rroclr zrrgcwachsen wäre, ist mit dem Autor ins Grab gesunken.
rr

Inhalt
Se ite

Vorwort 1

1. Teil: Hintergrund

l. Abschnitt Vom Hintergrund


l. Kapitel Vom Begrif f des Hintergrundes im All-
gemernen l3
2. Kapitel Vom Hintergrund in der Musik 15

3. Kapitel Vom Ursatz als lnhalt des Hinter-


grundes in deri\4usik (Fig. 1) l6
4. Kapitel Bedeutung des U'rsatzes fiir Kompo-
sition, Lehre und Vortrag 20

Abschnitt Vom Ursatz


l. Kapitel Vom Ursatz im Allgemeinen
sr Von der Brechung in der Musik als Fortbildung des
Naturklanges (Fig. 2) 30
s2 Vom Ursatz als Mittler der ersten Brechungen (Fig. 3) 30
s3 Der Ursatz als Einheit 31

2, Kapitel Von der Urlinie im Allgemeinen


s4 Dcr Weg zur Diatonie 3l
$5 Vonr Urlinie-Raum und crstem Durchgang 32
ti {i Von tlt'r Untcilbarkcit tles lJrlinie-Zuges . 33
fi 7 l)nx Qrrlrtst{ick A 5 tlcs Llrlinie-Zuges ti-i gehört Cer
l)illottit,, tticltl tler Natrtr :rn (l:ig. 4) . 33
s tl Von tlcr Oktavlage der Urlinie 33
$ 0 Die Urlinie-Töne sind nicht Obertöne des Grundtones . 34
s l0 Die Urlinie setzt in 6, 5, 3 ein und fällt durch den
Abrvärtsleitton 2 zu i 34
s ll Im Urlinie-Zug ist der Aufwärtsleitton nicht enthalten 35
s t2 Die Höhe 6, 6, 3 wird akkordisch vorweggenommen 35
s l3 Die horizontale Urlinie-Erfüllung als Tonraum (Fig. 5) 35
s l4 Auch &-i und 3-i stellen den ganzen Klang vor . 36

3. Kapitel Von der Baßbrechung im Allgemeinen


s15 In der Brechung des Basses durch die Quint geht die
Aufwärtsrichtung voran (Fig. 6) 36
s16 Von der Quint in Natur und Kunst 36

IX
rr

Selte Sefto

S 17 Von V-l . 3? 2. Teil Mittelgrund


S l8 Von der Teilung der Baßbrechung (Fig. 7) . 37
S 19 Das heilige Dreieck 37 Vom Mlttelgrund im Allgemeinen

4. Kapitel Vom Ursalz im besonderen Einleitendes


S 20 Bedeutung der Höhe und Tiefe bei Urlinie und Baß 3Z
s45 Namengebung 49

S 2l Der Ursatz ist noch arhythmisch 38


s46 Auch die Verwandlung entspringt einer lebendigen
Naturkraft 49
S 22 Der Ursatz macht die Lehre vom strengen Satz noch
s47 Von der Freiheit der Vervrandlungen (Fig. 12) 49
keineswegs überflüssig 38
s 23 Von der Schlußformel des Ursatzes 38
s48 Von der Zahl der Schichten 50

s 24 Was eine Quint oder Terz am Schluß eines Stückes


s4s Von der Gefahr einer Verwechslung der Schichten 50

bedeutet 39
s50 Ablehnung der üblichen Bezeichnungen Metodie, Motiv,
25 Einfall u. dgl. 51
s Der Ton'raum ist den Formen {lbergeordnet . 39
s 26 Der Ursatz kann schon lnhalt eines Vordergrundes s51 Vom Stand der Musikgeschichte (Fie. 13) . 52

sein (Fig. 7 a, b) 39
s52 Der Stand von heute . 53

Vom Mittelgrund im Besonderen


3. Abschnitt Von den Ursatzformen
l.
Erste Schicht
Kapitel Von den Ursatzlormen im Allgemeinen
l. Kapitel Von der Verbindung einer unprolon-
S 27 Allgemeines 40 gierten Urlinie mit einer kontrapunk-
S 28 Vom Unterschied zwischen den Ursatzformen und den tisch melodisch prolongierten Fassung
Kadenzen der üblichen Harmonielehre (Fig. 8) 40 der Aufwärts-Baßbrechung I-V
S 29 Von der wahren Bedeutung der Ursatzformen . 4l
S 53 Vom Begriff des Kontrapunktisch-Melodischen in
S 30 Die Verwandlungsschichten sind gleichsam Wieder- Aufwärtsbrechung
der
54
holungen (Parallelismen) höchster Ordnung . 42
S 54 Wege des Basses zur Oberquint (Fig. 14) . 54
2. Kapitet Von den bei 3, 5, 8 möglichen Ursatz- S 55 Von der Brechung durch die Terz (zu 1 a und b) 54
f ormen im Besonderen S 56 Von der vollständigen Auffültung der Brechung durch
Sekundschritte (zu 2a-d)
S 3l Von der Ursatzform Uei 3 1nig. Oy . 43
S 5? Vom Uebcrspringen des ersten Sekundschrittes (zu
55

S 32 ?_? eröffnen den Ausblick auf Prolongationen durch 3n tl) 55


einen Terz- und Quintzug . (3 ti 5H Vrrnr llcbcrsprinl'1,11 rlcs lt'tztcn Sekundschrittes (zu 4 a
s 33 Ausblick auf die Form im Vordergrund 43 unrl h) 56
s 34 Von der Ursatzfdrm bei 3 (Fie. l0) . 43 $ 5tt Vonr Ut'bcrspringcn dcs crstcn und zweiten Durchgangs-
s 35 Von der im Urlinie-Zug 3-i dissonant durchgehenden 4 43 loncs (zu 5) ode'r des dritten und vierten Durchgangs-
s 36 Vom Widerschein einer Cliederung 6-3-i und vom tones (zu 6) 56
Begriff des Leerlaufs . 44 60 Von den ersten zwei Quintfällen II-V-I bei Fig. 14, 6 56
s
s 37 Vom Widerschein einer Gliederung A-2-i 44 I 6l Auch die kontrapunktischen Fassungen in Fig. 14, l--6
s 38 Wahrung der Unteilbarkeit und Einheit des Urlinie-
.

sind noch arhythmisch 56


Quintzuges 3-i gegen jeden Schein einer Glieclerung . 44 62 Von der Beziehung der kontrapunktischen Fassungen in
s
s 39 Einblick in die Aufgaben, die die Ursatzform bei 5 stellt 44 Fig. 14, l-4 zur Form im Vordergrund 56
s 40 Ausblick auf die Form im Vordergrund 45 63 Von weiteren Einschaltungen und ihrer Abbreviation 57
s
s 4l Von der Ursatzform bei 6 (Fig. ll) . 45 64 Der Unterschied zwischen einem kontrapunktisch prolon-
s 42 Vom Widerschein mehrerer Cliederungen
s
. 45 gierten Baß und dem Baß in einer c.-f.-Aufgabe 57
s 43 Von ddr Aufgabe, die die Ursatzform bei 6 stellt
.
. 45 s 65 Eine Prolongation der Abwärtsbrechung V-l kann in der
s 44 Die 7 ist diatonisch 45 ersten Schicht nicht auftreten 57

x XI
qr

Seite

Auswirkung der kontrapunktischen Fassung bci 3, 3, oCer 6 $8e Von der ersten V als Teiler 66

.s 90 Bei dem erstenStand.? ist dieStimmführung unterbrochen 66


a) im Allgemeinen. ^v
ss gl Die erste 2 ist keine Nebennote . 66
s66 Auch im neugewonnenen Satz bleibt der strenge Satz in
Von der Höherlegung der Sept oei -$ -- (Fig. 23)
Geltung se2 . ctt

s67 Im Außensatzi zwei Züge in Cegenbewegung und die se3 Das Cesetz vom KoPIton 68
Notwendigkeit ihres rhythmischen Ausgleichs 58 se4 Die Unterbrechung als Wurzel von Formen im Vorder-
s68 Von der Beziehung des Basses zu den Mittelstimmen . 58 grund
s6s Auch der neue Satz läßt Urlinie-Töne zuweilen noch im b) bei6 dutch Unterbrechung
dissonanten Durchgang erscheinen
s05 Nur3-2 ll 3--i tommt als Unterbrechungsform in Frage
s70 Von der Aulhaltung (Retardation) durch den prolon- (Fig. 2a) . 68
gierten Baß 59
s 7l l)er neue Satz als Polyphonie . 59
se6 Von der ersten 5^. als KoPfton . 69
se7 Die Rückwendung zur 5 bedeutet keine Kadenz 69
b) im Besonderen se8
s72 Auswirkungen bei 3-i (Fig. 15)
Die bei
f nonergelegte Oktave wirkt nicht als Neben-
59 note (Fig. 25,26) 69
s73 Bemerkungen zu Fig. 15 59 99 5-2 tt 6-i als Wurzel der Formen im Vordergrund . 69
s74 Zwei fallende Quinten und der fallende Sekundschritt
c) bei 3 durch 0-3-i
2-i tei Fig. 15,6.^. 60
s75 Auswirkungen bei 5-l (Fig. 16) 61 s 100 Gliederung bei ä
s76 Auswirkungen bei 6 (Fig. 17, 18) 6l s 101 Die Gliederung bei 3-5-3-i als Wurzel der Formen
im Vordergrund (Fig. 27)
Von der Verbindung einer unprolongierten
Urlinie mit zrvei Brechungen des Basses 3. Kapitel Mischung
77 Allgemeines von den beiden Brechungen des Basses S 102 Mischung in der Terz der Urlinie als Mischung erster
(Fig. le) 61
Ordnung (Fig. 28, 29, 30) 7l
78 b und Anmerkungen (Fig.
Beispiele zu Fig. 19a, 20) 62 S 103 Beziehungen der Mischung erster Ordnung zur Form 7t

Schlußfolgcrungen 4. Kapitel Die phrygische 2 bei der Urlinie


s7e Erster Einblick in die Entstehung dcr Stufe . S 104 Von der f2 in der ersten Schicht .
.s 80 Vom Zusammenhang der in den Fig. 15, 16 und 18 auf- S 105 Vom Satz der P2 und der sogenannten neapolitanischen
gezeigten Sätze mit der Fornr im Vordergrund . 63 Sext (Fig.3l) 72

{i Bi Von der weiten und engen Lage in der ersten Schicht . 63 5. Kapitel Nebennote
s82 Vom Stimmführungszwang im prolongierten Satz . 63
.s 106 In dt:r crsten Schicht kommt
nur clie höhere Nebennote
s83 Bedeutung des Stimntführungszwanges als Ton-Bereit- in Frage . 72
schaft 63
S 107 Vom Standort der Nebennote erster Ordnung 73
s84 Der Stimmführungszwang behcrrscht allc Einzelklänge 64
S 108 Vom Satz der Nebennote (Fig. 32) . 73
s85 Die Kunst durch dcn Vcrstancl allein ganz auszuschöpfen
S 109 Die Nebennote als Aufhaltung . 74
ist nicht möglich
$ I 10 Abgrenzung der Nebennote von einer Unterbrechung 74
Von V-l in der ersten Schicht S I I I Die Nebennote als Wurzel der Form 74

s86 ln der ersten Schicht entfällt die kontrapunktische S 112 Erster Einblick in die Nebennote der späteren Schichten 75.
V-l .
Fassung des Basses bei 6. Kapitel Züge
2. Kapitel Cliederung des Urlinie-Zuges s ll3 Ein Zug der ersten Schicht bezieht sich immer auf einen
a) bei 3 durch Unterbrechung Urlinie-Ton
s87 Begriff der Unterbrechung (Fig. 21) .65 s lr4 In der methodischen Darstellung der Züge geht der
s88 Die Zurückwendung zur 3 ist keine Kadenz (Fig. 22) . 65 fallende Zug d,em steigenden voran

XII XIII
rTI

a) Von den f allenden Zügen erster Ordnung lO. Kapitel Auslaltung


S I 15 Der fallende Zug erster Ordnung bedeutet einen Gang s 140 Vom Wesen der Ausfaltung (Fig. 43) . 84

von der Ober- zur Mittelstimme . i6 s l4r Anmerkungen zu Fig. 43 und Beispieie 84

S l16 Die Merkmale eines Urlinie-Zuges haften auch den fallen- s 142 Von der Ausfaltung in der ersten Schicht (Fig. a) . 84

den Zügen erster Ordnung an . -t6 s 143 Abgrenzung der Ausfaltung von anderen Prolon-
gationen (Fig. 45)
S ll7
85
Vom Satz der von der 3 oder 3 abgeleiteten fallentien
s 144 Einblick in die späteren Schichten ö5
Züge (Fig. 33) . 77
S ll8 Die von der 2 fa[enden Züge (Fig. 34, 35, 36) . 77 11. Kapitel Vertretung
!i ll9 Beziehung zur Form 78
s r45 Vom Wesen der Vertretung 85

b) Vom steigend en Zug {i 146 Beispiele einer Vertretung in der ersten Schicht (F-ig. aO) 86

S 120 Ein steigendcr Zugkann nur den ersten Urlinie-Ton zum 12. Kapitel Höherlegung
Zielton haben (Fig. 37) . 78 s r47 Vom Wesen der Höherlegung
. 86
S l2l Das Cesetz des Kopftones bleibt auch im steigenden s 148 Von det Höherlegung in der ersten Schicht . 86
Zug wirksam . 78 s l4e Von der Ausführung einer Höherlegung 8d
S 122 Der steigende Zug ist ein Gang von der Mittel- zur s r50 Beispiele (Fig. 47) 86
Oberstimme
S 123 Vom Satz des Anstiegs (Fig. 38) .
78
78
13. Kapitel Tieferlegung
S 124 Der Anstieg als Aufhaltung (Fig. 39) . 7g s l5r Vom Wesen der Tielerlegung (Fig. 48) . 87

14. KapitelKoppelung
7. Kapitel Die Brechung 152 Begriff der Koppelung
S 88
S 125 Eine Brechung erster Ordnung geht zum ersten Urlinie- !i 153 Von der Koppelung in der ersten Schicht . 88
Ton aufwärts (Fig. ,10) . 79 S 154 Vom Spiel der Lagen (Fig. a9) . 88
S 126 Von der Weite der ,Brechung . 79
S 127 Vom Satz der Brechungen erster Ordnung 80 15. Kapitel Verknüpiun g
S 128 Von der Beziehung der ersten Brechung zu etwa noch S 155 Verknüpfung von Prolongationen der ersten Schicht . 8d
folgenden 80

8. Kapitel Vom Uebergreif en


3. Teil: Vordergrund
S 129 Vom Uebergreifen 81
S 130 Von der Uebergreii-Folge (Fig. 41) . 8!
S l3l Vom Satz des Uebergreifens 8l l. l.-5. Gattung
Abteilung Begriffe des strengen Satzes
S 132 Das Uebergreifen in der ersten Schicht dient dem Kopfton 82
S 133 Abgrenzung des Uebergreifens von vcrwandten prolon-
l. Abschnitt Von den vollkommenen Konsonanzen
S 156 Allgemeines
gationen wie: Zug, Brechung, Höherlegung 82
.
9l
S 134 Vom Uebergreifen in den späteren Schichten . 82 S 157 Von der Oktave . 9l
S 158 Von der Quint 9l
9. Kapitel Vom Untergreif en S 159 Von der Quart (Fig. 50) 92
S t35 Vom Wesen des Untergreifens 83 S 160 Vom Verbot der Oktav- und Quint-Parallelen im strengen
S 136 Ein Untergreiien in der ersten Schicht (Fig. 42) . 83
Satz 92
S 137 Abgrenzung des Untergreifens von einem Anstieg . 83 S 16l Von den offenen Oktav- und Quintfolgen im Vordergrund
S 138 Das Untergreifen in Verknüpfung mit anderen prolon- (Fig. 51, 52) . 93
gationen 83 S 162 Ueber die Behebung von Oktav- und euintfolgen im
S 139 Einblick in spätere Schichten . 83
allgemeinen 9b

xry XV
r
Seite
Seltc
S 163 Ueber die Behebung von Oktav-Folgen im besonderen,
Beispiele und Anmerkungen (Fig. 53) . 96 Von der Pronlongation der späteren Schichten im besonderen
S 164 Ueber die Behebung von Quintfolgen im besondern, l.Kapitel Von den Prolongationen der Baß-
Beispiele und Anmerkungen (Fig. 54) . 97
brechung
2. Abschnitt Von den unvollkommenen Konso- S 136 Von Umkehrungen innerhalb der kontrapunktischen
nanzen Fassung I-V (Fig. 66) n2
S Von der Umkehrung der steigenden Quint I-V in eine
187
S 165 Von den unvollkommenen Konsonanzen 99 fallende Quart (Fig. 6?) . - ll2
S 166 Von der weiten Lage bei der Sext (Fig. 55) . 99
S 188 Von der Mischung der Umkehrungstypen (Fig. 68) . . 113
S 167 Von zwei großen Terzen . 100
S l8g Die Brechung der fallenden Quint V-l geht nur durch
die Terz (Fig. 69) . 113
3. Abschnitt Durchgang S 190 Von der Umkehrung der fallenden Quint V-l in eine
S 168 Vom Durchgang im Vordergrund ' 100 steigende Quart (Fig. ?0) . 113
S 169 Unmöglichkeit einen Du'rchgang im dissonanten Zustand S 191 Vom sogenannten Trugschluß (Fig. 7l) . 114
a uszukomPon iere n 101
S l70 Von der Verwandlung eines dissonanten Durchgangs in 2. Kapitel Cliederung
eine Konsonanz, vom kousonanten Durchgang (Fig. 56) 101
S 192 Von der Gliederung in den späteren Schichten (Fig. 72) 114
S l7l Von den großen Sekundschritten (Fig. 57) . 102
172
S Von Sprüngen im Durchgang (Fig. 58) toz 3. Kapitel Mischung
S 173 Neigung der Durchgänge zu gleichartigen Bildungen . 103
S 193 Mischung in den späteren Schichten (Fig. 73) . . 115
S 174 Von der Wechselnote (Fig. 59) . 103
4. Kapitel Von der V'2
Vom Harmoniewechsel 5--{
4. Abschnitt S 194 Von der Richtigstellung einer D2 durch die I 2 in den

175 Vom Harmoniewechsel tr-6 (Fig. 60) . späteren Schichten (Fig. 7a) . . 116
S 104
S 195 Von der umgekehrten Folge: !2-02 (Fig. 75) . . 116

5. Abschnitt Von der SePt 5. I(apitel Nebennote


S 176 Von der Sept im strengen und freien Satz (Fig. 6l) . 104
S 196 Von der Nebennote in späteren Schichten . 116
S 177 Von den Verwantllungen der Sept im frcien Satz (Fig.62) 105
S 197 Beispiele und Anmerkungen (Fig. 76) - ll7
S 178 Vom Abschlul} des Septdu'rchgangs . r07 I 198 Von der Nebennotenbewegung 3-_-4-3 (Fig. 77) . . 118
S 179 Wie der strenge Satz auf Umwegen dennoch Recltt behält 107
S 199 Von der synkopierten Form der Nebennotenbewegung 118
der Terz: 3-4^4-3 (Fig. 78) . 118
6. Abschnitt Synkope S 200 Von möglichen Verknüpfungen der Nebennotenbe-
S l8O Von Synkopen im Allgemeinen (Fig. 63) . 107 wegung 3-4-4--3 mit anderen Stimmen (Fig. 79) . . 118
S l8l Von der Auskomponierung der Vorhalte im besondern S 201 VomfreienCebrauchderNebennotenbewegung3-4---4-3
(Fig. 6a) 108 (Fig. 80) - 118
S lt}2 Von der Vorbereitung trnd Auflösung (Fig. 65) . 109 S 202 Von der Verkettung mehrerer 3-4-4-3 . 119
ti. l(apitel Zige
2. Abteilung Fortsetzung der Lehre von den Schlchten - Allgemeines
$ 203 Von den Zügen in späteren Schichten 119
.ti 204 Von der Einheit der Züge (Fig. 8t) . 119
Von den späteren Schichten im Allgemeincn
S 183 Ueber den Inhalt der späteren Schichten . 111 Von scheinbaren Ziigen
S 184 Wiederkehr der in der ersten Schicht erkannten Prolon- .li205r Vom wesentlichen Merkmal eines wirklichen Zuges l2l
gationen . 111
li :l(xt Die Auskomponierung eines Sekundschrittes täuscht
S 185 Prolongation der Unterstimme . . 111 einen Zug vor (Fig. 82) . . l2l
XVI XVII
L

tot"
S 2O7 Wie die Auskomponierung eines Terz-, euart-, quint-
oderOktavraumes mitunter einen Zug vortäuscht (Fig. g3)
Yon Zügen in gemischter Bewegung
r22
S 225 Beispiele und Anmerkungen zu Zügen in gemischter
Vom Fallen und Steigen der Züge Bewegung (Fig. 99)
s 208 Von fallenden Zügen (Fig. 8a) t22 7. Kapitel Brechung
s 20e Von steigenden Zügen (Fig. 85)
Züge beim Basse (Fig. 86)
123
s 230 Von Brechungen in den späteren Schichten (Fig. 100) .
s 2ro 123
Anmerkungen und Beispiele zu den einzelnen ti. Kapitel Vom Uebergreif en
Zü gen s 231 Vom Uebergreifen in den späteren Schichten t34
s 232 Beispiele und Anmerkungen (Fig. l0l) 134
s 2lt Zu den Terzzügen 123
s 2t2 Zu den Quartzügen (Fig. 8T) 124
9. Kapitel Vom Untergreif en
s 213 Zu den Quintzügen (Fig. S8) . 125 s 233 Beispiele und Anmerkungen (Fig. 102) 135
s 214 Zu d.en Sextzügen (Fig. 89)
s 2r5 Zu den Septzügen
125 10. Kapitel Aus{altung
126
s 216 Zu den Oktavzügen (Fig. 90) s 234 Beispiele und Anmerkungen (Fig. 103) 135
t26
s 2t7 Von der freiesten Form einer Unterbrechung (Fig. 9l) 126 I l. Kapitel Vertretung
Vom Abschluß der Züge s 235 Beispiele und Anmerkungen (Fig. t04) 136

S 218 Allgemeines (Fig. 92) tn 12. Kapitel Stimmentausch


S 219 Von der Vorwegnahme des Schlußklanges (Fig. 93) . t27 s 236 Vom Wesen des Stimmentausches 137
S 220 Uebertragene Anwendung des Gesetzes vom Abschluß s 237 Beispiele und Anmerkungen (Fig. 105) . 137
(Fig. ea) r27
llt. Kapitel H öherle gun g
Von der Verbind ung zweier oder mehrer er Züge
S 238 Beispiele und Anme'rkungen (Fig. r06) 137
S 221 Ueber den Begriff eines führenden Zuges t27
S 222 Absage an den Begriff des doppelten Kontrapunktes in
.
14. Kapitel Tief erlegung
der Dezime und Duodezime . t28 S 239 Beispiele und Anmerkungen (Fig. 107)
S 223 Ueber die Mittelstimme 128 Kapitel Koppelung
Von den Zügen in gerader Bewegung Terzen- S 240 Von der Koppelung in den späteren Schichten r38
(Dezimen_)Satz $ 241 Beispiele und Anmerkungen (Fig. 108) 139

S 224 Was bei einem Terzen-(Dezimen-)Satz in Frage kommt


(Fig. e5) . nB
Dritte Abteilung

lm Sextensatz f. Kapitel Uebertragung der Ursatzlormen auf be-


S 225 Beispiele und Anmerkungen zu Zügen im Sextensatz
liebige Einzelklänge
(Fig. 96) lsO 5 242 Von der Uebertragung der Ursatzformen im Allgemeinen 140
6 243 Von der Uebertragung der Ursatzformen im Besondern,
tsei Seitenbewegung im Außensatz Beispiele und Anmerkungen (Fig. 109) 140

S 226 Beispiele und Anmerkungen zu Zügen im Terzen_ oder Kapitel Von unvollständigen Uebertragungen
Sextensatz bei Seitenbewegung des Außensatzes (Fig.97) 130
der Ursatzformen und von den Hilfs-
Yon Zügen in Gegenbewegung kadenzen
5 244 Allgemeines (Fig. 110) t42
s 227 Allgemeines
s 228 Beispiele und Anmerkungen zum Satz der \ 245 lm Besonderen: Beispiele und Anmerkungen . 142
bewegung (Fig. 98)
Gegen_
!i 246 Vom Terzfall VII-V, Beispiele und Anmerkungen
(Fig. lll) . l{4
XVIII 2*
XIX
Scltc

$ 273 Von Auswirkungen der Artikulation (Fig. 128)


Seltc
3. KnpitclAuswerf en eines Crundtones 177
S 247 tseispiele und Anmerkungen (Fig. ll2)
. 145 S 274 Absage an den Phrasierungsbogen 180

Kapitel Vom Chroma S 275 Von der Artikulation in den Handschriften der Meister
4.
(Fig.l29). .181
S 248 Beispiele und Anmerkungen (Fig. ll3) . 146
5. Kapitel Verm eid u n g von c hro m atisch. Schritten Kapite I Die Stuf e
S 249 Beispiele und Anmerkungen (Fig. I 14) s 276 Geschichtliches 181
..147 g 277 Unterscheidung der Stufen nach Schichten 182
6. Kapitel Vom Querstand Uebersicht über die früheren Ergebnisse .
s 278 183
S 250 Beispiele und Anmerkungen (Fig. ll5) . . l4{t (i 279 Von der V. Stufe (Fig. 130, 131) 184
7. Kapitel Diminution $ 280 Von der IV., II. und VI. Stufe, Beispiele und Anmerkungen
s 251 Geschichtliches zur Diminution und nähere Bestimmung (Fig. 132) . 186
d_esDiminutionsbegriffes (Fig. ll6) . s 281 Stufen bei Synkopen, Beispiele u.Anmerkungen (Fig.133) r87
150
s 252 Von Figurierungen im Besondern und von der kleinen s 282 Von Quintbeziehungen ohne Stufenbedeutung,
Schreibart (Fig. ll7, il8) . Weitere Beispiele und Anmerkungen (Fig. 134) 188
t56
s 253 Organische Bindungen der wahren Diminution: s 283 Von weiterenQuinteneinschaltungen als Stufen (Fig. 135) 189
L Durch das Ganze 160 Kapitel Metrik und Rhythmik, Allgemeines
s 254 2. Durch Wiederholung (Fig. il9) .
161 s 284 Metrik und Rhythmik in Sprache und Musik . r91
s 255 3. Durch Vorbereitung (Fig. 120) 164
s 256 4. Durch enharmonische Entgegnung (Fig. l2l) . 165
A) Von der Metrik in der Musik
s 257 Die Diminution im Basse 166 s 285 Wiederholung als Voraussetzung einer metrischen Ein-
s 258 Von Diminutionen in der Abwärtsrichtung (Fig. 122) 167 heit (Fig. 136) . 192
s 25e Von Diminutionen in der Aufwärtsrichtun! inig. rzfy . 168 s 286 Von der metrischen Ordnung in 2,4,8, 16 Takten (Dupel-
s 260 Vom Ausgleich der Richtungen und voä Rdnderspiel
(Fie. 124) .
ordnung) (Fig. 137) . 193
169 s 287 Von der 3 (3X2, 3X4)- und 5 (10)-Taktordnung
s 26t Die Diminution täuscht oft uneigenfliche Intervalle vor (Fig. 138) . 194
(Fig. 125) . Metrik und die Kadenz (Fig. 139) .
t7l s 288 196
s 262 Zurückweisung von sogenannten wandernden Melodien
t72 s 28e Von der Unterteilung der Takte (Fig. 1 O) . 197
s 263 Natur- und Kunstgesetze der Diminution überschreiten
Volkliches B) Von der Rhythmik in der Musik.
172
$ 264 Die Beziehung der Diminu tion ,r, F"r; . . . . . s 2e0 Begriff der Rhythmik in der Musik (Fig. 1al) . 198
. 173
s 265 Vom Vortrag der Diminution
t73 s 29r Ein krasser Wechsel rhythmischerWerte ist zu vermeiden
s 266 Vom Zusammenbruch der Diminution
173
(Fig.l42). ,198
8. Kapital Decktöne Von antimetrischen Zuständen der Rhythmik
S 267 Von Decktöncn ..174 5 2s2 Die Rückung als Mittel zum Ausgleich metrischer Werte
9. Kapitel Obligate Lage (Fig. 143) . 199
S 268 Begriff der obligatcn Lage . s 2e3 Von der Hemiole (Fig. 144) 199
175
S 269 Die obligate Lage als Wurzel der Instrumentierungskunst 175 s 294 Von der Rückung als Vorausnahme (Fig. 145) . 199
S 270 Von gewissen Fälschungen dcr obligatcn Lage'durch s 2e5 Vom Auftakt (Fig. l O) 199
s 2s6 Zuspitzung des Gegensatzes zwischen Rhythmik und
Herausgeber der Meisterwerke (Fig. 126) . . l7b Metrik (Fig. 147) 200
lO. Kapitel Arti kulation
s 2e7 Von der Dehnung (Fig. 148) 201
S 271 Die musikalische Artikulation hat ihren Ursprung in der
.

6 298 Von der Umdeutung metrischer Werte (Fig. 149) . 203


Sprache
176 s 299 Von der Ueberwindung der Metrik im Vortrag . 205
S 272 Der legato-Bogen als Mittel der Artikulation in (Fig.
lnstrumentalmusik (Fig. l2Z)
der s 300 Geschichtliches 150) 205
..176
XXI
XX
Form
13. Kapitel
- Allgemeines
s 30r Geschichtliches 207
s 302 Vom Wiederholungszeichen . 208
s 303 Täuschende Anfänge (Fig. l5l) . 209
s 304 Vom eigentlichen Abschluß einer Komposition 209
s 305 Der Hintergrund klärt auch über manche ältere Form auf 209
s 306 Vom Neuen in der Datstellung der Formen 2t0
Von der Form im Besonderen
S 307 l. Die ungeteilte Form (Fig. 152)
2.Yon den Liedlormen
s 308 Allgemeines 212 Die aber wie der Melster sind, die gehen,
UndSchönheit wird und Sinn,wohin sie sehen.
s 30e Von der zweiteiligen Liedform '213 Hugo v. Holmannsthal:
s 310 Die dreiteilige Liedform (Fig. 153) .
214 -Der Tod des Tizian'.
I
3. Von der Sonatenf orm
Eln JeAliches hat seine Zeit, und alles Vor-
S 3ll Vorbemerkung 215 nehniei unter dem Himmel hat seine Stunde.
S 312 Allgemeines zur Sonatenform im Ganzen 216
Prediger, 3, l.
S 313
t
Erläuterndes zum l. Teil: Hauptteil, Exposition (Fig. l5a) 216
Ein hörendes Ohr
S 314
und sehendes Auge, die
Zum Mittelteil der Sonatenform 220 macht b€ide der Herr.
S 315 Zur Wiederholung (Reprise) ')), sprtiche, 20, 12.

S 316 Kritik der Lehrmethoden 223


4. Von der vierteiligen Form Seit einem Jahrhundert wird als Zugang zur musikalischen
S 317 Von der vierteiligen Form l(rrrrst eine Theorie gelehrt, die das Gegenteil von dem ist, was sie
n4
/u scin vorgibt. Wollte man den ersten Bruch des Musiklehrstoffs
5. Von de r Rondof orm
vordem ,,strenger Satz" und ,,Generalbaß", hernach jene falsche
S 318 Begriff der Rontloform 225 I r.lrre irgendwie erklären und entschuldigen, so könnte man es
S 319 Bemerkungen zu den einzelnen Teilen (Fig. 155) -
S 320 Von Freiheiten in der Rondoform
. 225
Iriiclrstens damit, daß die Generation um das 3. Jahrzehnt des
226
S 321 Abgrenzung der Rondoform von anderen Formen . 227
XlX. Jahrhunderts, von der ungeheuern Gipfelwelt der Genies ge-
lrk,ndet, der Ungeduld verfallen war, wie sie dem Durchschnitt
6. Von der Fuge
('rgcn ist, und deshalb den Weg zu jenen Genies auf kürzeste Weise
S 322 Vom Inhalt der Fuge (Fig. 156) . 228
rrrriickzulegen sich vermaß. Nicht nur aber stand dieses Vorhaben
7. Yar iationen vr)il vornhere,in im Widerspruch zur Vorgeschichte und inneren
S 323 Von Variationen (Fig. l5Z) Lrrtwickelung der Großen, auch die Kurzmeth,ode erwies sich als
S 324 Nachwort (Fig. t58)
vrrfchlt, und so führte denn der angeblich praktische Weg nicht nur
Verzeichnis zu den Figuren ..233 rrrt lrt zu den Meistern hin, sondern schließlich von ihnen weg.
Fast scheint es, als wäre man heute des Verrates müde ge-
woltlen: die Flucht vor der Musik, die die Cegenwart kennzeichnet,
r.,l irr Wahrheit eine Flucht vor der falschen Unterrichtsmethode,
,lrt, t:ine praktische Annäherung an die Kunst in keiner Hinsicht
.'rrllillt.

XXII
T-

Ihr stelle ich nun hier eine neue Lehre entgegen, wie sie sich l(rrrrrlr<rsitionen haben die Meister ein Können gezeigl, das, im Werk
in den Werken der großen Meister und zwar als das Geheimnis lrls Vor- und Nach-Wissen sich auswirkend, ein klares Gesamt-
ihrer Entstehung und ihres Werdens birgt: die Lehre vom Wisst'n urn die Gesetze der Kunst bezeugt, das sie jedes Selbst-
organisch en Zusammenhang. Als zu ihr nun wirklich korrrrnentars enthoben hat: ist doch auch einer Kunsttat, wie über-
praktisch hinleitend stelle ich, wieder nur der Geschichte und Ent- lrlr u grt jcder Tat, eine Vorschau der inneren Zusammenhänge notwendig
wickelung des Geniewerks streng entsprechend, den einzig ge- rrritgcgeben! Daraus folgt, daß, wann undwo der Leser dieses
botenen Lehrplan auf: die Lehre vom strengen Satz (nach Fux- l,t,lrrlruchs in die Lage kommen wird, eine Uebereinstimmung
Schenker), vom Generalbaß (nach Seb. und ph. Em. Bach) und die rrvischcn einer Komposition und dem von mir darüber Ausgesagten
Lehre vom freien Satz (nach Schenker), die zuletzt alle Lehren zrrlir,bcn zu müssen, er dann folgerichtig das hellste Wissen um die
ineinanderschlingt und dem Gesetz des organischen Zusammen- gt'gebcnen Zusammenhänge auch bei den Meistern anzunehmen
hanges dienstbar macht, wie er sich durch den Ursatz (Urlinie, vt'rpllichtet ist!
Baßbrechung) als Hintergrund, durch die Stimmführungsverwand- ( )cler die Verteidiger des bisherigen Lehrganges erklären ihre
lung als Mittelgrund und schließlich durch den Vordergrund l.elrrc lecliglich als ,,Notbehelf", als einen Weg, der namentlich die
offenbart.
iingsten und nur mäßig Begabten zur Musik führen soll. Zugegeben
.f
Em. Bach hat seinen Generalbaß niedergeschrieben, als er zu rlern sei rvirklich so, clann muß getragt werden: wo, in welchen
seinem Schmerze inne wurde, daß die Lehre vom Generalbaß, weil lliichern, an welchen Lehranstalten wird dann aber das gelehrt, was
unverstanden, sich theoretisch und praktisch ganz zu verlieren rriclrt allein Notbehelf, sondern nun wirklich Musik, die Musik ist?
drohte; dem unvergleichlichen großen werke liegt clie Absicht zum Wo crlährt ein Musikschüler oder Musikliebhaber etwas von dem,
Grunde, das Letztmögliche zur Errettung und Erläuterung der Lehre \\,rs zu einer wirklich guten Fuge, Sonate, Sinfonie, zu einer wirklich
zu tun: heute ist nun meine Zeit gekommen
- ,,Ein Jegliches hat lirrlcn Instrumentierung, zum wirklich guten Vortrag führt, gut im
seineZeit",sagt derPrediger-mit der neuenLehre vom organischen Sirrnc cler großen Meister verstanden? Steht demnach diese Ausrede
Zusammenhang das Letztmögliche darüber auszusagen, was die rrrrl ti)nernen Füßen, so kommt dazu noch das Beschämende, daß
Musik der Großen war und was sie bleiben rnuß, wenn wir sie rlit,scr vorgebliche Notbehelf nur durch ein völliges Nichtwissen um
überhaupt am Leben erhalten wollen. rl;rs gewonnen werden konnte, was der strenge Satz und der
( ir,rrcralbaß in Wahrheit ist.
Aus Anlaß früherer Ver,;fJnttichungen, die schon auf eine Freilich, die wichtigst'e Ausrede lassen die Verteidiger der
genauere Darstellung der neuen Lehre abzielten, namenflich in den l;rlschen Lehren unausgesprochen: Es hat sich gezeigt, daß diese
Heften ,DerTonwille" und in den dreiJahrbüchern ,,DasMeisterwerk tt'hrcn immerhin so vielen l-ehrer- und Musikergenerationen die
in derMusik", konnte ich vor allem denEinwand hören:,,Haben denn Miiglichkeit einer materiellen Existenz zu bieten hinreichten. Die
auch dieMeister von alldem gewußt?,,DieserEinwand, der eineFalle l(rrrrst zwar, ihre Wahrheit und Schönheit blieb links liegen, aber
sein sollte, ist nur ein Beweis von Unbildung, clenn die so fragen rl;rs praktische Leben ward gewonnen, womit denn auch in gutem
wissen nicht, daß die Meister gerade von cler Lehre nichts wußten, .rrlt'r btisem Glauben ein Praktisches der Lehre verwechselt werden
die seit einem Jahrhundert als die einzig praktische gelehrt konntc. Nun befürchten die Verteidiger, meine neue Lehre könnte
und gelernt wird: nicht Bach Vater uncl Sohn, nicht Haydn, Mozart, tlrrt, l'.xistenz untergr,aben, weil sie sich wegen ihrer angeblich
Beethoven oder schubert, Mendelssohn haben etwas von einer rur('lcll Schwierigkeit nur wenig dazu eigne, in größeren Schul-
solchen Harmonie-, einer solchen Generalbaß- und einer solchen lrlllicbcn materiell-praktisch ausgemünzt zu werden. Eine Lebens-
Formenlehre gewußt undBrahmswollte davon nichtswissen ! Außer-
f't'[;rlrr wäre aber nicht zu befürchten, wenn sich nur die Lehrer auf
dem aber erledigt sich jener Einwand natürlich genug: Mit ihren llrrt. Aufgabe beschränkten, das Ohr endlich zu einem wirklich
brauchbaren Hörorgan der Kunstmusik im Sinne der Großen aus- I )cr Astrononr ist davon überzeugt, daß jedes System Teil
zubilden. Keineswegs kommt es doch den Schulen zu, auch Kom- r,rrrr.s lriihcrcn Systems ist, das allerhöchste System ist der Schöpfer-
ponisten, geschweige Genies zu züchten, so sehr gerade das der I ioll sclbst!
Eitelkeit und Vermessenheit einer gewissen Jugend entspräche: Irttlem ein Werk, werdend und geworden, im Hintergrunde nur
solche Saat und Ernte mögen sie Gott t-rberlassen! Nur die geduldige lrrrc Ursache bekennt, ist es wie monotheistisch ge-
Erziehung zu einem wirklichen Kunsthören kann wiederholen und rrrlrl(.t: Gleichsam Heiden sind deshalb jene, die schaffend oder
spiegeln, was auch unseren großen Meistern Lehre und Erfahrung rr;rclrscltaffend nur den vordergrund des werkes gelten lassen und
bedeutet haben. Ist so ein Schüler durch strenge Zucht dahin \tt.lr ;r1 seine Einzelheiten verlieren, Bekenner eines wahrha{t Gött-
geführt worden, die Gesetze der Musik wirklich zu erkennen und lit.lrt,n rlagegen jene, die den Hintergrund anbeten. Auch im Kunst-
zu erleben, dann wird er sie auch erlieben, dann wird ihm das Ziel, rvr,rli ltlcibt die eine ursache im Hintergrund unwandelbar, eine
denr er entgegenstrebt, auch genügend bedeutend und erhaben Alrrveichung nach den Gelüsten der Vordergrund-Heiden ist Sünde
vorschweben uncl ihn dafür entschädigen, daß er ein echtes Kom- s.irlcr rlen Geist des Monotheismus. Soll ich meine kunst-mono-
poniertalent vielleicht nicht in sich hat. In diesern Sinne verlangsamt rlrt,istische Lehre deshalb etwa von einem Sinai verkünden und ihr
tneine Lehre, im Gegensatz zu den Schnellehren, clas Tempo des llt.kcnner damit zu gewinnen suchen' daß ich Wunder tue? Nun,
Lehrganges, nicht allein zum Vorteil der Erkenntnis, sondern auch Wrrntlcr werden ja geschehen, denn der Glaube an den Zusammen-
zur Verbesserung der Moral im Kunstbetrieb überhaupt, denn lr.rrrg rvircl clie Musiker früher oder später hörend machen' wenn-
höchste Zeit wäre es fürwahr damit aufzuhören, daß Musik so 11lt'ich auch er aus Unbegabten niemals Talente wird machen
gelehrt wird, wie sonst nur Sprachen für den Gebrauch in Handel k iin rtcn.
und Verkehr in wenigen Stunden gelehrt und gelernt werden, daß {<

Unterrichtsverwaltungen die Jugend auf Lehrbücher festlegen, die Meine Lehre erweist, daß die Kunst der Musik viel einfacher
nur auf unterwertige Schüler zugeschnitten sind! Trotzdem wünsche |!il,;rls die heutigen Lehren sie erscheinen lassen. Daß aber das
ich aber, daß die Feder zur Komposition erst recht angesetzt werde, l rrrl;rcltste in der Tiete liegt, macht sie nicht weniger einfach, ist
gehört doch nach clenr Willen der Natur zur Mannigfaltigkeit der rhrch alle Obertläche tür sich allein betrachtet verwirrend und stets
Genies gewiß auch die Mannigfaltigkeit der Nichtgenies! Ob es trrcll uneinfach.
auch im Grunde nur Eitelkeit sei, was den Durchschnitt an ein Insbesondere in praktischer Hinsicht stellt m,eine Lehre fest:
Komponieren heranführt, so mag auch das hingenommen werden []inem wirklich gegründeten Zug kann auch das Stärkste an
um des Vorteils willen, daß sich Menschen zur Kunst überhaupt lir.ilrrrng der stimmen in ihrem polyphonen Gang zugemutet werden!
bereit finden, die ohne denEinsatz vonEitelkeit vielleicht nicht dafür lline wirklich gegründete Tonalität leitet auch das größte Maß
zu haben wären. r,,,rr Chromen s,icher in den Grundklang zurück'
l)cr Vortrag dart im Dienste von Hinter-, Mittel- und Vorder-
l:r1rr(l cine äußerste Fülle von Farben in Anspruch nehmen, noch in
Alles Organische, aller Zusanrmenhang gehört Gott und bleibt '.r'rr('nr quellendsten Reichtum ist er durchaus genau lehr- und
sein Geschenk auch in dem Hervorbringungen der Menschen, die l''rrl);lr, rvie er anderseits, an Hinter-, Mittel- und Vord'ergrund ge-
als organisch empfunden werden. lrrrrrrlt,n, jede persönliche Auffassung ausschaltet.
Die Summe allen Vordergrundes, von clen Menschen Chaos Man nehme die hier dargebotenen Notenbeispiele nicht allein
benannt, leitet Gott von seinem Kosmos als Hintergrund ab: in trrr ('incr.l praktischen Behelf, sie sind vielmehr von der gleichen
diesem Zusammenhang ruht die unendliche Harmonie seines unend- l(r,rll rrnd Ueberredung wie das Notenbild des Vordergrundes. Oder
lichen Wesens. ,rrrrlt'rs: rlas Beispiel hat nicht als Lernmittel, sondern mit als die
wirkliche Komposition in Frage zu kommen, deshalb macht seine
kr.ilil(.n uncl zu erlern,en, also halte man ihn auch dazu an und er-
Aufstellung die äußerste Sorgfalt nötig.*)
rprrrt. sich die heut'e so beliebten, leider so kostspieligen ,,Experi-
Ohne Zweifel haben die Meister 2nds1s als die Spieler und ,'. Daß notwendig dabei auch die Lehre vom Zusammenhang
Zuhörcr auch ihre größten Werke - nicht als eine Summe von ilrr.rrle
daß auch
- Seiten empfunden, sondern als knapp überblickbar
Takten, von ;ir,lt'ltrt wcrclen muß, versteht sich, was aber nicht besagt,
rlrt. Aufstellung von Urlinie-Taieln verlangt werde, was ja gleich-
und äberhörbar, gleichsam noch als ein Kind im Mutterschoß. schöpferkraft überhaupt.
lr|rk.rrtcnrl wäre mit der Ford,erung nach
tVlusik ist überall und jed,erzeit Kunst, in der Komposition, im
Nur ein sprachschöpfer erfindet worte wirklich wurzelhaft:
Vortrag, sogar in ihrer G,eschichte, nirgend und niemals aber ist
rlic Masse wandelt dann seine worte nach Landschaft, Tal, Berg,
sie Wissenschaft.
Sl;rtlt, Dorf in unzähligen,,Dialekten" ab, ihr Ohr reicht nicht bis
Erkennt meine Lehre die Züge als ein Hauptelement der Stimm-
rrrr wurzel hinab und ihr Gedächtnis selten weiter als bis zum
führung, so ist die Musik dadurch allen Kirchen, allen Menschen ( ir0(Jvater hin. so ist auch in cler Musik ein tonwurzelhaftes Denken
gleich zugänglich geworden: wer Züge schaffend beherrscht, be-
rrrrr rlcrn Genie gegeben, die andern schreiben Fugen, Sonaten, Sin-
herrschen lernt, dessen Kunst ist echt und groß.
lorriel usw. wie in nachlässigen Dialekten, die den Ab{all von der
In ihren Zügen spiegelt die Musik die Menschenseele in allen
Wrrrzel an der Stirn tragen'
ihren Bewegungen und Wandlungen wieder Vergängliche
ist nur ein Gleichnls" wie anders aber das - ,,alles
ldol von heute, die
Spiralnebel verdichten sich zu Sternen
-'
aus der ursprüng-
-, lir.hcn Irrationalität wie aus einem spiralnebel geboren, durch
Maschine: mit ihrer Wirkung täuscht zwar auch sie ein Organisches
vor, da aber ihre Bestandteile auf je ein Teilziel, eine Teilleistung lliilrinutionen immer mehr verdichtet, erwuchs die Musik zu einem
str,rrr an dem Himmel des Geistes. Sonderbar aber: noch für die
festgelegt sind, führt sie als Ganzes doch nur zu einer Summe, die
It.r.nstcn Sterne am F,irmament hat die Menschheit mehr Interesse
mit der A{enschenseele nichts gemeinsam hat!
;rls liir den stern der Musik an dem Himmel des Geistes! o, lasset
rhrclr clas Licht dieses holden sternes fortleuchten! wohl ist in
Ein jegliches Organisch., ,1,,,, uncl drängt wiecler zu einem lrt'incn Augen noch sein Licht autgefangen und bewahrt, was aber,
Organischen, auch die organische Kunst will und drängt zu einer rvt.nn sich meine Augen für immer geschlossen haben werden?
organischen Menschenseele, wenn aber die Menschen von heute Dern Bekenner meiner Lehre eröffnet sich unendliche Arbeit:
ihr Organisches selbst zerstören, wie wollen sie eine organisch l:r sieht die altgeglaubte Schöpfung unserer Großen neu wie am
gewachsene Kunst erwidern? r,rslcn Tag, ihm ist, wie dem Schreiber der Bibel zumute gewesen
Erwiesen ist, daß fast die Hälfte der Menschheit überhaupt sr.irr rnußte, als er Gottes Schöpfung mit den ersten worten be-
unmusikalisch ist, nicht einmal zu einem Volkslied befähigt, ein liliicktesten Staunens, heiligsten Schauers begrüßen durfte!
schlirnmes Zahlenverhältnis, wie es z. B. bei der Sprache nicht obgleich von Gott begnadet, wird das Gen,ie immerhin durch
denkbar ist, rvie sollte clas Ohr dann aber einer Mehrstimmigkeit rlt,n Stoff distanziert, in dem es schafft, das Nicht-Genie aber ist
-
gewonnen lverclen kiinncn, dic rloch Voraussetzung der Züge ist?
-
r.irrrilal clurch den Stoff und durch das Genie distanziert. Nun ver-
Ganz gewiß aber ist jeder rnusikalische Mensch tähig, Züge zu eF rililJt clas Nicht-Genie die Kompliziertheit im cenie, es erscheint
*) Da mir die Aulgabe zufiel, die hintergründige Welt in der Musik ilrrrr zu einfach und die Aufgabe für geboten, es zu überschreiten.
als Erster aufzudecken, ist mir die Schwierigkeit nicht erspart geblieben, erst Gottverbunden ist nur das Genie, nicht das Volk, Entgottung
im Laufe vieler Jahre Zeichen daflir zu finden; auch haben die Stecher nicht rlt'r Masse tut daher not.
immer das nötige Verständnis gezeigt, und so erklärt sich, weshalb die Bilder Die Genies der Kunst sind gleichsam ihre Heiligen, naturgemäß
z. B. in den Helten ,,Der Tonwille" und in den ,,Jahrbüchern" nicht gleich irit rvie in der Kirche auch in der Kunst die Zahl der Heiligen sehr
die letzte Cestalt gezeigt haben.
licring.
Ueber die Menschen des Durchschnitts kommt die Nivellierung Wie im Politischen ,,Freiheit" für Alle nicht mehr die wahre
durchaus nicht von politischen Diktatoren oder geistigen inr l rt'ihcit ist, es ist nur eine Utopie ,die Idealform des alten
weiteren Sinne, vielmehr ist sie eine Anst'eckung von Durchschnitts-
-
I ilrcralismus, die eigentlich Neu-Auslese gegenüber veralteter
mensch zu Durchschnittsmensch. l t'rrrlalherrschaft wollte . . mit dem großen Erlebnis der Gemein-
Durch Nachahmung läßt sich Entwicklung nicht nachholen. sclr;r[t uncl den großen Veränderungen der Gemeinschaft zu ver-
In genieverlassenen Zeiten wird viel über ein ,,unwieder- lirrigen" (Coudenhove-Kalergi) ebenso ist es auf dem Gebiete
bringlich verlorenes" Geniegut geklagt haben es die M,enschen
- Kunst" (Maler E. J. Schindler
rlt,r Kunst: ,,Kunst für Alle ist nicht
denn ernstlich besessen? Nur scheinbar - war der Besitz, nur irr scinem Tagebuch).
scheinLrar ist der Verlust. Noch fehlt eine Ceschichte der Mensch- Die hohe Kunst ist als Erfüllung einer ldee der Allgemeinheit
heit, die diese Wahrheit darstellt. niclrt erreichbar nicht so ist es aber, daß etwa die versagenden
Es wird behauptet, jecle Generation sehe clas Genie anders, ( icschlechter sie-wollten fallen lassen, umgekehrt: die Kunst läßt,
ich sage: Keine sieht es, nur jede anders nicht. rvcil unbegriffen und unerreicht, die Menschengeschlechter fallen;
Die da kommen und gehen, ohne bei der Welt und bei sich tlie so von der Kunst Verstoßenen nennen sich selbst aber neu!
selbst gewesen zu sein, lehnen sich, um Raum für ihr Leben zu ge- - stehen
Kultur, Tradition, Genie-Disziplin sind Synonyma, sie
winnen, mechanisch gegen ihre Erzeuger auf, sie schelten ihre Väter
;rllc auf clem Genie; die Zivilisation aber entbehrt des Haltes durch
Reaktionäre, nur sich bezeichnen sie als die wahren Fortschrittler.
rl;rs Genie in jeder Hinsicht. Indem sich eine Generation anschickt,
Vergeblich ist es aber, mit solchem billigen Kniff auch dem Genie
r.irrc neue Kultur zu wollen, desgleichen wenn sie Tradition, Genie-
entlaufen zu wollen!
l)isziplin anfeindet, begeht sie einen Widerspruch gegen das rvahre
Pflege der Genies ist niernals etwa Romantik, ,,Vergangenheit",
Wcsen der Kultur.
sondern segensreiches Hegen einer Zeitgenossenschaft hinweg über
trennende Zeiten, ein treuer Glaube an das Absolute der Kunst und Erst nach Aneignung meiner Lehre werden Philosophen und
der Meisterkönner. Sollte nach Jahrhunderten auch nur einer die Acsthetiker daran gehen können, eine Theorie der Kunst überhaupt
Musik wieder aus tlern Geiste ihres Zusammenhanges hören können, ;rrrIzustellen. Am Ende wird sich als gemeinsames oberstes
so wird schon in dem Einen dic Musik in ihrer Absolutheit wieder Mcrkrnal sämtlicher Künste feststellen lassen: das Gesetz von der
auferstanden sein. rrrrcren Spannung und der entsprechenden Erfüllung nach außen,
Das Genie bedeutet ein Atemholen aus dem Unbewußten, das rl;rs aber in verschiedenem Stoff sich verschieden auswirkt'
den Geist immer jugendlich erhält. In Spannung lebt der Mensch sein Leben lang, Ertüllung erlebt
Wenn ich den Größten meiner Kunst mit Herz und Sinn ergeben r,r sclten: nur allein die Kunst beglückt ihn mit einer Erfüllung, aller-
bin, wie kann ich als abseitig, als reaktionär befunclen werden? rlirrgs nur auf dem Wege von Auslese ttnd Abkürzung.
Soll klassisch und romantisch unterschieden werden, so dart
rl;rliir einzig der Grad der Spannung sowie der Erfüllung in Betracht
junf
Vom höheren Cesetz ,f., , Zwei, vier,acht Menschen liorrrnlen: dem klassisch'en Werk eignet vor dem romantischen die
lassen sich leicht durch Spiele binden, zur Not wohl auch durch rvt,ilcrreich'ende Spannung und tiefsinnigere Erfüllung, auch wenn es
geistige Unterhaltung. Sogar 2-3000 Menschen krinnen noch durch .rrr llrrrfang nachsteht. So z. B. ist Schuberts ,,Wanderers Nachtlied":
Kunst gebunden werden dagegen brauchen 50.000 Menschen ,.1)t'r rlu von dem Himmel bist" (Fig.37) durchaus klassisch ver-
-,
zu ihrer Bindung und Unterhaltung Sport, Hahnen- und Stierkämpfe, rrriigc tlcr weiten Spannung der wenigen Stufen und der durch sie
Massakers, Pogrome, kurz ein brutales Toben und Rasen, ein irres rrzit'llcn Bändigung des ganzen Textes (vgl. ,,Auf dem Friedhole"
und wirres Geschrei; Kunst vermag sie nicht zu binden. vorr llrahrtrs).
Wie es Wirtschafts-Konferenzen gibt, die die Aufgabe haben,
einer schrumpfung der wirtschaft der welt entgegenzuwirken, so
sollte es auch welt-Geistwirtschafts-Konfetenzen geben, die einer
schrumpfung des Geistes entgegenzuwirken hätten. Bei der unaus-
bleiblichen Eifersüchtelei würde sich empfehlen, hinter den offi-
ziellen Politikern des Geistes, genau wie im Politischen, inoffizielle
Männer wirken zu lassen, die die Sache des Geistes sicher zu lenken
verständen.
*
Zum Beschluß:
Und der Geist Gottes schwebete aul dent Wasser ( I ' Buch
Moses, 1,2). Noch ist der Schöpfer-Wille aber nicht erloschen, er
setzt sich auch in d,en lcleen fort, die in den Genies zur Auswirkung
gelangen und die Menschheit emporziehen. Um die Stunde, da eine
ld.. ,u. welt kommt, wird die Menschheit in wonne gelöst. um der ERSTER TEIL
beglückenden ersten stunde willen, mit der eine ldee die welt
segiret, sei sie als ewigjung gepriesen' Wohl denen, die mit der
Geburt und Jugend der Idee selbst noch jung und beglückt lebten,
sie dürfen ihren Nachkommen mit Fug das Lob ihrer Jugend künden! HINTERGR UND

Daß ein so hochgestimmtes Werk in dieser entgötterten Zeit


seinen weg in die welt überhaupt hat antreten können, verdankt
der Autor und mit ihm die ganze musik-interessierte welt dem
großzügigen Mäzenatenakt eines begeisterten Musikers, eines
treuen überzeugten Bekenners uncl Freuncles tler neuen Lehre. Sein
Name, Anthony van Hoboken, ist für allc Zeiten untrenn-
bar mit diesern werke verknüpft und der Liebhaber, für den schon
Ph. Em. Bach seinen "Versuch" geschrieben, feiert in ihnl seine
Auterstehung.

l0
,,lst es doch eine höchst wunderllchc
Forderung, die wohl manchmal gemacht, abet
auch selbst von denen, die sie machen nlcht
erllillt wird, Ertahrungen solte man ohne
irgend ein theoretisches Band vortragen, und
dem Leser, dem Schliler überlassen, slch
selbst nach Belieben irgend eine Ueber-
zeugung zu bilden. Denn das bloße Anblicken
elner Sache kann uns nicht tördern, Jedes
Ansehen geht über in ein Betrachten, iedes
Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein
Verknüpfen, und so kann man sagen, daß
wir schon bei jedem autmerksamen Bllck in
die Welt theoretisieren. Dieses aber mit Be-
wußtsein, mit Selbstkenntnis, mit Freiheit
und, um uns eines gewagten Wortes zu be-
dienen, mit lronle zu tun und vorzunehmen,
eine solche Oewandtheit lst nöthig, wenn die
Abstraction, vor der wir ung flirchten, un-
schädlich, und das Erfahrungsresültat, das
wir hoffen, recht lebendig und nützlich
werden soll." Coethe ,,Farbenlehre"

Erster Abschnitt
Vom Hintergrund
Erstes Kapitel

Vo rn Begritf des Hintergrundes im Allgemeinen


Der Ursprung jeglichen Lebens in Volk, Geschlecht und im Ein-
zclnen ist dessen Schicksal zugleich. Hegel faßt das Schicksal als
., . . die Erscheinung dessen, was die bestimmte Individualität an
riich als innere ursprüngliche Bestimmtheit ist".
Das innere Gesetz des Ursprungs geht dann mit aller späteren
I'rrlrvicklung einher und ist zuletzt in jeder Gegenwart mitenthalten.
Ilezeichne ich Ursprung, Entwicklung und Gegenwart mit
llirrlcr-, Mittel- und Vordergrund, so ist mit ihrer Verbindung die
I rrrlreit eines in sich geschlossenen selbständigen Lebens gegeben.
lrr cler heimlichen Ahnung des Ineinanderfließens von Ursprung,
l rrtwicklung und Gegenwart, wie ferner in der Pflege dieser
r\lrrrrrng enlpor zu einer bestimmten Kunde liegt nun das be-
',t lrkrsscn, was wir Tradition nenn'en, als ein nunmehr bewußtes
I lt'lrcrlicfern, Weitergeben sämtlicher in das Eins des Lebens
llir.llt,ntlcr Zusammenhänge.

l3 3*
Im Menschen, der solche Zusammenhänge lebendig empfindet' Alles technische Scha{len, meist nur auf Erweiterung des
ist auch eine ldee, sie heiße Religion, Kunst, wissenschaft, Staat, wohnlichen, räumlichen Daseins der Menschen oder auf eine äußer-
Recht usw., Teil eines wirklichen Lebens, deshalb gilt auch vom liche Verbindung von Fernen bedacht, trägt nur Oberfläche, nur
Leben der Idee in uns das Gesetz von ursprung, Entwicklung Vordergrund ein.
und Gegenwart als Hinter-, Mittel- und Vordergrund'
Hier sei nur von der Auswirkung dieses Gesetzes in der Kunst
Zweites Kapitel
gesprochen. Nicht allein also wenn es z. B. um ein Geschichts-
Jru*u geht, muß sich dessen besondere Umwelt dem Zuhörer mit- Vom Hintergrund in der Musik
teilen, jedes Drama führt einen Inhalt, dessen Sinn sich dem Zu- Wer die Geschichte cler Mttsik kennt, weiß, daß sie Anfang
hörer nur dann wahrhaft erschließt, rvenn er die wurzelhafte Be- rund Wachstum in kirchlichen, höfischen und adeligen Kreisen
deutung der darin sich äußernden Zusamtnenhänge nach Hinter-, cmpiing. Das wircl allein schon durch die Begnadung zur Mehr-
Mittel- und Vordergrund erkennt. wo rvir von einetn Drama auch stimmigkeit hestätigt, die cler Menge gewiß ewig fremd bleiben
nur den Hintergrund verloren haben, besitzen wir das Drama nicht rrruß. Fiir sie, die Menge, war und ist Musik immer nur Begleitung
rnehr, wie das z. B. mit dem griechischen Drama der Fall ist' zuTanz, Marsch und L,ied gewesen und geblieben, bestenfalls also
Der Hintergrund in der Malerei ist sichtbar, er bedarf weder cine Art Zweckkunst, wenn dieser Widerspruch im Begri{fe hin-
einer Rechttertigung noch Erklärung' gcnommen werden kann. Das Gefühl für diese füllt zwar auch der
Daß nun auch das Musik-Kunstwerk einen Hinter- und Mittel- Menge Kopf und Herz, kann aber nicht ausreichen, die wahre und
grund als unerläßliche Voraussetzung eines organischen vorder- Irohe Kunst eines Bach, Händel, Haydn, Mozart, Beethoven zu
führt den
[rundes hat, war bis heute unbekannt, erst dieses Werk erwidern, vielmehr lenkt es sie von allen Begriffen und Erlebnissen
Begriff ein. ;rb, die zur Musik als Kunst gehören. Biete ihr z. B. ein Seb.
Um das solcherart hinter clen Dingen des Lebens, der Ideen llach in seinen Passionen immerhin sozusagen auch Ohr-anschau-
im Allgemeinen, der Kunst im ßesonderen, Webende, Seiende er- Irares, der größere Teil seiner Kunst fällt trotzdem für sie ins
fassen zu können, ciazu gehört aber ein bestinrmter Hintergrund l.eere; biete ihr ein Ha1'6ln seine Oratorien, seine unanschaubare
in uns selbst, eine hintergründig vorgestimmte seele: als einc eigen- l(arnmer- und Sintonie*Musik kann für sie niemals zu einem Lebens-
artige steigerung der Natur im Menschen, fast mehr Kunst als wert werden; ein Mozart lasse sie seine Opern schauen, sie wird
Natur, ist eine solche Seele nur dem Genie gegeben, ähnlich wie lr<ltzdem niemals den Abstand seiner großen Kunst in der Oper
die wahre Liebe auch fast schon Kunst ist, jedenialls nicht nur von der Opernmusik anderer Komponisten begreifen; juble Beet-
nackte Natur. Iroven clas Hohelied der iveiblichen Treue im anschaubaren
Der Menge aber {ehlt die geniale Seele, sie ist sich eines ,,[:itlelio", mit Schiller den ,,Hymnus an die Freude" in der IX' Sin-
Hintergrundes nicht bewußt, sie ahnt keine Zrrkunft voraus, ihr lonic hinaus sie wird zu seinen übrigen Kunstwerken trotzdem
Leben ist nur ein ewig unorganischer vordergrund, eine e'wige -
nicrrrals den Zugang finden. Und nur weil sie nicht Anschaubares
Gegenwart ohne Zusanrrncnhang, in blankcnt Tierwcsen chaotisch gt,lrracht haben, müssen Schubert, Schumann, Mendelssohno Brahms
abrollend. Immer sincl es nur die Einzclncn, rlie Zusammenhänge liir <lic Menge jedweder Geltung entbehren.
schaffen und fortgeben. wo und solange solche Hcldcn fehlen, kann Wer könnte aber der Menge begreiflich machen, daß sie ein
dieMenge nicht zu einemVolke werden; erst clurch einzelne imSinne Volk, eine Nation noch gar nicht sei, dalJ sie aus Eigenem nicht
des Gesetzes von Ursprung, Entwicklung und Gegenwart, d' i' r,irrrrr;rl ihre leiblichen Nöte zu lösen im Stande ist, daß sie auch
Hinter-, Mittel- und Vordergrund, kann die Menge zu einem Volk ge- rl;rzrr noch Hilfe aus der Hand der Einzelnen bedarf, diese dann
prägt werden. rlot'lr rrur nach dem Ertrag für ihre dürftige Leiblichkeit bewertet,

l4 15
t'benfalls Bewegung zu einem bestimmten Ziele hin und Erfüllung
sonst aber alles von sich weist, u'as nicht clahin mündet, wie z. B.
rles Weges, den Weg zur Oberquint und zurück zum Grundton.
Kunst und Wissenschaft? Wer lehrte sie begreifen, daß, entgegen
ihrer Vorstellung, die höchste Kunst eines Genies doch auch noch Das Leben der Urlinie und der Baßbrechung drückt sich aber
am Rein-Menschlichen teilnimmt, wie es ihr selbs.t eignet, daß diese rricht allein in der ersten horizontalen Folge und in der ersten
hohe Kunst ebenso Leben und Gesunclheit fördert wie Milch und llrechurrg aus, es breitet sich auch noch durch den M i t t e I -
Brot, auch zum Eros führt wie irgend ein Sakrament? Ein vergeb- g r u n d, durch die von mir Stimmführungs-, \rerwandlungs-
liches unterfangen bleibt es dah,er, die Kunst auf die Menge stützen schichten, Prolongationen, Auswickelung u. ä. benannten Zustände
zu wollen, wie es heute überall versucht wird. Viel eher wird dieser ;rus bis hin zum Vordergrund.
versuch verhindern, daß sich unsere Gegenwart je zu einem ebenso Wie immer sich ein Vo rdergrund zuletzt entfalte, immer
giltigen Hintergrund für die Kunst der Zukunlt herauswächst, wie ist es der Ursatz des Hintergrundes, der Mittelgrund der Ver-
äi"r rit jener Gegenwart von vor fünfzehnhundert Jahren der Fall rvandlungsschichten, die ihm die Gewähr naturorganischen Lebens
gewesen, die den Glauben an Götter und Helden noch kannte und bieten.
in Geduld die Mehrstimmigkeit schuf.
Im Ursatz erfüllt sich das Canze: er ist es, der dem Stück als
Gerade das schicksal der musikalisch'en Kunst ist an das Gesetz
ihres ursprungs gebunden, sie kann der einmal entdeckten Mehr-
Ctanzem auf die Stirn geschrieben ist, der als einzig möglicher
lllickpunkt für das Ganze vor einer falschen, schielenden Be-
stimmigkeit nicht mehr entraten, gehört seitdem unwiderruflich nur
trachtung schützto in ihm ruht die Zusammenschau, die Lösung aller
solchen Kreisen zu, die mit einem ohr für sie ausgestattet sind.
Spaltungen in eine letzte Einheit.
Das lehrt uns der geschichtliche Hintergrund der Musik'
Schon ein kleiner Blumenstrauß bedarf irgend einer Ordnung,
le itender Linien, die dem Auge möglich machen, auf kürzeste Weise
tlas Ganze zu umfassen: leitender Linien bedarf auch das Ohr, und
Drittes KaPitel
?war umso mehr, als es sozusagen ein jüngeres Organ als das
Vom Ursatz als Inhalt des Hintergrundes in i\uge ist.
der Musik Nenne ich den Inhalt der durch die Klangbrechung kontra-
DerHintergrundinclerMtrsikwirddurcheinenkontra- punktierten Urlinie Diatonie, als erste bestimmte melodische
punktischen Satz vorgestellt, von mir U rsatz benannt: 'lonreihe, als ersten Aufriß eines meloclischen Inhaltes iiberhaupt,
so zeigt der Vordergrund die Tonalität als Summe aller Er-
l'lg. I scheinungen von den niedersten bis zu den umfassendsten, bis zu
Die oberstimme clieses ursatzes, die die horizontale Auf- rlcn scheinbaren Tonarten und den Formen.
rotlung eines Klanges bringt, nenne ich U r I i n i e, die kontra- Im Abstand von der Urlinie zum Vordergrund, von der Diatonie
punktfirencle Unterstimme befaßt sich mit cler B r e c h u n g dieses zur 'lonalität, drückt sich die Raumtiefe eines Musikwerkes aus,
Klanges durch die Oberquint' tlic ferne Herkunft vom Allereinfachsten, der Wandel im späteren
Als melodisches Nacheinandcr in bestinrrnten Sekundschritten Vcrlauf und der Reichtum im Vordergrund.
bedeutet die Urlinie Bewegung, Spannung zn einem Ziele
hin und zuletzt auch die Erfüllung dieses weges. unser eigener ln der Erhebung des Ceistes zum Ursatz ist eine fast religiös
zrr rrennende Erhebung zu Gott und den Genies als seinen Mittlern
L,ebenstrieb ist es,, den wir solcherart auch in tlie Bewegung des
t'rrthalten, eine Erhebung im wörtlichen Verstande zum Z u -
urlinie-Zuges hineintragen, sie oftenbart einen völligen Gleichgang
s ;r nr m e n h a n g, der nur bei Gott und den Genies ist.
mit unserem seelenleben. Die Brechung der unterstimnte bedeutet

r6 l7
Aehnlich wie von Gott zum Geschöpf, vom Geschöpf zu Gott tlann sein, wenn vielleicht auch tremdes Blut in seinen Adern rollte!
eine Fühlungnahme waltet, stets ineinanderlaufend, stets gegen- Hiefür ist das bestimmte weitgespannte vollbringen mehr Beweis
wärtig, wirkt sich eine Fühlungnahme auch zwischen Ursatz und als der aller Rassen-Wissenschaft.
Vordergrund aus als gleichsam einem Jenseits und Diesseits in der *
Musik.
Das Z i e l, der Weg ist das Ers'te, in zweiter Reihe erst kommt Die Gesetze der Stimmf ührung' organisch verankert,
der Inhalt: ohne Ziel kein Inhalt. bleiben in Hinter-, Mittel- und Vordergrund immer die selben, auch
Auf dem Wege zum Ziel gibt es in der Kunst der Musik wie rvenn sie Verwandlungen erfahren. In ihnen drückt sich das serlper
im Leben Hindernisse, Rückschläge, Enttäuschttng, weite Wege, ide.m sed non eodern mod'o aus, nichts Neues ist zu erwarten, eine
Umwege, Dehnungen, Einschaltungen, kurz Aufhaltungen aller Art. Erkenntnis, die uns nicht mehr überraschen kann, wenn wir sehen,
Darin liegt der Keim all der künstlichen Aufhaltungen, mit denen daß selbst auf dem Gebiete der Technik, die heute im Vordergrund
ein glücklicher Erfinder immer neuen lnhalt ins Rollen bringen alles Denkens und Schaffens steht, nichts wahrhaft Neues mehr
kann. In diesem Sinne hören wir im Mittel- und Vordergrund fast erscheint, sondern nur Verwandlungen sich ausbreiten.
einen dramatischen Verlauf. Wie das Leben eine ununterbrochene Energie-Verwandlung
* ist, ebenso stellen Stimmtührungsschichten eine Energie-Ver-
wandlung des Lebens vor, das im Ursatz seinen Ursprung hat.
Schon daß die Urlinie einen Zug: einen Terz-, Quint- oder
Oktav z u g vorstellt ist von wesenhafter Bedeutung für die Form
Die Willens- und Phantasiekraft, die sich in den Verwand-
aller horizontalen Bewegung überhaupt. IhrMindestmaß ist einTerz-
lungen eines Meisterwerkes auslebt, geht als Geist-Phantasie-
zug. Deshalb kommt z. B. ein im Vordergrund wirklich liegender
kraft auch in uns ein, gleichviel ob wir vom Ursatz und den Ver-
wandlungen Genaues wissen oder nicht: Das Leben der Verwand-
oder durch Koppelung, Höher- oder Tieferlegung nur als liegend
lungen überträgt sich von selbst auf uns. Es ist somit nicht allein
zu denkender Ton weder für die Diminution noch für clie sogenannte
Melodie in Frage.
tlie Hingabe, der Genuß, den wir vom Meisterwerk abziehen, wir
cmpfangen darüber hinaus Vorteile f ür die Krättigung unseres
Der Mensch strecke die Hand aus, weise nrit denr Finger eine wer will mag
I.ebens, Erhebung, Uebung im geistig-l-ebendigen
Richtung, sofort versteht dies Zeichen auch ein anderer Mensch; -
in der Sprache der Zeit von einem Geistes-Sport sprechen und
die gleiche Bewegungssprache gilt von den Ztigen in der Musik:
tladurch im Ganzen eine Steigerung unseres sittlichen Wertes.
-
Jeder Zug ist, sobald er einsetzt, mit einem Fingerzeig vergleichbar, Die Musik kann als Abbild unserer Lebensbervegung bis zur
Richtung und Ziel liegen klar vor Jedermanns Ohr ! (iegenständlichkeit vorschreiten, nietnals allerdings so weit, daß sie
In den Zügen lebt der Komponist sein eigenes Leben wie das sich als die Kunst aufzugeben brauchte, die sie im Besonderen ist.
der Züge, also ist umgekehrt ihr Leben clas seine, wie sie denn auch ln cliesem Sinne kann sie bildhaft, wie redend werden, mit Ver-
uns wieder Leben bedeuten sollen. binclungen, Anklängen, Brücken ihr Spiel treiben, bei der gleichen
In den weiten Spannungen cler Ziige lebt sich clas Werk der 'l'onfolge verschiedenen Sinn gegeneinander ausspielen, gleichnis-
deutschen Musik-Genies aus. Die Kraft cler Spannungen und Er- lraft Erwartung, Vorbereitung, Ueberraschung, Enttäuschung,
füllungen darf geradezu als Blutprobe angesehen werden, als ein Gut ( iccluld, Ungeduld, Humor bieten usw. Weil diese Gleichnisse

der germanischen Rasse. In diesem Sinne ist z. B. clie Frage, wohin lrioloqischer Art sind und durch wahrhalt organische Zeugung fort-
Beethoven zuständig sei, unwiderlegbar entschieden: er ist nicht, gchcn, ist die Musik niemals mit Mathematik oder Architektur ver-
wie man es haben wollte und noch haben will ,,. nur halb ein glcichbar,am ehesten wieder nur mit derSprache, einerTon-Sprache
Deutscher", nein, wer so Züge schafft, muß ein Deutscher sogar irn lJcsoncleren.

l8 r9
Viertes Kapitel So rvenig einem menschlichert Körper l-lände, Beine, Ohren erst
Bedeutung des ür Komposition,
Ursatzes f nach der Ceburt allmählich zuwachsen, vielmehr schon bei der
(lcburt da sind, ebensowenig kann in einer l(omposition ein neues
Lehre und Vortrag (ilied zur Diminution zuwachsen, das nicht irgendrvie schon mit
Bei begrenzter geistiger Sicht läßt sich nicht kornponieren, so
tlern Hinter- und Mittelgrund mitgeboren war. Geniale Erkenntnis
wenig wie sprechen; freilich geht Beides auch justamentmäßig,
rrnd geniale Worte fand dafür Hugo von Holmannsthal : ,,Die Tiefe
aber dann ist es auch darnach.
rnuß ntan verstecken. Wo? An der Oberfläche." Und: ,Kein Stück
Schon allein die Notdurft des Lebens bringt naturgemäß eine
tler Oberlläche einer Figur kann geschaffen werden, außelrom
gewisse Erweiterung der Denkkraft mit sich: die Menschen müssen
innersten Kern heraus."
sich untereinander verständigen lernen, um mit vereinten Kräften
Also steckt jeglicher Zusammenhang im Vordergrund gleichsanr
Nutzen aus Natur, Gesellschaft und Staat herauszttschlagen, wie er
hinter den Tönen wie in der Sprache hinter den Worten. Daß Laien
zur Fristung des Lebens unurngänglich ist; sie sind genötigt, in das
:rus ebendiesem Crunde solche Zusammenhänge in der Musik nicht
Str,eben nach solchem Nutzen Zusammenhang, ja sogar Liebe hinein-
hören können, ist begreiflich, aber auch unter Musikern mit Talent
zutragen, was clann einen leidlichen Zusammenhang, eine gewisse
wieclerholt sich auf höherer Ebene die selbe trübe Erscheinung:
Liebe auch ihrem Geist, ihrer Sprache einträgt.
;ruch sie haben die wahren Zusammenhänge zu hören noch nicht
Dagegen ist die Musik als Kunst jeglichem Nutzen entrückt,
gelernt.
es fehlt ihr so an einem von außenher stoßenden Zviang, die musik-
Das E,rtassen der Zusammenhänge in den Meisterwerken über-
schöpferische Kraft und die Kunstmittel zu erweitern. Deshalb muß
schreitet die geistige Kratt ztmal der heutigen Menschen, die ohne
sie die Erweiterung der schöpferischen Sicht aus sich selbst ge-
Zusammenhang in sich selbst die Spannung eines Zusarnmenhanges
winnen, nur aus dem ihr möglichen besonderen Zusammenhang, aus
der in ihr geborgenen besonderen Liebe. iiberhaupt nicht mehr vertragen.
Also: Wessen 'fonsinn nicht genügend reit ist, um Töne zu Stellt doch jeder Zusammenhang als ein Durchlaufen mehrerer
Zügen binden zu können uncl Züge aus Zügen abzuleiten, dem fehlt Ebenen, als eine Verbindung zweier geistig-räurnlich auseinander-
es offenbar an musikalischer Weitsicht und an zeugender Liebe: nur liegender Punkte einen Weg vor, der genau so wirklich Weg ist, rvie
lebendige Liebe komponiert, führt zu Ztigen und Zusammenhang, irgend einer, den wir mit Füßen be-,,gehen". Ein Zusammenhang
nicht die heute viel angerufene Metaphysik oder die vielgepriesene ist clemnach wirklich zu be -"gehen", zu be d e n k e n, dies muß
sogenannte Sachlichkeit, gerade sie hat weder Schöpfer- noclt Brut- aber ganz gewiß auch wirkliche Zeit in Anspruch nehmen. Selbst
wärme. rlie genial improvisierende Weitsicht unserer Meister, die ich einmal
Der musikalische Zusammenhang ist aber nur zv erreichen tlas Ohr-fliegen nannte (Tw.5, S.55) setztZeit voraus, schließt Zeit
clurch einen Ursatz im Hintergrund und dessen Verwandlungen im ein. Nun sehen wir hin, was heute aus dem Begriff Zeit geworden
Mittelgrund und Vordergrund. ist: Die durch die Technik ermöglichte, bis zur Raserei gesteigerte
* Schnelligkeit in der Verbindung entlegenster Weltteile ist zum Maß
Schon längst hätte die einfachste Erwägung zur Erkenntnis ;rrrch cler Kunstbetrachtung geworden; wie man Dort, Stadt, Paläste,
führen müssen, daß auch bei einent rttusikalischen Organismus Schlösser, Felder, Wälder, Flüsse, Seen über-fliegt, so über-fliegt
zutrifft, was vom menschlichen Körper gilt: sein Aufbau geht von rrran heute auch das Kunstwerk, nicht nur im Widerspruch zu seinen
innen nach außen. Nicht nur verkehrt sondern vergeblich wäre gcschichtlich ganz anders gearteten Voraussetzungen, sondern
deshalb, wenn z. B. schon aus der Epiclermis auf das Organische rvas nrehr in die Waagschale fällt im offenbaren Widerspruch -
geschlossen würde; mit dem Kleinsten im Außen darf die Be-
-
zrr clem Zusammenhang im Kunstwerk, der wirklich be-,,gangen"
trachtung von Organismen nicht begonnen werden. rve rrten will!

2t
Schon treibt die Leidenschaft des Ueber-fliegens die Menschen lllickseinfällen und Andeutungen hinaus schon Ziele und Wege vor-
auch dazu, sich wider die Natur aufzulehnen: sie, die Natur, hält stetlen, die in solcher Weise nur 'einer fernfliegenden Inspiration
sich an die Landschaften geradezu wie an Rubriken, nach denen cntstammen können, wie sie einem Genie gegeben ist, das, im Zu-
sie ihre Schöpfungen richtet und abtönt, der Mensch von heute aber sammenhang von Hinter-, Mittel- und Vordergrund wurzelnd, einen
glaubt, auch die Unterschiede der Landschaften aufheben zu rein musikalischen Zusammenhang eben schon im Flug erschaffen
können, nur weil er sie über-fliegt. Kein Zweifel aber, daß sowohl kann.x)
die Natur wie die Kunst obsiegen wird. Wie die Natur z. B. So seien denn auch die uns erhaltenen Skizzen der Meister
Elephanten, Krokodile immer nur dorthin setzen wird, wo sie die clringend einem anhaltenden, tiefgründlichen Studium empfohlen:
ihnen gemäßen Lebensbedingungen wird bereitstellen können, sie stellen einen genial gefaßten musikalischen Zusammenhang vor
genau so wird sie z. B. einen Beethoven, wenn überhaupt noch gleichsam auf dem Wege zu sich selbst.
einmal, wieder nur unter den Deutschen erstehen lassen!
Wie traurig es um die Musik in der allgemeinen Wertung
Es gibt nur eine Granrmatik der Züge, eben die hier im Rahmen bestellt ist, zeigt sich besonders darin, daß die Skizzen der Meister
der Lehre vom Zusatnntenhang in der Musik clargestellte: sie hat für zwar längst zu einer Handelsware geworden sind, daß aber die
die großen Meister ausgereicht, also müssen sichs die Nichtswisser Musiker ihnen noch immer nicht das geringste Verständnis ent-
und Nichtskönner überlegen, neuere Arten von Zusammenhängen zu gegenbringen. Die Not der Wege, die das Genie schaffend geht, ist
suchen. Aber wiederholen will ich hier, was ich schon oft gesagt ihnen fremd, fremd deshalb auch der Anblick dessen, womit es die
habe: die gleichen Gesetze vont Zusammenhang in cjen Meister- Not überwand. Nottebohm's von Brahms dringend zur Drucklegung
werken heben eine Verschiedenheit im Wesen der Ä{eister durchaus empfohlenes Werk ,,Beethoveniana" brauchte unter so traurigen
nicht auf. Umständen fast ein halbes Jahrhundert bis zur II. Auflage: Also sind
es die Musiker selbst, die ihre Kunst im Stiche lassen! Wie anders
verhält es sich doch z. B. mit den Entwürfen, Fragmenten oder
Nur in dem (lefühl für Hinter-, Mittel- und Vordergrund liegt
Skizzen von großen Dichtern und Malern, sie begegnen allezeit
die Befähigung zur Stegreif komposition, zurrr Fantasieren, einem viel allgemeineren und lebhafteren Verständnis.
Präludieren, die Anfang alles Schaffens ist. Ehernals galt eine
solche Befähigung als das lvesentliche Merkmal eines zur Kom- Haben die Musiker den Zusammenhang in den Meisterwerken
position wahrhaft Berufenen, das ihn vom Liebhaber oder Un- bis heute noch nicht zu ,erschließen vermocht, so konnten sie noch
berufenen schied. Erst die andrängenden Massen erzwangen Rück- viel weniger Zugang zu den Handschrif ten der Meister
sicht auf ihr Unvermögen. Deshalb wäre nichts so wichtig heute, finden, in denen die Schwierigkeiten ihrer besonderen, immer neuen,
wie die uns erhaltenen Fantasien, Präludien, Fermatenauszierungen irnmer inhaltsgerechten, niemals schematischen Schreibart noch
und sonstigen Verzierungen unsercr Meistcr nrit Hilfe cler durch hinzutreten. Zur Lehre vom Zusamm'enhang gehört so auch die
nreine Lehre vorn musil<alischen Zrtsanrrncnhang clargebotenen l'landschrif tenkunde als ein völlig neues und besonderes
Mittel sich griincllich zu eigctt ztt machen. Ein solches Stuclium Oebiet. Wie weit ich die wenigen Vorfahren, Herausgeber, Analy-
müßte sich jecler öfientliche rvie private Musikunterricltt vor Allem tiker usw., die die Geschichte in dieser Materie aufweist übertroffen
angelegen sein lassen! habe, mögen meine einschlägigen Arbeiten erweisen, die mir gewiß

*) In meinen Arbeiten, namentlich in den Erläuterungsausgaben zu


Wer je S k i z z e n der großen Meister gesehen hat, nrußte auf op. l0l, 109, 110 und lll, U. E. Nr. 3974-3978, hatte ich oft Gelegenheit, aul
Stinrmfühnrngsziige stoßen, die über den Charakter votr Augen- tlit,se Beschaffenheit der Skizzen Beethovens hinzuweisen.

23
22
die Ehre des eigentlichen Begründers der Handschrif ten- lnterpunktion zu gewinnen: Wie in der Sprache die Interpunktion
kunde sichern.*) über Silben und Worte hinausgeht, genau so strebt auch in der
* Musik die wahre Interpunktion weiteren Zielen zu. Nicht aber etwa,
daß die Urlinie so ausgerufen werden müßte, wie fälschlich im
Auch der Kammermusik- und Orchestersatz ist
Vortrag einer Fuge die Einsätze ausgerufen werden: schon allein
zutiefst in den organischen Zusammenhängen verankert. Im Meister-
das Wissen um die Zusammenhänge genügt, um dem Spieler
werk sind die Farben des Orchesters nicht nach Laun'e gemischt Mittel des Vortrags einzugeben, die einen Zusammenhang
und stellenweise aufgetragen, sie unterliegen den Gesetzen des enrpfinden lassen. Wer so vorträgt, wird sich hüten z. B. die Züge
Ganzen (vgl. Jahrb. III, Beethovens lll. Sinfonie, Scherzo usw.).
zu ertöten und dadurch unsere Teilnahme zu lähmen, den Takt-
strich zu überschätzen, der r.vahrlich noch keinen Zug, keinen Weg
Der V o r t r a g eines ulu.itltir.t en Kunstwerks kann nur auf tredeutet. Also ist die Lehre vom Flinter-, Mittel- und Vordergrund
dessen organische Zusammenhänge gegründet sein. Der Vortrag auch für den Vortrag entscheidend und praktisch, heute geben das
ist nicht zu ertanzen, zu erturnen, llur aus detn Wissen um Hinter-, auch schon die namhaftesten Dirigenten zu.
Mittel- und Vordergrund ergibt sich die Möglichkeit, über ,,Motiv",
,,Thema", ,,Phrase", ,,Taktstrich" usw. hinaus die wahre musikalische
*) ln meiner In die in unerschüttertictrei Einheit clastehende Kunst cler
bei der ,,U.-E." erschienenen Ausgabe der Klaviersonaten Musik hat alle Theorie bis heute nur ihr eigenes Chaos hinein-
von Beethoven liegen Handschriften den nachstehenden Sonaten zu Grunde:
op.271t,28,57,78, 81 a (1. Satz), 90 (nach der Handschrift des Erzherzogs
getragen. Wo es weder auf ein Eigenes noch Neues ankommt,
Rudotf), op. 101, 109, 110 und lll (vgl. auch die,,Erläuterungsausgaben"). strebt die Theorie immer wieder neue Lösungen an, mehr das Neue
Außerdem nehme ich die Herausgabe der Sinfonie h moll von Schubert als die Lösung betonend.
in der ,,Philharmonia" Nr. 2 als mein geistiges Eigentum in Anspruch' Unfähig, alle musikalische Bewegung nach der Erfüllung eines
Der erläuternden Darstellung von Beethovens V. Sinfonie, U. E. Nr' 7646, Terz-, Quint- oder Oktavraumes zu bemessen, setzt die Theorie
von Mozarts Sinfonie gmoll (Jhrb. ll), von Chopins Etuden op. 10v und
l0vr (Jhrb. l), von Schubert's Menuett h moll (,,Kunstwart" Mätz 1929) durchweg die Ober-*) und eine Untertonreihe als Spender des Dur-
liegen HandschriJten zu Grunde. ln den ,,Fünf Urlinie-Tafeln" (U.-E.Nr. i0.385) und Mollsystems ein. Daß aber im Dursystem die Unterquint, die
haben Handschriften von S. tlach, Wtp. Kl. Bd. l, Prael. l, Haydn Sonate aus der Diatonie nicht wegzuleugnen ist, unmöglich aus der Ober-
Es dur (G. A. 49) und Chopin op. l0xll bedeutsame Auswertung erfahren. tonreihe stammen kann, dieser Widerspruch hat die Theorie von
Die Darstellung der Eroica im Jhrb. Ill stützt sich auf eine von Beet- ilirem lrrtum nicht abzubringen vermocht.
hoven revidierte Abschrift.
Ueber meine in der Erläutcrungsausgabe von op. 101, Vorbem. S.21
Bis heute war die Theorie nicht einmal immer in der Lage,
niedergelegte Anregung, verstä'rkt durch mündliche Unterweisung, hat ein mit die Intervalle im Vordergrunde richtig abzulesen, die ja nur
feinstem Musiksinn ausgestatteter holländischer Musikenthusiast Herr clurch den Zusamm'enhang, also durch den Hinter- und Mittelgrund
Anthony van Hobokcn im Jalrrc 1927 ein Archiv für ,,Photo- zu erkennen sind.
gramme von Mcisterwerke n" crrichtet und rlcr Nationalbibliothek Da auch die Ziffern des G e ne ral b asse s nur aus der Er-
in Wien scschenkt. Die Santntlung ist sclton au{ tncltr als 110.000 Blätter
angewachscn. Welch unermelllicher Schatz dcr Welt damit geschenkt worden
kenntnis von Zusammenhängen zu verstehen sind, r'ersagt die
'f'lreorie auch vor der Lehre vom Generalbaß, seine Zitlern sind ihr
ist, rvissen abcr am allerwenigsten die Musiker. Sie begucken die Blätter nicht
anders, wie sie Locken, Uhren, Arbeitstische u. ä. betrachtcn, die in Festaus- Irohle, starre Begriffe; heute können Musiker einen Continuo
stellungen zu Ehren der Großen gezeigt werden. Daß sie aus den Hand- sirrngemäß nicht mehr aussetzen.
schriften wie aus den Skizzen das Wichtigste über die Gesetze der Kunst,
über das Schaffen von Zusammenhängen, über Schreibart usw. zu erlahren *) Bruckner pflegte (nach Sechter) zu lehren. daß sogar der 6. Ton
haben, ist von mir oft genug betont u'orden. rlt.r l)iatonie einer Dissonanz gteichkomme, also wie diese abwärts zu lösen sei.

24 25
Wie oft verkennt die Theorie Ereignisse des Vordergrundes, denn sie brauchen Musik nur iür Worte uncl Volkslied, Oper u. dgi.,
nur weil sie deren Herkunft aus Einfacherem nicht begriifen hat! Musik sozusagen von der Gasse für die Gasse. Freilich, auf ihren
Wohl der verhängnisvollste Fehler der üblichen Theorie ist es Cassen liegt Sonne, aber: haben dieGassen unter anderenHimmels-
aber, immer schon Tonarten anzunehmen, wenn sie in Erman- strichen auch weniger Sonne, so wird ihnen die Genie-Musik zur
gelung von Hinter- und Mittelgrund-Erkenntnissen keine andere Sonne, die ihre Seelen erleuchtet und erwärmt, ihre Stuben in
Lösung findet. Zuweilen ist ihre Verzweiflung so groß, daß sie sich goldenes Licht taucht, sogar die Landschaft sonnenhaft macht!
nicht einmal mehr zu diesemallerbequemstenVerlegenheitsmittel ent- Die Theorie ist heute so tiel gesunken, daß sie sogar dem
schließen kann. Nichts ist so kennzeichnend für die Theorie und die Kindermund lauscht und seine Aeußerungen für kunstgiltige Offen-
Analyse, wie eben der schreiende Ueberfluß anTonarten, den sie mit barungen entgegennimmt, statt den Kindern die wahren von den
sich führen. Der Begriff der Tonart als einer höheren in die Vorder- Meisterwerken abgezogenen Erfahrungen und Gesetze weiter-
grund-Tonalität eingeordneten Einheit ist ihr noch völlig fremd, sie zugeben, daß sie sogar ein Gemeinscha{ts-Schatfen zu lehren sich
bringt es fertig, schon einen einzigen unauskomponierten Klang als runterfängt und mit geradezu maschineller Gesinnung an das musi-
eine Tonart zu bezeichnen. Gewiß sprachen auch die großen kalische Schatten herantritt, das wirklich nur Begnadung Einzelner
Meister in Briefen und Notizen viel von Tonarten im falschen Sinne, war, ist und bleiben wird. Theoriekurse sind heute förmlich zu
aber: schrieben sie dann so tiefsinnig meisterhaft, wie sie allein es llastelkursen geworden für unmusikalische Kinder.
konnten,so möge ihnen ihre theoretischeNomenklaturverziehen sein.
tr
Wir aber, die einer solchen Meisterschaft nicht fähig sind, dürfen
uns den Luxus falscher Theorien nicht erlauben! Die Musik ist nicht allein Objekt einer theoretischen Be-
Kein Wunder also, wenn für die Theorie das Meisterwerk un- trachtung, sie ist genau so Subjekt wie rvir selbst Subjekt sind.
erschlossen bleibt, jede ihrerAnalysen ist wie die unzulänglicheEnt- Schon die Oktav, Quint und Terz der Obertonreihe sind genau so
zifferung einer Papyrusrolle. eine organische Verrichtung des Tones als Subjekt, wie dem
Wer könnte nun von einer solch'en Theorie die Anleitung Menschen seine Triebe organisch sind. Die Frage nach einer
zum freien fantasieren, präludieren, zu all denFertigkeiten erwarten, neuen Cestalt der Musik wäre lolglich die Frage nach einem
die in die Geheimnisse eines wirklich organisch-künstlerischen Homunkulus. Auch in der Musik wird die Natur, wie sie sich im
Schaffens einführen?! Geniewerk geoffenbart hat, durchhalten und siegen! Ist es ein Glück,
* rlaß der Mensch von den Vorgängen in der Natur so wenig weiß,
Bis heute mußte alle Theorie an dem Vordergrunde scheitern, tlaß er über kurz oder lang aus Ohnmacht, aber zu seinem Vor-
weil sie alles eben nur aus dem Vordergrunde nahm und las, in ihm teil -
davon wird absehen rnüsseno ihr ins Handwerk
die einzige Quelle der Betrachtung pflegte. llfuschen zu wollen, ehensc ist es ein Glück, daß er von der Kunst
Der Tiefstand der Thcorie, deren Anmaßung und Ueber- tler Genies so wenig weiß, daß er aus Ohnmacht, aber zu seinem
heblichkeit ihrem Gehalt an lrrtümern gleichkommt, r,t'ird am besten Vorteil alles Aufbegehren wider- sie schließlich einmal wird auf-
dadurch gekennzeichnet, claß sie ein wirklich musikalisches Hören -
gebcn müssen!
für ,,Musikforschung"'erklärt, die mit Musik nichts ztt schaffen habe. {t

Wie traurig, claß so eine verkehrte Betrachtungsweise auch in Nietzsche klagt (,,Der Wille zur Macht ", 838):
Deutschland zuhause ist, wo die größten Musik-Genies wirkten!
,,Wir entbehren in der Musik einer Aes.thetik, die den Musikern
Wenn die Italiener den Vorwurl erheben, die deutsche Musik (iesetze aufzuerlegen verstünde und ein Gewissen schüfe; wir ent-
sei ,,philosophisch" vermutlich werden sie auch meine Be-
-
trachtungsweise für Philosophie erklären! so mag das hingehen,
behren, was eine Folge davon ist, eines eigentlichen Kampfes um
- ,,1'rinzipien"
-
dgps als Musiker lachen wir über die Herbartschen
Velleitäten auf diesem Gebiet ebensosehr, als über die Schopen- Größtes Verhängnis für die Musik sind die sogenannten K o m -
hauers. Tatsächlich ergibt sich hieraus eine große Schwierigkeit: ch u I e n! In welchemSinne kann es solche geben,
p o s i t i o n s-S
wir wissen die Begriffe ,Muster", ,,Meisterschaft", Vollkommenheit wenn es nicht auch Dichterschulen gibt? Höchstens dürfte man die
nicht mehr zu begründen wir tasten mit dem Instinkte Musikschulen als Lehrstätten gelten lassen, an denen Bau und
alter Liebe und Bewunderung -
blind herurn im Reich der Werte, wir Spiel der Instrumente gezeigt wird, seltsam und unerlaubt wollen
glauben beinahe, ,gut ist, was u s n gefällt" . sie ihre Daseinsberechtigung aber damit erweisen, daß sie auch
Mit meiner Lehre ist Nietzsches Wunsch erfüllt. Kompositionsunterricht vermitteln und über das Ergebnis sogar
staatlich bindende Zeugnisse ausstellen. Wäre Hörenlehren denn
nicht die nächste Aufgabe, bei der man sogar des Komponierens
Meine Lehre bringt zum Jrt.nt"t eine wirkliche T o n - cntraten könnte? Zugegeben auch, daß richtig hören genau so
Sprachlehre, ähnlich der Sprachlehre, wie sie in den Schulen schwierig wie gut komponieren ist, kann trotzdem keine Lehrstätte
vorgetragen wird. der Musik von der Pflicht entbunden werden, zu richtigem Hören
Unerläßlich ist die Erziehung mindestens zu den Z ü g e n als rnzuleiten. Dem so beliebten Einwand des Lernenden, er könne ein
den Hauptmittlern alles Zusammenhanges. Sind so hohes Ziel ia doch nie ganz erreichen, darf nicht mit Nachsicht
diese aber im kontrapunktischen Satz verankert, so ist Iregegnet werden. Tun denn die Menschen nicht auch sonst so viele
Voraussetzung datür die Erziehung zum kontrapunktischen Denken. Dinge, bei denen sie sich bewußt sind, das Höchste nie erreichen
So alt der Kontrapunkt im Abendlande auch schon ist, noch immer zu können? Wird die Menge in den Volksschulen denn nicht auch
ist er im Hirn der abendländischen Menschen nicht heimisch ge- iiber Dinge unterrichtet, die nicht nur in den Tag hineingehen,
worden, noch immer will das Ohr auch des abendländischen warum sollte sie in der Schule nicht erfahren, daß auch hinter den
Menschen ihm lieber ausweichen und nur mit der Höhe als der 'l'önen eigenartige Ceheimnisse walten? So wahr Goethes
Worte
Trägerin des Melodischen gehen, ähnlich wie sich Kinder beim sind: die Menge glaubt, ist leicht zu glauben,'und ,Was der
ersten Musikunterricht ausschließlich an die rechte Hand halten; "Woran
Gescheite weiß, ist schwer zu wissen,, so wahr ferner auch ist,
besten Falles wird ein ruhender Baß mitgehört, wie nur aber der rlaß im Geheimnis des Ursatzes eine Art- Naturschutz vor der allzu-
Baß über das bloße Stützen hinaus kontrapunktische Bewegungen schnellen Vernichtung durch den Zugrift der Menge gegeben ist, so
unternimmt, wendet sich das Ohr sofort der Oberstimme zu. ist dennoch der Hinweis auf jenes Geheimnis in allen Schulen und
Meine Lehre zeigt die Musik als eitte Einheit in allem was ihr rrnter allen Umständen geboten!
besonderes Leben unter den Künsten bedeutet. Ich vermesse mich
nicht zu sagen, wie sich die Gnade auf das Genie senkt, was in
seiner Fantasie trüher erscheint, dieses oder jenes Stück Mittel-
oder Vordergrund, die letzten Geheirnnisse werden uns immer
-
verschlossen bleiben.
Hätte man das Schaffen der großen Meister zunächst nur un-
bewußt, d. h. ohne zu theoretisieren hingenommen, dann hätten
die Musiker das Recht, mich als den Ersten anzusehen, der jenes
Schaffen durch unangebrachtes Theoretis'ieren angeblich bloßstellt.
Umgekehrt ist es aber fürwahr! Der Erste, der das Unbe-
wußte der Meister deutet und das bisher darüber Theoretisierte
damit widerlegt, bin eben ich!

28 29 4.
Zweiter Abschnitt s3
Der Satz von Urlinie und Baßbrechung bildet als kontra- Dcr Ursatz als
Einheit
Erstes KaPitel I'rrrrktischer Satz naturgemäß eine E i n h e i t : diese ist es erst, die
irrr Mittelgrund die Stimmfiihrungs,rerwandlungen vorzunehmen ge-
Vom Ursatz im Allgemeinen slattet, namentlich die Uebertragbarkeit der Ursatzlormen a'rf jeden

sl l:irrzelklang fördert, s. $ 242 ff.


Weder also die Urlinie noch die Brechung des Basses kann für
von dcr In der Natur ist der Klang ein vertikales Ereignis: sich allein bestehen, erst miteinander rvirkend, zu einem kontra-
Brechung in
der Musik als Ftg. 2 punktischen Satz vereint, bringen sie Kunst hervor.*)

::Ttil:tr: Diese Form ist aber auf den nrenschlichen Kehlkopf nicht iiber-
kranses lragbar, auch wäre eine Uebertragung unerwünscht, weil die Natur Zweites Kapitel
bloß zu wiederholen nicht Aufgabe der menschlichen Tätigkeit sein
kann. Deshalb oltenbart die Kunst das Gesetz des Naturklanges in Von der Urlinie im Allgemeinen
einer uebertragung eigener Art, die aber so beschaffen ist, daß sie
clen Naturklang durchleuchten läßt: sie besteht in der umwandlung
s4
des vertikalen Naturklanges in das waagrechte, Horizontale einer Die Brechungsräume der Ursatz-Oberstimme mit Durchgängen Der weg zur
Brechung im Nacheinander, die nun den Vorteil hat, sich dem rratur- und kunstgerecht zu frillen wurde erst möglich, nachdem das Diatonie
Umfang des menschlichen Singorganes anzupassen. In diesem liiinstlerische Ohr in Jahrhunderte langem Suchen gelernt hatte,
sinne wird der Naturklang für den Gebrauch der Kunst zusammen- rnchrere Stimmen überhaupt zu einern kontrapunktischen
' gezogen, abbreviiert (Bd. I, S. 4l)' S a t z e durchzubilden. Allmählich lernte man dabei zugleich auch
Von der gruncllegenden Venvandlung des Naturklanges in eine rlcr Natur zu entsprechen durch gleiclizeitige Abstimmung der
Brechung sind die Stimrntiihrungsverrvandlungelt zu unterscheiden, llorizontale und Vertikale nach Oktave, Quint und Terz, die die
die sich im Mittelgrund als Verwandlungen eines ursatzes begeben. grurrdlegende Brechung des Klanges beherrschen, wie auch durch
Abstimmung der Durchgangsintervalle als konsonant oder dissonant
nach den Erfahrungen des strengen Satzes.
s2 lnnerhalb der Oktave ergab sich durch eine solche erste Ab-
vom ursatz Int Dienste der Kunst nimmt Cie Brechung, der Strenge der slirnmung eine Gesamtbezogenheit des Satzes nur auf den einen
o" Grundton, den Grundton des Klanges. Die so für die Oberstirnme
"t' TJjl[' Nut* sich entziehencl, das Recht in Anspruch, sich nach den ihr
e,..nung.n möglichen Richtungen auf- und abwärts zur Geltung zu bringen. ttcs Satzes, die Urlinie erzielte Tonfolge stellt die Diatonie vor
Dem menschlichen Singorgan becleuten diese lteiden Fornlen nun 1s. u.). Obgleich im engsten Sinne nur der Oberstimme zugehörig,
clie nächsten und kürzesten Wege zur Erfüllung des Klanges: t'rrthält die Diatonie gemäß ihrer Heraufkunft gleichwohl in Einem
rlie Regelung des gesamten kontrapunktischen Satzes, also auch die
tr'lg. 3
rlcr Baßbrechung und der Durchgänge.
Die Oberstimme, die Urlinie, s. u', bedient sich der fallenden, -Anfanger
*j in der Betrachtung musikatischer Hintergründe pflegerr ihre
die unterstimme, die Baßbrechung durch die Quint, der steigenden
Arrlnrcrksamkeit ausschließlich der Urlinie als Oberstimme zuzuwenden; allzu
Richtung, die die ursprüngliche der Entwicklung ist und auch noch v()r('ilig nehnren sie als Urlinie eine beliebige Tonreihe an, ohne zu prüfen,
im ursatz der steten Erinnerung und Gegenwart des Naturklanges ob sic auch dem Kontrapunl<t der Unterstimme standhält, erleben deshalb
dient. nrrclt nrcist eine Enttäuschung zuletzt.

3l
Die gleiche Bezogenheit auf den einen Grundton herrscht auch
im Vordergrund: ist doch alle Vordergrund-Diminution, ein- Ein Urlinie-Raum muß somit zumindest einen Terzzug ent-
schließlich der scheinbaren Tonarten aus den Stimmführungsver- lr;rlten, siehe$ 13, ein Sekundschritt ist als Urlinie undenkbar.
wandlungen, zuletzt eben aus der Diatonie im Hintergrund erflossen. Also ist der Durchgang der Urlinie der erste Durch-
Nannte ich Tonalität den die verschiedenen Scheinwirkungen des l{ I n g überhaupt, und gerade der ihm vom strengen Satz her an-
Vordergrundes einschließenden Begriff (s. u.), so ist die Ton- lrrrftcnde Zwang, in der selben Richtung fortzuschreiten, in der er
kargheit der Diatonie im Hintergrunde und die Füll'e der Tonalität lrcgonnen hat, bedeutet Zusanrmenhang, macht ihn zum Anlang
im Vordergrunde dennoch das selbe. lllcs Zusammenhanges in einer musikalischen Komposition.
Daraus ergibt sich, daß es der sogenannten exotischen Musik
an einer Diatonie fehlen muß, weil ohne kontrapunktischen Satz s6
das Abstimmen und Sieben der Intervalle gar nicht möglich ist. Der Durchgang bringt zwangsläufig die Unteilbarkeit cles ,Xil"|ä,"ä
Deutlich ist in ihren horizontalen Ausspannungen zu hören, wie sie tlrlinie-Zuges mit sich.*) urliniezuges
Oktaven, Quinten, Terzen und andere Intervalle ahnt, anstrebt, wie Was immer der Mittel- und Vordergrund an neuen Ober-
sie diese Intervall'e aber ohne kontrapunktische Ueberprüfung stimmen, Gliederungen, Formen u. dgl. bringt, nichts kann sich zu
in der von Natur erforderlichen Bestimmtheit noch nicht erreichen seiner grundlegenden Unteilbarkeit in Widerspruch setzen. Dies be-
kann. Umgekehrt hat heute der Verfall des Kontrapunktes den rleutet den höchsten Triumph des in der Musik erzielbaren Zu-
Verfall auch der Diatonie gebracht. Durch Schuld der Musiker, die sammenhanges.
noch immer nicht begriffen, daß, solange für den Klang der Natur s7
die Quint bestimmend ist, und das wird ja immer bleiben, eine nach Im Naturklang ist die Quart nicht vertreten, zeigt er doch in ?il-o fl;
Anforderung der Natur auf die Quint sich stützende Stimmführung seinem vertikalen Aufbau eine F)oppeloktave dort, wo wir, den des urlinie-
zu keiner anderen Diatonie wird führen können als zu der, die l(lang kunstgemäß ins Horizontale umdeutend, zrvischen Quint ""5:'^ L1
unsere Kunst bis heute aufweist. Alle Versuche, die Natur zu rrncl Doppeloktave eine Quart wahrzunehmen glauben. Darf so die ff:r'
entrechten, werden an ihrem Widerstande sch'eitern. vcrtikale Doppeloktave des Naturklanges nicht mit der horizontalen "'::::[,
der Natur an
Nicht also ist es so, daß die Diatonie etwa von den soge- Quart verwechselt werden, so kann auch 6-6 als ein selbstän-
nannten griechischen oder gregorianischen Tonarten stammt, rliges Urlinie-Stück nicht gelten, nicht einmal als Umkehrung von
sie kommt von der nach dem Gesetz der Quint beherrschten Aus- |r-i, nur als ein Teil von 8-i, wo uns dann aber die I wieder wie
komponierung. Tonfolgen wie z. B. die des Credo, Confiteor usw. in der Natur als Oktave, nicht als Quart begegnet:
lassen den Gedanken an eine Diatonie noch gar nicht aufkommen,
Flg. 4
und nicht einmal der Fugensatz eines Seb. Bach, siehe die Hohe
Messe Nr. III, kann ihnen die volle Glaubwürdigkeit einer wahren s8
Diatonie erobern. Die Folge der Urlinie-Töne versteht sich nur in einer Oktave, Von der
sie wird von mir als die obligate Lage der Urlinie be-
Oktavlage
Unserer Zeit blieb es vorbehalten ein politisches Gelüst
nationale Musiken aus dem Boden-stampfen zu wollen, wie - der Urlinle
zt'ichnet (s. $ 268 ff.).
etwa Industrien nach dem Grundsatz der sogenannten Autarkie Das schließt aber nicht aus, daß der Mittel- und Vordergrund
gegründet werden. rrrch einen Wechsel der Lagen bringen kann, er ist möglich und
s5 vcrständlich gerade deshalb, weil er auf die obligate Lage zurück-
vom urllnien- Die Urlinie weist gemäß der Brechung, von der sie stammt, 1it'ht: so wird denn durch den Lagenwechsel der Urlinie-Töne eine
I lrr:rbhängigkeit der Urlinie von der Lage nur vorgetäuscht.
.,Jäfollln- einen Terz-, Quint- oder Oktavraum auf, sie füllt diese Räume mit
sans Durchgängen. r) v. Hofmannstal: ,,Das Tiefere ist ungeteilt."

32 33
se verkehrt ist es deshalb, durch ein Aneinanderreihen von Tonfolgen
Dle Urllnie- Auch in der kunstgemäßen Klangauswirkung kommt jeder ohne Hintergrund ein organisch lebendiges Werk gestalten zu
Töne sind rvollen
u"r,t'öo",io""einzelne Ton der Urlinie wie jeder Ton überhauPt als selbständiger !

des crund- Träger eigener Obertöne zustande. Wenn wir dann trotzdem im
tonet ll
Nac"heinander solche Töne als Quint oder Terz eines bestimmten s
Grundtones begreifen, geschieht das nur, weil wir in ihnen jenc
Da der Urlinie-Zug nur durch 2 zur i fallen kann, ist der Auf- lm Uriinle-
Beziehungen wiedererkennen, die im Naturklang die Oktave, Quint Zug lst der
wärtsleitton ausgeschaltet; immer und überall ist es eine Mittel- Auf wärts-
und Terz begründet haben: sie sind nur Abbilder jener Oberton- leitton nlcht
stimme, die ihn heranbringt.
beziehungen, nicht mehr wirkliche Obertöne. enthaltcn

Noch viel weniger dürfen die in den Brechungsräumen durch-


gehenden Töne für Obertöne genomlnen werden, da sie im Natur- s12
klang gar nicht enthalten sind. Unstatthaft ist es deshalb, den Durch- Indem sich die Urlinie auf den Kontrapunkt des Basses stützt,' Drc Höhe.6, 5,
gängen die gleiche Bedeutung wie dem Grundton zuzubilligen, 3 wird akkor-
denn ein Durchgang ist schon dem Begriffe nach von den ihn um-
nimmt sie mit ? ? ? die erste Höhe des Urlinie-Zuges akkordissfi disch vorwcs-
geilornmen
voraus.
gebenden konsonanten Tönen abhängig.*)
ln dem Erölfnungsintervall wiederholt sich, da es ein vertikales
Ereignis ist, das Bekenntnis zum Gesetz der Natur: Von da ab fällt
st0 die Urlinie im Sinne der Kunst und der Diatonie.
Dlc Urllnle
Setzt in 8. 5, 3
Den Menschen ist die Erfahrung eines Endes, des Er- Im Mittel- und Vordergrund aber kann durch eine Prolongation,
ern und räut löschens aller Spannungen und Ziele gegeben. In diesem Sinne ist
s. $$ 120 II, l25lf,12g ff usw. das eigentliche erste Ursatzintervall
uns ein natürliches Bedürfnis, auch die Urlinie bis hinab zum schon verändert werden. Deshalb ist bei Betrachtung eines Vorder-
i ,u i Grundton
^J.llli,,jiä""s i zu führen, wie auch den Baß wieder zum Grundton des grund-Anfanges Vorsicht geboten: hören wir schon das Eröffnungs-
Klanges zurückfalten zu lassen; mit i ertöschen alle Spannungen intervall des Urlinie-Zuges oder ein Verwandlungsintervall, dem
eines Kunst-Organismus. Niemals also kann eine Urlinie etwa mit jenes erst lolgen wird?
3_'2 zuendegehen.
Keine Tonfolge lebte uns. im Vordergrund, wenn ihr die Ge- s13
samtspannung des Urlinie-Zuges nicht ihren Atem einbliese, vom
Vordergrund aus kann ihr kein Leben eingehaucht werden! Wie Unter dem Begriff 'l'o n r a u nr verstehe ich den Raum der Dic horizon-
tale Urllnie-
Irorizontalen Urlinie-Erfüllung, erst durch diese ist ein Tonraum Erllillung als
*) Es ist deshalb ein Widerspruch, z. B. von der Tonreihe C-c auszu- gcgeben und beglaubigt. Also nur mit dem Urlinie-Terzzug3-2--i Tonraum
gehen und hier die Selbständigkeit -- oder wie der zeitgemäße, in der Musik <lcckt sich der Tonraum 3-i, nur mit dem Urlinie-Quint- und
aber ganz gewiß unangebrachte Ausdruck tautet: Gleichberechtigung ()ktavzug der Tonraum der Quint und Oktave, keineswegs aber
zwischen C und c liegenden Töne zu behaupten. Mag man diese Tonreihe
- aller
schon nrit einer vertikalenTerz (10), Quint oder Oktave als erstem
wie immer teilen, die Tatsache der Teilung verpllichtet schon zur Anerken-
nung der Diatonie im Sinne einer Bezogenheit aller Töne der Reihe auf den lntcrvall, da sich an vertikale Anfangsintervalle leicht Mißverständ-
Grundton C allein. ln der kompositorischen Betätigung drückt sich der Fehler rrissc knüpfen.
dieser Betrachtung in einer steten Verletzung der Tonalität im Vordergrunde
aus: man glaubt sich berechtigt, jede beliebige Tonart mit dem Anspruch
lch wiederhole also: der Tonraum ist immer nur horizontal
auf Selbständigkeit hinsetzen zu können, auch ohne Bezogenheit auf eine rrr verstehen:
Grundtonart. Die Wirkung ist dann auch darnach .. . Ftg. 6

u 35
st4 st7
Auch
3-l
6-i und
stellen
Die Wertordnung eines Eröffnungsintervalles folgt cler kontra- Für die Abwärtsbrechung V-l ist mit auch die kontra- Von V-r
den ganzen punktischen Setzung, bei der Wahl im besonderen aber entscheidet punktische Erfahrung maßgebend und zwar die der Schlußein-
KIang vor nach Fühlungnahme mit denr Mittel- und Vordergrund der Bedarf richtung im dreistimmigen strengen Satz: Bei Anwendung der
des Stückes, wie doch auch im Rahmen einer c. f.-Aufgabe die best- lrciden Leitetöne in der Ober- und Mittelstimme gibt es nur einen
mögliche Fortsetzung bestimmend ist. 'l'on, den Grundton der Dominante, der im vorletzten Takt den voll-
Dennoch bedeutet auch 5-i oder 3-i den ganzen Klang, kommenen Dreiklang möglich macht (vgl. II 2 47 tt).
genau so wie 8-i: Kommt doch der Baß auch den unvollständigen
Aufrollungen mit der selben Brechung zuhilfe. s18
Wie der Begriff eines Intervalles zwei Töne voraussetzt, so von dcr
Tellung dct
zerlegen drei Töne die Baßbrechung in zwei Teile: Baßbrechung
Drittes Kapitel
Flg. 7
Aller Inhalt der Musik besteht nun darin, daß sich die unteil-
Von der Baßbrechung im Allgemeinen bare Urlinie mit der zweigeteilten Baßbrechung auseinandersetzt.
Hier öffnen sich die Wege zu den Prolongationen und zuletzt auch
s15 zu den Formen.
rnder
. In der Baßbrechung geht im Sinne des Naturklanges die Auf-
^
Brechuns deß
ste
Basses äurch wärtsrichtung voran, s. in Fig. 6 bei 1); Formen wie bei 2) bis 5)
dle Quint kommen nicht iin Betracht:: bei 2) fehlt die Brechung überhaupt, Das Bild der Baßbrechung im Sinne der Fig. 7 trage der Das hcilige
geht die Aul- Dreieck
iärtsrrchtung bei 3) die Abwärtsbrechung; bei 4) geht die Brechung durch die Musiker im Herzen, heilig sei ihm dieses Dreieck! Schaffend, nach-
voran IV. statt durch die V. Stufe; bei 5) geht die Abwärtsbrechung schaffend immer behalte er es im Ohr, im Auge!
voran, was aber der Natur widerspricht. Die beiden Formen bei 2)
-
Im übertragenen Sinne strebt jeder Einzelklang zu seinem
und 4) drücken noch keine Bewegung aus, bedeuten also für die eigenen Dreieck, ob er nun dem Mittel- oder Vordergrund angehöre
Kunst überhaupt noch keinen Klang: (s. $ 2a2 ff).

Flg. O
Viertes Kapitel

s16 Vom Ursatz im Besonderen


Von der Qulnt
ln Natur und
Aus der Musikgeschichte wissen wir, daß der Einfluß der
Kunst Wissenschaft auf die Musik im Anfang so stark gewesen war, daß s20
sie sich die Quint als clas einzige lntervall auch zum Gebrauch Zeigt die Urlinie ihre Brechung schon im Ursatz mit Sekund- Bedeutung dcr

für den Satz des Kontrapunktes hat aufzwingen lassen. Die Natur schritten melodisch gefüllt, der Baß dagegen seine Brechung noch ,,:,o.ni.i't,,.-
freilich kennt nur die eine Quint, kein anderes Intervall neben ihr, nackt, so hängt das mit dem Unterschied zwischen Höhe und Tiefe linie und Baß
der Mensch aber, der sie doch nur nach seinem Vermögen besitzen, iiberhaupt zusammen.
den Klang nur im Nacheinander erleben kann und zu einer Diatonie Dieser Unterschied geht durch alle Schichten bis in den Vorder-
fortschreiten muß, wird zur Quint auch in mannigfach übertragenem gnrrrd hinein. Die Diminution des Basses bleibt rvegen der Tiefe
Sinn und auch noch zu anderen Intervallen geführt. irtuner zurückhaltender als die der Oberstimme.

36 37
s2r s24
Der ursatz lst Rhythmus ist im Ursatz so wenig möglich r,vie in einer Die Quint oder Terz, die sich zuweilen am Eude einer Kom- Was eine
Quint oder
,,r,itor"iir.r, Aufgabe cles strengen Satzes. position findet, steht im Dienste nur etwa einel Coda oder sonst Terz am
Erst wenn clurch Stimmführungsverwandlungen des Mittel- cines poetischen Zuges, mit dem die Urlinie aber nichts mehr zu Schluß eines
Stückes be-
grundes bei Ober- und Unterstimme Ziige entstehen, drängt die schaffen hat: Die rnuß ganz gewiß schon trüher zu Ende gegangen deutet
Notwendigkeit, die Stimmen gegeneinander zu kontrapunktieren, sein (vgl. S 304).
auf eine rhythmische Ordnung. Aller Rhythmus in der Musik kornmt s25
vom Kontrapunkt, nur vom Kontrapunkt (vgl. S 284 fl.).
Es könnte ge{ragt werden: wenn alle Urlinien gleich sind, DeristTonraum
lm Mittelgrund ist jeder einzelnen Schicht je nach Maß ihres den
woher kommt dann die Ungleichheit der Formen im Vordergrund? Formen über-
eigenen kontrapunktischen Vorrates sogar ein besonderer Rhythmus
Müßte nicht vielleicht zu deren Erklärung noch ein besonderer geordn et
eigen, s. $ 290, also schreitet auch der Rhythmus durch Wand-
Begrilf der Form geprägt und von vornherein der Urlinie beigeordnet
lungen bis zum Vordergrunde fort, ähnlich wie die Metrik und Form,
werden? Die Antwort lautet: Wenn die Urlinie mit dem Begriff des
die auch nur Auswirkungen einer fortschreitenden kontrapunktischen
Tonraum,es sich deckt, s. $ 13, so ist schon damit die Heimat aller
Differenzierung vorstellen.
Formen gegeben: mögen sie nun zwei-, drei-, r'ier- oder fünfteilig
s22 sein, alle empfangen ihren Zusamrnenhang doch nur aus dem Ursatz,
Der Ursatz
macht dle Es geht nicht an, die vermeintlich weitlänfige, deshalb als un- aus der Urlinie im Tonraum, und damit ist dessen Ueberordnung
Lehre vom bequem empfundene Lehre vom strengen Satz damit abkürzen zu folgerichtig erklärt.
strengen Satz
wollen, daß man, wie zuweilen vorgeschlagen wird, den Ursatz zur
noch keines- s26
wegs liber- ersten und alleinigen Quelle des strengen Satzes macht. Stellt doch
tllisslg
der Ursatz nur einen besonderen Anwendungsfall des strengen So geringfügig der Inhalt eines Ursatzes auch scheinen mag, De r Ursatz
kann schon
Satzes vor und erschöpft noch durchaus nicht alle Aufgaben der so reicht er unter Umständen hin, Vordergrund zu sein, meist unter lnhalt elneg
Stimmführungslehre: so zeigt er clie Ober- und Unterstimme nur in Zuhilfenahme von einfachsten Figurierungen, die noch nicht Prolon- Vordergrundes
se ln

Gegenbewegung und in einer Fassung, die mit einem c. f. nichts gationen bedeuten, z. B. Beethoven, op. 27rr, erster Satz, Chopin,
zu tun hat. Wo denn aber, wenn nicht in der Lehre vom strengen op. l0vrrr (,,Fünf Urlinie-Tafeln" U.-E. 10385):
Satz will man erfahren, wie Stimmen gegeneinander auch bei Flg. 7a, b
anderer Gelegenheit als der eines Ursatzes zu führen sind, in
rvelchen Intervatlen, was diese bedeuten, welche Fehler zu ver-
meiden sind usw.? Und ist es nicht auch der strenge Satz allein,
der uns hinter vorgeschobenen Intervallen die eigentlichen erkennen
läßt, der uns darüber aufklärt, daß zrvar als clas einzig tatsächlich
Cegebene in der Musik inrmer und überatl nur die Stinrrnführung in
Betracht kommt, claß deren wahrer Sinn dennoch aber erst zu er-
mitteln ist?
s23
Von der
Schlußformel ln (, werden beide Leitetöne bei der Ober- und Mittelstimme
des Uisatzes vereint und der Baß schlägt den Grundton der V. Stufe an, wodurch
2-i
v-t allein der vollkommene Dreiklang erreicht wird, wie ihn der strenge
Satz für die Schußeinrichtung eines dreistimmigen Satzes fordert.

38
Dritter Abschnitt s2e
Die von mir aus den Meisterwerken geschöpften Ursatzformen Von der
Erstes Kapitel könnten einem hauptsächlich auf Nachahmung angewiesenen Kunst-
wahren Be-
deutung der
jiinger Celegenheit zu Mißverständnissen geben und im besonderen Ursatzformen
Von den Ursatzformen im Allgemeinen zu der Frage veranlassen: Braucht man also wirklich nur einen be-
liebigen Ursatz zu variieren, um im Vordergrund z. B. zu einer Sin-
s27
tonie zu gelangen? Der so iragt, trägt in das Bild der Ursatzformen
Allgemelncs Die Ursatzformen stellen einen Zustand dar, der noch vor allen
die Vorstellung eines bloß zeitlich'en Verlaufes, sozusagen einer
Stimmführungsverwandlungen liegt.
Chronologie des Schaffens hinein. Gerade das ist aber mit jenem
tsilde nicht gemeint. Es erhebt durchaus nicht den Anspruch, Be-
s28 stimmtes über die Chronologie des Schaffens auszusagen, es stellt
Vom Unter-
rchled
Die Ursatzformen dürfen mit den Kadenzen der üblichen lctliglich die streng logische Bestimmtheit im Zu-
"*,rr.r,.n
a.n Harmonielehre nicht v€rwechselt werden. sammenhang einfacher mit komplizierteren Tonfolgen vor
Ursatzformen
und den Ka- Bei den Kadenzen der Harmonielehre wie z. B.: und zwar den Zusammenhang nicht nur in der Richtung vom Ein-
denzen der fachen zum Komplizierten, sondern auch in der umgekehrten
llbllchen Har-
monlelehrc
Flg. t Richtung vom Komplizierten zurück zum Einfachen. Ist es ein un-
kommt das Hauptgewicht dem Stufengang zu. Die Oberstimne verbrüchliches Ges,etz, daß alles Komplizierte, Unterschiedene von
kann vielfältig sein, s. unter 2)-7), und das hauptsächlich unter- einem Einlachen kommt, das im Bewußtsein oder in der Ahnung
scheidet die Harmonielehre-Kadenzen vom Ursatz, bei dem die Ur- verankert ist darauf beruht ja schon der Unterricht in den
linie immer, auch bei 3 ocler 8, nur die fallende Richtung kennt.
- der Musikschulen so läßt sich umgekehrt auch
Elementarklassen
Daher ist selbst bei I ) die Uebereinstimmung des Kadenzbildes mit jeder Vordergrund genau bis auf das-,Letzteinfache zurückverfolgen.
der Ursatzforr Nur darin allein, in den der Ahnung immer gegenwärtigen Verwand-
scheinbar, nur äußerlich.
! ? I ""r lungsschichten, gegenwärtig in der Richtung zum Vordergrund hin
Ferner: im Ursatz hat die Oberstimme, die Urlinie, das Gewicht wie umgekehrt, liegt das Geheimnis des Ausgewogenen in der
einer Spenderin aller Stimmführungsverwandlungen, was der Ober- Musik: die Ahnung begleitet den Komponisten immer, sonst müßte
stimme in den Kadenzen der Harmonielehre durchaus fehlt. jeder Vordergrund zum Chaos ausarten.
Endlich: in den Kadenzen der Harmonielehre werden die
Stimmen mechanisch gefiihrt nach dem Cesetz: gemeinsame Töne Mag das Schaffen von wo immer seinen Ausgang nehmen, von
sind liegenzulassen. Ist aber dieses Gesetz nicht einmal mehr im dieser oder jener Stimmführungsschicht, von dieser oder jener Ton-
Generalbaß giltig, um wieviel weniger hat es in einem Ursatz zu folge die Konzeption bleibt, Gott sei Dank, ein auch der Meta-
sagen, wo die Mittelstimmen hinter den Außensatz der Urlinie und physik- unzugängliches Wunder so vollzieht sich doch alles
der Baßbrechung zunächst zuriicktreten.
-,
Wachstum, jede Fortsetzung, Fortführung, Verbesserung stets nur
Nur ein Gefühl, das sich der Ursatzformen in ihrem vollen be- unter der Gesamtkontrolle durch den Ursatz und dessen Ver-
grifflichen wie inhaltlichen Gegensalz zu den Kadenzen der üblichen wandlungen, durch die stete Fühlungnahme von Hinter-, Mittel-
Harmonielehre bemächtigt, kann in die Horizontale hinausstürmen und Vordergrund. Der Ursatz ist so beim Schaffen immer gegen-
und Verbindungen vom Hintergrund über den Mittel- zum Vorder- wllrtig, er geht mit allen Verwandlungen im Mittel- und Vorder-
grunde schaffen.
13rund rrrit, wie mit Kinclern ihr Schutzengel.

40 4l
Was über die bildliche Darstellung der logischen Zusamnten- Zweites Kapitel
hänge vom llinter- zum Vordergrund hin und umgekehrt noch
hinausgeht, rveil es sich einer bildlichen Darstellung überhaupt Von den bei 3, 5, 8 moglichen Ursatzformen im
entzieht, ist also:
Besonderen
Der Ursatz bleibt immer schöpferisch, er ist imnter und überall
zugegen und wirkend; die Gleichzeitigkeit in der Ahnung des
Künstlers ist aber gewiß kein größeresWunder als etwa dasWunder
s3l
Die Ursatzform bei 3 lautet: Von der Ur-
in dem Erleben eines Augenblicks, der trotz kleinstem Zeitraum ein satztorm trel 5
ähnliches Abtasten von Vorausgegangenent, Gegenwärtigenr und Itg. I
Zukünftigem zuläßt. Zur Erläuterung ihres Inhaltes diene: Der Terzzug e2--d2-sz,
gestützt bloß auf den Grundton der I. Stufe, würde nur den einen
s30 Ton e2 ausdrücken, noch nicht den Urlinie-Zug 3-2-i: fehlte
Die Verwand- ln der Richtung zum Vorclergrund hin sind die Verwandlungs- cloch clem Baß die Brechung, also jede Bewegung überhaupt.
tj,i-."ri[Tj::"chichten Die Unteilbarkeit der Urlinie siegt über die eingeborene Zwei.
als Träger wirklicher Entwicklungen zugleich Wiecler-
holungen holungen (Parallelismen) höchster Ordnung, sofern auch von Ver- teiligkeit der Baßbrechung (s.SS 6 und l8).
zu Verwandlung der Begrifl cler Wiederholung anzu-
",lli'iiili",;,*andlung
ordnuns und wenden gestattet ist. Die geheimnisvolle Verborgenheit solcher s32 e-2
t-v
:;fftT":"- Wiederholungen ist ein biologisches Schutzmittel: die Wieder- Die ersten beiden Intervalle der Ursatzform, die Dezime (Terz) erötlnen den
Aulhattuns holungen gedeihen im Ceheimen besser als im vollen Lichte des und die Quint, tragen in sich die Möglichkeit der Auskomponieruns Ausblick aul
Prolonga-
Bewußtseins. in Form eines Terz- und Quintzuges. tionen durch
Freilich, bei großen Spannungen wie z. B. in einer Sinfonie einen Terz-
und Quintzug
ist Genie, die Gabe cler Improvisation, des Weithörens Voraus- s33
setzung. Kurzhörigkeit in der Musik ist außerstande, große Span- Die Ursatzform Fig. 9 kann sich auch irn Vord,ergrund noch un- Ausblick auI
dle Form lm
nungen zu entwerfen, sie sieht gerade das Einfachere nicht, auf das geteilt behaupten, d. h. in eine ungeteilte Form eingehen (S 307). Vordergrund
sie das Weitläufige stützen könnte. Doch ist die Fähigkeit zu
Doch gibt der durch
größten Spannungen bei einem Genie nicht weiter erstaunlich: wer I angecleutete Quintzug, nach Fühlung-
wie das Genie kleinste Terz-, Quart-, Quintzüge usw. mit Leichtig- ttahme mit dem Vordergrund, auclr schon clie Möglichkeit einer
keit und in Fülle schafft, dem bedeutet es dann nur einen größeren vordergrundmäßig gedachten Modulation in die Tonart der Domi-
geistig-physischen Kraftauir,r'and, um solche Züge auch noch nante, die dann der Unterbrechungsform Z_'2!t3-2_i besonderen
weiter zu spannen uncl encllich iiber den vielen kleinen und größeren Ilückhalt gewährt (s. $ 87 und g 308 ff).
den einen größten, den Urlinie-Zug! Aus kleinen Teilstrecken
setzt sich ja auch jeder Weg mit weitestem Ziele zusammen, und auf
s34
der Strecke, wo Lokalzüge verkehren, rast der Fernzug auch. Die Ursatzform bei 3 lautet: Von der Ur-
satzform bel 6
Aut dem Weg zum Vorclergrund als dern letzten Ziel bedeuten Flg. lO
die Verwandlungen zugleich eine A ut h a I t u n g (Retardation),
wir sind vom Ziel noch entfernt, solange die Spannung und Inhalts- s35
mehrung in den Verwandlungsschichten noch anhält. Die Aufhaltung Wie die Ursatzform Fig. 10, t) zeigt, geht die 4 über ctem
zählt demnach zu den wertvollsten kompositionellen Mitteln.
l,ll,"läjä
Crundton dissonant durch. Als dissonantes Intervall aber läßt die 4 a-C'äi"""1"",
durch-
gehenden i
(| 5
keine Auskomponierung zu, denn ein Intervall, clas selbst im Durctr-
gangszustand ist, kann nicht zugleich Kopfton eincs Auskompo- s40
nierungszuges sein, der notwendig l<onsonant sein muß. Im disso- In der Möglichkeit einer Cliederung6-i liegt die Wurzel der Ausblick auf
die Form
nanten Zustand bleibt deshalb die 4 ohne jene Betonung, wie sie lJnterbrechungsform 5-2115-l im Vordergrunde (s. S 95 ff.).
im
Vorderg rund
ein konsonantes Intervall sonst dadurch erfährt, daß sich Auskom-
ponierungszüge aus ihm gewinnen lassen (s. SS 169, 170). s4l
Die Ursatzform bei 8: Von der Ur-
Flg. ll satzform bei 6

]."#,"*j,0,ä, Bekennt sich aber oi. g ul iu.r,r. oder Terz des Crundtones
s42
wieder zur Konsonanz, so ergibt sich der Widerschein einer
t#-J",ll,l
^Gliederung
cliederung von 5-3-i
1s. nig. 10, 2) von selbst.
Das Konsonieren der 3 und 3 zum Orundton des Klanges bringt Vom Wider-
aber die Wirkung von mehreren Cliederungen mit sich
schein
des Leeiaurs In diesem Zusammenhang betrachtet wirkt aber das erste Ur- m eh rerer
(s. Fig. 11, 1).
linie-Stück 5-a-3 mehr wie ein llüchtig gefüllter Terzraum denrr
Oliederungen
Dabei zeigt sich der Leerlauf in einem noch viel größeren Maße
als ein mit Hilfe eines kontrapunktierenden Baßganges durch-
;rls bei 5-i, weshalb oft Zweifel rege werden, ob nicht doch ein
gearbeiteter Terzzug: das erzeugt schon zu Beginn des Urlinie-
(.)uint- oder vielleicht ein Terzzug vorliegt, wie in Fig. 11, 2) und 3)
Quintzuges einen gewissen Leerlaut, unter Umständen den
zu sehen ist.
Zweifel, ob nicht überhaupt die Ursatzform 3_2-i vorliegt
(s. Fig. 9). Gegen den Leerlauf wäre aber noch nicht alles geschehen,
;ruch wenn wir den Grundton der V. Stute schon unter die ? oder .6

s37 lrr?ichten (s. Fig. 11, 4) und 5).


Vom Wlder-
schein einer
Endlich durch I! ergibt sich eine Betonung der 2, die vom
Glied^erung früheren Leerlaul besonders krältig absticht; dadurch aber s43
5-2-l
scheint der Quintzug einer ancleren Clieclerung verfallen (s. Fig. 10, Vor allem muß der Leerlauf behoben werden, damit klargestellt von der Aur-
3), als wäre mit cler 2 cler Quartzug 6-2 zustanclegekommen. ist, ob ein wirklicher Urtinie-Zug 8-i vorliege. Das kann ,. g. ,i:rt"i;,#l |ii
--'
tlrtrch die Gliederung B-5-i mit zwei Brechungen im Basse ge- ä-.i.iü
s38 rclrelren (s. $ 77 und Fig. 19 b, S 107 und Fig.27, a,b).
wah'uns der Bedenken wir aber, daß beim Abschluß cles Urlinie-Stückes
H:"":äTj,l 6-3 oder 5-2 oer zwang zur i fortzusehen noch immer besteht,
s44
d,es urlinre- so bestätigt sich das Gesetz von der l.lnteilbarkeit des Die ? eines 6-i-Zuges muß, wenn er ein wirklicher Urlinie- Die ? tst
Quintzuges
Qu
B-i
';;;;
ntzuges
i
im Ursatz, nrag auch der Schein irgend einer Glieclerung dagegen- Zrrg ist, nicht etwa ein Oktavzug in der Coda, s. z. B. Fig. 73, 4,
diatonisch

ieden. scheln sprechen (s. S 6). strcng diatonisch sein, also ohne Chroma (b).
elnet
Cllcderung
s3e
Ernblick rn die Nach dem in den lrüheren Paragraphen Vorgebrachten mufJ es
.," l'|',i,lrll;_ nun Aufgabe des Mittel- uncl Vordergrundes sein, den Leerlauf der
rorm ber 6 durchgehenden 4 durch Konsonantmachung, Auskomponierung zu
sterrt beheben und enclgiltig die Form der Gliederung: 5-3-i oder
E-2-i festzustellen und herauszuarbeiten.
45 X,
't
ZWEITER TEIL

MITTELGRUND
Vom Mittelgrund im Allgemeinen
Einleitendes

s45
Als sprachliche Bindung bedeutet ein Name immer zugleich Namengebung
r,irrc logische Bindung, eine sachliche Einheit: deshalb ist Namen-
gclxrng eins der wichtigsten Ceschäfte bei der Rechenschafts-
It,gung des Geistes.
Wegen des Zusammenhanges mit meinen früheren theore-
lischen und analytischen Arbeiten behalte ich 'zur Bezeichnung
tlcr Stirnmfl'rhnrngsschichten im Mittelgrund auch in diesem Bande
rlic lateinischen Wörter Prolongation und Diminution, doch werde
ich nrich wie übrigens auch schon bisher für die selben Begriffe auch
rk'utscher Bezeichnungen bedienen wie Stimmführungsschichten,
Stirumführungsverwandlungen, kürzer Verwandlung, Mehrung, Aus-
rvicklung, Auflösung, Umwandlung, Umbildung u. ä.

s46
Auch die Ver-
Wie schon der Ursatz ein Inslebentreten des Klanges aus einer wandlung ent-
It'bcndigen Naturkraft heraus bedeutet, so ist es wieder die Urkraft springt elner
tlt'r einnral eingeleiteten Bewegung, die sich lebendig von selbst lebendlgen
Naturkralt
lortsetzen und steigern will: das zum Leben Geborene will sich mit
Naturgewalt ausleben. Die Verwandlungen nur als äußerliche
V:rriationen aufzufassen, entspräche deshalb nicht dem künst-
It'rischen Sachverhalt (vgl. $ 30).

s47
So ist es aber nicht, daß eine bestimmte Ursatzform nur be- Von der
Freihelt der
slirrrmte Verwandlungen fordert sonst müßten alle Ursatz-
-
Iorrrren zu den gleichen Verwandlungsformen führen vielmehr
Verwand-
lungen

l:illt sie die Wahl der Verwandlungen grundsätzlich frei, -, wenn nur
tlie Unteilbarkeit und Bindung aller Zusammenhänge gewahrt bleibt.
Ueber die Wahl der Verwandlungen entscheidet dann im
l:rrgcren die Fühlungnahrne des betreifenden Ursatzes mit den
sp:ilcrcn Schichten, wie schließlich rnit dem Vordergrunde. Wie
schon in $ 29 gesagt wurde, ist gerade diese Fühlungnahme der
Irrlr;rlt rles Bildes von Hinter-, Mittel- und Vordergrund.
So mag z. B. in der Etude )(xrr vep Chopin (Urlinie-Heft 1) rnrrrrrrcnhänge eröffnet hat, werden aus dem selben Grunde ihre Zu-
die Nebennotenharmonie zu Beginn (s. Fig. l2 a) wahrscheinlich rllrrrnrung auch den Urlinie-Tafeln nicht versagen können. Doch
schon mit dem ersten Urlinie-Ton in die Fantasie getreten sein; rlrnfehle ich Jedermann, die kleine Mühe auf sich zu nehmen, vom
oder: im Scherzo Des dur von Chopin (s. Fig. l2b) mag ebenso Vorrlcrgrund aus in den Mittel- und Hintergrund hinabzutasten: er
der Satz zur ersten B re c h u n g mit dem ersten Urlinie-Ton mit- brrrrcht ja nur die in Büchern und an Schulen gelehrten bekannten
gekommen sein (s. $ 125): Mr,lhoden der Abkürzung weitläufiger Diminutionen anzuwenden
r'rg. rP rrrrtl gelangt zu immer kürzeren Fassungen, zuletzt zur kürzesten:
Dennoch bleibt es dabei, claß nur der Ursatz den Komponisten leitet. rrrnr Ursatz!
s50
s48 Die Cenies übertas'sen sich vertrauensvoll ihrem Weitblick; Ablehnung
der übllchen
Von d€r Zahl rleshalb stellen sie ihr Werk nicht etwa auf das was gemeinhin Bezeich-
der Unmöglich ist es, die Zahl der Schichten festzulegen, wenn-
,,Mcloclie", ,,Motiv" oder ,,Einfall" genannt wird, vielmehr ist der In-
Schichten nungen
gleich sie in jedem einzelnen Falle genau bestimmbar ist, wie ich in Melodle,
lr;rlt in den Verwandlungen und Zügen begründet, deren Einheit aber Motiv, Elnfall
meinen Arbeiten an vielen Beispielen gezeigt habe. Jedenfalls ent- u. dgl.
rricht Teile, also auch nicht Namen für Teile zuläßt. Setzt doch jeder
halten die ersten beiden Schichten schon die Abzweigung in das
Zrrg, wenn er nicht gerade raschestens in Sechzehnteln oder Zwei-
Besondere eines Kunstwerkes. Außerdem gibt es Prolongationen,
rrrrrltlreißigsteln vorüberläuft, schon eine gewisse Weitsicht voraus,
die nur in der ersten, andere, die nul in der zweiten Schicht Platz
flir die Melodie oder Einfall belanglos sind. ln Zügen sicher
linden. In den weiteren Schichten richten sich die Prolongationen sclraffend hat das Genie nicht nötig, Angst vor Flachheit oder Un-
dann nach denen in den ersten beiden Schichten.
r,rf{illtheit des Augenblicks zu empfinden oder inmitten der Züge
sich rus Ratlosigkeit zu überstürzen. Sorglos bringt es oft sogar
s4e lnr Anfang eines Werkes die einfachste Auskomponierung, wie sie
)tä.d"j',,ti- I-leber t'lie Stimmfiihrungsverwandlungen sich nur mündlich zu 'l('r llnllegabteste Kompositionsschüler als zu wenig interessant gar
verw€chsluns unterhalten, sie nrrr anztrdeuten, ist ein unfruchtbares Beginnen,
der Schichten
rricht in die Feder nähme. Freilich aber hat ein Genie auch schon
man muß sie sozusagen schreib-körperlich in die Finger nehmen, rlic Fortsetzung und damit eine Folge von Auskomponierungen im
um sie sich aufs G'enaueste zum Bewußtsein zu bringen. Erst die ( )lrr, rlie als G a n z e s eine weit höhere und notwendigere Melodie
genaueste Darstellung auf dem Notenblatt wirft Fragen auf, die zu vorstellen als die eine Melodie oder der eine Einfall im üblichen
klären notwendig wird, geht es doch gerade um die kleinsten Sirrrrc crgeben kann. Was sollte etrva als Melodie oder Einfall
I{leinigkeiten der Stimrnführung. Der Komponist, dem eine wirklich z []. in jenen Stücken bezeichnet werden, in denen sich der Gesamt-
geniale Begabung versagt ist, weiß aus Erfahrttng am besten, wie ;rlrl;ruf genau nur mit dem Urs,atz deckt? (Vgl. $ 26.)
er im Vordergrund gerade über den Vordergrund, über die Kann so bei den Meistern von Melodie und Einfall im üblichen
Schwierigkeit einer Beschaffung von Diminutionen u. ä. stolpert: Sirrrrc überhaupt nicht die Rede sein, so noch viel weniger von einem
so gehe er denn hin und lerne ihre Gesetze kennen! ,,(i;rng", von ,,Sequenz", ,,Füllsel" oder ,,Kitt" im Sinne zu geltender
Die von mir Urlinie-Tafeln benannten Bilder zeigen die vor- l(rrnstbegriffe: was hätte denn vergleichsweise in einem logisch
letzte Stimmführungsschicht, auf sie folgt der Vordergrund. An die ;lt,lrarrten Satz der Sprache Kitt zu heißen, und wie wäre ein Einfall
Urlinie-Tafel also mag sich halten, wer um Mittel- und Hintergrund vorrr Kitt zu unterscheiden?
sich selbst zu mühen keine Lust verspürt. Leser, die meiner Dar- Also ist es gerviß nicht unangebracht, Ursatz- von Einfalls-
stellung des Vordergrundes z. B. in der Monographie IX. Sin- korrrponisten zu unterscheiden. Die Einfalls-Musiker sind genötigt,
"Die
fonie" (U.-E.Nr.3499) Beifall gezollt haben, weilsie ihnen neue Zu- rrnnrcr auf die Wirkung im Augenblick bedacht zu sein, sie

5l
flattern von einem Augenblick zum anderen, statt aus Hinter- und trltt vereinzelt auf, der Durchschnitt ist ewig .- zwischen diesen
Mittelgrund höhere Einheiten zu beziehen. Sie verteidigen ihr Un- lrci<len Zonen gibt es niemäß eine Verbindung, nie, nie! Für dle
vermögen neist mit der Wendung, daß sie so und gerade nur so 7.til, rla das Genie aussetzt, trottet seit Urzeiten der Durchschnitt
haben schreiben rvollen und geben damit zu verstehen, daß sie es lllcichmäßig r+,eiter; aber auch die Gleichzeitigkeit von Genie uncl
wohl auch den Meistern gleichtun könnten, wenn sie nur wollten! l)rrrchschnitt bedeutet noch durchaus nicht Kultur für den Durch-
Wagten sie nur einmal den Versuctt, ein wirklich organisches Werk ,ielrnitt, am allerrnenigsten aber ist es etwa so, daß der Gang der
zu schaffen! In äußerster Verlegenheit flüchten sie aber zu ihrem l(rrltur sich in Kurven bewegte:
Gefühl, dort nun wie sie glauben! unangreifbar, ich füge Flg. l3
-
hinzu: eines Angrifts auch nicht würdig!-
s52
Alle Vorgänge, die sich im Wunder der Ftihlungnahme vom Auf der einen Seite ist der Kampf g€gen die Diminution ent- Der Stand
von
Ursatz zum Vordergrund und umgekehrt begeben, aul feste an-
heüte
brannt: Weil ihr niemand mehr gewachsen ist, wird sie kurzerhand
schauliche Formen zu bringen, ist unclenkbar, an1 allerwenigsten attf abgeschafft und es wird auf die Technik jener ersten kontrapunk-
solche Formen, clie clie öde flüchtige Neugier cler Menschen be- lischen Erzeugnisse zurückgegriffen, die die ersten Ansätze einer
triedigen könnten. Ein Wunder will Wunder bleiben, es versagt sich l)iminution aufweisen. Man redet sich eine Wiedergeburt des
denen, die nicht begnadet sind, Wunder zu erleben. Jene Ceheim- l)rimitiven, einen Ans'chluß an die ältesten Meister ein u. ä., ohne
nisse sind aller Metaphysik unzugänglich, sie sind weder lehrbar nber zu bedenken, daß erst die Diminution, wie sie in den Meister-
noch lernbar. Nicht einrnal hat man bis heute gelernt, die Vorgättge wcrken der Genie-Epoche geschaffen worden ist, das allein
zu er{assen, die wirklich obenauf liegen, und auch dem Musik- Schöpferische in der Musik, ihren eigentlichen Sinn, ihr Wesen
hörigsten sind bis zur Stunde die einfachsten Züge im Vordergrund vorstellt.
noch unzugänglich, unfühlbar. Uebrigens hat die Diminution, wie sie heute im verzweifelten
llingen um Inhaltsmehrung angestrebt wird, gewiß nicht einmal
s5l rlt'n Wert jener ersten Diminution, in der die Kraft noch jung ge-
Vom Stand
Die Geschichte cler Musik wiederholt schon habe ich darauf wcsen war und Züge zu schaffen drängte -- die Diminution von
der Musik-
geschichte aufmerksam gemacht
-
hätte der Frage nachzugehen, wo,wann und Irt'ute kommt nur von absterbenden Nachahmungstrieben ohne
wie der musikalische- Stoff vom Unzusammenhängenden den Weg jctlcs Talent. Deshalb auch erleben wir heute in den Ausgaben der
zum Zusammenhang gefunden, wann namentlich im Ohr der ersten Mcisterwerke und im Vortrag ihrer Diminutionen immer nur Miß-
Schaffenden der Sinn tür Züge sich ausgebildet hat als die ersten vcrständnisse.
mit einem Zwang zum Fortschreiten in der Horizontale aus- Auf der anderen Seite ertönt der Ruf nach Melodie, worunter
gestatteten Einheiten und hätte festzustellen, wann man daranging, zrrrrreist kleine, schmackhafte Ohr-Kanditen verstanden werden.
ihre Tragkraft mit weiten und weitesten Verwandlungen zu belasten. l'ossierlich ist es dann, wenn sich die Werber um Melodie gleich-
Vor der Kunst solcher Verwandlungen ist es dann einerlei, ob zt'ilig um einen weiten Bogen mühen. Sie empfinden dunkel, daß
wie die Historiker meinen z. B. Seb. Bach monothematisch,
- rlie Musik ja einer gewissen Länge bedarf um sich auszuschwingen,
-
Beethoven polythematisch geschrieben hat. Trotz dem ewigen rrrrrl da Melodie und Länge in ewigem unlösbaren Widerspruch
Einerlei an Zügen gibt die Kunst der Musik Raum noch tür unzähl- slchen, wollen sie sich durch eine Theorie das Recht auf künstlichc
bare Genies! lirzcugung von Länge sichern und zrvingen sich so zur Dehnung
Nur hüte sich der Geschichtschreiber, Genie und l)urchschnitt cirrcs Stoffes, der zur kürzesten Kürze verurteilt bleibt. Kaum kann es
in einer Ebene zusammenzulesen: Dieses Zusammenlesen hat zu r.irrt. vcrhängnisvollere Kompositionstechnik geben als die von so-
einem falschen Begriff der Kultur überhaupt getührt' Das Genie gcnannten weiten Bogen der Melodie.
Vom Mittelgrund im Besonderen
erhöht wird. Doch geht in beiden Fällen die Einheit der Quint-
Erste Schicht brechung über den Terzteiler hinweg.

l. KaPitel
s56
Von der Verbindung einer unprolongierten Ur- Die Bilder bei 2 a) und b) zeigen den Einbruch von Sekund- ständig€n
Von dct voll-
Aul-
linie mit einer kontrapunktisch melodisclt schritten, die als die eigentlichen Träger des l(ontrapunktisch- tlillung der
prolongierten Fassung der Autwärts-Baß- Brechung
Melodischen zu gelten haben. Die Brechung ist mit sekundschritten durch S€kund-
Brechung l-V so gefüllt, als wäre sie eine rnit Durchgängen gefüllte Oberstimme. schritte (zu
2t-d,
I)adurch wird zwar eine gewisse Schwebe zwischen der harmo-
s53 nischen Grundbrechung und der melodischen Auffiillung erzeugt,
rloch findet diese Schwebe Lösung und Ausgleich zuletzt durch den
Vom Begrlfl
Unter einem Melodischen des Basses ist hier nicht eine Be-
det Kontra-
punktlsch- wegung des Basses im Sinne des gebräuchlichen Begriffes der Quintfall V-1, der die harmonische Teilung des Klanges mehr als
die Ablehnung clieses vermeintlichen tlie melodische Füllung der Aufwärtsbrechung unterstreicht.
Melodlschcn
Meiodie zu verstehen
ln der - sondern im Sinne der durch die Die Bilder 2a),b) stellen die Füllung der Bilder in I a) und
wärts- Kunstbegriffes s. in S 50
Auf
brechung -,
Tietenlage bedingten natiirlichen Beschränkung des Basses (s' b) vor, doch kann die Füllung, s. bei c) und d), je nach dem Stand
tler Urlinie auch noch andere Bedeutungen gewinnen.
$ 20) bloß eine Auffüllung des Raumes I-V, die
dazu dienen soll,
gegen den noch unprolongierten urlinie-zug zu kontrapunktieren. Wenn wie bei c) durch einen Urlinie-Ton der vierte Ton F
runterstrichen wird, dann erhalten wir innerhalb der l-V-Füllung
Dadurch, daß die urlinie noch im unprolongierten Zustantl
tlcn Quartzug C-F mit der Wirkung von l-lV; diese Beziehung
bleibt, ist die Füllung, mit der der Baß nun den ursatzbaß über-
schreitet, fast nicht zu bemerken, und doch zwingt sie als Prolon- rlriicke ich durch einander kreuzende Bogen aus: l;!l4|V; die
gation des Basses immerhin den neuen kontrapunktischen Satz
schon in die erste Schicht zu verweisen. V. Stufe ist das Ziel, die IV. der kontrapunktisch-melodisch zu
llilfe II, S. 2l ff.).
genommene Sekundschritt (vgl. Jhrb.
Wird aber wie bei d) schon der zweite Ton durch den Ur-
s54
y;::,t"'"1 Die nachstehende Fig. 14 zeigt die möglichen Auftüllungen' linie-Ton hervorgehoben, so ergibt sich die Beziehung l9^,
oberqulnt Um sie aber verständlich zu machen ist es notwendig, den Begriff
der stufe, dessen methodische Darstellung erst später erfolgen wobei l-ll den kontrapunktisch-melodischen S e k u n d s ch r i t t
kann (s. S 276 ff.), schon hier vorwegzunehmen: vorstellt.
Flg. 14 s57
Die Bilder 3 a) und b) zeigen eine Terzbrechung wie bei vom ueber-
s55 I a), b) und 2 a), b), die Bilder 3 c) und d) die Wirkung uon.i3,'il*iln,l"T-
J:lrff: Die Wege in I a) und b) stellen eine Brechung der Quint | -lV-V oder I-ll-V wie bei 2 c) und d).ln den letzteren beiden schrittes.(zu
3 8-d)
a"'.i-ii" ä'"durch die Terz d,ar, womit der Begriff eines T e r ztei I e r s ge- Fällen steltt der Terzton, trotzdem der zweite Ton der Füllung
(zu I a u' b) geben ist; sein Sinn wechselt je nachdem er wie bei I a) bei der
t'ntfällt, doch nur einen Durchgang vor, selbst dann, wenn er
l. Stufe bleibt oder wie bei 1 b) den Wert eines selbständigen wic llci d) eine fi3 hat; die Betonung des folgenden Sekundschrittes
Grundtones hervorkehrt, namentlich wenn die Terz (: III #) tlurch tlen Urlinie-Ton ist es, die die wahre Absicht auf die kontra-

54 55
pünktische Fassung I-IV-V oder I-ll-V zeigt (s. Fig. 15, 3 c). [)ie Uebertragung der Baßfassungen Fig. 14, 1-6 auf Einzel-
Wer hier noch im Sinne der Rameau'schen Harmonielehre klJirrgc im Laufe der Schichten und im Vordergrund erhöht deren
hört, kann sich freilich nicht entschließen, den Terzton zugunsten lft'rletrtrrng und schafft Inhalt (s. S 242ff.).
der Quart fallen zu lassen, was dann aber den Vordergrun d ganz
gewiß unzugänglich macht. s63
Unter dem Schutze der Einheit können in die Füllung noch Von weiteren
Einschal-
rvcitere Einschaltungen erfolgen, und zwar in Form von Quint-
Vom Ueber-
s58 l,llllcrr, die auf die einzelnen Crundtöne der melodischen Füllung
tungen und
ihrer Abbre-
viation
springen des Das Ergebnis ist das gleiche wie bei 1 a, b,2 a, b und 3 a, b. rvit'tler quintal zugehen. Diese Quintfälle abbreviiert nun in seiner
letzten Sekund-
schrittes (zu We ise der Baß, indem er sie zum Zweck kontrapunktischer Hancl-
4au.b)
lr;rlrurrg so zusammenrückt, daß sich die im Melodischen so will-
s5e lirrrnrnenen Sekundschritte bilden können, wodurch der Baß zuletzt
Vom Ueber-
sprrnsen des
ersten und
Die Wirkung bei 5 ) ist gleich I-IV-V oder I-ll-V, die rrr eugenfälliger Weise doch nur als melodische Durchblutung der
zweitenDurch-bei6) ist gleich I-ll-V. Somit entsprechen die Bilder 5) und 6) Arr[rvärtsquint erscheint (vgl. g 283).
rii"äl'"|ä|, im Grunde clen Bildern 2c) und d) und 3c) und d).
des dritten
und vierten
Durchgangs-
s64
tones (zu 0)
s60 Selbst die stete Neigung des Basses, das Melodische der Ur- Der unt€r-
lirie mit Sekundschritten zu erwidern, ändert nichts daran, daß er ;:H1"
Von den Zum erstenmal erscheinen in Fig. 14, 6 zwei Quintfälle in un-
ersten zwei irn (iegensatz zum Basse einer c.-f.-Aufgabe einzig und allein auf einem.kontra-
ö"igin"' mittelbarer Folge, freilich noch mittels einer Umkehrung der ersten
rr-v-r.uei Quint in eine steigende Quart so in die Brechung eingefügt, daß rlit' llrechung durch clie Oberquint beclacht bleiben muß. ,,:ilJJi:n"
rts' t4' o Auch der Zugang zur Y . Stufe gestaltet sich im kontrapunktisch BaB ^und. dem
durch den Sekundschritt I-ll das nreloclische Prinzip der Füllung
bestätigt wird. In diesern Sinne diirfen r,vir auch 2 d) trotz F'üllunE; Ir,longierten Baß anders als im Baß einer c.-t.-Aufgabe: do,-t
trlolgt er irn Sekundschritt IV--V, hier ist ein solcher Sekundschritt "Y:or";;:;.
cles Quartraumes hier nrit in Betracht ziehen. Die große Be-
rvt'rler erforderlich, noch auch immer ausführbar.
cleutung solcher zwei fallenden Quinten überhaupt wird später bei
I)er Sekundschritt ry-V in den Kadenzen des Vordergrundes
S 74, S 276ff aulgezeigt werden. li,rnrrut also vom Kontrapunktischen her! Danrit ist die Frage
Auch die
rr;rclr cler Herkunft des wundersamen Sekundschrittes endlich be-
l(ont ra- s6l rrrrlrvortet: Daß sich der Quinten-Geist der Stufen auch der IV. Stufe
#:[::l'1" Die kontrapunktischen Fassungen in Fig. 14, l-6 sind genau rriclrt anders als durch eine Quint ('oder Quart als Umkehrung)
Fig- r-6so arhythnrisch, ametrisch, forrnlos wie der Ursatz (s. $ 2l ). lrt'rrr;ichtigen kann, hebt den kontrapunktischen Ursprung. des
sind.r4,
noch
arhythmisch
St,kunclschrittes IV-V nicht auf !

Elne Prolon-
Von der Be- s62 gation der
ziehung der s65 Abwärts-
kontra- Daß die noch unprolongierte Fassung des Ursatzbasses aus-
ln cler ersten Schicht geben
$-i üU.rftaupt noch keine Ge-
pun ktischen b rechun g
o'".r""*."-i" reicht, um zu einer Form iln Vordergrunde zu gelangen, wurde V-l kann in
Fis. 14' 1--6schon zu Fig.9-11 erklärt; das selbe gilt auch von den kontra- It'gcnlreit zu einer Prolongation des Basses im kontrapunktisch- der ersten
rrre krtlischen Sinne (s. Fig. 15-18.).
Schicht nicht
'i,'r,lj,J""Tpunktisch prolongierten F.assungen Fig. la, t-0. aultreten

57
Auswirkung wIil tlic urlinie an den tallenden weg von vornherein gebunden
lrh.ilrl, ist hier die Gefahr solcher Fehler sogar größer als im
der kontrapunktischen Fassung bei 3, 5 oder 8
rlrt.rrgt'rt Satz, was mit ein Grund dafür ist, daß sich der Komponist
lrr,runtlcrs bei 5 und I auf die Bahn der Verwandlungen zwangs-
a) im Allgemeinen
lltrrtig gedrängt sieht.
S 69
s66
Wcgen der rhythmischen Einteilung der Intervalle kann .. ^ä:lj;;;'."-
Auch lm ncu- Nun soll eine noch unprolongierte Urlinie, gleichviel ob mit vnrkontnten, daß auch in dem neuge\\'onnenen Satz Urlinie-Tön€ Satz läßt Ur-
1'"äffiffi 3, 6 oder I beginnend, mit den kontrapunktischen Fassungen des t;:l;il";":;-
rrrrr,lichst in einem dissonanten Zustand durchgehen können wie in
dcr stre.nge Basses Fig. 14, l-.6 zu einem Satz gefügt werden. Das erfolgt
Satz ln rh.r lJrsatzform bei 5 (vgl. S 35). im dissonanten
ää"# wieder nach den Regeln des strengen Satzes, somit bleibt die Kon- Durchgang er-
schelnen
sonanz das Grundgesetz der Stimmführung, die Dissonanz erscheint
nur als Durchgang oder Synkope.
s70
Die durch den neu gewonnenen Satz erzielten Intervalle deuten hrrlem die Fassung des prolongierten Basses neue Kläng. ff'il*"'.llJ;
schon die nächsten Aufgaben in den späteren Schichten an. Irlrvortreibt, wirkt sie zu innerst als eine Auf haltung (Retar- den proron-
ierten Baß
rl;rtiott)
s67 s71
tmAußenertz: Die fallende Urlinie und der melodisch aufwärtsziehende Baß Es ist klar. daß auch dem Satz der Auswirkung eine Polyphonie Der-neue-satz
als Polvphonic
"*"f.lli: tnbild.n das erste Beispiel von zwei Zügen, deren nach dem strengen rrrt,r'kannt werden muß wie bei jedem Beispiel des strengen Satzes.
bew€guns Satz geregelte Gegenbewegung für die Folge maßgebend wird. lk'rlt'rttet doch Polyphonie nichts anderes als eine Folge von Inter-
""i.,,1'äuf,lt- Die Notwendigkeit, zrvischen den Tönen der Züge, deren Zahl v;rllcn in ihrer besonderen zeitlichen Ordnung.
lhreE rhvth- verschieden sein kann, drei, {ünt oder acht, einen Ausgleich zu Ncbenbei: Da auch Tänze, wie z. B. Walzer, notwendig ihren
'ttcj,llnl"*tchaffen, führt zum erstenmal zu einem musikeigenerr R h y t h m u s. llrsprurng in einer Ursatzform und deren Wandlungen haben
Die Wurzel de.s musikalischen Rhythmus rriisscn, so muß auch ihnen Polyphonie zugebilligt werden, wie
liegt also im Kontrapunkt! Da es so ist, nur so, ist xclrwcr es im allgemeinen auch fallen mag, das zu begreifen (vgl.
cier musikalische Rhythmus nicht zu ertanzen, zu erturnen, nur der llr, s.7).
heute so verwahrloste Musiksinn konnte auf diese albernen Mittel b) im Besonderen
verfallen.
Mit den späteren Schichten wandelt sich entsprechend auch s72
der Rhythmus, bis er, noch immer im Kontrapunkt verankert, durch I)ie Auswirkungen bei 3-i macht Fig. l5 anschaulich; sie Auswlrkungcn
bel 3-l
Hinzutreten des Metrums seine letzte Vordergrundfassung erhält lrt,rlerrten alle Leben und Wachstum, wie es im Laufe der Dar-
(s. $ 28a-300). r,lt'llrrng noch viele Beispiele bezeugen werden:
FiE. 16
s68
Be- s73
von der Außerdem setzt sich der Baß auch hier u'ie im strengen Satz
den Mittelstimmen in Beziehung. Die Gegenbervegung int l)cr Satz bei 1b) zeigt den Fortgang der Mittelstimme, die Bemerkungen
zu Fig.
l-eitton der V. Stufe mit einem neuen Klang (: IIIIfi)
15
"T:JJ:"H"zu
Mittelstimmen Außensatz verhütet Quint- und Oktavfolgen von vornherein, da-
Irr rlt'n
lrirrt'irrhilft. Das selbe gilt vom Satz bei 2 b).
gegen drohen sie in der Beziehung zu den Mittelstimmen: schon
Bei dem ersten Beispiel unter 2 c) eröffnet sich die Möglich- s75
keit einer lV. Stufe, die die Sept-Synkope mit sich führt. Diesc l)ic Auswirkungen bei 6-i veranschaulicht Fig. 16; auch vep Auswirlungen
Synkope stellt den Begriff des S eptzwanges auf, wie er bei tlrr gilt, was zu Fig. 15 in $$ 72-74 gesagt wurde'
bet 5-1
Prolongationen auch sonst häufig in den Dienst der Stimmführung
gestellt u'ird.
Frg. 16
Bei dem zweiten Beispiel unter 2 c) wahrt der Quartzug zu- s76
nächst die Wirkung, als zielte er ebenfalls auf IVl, gerade deshallr Auswirkungen
l)ie Gegenüberstellung der durch I V kontrapunktierten Ur-
empfinden wir aber beim Eintritt der 2 eine 5-6-Auswechslung: -
lrrric-Stücke 3-2, 6-2, 6-2 wie bei Fig. 17 a, b, c läßt bedeut-
bei 6

IV 1s;-0, also eine Schwebe zwischen einer lV. Stufe, auf die der ,i,rrrt' Unterschiede erkennen :
Quintzug hinweist und einer II. Stufe, die durch die 2 betont wird. Ftg. I7
Eine solche Schwebewirkung wird treilich umgangen, wenn wie bei
2 d) die 2 schon über D des Basses erscheint.
llci a) kommt wegen des Sekundschrittes eine harmonische
Icilrrng cles Urlinie-Stückes nicht zustande, immer-
Meist ist es der Gang der Mittelstimmen, der wie im zweiten f:fr "o.n
Beispiel 2 c) über die IV. (5)-6 oder II. Stufe entscheidet. Irrrr;rber bewegt sich der Sekundschritt abwärts; bei b) drückt sich
Im metrischen Zustand des Vordergrundes kann sich die er- ,,,
wähnte 5-6-Auswechslung als Rückung erwe,isen (s. $ 294). ?_i eine Quart aus, die harmonisch einer Quinteinheit gleich-
korrrrnt, auch sie bewegt sich abwärts; dagegen isJ Ue^i c), anders
Vom Satz bei 3 a)-d) gilt das zu 2 a)-d) Gesagte. Wegen
;rl:i lrei a) unrl b), trotz der fallenden Bewegung
des springenden Durchganges bei 3 c) sei an $ 57 erinnert. i_i doch eher
Der Satz bei 4 a) und b) gleicht dem bei 7,2,3 a) und b). lirr stcigender Sekundschritt (: cz-d2) anzunehmen, der aber
Von den Sätzen bei 5 a), b) und bei 6 gilt das zu 2 c) und d) rlt'rrr (iang einer Urlinie widerspräche. Diese Nebenwirkung eines
r,lt'igenden Sekundschrittes geht wie ein Bruch durch die Aus^-
Gesagte.
s74 rvrrliungen bei 8, sie alle lassen eine harmonische Teilung '---
- ----'--ö uon f-2
I-V
Zwei fallende Im Satz Fig. 15,6 ist es von größter Bedeutung, daß mit den rriclrt aufkommen (vgl. SS 41-44). Die Auswirkungen sind übrigens
Quintfällen (vgl. S 60) der Sekundschritt der Urlinie 2-i
Quinten und
der fallende beiden zrr vielfältig, als daß sich alle in einer Figur darstellen ließen, hier
Sekundschritt
Der Stimmlührung nach liegt allerdings nur
,rrrrlctttend nur einige:
ä-i n.i
Fig. 15, 6
einhergeht:
i-ni Flg. lt
die Behebung einer Oktavfolge durch Einschaltung einer Quint
vor, B-5-8 (s.S 163), das Verhältnis der beiden Quintfälle zur Von der Verbindung einer unprolongierten Urlinie
Urlinie clrückt sich aber hier, da in der ersten Oktave die 2 steht, mit zwei Brechungen des Basses
durch Fortrücken der Urlinie um einen Sekundschritt abwärts aus.
Es besteht also die Möglichkeit, auf clas Sinken der Urlinie durch s77
zwei Quintfälle des Basses einzuwirken, was sich später auch au{ lrrFig. 10, 2 und Fig. 11,2 und 3 (vgl. $$ 34-40 und Allgemeine3
von den
die aus einem beliebigen Einzelklang gezogene Oberstimme über- tj$ ,11 -42) liegt die Wurzel der weiterenProlongation des Basses, b eiden
tragen läßt. rlrt'rlern Satz statt einer zwei Brechungen beistellt. Der dort bei Brechungen

Daß die erste fallende Quint durch eine steigende Quart aus- I' j, tt -5 und 8-3 noch ruhende Grundton wird nun in eine
des Basses

gedrückt wird, hängt mit dem Bestreben des Basses zusammen, r,rfi(,nc l(aclenz hinübergeführt:
an den melodischen Gesetzen des Kontrapunktes teilzuhaben. Flg. l9
60 6l 6*
Obgleich so durch die beiden Kadenzen der Widerschein der l)lilste der sich ausbreitenden Diminutionen, die im Vordergrunde,
Gliederungen 5-3-i, 8-5-i oder 8-3-i verstärkt erscheint, rwit,f;rclr gecleckt durch Quint und Kontrapunkt, als stufen wirken:
bleibt dennoch die urlinie noch immer in einem unprolongierten Arr rlen Stufen hat also auch der Kontrapunkt
Zustand, siehe dagegen die Prolongation der Urlinie durch Unter- I t'i I (vgl. S 276 ff.).
brechung (S 87-101).
In der Möglichkeit der Anwendung einer besonderen Brechung S 80
vom zu-
auf die ersten Klangabschnitte der Uriatzformen bei 6 und 6 birgt
So unbedeutend die Stimmeniührung in Fig. 15, l6 und l8 noch T}if::l-
sich das Gesetz der Uebertragung der Baßbrechung auch auf Züge,
r.rsclreint, ist sie doch schon tragfähig genug, um im Vordergrund nie. ts, to
die im Dienste eines beliebigen Einzelklanges stehen (s. $ 242 ff.).
lrorrnen zu entwickeln, nicht nut totctt" kGinerer, sondern auctr ""!"1!,f[r"s"-
griillerer Stücke (S 301 ff.). Sätze mit der
s78 Form im Vor-
Berspretc zu Die Darstellung der Beispiele in Fig. 20 ist ausschließlich s8t
dergrund

o'i;ot'o?- b Von der


darauf gerichtet, oen Gang der Urlinie und die beiden Brechungen
merkunsen des Basses im Sinne der Fig. l9a und b h'erauszuarbeiten' Bei Ur- Auch in der ersten Schicht stellt die 3, wie im strengen Satz weiten und
engen Lage in
linie und Baß dienen die Balken diesem besonderen Zweck: lllrurhaupt, allein die weite Lage vor, die 5 und I dagegen die enge. der ersten
Schicht
FlE. 9O
Dem Beispiel unter I ) liegt das unbegleitete Passacaglio-Thema s82
zugrunde, der kontrapunktierend'e Baß ist von mir herausgeholt. Von dem abgesehen, was einerseits die Urlinie für die Diatonie, Vom Stimm-
Aehnlich liegt der Fall bei 2). Dem Fugenanfang geht eine flihrungs-
ljorrn und Synthese des Ganzen, der Baß anderseits für die Einheit zwang im
Fantasie voraus, die als Ganzes die I. Stufe ausdrückt, so daß das rlcs Crundklanges und beide zusammen für die Tonalität und Syn- prolongierten
Fugenthema schon in der Mitte der ersten Brechung in die III. Stufe llrese des Canzen bedeuten, kehrt der prolongierte Satz der ersten
Satz

treten kann. Sclricht in genau so unbedingtem Sinne den Zwang zur Stimm-
Das Beispiel aus Mozart unter4) bezieht sich aul das l. Beispiel l(llrrung, den Zwang zur Fortschreitung hervor, wie irgend ein
in Fig. 19 b, vgl. auch Seb. Bachs ,,Kleines Präludium" Nr. 6, D moll, c.-f .-Satz.
in Jahrb. I, 101 ff.; zum2. Beispiel Fig. 19 b vgl. Seb. Bachs ,,Kleines
Präludium" Nr. 12, A moll, Jahrb. l, ll7 Il. s83
Der Stimmführungszwang ist es, der in die Musik den gleichen Bedeutung des
l'lrrtJ hineinträgt, wie ihn die Sprache in der steten Cedanken- und f;:Tä:-
Schlußfolgerungen Wortbereitschaft zeigt. In der Sprache rührt der Fluß daher, daß ?"11ä:1"il:
rh'r'sprechende schon voraus weiß und formt, was er zu sagen hat, schart
s7e rlt'rrn würde er erst während des Sprech'ens denken, käme nur ein
Erster Einbrlck wenn wir die Ergebnisse der $$ 56, 57,59, 60, 63,73,74 be- I ;rllen zustande. In der Musik aber sind auch gutbegabte Menschen,
rrtlr;rllende wie nachschaffende, noch weit von einer ähnlichen Be-
ll,lj-T; trachten, bemerken wir, daß die Quintfälle cles Basses nicht nur die
rt,itschaft entfernt. Ein wirklich musikalischer Fluß ähnlich dem der
stute durch die Natur beglaubigte Quint hervorkehren, sondern auch die
Sprnclte {indet sich nur im Werk der Genies.
Notwendigkeit der Stimm{ührung in sich tragen, daß sie somit ein
harmonisches und kontrapunktisches Gesetz in sich vereinen. Das
I)ie Spenderin aller Ton-Bereitschaft ist einzig und allein die
gilt erst recht von allen weiteren quintalen Einschaltungen im lilirrrrnfiihrung des Ursatzes und seiner späteren Verwandlungen.
Ton-Bereitschait ist etwas anderes als das, was gemeinhin ll;rsses Veranlassung geben, doch fehlt den neu entstandenen
S,lltzen die Bedeutung der in den Fig. 15, 16 und 18 aufgezeigten
,,Erfindung" benannt wird, die Gabe,'etwa von Fall zu Fall ein ein-
2-l
zelnes,,Motiv"zu erfinden-Ton-Bereitschaft setztdas Ganzevoraus, ^,-?--ar^rr !71, -^-^^
lrsatzformen, nur weil sie ihren Ursprung im Quintfall hub"n,
die sogenannte Erfindung bezieht sich dagegen auf Einzelheiten und
I
V-I
rh,r irn unprolongierten Zustand überhaupt keine kontrapunktische
auch auf diese nur zufallmäßig. Man spricht auch von einer l(raft äußert.
stockenden Ertindung, die es aber bei Ton-Bereitschaft gar nicht
geben kann.
2. Kapitel
Wie die Klavierspieler, Streicher oder Bläser alle Bewegungett
von Arm, Hand und Finger, von Bogen, Bogenteil, von Atem zutn Gliederung des Urlinie-Zuges
voraus festlegen, nicht erst unterwegs formen, genau so müßte es
bei den Komponisten s'ein, sie müßten ihre Züge ebenfalls zum
voraus festgelegt haben.
a) bei 3 durch Unterbrechung
s87
s84
Der Stimm- Mit dem Stimnrführungszwang hängt es deshalb zusammen, Del Urlinie-Zug ?i-i stellt als Tetzzug clas geringste Maß Begrlff der
Unterb rechung
I ührungs-
daß sämtliche einzelnen Klänge, wie sie durch die Führung der von Auskomponierung vor, die letzte Einheit, die nicht meh^r ge-
slraltet werden kann. Deshalb gestattet der Urlini"-?ug^ 1-l nlt
zwang be-
herrscht alle Stimmen herangebracht werden, unter dem Druck der Vorwärts-
Einzelklänge
bewegung stehen. Alle unterwegs entstehenden Klänge sind im rlic eine Form der Gliederung, die Unterbrechung 3-2113--2--1,
Zwang der Stimmführung begründet. lrei rler die erste Folge 3-2 wie ein erster Versuch des Urlinie-
Zrrges erscheint:
s85 Fls. Pl
. Die
.Kun3t
-,t"nJden Ver-
durch
So könnte man sich clenn versucht fühlen, das musikalische s88
Schaffen ganz unter Aulsicht cles Verstandes zu stellen und davon
"l.in Schon aus dem Begriff Unterbrechung folgt, daß die Zuri\ch- Die Zurtlck-
::;;ä:'i:; günstige Ergebnisse erwarten. Doch müßte jeder Versuch 6^ wendung der
-'tigu"i
"i.r't
daran scheitern, daß schon allein die Verwandlungen Ungreifbares rvcrrtlung tu, I keine Kadenz vorstellt, müßte doch fr, *"nn .. 3 ist keine
Kadenz
und dem Verstande Unzugängliches mit sich führen, so daß von rrrrr einen wirklichen Schluß ginge, mit Leittonwirkung abw.ärts
einer Ausschöpfung durch den Verstand niemals die Rede wird sein
können. nt il-v,ut."n. Somit wirkt ?- ul, Grenze eines ersten Vortreibens
rlt,s Url,inie-Zuges und wir empfinden die Zurückwendung gerade
Von V-l in der ersten Schicht rlt'slralb so stark, weil sie bei 3-i das Aeußerste einer Unter-
lrrt,clrung überhaupt bedeutet.
I)ie Unterbrechung übt eine so starke Wirkung, daß sie auch
':"ffiil':l:l Mit f; lr, .t., rtryilr,nisctresfuorgr"i.rt von urlinie und kontra-
Vt,rschleierungen durch Verbindungszüge u. dgl. überwindet, z. B.:
-ifli:rff- punk^tisch-melodischen Formen cles Basses, s. Fig. 14, zuende, da Ftg. PP
.lfi,:i::U?: I wegen des Sekundschrittes der Urlinie keine Veranlassung Itr,i a) liegt eine Unterbrechung vor, trotzdem der Baß gegen sie
v-r
v_l
zu einer weiteren rhythmischen Auseinandersetzung mehr gibt. Erst rlt'rr (luartzug E*As ausführt, vgl. ,,Fünf Urlinie-Tafeln"; bei
in den späteren Schichten können etwaige Prolongationen der 2 zu b) t(ihrt cler Baß eine Quintbrechung durch die Terz abwär'ts aus,
einer besonderen kontrapunktisch-melodischen Entfaltung auch des olrrrc abcr die Unterbrechung aufzuheben (vgl. $ 189).

64 65
s8e ä Sgz
Von der etsten Mit dem für die in Fig. 2l a allgemein gebrauchten Wenn "V*
irn Satz eine bei der Mittelstimme durchgehende Von dct
V als Teller "rrt" fl wirkt sie
Höherlegüng

Fachausdruck ,,Halbschluß" wird mit auch der Begriff ,,Schluß" Sr'Pf in die höhere Oktave gelegt wird, durch der Sept bel
2
geweckt, der aber dem rvahren Sinn einer Unterbrechung zuwider- rlrrc neue Lage gegenüber der 3 wie eine höhere Nebennote: -Tt-,
lauft. Um dieser Gefahr auszurveichen, empiehle ich, die erste Flg. 28
Dominante im Sinne der ersten Schicht als Prolongation besser Der Schein einer Nebennote ist stärker, wenn wie bei a) dic
mit dem Wort T e i I e r zu bezeichnen, der erinnert, daß der Baß ( )ktave noch bei der Mittelstimme verbleibt und nur die Sept höher-
gleich der Urlinie nur auf eine Brechung zielt, und zwar durch die gelegt wird.
Quintteilung des Klanges. Werden aber wie bei b) beide Intervalle, die Oktave und die
Der Quintteiler in Moll bringt gemäß der Diatonie einen Moll- St'pt, höhergelegt, dann erscheint die ursprüngliche Mittelstimmen-
klang, dessen kleine Terz nur zur Kaclenz in eine große ver- l;rgc wieder deutlicher, der Schein einer Nebennote vermindert sich.
wandelt wird (Bd. I, S 20 ff. und S 45). In beiden Fällen, bei a) und b), kommt €s zwar wieder derrr
Schein einer Nebennote zugute, daß beidemal die 3 als Rantlton
se0
rlcr Nebennotenfigur konsonant gestützt ist, wie bei einer echtcn
B€i dcm crstcn Bei dem ersten StanO f erfährt die Stimmführung eine Unter- Ncllennotenfigur des strengen Satzes, t. 11r,240ff und hier $ 108'
tt-:f,::o''br.chung; die unterbr..r,unvg schafft also nicht nur mehr Inhalt, l:ig. 32, doch besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen einer
lriihergelegten Sept und der echten höheren Nebennote: Die
sondern auf dem Wege zum letzten Ziel I auctr die Wirkung einer
""1:,1',ätn." I cchte Nebennote erscheint bei ,einem plagalen Satz oder einem
Aufhaltung, Retardation, s. SS 30 und 70. Die Unterbrechung Satz der Brechung meist als Oktave, die über der V. Stufe schließ-
vermag diese Wirkung zu erzielen, nur weil sie den Ursatz in sich liclr zur Sept wird: ryffi, s. Fig. 32,3,4 und 5. Eben deshalb
trägt, der auf Umwegen doch zu seiner Erfüllung gelangt, lrlcibt die Unterbrechung überlegen, sie hält die täuschende
s. Fig.21 b). Dieses Bild gewährt einen genauen Einblick in das
Wirkung der Sept als einer Nebennote nieder.
Fortwalten des Ursatzes, s. o.: erst am Ziele II durchschauen rvir Die Höherlegung der Sept dient meist dazu, das Chroma bei
das Spiel, das die Unterbrechung rnit uns getrieben, und wir sehen rler Folge IIü-V durch eine diatonische Sept zu widerrufen uno
ein, daß im Sinne der Einheit des Ursatzes gerade der erste Stand tlrrrch den ihr innewohnenden Stimmführungszwang die ursprüng-
t"V wesentlicher als der zweite ist, eine Erkenntnis, die für die liche Lage der 3 wiederzugewinnen.
Aber auch trotz dem beabsichtigten Schein dürfen bei
Ausgestaltung und Wirkung größerer Formen entscheidend wird, lr) die Intervalle 8--7 mit den nachfolgenden Urlinie-Töuen
s. $ 301 ff. :\ -2-i nicht zu einem Quintzug zusammengelesen werden
Die ersten 3-2 stellen gleichsarn erlecligte Bahnen vor, nur (s. $ 205 ff).
die i fehlt noch. Daß durch Z2 11521 eine Unterbrechung zustandekommt, ist
klar; der Grund aber, weshalb sie nicht auch so: 32ll2l verlaufen
sel li;rnn, ist der: Wenn auch die Folge 3-2 nur ein Sekundschritt ist,
Die erstc 2 Auf Grund der Fühlungnahme mit dent Ursatz bl,eibt die wird doch die 2 wegen cler Unterbrechung des Zuges als Durch-
,[t j'j:t erste 2 dem Gesetz des Durchganges im Terzraum treu uncl begibt g;rrrg inr Terzraum empfunden: eine solche Rechtfertigung fehlte
sich dadurch des Charakt'ers einer tieferen Nebennote von vorn- ;rlrer der Folge 2-i, da clie 2 als ursprünglicher Durchgang nicht
herein: Durchgang und Nebennote sind ganz verschiedene Begriffe. l(o1rf ton eines neuen Zuges werden kann.

66
Keineswegs aber hängt hei 3-2 il 3-2-i der rviede^rau{ge- se6
nommene Terzzug 3--2-1
etwa mit einem von der ersten 3 abge-
*"'v
stützt sich die llnterbrechung bei 5-i arrch auf fon.der.ersterr
Außer auf .? "'"'-
leiteten Zug als dessen Parallelism zusammen, s. S 254. So z. B.
geht es in Beethovens Sonate op. 27tt, 1. Satz, s. Fig. 7 a, durch tlic crste 6 als Kopfton cles Zuges 3-2, als wäre der Quartzug nicht
eine Brechung zum ersten Urlinie-Ton, was dem Komponistcn r lrrzwischen.
einen Zug vou der ersten 3 ab erspart; dennoch findet sich im
zweiten Teil der Zug 3-2-i ein. {i e7
Die Rückwendung von cler ersten 2 zur E ist keine Kadenz,
Die Rück-
se3 wendung zur
t,lrcnsowenig wie bei 3-2 ll 3-2-i clie Rückwendung der ersten 6
ganzen Urlinie-Zuges 3-i
bedeutet
Das Cesetz An die erste 3, die Kopf ton des
vom Koplton
ist, knüpft die zweite 3 als Kopiton cles wiecleraufgenommenen nlln
i ,ur 3, hat doch die Rückrvendung in beiden Fällen ihre psycho- keine Kadenz

zur i führenden Zuges an. Das rvirkliche Liegenbleiben eines Kopf- krgische Wurzel gerade darin, daß oie ?- von ihrem Leittonrecht
tones, das eigens die lJeberbindung vor Augen führen sollte, würde keinen Gebrauch macht (vgl. $ 88).
gegen das Wesen dcr DiminLrtion verstoßen, die Bewegung forciert.
Also vereint der Kopfton in sich ein vorgestelltes Liegenbleiben als
ein Ruhen und eine wirkliche Bewegung des Zuges, vom StanC- se8
punkt der Kompositionstechnik ein uttschätzbares Mittel! Fig. 25 zeigt die Höherlegung der Oktave bei J; die Wirkung oie oei $
Y 6öhergelegte
Das Gesetz des Kopftones nachzuernpfinden, d. h. seine beiden
t,incr Nebennote kann sich dabei nicht einf inden: Oktave wlrkt
Wirkungen für bare Wirklichkeit der Stimmführung zu nehnren, nicht als
dazu gehört ein Abwenden vom Augeneindruck des Notenbildes, Tlg. p6 Nebennote

das Anfängern erfahrungsgemäß nicht so leicht gelingt.


Nicht selten wird die unmittelbare Höherlegung der Oktave,
se4 s. Fig. 25, durch einen Aufwärtszug ersetzt, der entweder vcrm vor-
lctzten ocler vom letzten Ton des Quartzuges ausgeht:
Die Unter- Die Unterbrechung eignet sich clazu, clie Spannung zur i ,u
brechung als
Wurzel von steigern, ganz besonders aber dazu, zwei- oder dreiteilige Formen Flg. PG
Formen im anzubahnen, also: ät dz oder a1 b ä2, si€ ist sogar allein
Vordergrund - Form der -Sonate - mit Exposition, Durch- Bsp.: Scarlatti: Sonate Dmoll, Jhrb. I; Mozart: Sonate Amoll,
grundlegend für die große
l'w. 4.
führung und Wiederholung, s. $ 301 ff.

b) bei 5 durch Unterbrechung see


Die Unterbrechung deutet zunächst die zweiteilige Form an: 3-2 rr3-i
se5 ilr
als Wurzel
il2.
Wie bei 3-i muß auch bci
der Formen im
8-2
Nur
6-i ^ 5-i clie Unterbrechung bis zttr Außerdem gibt die Weite des ersten Zuges, der als Quartzug Vordergrund
rr
kommt als l| vortreiben: :.t lron vier Töne des gesamten Zuges in Anspruch nimmt, Gelegen-
Unter- I'lg. 24
b rechungsform
in Frage Ueber den ljnterschied dieser Linterbrechungsform gegen-
lrt'il, tlic Quarttöne Schritt um Schritt, die 3, namentlich
f
ourctr-
z-. zu;rrlrciten, bis zur Wirkung von Modulation oder Tonart im
iiber der scheinbaren Gliederung 5-3-1, s. $ 36. Alle anderen ty'ortle rgrund zu steigern, durch Wiederholung sogar zu befestigen
Einteilungen gehören in spätere Schichten. rrrrtl rlurch alle diese Betonungen und Aufhaltungen das Verlangen

68
nach der letzten i erst recht zu spannen. Das führt meist zur drei- 3. Kapitel
teiligen Form, s. Fig. 26 a, b. Es erweist sich somit, daß die Drei-
teiligkeit sich ersi alls der durch Unterbrechung entstandenen Zwei- Mischung
teiligkeit entwickelt, also wiederum auf den ohnteiligen Ursatz s 102
zurückgeht, vgl. Fig. 10 und S 34 ff. Welche Unerbittlichkeit im Im Ursatz, Fig. 9-11, bleibt die Urlinie streng diatonisch, Mischung ln
der Terz dcr
Zwang des Ursatzes, welche Ceschlossenheit in der Entwicklung! tlagegen kann sie in der ersten Schicht, gleichviel ob bei 3, 5 oder Urlinie als
Das oben erwähnte Absetzen von 6-4-3 im besonderen, 8, auch schon die Mischung der Dur- und Mollterz aufnehmen:
Mischung
erster Ord-
s. Fig. 26 a, bedeutet keine Unterbrechung des, Quartzuges im flg. PE nung
strengen Sinne des Begriffes, die Einheit des Quartzuges reicht bis
Die Mischung in der Sext aber, die bei 3 unct 3 noch nicttt
zur 2, vgl. im Jhrb. II Mozart: Sinfonie Gmoll, 1. Satz:
vorkommt, ist selbst bei 8-i nicht verwertbar, denn nicht nur ist
43 clas Quartstück 8-6 künstlich, s. S 7, es läßt auch wegetr der
5
d2
t_
c2 bt 0 tntervallfolg.
[: I' I'tg. P9
Exp.-Df.-Wdhg. clie entscheidende Kadenztigur I-V-l iiberhaupt nicht zu,
s. dagegen Fig. 28. Wohl aber kann im Vordergrund, namentlich in
Also zwängt sich der Quartzug auch bei den großen Formen durch cler coda, die Mischung auch die Sext eines oktavzuges ergreilen.
die Exposition und Durchführung hindurch, wie immer auch dieser Ein etwaiger Chromenwechsel bei der Quint der Mittelstimme
Tatbestand durch eine Riickrvendung zur 6 verschleiert werden wie in Fig. 15 unter 1,2,3 b ist ohne Einfluß auf die Mischung der
mag (s. Fig. 26 a, b). 'lerz bei der Urlinie.
Beispiele zu Fig. 28 a):
Flg. 8O
c) bei 8 durch 8-5-i Vgl.Brahms:,Auf dem Kirchhof"; Chopin: Pr6lude Desdur;
Walzer, Cismoll usw.
s100^ Zu Fig. 28 b sei verwiesen auf Beethovens VII. Sinfonie,
Olledcrung
Warum cler Oktavzug 8-i nei eine Unterbrechung unmög- Allegretto:
bcl 8 I 54321
lich macht, wurde schon in $ 76 zu Fig. 17 gesagt. edcha ll edcisha ll uOcha
Als Ersatz für die bei J fehlende Unterbrechung wird die A a3- Ä-[3 A-r3
llaycln: Sinfonie Esdur (mit dem Paukenwirbel), Andante; Haydn:
Gliederung
?:fl-?; I ,, J., Form wie in Fig. 1e b, erstes Bei-
Andante für Klavier Fmollo usw.
\-/-/
spiel, verwendet. s 103
Die Mischungsterz stellt keinen Zug, keine Nebennote vor, sie "'i:l:l:-a"'
Dlc O^lledcrung Wie die Figur 27 zeigt: gibt zu einer Kadenz überhaupt keine Veranlassung. Die Form .IiliäTä-
8-5 ll 5-r krnn sicl-r deshalb der Mischung nur so bemächtigen, daß sie zwei nung zur Form
als Wurzet dcr Flg. P?
Formen lm orler clrei Teile gegeneinander absetzt. Auch das bedeutet zu'ar
Vordergrund führt die Gliederung zu einer zwei- oder clreiteiligen Form. Bei cirre Authaltung uncl Spannung, aber im streng organischen Sinne
beiden Gliederungen bervirkt eine Durcharbeitung der ?-6-5
ist sic weniger formweisend, formbildend als die Gliederung, Unter-
erst recht den Schein von Modulation und Tonart im Vordergrund. lrre cltttng.

7l
4. Kapitel Somit bleibt die Raumlegencle n.i glL 3_.2-.i doch nttr
3-1.
Die phrygische 2 Aei der Urlinie Wegen der Unmöglichkeit der Unterbrechung S--a 1 S--i
kann bei 5 ohnehin nur die höhere Nebennote 6 vorkommen, die
s 104 aber an cler Raumlegende 6-i nichts ändert.
Von der P2 Der Ursatz weiß von einer phrygischen 2 so wenig lvie von Bei der 6 kommt die höhere Nebennote als Ueberschreitung
in der ersten
einer Mischung, s. S 102. Aus der steten Fühlungnahme mit Mittel- cles Oktavraumes überhaupt nicht in Frage; in einer späteren
Schicht kann ersatzweise eine Nebennote schmückend bei der 6
Schlcht
und Vordergrund aber, zumeist aus Stimmführungsgründen, ergibt
sich für die erste Schicht zuweilen die Notwendigkeit, clie ,2 crscheinen.
ebenso wie die Mischung zuzulass,en. Eudlich ist zu benterken, daß die Nebennote der 3 zur l. Stufe
clissoniert, die der 3 aber kottsoniert, was von Einfluß auf den Satz
s 105 der Nebennote ist und mittelbar auch aul die Fornt.
Vom Gemäß Fig. 9 müßte auch cler Satz clcr P2 wie in Fig. 31 a)
Satz der P2
lauten:
s r07
und der soge- Vom Standort
nannten nca- Flg. 3r Die Nebennote der Urlinie gehört demgemäß zum Kopfton 3 der Nebennote
Dadurch ergäbe sich im Baßgang eine übermäßige Quart ^ ^Nbn.^ ^ oder erster Ord-
5, also kann es niemals lauten: 3-2-3-2-1
polltanischen
Sext ocler nung
oder eine verminderte Quint. Zuden würde der Grundton PII durch
^ 4
E ^Nbn.^
i 44-2-i.
^
In Zweifelsfällen ist es deshalb gerade die
Querstand die Richtigstellung der P 2 durch die diatonische 2 er-
schweren, s. $ 194. Um alle diese Unbequenrlichkeiten zu bannen, Nebennote erster Ordnung, die entscheidet, ob die 3 oder die 3
wird zur 02, wie bei Fig. 3l b), eine Unters,ext gesetzt, also der ^ Nbn. ^
Ton, der sonst Grundton der IV. Stufe ist. Diese Sext wurde Kopfton ist. Nicht zu verwechseln ist aber die Nebennote 3-4-3
mißverstanden und in der Theorie als ,,neapolitanische Sext" rnit einer der 3 vorausgehenden Nebennotenharmonie wie z- B. in
geführt; sie ist aber eine Erscheinung, die nur nrit der Stimm- Fig.12 a; 63, 3 usw.

führung, nichts mit einer neapolitanischen Schule zu tun hat, vgl. I, Der Umstand, daß sich bei 8-i die Nebennote, wenn über-
143 ff.
haupt, erst zur 5 einfindet, s. S 106, läßt mitunter die 6 als Kopfton
vermuten.

5. Kapitel I 108
Der Begriit einer Nebennote im Sinne der 2. oder 3. Gattunq Vom Satz der
cles strengen Satzes, s. III S. 240, fordert die Rückkehr des Haupt-
Nebennote
Nebennote
tones in einem konsonanten Intervall, also eine Stützung der
s 106 Nebennotenfigur auf eine Konsonanz sowohl am Anfang wie attch
;rrn Ende, s. Fig. 32, I und 2:
rn der er3ten Die tiefere Nebennote würde eine Unterbrechung des Urlinie-
Flg. 3P
::T'J:ffil#:Zuges vortäuschen; dagegen ist die höhere Nebennote von der Ce-
Diese Fortlerung des strengen Satzes wird nun auch bei Fig. 32,
Nebennote in fahr einer solchen Verwechslung frei, deshalb kommt nur sie in der
Fragc ersten Schicht als Nebennote erster Ordnung in Frage, sie rvirft Nbn.
il ,7 genau erfüllt, uncl zwar bei 3 und 4 so: I-IV--I, I- Yl-1,
gleichsam einen verstohlenen Blick in den nächsthöheren Raum, IV
(Nbn.)
ohne ihn aber auszuschöpfen. rrrttl 6 so: ^
l-tyfitt-!, bei 7 so:
_Ibn.
I-Vr-z-1.
72
s 10e
zulesen. Trotzdem kann sich die so gebrachte Nebennote im Vorder-
Dlc Nebcnnotc Die melodische Mehrung des Urlinie-Zuges durch die Neben- grund zum Mittelteil einer dreiteiligen Form auswachsen.
als Aufhaltunc
note, die den Schein eines neuen Urlinie-Tones erzeugt, wirkt als Die beiden Kadenzen des Basses in Fig. 32, 5 und 6, von
Aufhaltung. tlcnen die erste die Nebennote kadenzorganisch macht, weisen auf
eine zweiteilige Form hin, die schließlich auch zu einer dreiteiligen
s 110
l;orm im Vordergrunde führen kann.
Abgrenzung Die Nebennote behält im Gegensatz zur Unterbrechung die Die Unterbrechung wie in Fig. 32,7, bedeutet eine zweiteilige
o'l"l':iJ;""
ursprüngliche Höhe und verstärkt so die Einheit des Kopftones. l'orm, ebenso weist die durch die Höherlegung der. Sept bewirkte
unterbrcchuns Die Nebennote kann sich auf die V. Stufe nicht so stützen, wie scheinbare Nebennote auf eine Zweiteiligkeit hin, was aber nicht
Oie i, bei der Unterbrechung, s. Fig' 21 und 24,iht fehlt es deshalb ;russchließt, daß ein bedeutenderer Ausbau der Sept eine [)rei-
v^ tciligkeit hervortreiben kann, vgl. S g2 und Fig. 23 a.
an der Wucht
v' sie kehrt
der ?, mehr die Aufhaltung hervor,
namentlich dort, wo sie wie bei Fig. 32, 3 und 4, nur auf eine IV. s 112
oder VI. Stule gestellt ist; clurch eine eigene Kadenz des Basses In den späteren Schichte,r dagegen kann eine Nebenltote zu Erster Ein-
wie bei Fig. 32,5 und 6, erscheint die Nebennote zumindest orga- lcclem'lon treten, sit ist auch weniger forrnweisend, je weiter sie N:il:X":l"t;:,
nisch mehr verankert. von der Fassung wie im strengen Satz abweicht, sie dient dann späteren
Anders als bei cler Unterbrechung, wo mit 3-2 oder E-2 aer rrur dem Schmuck oder einer Dehnung. Schichten

Hauptteil des Zuges schon abgelaufen ist, fällt bei der Nebennote
das größere Gewicht dem Ablauf nach d'er Rückkehr des Haupt-
tones zu, also tler zcit nach Ablauf der aufhaltenden Nebennote, 6. Kapitel
mag sie wie immer gebracht worden sein.
Da die Cliederung und die Nebennote zwei verschiedene, be- Ztrge
grifflichvon einander unabhängige Prolongationen vorstellen,
können sie auch miteinander verknüpft werden, s. S 155. s 113
Z. B. ist bei 8-i die Anwendung der Nebennote zur E nichts Den Zug der ersten Schicht nenne ich einen Zug ersicr Ein Zug der
anderes als eine solche Verknüpfung von Gliederung und Neben- ( )rdnung. ersten
Schicht be-
note. Die Beziehung a) einenr Urlinie-Ton ist es, die clen Begriff zieht slch
s ill eines fallenden oder steigenden Zuges erster Ordnung bestin:mt. immer auf
einen Urlinie-
l)cr Urlinie-Ton kann ein beliebiger sein, er ist Kopfton, wenn der
Dlc-Nebcn-note Ein wurzelhaft musikalisches Denken trägt die Nebennote, 7.ug iällt, Zielton, wenn der Zug steigt.
Ton
-" ';;;;'--'so
als Würzcl der
bescheiden sie in Inhalt ttncl Wesen sein ttrag, doch wie ein
großes Ereignis der Stinrmführung in sich. a) Von den fallenden Zügen erster Ordnung
Die Nebennote der Urlinie ist in den meisten Fällen auch
lormzeugencl: die ihr eignende Aufhaltung macht im Vordergrund s 114
ln der metho-
die zwei- oder dreiteilige Form zu einer organischen Einheit. Wegen der Verwandtschaft des fallenden Zuges mit clem dischen Dar-
Der plagale Satz in Fig. 32, 3 und 4, ist in sich abgeschlossen, illlcnrlcn Urlinie-Zug überhaupt ist es gerechtfertigt, in der stellung der
Züge geht der
deshalb ist es nicht gestattet, die Nebennotenharmonie 1: IV. rrrctlr.tlischen Darstellung den fallenden zügen den vortritt zu fallende Zug
oder VL Stufe) mit der letzten V. Stufe zu einer Kadenz zusalnmen- gclten.
dem steigen-
den voran
sil5 s 117
DerfallendeSchonausderWirkungdesKopftonesergibtsich,daßcinvon Die Beistellung voir I-V-l oder der prolongierten Forrnen );Ir::f":::
einem urlinie-Ton abgeleiteter fallender Zug erster ordnung
einen u,ie in Fig. 14 gibt den von der 3 oder 6 abgeleiteten Zügen Oie aäiä.i.-ä"'
"1ä:J;"r':-
deutet einen GanS von der Ober- iur Mittelstimme bedetttet, beim Terzzug z.ntr
Wirkung ein'es Ursatzes ocler einer der Ursatzformen Fig. l5 uncl rallenden züse
oäf.r"-"i"l"'na.h-.t.n, beim
Quintzug zur zweitnächsten' Die Züge stellen
eine 16, vgl. $ 242 tt.:
Mittelstimme Horizontalisierung der ursprünglich vertikalen Ursatz-lntervalle 3, Ftg. 33
10,5 vor, s. Fig.b, 10, 15, 16; sie bilden eine neue Oberstintme' Deshalb sind solche Züge in der ersten Schicht selten anders
die nur durch Ableitung aus dem Ursatz zu verstehen ist' :rnzutreffen als in Verbindung mit einer Unterbrechung, $ 87 ff, vgl.
SomitverwirklichensichQuintoderTerzderNaturnichtnur l',i$.22 b),23, od'er mit einer Nebennote, $ 106ff, vgl. Fig. 32,
in den Urlinie-Zügen 3-i oder 3-i und in der kontrapunktieren- l)-7, usw.: Dann übt der vom ersten Urlinie-Ton abgeleitete Zug,
denBrechungdes"Bassesclurch<Iie(.)uint,sondernauchindenaut von der Inhaltsmehrung abgesehen, einen ganz besondeln Reiz
einenUrlinie-TonbezüglichenQuirrt-unclTerzzügen.Gerade ;lus: eben die Vortäuschung eines Urlinie-Zuges, die so lange
cladurch, daß sich bis hinein in die züge der Verwanrlluttgs- lnhält, bis die Unterbrechung oder Nebennote auf den Plan tritt.
schichtendieUebereinstimntungmitclerNaturwiemitdemUrsatz Auch wegen dieser oft angestrebten Wirkung empfiehlt es sich, in
zeigt,befestigtsichaufdemWegevonrUrsatzzumVordergrunde tlcr methodischen Darstellung der Züge den fallenden den ersten
dieEinheitvonNaturundKunstimmermehrundmehr.*) I'latz einzuräumen.
s 116
s l18
Die Merkmare Alte Merkmale eines Urlinie-Zuges, wie wir sie bei 3-i und
6-ikennengelernt haben, gelten auch Iür die fallendenZüge erster
Der von der 2 abgeleitete fallende Terzzug führt zurn Auf- Die von der 2
';n:.";H:'; rvärtSleittOn: - fallenden Ztige
,uÄ d"n fat-Ordnung:
Flg. B4
''J,:;:,ä,t'-" Die- Beziehungen zwischen cler neuen Oberstimme.des Zuges
'';;;;;; und dem neuen Baß müssen wie bei dem ursatz bestimmt at!s-
(lcht die 2 wie bei a) ohne Unterbrechung zur i fort, so u.ircl auf
geprägt sein, der Zug muß voll ausgeschöpft und dadurch ver- tlern melodischen Weg eines Terzzuges das Gebot des dreistirn-
wirklicht werden. rrrigen strengen Satzes erfüllt, in die Tonika mittels beider Leite-
WasimUrlinie-ZugdesUrsatzeseinMüssenundWollenist, tiine einzumünden, II2, S. 47. Was der Urlinie im Ursatz nicht
ist auch im abgeleit etei Zug ein Müssen und Wollen, d. h.: auch nri)glich ist: den Aufwärtsleitton anzuwenden, gelingt dem von der
der abgeleitete zug will wahrhaft ein Zug sein. Das GegenbeisPiel : abgeleiteten Terzzug der ersten Schicht. Es ist klar, daß der
einer Tonfolge, die zu einem Zug keinen Willen hat, sehen wir in Arriwärtsleitton einer Mittelstimme angehört. Doch ist der Vorteil,
Fig. 23, zu $ 92, vgl. auch Fig' 82 zu $ 206' tlen Aufwärtsleitton in die Auskomponierung einzrrbeziehen, auch
lre i einer Unterbrechung gegeben, s. bei b), vgl. Fig,7 a. Bei c) ist
In jedeÄ Zuge ist die ewige Lebensformel: Geburt und Ende
gegeben. Der zuf setzt ein, lebt in den Durchgängen sein eigent- ;rrrller clem von der 2 abgeleitetenZug auch noch ein von der 3 ab-
liches Dasein uncl hört au[, wenn er sein Ziel 'erreicht hat - das 1it'lciteter Zug zu sehen. Beispiele zu Fig. 34 c) :
ist organisch wie alles Leben. Menschen sollten nun auch das Leben Flg. 35
der Züge wohl verstehen, und doch heute muß ich das Lesen
von Zügen als Erster lehren!
- llrrr unter Umständen eine übermäßige Sekund zu vermeiden, rvird
lirr'l'crzzug von der 2 herangeführt, cler cl,en Leiteton von oben
-rs.hitler,,,UebernaiveundsentimentalischeDichtung":""und lrrirrgt:
hören im fernen Auslantle der Kunst der Mutter rührende stimme." Flg. 36

76 77 7't
kiinnte, cloch ergäbe sich durch einen vollständigen Anstieg zur 8
s rle 1 : t-S) eine zu starke Belastung
für den Urlinie-Zug 8--1; in
Bezrehuns Daß die in Fig. 34a,b, c uncl in den Beispielen der Fig' 35 tlcr Literatur findet sich kein Beispiel dafür; zu 5-8 s' Fig' 20, 4'
zur Form n Zirge zwei- oder dreiteilige Formen anbahnen, ist Wohl aber ist einer späteren Schicht vorbehalten, durch
dargestellte
t,ine prolongierte Anwendung von chromen Leittonwirkung zü et-
leicht zu sehen' Mehr darüber im Abschn'itt "Form"'
zielen, vorausgesetzt die Zuhilfenahme der den Chromen ent-
sprechenden Dominanten, vgl. S 244 ff':
b) Vom steigenden Zug Flg. 3E

s 120 Namenlich getällt sich ein Aufstieg zur 6 in der Anwendung von
* 4; dadurch 5 einen besonderen Nachdrttck, 'rgl.
erfährt die
Die erste SchiCht kennt 'einen steigenden Zug nur+zum
Ein steigender ersten
Zug kann nur .'# Fig.38 b) bis d), zumal wenn sich das chroma im Vordergrund als
$:fr";:-lil urlinie-Ton, es, i
| 2 3 4 oder gekürzt g 4 3' 5 6 7 8' icn Modulation in die Tonart der Dominante auswirkt.
rlenne ihn Anstieg.
^."2-t.ito" vorn-
Durch seinen Aulwärtsgang bringt sich dieser Zug vott s 124
herein in einen begrif{lichen Gegensatz zur Urlinie'
eitre Ver- Der Anstieg
des Anstiegs Der Anstieg stellt schon zu Beginn cles Stückes eine Auf-
wechslung beider ist"unmöglich. Somit sind die Töne
als Aulhaltung
haltung vor. Er kann verschiedenen Zwecken dienen, so z' B' in
bisaufdenletztenronniemalsalsUrlinie-Tönezube- Schuberts,,Der Schiffer", s. Fig.39, 1, malt er förmlich das Athnten
zeichnen, sie sind in Fühlungnahme mit
neue dem Ursatz eine
(,,athme kühl im Licht cles Mondes, träume süß im stillen Muthe');
Oberstimme: F,*.B? häufig leistet er einer Fortbewegtrng des Basses Vorschub, die es
zuwege bringt, daß der erste Urlinie-Ton schon auf eine anclere
s 121 als clie L Stufe tällt und die Spannung eigenartig mehrt, s. Fig.39,2:
DssoesetzdesAuchbeidernsteigendenZugwirktsichdasGesetzdesKopt- Flg. 39
Konltones
breibt auch im tones aus. Sornit vereint
cler steigencl e Zug Kopf- und Zielton in
steisenden zue sich. wobei der Zielton den vorrattg hat, weil er zugleich
der
wirksam 7. Kapitel
urlinie-Ton ist.
"rste
s 122
Die Brechung
DersteigendeVermögedesGesetzesvoml(opftonwirktsiclrdersteigende
cler Mittel- zur Oberstimme aus' Der
i:","T,Zug nu, ufi ein Gang von s 125
Mitlel-zurerstcUrlinie-TonkollrrntsoltlitclurchcirteneloclischeEntwicklung
"r":? In die erste Schicht gehört nur die Brechung zum ersteni'J;,B;il|ilä
obe'stimme
;i;"d";nicht abgckiirzt clurch ein akkordisches Autsetzen, s' $ 12' tI rlinie-Ton aufwärts: geht zum
Frg.4O ersten Urlinie-
s 123 Ton aufwärtt

vom satz Die Zieltöne 3 oder 5 verhindern als Terz oder Quint die s 126

des Anstiegs Wirkung eines vollkommenen Schlusses wie bei den fallenden Zügen
Von der Welte
Die Weite hängt vom Ziel 3 oder 6 ab: der Brechung
in$llTundFig'33a)undb).ZwarweistderdiatonischeQuart- Zur 3 könnte zwar schon die Brechung ein'er Terz empor-
aufstieg 5-3 ct"en diatonischen Leiteton aui, mit
dem ein wirk- liihrcn, cloch wird diese öfter im Dienste einer Ausfaltung an-
samer Schluß, wenn auch in steigender Richtung' gegeben
sein
7g
78
gewendet, s. S 140, was leicht zLt Mißverständnissen führt. B. KaPitel
Für clie Brechung einer Terz erscheint vertretend die einer
Dezinre, s. Fig. 40, 1 und 2. Die Brechung einer Sext zttr 3 empor
Vom Übergreifen
clarf fügliclt als cler obere Teil einer Dezimenbrechung gelten:
Crund- und Terzton scheinen iibersprungen, die Brechullg beginnt
mit dem Quintton. s. Fig. 40, 3-6, vgl. Fig. 7 a. s 12e

Das Hinaufsetzen einer Mittelstimme in eine höhere Lage


Vom
Seltener sind Oktavbrechungen, die im Terzton einsetzen, Uebergrelfen
s. Fig. 4O, 7, vgl. auch Fig. 12 b. rnittels einer mindestens zweitonigen Folge nenne ich ein u e b e r -
g r e i f e n, geschehe das Hinaufsetzen im wirklichen Uebereinander
Zur 3l<ann die Brechung durch eine Quint oder Oktave gehen,
ocler im Nacheinander:
s. Fig. 40,8 und 9. Ftg. 4l
Das Uebergreifen hat entwed'er eine ursprüngliche Lage zu be-
s r27 festigen oder eine höhere zu gewinnen.
schon die Andeutung dieser zwecke enthüllt clie Nctv,'endig-
Vom Satz der Der Bass kann rvährcncl der Brechung keit einer Fühlungnahme mit dem Hinter- und Vordergrund'
Brechungen
erster Ordnung 1. auf der L Stufe innehalten, s. Fig. 40, 4, 5, oder
2. in einer der prolongierten Formen Fig. 14 iortgehen, z. B.: s 130
in Fig. 4O, 2 wie in Fig. 14, 3 c; Von der
in Fig. 40, 1 rvie in Fig. 14, 3 d; Eine Uebergreiffolge muß fallen, eine steigende stünde im Uebergreif-
in Fig. 40, 3 wie in Fig. 74, 5, Widerspruch zur Absicht des Uebergreifens. Folge

nur rlaß irn letzten Beispiel von der l. zur ll. Stufe eine Brechung Das Uebergreifen ist nur an das Ziel gebunden, es wahrt
abwärts clurch clie Terz tt-rhrt; deshalb den einzelnen Einsätzen alle Freiheit im Abstant!, der t'om
letzten Ton des einen Einsatzes zum Anfangston des nächsten eine
3. eine unregelmäßige Prolongierung aufweisen, r'gl. tlie
Terz, Quart, Quint usw. ausmachen kann.
Nebennotenharmonie in Fig. 12, b).
Um s.ich gegebenen Falles unregelmäßige Abstände klarzu-
rnachen, empfiehlt es sich, in der bildlichen Darstellung die ein-
zelnen Einsätze mit kleinen Bogen unterhalb der Noten zu versehen.
s 128

Von dcr Die Brechung erster Orclnung kann Parallellismen anregen, s 131
Beziehung der
ersten
s. Fig. 40, 10, wo die zweite Brechung tz-bz ebenfalls als eine Das Uebergreifen im wirklichen Uebereinander, s. Fig. 4l a tom satz- des
Aufwärtsbrcchung zu verstehen ist, otler Fig. 40, 9, wo die erste
uebergreileng
Brechung zu trrrd Beispiel 1, engt den Satz harmonisch ein, cla die beiclen T-ne
etwa noch
Iolgenden Aufwärtsbrcchung at-(2 itt tlcr Folgc cine wic scherzhafte Er- rlern selben Klang zugeführt werden müssen.
rviclcrung rlurch tnchr'crc Abwärtsbrechungen erfährt, llis gegen Lockerer wird der Satz im Nacheinander, s. Fig.41, b-<1. ttnd
Schluß sich wiecler clas Aufwärts in den Brechungen der 6 und 8 llcispiel 2, wo die beiden in Frage kommenden Töne auf ver-
nreldet. r;clriedene Intervalle gestützt werden können; dadurch wird attch
Die Erwiclerung der ersten Aufwärtsbrechung zur 3 durch rlic Bildung der Einsätze deutlicher.
einen von der 2 fallen den Zug wie in Fig. 40, 4, 5, stellt keinen Oft, namentlich bei einem Quartabstand der Einsätze, muß
Parallelismus vor. rlcrrr zwcitonigen Einsatz ein Ton vorgehängt werden, s. Fig. 40 e,

80 8r
der im Uebereinander auf ein satztaugliches Intervall gestellt, das 9. Kapitei
eigentlich in Frage kommende Nacheinander erst einleitet: Dieses
Verfahren täuscht dann eine dreitonige Folge vor. Vom Untergreifen

s 132 s 135

Das ueber- Im Dienste des Kopftones kann ein Uebergreifen statthaben Das Untergreif en besteht im Zurückgreifen auf eine Vom Wescn
des Unter-
ticfere Lage der Mittelstimme, um von dieser aus die frühere Lage greifens
.:fi:'j"r:'i,,1;l mit der wirkung
dient dem erstens: einer Nebennote, S. Fig.4l a, 1, b l;
zuriickzugewinnen.
Kopiton zrveitens: eines Zuges als Anstieg, s. Fig. 4l a,2*4;b2,3; c; Das Untergreifen wircl angewendet, um in die Bewegung der
Oberstimme eine gewisse Verlangsamung hineinzutragen uncl das
Beispiel l, 2;
Tiel hinauszuschieben, wenn es sonst zu früh erreicht wäre.
drittens: einer Brechung, s. Fig. 4l cl, e und Beispiel 3;
Durch das Untergreifen kommt eine neue Stimme an die
vgl. Fig. 47,2. ()berfläche, die wie aus unbekannter Quelle hervorbricht; daß
Je mehr die Einsätze des Uebergreifens sich auf harmonische tliese Oberstimme nur scheinbar neu ist, darüber klärt die Fühlung-
Töne beschränken, desto mehr ähnelt das Uebergreifen einer
rrahrne mit dem Ursatz auf : es ist, als ruhte die ursprüngliche Lage,
Brechung; bei einer größeren Freiheit v.'ird clie Brechttng v.'eniger
bis sie von der untergreifenden Stimme erreicht wird.
clurchsichtig, das Uebergreifen tritt hervor, bis das erreichte Ziel
volle Klarheit bringt.
Die Weite des Uebergreifraumes kommt für den Begriff niclti s 136
in Frage, sie hängt nur mit der Besonderheit des betreffenden Somit kann sich ein untergreifen in der ersten schicrrt keines-
*,11?""ull':;,
Kunstwerkes zusanlnlen, über die die Fühlungnahme mit dem \\'egs schon auf den ersten Urlinie-Ton beziehen, es kann erst zu -ersten schicht
Hinter- und Vordergrund entscheidet. Also kann ein Uebergreif- cinem späteren Urlinie-Ton oder zu einer Nebennote führen, wobei
raum auch so lauten: C4-5-8-5 usw. (Vgl. S. Bach: Zwei- rler Satz dem besonderen Ziele folgt:
stimmige lirvention Es dur.) l'lg. 4P

s 133 s 137

Abgrenzung Die Freiheit in den Abständen der einzelnen Einsätze Der Anstieg bezieht sich immer nur auf den ersten Urlinie- Abgrenzung
des Ueber- des Unter-
Ton, was, wie soeben gesagt wurde, dem Untergreifen in der ersten
gr.ir.n" uon ttrtterscheidet das Uebergreifen von einem Zug,bei dem all'e f)ttrch- greifens von
Schicht versagt ist. einem Anstieg
,,:;#;;,1::X" gangstöne genau einzuhalten sind, von einer
Brechung, die nttr
wie:" zug, harmonischc Töne beriihrt untl von der Hijherlegung, d'er das Er-
s 138
lorclernis eines Motivs fremd ist.
":;::i'#fr- Meist erscheint das Untergreifen in'der ersten Schicht in Ver- Das Unter-
greifen in Vcr-
kniipftrng mit anderen Prolongationen, z. B. mit einer Nebennote, knüptung mit
s 134 s. o. an de ren
ilotcingit-toiöi
vom u€ber- Wie das Uebergreifen aüch auf anclere Töne, nicht nttr au{ s 13e
*':f?"',i"0'" cien Kopfton zielen kann, wird in der Darstellung der späteren lrr den späteren Schichten sind es mannigfache Ziele, Einblick in
denen
spätere
schichten Schichten zu sehen sein, s. S 231-232, Fig. 101. rrriltcls eines Untergreifens zugestrebt wird. Schichten

82 83
10. KaPitel Zur ,,Manier" erstarrt ist clie Anwendung der Ausfaltung hei
tlcn Schltissen:
Ftg.44
Ausfaltung
s 143
s 140
Die Brechung, $ 125 ff, kennt nur eine Richtung, ein Steigen -Abgrenzung
.voT Y::"n Eine Ausf altung liegt vor: ,'trcr Fanen t;:"^1'iä:t11-
rvenn der vertikale Zustand eines Klanges in einen horizon-
d€t Auslaltung
Prolonsationen
Die Koppelung, S 152, ist nur an clie Oktave gebunden, durch
tal,en so hinübergeleitet wird, claß vom Ton der oberstimme eine eine Ausfaltung dagegen können sich auch andere Intervalle aus-
Verbindung abwärts zu einem Ton der Mittelstimme, dann von rlrücken.
cliesem zurück zur oberstimrne geführt wird otler umgekehrt,
s. Fig. 43 a;
Nur die Fühlungnahme mit dem Ursatz kann darüber ent-
scheiden, ob das gleiche Verfahr,en wie bei der Ausfaltung nicht
ocler wenn bei einer Folgc von Klängen eine ähnlich'e Ver- tloch einen anderen Sinn hat, z. R. einer über der eigentlichen Ober-
binclung von derober- zu cinerMittelstinrtne geführt wird, s. Fig. 43, stimme schweitenden Diminution mit ihrem ,,Ränderspiel", s. $ 260,
b-f. vgl. Fig. 37, T.7-8; Fig. 82, zweites Beispiel:
Durch die Ausfaltung gervinnt die oberstimme an Ausdehnttng,
die Bestätigung kommt aus dem Hintergrund: Flg.45
Flg.43
s 144
s 14r
Der Gebrauch der Ausfaltung in den späteren Schichten ist Ernbrick
Anmerkungen In Fig. 43 b-f ist die Ausfaltung der ursprünglich vertikalen auf vielerlei Ziele gerichtet; im Basse spielt sie eine bedeutende in ihilrt'"'""
Jl,-;r,li. Tonfolgen durch Batken veranschaulicht. Rolle, namentlich bei 5-6-Auswechslungen und bei Vermeidung
"iä Bei b 4 uncl 5 dürten die in der ober- oder Mittelstimme attf- von 5-5-Folgen, s. $ 234.
gereihten beiden stimmen durchaus nicht für einen Quartztlg ge-
nommen werden, da ihre Herkunft nur auf einen sekundschritt der
oberstimme hinweist, vgl. $ 205 ff.'Außerdem ist der zweistimtnige I l. Kapitel
Satz zu sehen, wie er durch das Kontrapunktieren der Ausfarltungs-
figur mit sich selbst herbeigeführt wird. Aehnlich stellt auch in Vertretung
Fig. 43 t 2 die Ausfaltung einen Terzzug der oberstimme vor, trotz
dem schein eines Quintzuges. vgl. Fig. 73,2; in seb. Bachs wtp.
s 145
I(l.l,Präl.es-moll,T.l7-18unddazuin,,Tw"1,40,Fig'4usw'
Schon in der ersten Schicht kann es sich begeben, dal3 ein vom wesen
Zu b 3 und e vgl. Fig 40, 3 uncl 7 b. Weitcre Beispiele s. unter 'l on der Urlinie durch
Fig. 43. einen Ton vertreten wird, der nicht clie Be- der vertretuns
s 142 rieutung eines Urlinie-Tones hat.

von der Aus- Die Ausfaltung in der ersten Schicht kann sich nur auf den Eine solche V e r t re tu n g ist meist mit einer Unterbrechung,
Ausfaltung, Höherlegung verknüpft, ist aber, weil die kontra-
::#l-#r,||lKopfton beziehen, s. Fig. 43 .erstes Beispiel, oder auf
eine Folge
von urlinie_Tönen, aul 3-2, s. Fig. 40, 3 und Fig. 43 zweites
prrnkticrende Baßbrechung deutlich auf den verborgenen eigent-
liclrcn Urlinie-Ton hinweist, immer leicht zu durchschauen.
Beispiel, oder aul eine Nebennote, s' Fig' 7 b'

t4 85
s 146
Bei I liegt eine unmittelbare Höherlegung vor, bei 2 und 3 einc
einer Meist sincl eS kurze StüCke, deren erste Schicht sChon die Vcr-
Beispiele rnittelbare.
eines urlinie-Tones auftveist, uncl zwar ist es die 2, die
-s.r'i.r'i tretung
"::tj.,#fJ" Die von der ä fallenden Quintzüge wie bei 1 und 2 stoßen aui
am häufigsten eine Vertretung ertährt: tlie ursprünglich der Mittelstimme zugehörige Oktave der V, die
Flg.46 dadurch nun ebenfalls in die höhere Lage gebracht wird: durch
Vgl. hiezu S. Bach, Fuge C-moll I, T' 16, Jb' II' 58; Clementi' 8 | 7 geht es dann zur zweiten 3 in die ursprüngliche Lage
Pr6ludes et Exercises Nr. 1, T' 2, usw' zurück, vgl. Fig. 23.
Die Vertretung einer i treffen wir zuweilen in einem zusammen- Die Höherlegung eines Mittelstimme-Tones ist in Fig. 46, 1,2
gesetztenWerk,t.g.lneinerWalzerkette,wosiedieVerknüpfung zu sehen, wo sie die Vertretung einer 2 herbeiführt. Vgl. S. Bach,
der Teile geschnreidiger macht,.vgl. Schubert: Valses Nobles Nr.
4,
Clroral s. Fig. 83, 3, wo zuletzt dtrrch tlie
(i) erscheint usw' "Herzliebster Jes'u",
wo zuletziclieTerz Ä.s für 83 Höherlegung fist-fisz einer unmöglichen Stimmlage vorgebeugt
rvird.
12. KaPitel Schließlich muß die Berichtigung einer D2 durch eine a2,
wie z. B. in Chopin op. 16xrr, s. ,,Fünf Urlinie-Tafeln" eben{alls
Höherlegung als Höherlegung einer ursprünglich der Mittelstimme zttgehörigen
t 5 der V. Stufe (V u n; auigefaßt rverden.
s r47
Vom wesen Die Höherlegungbesteht in der Erhebungin eine höhere 13. Kapitel
o"l.l;J;'-
oktave, nur dieses Intervall ist hier Voraussetzung des Begriffes'
Tieferlegung
$ r48
von der Höher' In cler ersten Schicht bezieht sich die Höherlegung auf
s l5l
I:,lX-Jlr,:;l'rrine der urlinie oder auf eine Nebennote, auf einen Ton oder Die T i e f e r I e gu n g, in Begriff und Ausführung das Gegen-
Vom Wcsen
eine Tonfolge der Mittelstimme' der Tiefer-
stück zur Höherlegung, kann im Dienste von Urlinie-Tönen legung

s r4e steh,en, s. Fig. 48, l, sie kann auch beinr Basse z' B. zum Zwecl<
von der Aus- Die Höherlegung kann ausgeführt werden: einer Koppelung benützt rverden, s. bei 2:
tlrX',lJ,iJ;X'J t. in unmitt"tnät.t weise durch einfache Erhebung in die Flg.4t
Im Beispiel von Haydn unter 1 wird nrit Höher- und Tieferleguttg
Itöhere Oktave oder:
förmlich ein Spiel getrieben: zuerst Tieferlegung c3-c2, dann die
2. mittelbar durch eine Verbintlung zutn höheren oktar,ton
Höherlegung cs-b2-as2-g2, endlich die Tieferlegung cz-lri
mittels einer andern Protongation der ersten schicht, wie Brechung,
betrachteten wir die Lage cz-f als die obligate, so bedeutete
Uebergreifen usw'
auch ihr gegenüber gz als die 2 eine Höherlegung; die Coda be-
s l5o
Beispicre stätigt c3 als die obligate 5.
BeispieleeinerunmittelbarenHöherlegungvonUrliirie-Tönen'
Im ersten Beispiel unter 2 müßte gemäß Fig. 14, 3 die Tcrz
s. Fig. +0, t und 2, wo sie mit einer Vertreturrg der 2 verkrrüpfi ist.
hiiher liegen, d. h. in der Aufwärtsrichtung der Oberquint, sie rvird
Andere Beispiele einer Höherlegung:
aber tiefer gelegt, um die Koppelung cl--c anzubahnen; ähnlich
ß1s,.47 irn zweiten Beispiel unter 2.

87
14. Kapitel

Koppelung

s 152
Begriff der
Koppelung
Koppelung ist die Verbindung zweier Lagen in Oktav-
Entfernung.

s 153
von der Die Koppelung kann im Dienste von Urlinie-Tönen stehen, sic
*:::'::ffi"'"
spielt auch im Basse eine r.r'esentliche Rolle.
Schlcht
s 154
vom-sprel In Anbetracht cler obligaten Lage, d. i. der führ'enden Oktavc
dcr Lagcn
im Ursatz, die meist mit dem Stancl des Kopltones zusamnrenhättgt.
vgl. S 268, wird es auch schon in der ersten Schicht möglich, mit DRITTER TEIL
einer Koppelung zu schalten. Gegenüber der führenden Oktave
wirkt die andere nur verstärkend:
Flg.49 VORDERGRI]I\D
Vgl. Fig.37,b;41, Bsp.3 usw. (

15. Kapitel

Verknilpfung von Prolongationen der ersten Schicht


s 155
verknllprung Schon in der ersten Schicht kiinrreir zwei oder mehrere Prolon-
von Prolon-
;;;;";;;'ä:; gationen gleichzeitig auftreten, doch bringt jecle, unabhängig von
ersten schlchtcier andern, ihr eigenes Wesen zttr Ertüllung, z. fi. Mischung uncl

Unterbrechung, Mischung uncl Nebcnnote, Unterbrechttng und


Höherlegung,Tieferlegung und Vertretung, Uebcrgreifen unci
Höherlegung, Unterbrechung und Zug usw.

88
Erste Abteilung
Begriffe des strengen Satzes
l.-5. Oattung

l. Abschnitt

Von den vollkommenen Konsonanzen


s 156

Da gemäß der Darstellung im ersten und zweiten Teil tler Arrgemeines

Vordergrund zum Hinter- und Mittelgrund eine organische Be-


zichung hat, so geht der strenge Satz mittelbar auch im Vorder-
grund mit.
Alles was vom Wesen der Intervalle, von der Stimmen-
bewegung in Bd IIr und IIz gesagt worden ist, behält deshalb auch
Oiltigkeit im freien Satz, also ist es folgerichtig, daß hier die
'l'onerscheinungen des freien Satzes und ihre etwaigen Abwand-
lungen nach Tunlichkeit sogar in der selben Ordnung wie im
strengen Satze dargestellt werden.

s 157
Die Oktave bleibt auch im freien Satze nur eine Tonhöhe- vonderoktavc
Veränderung, vß1. 11 t, 177.
Im Leben der Vordergrund-Prolongationen erfährt sie freilich
als die bedeutende Trägerin von Transpositionen eine nach-
rlrücklichere Bestätigung ihres Grundwesens. (Der strenge Satz
kennt solche Transpositionen nicht.)
Auch macht die Oktave irn freien Satz die Stimmen-Charaktere
Sopran-Tenor, Alt-Baß deutlicher als im strengen.

s 158

Die Quint bleibt Grenzintervall auch im freien Satze, vgl. IIr, von dcr euint
176 ff.
Die Voraussetzung dafür im freien Satz ist aber, daß sich die s 161

Quint auch wirklich auf den tieferen Ton bezieht im Sinne der l)a der Vorclergrund zuletzt auf dem strengen Satz des Hinter- jil"-
Unbedingtheit, wie sie der strenge Satz fordert. Anders als im gnrntlcs beruht, vgl.S 156, teilt er grundsätzlich auch das unbe-"r"Ill
und Quint-
strengen Satze gibt es nämlich im freien Satze auch scheinbare, rlingte Verbot der Oktav- und Quintfolgen mit dem strengen Satze. ut""rtoä,l,To
uneigentliche Intervalle, die die aus dem Mittelgrund stammenden Doch aber nur dann, wenn die Gelahr besteht,
eigentlichen verdrängen und verdecken. tl:rß die Oktaven oder Quinten mit ebenso
runbedingter Giltigkeit wie im strengen Satze
;r rr f t r e t e no d. h., wenn die Töne, die Oktaven oder
s 15e
Qrrinten ausmachen, sich so unbedingt aufeinander beziehen,
von dcr eurrr Wegen ihrer Mehrdeutigkeit, die sie hinter das vollkomnrene
wic irn strengen Satz; wo dagegen eine solche Gefahr nicht droht,
Grenzintervall, die Quint zurückstellt, wurde die Quart im strengen
tliirfen im Vordergrund die Stimmen ohne weiteres sogar auch im
Satz als eine Dissonanz erklärt, vgl. IIr, l55ff. Wie dann;rber der
Arrl}ensatz Oktav- oder Quintfolgen machen: es ist dann ntlr so,
freie Satz diese Mehrdeutigkeit in das Eindeutige zu wenden ver-
u,ie wenn zwei Menschen aneinander vorübergingen, die, weil sie
mag, wurde dort ebenfalls schon erörtert (S. 158 ff.).
kcinc Beziehung haben, auch keinen Gruß tauschen. Also sind
Hier sei noch aul weitere Beispiele verwiesen: Beethoven,
l:olgen solcher Art nicht wirkliche Quintfolgen, hinter diesetn
Itl. Sinfonie, Scherzo, T. l4-15, wo trotz der Generalbaßziffer f; Schcin birgt sich im Hinter- und Mittelgrund eine fehlerfreie
eine Quart überhaupt gar nicht vorliegt; ähnlich im Finale T.227. Slimrnführung mittels anderer Intervalle: Komponist uttd Flijrer
Die Lösung der beiden Stellen s. Jhrb. III, 65 und 81/82. lrt'gegnen einander im Verstehen der mittelgründig verborgenen
ln einem Falle aber wie bei I der Figur 50: wahr'en Sachlage.
Flg. 6O Das ist also die endliche Lösung der seit altersher umkämpften
lfrage der Oktav- und Quintenfolgen! Die Lösung bleibt einfach,
meidet z. B. Seb. Bach die Quart dennoch! Fig. 50, 2 und 3, zeigen
lrotz dem Umweg über den Mittel- und Hintergrund.
Quarten im Durchgange. Urngekehrt aber kann oft der Mittelgrund verbotene Folgen
zeigen, die zu beheben Sache des Vordergrundes ist.
s 160 Historisch betrachtet, dürften es zuerst die Züge gewesen sein,
rlic dem Mittelgrund zwar ein Mehr an Inhalt (Diminution) ein-
Vom Verbol Der strenge Satz hält an dem unbedingten Verbot der Oktav-
lrtrgen, oft aber mit Quintfolgen drohten, so z. B. wenn zwei Züge
der okta.v- und
Oulnt-
und Quint-Parallelen fest; die Gründe hiefür sind in ll1, I I l, :rrrs irgendeinem unabweislichen Grunde des Zusamntenhanges in
p",irr"i.n r.176-198 und 267-275 angegeben. Hier erinnere ich nur, daß
strensen satz 6.t strenge Satz olfene
parallel-gerader Bewegung fortgehen sollten:
Quintlolgen hauptsächlich we.qen der
harmonischen Begrenztheit des Quint-lntervalles verbietet, der
Ftg. 5l
entgegenzutreten ihm bei der Unbedingtheit seiner Intervalle Vgl. Fig. 54, 15. Bei einem solchen Satz wiederholte sich die Unbe-
überhaupt noch jegliches Mittel fehlt. rlingtheit jeder einzelnen Quint genau so wie im strengen Satz:
Schon aber der Generalbaß gestattet offene Quinten, sogar sollte das Ohr den Zug der Ober- oder Unterstimme hören, da doch
im Außensatz, s. Em. Bach, zweites Kapitel, erster Abschnitt, jctlc Stimme gleichsam eine andere Tonart vorstellt?
S 2l-23; das erklärt sich daraus, daß der Generalbaß, Die Kraßheit eines solchen Uebelstandes sei an einem ge-
einer freien Komposition dienend, nun auch die gesteigerten Frei- lärrfigen Beispiel eigens erläutert:
heiten mit ihr teilt. Frg. 63

92 93 8r
Wäre ein solcher Quintsatz im Sinne von G-dur oder C-dur zu s 162

hören?*) Deshalb ist das Vermeiden solcher Quintlolgen einem So verschieden die Umstände sind, die 8-8- 5-5-Folgen ^ ueber dre
oder
Meister der Tonkunst immer eine Pflicht, eine so selbstverständ- hcrnufbeschwören, so verschieden sind auch die Mittel ihrer äe- %fi:;l-"""t""
Qulntlolscn lm
liche Sache wie kraß ausgedrückt das Umgehen von Unrat. Irt,lrung. Gleichwohl lassen sie eine methodische Darstellung 71.
- - rlie nun hier zum erstenmal versucht wird.
allgemelncn
ln der von mir aus dem Nachlaß herausgegebenen und er-
läuterten Studie von Brahms, von ihm selbst betitelt: ,Oktaven, t. Schon der strenge Satz bringt die Erfahrung mit sich, daß
Quinten u. A." (U.-E. Nr. 10.508), tritt Brahms einer sich auch die 8-8- und 5-5-Folgen, die durch den Zwang der Stinrnt-
noch im Vordergrund vorbehaltlos an den Schein klammernden Itihrung irgendwie unvermeidlich scheinen, dennoch entweder durclt
Theorie mit den Worten entgegen (S. 5): ,Man sieht und namettt- Oegenbewegung von vornherein umgangen, oder durch Stimnren-
lich hört man, daß keine Fortschreitungen zweier Quinten statt- kreuzung, Einschaltung, durch Synkopen oder Nachschlagen,
finden." Ueber die Ursache wirklich schlechter Fortschreitungen lnitunter sogar durch eine Pause behoben werden können, s. IIl,
im Vordergrunde äußert er sich aber (S. 2): ,,Abgesehen von bloß S. 265 ff., 379 ff.; nur muß dabei verhütet werden, daß diese Mittel
Nachlässigkeit oder Versehen Wann und wo man eigentlich lricht etwa durch eine zu gewaltsame Anwendung dern Stimnt-
schlechte Quint-Fortschreitungen findet, ist gewöhnlich alles fühLungsfluß zum Schaden gereichen. Andere Mittel der Behebung
andere gleichfalls so schlecht, daß der eine Fehler nicht in kennt der strenge Satz nicht.
Betracht kommt, s. Ambros, Lehre vom Quinten-Verbot, S. 45,
2. Es versteht sich, daß auch der freie Satz sich der erwähn-
Trio von A." (folgt das Beispiel Ambros in Noten). Ohne deut-
Andere" verstehe, nur auf den
len Mittel zur Vorbeugung oder Behebung von 8-8- oder 5-5-
licher zu machen, was er unter
sich"alles
die scheinbare Quint- Folgen bedienen kann. Dazu kommt noch die Fülle von anderen
Gegensatz der Beispiele stützend,
Behebungsmitteln:
Fortschreituugen zeigen, t erweist Brahms mit diesen Worten auf
rlen ungegründeten Verlauf einer Stimmführung im Ganzen als a) der Vordergrund bringt 8-8- oder 5-5-Folgen, die als
Fehlerquelle. wirklich schlecht zu gelten hätten, wenn nicht an Ort rrnd Stelle
rnit Mitteln des Vordergrundes ihre Behebung erfolgte: also ist im
Dennoch ist es der Sache wegen nötig, daß ich, obgleich
sclben Vordergrund-Bild deutlich die fehlerhafte Folge und das
mehrere Jahrzehnte jünger als Meister Brahms, mir das Verdienst
lrctreffende Mittel der Behebung zu lesen, beide von einander zwar
zuschreibe, als erster die Lösung der Frage gebracht zu haben.
verschieden, doch zu einander gehörig.
Nicht allein deshalb, weil des Meisters Blätter nur eine Skizze vor-
stellen, sondern aus dem wesentlich tieferen Grunde, weil ich als b) Der Vordergrund zeigt zwar 8-8- oder 5-5-Folgen, doch
Erster die Beziehung vom strengen zum freien Satz bewußt gemacht sind sie nur scheinbar, sie sind gerechtfertigt durch eine Stimm-
f(ilrrung im Mittel- und Hintergrund, aus der sie kommen, die aber
und als die umfassende Lösung hingestellt habe, in der die Lösung
auch der Quinten- und Oktavenfrage mit enthalten ist. von 8-8- oder 5-5-Folgen nichts weiß; in diesem Sinne müssen
solche mittel- oder hintergründig gute Folgen im Vordergrund
r) Dieser Fehler kehrt in dem Unfug wieder, selbständige und gleich- gcbilligt werden.
wertige Motive gegeneinander zu kontrapunktieren, wie es z. B. Wagner
im Vorspiel zu den ,,lVleistersingern" tut. Es wäre falsch, die Fugentechnik lnnerhalb dieser Cruppe lassen sich die scheinbaren 8-8-
zur Verteidigung solcher Kontrapunkte anzurufen, denn die Kontrapunkte, otler 5-5-Folgen wieder in solche unterscheiden, deren Berich-
die sich in einer Fuge dem Führer oder Oefährten entgegenstellen, sind an' tlgung und Beglaubigung nicht weit hinter dem Vordergrund
Bedeutung untergeordnet. Durch Uebertreibung ist der Unlug herrte schon zurlickliegt und in solche, deren Beglaubigung mehr in der Tiefe
so weit gediehen, daß sogar mehrere Walzer oder andere weitgedehnte
tler Schichten, also in tieferen Zusammenhängen geborgen ist.
Melodien gegeneinander gesetzt werden.

95
94
s 163 s 164

Ucber dle Nun folgen Beispiele einer Behebung von Oktav-Folgen, ge- Auch in der folgenden Figur sind die Beispiele nach $ 162,
Behebung von
äiäiä'ö'ordnet nach S 162,1,2 a und b: l,2a und 2b, geordnet: ".YjfilJ'j""
Quint-Folgen
im Besondern,
lm Besonderen, Frg. 64 Beispiele und
Belsplelc und Ftg. 63 Anmerkungen
lnmerkungen Bsp. 1 zeigt als Behebungsmittel eine einfache Terzbrechung,
Das erste Beispiel zeigt deutlich eine Gegenbewegung, die Hiliskadenz, s' $ 244.
Wirkung wird durch den Schein einer ^7-Synkope, deren Lösung
llsp. 2 eine Quintbrechung
[l) "".n Art einer
Leicht vom Vordergruird abzulesen sind die Behebrtngsmittel
im Basse erfolgt, und durch eine Art Nachschlagen verfeinert und
tlcr Synkopen in Bsp. 3 Zu Bsp.5 vgl. Urlinie-Tafeln";
verbessert. Das zweite Beispiel zeigt bei ^7-6 nachschlagettde -7. "Fünf
n7-6 vollständig zrr Bsp. 6 vgl. Fig. 53, 3: dort ist in T. 123-132 der Rattm der
Oktaven, sie treten hinter der Synkopenkette
Scxt zu sehen, der die Quintfolgen in sich beherbergt, dazu kommen
zurück. Einfachen Einschaltungen wie z. B. in Mozarts Klavier-
- rlic Septen, die zu 5, ^4-5,-n4-5, führen und mit die Quint-
Sonate cmoll, Köch. 310, erster Satz, T. 88 ff., 8-10-8-10-8;
ftrlgen rechtfertigen. Vgl. ferner 11r, Fig. 184; Brahms in "Oktaven,
in Mozarts Rondo amoll, Köch.511,8-6-8-6-8, oder in Seb.
(.)uinten u. A." (,Klaviersatz'); Schumann, Bd. III,35*); zu Bsp.7
Bachs ,Brandenburgisches Konzert" Nr. 5, 2. Satz, T. 241f,
s. Fig. ll7,l.
8-5-8-5-8 begegnen wir sehr häufig, sie sind allezeit vom
Vordergrund leicht abzulesen. Vgl. Fig. 40, g, 10; Fig. 41, Bei-
Zu den ebenfalls vom Vordergrunde meist leicht ablesbaren
spiel 2. tlehebungsmitteln gehören die Einschaltungen, unter denen die
sogenannte 5-6-Auswechslung hervorragt,**; die sich dann aber
Dagegen erhält das Nachschlagen in Fig. 53, 3, T. 123-139 als Mittel zur Behebung von 5-5-Folgen begriffliclt von 5-6 als
Erklärung und Rechtfertigung erst durch den Mittel- und Hinter- t'infachem Harmoniewechsel unterscheidet, s. $ 175. Eine 5-6-
grund. Welche Welt verborgener großzügigster Entsprechurtgen Auswechslung ist sowohl im Außensatz anwendbar' s' Fig. 54'
(Parallelismen) in dieser Mazurka (s. die Klammern) ! _-
*) ,,. . . der plötzliche Schluß mit den Quinten, über die die deutschen
Im vierten Beispiel ist die Einschaltung ohne die Auskunft des Cantoren die Hände über die Köpfe zusammenschlagen werden. Fine Be-
Hinter- und Mittelgrundes nicht wahrzunehmen, sie rechtfertigt aber rrrerkung beiläufig: die verschiedenen Zeitalter hören auch verschieden. ln
rlcn besten Kirchenwerken der alten ltaliäner findet man Quintenfort-
die so weit empfundene notge ffi in T. 14-26 und ent- schreitungen, sie müssen ihnen also nicht schlecht geklungen haben. Bei
scheidet unwiderleglich auch darüber, daß in T. 25 das letzte llach und Händel kommen ebenfalls wetche vor, doch in gebrochener Weise,
Viertel des Basses nur ls sein kann (in Chopins Handschrift fehlt rrrr<l überhaupt selten; die große Kunst der Stimmenverflechtung mied alle
durch Versehen das I vor A, vgl. Urtext-Ausgabe, Br. u. H. S. 50, I'arallelgänge. ln der Mozart'schen Periode verschwinden sie gänzlich. Nun
lrrbten die großen Theoretiker hinterher und verboten bei Todesstrafe, bis
Fußnote).
rvicdcr Beethoven auftrat und die schönsten Quinten einfließen ließ, nanrent-
Im fünften Beispiel werden Oktav-Folgen durch ein Ueber- lreh in chromatischer Folge. Nun soll natürlich ein so chromatischer Quinten-
greifen und Nachschlagen vermieden. lm sechsten Beispiel sind 11rrng, wird er etwa zwanzig Tacte lang fortgesetzt, nicht als etrvas Treff-
F8 F8 lichcs, sondern als etwas äußerst Schlechtes ausgezeichnet werden, gleich-
"yund 'y1 ohne unmittelbare Beziehung, die V schließt teiler- lrrlls soll man dergleichen aber auch nicht einzeln aus dem Ganzen heraus-
mäßig ab, mit VI setzt ein neuer Kadenzversuch ein; also liegt hcbcn, sondern in Bezug zum Vorhergehenden, im Zusammenhang hören."
lrrst mit den letzten Worten kommt Schumann der Lösung ahnend nahe.
hier auch kein Trugschluß vor. Wegen anderer Zusammenhättgc
-
sind auch z. B. die Oktav-Folgen in der III. Sinfonie von Beethoven, **) Vgl. Seb. Bachs Generalbaßbuch, 1738 (abgedruckt in Spitta's
l. Satz, T.551 ff. (Coda) keine obligaten Folgen, s. Jhrb. III,53. lllch-lliographie), Anhang, Cap. 6, Regula 4.

96 97
chg-h2
8 (vgl. Fig. 39, 2), wie auch bei Stimmführungssätzen 5 -S-Folge wie der Vordergrun_!!: ,Fi=O auf.
8 8 l0 10 r0 r0l0 l0 -i)-
5-6, 5-6; 5-6, 5-6; oder wie in Fig. 54, 9: 5- 6, 5- 6 ln Bsp. 14 findet sich eine"-Gegenwirkung wider die 5-5-
usw., wobei zuweilen der Grundton Oes !-Xlanges eine Terz tiefer F"lg. l.[? durch die Verstärkung est-!t, mit der zwei Sext-
ausgeworfen wird, was die 5-6-Auswechslung leicht verschleiert, Akkorde erzielt rverden, die jene Folge aufsaugen; eine solche Ver-
s. Fig. 54, lO. stärkung gehört zum Klaviersatz.
Eine besondere Rolle spielt die Auswechslung bei einem Nicht selten aber ist es Aufgabe gerade des Vordergruttdes,
Sekundschritt der Stufen, z. B.: l5-o ll5 V, s. Fig. 54, ll a, eine im Mittelgrund drohende 5-5-Folge at vermeiden, r'rie
Bsp. 15 zeigt; zu b) vgl. Fig. 51.
namen'ich aber in Kadenzen bei IV 5,!-'}, gleichviel, ob {
stehenbleibt vgl. Fig. 37 a, 44, 2 oder der Grundton der 2. Abschnitt
-
Il. Stufe einbekannt wird.
Doch sind auch Einschaltungen anderer Art möglich, Von den unvollkommenen Konsonanzen
s. Fig.30 b:5-8 5-8; Fig. 62,2:5-7-5; die eines konsonanten
Durchganges, s.S 170 usw.
s 165
Umgekehrt zeigt Bsp. 11 b eine Behebung durch Weglasslrngr
Auch im Außensatz des Vordergrundes ist der Yorzug der Von den un-
vgl. Jhrb. II. S. 4l und Anhang. vollkommenen
unvollkommenen Konsonanzen genau wie im strengen Satze unbe- Konsonanzen
Daß alle diese Behebungsmittel mehr oder weniger auch im streitbar (s. II1, 219,ll2 XlV,27,125): der feine Gebrauch der
Mittelgrund verborgen sein können, versteht sichl namentlich ist es unvollkommenen Konsonanzen gehört geradezu zu den Merkmalen
die 5-6-Auswechslung, deren Verschleierung im Vordergrund oft cines gutgeführten Außensatzes.
so u'eit geht, daß sie erst aus dem Mittelgrund heraufgeholt werden Im besonderen von den Sexten gilt, daß ihre mögliche Ab-
kann. kunft von anderen Intervallen, z. B. von Quintfolgen in einer
Durchaus nur mittelgründiger Art sind die Lösungen von früheren Schicht, kein Hindernis für eine lortgesetzte Anwendung
Quintfolgen, die durch zufällige Begegnung im Vordergrund bildet; außerdem sind sie der Auskomponierung förderlich, in
entstehen: mit einem Durchgang, einer Wechselnote, Ncbenuote; deren Wesen es liegt, daß eine Folge von Sexten meist die Dreizahl
eines Durchganges mit einer Antizipation, Wechselnote oder iiberschreitet, die der strenge Satz als Crenze setzt'
Nebennote; einer Nebennote mit einer Nebennote, einem Triller-
nachschlag, einem Vorhalt usw.; einer Vorhaltsauflösung mit s 166
einem Durchgang, mit einenr Vorhalt usw. Beispiele dafiir zeigt Von der
Das Bedürfnis nach Auskomponierung bringt es mit sich, daß weiten Lage
die Brahms-Studie, hier verweise ich auf Bsp. 12 die erste l3e-
rlie Terzlage des Sextakkordes als dessen weite Lage gebraucltt bei der Sext
schleunigung in zwei Viertcln in T. 2 des Beispiels ruft weitere zwei
wircl, wenn außerhalb einer größeren Folge von Sextakkorden,
Viertel herbei, die das rhythnrische Cleichgewicht wieder herstellen.
also bei einem einzelnen Sextakkord mehr auf die Auskomponierung
Bsp. 13 zeigt im 2. und 3. Viertel des ersten Taktes und im gesehen werden soll: die Quint zwischen Ober- und Mittel-
L Viertel des 2. Taktes eine Diminution für hz, vgl. Fig. 40, l, und
sfirnme bietet dann gleichsam als ein !-eezirt< für sich clen will-
h2-h2
Fig. 56, 2 e, also weist der Mittelgrund nur:D-8, aber nicht die kornrnenen Raum für eine Auskomponierung, s. bei a):
(: 6_5) Flg. 66
98 99
s 167 s 16e
Von zwcl Auch im freien Satz ist der üble Eindruck zweier großer
Der dissonante Durchgang, also auch die Sept, wo sie nicht :il:fc;:|ff:t
großen rerzenTerzen
im Außensatz :zrtvermeiclen, s. llLr2O2tf. Sind aber schon Synkope ist, ist selbst ein Mittel der Auskomponierung; der g"ne im disso-
im strengen Satz zwei große Terzen gestattet, wenn bei günstigen ,lissonänte Durchgang kann deshalb, solange er den dissonanten
nantenzustand

weiteren Verlauf die übermäßige Quart als Sumtne vermieden (lchalt beibehält, nicht noch außerdem eine Auskomponierung komponieren
wird, s. IIr, Fig. 196, so gilt das erst recht vom freien Satz, z. B. hcrgeben, erst seine Umwandlung in eine Konsonanz ernlöglicht
Beethoven, V. Sinfonie, Finale T.122-,130-'132: ?ß":ü I eine Auskomponierung, zu der im strengen Satz die Gelegenheit
noch fehlt.
3. Abschnitt
s 170
Vom Durchgang im Vordergrund Schon im Ursatz zeigt sich die erste Verwandlung eirres u"Yä"j,','""
s 168 ursprünglich dissonanten Urlinie-Tones in eine Konsonanz: die 2 eines dissol
ist es vor allem, die durch die kontrapunktierende Baf3brechung lll-"J,?":;l;
Vorn Durch-
gang im Das Erfordernis eines liegenden Tones, wie ihn der strer'.ge
viJ.?g'unc Satz zum Erweis eines konsonanten wie dissonanten Durchgangs des Hauptklanges als .2, in eine Konsonanz verwandelt wird; bei *"J'iXffi:
V
für dessen Dauer sei es in der Ober- oder Unterstimme """';;ni,-'*
nanten Durch-
5 und 6 ist es auch noch die 4 und ?, die ursprünglich clissonant
durchaus benötigt, kann im lreien Satz entfallen, da clieser die
durchgehend einer Konsonantmachung harren, die die Auskom-
Möglichkeit bereitstellt, ein ursprünglich Liegenbleibendes in eine
ponierung erst in Gang setzt, s. Fig. 5 und 10. Durch alle Schichten
Ben'egung zu verwandeln. Zu den schon in ll1, 47 ff. und II2. 58,
des Mittelgrundes pflanzt sich dieses Gesetz fort, wodurch sich
62,73, 176, 177, 188, ferner in den Erläuterungen Tw. B/9. 10, irnmer neue Schichten bilden mit neuen Verwandlungsmöglichkeiten
endlich in den Jhrb. I und II dargelegten Gründen für die vermehr-
fiir dissonante Durchgänge, auch bei Mittelstimmen, bis der Vorder-
ien Freiheiten inr freien Satz treten so die vom Hinter- und Mittel- grund in seiner äußersten Freiheit Stimmführungen bringt, die ohne
grund abgeleiteten hinzu als letztentscheidend und die meiste
Deutung der Zusammenhänge in Mittel- und Hintergrund als Durch-
Freiheit gewährend. gang nicht zu erkennen sind.
*) Mit einer gewissen Berechtigung haben unsere Vorfahren das Verbot
Die Verwandlungen gründen sich auf das Gesetz vom Kopfton,
mi contra fa aufgestellt und die Unvereinbarkeit zweier Hexachorde be-
hauptet (Solmisation); demnach ließen sie dort, wo sie z. B. mi--fa von s. $ 93, dessen die Züge voll beherrschende Wirkung allein den
G aus brachten (: h-cl ein mi-fa aus dem C-Hexachord gleichzeitig ursprünglich dissonanten Zustand erkennen läßt.
nicht zu (: e- J). Sie hatten eben noch keine wirkliche Tonart, kein wirk-
Beispiele: In Fig. 20, 2, T. 2 werden die ursprünglich disso-
liches System, da ihnen vor allem die Oktave noch fehlte, inndrhalb der ein
r10\-'9
Quartraum 5--8 erscheint, der ihnen schon einen neuen Hexachord auf- nanten Durchgänge I sJ ^ 7 im Vordergrund durch C in einen
genötigt hätte. Wir aber haben die Oktave, die von vornherein zwei Halb- r__1
töne hat, die ehemals feindlichen Hexachorden gehört hätten. Es liegt also Dreiklang verwandelt, der der Auskomponierung günstiger ist.
vom Standpunkt der Oktave, die beide Halbtöne beherbergt, kein Grund
vor, sie als feindlich gegeneinander auszuspielen, deshalb konnte ich in, U2 Striche zeigen den Gang der Stimmen an.
sagen, daß mi contra fa ein leeres Gespinst gewesen, wie der Wahn von In Fig. 20, 4,'r.16-36, wird die i" i:ot:ou-u ursprüng-
den Kirchentonarten und zahllosen Intervallen, daß jedes Verbot laus einem
solchen Crunde abzulehnen ist und nur eine unangenehme Quartsumme rvie hch dissonant durchgehende I7 im Vordergrund in ! verwandelt.
in Fig. 195 zwei große Terzen zurückzuweisen zwingt. Vgl. dazu Fig. 35, 1 und 2.

100 101
Die durchgehenden Septen bei IV8-7 V oder II8-7V werclen
Im Bsp. 2 sollten die letzten vier l6tel der Unterstimme eigentlich
meist in konsonante Klänge geändert, vgl. Fig.22b,T.2;Fig.49,2;
g---a-lis-g lauten, vgl. den ersten Kontrapunkt in T. 4 der Fuge;
53,3, T.21.
tlaß hier aber der Quintsprung a--d besser tut als der Quart-
Die Durchgänge in 18 ? 6 3, vgl. Fig. 11, l, erfahren eine Im Bsp. 3 treten beim Basse ls, Ges und
sprung g-J, ist klar.
Verwandlung, wozu ein schönes Beispiel in Bachs kleinem Prälu- - Terzntg Des-Ce*B
I' vollständig hinter dem D3 zurück.
dium Nr. 12 sich findet, s. Jhrb. l, ll7, Fig. I a) und b).
In Fig. 42, 2 wird die ursprüngliche Sept esz, die über V die
Nebennote heranbringt, im Vordergrund als IV einer Kadenz s 173
gezeigt. Die in den Mischungsgattungen nachgewiesene Neigung der Neigung der
Durchgänge zu
Weitere Beispiele: Durchgänge, ihre Wirkung dadurch zu bekräftigen und zu- steigern, gleichartigen
Flg. 66 claß sie zu einem wie obligaten eigenen Satz, zu !- oder !-Xtang.tt Bildungen

Bsp. I a-c zeigen Durchgänge im Fallen. Bsp. I a unter- zusammentreten, vgl. 112, 174 ff., wird im Vordergrund durch den
scheidet sich vom fünftönigen Melism, der sogenannten nota cam- parallelistischen 'Irieb der Diminutiolten noch gefördert und ver-
biata, s. I1t, 308 ff., namentlich S. 354, 375. stärkt, beziehe sich dieser auf die Folge der hitervalle oder auf die
Bsp. 2 a-f zeigen die Konsonantnrachung eines Durchganges Auskomponierung. Hierher gehören die üblichen Folgen beirn
im Aufsteigen; zu d) und e) vgl.S 24411.; zu e) im besonderen Stimm.entausch: 6 6, 10 10, wie auch andere, von denen in $ 236
Fig. 40,I und 54, l3; bei g) wircl !im Ourchgang gemieclen; bei gesprochen werden wird. (Vgl. Fig.43, b:4,5 und c:4,5.)
h) wird mit dem Durchgang ein Chromenwechsel verbunderr,
vgl. ,,Tw." 3, S. 5. s 174
s r7l Die c.-f.-Aufgabe des strengen Satzes kennt weder eitte wirk-
Von der
Wechselnote
Von dcn Die aus dem Mittel- und Hintergrund stammende Beweiskraft liche Metrik noch Rhythmik, sie gibt deshalb noch keine Gelegen-
großen
Sekund- der Züge teilt sich im Vordergrund auch einer Folge von großerr heit zu einer Wechselnote, die einen Durchgang auf dem guten
schritten Sekundschritten bei der Ober- oder Unterstimme mit, vgl. II1 Taktteil eines wirklichen metrischen Zustandes vorstellt, man
2O4 tl., Fig. 200, 201 :
rnüßte denn an eine in der 3. Gattung auf dem 3. Viertel
Flg. 67
durchgehende Dissonanz als Ursprung der Wechselnote denken,
s 172 vgl. IIr, 298-299, Fig. 332. Also ist die Wechselnote ein Begriff
tles Vordergrundes.
Von Sprllngcn Schon in den Mischungsgattungen tauchte der Begriff des
lm Durchgang
Die Notwendigkeit, Sprünge, bei welcher Stimme immer, bei
springenden Durchganges auf, vgl. 112, 177 ff. Die aus dem Mittel-
grund stammende Beweiskraft kommt springenden Durchgängen welchem Anlaß immer, zu überbrücken, führt leicht zu einer
im Vordergrund nun erst recht zu: Wechselnote, wobei als guter Taktteil nicht nur der Niederstreich,
sondern z. B. auch ein erstes oder drittes Achtel, ein erstes oder
IIg. 6t drittes Sechzehntel usw. als gute Taktteile gelten:
Im Bsp. I wäre in der Unterstimme wohl noch g1--o1 und lisr-gr
möglich, mit cis2 für o1 aber wird nicht allein ein Quintsprung ge- Flg. 6e
wonnen, der für sich selbst zeugt, sondern außerdem die Quint für ln Bsp. 4 treten Quint- uncl Quartzug in Gegenbewegung auf,
den nachfolgenden Klang: 5 usw. vgl. $ 227 ff.: bei a) ist desz als Durchgang, bei b) als Wechselnote
gczeigt, die Vordergrundausführung bringt nun desz auf den
t02 103
5. Takt als einen metrisch starken und gewährt ihm dadurch eine Auf die kürzeste Formel gebracht: Wo die Sept nicht Vorhalt,
Spannung im Grunde die Spannung eines Durchgangs! die nicht Synkope ist, ist sie ein Durchgang und hat als Durchgang
bis cz in T.-
l1 fortwirkt! -,
nicht die geringste Beziehung zum siebenten Oberton, der in den
l-ehrbüchern der Theorie mit der Sept für identisch gehalten
4. Abschnitt
rvird, vgl. Bd. I, 34 ff. und II2, XVI, 84 ff.
Vom Harmoniewechsel 5-6 s 177
Von den Ver-
s 175 Als dissonanter Durchgang ist die Sept nicht auskomponier- wandlungen
Vom Hrrmonlc- So wenig wie 6--5 dient auch 5-6 in der 2. und 3. Gattung bar, s. S 169. Von der Konsonantmachung eines Septdurchgattgs der Sept lm
wech8el H spricht S 170, hier seien noclt andere Beispiele von Verwancl- freien Satz
des zweistimmigen strengen Satzes einer Vermeidung von fehler-
lungen der Sept gezeigt:
haften Quintfolgen, vielmehr deuten beide Folgen den einzig natür- Flg.62
lichen Harmoniewechsel, der nicht selten auch mit der Neben-
Die Bsp. l-.4 zeigen die Auskomponierung eines Septklanges:
wirkung eines Durchganges, einer Nebennote einhergeht, vgl. Ilr, vom Grundton zur Sept in den Bsp. I und 2, abwärts von
au{wärts
289,324; II2 XIV, 6l ff. der Sept zum Grundton in den Bsp. 3 und 4. Im Bsp' 1, vgl.
Schon aber im Generalbaß, der eine freie Komposition voraus- -
,,Url.-Tf.", wird die in chromatischen Durchgängen verlaufende
setzt, s. Bd. I, 230 ff., gewinnt die Folge 5-6 mehr den Charakter
Auskomponierung durch die Wiederkehr des Grundtones B in
eines Mittels zur Behebung von 5-5-Folgen. Und ebenso ist es im Sept: bt-1desz)d2 und d2-os2 ge-
T. 115 in Grundton
Vordergrund, vgl. S 164. Doch kennt der Vordergrund zuweilen auch -Terz-
gliedert. DieVerwandlung sämtlicher Durchgangstöne in konsonante
einen einfachen Harmoniewechsel im Sinne des strengen Satzes, Bildungen ermöglicht reichste Entfaltung im Vordergrund; welcher
z' B': Diminutionen sie sich in, Engeren bedient, diese Frage tritt zurück
Flg. 6o
gegenüber der Bedeutung des Auskomponierungswegg5. lrn
Bsp. 2 ist nur der erste Terzraum gL-hL mit chromatischen -
Durch-
5. Abschnitt
gängen ausgefüllt, die weitere Auskomponierung geht durch
Von der Sept Brechungen: ht--42 und d2-12. In T. 9-14 begibt sich ein
Wunder: Der erste Durchgangston os1 erfährt eine Verwandlung in
8
s 176
das Intervall der Oktave, also in den Klang l5
5, und in diesem
IT
tm -*i-::lt
strengen
Im strengen Satz tritt die Sept entweder als Durchgang im Klang ertönen die ersten vier Takte der Florestan-Arie: der ls-
und treien sat"Aufstreich oder als Synkope ^7_.6 im Niederstreich auf. Diese
Klang erweitert sich förmlich zu einer Bühne, auf der ein traument-
beiden Formen werden auclt im Vordergrunde beibehalten. Bei
stiegener Florestan seinen Cesang anhebt. Es genügte Beethoven
einem gegebenen Klang des Vordergrundes vcrsteht sich somit als
dessen äußerste Grenze nur die (]uint, niemals aber ohne weiteres
nicht, der Ouvertüre eine Beziehung aß Oper durch An-
führung jener vier Takte im Laufe des Allegro zu verleihen, es
mit auch die Sept: Selbst dort, wo über einer Qrrint im VorCergruntl
drängte ihn vielmehr, diese Anführung schon durch eine erste
die Sept aufgesetzt ist, in Fällen also, wo die übliche Harmonie-
lehre vom Septklang spricfrt, ist die Sept dennoch nur als Durclt-
irn einleitenden Adagio noch besonders zu begründen; in
gang zu werten, dessen Kopfton, die Oktave, sich von selbst cliesem Sinne ist nun der Kreis der Zusammenhänge in der
*ersteht: Ouvertüre geschlossen, als könnte sie der Oper entraten. Nun aber
f.[. ol hat Beethoven die Wirkung der ersten Vision im Adagio dadurch

104 105
erreicht, daß er sie dort in einen Durchgangston verlegt, der Nicderstreich. Schon in ll2, 181 ff. wurde bei Gelegenheit von
chromatischen ursprungs ist, also noch hinter dem diatonisclten Mischungssätzen aut ähnliche Wirkungen hingewiesen. Zu
cr zurücksteht: gerade das macht die Vision noch verborgener'
-
llsp. l3 vgl. Erläuterungsausgabe op. l1l, S.47; das Beispiel
noch visionärer. Was alles die Auskomponierung einem zcigt eine $-U*k.hrung in zerstreuter Lage I-t --az-az tirr
Genie einzubringen vermag! Zu Bsp. 3, dem Bild der Durch- I a-h-d, umso deutlicher wird der Dezimengang von Ober-
-
führung aus Beethovens III. Sintonie, l. Satz, vgl' Jhrb. III,43ff.
In Bsp. 4 beginnt die Abwärtsauskomponierung zwar schon mit
- rrrrd Unterstimnre: 1'-9"'. Ueber die ,,zerstreute Lage" der Urri-
J
kchrungen s. Ph. Em.-e Bach, Gb.,7.Kap., S 8; B. Kap.,2. Abschn.,
asl, T. 66, greift dann aber in T. 69 zu as2 hinaul, in die S 6 usw.
höhere Oktave, die dann auch, mit Ausnahme von ft-(esr)
T. 73-74, alle übrigen Durchgänge bringt. In die Auskom- s 178
ponierung dringt sozusagen ein programmatischer Zug: das ,,Lebe-
Durch ihre Herkunft rron der Oktave ist der Sept die fallenCe Vom Abschluß
wohl"-Motiv, das an der Spitze des einleitenden Adagio steht und des Septdurch-
liichtung vorgezeichnet.
den drei Silben entsprechend nur drei Töne zeigt, gt-11-es1,
ganges

T. l-3, wird in der Durchführung, also in der Auskomponierung s 17e


unseres Bsp. 4 um einen Ton gekürzt, wie in einem
Aus $$ 176-178 folgt, daß irn freien Satz schon die Notwen-wiederstrens€
Schluchzen verliert sich die dritte Silbe, der dritte Ton, deshalb
tligkeit cler Auskomponierung eine auf dem Grundton stehende Sept ,t;T.;:l
ngf : 6st-gL, as2-g2, fL-ej-, es2-4es2, d,es3-c3, cl-ces3
rrur selten duldet. dennoch recht
und ass2-[r! Die Unterstimme zeigt Gegenbewegung vom Grund- behält
ton zur Terz empor über die Nebennote Es, T. 83: Welche Folge
6. Abschnitt
von Intervallen, Klängen ergibt sich nun aus der Gegenbewegung
beider Auskomponierungen, der der Ober- und Unterstimme! --
Synkope
Die Bsp. 5-l I zeigen Brechungett als Mittel der Verwand-
lung eines Septklanges: in den Bsp. 5-7 bei der Oberstimntc s 180

Brechungen aufwärts : Quint-Sept, Terz-Sept, Crundton-Terz-Quint- Auf die Bedeutung der Synkope im freien Satz habe ich schon,X"ffi|H::l
Sept, in den Bsp. 8-11 bei der Unterstimme Brechungen abwärts: irr II1, 376-377, mit den folgenden Worten hingewiesen: ,,Auf
Terz - Grundton, Quint - Grundton, Sept - Quint - Terz - Grundton. tler instinktiven Suche nämlich nach technischen Mitteln, die die
Zu Bsp. 5 und 6 vgl. ,Url.-Tf."; zu Bsp. 7, das die Chromen- l.?inge des Tonsatzes (vgl. darüber insbesondere Bd. I, Anm. auf
auswechsluflg es2-e2 zeigt, vgl. Jhrb. III, 77 ff.; zu Bsp. 8 vgl. S. 209 ff.) dehnen sollten, und inmitten einer Stimmführung, die
Jhrb. III, 76If . In Bsp. 9 ist die in den Mittelteilen von Lied- 1außer den eigenen Gesetzen) sonst noch keinerlei höhere Not-
-
formen am häufigsten angewandte Technik zu sehen: die Brechung wcndigkeit aufwies, bot sich clem künstlerischen Sinn im Zwang
Quint-Grundton der Unterstimme in T. l3-19 verhilft dem Ton der tlcr Vorbereitung und Auflösung einer Dissonanz ein durchaus
künftigen Sept zuerst zur Konsonanz 3 (10), wodurch dem strengen rvillkornnrenes Mittel, das mindestens von Harmonie zu Harmonie
Satz entsprechend eine Vorbereitung der Sept erzielt wird, 3-^7. lirtc Art nrusikalischer Kausalität und Notwendigkeit vorzutäuschen
Zu Bsp. l0 vgl. Jhrb. III,38; zu Bsp. l1 vgl. Jhrb. 11,26127.
- vt'rnrochte. Lag ähnlich übrigens auch schon im allereinfachsten
-Das
Bsp. l2 zeigt die Entstehung eines Septklanges bei einer Brechung l)ur('hgang ein l(eim solchen Zwanges zur Fortschreitung stets
des Basses: l-lV und einer rhythmisch'en Verschiebung zugleich. lrt'lr;rltc rnan das Problem der Entwicklung der Länge im - Auge,
Diese Art Auskomponierung steht für die einfachere: IVFTauf dern w('nn llan dem Wesen und der Geschichte unserer Kunst nach-

106 107
forscht! so ist es klar, daß der Zwang der dissonanten Synkope LJeberbindung wirkt die vermeintliche Non es1 hier eher als die
-, unvergleichlich stärkere und zwingendere
als eine Wirkung Untersext zu c2, s. die schrägen Striche bei d). Das Beispiel zeigt
empfunden werden müßte."*) außerdem die Ueberbindung eines durchgehenden Tones, s.91 bei
Hiezu vgl. Text und Beispiele in Bd. 11r, 338 ff., 349, 355, b), dem zuliebe der Baß die Ausfaltung vollzieht.
358--374,381, 383 ff.; in Bd.II2, XV-XVI, 83 if.,99 ft',205 ff', 209' Zu Bsp. 3: Die zerstreute Lage in Form einer Verkettung
Weitere Beispiele: tnehrerer Septabstände, Es-des, b-asl und d.es2-cs fördert die
Flg. 68 Möglichkeit, dem Klavier die äußerste Fülle abzugewinnen. Die
Zu Bsp. l: Der Gang der stufen im Vordergrunde läßt einen Vor- Verkennung einer zerstreuten l-age führt zur falschen Lehre von
halt über der IV erraten, obgleich der crundton nicht zur richtigen clen Undez- und Tredezakkorden.
Zeit ausgesprochen wird. Wegen der Auskomponierung uon ^$ sei z. B. auf Fig. 54, 3
zu Bsp. 2: Das Gesetz von der Grundtonhaftigkeit des tiefsten verwiesen: der codamäßige Ablaut cis2-cisr : B-l führt die
Tones, vgl. IIz, 9, das auch im freien Satze wirkt, sowie der durch moll-diatonische | 7 mit sich, doch gibt ^! bei gisr die Möglich-
Hinter- und Mittelgrund sich o{fenbarende sinn lassen eitten keit, den Leitton ft.is (cis) anzuführen, womit der Baßgang als ein
Doppelvorhalt erkennenl daran ändert es nichts, daß unter e2 det Weg bestätigt wird, der im Dienste von B-5 von Cis ausgeht und
Baß schon tortgeht, vgl. Fig. 65, 2. über Fis-E-Dis zu Cis zurückfindet, vgl. Fig. 11, 5. Eben der
tÄ:tB
Zu Bsp.3: Sehr kunstvoll wird mit clem freien Vorhalt Umstand, daß bei {-eilAungen Oie tiefsten Töne Terzen der
noch 6-5 verknüpft, was nur durch den Mittel- und Hintergrund wirklichen Grundtöne sind, macht die Anwendung von Chrornen
zu erkennen ist. auch im Sinne von Leitetönen möglich; ein solcher Vorteil ist
rlagegen bei^15 nicht gegeben.
s 18r
Von dcr Aus-
Beispiele für Auskomponierung von Vorhalten:
komponlcrunS
der
s 182
Vorhsltc Frg. O4 Beispiele einer Vorbereitung und Auflösung: Von der Vor-
lm bcSonderen bereitung und
Zu Bsp. I vgl. Jhrb. 1,37/38, Fig. 19: aul a2 als 3 folgt die Neben- Ftg. 65 Auflösung
note bz; ihr Satz ist IVr0-V1 e, die 9 ist wie im strengen Satze
Zu Bsp. l: In T. 86 liegt inr Grunde eine überbundene, nicht
überbunden, der Vordergrund aber zerlegt sie in C7 (: I VII) und
etwa eine nur durchgehende Sept vor; die in T. BB einbekannte
A7 (:V*3). (Vgl.Seb. Bach, Partita III, Präludium Edur, Jhrb. I,
ll. Stufe zwischen VI und V bestätigt den Ausfall einer Vor-
s. 7e.)
lrereitung der Sept in T. 86.
Wie entscheidend die Ueberbindung einer ^9 auch im freien
Satze ist, zeigt Bsp. 2. Chopin schrieb, s. bei c) T. 7, ursprünglich Zu den Bsp. 2-4: Ehedem wurde gelehrt, daß in den Ton
die Non erl; an dieser Non halten manche Ausgaben bis heute fest, rler Auflösung kein anderer Ton in gerader Bewegung führen dari.
und doch kann es ntrr Chopin selbst gewesen sein, der schließlich llsp.2 erweist das Irrige dieser Lehre: nachdem in T.7 /2 über die
esl durch die Oktave dr ersetzt hat mit gutem Grund, denn ohne vcrzierende Oktave g2 zu sz gelührt worden ist, war der Kom-
- pottist genötigt, auch weiterhin diese verzierung für clie Dirrri-
t) M* vergleiche Seb. Bachs Korrekturen an seinen Bearbeitungen nution der Oberstimm,e zu nutzen, s. die Klammern. Wer die Ver_
fremder Werke: er täßt den Bindungen die größte Sorgfalt angedeihen.
zrcrung in T. 7 hört, wird auch die Folge billigen, uubeschadet der
Besonders den heutigen Orgelimprovisationen fehlen die notwendigen ^7--6-Kette in den tieferen Stimrnen;1omit iiegt nur
Bindungen, auch Bruckner blieb in diesem Punkte der Orgel und der Im- eine Ver-
provisation alles schuldig. stiirkung vor, bei der gerade die überbunclene Sept die Würze des

108 109 9r
satzes eben die ueberbindung der synkope als
ist: zwingender ist Zweite Abteilung
der Terzsprung der Oberstimme.
In Bsp. 4 lst das Spielerische cler andersartigen Verstärkung Fortsetzung der Lehre von den Schichten
leicht zu erkennen.
Zu Bsp. 5: Die Lösung der Synkop. lFl ertolgt rnit einer Von den späteren Schichten im Allgemeinen
rhythmischen Verspätung: der Grundton der v. Stufe erreicht in
q 183
Abwärtsbrechung über Gis den Grundton der I. Stufe noch ehe der
Ueber den ln-
vorhalt sich gelöst hat: eine besonders phantasievolle Lösung! Einerseits richtet sich der Inhalt der zweiten und der folgen- halt der spätc-
In Beispiel 6 wird clie überbundene ^7 scheinbar aufwärts clen Schichten nach dern der ersten Schicht, zugleich aber nach ren Schichten
gedrängt, in wahrheit aber wircl e2 durch uebergreifen gebracht, dem geheimnisvoll geahnten und verfolgten Ziele im Vordergrund.
womit denn auch der Aufwärtsdurchgang gegeben ist' Deutlicher schon als die erste läßt die zweite Schicht die Ab-
In Bsp. 7 wird tlie Auflösung weggelassett, s' bei a), uttd zweigung in das Resondere des Werkes erkennen. Doch wiederhole
damit die Zweitonigkeit des2-czi ges2-12 vor einer ernpfind- ich, daß es zu den unlösbaren Geheimnissen des Schaffens gehört,
lichen rhythmischen Störung bewahrt, s. bei b). rvie der Komponist zu seiner ersten Anregung kommt, ob er sie aus
In Bsp.8 entfällt zuletzt die 5, das Stück endet somit ohne eine einer früheren oder späteren Schicht holt, vielleicht sogar aus dent
vollständige Lösung der SYnkoPe. Vordergrunde
- was aber an der logischen Folge der Schichten
nichts ändert, vielmehr von einer Flellseherei zeugt, die eine fernere
Die in das Metrum eingezeichneten besonderen rhythmischen
Gegebenheiten im Vordergrund lassen das freieste Soiel mit allerlei Schicht erspäht, bevor die frühere deutlich im Bewußtsein ist. Ein
Ueberbindungen rhythmischer Natur zu, die sich in den Dienst solches Zurück und Voraus beherrscht freilich das Genie allein
von Leitetönen, Durchgängen, Brechungen auf- und abwärts usw. 1vgl. $ a7).
stellen, sie sind aber keine wirklichen Synkopen. Vgl. Bd' II1,
$ 184
Fig. 397, 420-422, 426, 427 usw. Wlederkehr
Prolongationen wie in der ersten Schicht können auch in den der ln der
späteren Schichten auftreten, sie können einen weiteren Ausbau er- ersten Schlcht
erkannten Pro-
fahren, doch finden sich Prolongationen auch neu ein, z. B. der longationen
Stimmentausch und sonst vielfältige Verknüpfungen von Prolon-
gationen aller Art.

s 185
Prolonsation
Alle Arten der Prolongation einer Oberstimnre finden srcll ael
ruch in der Unterstimme, allerdings nur nach Maßgabe ihreS Unterstimme
bcsonderen kontrapunktischen Zweckes, vgl. $ 20.

110
I ll
Von den Prolongationen der späteren s 188
Von der
Fig. 68 zeigt, wie der kontrapunktierend'e Baß Umkehrungs-
Schichten im Besondern 'fypen mischt:
Mischung dcr
Umkehrungc-
I'lg. 6t Typen
l. KaPitel
Zumal bei der Uebertragung der kontrapunktischen Baßformel
auf Einzelklänge des Vordergrundes, s. S 242 ff., ist darauf zu
Von den Prolongationen der Baßbrechung achten, ob die Brechung I-V durch die steigende oder fallende
s 186 Form ausgedrückt wird, denn nur so kann eine Mischung erkannt
y-"i,-
umkenrungen-
,.-. Einige Schritte der prolongierten Fassungen von I-V in werden.
Fig. 14 lassen in tlen spät'eren Schichten Umkehrungen zu: s l8e
';;;;;il"ä;
kontra-
punktlschcn Flg. 66 Bei V-l werden Prolongationen erst in den späteren Schichten Dic Brcchung
Fassung l-v der fallenden
Zu I : Erst in clen späteren Schichten, die die obligate Lage möglich, vgl. S 65, aber auch nur in den Fprmen wie in Qulnt V-I
allmählich herausarbeiten, kann entschieden werden, ob die fallende Fig. 69, l-4, die eine Umkehrung der Prolongationsformen iler geht nur durch
dle Terz
Sext bei 1 a und b einer Höher- oder Tieterlegung dient' Aufwärtsbrechung I-V wie in Fig. 14, l-4, vorstellen. Lline
Zu 2: Die Quart bei Fig. 14, 5 : I-lV, deckt sich begrifflich Umkehrung der Formen aber wie in Fig. 14, 5 und 6, wäre bei
mit der fallenden Quint wie bei 2 a, der deshalb auch die V-lfalsch,d.h.: V-l kann nur durch die Terz ge-
Folge IV-V ebenfalls noch die waage hält im sinne eines brochen werden:
F'".6g
melodischen Sekundschrittes, also eines rein kontrapunktischen
Mittels, wie es sich aus der Füllung eines Aufwärts-Quintzuges Eine solche Brechung durch die Terz findet sich in den späteren
mit Durchgängen ergibt, s. Fig' 14, 2 c. Also ist bei einer Schichten bei allen Abwärtsquinten, also nicht nur in Mittelteilen
einer dreiteiligen Liedform wie z. B. Fig. 22, b oder in den Durch-
Füllung der Abwärts-Quint nrit Durchgängen, einschließlich sogar
führungsteilen von Sonatensätzen wie z. B. in der ergreifenden
eines chromas wie bei Fig. 66,2b die Erinnerung an die steigende
Durchführung der Sonate von Beethoven für Klavier und Violon-
Quart innerhalb des kontrapunktisch verlaufenden Aufwärtszuges
cello, op. 69: T. 94 127 152, sondern auch in der kleinsten
der Quint festzuhalten. Deshalb auch ist die sogenannte Kadenz des
E-Cisrs-A
freien Satzes I-lV-V-l so zu verstehen, daß die V. Stufe als
Br,echungston des Klanges den Vorrang der Entwicklung hat, d a s
v_ I
fallenden Quint wie im letzten Beispiel der Fig. 69, vgl. S 230,
Vortreten der IV. vor der V. Stufe aber den Fig. 100.
Sekundschritt, also in erster Linie das kontra- Es versteht sich aber, daß eine solche Abwärtsbrechung nicht
punktische Merkmal hervorkehrt! rlas einzige Mittel ist, bei V-l die V auszukomponieren, unter
Zu 3: Dieses Bild bezieht sich auf Fig. 14, 6. Umständen dient dazu z. B. ein Nebennotenspiel mit Einschaltungen,
s. z. B. Fig.62,3, 11; 76,9;154,5;158 usw.
s 187
von der um- Doch kann auch die steigende Quint des Basses als ein Von dcr Um-
kehrung der
^
Canzes in eine fallende Quart verwandelt werden. Einige Möglich-
s 1e0 kehrung der
lallenden Qulnt
"t"ie.ic.n
Quint-I-v.lnkeiten von der Auswirkung eines Quartzug-Basses bei 3 oder 5: Die fallende Quint kann in eine steigende Quart unigekchrt V-l in eine
eine fall€nde
Quart Ftg. 6? werdenl diese bleibt unteilbar, was eine Folge davon ist. daß die st€igende
Quart

tt2 113
Quart, im Gegensatz zur auf die Obertonreihe gegründeten Quint, 3. Kapitel
erst durch die Stimmführung künstlich beschafft werden rnuß:
Flg. ?O
Mischung
s lel
Vom roge-
nannten Trug-
Wie die Figur 7l zeigt: s re3
schluß Ftg. ?1
begibt sich der Baß mit der Folge : V-VI wie bei I a auf den
In den späteren Schichten ist die Mischung noch weniger Mlschung ln
den späteren
formweisend als in der ersten Schicht, s. $ 103; sie dringt in dic
Weg des steigenden Quartzuges, vgl. Fig. 70 b, kann aber wie
Schichtcn

bei I b durch Quint-Einschaltungen in die Richtung der fallenclctt Auskomponierung meist nur ein, um sie zu schmücken und zu
Quint V-l zurückgeführt werden. Ein anderes Mittel zur Ueber- dehnen. Einige Beispiele:
windung von V-VI ist z. B. die Wicderholung in Fornr einer Hilfs- Ftg. 7a
kadenz wie im Beispiel unter 2, vgl.S 244ft.
Zu Bsp. 1: Den chromatischen Durchgängen beim Basse
schließt sich die Oberstimme mit e2-es2 gleichsam als letztem
2. Kapitel
Parallelism an (vgl. Fig. 12 a und ,,Url.-Tf.": Chopin l0xrr).
Gliederung Zu Bsp.2: Das tonikalisierende Chroma beim Basse IlV gibt
Gelegenheit zur kleinen Sept desz, die im Rahmen des Urlinie-
s le2 Zuges eine Mischung im Terzton bedeutet; gehört aber das Chrorna
Von der olle- Die von der 3, 2 ocler 6 abgeleiteten Züge, wie sie die tles Basses in die zweite Schicht, so gehört dorthin auch die
o"':;rt.tl"o'"Fig.33 a uncl b uncl 34 b uncl c zeigcn, lassen kraft des selben Mischung inr Urlinie-Zug. Die Berichtigung der P3 erfolst durch
schlchten Gesetzes eine Unterbrechung auch in clen sJläteren Schichten zo, Auskomponierung der 2, die eine Ausfaltung vorstellt: einen Sexten-
also z. B.: gang im Nacheinander der Stimmen, vgl. Fig. 43 f und auch
l. !3---2j|152
Schicht: i L'sw
Jhrb. I, 31 ff.
l:321
2. Schicht: :32ll 321 Zu Bsp. 3: Das br in T. 6 stellt im Zusanrrnenhange der Ober-
vgl. Fig. 42, 2; 73,3: Chopin, Etude 16vttr, ,,Url.-Tf'". stimme nur einen chromatischen Durchgang vor, ist hier ahel 6r,,t.1.t
I\{it anderen Worten: Jeder Terz- oder Quintzug kann einer tlas tonikalisierende Chroma cisl der Mittelstimme (: D dur fvllrT)
Unterbrechung inr strengetr Sinne: 3 2ll 3 2 1,5 2ll 5-l unter- hcclingt. Haydn's Bogen von b1 zu dr und das Weglassen des a1
worfen werclen, als wäre er tler Urlinic-Ztrg. llierin licgt Cer in T. 7 darl nicht darüber täuschen, daß br dennoch zu a1 als der
Schlüssel zur Uebertraguug rler Außcnsatzforrnen rnit ihren Proion- 2 fortgeht: a1 durfte in 7.7 ausbleiben, weil es noch notwendiger
gationen, also auch mit cler Unterllrechung, auf jcclen Einzelklang im in T. 9 über der Sept c zu bekennen war.
Vordergrunde, s. $ 242tf .
Zu Bsp. 4: Der Oktavzug stellt die Coda der Etude vor uncl
Von solchen strengen Formeu cler Unterbrechung unter-
scheiden sich aber Gliederungen wie in Fig.72, die zum Begriff der
liiltrt eine kleine Sept mit sich (07), die inr Urlinie-Oktavzug $-_i
Diminution gehören, S 251 ff. trrrst;rtthaft ist, s. $ 44; das chroma tonikalisiert die IV. stufe, wircl
Flg. 7P lllcr llei Vl3 widerrufen, vgl. ,,Url. Tf.,, Chopin l0vur.

t14 il5
4. Kapitel Ncbennotenfigur die rückkehrende Hauptnote in einem dissonanten
lrrtervall oder in einem die ursprüngliche Dissonanz abwandelnclen
Von der | 2 Wechselnotengang 6-5 erscheint, drückt sich da durch eine
fiinftonige Diminution aus, in der die Nebennote wie aufgelöst
s 1e4
erscheint: deshalb fehlt ihr die formweisende Kraft, s. S 111-112.
von der Rich- In den späteren Schichten kann, wie Fig.74 zeigt1.
tlgstellung
clncr-D2 durch Ftg. ?4
ot'r13,"[no'nclurch
einen Terzsprung oder Terzzug von einer
p2 Aie diatonische s le7
schichten Richtigstellungr2 gewonnen u'erden, s. bei 1; sie ergibt sich ein- Eine Nebennotenfigur kann sich in den späteren Schichten 2gf Beispicrc und
Töne verschiedener Beitimmung beziehen:
Anmerkungen
fach aus der Folge, da auf 41s DItr - meist durch die sogettannte
neapolitanische sext vertreten, s. $ 105 die V. Stufe folgt, die Ftg. ?6
nur die reine Quint führt.
-
Zu l: ln den Beispielen unter I bezieht sich die Nebennoten-
Diese Art cler Diatonisierung ist nicht nur bei der D 2 eines figur auf einen Kopfton: vgl. Fig.49, 2: wir sehen hier, wie eine
urlinie-Zuges anwendbar, wie in Fig.I 4,2-die besonderewirkung solche Nebennote einen Terzzug von der ersten 3 überfllssig
der hier angef ührten Mazurka beruht darauf, daß die span- rnachen kann (s. dagegen Fig.32, 3-7); vgl. ferner Fig.64, 1.
nung bis zum letzten Takt anhält (vgl. ,,Url' Tf'", Chopin, 10xtr,
Zu 2: Bei der Unterblechung 3-, tt 3-i tann die Neben-
T.72-75\ sondern auch bei Uebertragung der Ursatzformen
note dem ersten Kopfton gelten wie in Fig. 22 b, dem zweiten
-,
auf den Einzelklang einer Stimmführungsschicht oder des Vorder-
Kopfton wie in Fig. 22 a; 76, 2 usw.
grundes, vgl. S 24211.; in Fig. 44,2, T. llll2, die Mittelstimme:
d2-cis2-h;"t; Fig. 53,3, T. 21-31 usw. Zu 3: Bei der Unterbrechung S-2 1 f-i gilt sie zuweilen
Fig.74,3 zeigt statt des Terzzuges 6z-q'z-gis2 eine Tiefer- einer f, s. dagegen Fig. 26 a und b.
legung: b2-.il2-,8ist, außerdem lehlt im letzten Takt des Beispiels Zu 4: Bei 8-S tt 5-i gilt die Nebennote der zweiten 5, s. da-
beim Eintritt der V. stufe die reine Quint überhaupt, sie versteht gegen Fig. 19, b.
sich auch hier eben von selbst' Zu 5: Bei einer formweisenden Mischung der ersten Schicht
können sich in den späteren Schichten Nebennoten auf alle Kopf-
s les töne beziehen, vgl. Fig. 30 a usw.
vT^,.1:r-.^:'- Ist eine Diatonie gesichert, so kann der Komponist einer be-
Zu 6: Hier fällt eine durch Ilöherlegung gewonnene scheinbare
o"t*r'"1'Xilea sonderen Wirkung wegen auch am Schluß eine D2 bringen,
Nebennotenfigur, s. Fig. 23, auf den Crundton der VI. Stufe in T. 2,
als stünde das Stück im phrygischen System überhaupt:
- Flg. ?5 tlie aber erst die Mitte der Brechung C-A-F vorstellt, im Grunde
sogar nur ein aus Anlaß von C 5-o ausgeworfener Baß ist.
5. KaPitel Zu 7: Bei Uebertragung der Ursatzform,en auf Einzelklänge,
s. $ 242 ff., geht oft auch die Nebennote nit.
Nebennote
Zu 8: Das Beispiel zeigt, zu welchen Spielen der Dehnung
s re6 rrncl Rhythmik eine Nebennote verhelfen kann.
von dcr Daß die Nebennote des strengen Satzes in ihrer Erstform, Zu 9: Von besonderer Bedeutung ist die Nebennote im Basse,
n.br"Jj[::"'nugl.s
108 und Fig.32, auch in den späteren Schichten zur Inhalts- sie kann sogar, wie hier zu sehen ist, formweisend werdeu,
sctti.tt.n mehrung verwendet wird, versteht sich. Wenn aber bei einer vgl. $ 189.

il6 tt7
Zu l0: Von großem Reiz ist die Nebennotenfigur, wenn sie
s 202
in den gleichen Werten wie die führenden Töne erscheint; im
Von der
Choralsatz bei Seb. Bach gibt eine solche Figurierung des Basses In der l(unstübung der großen Meister, namentlich in Präiu- Verkettung
den Anlaß zu seltsantsten Generalbaßnotierungen, die nur zu ver- rlieu- und Fugensätzen, wird von der Verkettung solcher Neben- mehr e te r
t-lFt-s
stehen sind, wenn vom Gleichgang der Werte abgesehen wird, vgl. rrotenbewegungen oft Gebrauch gemacht, häufig in der Weise,
Fig. 125, l. Das selbe gilt von ähnlichen Figurierungen in der tl;rß die Vorzeichen bei der Terz am Anfang und ant Ende Cer
Instrumentalmusik, vgl. Fig. 142, I und 2 usw. Nebennotenbelvegung wechseln und dadurch Gelegeirheit zur Ver-
;\ucli in der Rondoform, s. S 318ff., spielt die Nebennote in kniiplung bieten wie fl 3-4-4-13--4-4-P 3 usw., s. Beispiele
der Verbindung der einzelnen Teile eine große Rolle' in Händel, Suite Edur, E l"di"*; F,G" Gt"olivt; tlayan, Sonate
I,).sdur, 1. Satz, usw.
s le8
vonderNeben- Die Nebennoteuber^,'egrrng 3-4--3 kann rnit 5-6-5 und
noten- 6. Kapitel
oJ;.;;;r 8--9-8 zusanrnrengekoppclt wcrtlen; die Quintlagc ntuß wegen
3-l-3 euintgcfahrentfallcn:
Flg. ?? Züge

Allgemeines
s 10e
u",:j::.:"- Vou altersher empfanden die Konponisten eitren Dtang zut s 203
xontetren
nor.'i., r.r.-Nebennotenbewegung der Terz, wenn es galt, eine Bewegung auf- In der Folge der Stimrnführungsverrvandlungen rücken v"ir Von den
Zügen in
u,obei sie mit richtigenr Instinkt die Form wie hei von der neuen Oberstimme imrner weiter ab und gewinnen dafiir
- ell'+-s ruhalten,
späteren
;il".j::'r".'::,
Fig. 78 a urrrgingen und die Fornt wie bei b vorzugsweise rvieder neue Schichten. Dadurch erfährt die Bestinrmung der Züge Schichten

ptlegten, in der wie bei c auch scltcln clie 3. Stirnme angedeutet eine den neuen Zielen angepaßte Wandlung.
ist, vgl. Palestrina, Messe, Cloria, T. 9, I I ttsw. Wie imrner das Ziel aber sei, die dern Urlinie-Zug ttnd den
Zügen der ersten Schicht anhaftenden Eigenschaftcn blelben die
Ftg. 7a
selben, und so bedeutet auch in den späteren Schichten ein Zug
vor allern das Hauptmittel einer inhaltsbeschaffung in Durch-
s 200 gängen, d. h. der Beschaffung eines nteloclisclten Inhalts: Immer
v.onmösrichcn Fig. Tg zeigt mögliche Verknüpfungen von g-_-a)-3 mit bccleutet der fallende Zug einett Gang von der Ober- zur Mittel-
Verknäpfungen " z
oer Neuen- 5-6-5, B-9-8, B-7-8, B-ö-8,r1it D7-6-5, P7-6- 17-8, stinrme, der steigende Zug einen Gang von der Mittel- zur Ober-
notenbewegung stimme.
ä-ä;j;ii7-6-6-5, auch rttit cincr Nebennotcnbe"vcgttrtr; clcs Basses usw.:
and e ren
Stimmen l'lg. 7O
s 204
ln allen Zügen, {allenden rvie steigenden, wirkt sich das GesetzvonderElnheil
s 20r rlcs Kopfton.. äur, s. $ 93, in seinem Forttragen tragen rvir den
der züse

oliä,tJi''i., solche Dehnungen uncl Aufhaltungen können sowohl der I.. Zrrs:rrnrnenhang weiter, jede rückliegende Schicht bürgt für die
Nebennoten- IV. und V. Stufe zugedacht sein, als auch anderen Stufen und Eilt- rr;rclrfolgende, also auch für die Unteilbarkeit und Einheit der Züge
f"Yä|f zelklängen, z. Bsp.: Fig. 8o
irr tlcn späteren Schichten, so daß die Einheit irn Vordergrunde wie
irrr I lintergrunde waltet.
l18 ll9
Sei ein Zug bei der Ober-, Unter- oder Mittelstimme, seine Von scheinbaren Zugen
Einheit bedeutet immer ein horizontales Ganzes, dem gegenüber
die Vertikale zurücktritt:
s 205
Fig. 5r
Zwischen dem ersten und dem letzten Ton eines Zuges muß Jo'-wesentll-
Zu Bsp. 1: Nur durch das Festhalten an dem Kopfton erklärt ;ruch in den späteren Schichten eine durch die früheren Schichten'h'"1".T.'J'ff]
sich deshalb z. B. eine Tonfolge wie die des Tenors bei c als ein gewollte wirkliche Beziehung im Ausmaß von mindestens einem tichen zuges
Terzzug der Mittelstimme, vgl. Fig. 22 a und ,,Url' Tf"' usw' 'l'erzzug walten, denn wie beim Urlinie-Zug gehört auch zu jedent
Zu Bsp. 2: Dieses Beispiel zeigt einen sehr gedehnten Terz- ;rrrtleren Zug ein Durchgang, also versteht sich das Gleiche auch
zug: vier kleine Terzzüge, T. 1-3, 3-7,7-13 und 13-16 lrei einem Quintzug, einem Quartzug, sobald er einem Quintzug
..nk.n g2 bis e1, vgl. bei a und b. Ziel und Wirkung bloß des glcichkommt, und einem Oktavzug.
einen Gesamt-Terzzuges wäre hier aber so nicht zu erreichen ge-
wesen, wenn nicht cler Baß Mittel seincr organischen Prolonga-
s 206
tionen entsprechen d zur Vcrf iigung gestellt hätte: in den
T. l-3-13 die Brechung E-C-A als l-lV, wobei sich C in Wo eine solche Beziehung fehlt, ist die Tonfolge kein wirkt otc Auskom-
licher Zug. Also bedeutet eine auch in Durchgängen beliebig g.-
tl|,ill::.iil:
T. 3 gerade zu ez einfindet, clas so den Schluß des ersten wie den -
Anfang des zweiten Terzzuges vorstellt, und die Prolongation des gliederte Tonfolge noch keinen Zug, wenn sie als Endergebnis tes täuscht
-
rrrrr einen Sekunclschritt zeitigt, mag die Sekund höher oder tiefcr
tintn zug vot
Oktavzuges c-cr in den T' 3-13, die den zweiten und dritten
Terzzug bindet. Zu beachten ist im Dienste des Organischen liegen. Eine solche Verbindung durch Auskomponierung stellt nur
tern,er die Rhythmik der erwähnten Gliederung: in den T. 3-6 als
cine mittelbare Tiefer- oder Höherlegung vor, $ 147 If. und 151 ff.
2X2 Takte, nun beschleunigt in vier Ganze in T. 7-10, endlich in . Bei diesen Verbindungen kommt zwar ein Ziel in Betracht,
vier Halbe in T. 1l--12; die in den T.7-g beschleunigten Terz- abcr keine harmonische Beziehung vom Ausgangs- zum Endton:
zige c.2----tr bereiten den Terzzug in Ilalben in T' 11-13 vor, l:ine Non steht für eine Sekund, fallend wie steigend; eine Sept ist
dessen zweiter Ton Ä.r den besonderen Terzzug ht-c-t-gisr auf- zwar ebenfalls gleich einer Sekund, nur steht eine fallende Sept für
weist; sodann bereiten die vier Halben T. 1l-12 die Quart- cine steigende Sekund, eine steigende Sept für eine fallende Sekund:
folgen in T. 13 und 14 vor, die schließlich durch den Quintzug
Flg. 82
hr-et in T. 15-17 übertrumptt werden.*)
l)ic Beispiele unter I und 2 zeigen Nonfolgen für fallende Sekund-
*) Zur Feier des 100. Geburtstages von Brahms brachte eine Wicner scltritte. Im Bsp. 3 ist bei b die Nonfolge dr-es2rT.35-42, gleich
Zeitschrift einen Aulsatz unter clem Titel: ,,Bemerkungen zu Brahms Form- e incrn steigenden Chromaschritt.
gestaltung,., worin in Bezug auf den Anfang der IV. Sinlonie zu lesen war:
.Ein Th.nlu, das durch sieben Terzen abwärts und hierauf durch sechs Die Beispiele unter 4 zeigen Septen für Sekundschritte.
Terzen aufwärts schreitct, könnte an sich kaunl den Anspruch auf sonder-
liche originalität erheben. Nun höre man aber, wie aus diesem scheinllar xt lrreiten selbst Motiv wird (ein Motiv, das im Verlauf des Satzes eine große
dürren Einfall der erste Satz von Brahms' lV. Symphonie gestaltet ist. Man Itollc spielt) und auf der Unter-, resp. Wechseldominante neue Kraft zur
höre erst einmal das Hauptthema selbst, wie durch Umkehrung der Terzen It;rtlt,nz gewinnt, die über Oktavensprünge bis zur None der Oboe
in Sexten jene kraus-schu'ankende Linie entsteht; wie durch Erweiterung r.rrr portrcibt."
der Sext in Oktavensprünge der rollende Bogen der Melodie stralter Nicht ein Wort bezieht sich hier auf Musik überhaupt, auf diese
gespannt -wird, um schließlich in motivischem Spiel auf dem C zu verweilerr; Sl(.llc im besondern, alle Tatsachen sind entslellt, verfälscht
rvie mit nachlassender Spannkraft das verkürzte und zu Quarten umgebildtlte
- s6Nichts-
Musik noch im Jahre 1933 gehört, mußte sie sich nicht über solchem
u7n1ds

llauptmotiv stufenlveise abwärts sinkt; wie dieses stufenweise Abwärts- wi*nen und Nichtskönnen endlich in die Ewigkeit zurilckziehen?

t20 l2t
Dagegen wäre es falsch, die Bewegung des Basses im Bsp. ;rlrgclciteten gehören dagegen der zweiten Schicht, ebenso die
unter 5 b in den T.9-10 als ein'e steigende Non zusamnenzulesen, (ilicrlcrung des Quintzuges, vgl. S 213. Vgl. ferner Fig. 42, 2;
da über ihren Sinn die Ausfaltung laut 5 a entscheidet. Im Bsp. l'ig. 30 a;73,3;76, 3, usw.
-
ruiiter 5 c fällt die Grenze des Quintzuges cr-1 beim Basse mit dem
Aniang des Quintzuges a2-d2 beim Sopran zusammen, s. T. 31 s 20e
deshalb ist es hier unstatthaft, die Bewegung des Basses als
Nach Fühlungnahme mit dem Vordergrund kann z. B. der [11- von rtclscnden
c-(cis)--d." T. l-4, zu lesen.
slicg zum ersten Urlinie-'fon in der Folge zu einer Diminutions-
zusen

l:irrheit werden, die sich in Aufwärtszügen auslebt; diese führen


s 207
rricht zu Urlinie - Tönen und gehören deshalb in die späteren
Wie die. Aus- Allein vom Sinn cler Beziehungen, wie sie der Gang der Schichten:
komponterung
eines Terz-, Schichten erweist, hängt es also ab, ob die Ausiiillung eines har- Ftg. 86
Quart-,^Quint- ntcrniSChen llaumes auch wirklich einen Zug bedeutet:
oder uktav-
Raumes mlt-
unter einen
Irlg. ail s 210
zus vortäuscht
Nur scheinbar ein Terz.zug liegt irn Beispiel unter I vor. Der Baß gelangt zu Zügen, wenn er die Räume seiner Z!3e
bclm Blsee
Im Bsp. unter 2, vgl. Fig. 76, 3, verbietet der Charakter der llrechung mit Einschaltungen und Durchgängen füllt, S 257. Auch
Nebennote gz, die Tonfolge b2-12 etwa als einen unterbrochenen lreim Basse sind fallende und steigende Züge zu unterscheiden,
Quartzug zu lesen, s. S 217. So wie nun aus eben diesem Grunde irrrmer mit Kopf- und Zielton, nur daß ein fallender Zug niemals
die Zugänge zu g2 und 12 hier nicht schon als wirkliclte Terzzüge cirren Urlinie-Zug vortäuschen kann, da der Baß mit der Urliuie
gelten können, ebenso stellen im Beispiel unter 3 die Zugänge nichts zu schaffen hat:
zu E unLl f is inr Baß nicht wirkliche Zige vor, trotz dem Schein Ftg. 86
einesQuart-undQuintzuges.Nicht einmal ist beimSopran der strenge Nicht dringend genug kann zum Studium der Baßbewegung irn
Begriff einer Ausfaltung hier autrcchtzuerhalten, vielmehr liegt lrcsonderen in Seb. Bach's Werken geraten werden. Man beginne
eine erzwungene Höherlegung vor von tisz-(cist)-ht für rrrit dem Studium in seinem Generalbaß-Büchlein, und ver-
/isr-(cisr) der Baß wird nur vom Gang: q)-D-tFl-T f srrclre an diesen nur scheinbar einfachen Bässen die Züge zu
beherrscht.
-h; llcstimmen. Aehnlich verfahre man sodann mit den Bässen
irr Werken anderer Meister, lasse zunächst die Urlinie-Frage bei-
scite und suche den Sinn des Basses zu ernritteln, wenn freilich der
Vom Fallen und Steigen der Züge rvahre Sachverhalt schließlich doch nur durch Kontrapunktierung
rnit der Oberstimme festzustellen sein wird.
s 208
von
_lallenden AUS abgeleiteten lallenclen Zägen werclen mit der gleichen
Zügen Anmerkungen und Beispiele zu den einzelnen Zttgen
Folgerichtigkleit noch weitere fallencle Züge abgeleitet:
Ftg. 84 s 21r
Die Gliederung g-2 tt 3-2-i
samt den clurch die abwärts- Bei Auskomponierung der Terzzüge in späteren Schichtcn zt derL ren-
gestrichenen Noten gekennzeichneten Ztrgen gehört der ersten konrrnt meist die Cliederung (Unterbrechung) g-2 | 3-2-i un<I zrisen

Schiclrt an, vgl. S$ 117 und 118, Fig.33-34, die von g2 und 12 rlle Nebennote in Frage (vgl. F,ig. 42,2; 22 b; 30; 73 u. a.).

122 t23
g 2t2 Ziclton eines wirklichen Terzzuees, sondern als Durchgang ge-
rvt,rtct werden müssen, s. Fig. 14,3 c und d; vgl. auch Fig. 40, l,
Zu den Quart- Fig. 87 versucht, den mannigfachen Sinn yon Quartzügen in l'. l-7;
zusen späteren Schichten darzustellen: usw.
Zu 5: Der Quartzug läßt auch eine Gliederung zu (vgl.
Ftg. 87 l:i9.72,1). Es wäre hier unstatthaft, den Kopf des 2. Terzzuges als
Zu l: Die Beispiele erweisen' daß die Einheit des Quartzuges Nclrcnnote zu lesen; der Kontrapunkt unterstreicht den Parallelis-
nur durch Kontrapunkt und Stufe mit Bestimmtheit zu ermitteln ist. rrrus beider Teilzüge, und damit ist die Gliederung des Quartzuges
In beiden Beispielen gestattet der Stufenrvechsel nicht, Quart- fiir gt'geben, die aber von einer Unterbrechung im strengen Sinne sich
rrrrterscheidet (vgl. S 192).
Quintzüge zu lesen.
Zu 2: Besondere Aufmerksamkeit beansprucht der Ablauf cler
s 213
Quartzüge 8-5 und 5-8 über einem (irundton, der eine I' oder V.
Stufe bedeutet, oder über beliebigen anderen Stufen, die aus ver- Die Fig.88 zeigt außer der Unterbrechung, vgl.S 192, freiere Zu dcn Qulnt-
zügcn
schiedenem Crund dcn Charakter einer I. otler V. Stufe annehmen. t iliederungen im schematischen Aufriß und Beispiele:
Zu 3: Namentlich, wenn der Quartzug beim Basse ist, wirC Fig. 88
das Gegengewicht der Stufen, die zur Feststellung des Sachver-
Bei I ist die Unterbrechung zu sehen, für die unter a auch
haltes führen sollen, weniger durchsichtig und kräftig, d. h. der
t'in Beispiel angeführt ist, s. T. 39-61; nebenbei: zu ihr tritt hier
Zug betont die Einheit mehr durch seine melodische Folge als rroch eine besonders wirkungsvoll,e Mischung, Zu 2 vgl. inFig. 4l
durch das Einbekenntnis der Stufen: Es ist so, wie wenn der
nil 72 die Beispiele 3 usw. Zu 3 vgl. Fig.- 30, 3 usw. Zu 4
Quartzug einer Ober- oder Mittelstimme vorläge, der über deuten- vgl. Bsp. b usw. - -
den Stufen der Tiefe schwebt.
Das Beispiel bei c stellt im Grunde keine Cliederung vor,
So ist die in der alten Musik zur Verbindung von Sätzen einer
viclrnehr eine Dehnung durch Einschaltung eines vom Kopfton ab-
Suite, eines Concerto grosso usw. vielgebrauchte Quartformel wie
geleiteten besonderen Quintzuges, vgl. Fig. 1O4,3 (40, D;
bei a mehrdeutig: ob damit I-V oder l-ll [-V gemeint ist, kann
tlfl c usw.
nur dem Gewicht der Ausführung entnontmen werden.
Das Beispiel unter d zeigt eine sehr kunstvolle Verschränkung
Im Beispiel unter b nimmt der Quartzug des Basses trotz
tUer B, das auf eine I. Stufe in g-moll weist!
-
die Bedeutung des
zwcier Quintzüge.
$ -
Grundtones der III. Stufe in Anspruch, die zur VI. geht, denn nur B
Alle Arten von freier Gliederung kehren auch bei den euint-
ziigen des Basses wieder.
im Sinne einer IIL Stufe kann Kopfton des auch hier nicht wegzu- Auch gibt sich beim steigenden euintzug des Basses, ähnlich
leugnenden Quartzuges sein. rvic beim Quartzug, ein widerstreit kund zwischen der merodischen
Das Beispiel c stellt clen Quartzug dar, der in der III. Sinfonie l:inlreit des Zuges und den Stufen.
von Beethoven clie T. 28-93 cles Scherzo binclet; clie Brechung
I]-F-D-F gehört zu B allein, clie Spannung des weiten Quart- s 214
zuges erlischt erst mit clent Enclton Es. Beispiele von Sextzügen der späteren Schichten: Zu den Sext-
Im Beispiel d lehrt der fallende Quartzug, um wie viel deutlicher zügen
durch ihn die Wendung zum Klang der Moll-Dominante angezeigt Ftg. aO
wird als durch den steigenden Quintzug, s. das Chroma Gis. [)as Beispiel unter I zeigt eine Art Gliederung, die von einem
Zu 4: Mit der Unteilbarkeit der Quart hängt es auch zu- Sr'Itzug der unterstimme kontrapunktiert wird, das Beispiel unter
sammen, wenn etwaige Betonungen des Terztones nicht schon als J ci'c Gliederung mittels zweier Quintzüge. Der sextzug im Bei..

r24 t25
spiel unter 3 ist nur durch Verlängerung eines Quartzuges ent- wcchsel stattfindet. Das folgt schon aus dem allen Quintzügen zum
( irrrntle liegenden Muster des Urlinie-Quintzuges, der, wie immer
standen, der zu einer tieferen Mittelstimme hinab schreitet, ist also
scinc Gliederung sei, doch erst mit i zuende geht:
nicht zu verwechseln mit der umkehrung einer Terz, wie sie unter
4 zu sehen ist. Ftg. 92
s 2r5 zu l: Die Erkenntnis der erst mit 1t zuendegehenden ersten
(luintzuges ist besonders wichtig für die Beurteilung des mittleren
dcn sept- Die Fig. 62, l, 2, 3, 4, zeigt Septzüge: von Auskomponierungen 'l'cilcs dieser Fuge.
zusen
einer Sept, die nur für einen Sekunclschritt stehen (s. Fig. 82,4),
unterscheiden sie sich dadurch, daß sie die harmonischen Inter- s 2le
valle, zumindest die Terz hervorkehren.
Die Einheit eines Zuges bei der Unterstimme macht ss von dcr vor-
rnöglich, in den oberen Stimmen durch eine Brechung oder sonstig. äiflälfil"lll
s 216 I)irninution den Klang vorwegzunehmen, der erst zum Schlußton
Zr den Oktlv- Wo immer ein Oktavzug gebraucht wird, kommt für ihn als rles Zuges gehört:
zllgen
Einheit eine geschlossene Kadenz in Betracht. ln Fig. 90 bleibt die Ftg. g3
Oberstimme im Grunde stehen: gtsr. (Vgl. Fig. 54, 3i 73, 4; 95, Für die Dauer der Durchgänge E und D gilt der Grundton F, die
e 4 usw.): (ielegenheit der Durchgänge benützt abet die Auskomponierung
Flg. OO tles C-Dreiklanges in der Weise, daß sie die einzelnen Intervalle
rrach den Gesetzen des strengen Satzes abs'timmt, eine sehr seltene
g 217 rund kühne Stimmführung.

Von dcr Außer den Unterbrechungsformen 3-2 ll 3-1, 5-2ll5-1, s 220


t::l'"'j'l,"l}l8-5115-l und den lreieren Glieclerungen wie in Fig.72, 1,2;
brcchung 88-90 gibt es noch eine Art von Unterbrechung, die wohl als die Das Gesetz vom Abschluß eines Zuges gilt im übertragenel .uebertragenc
treieste zu werten ist; sie unterscheidet sich von einer Cliederung Sinne auch bei einem Sekundschritt, d. h., eist wenn die Sekuntl äTi;::"-":';
insbesondere dadurch, daß der Kontrapunkt seine erste Aufstellung
rvirklich erreicht ist, ist der Sekundschritt getan: Abschluß

wiieder aufnimmt: Flg. 94


Ftg, Or
Von der Verbindung zweier oder mehrcrer Zäge
Vom Abschluß der Ztige
s 221
s 2r8
Arrsemornct Die Züge bei einer Ober-, Mittel- ocler Unterstimme sind zu-
Bei der Verbindung zweier oder mehrerer Züge ist es uner- Ueber dcn Be-
grill
tiilllich, aus Hinter-, Mittel- und Vordergrund at bestimmen,
einer
flihrenden
ende, sobald sie steigend oder fallend das durch den Zusammen- wclchem der Züge die Führung zukommt: Gegenüber dem führen- Zuges
hang geforderte Ziel erreicht haben. rlcn Zug gelten die anderen nur als Kontrapunkte, mögen sie in
Namentlich bei fallenden Quintzügen ist der Zug erst mit denr gcracler, Seiten- oder Gegenbewegung, im Außen- oder Innensatz
Eintritt des Grundtones vollendet, also in der Mitte des Zuges auch vcrlatrfen; je nachdem der f ühren de Zu g bei der Unter- oder
dann nicht, wenn dort durch die 'ferzbrechung ein Harmonie'
r26 t27
Oberstimme festgestellt worden ist, sind die Kontrapunkte nun als llr.lrcrgang von 10-10 zu 6-6, wodurch dem C!-Klang statt der
Oberterzen, -Dezimen, -Sexten oder Unterterzen, -Dezimen, ;rrrs rlörn Klang fallenclen Sext wie bei I zuletzt die harmonische
-Sexten zu verstehen.
'lt'rz gesichert wird; umgekehrt im dritten Beispiel den Fprtgang
zrr cincr vierten Dezime, wo, um cis2 wieder zu erreichen, die
g 222 ( )ktrrre lz geboten wäre.
Absase an den Aus dem Begriff eines führenden Zuges, der von Ober- oder
d*'"'"-unterterzen, Zu c: Bei I gilt trotz der ersten Dezime die Stulenfolge V-J
."ff:il* -Sexien kontrapunktiert wird, folgt, daß der Begriff
trapunktes in des sogenannten doppelten Kontrapunktes der Dezime und Duo-
gcrn;iß cler führ,enden oberstimme; die dritte Dezime gibt celegen-
oer u€zrme lrcit zu einer Art Kadenz anstelle der vierten Dezime, ohne daß
rlezime keinen Bestand haben kann. Der Begrilf des doppelten
Duodezlme Kontrapunktes gehört somit in die Reihe jener falschen Theoreme
lbcr der Grundsinn V_-l dacturch verschoben wird' - In den Bei-
sPiclcn unter 2 führt die Llnterstimme. In der Fassung p des ersten
rvie der Kirchentonarten, Sequenzen, der bisherigen Deutung offener
llcispiels leitet die Mittelstimme schon an dritter stelle des Quint-
Oktaven und Quinten, vgl. Fig. 99, I a, b, c usw.
zuges zur $-t-ug" cles Klanges, der erst zumletzten Ton des führen-
s 223 rlcn Quintzuges gehört: bei einer solchen Fassung braucht der
dre (luintzug nicht bis ans Ende zu gehen. Das Beispiel unter 3 ist
ueb€r Sodann ist es wichtig, bei Betrachtung der in der Ober- -
Mlttelstlmme
und Unterstimme laufenden Züge den Gang der Mittelstimme fest- vgn einem Quintzug der Oberstimme beherrscht, nur daß an zweitef
zustellen: ob sie mit dem führenden Klang durchweg übereinstimmt, Stclle für das minder willkommene Intervall der oktave eine Dezime
sich etwa am Anfang oder Ende zu ihm in Widerspruch setzt. gcsetzt ist, als schickte sich der Satz zu einem Dezimensatz an.

Zu d siehe zunächst inFig.43 dasBeispiel von S'Bach: die erste


'l'crz cler Ausfaltung wird dr.rrch einen steigenden Sextzug ausge-
Von Zügen in gerader Bewegung
rlriickt, dessen letzte drei Töne wegen der Ausfaltung eine Tiefer-
im Terzen-(Dezimen-)Satz lcgung ,erfahrenl die Unterstimme bewegt sich in Unterdezimett,
g 224 nrlr zu ft.r wird eine Sext statt einer Unterdezime gesetzt.
was bcl elncm Bei einem Terzen-(Dezimen-)Satz kommt es darauf an, ob er' Bei 1 der Fig. 95 d gesellen sich dem führenden Sextzug der
",1'.11-",i,rt|";"im
selben Klang bleibt oder zu einem anderen Klang fortgeht, ( )[rerstimme Unterdezimen in
der Unterstimme, tlie Mittelstimme
Frage kommtfslJlgJ auf Ausmaß und Weite der Züge, demgemäß zeigt Fig. 95 sctzt in der Terz ein: bei der'ersten Unterdezime ergibt sich so der
Beispiele eines Terzen-(Dezimen-)Satzes beim Terz-, Quart-, t(lang !, der aber gemäß dem Klang des fi.ihrenden Sextzuges nttr
Quint-, Sext- und Oktavzug: ;rls Vorhalt 6(-5) zu werten ist; ein anderes ist die Notwendigkeit,
I'tg. gb ,lic clurch den Gang der Mittel- und Unterstimme herautbeschwo-
renen Quintenlolgen auf irgend eine Weise zu beheben- Bei 2
Zu a: Die Beispiele 1-8 zeigen Terzzüge, steigend, fallend, -
im Sinne eines oder zweier Klänge, mit einer Unterstimme in Unter- st'lzt die Mittelstimme im Vorhaltston der Quart ein, was mit der
dezimen (2, 4), mit Vertretung für die erste oder letzte Dezinre t'r'stcn Unterdezime den Doppelvorhalt ! ergibt; bei Ober- uncl
(7, 8); die unvermeidbare Cefahr von 5-5-Folgen beim drei- Mittclstimme sind Quintfolgen zu beheben.
-
Beispiel 3 zeigt, rvic
stimmigen Satz ist aus 5, 6, 7 zu ersehen. r,irr Sextzug Gelegenheit gibt zum Emporwerfen von Mittelstimme-
Zu b: Die Beispiele 1-3 bringen Unter- und Oberdezimen f iirrcn über die Oberstimme, wodurch trotz der senkenden
bei einem oder mehreren Klängen. Die Beispiele bei 4 zeigen Wirkung des Sextzuges zuletzt doch die erste Lage beibehalten
Freiheiten verschiedener Art: im ersten Beispiel einen rvertlen kann (vgl. Fig. 90).

t28 t29
Zu e: Bei I und 2 ist je nach Einordnung der Mittelstimme im konnte, oft aber fordert er eine Anpassung, die sich in einer Freiheit
Intervall der Quint oder Sext die 5-5-Getahr zu sehen, die int rles Satzes der Züge äußert:
Vordergrund zu beheben ist. Bei 3 muß der Unterstimme die Ftg. 97
Führung zugestanden werden,- trotzdem die Oberstimme den Ur-
linie-Ton hat; wäre doch die Oktave e2-er durch hr zu teilen un- Zu l: Der steigende Quartzug der Oberstimme (: 5 6 7 8)
angebracht, weil dem C-Klang widersprechend (vgl. ,,Fünf Url.-'f f ."). fiihrt; die Mittelstimme geht in Unterterzen, meidet aber zuletz.t
Beispiel 4 (vgl. II, S. 85 ff.) zeigt von T. 5 ab die Anlage rlen aus dem Klang fallenden Sextton oz (s. Fig. 95 b, I und 4).
-wie in Beispiel 2, dieJhrb.
Ausführung bringt aber eine Höherlegung der Zu 2: Umgekehrt wird bei einem fallenden Quartzug der
Ietzten Töne des Baßzuges. In Beispiel 5 wird der führende Oberstimme (: 8 7 6 5) oft 8-3 für 8-6 gesetzt, um von der
Oktavzug des Basses mit einer - Sextbrechung und einem Sextzug klangfremden Sext abzurücken. Bei NB ist ein Beispiel aus
der Oberstimme in Oberdezimen kontrapunktiert. lirn. Bachs Generalbaßlehre (lll/1, $ 17 a, b) angeführt, an dem
cr den sogenannten Telemann'schen Bogen (s. $ 19) erklärt: der
im Sextensatz Zug der Oberstimme bringt Unterterzen, zu denen die bei ! uot
Generalbaß sonst geforderte 3 nicht hinzugetügt werden darf. In
s 225
den Beispielen unter 3 sind trotz dem Schein von Quartzügen nur
-
Bclaplele und Beispiele von Zügen im Sextensatz:
Terzzüge mit Vorhalt zu lesen. Bsp. 4 zeigt in einem Sextensatz
Anmerkungcn
zu Zligcn im Ftg. 96 der Ober- und Mittelstimme das - klangfremde e2, die
Sextensatz "Wienerische
Bsp. 2 lehrt, daß der Sextensatz bei Quintzügen einem Note'.
Chromenwechsel günstig ist. Zu Bsp. 3 vgl. Fig. 53, 2, wo
-
aber bei der Oberstimme zum vorletzten Ton des führenden Quint- Von Zügen in Gegenbewegung
zuges die Intervalle 6 und 5 sich einfinden, wodurch der kontra-
g 227
punktierende Quintzug der Unterstimme, anders als in Bsp. 3,
kadenzmäßig (: II-V._I) abschließt. 4 zeigt bei Auf- Schon die Ursatzformen zeigen Züge in Gegenbewegung Allgcmclncr
-^Brq. (s. Fig. 15, 2; 16, 2; 17, 2).
rollung auch des Hinter- und Mittelgrundes!-fr_Ud." führenden
Der Satz der Gegenbewegung im Vordergrund hängt in erster
Sextzug er-cis2 in Wahrheit als ein Untergreifen, als einen Zug
Ilcihe vom Ausgleich in der Zahl der Töne, sodann von dem im
der Mittelstimme, der im,Vordergrund die Oberstimme innezuhaben
einzelnen Fall feststellbaren Bedürfnis einer bestimmten Atts-
scheint. Die Quintlage jlt zu Beginn des Sextzuges drohte mit komponierung ab.
Quintfolgen, dagegen half die 5-6-Auswechslung, die nun in dcn
Sextensatz hinüberleitete. s 228
Die Beispiele in Fig. 98 zeigen den Satz bei Zügen von B€isoielc und
bei Seitenbewegung im Außensatz gleicher oder verschiedener Zahl der Töne:
Anmerkungen
zum Satz der

Ftg- 9t
Oegenbewc-
Beispicte und s 226 gung
Anmerkunsen
zu zugen"tÄ Züge im Terzen- oder Sextensatz stellen auch bei Seitenbe- Zu I : Der Unterschied des Satzes bei a) und b) kenn-
des Außensatzes einen in sich geschlossenen Bezirk vor, rcichnet den Abstand der gebräuchlichen, durchrveg einseitig und
I".iX.l;,,"ool1,"egung
serten- hierbei bestätigt der liegende Ton zurveilen ausdrticklich den Sach- Ir;rrrnonisch-summarisch gebundenen Setzweise wie bei a) von der
be-wegung d.sverhalt,
der bei den Zügen im Außensatz nur vermutet ,werden
Außensetzcs
wahrhaft kontrapunktischen bei b), die die Klänge selbständig

130 131
scheinen läßt, namentlich dem mittleren eine eigene Ziffer zuweist! Rasses kontrapunktiert; dabei ergeben sich Teilzüge im Sexten-
So geringfügig das Beispiel auch scheint, vermag es dennoch dern rrnd Dezimensatz.
Kundigen den Verfall unseres musikalischen Ohres zu bestätigen! Zu 3: Der Außensatz zeigt zunächst die Verbindung eines
Im Beispiel unter 2 setzt sich ein Quartzug der Unterstimme Quint- und Sextzuges in gerader Bewegung, der Sextzug des Basses
mit einem Terzzug der Obersi,imme auseinander: der Terzzug steht aber für eine Terzbrechung aufrvärts: während die Brechung
schaltet noch den chromatischen Ton os2 ein, wodurch der Aus- tlcs CD -Klanges zuendegeht, setzt bei der Oberstimme (in T. 12)
gleich in der Vierzahl der Töne erzielt wird. ein Sextzug in Gegenbewegung ein: beim dritten Ton des Sextzuges,
In den Beispielen unter 3 a und b wird der Ausgleich zrvischen cs, erreicht die Baßbrechung den Oktavton c, den Grundton der
einem Quart- und Quintzug ges'ucht; das Beispiel unter c weist l. Stufe, von hier zieht der Baß mit einem Quartzug zur V abwärts,
bei der Unterstimme einen Quintzug auf, bei der Mittelstimme eittct^ iiber dem Grunclton der V. Stufe trifft der Endton des Sextzuges
ein, nun bervegt sich über der V. Stufe der Durchgang der Sept,
Quartzug und bei der Oberstimme Oberterzen n)m Quartzug. -
Im Beispiel 4 innerhalb der beiden Oktavzüge -in
a tritt 8-7, der zum Allegro hinüberleitet.
Cegenbewegung zunächst ein Quint- gegen einen Quartzug, datrn
umgekehrt ein Quart- gegen einen Quintzug; bei b deuten die 7. Kapitel
schrägen Striche die eigentlichen lntervalle an.
Im Beispiel unter 5 kontrapunktiert gegen den Oktavzug der Brechung
Unterstimme der Quintzug der Mittelstimme es-b mit seinen
Oberterzen. Vgl. außerclem Fig. 56 c, wo der Sextzug der Mittel- s 230
stimme gegen- den Terzzug der Unterstimme auftritt; oder Fig' Die Fig. 100 zeigt verschiedene Brechungsarten: bei gingy Von Brechun-
. gen in den
87, 1, wo sich ein Sextzug der Ober- mit einem Septzug der Unter- Ober-, Mittel- oder Unterstimme, steigend, iallend, zu einem Ufet - späteren
Schlchten
stimme auseinandersetzt, usw. oder Vierklang führend:
Ftg. r0o
Von Zügen in gemischter Bewegung Zu l: Schon die Aufwärts-Brechung zu einem zweiten Urlinie-
Ton ist einer späteren Schicht zuzuzählen, weil sie vor allem als
s 22s ein Parallelism zur Aufwärts-Brechung der ersten Schicht wirkt, die
Beispiele von Zügen in gemischter Bewegung: zum ersten Urlinie-Ton geführt hat. (Vgl. Fig. 40, 10; 93 usw.)
Wie denn auch sonst die meisten Brechungen parallelistisclt
Ftg. 99 gehalten sind, eine oder mehrere Mittelstimmen mit der Ober-
Belsplele und Zu I : Wir sehen die Verbindung eines Quintzuges beim Basse stimme verbindend, in einer Diminution au{gelöst und verhüllt,
',u
Anmerkungen
zttgen'in mit einem Quartzug in Gegenbewegung beim Tenor, mit Ober- in den Werken der älteren Meister oft noch außerdem durch poly-
wesung terzen zum Quartzug beim Alt und Oberdezimen
gemischt.er-Be-
zum Basse beim phone Schreibart verdeckt (vgl. Seb. Bach, Sonate III für Vl.=Solo,
Sopran. Führend ist allein der Quintzug des Basses einschließlich Pt. I, Nr. 3,Largo, Jhrb. I, S. 6l), durch Uebergreifen zustande-
der zu ihm gehörenden Oberdezimen. Cegenüber dieser Wertung gekommen (vgl. Fig. 47,2, oder Haydn, Sonate Esdur, Durch-
tritt zurück, was die Lehre vom doppelten Kontrapunkt sonst ver- liihrung in,,Fünf-Urlinie-Taf.") usw.
mittelt (s. $ 22). So ist der Sachverhalt auch bei b und c. Zu 2: Die Aufwärts-Brechungen hier, die zu Vierklängen
Zu 2: Aul den Okiavzu g t2-11, T . l-4, folgt ein Uebergreifen, fiihren, zeigen, welche Kraft ihnen innewohnt, wenn sie solche
das die Nebennote ges2, T.8, anstrebt, von einem Oktavzug des Nebennotenklänge, solche Intervalle zu tragen vermögen.

t32 133
Zu 3: Wir sehen hier, wie jede Abwärts-Brechung einer Quint Zu 3: Bei einem Quartabstand zwischen dem Endton des einen
der Formel V-l gleichzusetzen ist (vgl. S 189, Fig.69), möge sie rund demAnfangston des anderenEinsatzes ergibt sich eineReihevon
im einzelnen beliebige stufenverbindungen oder Auskomponierun- sekundschritten empor zur Nebennote; eine die TBrzbrechung
gen bedeuten; sämtliche Beispiele unter 3 führen zu Dreiklängen' l<ontrapunktierende synkope setzt den Einsatz bis zu dem Ton fort,
Die Beispiele unter 4 zeigen Abwärts-Brechungen, die zu cler im Quintverhältnis zum Kopfton steht.
Vierklängen führen. Im Bsp. 4 wirkt sich das Uebergreifen dreitonig aus'
Bei 5 ist eine Tiefertegung mittels einer Brechung durch die Zu 5: Das Uebergreifen zielt auf die Brechung des Dreiklanges
Unterquint zu sehen, die auf eine Nebennotenbewegung der Terz a_.cis1'_.er, demnach lägen zwischen den Einsätzen eigentlich
hinauslauft, s. Fig. 79, 80, und bei 6 eine Tieferlegung durch drei Quartabstände; mit dem uebergreifen im Nacheinander verknüpft
große Terzen. aber Mozart eine Art Uebergreifen im uebereinander, indem er den
Vgl. außerdem Fig. 30, b; 37, a;40, 3; 40, 6; 68, a; 76' 4; Kopftönen des zweiten und dritten Einsatzes Quint-lntervalle vor-
81,2;96,4; 103, l; 104, I usw. hängt, die ein uebergreiien im uebereinander erst möglich machen.
Vgl. außerd'em Fig. 23; 47, 2; 53,5; 65, 6 usw.
8. Kapitel
9. Kapitel
Vom Uebergreifen
s 231 Vom Untergreifen
vom utber- Auch in den späteren Schichten dient ein Uebergreifen dazu,
t"no'f,,.llno'ntrotz s 233
fallender Richtung der Einsätze entweder: für ein Untergreifen in den
schrchtcn die ursprüngliche Lage zu behalten oder Die Figur 102 bietet Beispiele "^"i'Jj:1""#T
späteren Schichten:
eine Aufwärtsbewegun g zu erzielen, sei es zum Zwecke einer I'tg. fOZ
höheren Nebennote, eines Autwärtsdurchganges oder Zuges, einer
ImBsp.lwirddurchdasUntergreifendieLagebeibehalten
Aufwärtsbrechung oder
bei einer Abwärtsbrechung zu verhüten, daß das Ziel unter-
(hr); in Bsp.2 wird der nächsthöhere Ton (als Nebennote) er-
reicht: h2-c3-h2, ähnlich in Bsp. 3: es2 iber gz zu ts; in Bsp' 4
schritten werde.
führt das Untergreifen zum nächsttief'eren Ton: tz zu esz; in Bsp' 5
Zu erinnern ist noch, daß das Uebergreifen in den späteren
und 6 wird durch das untergreifen ein chromatischer und enhar-
schichten sich ebenfalls in einem ueber- oder Nacheinander aus-
nronischer Schritt vermieclen (s. $ 2a8 ff.)- Zu Fig' 7 vgl' Fig' 62,2'
wirkt. (Vgt.SS 129-133 und Fig. 41.)
Vgl. außerdem Fig. 39,2; 54, 15; 64,3;96, 4 usw'
s 232 10. Kapitel
Belsplclc und Die Figur 101 bringt Beispiele des Uebergreifens in clen
- späteren Schichten:
^nmlrkunscn Ausfaltung
Flg. rol
Sämtliche Beispiele zeigen das Liebergreilen im Nacheinander. s 234
Bellprerc und
Im Bsp. I wird durch das Uebergreifen die Lage g1 beibehalten. Die Figur 103 zeigt Beispiele von Auslaltungen in den späteren Anmerkunsen
ln Bsp. 2 bringt das Uebergreifen die Wirkung einer Nebennote
- Schichten, immer in Bezug auf Fig. 43, die Ausfaltungsformen
'n
hervor, da der Abstand zwischen dem Endton des ersten und dern schematischer Weise darstellt:
Kopfton des zweiten Einsatzes eine Terz, e7-g7, beträgt. Flg. rOA
r34 135
Zu l: vgl. Fig. 43, b l; auch Fig.76,2. nun den harmonischen Brechungston vertritt (vgl.S 170 und
Zu 2: vgl. Fig. 43, b 4. Wie ich schon in $ 141 sagte, besteht Fig. 56, 2, und, S 186, Fig. 66, b; 68, 7, g-14).
der übliche Satz dieser Austaltungsform in einem Stimmentausch Im Bsp. unter 3 (vgl. Fig. 40,4und 88, c) kann die Vertretung
(s. $ 236), in der Folge von 10-10, 6-6; mehrdeutig wird aber durch die tiefere Terz den Anschein einer
diese Art Ausfaltung, wenn der Satz wie beim Beispiel a) freier ist, - 3 des Quintzuges
cler
Schlußformel des strengen satzes erwecken, in der vor dem ab-
dagegen wieder deutlicher, wenn es wie im Beispiel b) um die Aus- steigenden Leiteton der Tonikaton tritt (vgl. IIt).
faltung zweier Sexten geht. (Vgl. auch F,ig. 53, 3.)
Zu den Beispielen unter 3 vgl. Fig. 43, b 5. Wir begegneu 12. Kapitel
solchen Ausfaltungen ursprünglicher Terzen an verschiedenen
Stellen einer Komposition, am Anfang, in der Mitte, am Schluß; Stimmentausch
das Beispiel c) bringt eine Ausfaltung von 8-6.
Zu Bsp. 4 (vgl. Fig. 43, c I ) : Das Beispiel zeigt zwei Terzen s 236
Vom Wesen
im Aufsteigen. Die Notwendigkeit, zwei stimmen zu tauschen, tritt erst in dert des Stimmen-
Die Beispiele unter 5 gehören zu Fig. 43, c 2: Diese Aus- späteren schichten ein, wo clie schon beträchtlich angewachscne tausches

faltungsform bedient sich der 5-6-Auswechslung zur Vermeidung Diminution mit den Gesetzen der Stimmführung zu vereinen ist.
von 5-5-Folgen (s. S 164).
Zu Bsp. 6 (vgl. Fig. 43, c 5): Meist wird bei dieser Form ein s 237
Stimmentausch gebraucht, begibt er sich aber zwischen Ober- und Einige Beispiele:
Mittelstimme, wie in dem Beispiel aus Händel, dann kann die Btg, 1.,6 "^'fifi:f""J#
Unterstimme auch freier kontrapunktieren. Zu 1-3: Ein Stimmentausch gestattet den Klang beizu-
Das Bsp. 7 gehört zu Fig. 43, e 2. behalten (s. Fig. 95 b, 1, 4).
ZuFig.81, 2, vgl. Fig. 43 a. Zu 4: Zuweilen wird ein Stimmentausch angewendet, um durch
einen Umweg eine Dehnung der Oberstimme zu erreichen.
Zu 5: Beim Basse kann z. B. die Notwendigkeit, eine frühere
1. Kapitel
Lage wiederzugewinnen, die durch Abwärtsgang oder Koppelttng
1

Vertretung
zu tief geraten wäre, zv einem Stimmentausch führen. (Vgl'
Fig.56 d; Händel, Präludium, Bdur, T.29,37, Jhrb. I.)
s 235
13. Kapitel
Berspiere und Für die Vertretung in den späteren Schichten seien in Fig. 10a
Anmerkungen
einige Beispiele angeführt: Höherlegung
Flg. lo4
Im Bsp. 1 verlockt die Dezime bei der ersten :3 ,u weiteren s 238
Dezimen (vgl.S 173), wodurch mit auch die Nebennote g2 in T.9 Glanzentfaltung des Instrumentes,Herstellung eines Zusammen- Beisplete und
An"'kung"n
verdeckt wird. In eben diesem Beispiel fehlt zuletzt die : 2 $gl. hanges der Lagen, dieNotrvendigkeit neuer Inhaltibeschaffung über-
Fig. 20, l). haupt, Betonung von Formt'eilen usw' können in den späteren
Zu 2: Um bei Tieferlegung der Terz des Klanges einer Sept zu Schichten eine Höherlegung veranlassen. Beispiele:
entgehen, benützt der Komponist den konsonanten Durchgang, der Ftg. IOG
t36 t37
Zu 1: Durch die Höherlegung wird die Coda betont. wege; ihre Bedeutung liegt in ihrer inhaltzeugenden Rolle,
Zu 2, a-d: Eine ursprünglich zugrundeliegende Ausfaltung eine nur äußerlich-flüchtige Verbindung der Oktaven, gleich einem
erfährt durch die Höherlegung der tieferen Stimme ein anderes Aus- Registerspiel wie z. B. in Seb. Bach's Aria variata, gehört nicht zu
sehenl die höhere Lage kann oft über den Sinn der Ausfaltung rvie ihrem Wesen.
über die obligate Lage überhaupt täuschen.
Zu 3: Das Beispiel a) dient einer Dehnung und einer eigen- s 241
Belrplele und
artigen rhetorischen Diminution; in Bsp. b) wird des Schlusses Beispiele von Koppelungen: Anmerkungen
wegen die höchste Lage der Etude ausgespielt. Trg. lot
Vgl. Fig. 82,2 b: dL-esz-el.
Zu 2: Eine ganz wundersame Koppelung! Im Grunde ist das
In Fig. 83, 3, T. 3, siehe fisr-fisz: hier setzt die Natur der
Stimme dem weiteren Fallen 'eine Grenze, die Non-Sekund mußte ,B T. 98 dazu bestimmt, die letzten sechs Takte des Adagio zu
in
tragen, zu durchklingen. Fordert aber der Schluß noch ein Anklin-
vermieden werden, deshalb die Höherlegung.
gen der zwei- und dreigestrichenen Oktave und mußte deshalb die
linke Hand zeitweilig die 1B-Lage verlassen, um der rechten Hand
14. Kapitel
zu folgen, so erweckt im letzten Takt das letzte Achtel der linken
Tieferlegung Hand doch den Eindruck, als hätte 18 lortgeklungen! Außerdem
erscheint der letzte Takt bis an den Rand gelüllt, eine Beziehung
s 23e zum ersten Takt, auf die die Meister stets geachtet haben. Die
und eine Tieferlegung in den späteren Schichten:
Koppelung dient hier der obligaten Lage (s. $ 268).
AnmcrkungcnBeispiele für
8.cr'prcre

F,rg. lo?
Zu l:Ygl. Fig. 76, 2, zweites Beispiel; Fig. 100, 2 und 100,3 f.
Die Nebennote c3 fällt zur Sekund lr1, der Weg geht über zwei
Quinten, von denen die 'erste, c3-12, sehr umständlich durch eine
Oktavbrechung abwärts und eine Septbrechung aufwärts' ausge-
führt wird: Welcher Drang zur Diminution und wie organisch wirkt
sie in Fühlung allezeit mit einer Stimmführung wie in Fig. 76, 2.
Vgl. auch in Ftig. 76, 2, erstes Beispiel, die Tieferlegung
h2-cz-hr. Ein buntes Spiel von Höher- und Tieferlegung
-
kennzeichnet die Coda des Andante von Haydn, Fmoll, das rege
Spiel der Lagen im Thema (s. Fig.48, 1) noch überbietend!

15. Kapitel

Koppelung

Von dcr
s 240
ln
Koppeluns Die Koppelung verlangt, obgleich sie nur auf die Verbindung
-ä"ä;;;- zweier Lagen zielt, dennoch eineAuskomponierung
den Epätcren
derVerbindungs-

138 r30 l1
Zu c: Besondere Aufmerksamkeit ist den Oktavzügen in Coda-
Dritte Abteilung Teilen zuzuwenden, auch wenn die Urlinie 3-i oder 5-i lautet,
vgl. Fig. 54,3;73, 4;99,2 usw.
Zu d: Doch verbürgt die Uebertragung der prolongierten Baß-
l. Kapitel
formen des Ursatzes schon allein die Einheit, mag auch der Sopran
keinen Zug bringen und sich wie immer ausdrücken: z. B. in einem
Uebertragung der Ursatzformen auf beliebige Einzelklänge Anstieg wie in Fig. 37a, 39, 1;46,2; lO4, I usw., auch wie in
Fig. 39, 2, wo der Baß den Anstieg und den ersten von der 3 abge-
s 242 leiteten Terzzug zusammenfaßt usw.; in einer wie immer ausge-
drückten Brechung wie in Fig. 40, 6;41,3 usw.; in einer Ausfaltung,
ueber- Durch alle Stimmführungsschichten geht die Neigung, die
von der
s. Fig. 43 a und b usw.; in einer beliebigen Diminution, die auf einen
;::är:,j:l Ursatzformen, Fig. 9-ll u. 14-19, lort-zupflanzen, .o claß cler stehenden Ton hinausgeht wie in Fig. 109, d 1; vgl. Fig. 99, 2,
im allsemeincnVordergrund solche Uebertragungsformen im reichlichsten Maße
'1.1-'4 und 5-9; auch in Fig. 109, d 2, vgl. Fig.90, l, ist die Stelle
zeigt. Jederzeit und überall bewirkt die Uebertragung eine ge-
schlossene Bildung, bei welcher die Ober- und Unterstimme mit cler Koloratur durch eine geschlossene Einheit ausgedrückt, sie liegt
ihren Grenzen den selben Raum einhalten. Solche Einheitsbildungen zwischen Anstieg und Urlinie-Abstieg, was deutlich nur auf die
sind oft schwer zu entziffern, der Leser stoßt sich meist an den Dehnung van a2 hinweist. Damit ist der Einwand gegen die Kolo-
Quintteilern und anderen Einschaltungen, weil er sie im Sinne des ratur an dieser Stelle widerlegt, sie ist hier gar nicht Zweck der
Mittel- und Hintergrundes zu begreifen noch nicht gelernt hat. Form, nicht einmal Hauptteil der Arie, nur ein Eingeschobenes,
Vgl. dazu die $$ 28,84, 115, 116, 117, 127, 131,192, 194 ttsw. Dehnendes!
Zu e: Da die einstimmigen Bildungen im Vordergrund mehr-
s 243 stimmig sind, fällt es durchaus nicht schwer, die verborgene Baß-
v::^j::-u"::l- Die Mannigfaltigkeit in der Uebertragung von Ursatzformen
formel ihres Satzes herauszuholen: Das Beispiel e 2 drückt in
trapuns der
ursätrf-ormcn im besonderen zeigt Fig. 109: cler Oberstimme gleichsam einen stehenden Ton aus, vgl. unter d,
lm besonderen, I und 2. Zum Durchgang im zweiten Viertel des T. 5 vgl. Fig.lo4,2.
Beispiele und Tlg. 1O9
Anmerkungen Zu Bsp. 3 1 vgl. Fig. 33, a, zv e 4 vgl. das zu Fig. 109 a Gesagte.
Zu a: Die Beispiele unter a I und 2 beziehen sich auf Ueber-
Von größter Bedeutung ist es, sich namentlich bei Fugenthemen
tragungen mit der Wirkung eines Terzzuges 3 2 i oder 52111'zi,
-
vgl. Fig 35, l; 37 a; 42,2;73, 3; 85 usw. Hierher gehören auch Bei-
rlie verborgene Baßformel zu vergegenwärtigen, sie ist Schicksal
spiele wie in Fig. 20, 4 oder 76, 2 usw., in denen die Urlinie-Töne der ganzen Fuge, s. in Jahrb. II die Darstellung der Fuge in C-moll
l, s.t.ttt von Seb. Bach, Wtp. Klv. I; vgl. Fig. 20, I und 2; 92,1 usw.
? 6 5 nach ert von werden.
| f, Eines eigenen Satzes entbehrt auch nicht die sogenannte ver-
Zu b: Das Beispiel bezieht sich auf einen Quintzug : zicrte (Fermaten-)Kadenz, vgl. Ph. Em. Bachs Lehre vom Vortrag,
6, 4, 3,2, i, vgl. Fig. 35, 2; 89,2 usw. Die Unterbrechungsform S$ 30-31; nur ist es, um auf die Spur des Satzes und der Baß-
S-2 I 6-i ooer die freieren Gliederungsformen 5-s I 5-i, lorrnel zu kommen, notwendig, von dem die Kadenz tragenden
5-3, il 4-i t<ommen ebenfalls bei einer Uebertragung auf Quint-
züge in Betracht, vgl. Fig. 42,l;87,5;88b; 103, I usf.
(irurrrlton, meist V tunarhst abzusehen.
f;-'r,
140 l4t ll*
Es wäre eine zu starke Belastung für die Synthese, wenn jede
2. KaPitel ^:--^- rr-^^.
Uebertragung einer -.^-*
Ursatzform mit 3 oder
^2L
i
^,r^- 5 l^-:--o-
beginnen mliR{a.
I müßte;
clie Uebergänge von Klang zu Klang werden durch das Weglassen
von unvollständigen uebertragungen der ursatzformen der I geschmeidiger.
und von den Hilfskadenzen Hierher sei denn auch Bsp. 3 gezählt, das, obgleich ein Ganzes
vorstellend, immerhin das Wesen eines Prölude so weit wahrt, als
s 244 es nur einen Quintzug darbringt über V-1.
Altgemclne! Durch Weglassung des ersten Grundtones der Baßbrechung, Zu 4: Da mit einem solchen Quintfall auch eine Bewegung der
der die Entwicklung begründet, ergeben sich die abgekürzten Oberstimme verbunden sein muß, so werden wir nicht selten
Formen: dadurch Vorhalte, Neben- oder Wechselnoten gervahr, die sich
Ftg. lro freilich auch ein{ach über dem Grundton hätten zeigen können, nun
InallensolchenFällenbegreilenwirdenGrundtonCausder aber auf einem eigenen Grundton zu stehen kommen, der eben die
Erfahrung der aulsteigenden Brechung auch im Nachhinein, zumal vorausgeschickte Oberquint ist. Wir sprechen dann von Vorhalts-,
er doch auch zuletzt wieder erscheint. Nach hinten ist die stimm- Neben- oder Wechselnoten-Harmonien. Jedenfalls ist die voraus-
führung abgeriegelt, d. h. den Tönen der IV., III. und II. Stufe ist geschickte Harmonie mit dem Grundklang zusammenzuhören. Ob
nur der Zusammenhang mit der kommenden I eigen, nur auf diese nun die Quint nachfolgt oder voranschreitet, ihre Zugehörigkeit zum
weisensiehin'Deshalbgehörttrotzdenschondemkommenden Grundton, dessen Quint sie ist, bewirkt immer einen organischen
Zusammenhang, dessen letzte Erklärung im ursprünglich vertikalen
Grundton geltenden stufen der Raum bis zu seinem Eintreffen be-
grifflich sogar noch dem vorausgehenden Klang: gleichsam geht Zustand zu finden ist. Damit erklärt sich die oben erwähnte Ab-
nochaufdemBodendesvorausgegangen,enKlangeseinemitihm riegelung der Stimmführung nach hinten, wodurch erst die Hilfe
neubeginnendeVorbereitungdeszweitenvorsich,vgl.Fig.93 an das Ornament deutlich wird: In diesem Sinne prägte ich den
und $ zt8. Die Zusammenhänge der rückliegenden schichten geben Begriff der Hilfskadenz.
Aufklärung über diesen Sachverhalt. Hierher darf Fig. 54,2 gezählt werden, sowie das schöne Bei-
spiel Fig. 56,2e (vgl. Fig. 40, I und 54, l3), wo im Grunde
s 245 ciss--dis3-eiss vorliegt, d. h. disa im Terzzug c;s3 diss-eis3
rm Besondern: Zu F.ig. 110 a: Entspricht der Ursatzform genau zwar nur die A -Gisv-Cis
"^ifij:l'"dl,t Baßform, äie mit der I. stufe einsetzt, so kann
bei einem durch t0 - 5 - 10 wechselnotenartig durchgeht.
einen Quintzug der oberstimme ausgedrückten beliebigen Klang, Zu llo c: Die abgekürzte Baßformel stellt sich hilfskadenz-
je nach Bedarf der synthese, der Baß doch auch mit d'er V. Stufe be- nräßig einem Quintzug zur Verfügung wie im ersten Beispiel, oder
ginnen, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Quintzug der einem Terzzug wie im zweiten; trotz dem Grundton B in T.4 des
öberstimme noch eine Glieclerung dadurch erfährt, daß zur
: 3 crsten Beispiels wäre es dennoch verfehlt, schon an dieser Stelle die
schon die I. Stute erscheint, wie in Fig.92,2; jedenfalls geht der III. Stufe anzunehmen, sie erscheint erst zuletzt als Frucht der Hilfs-
Baß mit seinem Quintfall erst mit der im sopran erreichten : I kadenz. (Vgl. Fig. 82 c, T. 3-4 usw.)
wirklich zuende. Es versteht sich aber, daß eine solche abgekürzte Zu ll0 d: Im ersten Beispiel bringt die Hilfskadenz einen neuen
Form-V_IaufalleQuintfällederHaupttonart,inwelchem Klang im Dienste größerer Zusammenhänge heran, vgl. Tw. 8/9;
Stufensinne immer übertragen werden kann, z' B' auf II (
f t) V
- tlas zweite Beispiel zeigt einen sogenannten zweiten Cedanken des
(: V-l) wie bei I.
r43
t42
Sonatensatzes, das dritte Beispiel sogar ein ganzes Stück über einer
Hilfskadenz. Vgl. Fig. 39,2, T.13-21; Fig. 73, 3 usw. 3. Kapitel
Zu llD e: Im ersten Beispiel (vgl. Fig. 103, 5) bahnt die Hilfs-
kadenz, in Quartzüge aufgelöst, den Weg zu den Oberquinten Auswerfen eines Crundtones
I und E; daß aber D und ,4 nur als Töne der Brechung I-5 in Frage
kommen, darüber entscheidet der Mittelgrund. Im zweiten Bei- s 247
-
spiel tritt über der Hilfskadenz der erste Gedanke des Satzes ein.*) Wie Fig. l12 zeigt, vermag die Stimmführung Grundtöne auch Beisplelc und
Anmerkungen
Besonders lehrreich ist das dritte Beispiel: Bausteine einer so zu gewinnen, daß sie in der tiefsten Stimme Töne ausdrücklich
großen den Ton c3 als 3 anstrebenden Brechung werden durch auswirft, die der Sachlage nach sich ohnehin verstehen:
Hiltskadenzen herangebracht. Das 4. Beispiel zeigt zunächst Ftg. rlP
-
einen fallendenTerzzug als Einheit über einem im Grunde stehenden
Baßton, die Folge aber zeigt, daß der Baß die Stufen II-V-I
Zs 1: Zum Chroma mit Leittonwirkung wird oft der Grundton
wird sowohl das
dieses Leittons eine Terz tiefer geführt; dadurch
beschreitet, wodurch die Einleitung wie seherisch mit dem Haupt-
Chroma verhüllt, wie zuletzt die stärkere Wirkung eines Quintfalles
satz durch die Hilfskadenz verbunden wird!
erzielt.
Zu 2 und 3: Wieder sind es die Chromen mit Leittonwirkung,
s 246
die auch bei einer Kette von Terzen auf tiefere Grundtöne hinweisen:
vom rcrzralt Von einem Terzfall, der die Hälfte einer Abwärtsquint vor- einmal aber in der Tiefe ausgeworfen, fügen sie sich zwangsläufig
ist aber wesentlich der Terzfall VII-V zu unterscheiden: zu einer Kette von Hilfskadenzen, s. Fig. ll0, 4. Der Sinn der Ter-
Anmetkungen
".'r}|1,.u'u"ostellt, zenkette als einer Diminution folgt aber dem Sinn der früheren
lll
".rg. Schichten, sie mag einen wirklichen Zug bedeuten oder nur eine
Zu a: ln Dur können statt der diatonischen Form des vermeint- Verbindung zwischen zwei Tönen als Höher- oder Tieferlegung.
lich auf einer VII. Stute aufgebauten Klanges chromatische Zustände Zu2vgl. Fig. 106,3; in Bsp. 3 stellen die T. 1-6 eine Vergrößerung
eintreten.
der T. l-2 des ersten Teiles vor, s. bei NB.
Zub: ln Moll ist der Chromenwechsel von vornherein gegeben.
Doch nicht nur Chromen geben Gelegenheit zum Auswerfen
Das 2. Beispiel zeigt einen Quintsprung von der III. Stufe aufwärts, eines Grundtones; so zeigt Fig. 102, 5, ausgeworfene Grundtöne bei
der eine Verbindung III- I VII vortäuscht, in Wahrheit gehört aber einer Kette steigender diatonischer Terzen; in Fig. 107, I (vgl.
I VII zu Vl3 nach Art einer Hilfskadenz.
Zu c: Mit Hilfe eines solch'en Terzfalles läßt sich sogar die Fig. 76,2 und Fig. l00f) weist a., ,9-Attord zur Nebennote auf
Wirkung einer Non erzielen, also die vertikale Form einer^9-8 den Grundton C hin, der ausgeworfen Gelegenheit gibt, in einer Auf-
vermeiden (vgl. Fig. 64, 1). wärtsbewegung zum Grundton der V. Stufe zurückzukehren, dies-
Zu d: Für V-l kann zuweilen IV-l eintreten, doch so, daß mal aber zu EI, wodurch auch die unmittelbare Folge Elil ver-
ry 5 weggelassen und auf den Grunclton cler IV. Stufe sofort der mieden wird, s. S 249.
Durchgang aufgesetzt wird, wodurch der Schein einer VII. Stufe Zu 4: Ein Auswerfen von Grundtönen mit allen Folgen einer
entsteht: der wahre Sachverhalt ist nur von der ersten Weglassung reicheren Auskomponierungsmöglichkeit ergibt sich leicht auch bei
aus zu verstehen (vgl. Ph. Em. Bach). fallenden Terzen. Die Grundtöne stellen dann, wenn auch in Quart-
sprüngen abwärts geführt, in Wahrheit Quintsprünge aufwärts vor
*) Anton Bruckner war es nicht gegeben, einen musikalischen Gedanken,
irn Sinne von Teilern, Quintausstrahlungen, s. $ 279. Der Sinn der
geschweige einen ersten Satz mittels einer Hilfskadenz zu eröffnen, daher de'r
steife Eindruck der Gedankenreihe in seinen Werken, ein Gedanke steht gegen
gcsamten Bewegung ergibt sich aber aus den vorausgegangenen
den andern meist mit der I. Stufe oder : I. voran ! Schichten. (Vgl. Fig. 32, 2; 82, I usw.)

t44 145
4. Kapitel braucht, so daß aus dem Übereinander des erhöhten Grundtones
I IV und der diatonischen sept sich das verhältnis einer vermin-
Vom Chroma derten oktave ergibt; das gilt nur {ür die Auskomponierung (auch
in einem continuo), bedeutet aber keineswegs einen harmonischen
s 248 Begriff, s. Bd. I. (Vgl. Fig. 80, 1.)
Belspiele ünd Einer Anwendung von Chromen im Leittonsinne begegneten
wir schon z.B.in Fig. 38 a-c;39,3; 48, l;62,1,3,7 usw.
Anmerkungen
5. Kapitel
Eine Anwendung von Chromen im Sinne von 12-12 bei
p II-flt oder lll-üll war zv sehen z. B. in Fig.3l a,b;44,2; Vermeidung von chromatischen Schritten
48, l; 54,8 a;64 a;74,1, 2 usw.
Beispiele verschiedener andererAnwendungsartenvonChromen: s 24e
I'lg. ll$ Das Verbot von chromatischen Schritten im strengen Satze |'jffril'"".".1'
Zu l: Hier liegt ein Chroma der Mischung in der Terz vor: entfällt im freien; anderseits wird durch die im ireien satze geübte
D 3- 13 oder l3- | 3 in Übertragung aut einen beliebigen Klang, Vermeidung von unmittelbaren chromatischen Folgen, die die
als sei er eine I; eine solche Mischung fördert die Auskomponierung. Möglichkeit einer reicheren Auskomponierung schafft, das so um-
Zu 2: Schon der Stufengang l-lllta - t V in Dur und der gleiche gangene Verbot doch wieder aufgerichtet. Fig. I 14 zeigt ver-
stufengang in Moll mit III !5 und V ü a bringt einen Zusammenstoß schiedene Mittel zur Behebung chromatischer Schritte:
von Chromen mit sich, s. Fig. 15, I b und 2 b, c; 3 b, c; 20,2; 37 b; Flg. ll4
41, 2; 76, 2, 2. Bsp.; 100 c, 2. BsP.
Zu I : Diese Beispiele erhärten die Freiheit, von chromatischen
Zu 3 a: Wird bei V 8-7 der Baß durch die Terz aufwärts ge-
Schritten in allen Stimmen Gebrauch zu machen.
brochen, so wird in Dur zur Vernteidung des verminderten Klanges
Zs 2: Der chromatische Schritt wird durch Einschaltung einer
die Terz erniedrigt, was zu einem Dur-Dreiklang führt; nach- Nebennote vermieden, werde sie im Durchgang konsonant oder
dem er seinen Dienst für die Auskotnponierung geleistet hat,
sonstwie gestützt oder überhaupt nicht. Auch im Beispiel aus Haydn
wird das Chroma widerrufen. In Dur verlauft die Ordnung der
ist der die Nebennote stützende Grundton nur als Durchgang zu
Chromen: h | [, in Moll: # k il. Somit erscheint die künftige Sept
werten, vgl. Fig. 87, 4. Canz besondere Wachsamkeit des Ohres
des Klanges zunächst als Quint eines Dur-Dreiklanges.
bezeugt das Beispiel aus Mozarts Rondo in D-dur. (Vgl. Fig. 7 b;
Zu 3 b: Eine Non zeigt sich bei der Brechung des Grundtones
70, 2; 100 d.) Alle diese Beispiele erweisen, daß es dabei nur aut
eine Terz aufwärts zunächst als kleine Sept. Im 3. Bsp. wird von
^tg die Vermeidung der chromatischen Schritte ankommt, nicht aber auf
I I uutg.gungen, die Terzbrechung des Basses aufwärts führt die etwaige Bedeutung der Klänge.
dann zu einem Septklang, eine solche Stimmführung ist selten. Zu 3: Der chromatische Schritt kann auch durch zwei Neben-
-
Zu 4: Doch kann der Grundton der V. Stufe auch eine Terz noten behoben werden (vgl. Fig. 89, 1).
tiefer fallen, bei dieser Gelegenheit kann sich ebenfalls ein Chromen- Zu 4-6: Ferner können chromatische Schritte durch Zijge
wechsel ergeben. auseinandergehalten werden.
Zu 5: Bei der Auskomponierung eines Klanges mit der Wirkung Beispiel 4: Wenn die Oberstimme einen Terzsprung abwärts
von I IVz D wird die übermäßige Sekund vermieden und an ihrer rrracht, so gewinnt sie dann die Möglichkeit, im Aufsteigen das er-
Stelle der diatonische große Sekundschritt (8)- f 7-^16-5 ge- forderliche Chroma diatonisch zu bringen, vgl. Fig. 102, 5 und

146 r47
in Beethoven op. 57, erster Satz, T. 217-220.
-
In Chopin's Etude Zu l: überaus
tiefsinnig ist die Stimmführung im ersten Beispiel
lOxrt (s. ,,Fünf Urlinie-Tafeln") springt die Oberstimme sogar eine aus Seb. Bach: der durch die Mittelgrundschichten erweisbare Zu-
Sext abwärts und erreicht das Chroma erst nach Vollendung des sammenhang läßt erkennen, daß esr das Original liegt eine
Sextzuges aufwärts (s. T. 24-27). Oktave tiefer nur einen chromatisch
- schmückenden Durchgang
Zu 5: Wie das l. und 2. Beispiel unter 5 zeigt,lassen auch zrvei -
zu dr bildet, daß deshalb der geringere Wert dieses Chromas auch
fallende Terzzüge mit ihren Randtönen (s. $ 260) die chromatischen das Chroma Fis des Basses in seinem tonikalisierenden Wert herab-
Folgen vermeiden. Die weiteren Beispiele unter 5 bringen zweiTerz- setzt: der Grundton Fis ist überhaupt nur wegen es1 da. Ist es1 zu
züge übereinander mit der Wirkung von VII-V (vgl. Fig. 1 1 1) : dt fortgegangen, so ist dann auch die Rolle des Fis ausgespielt und
während die tiefere der beiden Stimmen den Weg zum Grundton F im Basse wieder umso mehr erwünscht als nur mit diesem Ton die
cles Chromas zurücklegt, geht die obere zum Chroma weiter; das Vorbereitung zur^7 im nächsten Takte erreicht werden kann! Daß
ist eins der am häufigsten gebrauchten Mittel, chromatische Folgen Fis nicht zu F zuricksinkt ist verständlich, eher empfiehlt sich nach
zu beheben. Doch darf in solchen Fällen keineswegs schon ein Ph. Em. Bach (s. Generalbaß), das I bei der Mittelstimme bei-
Querstand (s. $ 250) erblickt werden. Im Beispiel aus Chopin zubehalten, hier sogar in der linken Hand, damit wir, wie er sagt,
wird zur diatonischen Berichtigung des br eigens eine dritte Stimme schon ,den Griff in der Hand" haben. In diesem Sinne besteht nun
herangeführt. Das letzte Beispiel unter 5 zeigt eine Umkehrung der zwischen Fis des Basses und I der Mittelstimme überhaupt kein
Züge, die Oberstimme führt zum Grundton, die Unterstimme zum Zusammenhang, also kann die Folge auch nicht als gewollt orga-
Chroma hinab (vgl. Fig. 39, 2; 40, 4; 82, 2 usw.): hier wirrl die nisch angesehen werden, also keinen Querstand vorstellen. Jeder
chromatische Folge bei V l-l behoben. der beiden Töne hat seine eigene Herkunft, sie gehören nicht
Zu 6: Durch einen Auf- und Abwärtszug beim Basse wird der zueinander. Daß im Vordergrund die Sechzehntelfigur der rechten
chromatische Schritt vermieden: Der Klang über ls kommt aber Hand dennoch einenTerzraum auskomponiert entgegen dem wahren
als
K
ein l-Klang nicht in Betracht. Tatbestand, der nur eine Sekunde kennt, hängt damit zusammen,
daß der Sekundraum eine Auskomponierung im Sinne der früheren
Zu 7: Unter Umständen führt die Enharmonie zu einem
Motive nicht zugelassen hätte.
Chromen-Austausch: die Einschaltung eines enharmonischen Zu-
standes gibt Gelegenheit zu reizvollen Auskomponierungen, wobei
Im folgenden Beispiel aus Crüger liegen ebensowenig quer-
ständige Beziehungen vor. In den T. 2 und 3 des Beispiels sind
man eine Art Anspielung auf das Kommende genießt.
cis2 und C, list und 12 ohne Beziehung zueinander, da hier Hilfs-
kadenzen vorliegen, die ihre Bewegungen immer neu mit sich selbst,
6. Kapitel d. h. ohne Anknüpfung an Vorausgegangenes beginnen (s. $ 110).
In T. 5 liegt eine Mischung vor.
Vom Querstand
Zum Beispiel von Hans Leo Haßler, vgl. Bd. I, Fig. 170. Die
s 250 Oberstimme komponiert eine verminderte Quint aus, die sich auf
Bcisplclc und Anderseits weiß der freie Satz irn Cegensatz zum strengen
IV-V mit Einschluß eines konsonanten Durchganges stützt, und
Anmerkungen so kann die Vorstellung einer engeren Beziehung von g1 der Mittel-
(s. IIr, 226-227 und ll2, 44-47) eine Folge von Chromen ohne
stimme und G im Basse zu gisr der Oberstimme nicht aufkommen.
wirkliche Beziehung erscheinen zu lassen, sie nur etwa als Mischung
oder verschiedenen anderen Zielen zustrebend zu gebrauchen. Bei- Zu 2: Zuweilen ist das Bedürfnis nach einer Höherlegung die
spiele dafür: Ursache, daß eine Folge von Chromen auf zwei Stimmen verteilt
I'lg. 116 wird: die Höherlegung wäre nicht zu erreichen, wenn auch das

148 149
chroma die fallende Richtung beibehielte. so verstanden kann eine romanischer ratio es entsprach, auch in die Musik durch worte als
solche Folge von Chromen nicht als Querstand gelten' Organe der Gegenständlichkeit hineinzusehen.
Zu3:Wenniml.BeispielinrascherFolgegisundgsichhören Zufolge dem Naturgesetz des Wachstums, dem Alles unter-
lassen, so hängt das hier nur mit dem Verbot einer tibermäßigen wor{en bleibt,was körperlich oder geistig einmal insDasein getreten,
Sekund (gt") zusammen. Im 2. Bsp. wirkt die Hilfskadenz einem rief die Musik nach weiterer Auswirkung in der zeit, nach Dehnung
Querstand entgegen. Im Beispiel aus Beethoven verlangt
die 6 der
des Inhaltes von selbst. Dem stand aber der langsamere Gang des
5-6-Auswechslung ,in T. 2 das chroma Es bei der unterstimme,
Textes entgegen: Die Grenzen von Wort und Musik lagen denn
diesem chroma aber schon im 4. Achtel der oberstitnme stattzu- auch lange noch beisammen sogar in der zeit, in der der Kontra-
geben war nicht möglich, da bei der Mittelstimme, wie bei NB zu punkt schon Diatonie undZügeund damit die erstenvoraussetzungen
iehen ist, es2 und lz gleichsam je zwei volle Takte liegenbleiben cler Musik als Kunst erobert hatte. Man vertiel dann, um dent
sollen und überdies ein e2 im 4. Achtel des T. 2 das e2 in T' 3 Bedür{nis der Musik nach Tunlichkeit entgegenzukommen, wohl
empfindlich schädigen müßte. Alle diese Notwendigkeiten setzen auch um den klimatisch so glücklich bedingten Trieb nach schönem
inT.2es2 und er völlig außer Beziehung, so daß von einem Quer- Sang zu entsprechen auf die Verzierung einzelner Tonfolgen, ja
stand nicht gesprochen werden kann. einzelner Töne, die Diminution genannt wurde. Aber wo und wie
immer diese Art Verzierung eingesetzt hat, das zeugende Wort
7. KaPitel schlug durch: ciie Bindung der Verzierungen ging doch nur zu den
worten allein, nicht zueinander, so daß ihnen in Bezug aufeinander
Diminution Logik, Maß und sonst Alles überhaupt fehlte, was sie wahrhaft
musikalisch-organisch hätte wirken lassen können. Man stand so
s 251 nur vor Launen der Eitelkeit, nicht vor einem Zwang der Musik,
zumal die Verzierungen in clen selben stücken von Mund zu Mund
oeschlchttlchcE Zwar wurde schon an vielen Stellen des Werkes der Diminution
'l";';il:;;" in dem ihr wahrhaft zukommenden Sinne gedacht, doch ergab s'ich
zur Dlmlnutlon wechselten.
Bestlmm'ng noch keine Veranlassung, den Begriff auch historisch zu fassen.
Auch was sich dazumal in der Instrumentalmusik begab, konnte
noch nicht weit von den Anfängen fortrücken, die wie gesagt
,läräT'|il; (Vgl. l. Abschnitt, 4. Kap., Seite 20-24, 26-27,2s; S$ 26, 30, - -
nur in der einfachen Übertragung vokaler Sätze auf Instrumente
46,49-52,83,85,116.)Hier,indembesonderenKapitel bestanden haben. wohl forderte nebst dem Naturgesetz des wachs-
über die Diminution, soll das nun nachgetragen werden, zumal erst
tums auch das Eigenleben der lnstrumente eine Dehnung des Musik-
damit eine sichere Grundlage für die Lehre und Praxis der Diminu- stoffes, wohl suchte die instrumentale Diminution in Fuge, Toccata,
tion gewonnen werden kann. Ricercare, Sonate, Ouvertüre usw. gleichsam sich selbst, aber dem
In der Musik, die bestimmt war, ihre höchste Steigerung in der italienischen Menschen lag nur die wortgezeugte Diminution im
Abwendung von allem stoff der welt, im Gleichnis ihrer selbst zu Blute, der er deshalb unbewußt den Vortritt gab.*) Deshalb ver-
erreichen, regierte anfangs nur der zweck cles wortes, Marsches, -)lt dam Werk ,,Aufführungspraxis der Musik" von Dr' Robert Haas,
Tanzes. Nicht nur war es so in den vorhistorischen Zeiten der Prolessor an der universität wien und Vorstand der Musiksammlung an der
Irrationalität, sondern noch lauge auch in den histor,ischen des Nationalbibliothek wien (Akademische Vedagsgesellschaft Athenaion, 1931),
Kontrapunkts, der Monodie, der neuerfundenen Vokalformen, die sind in Beispiel und'l'ext alle nur wünschbaren Belege für die erste italienische
zunächst ohne weiteres auf Instrumente übertragen wurden das Praxis der Diminution zu ersehen. Durch die fast unbegrenzte Fülle des ge-
-
wort allein zeugte die Tonfolge. Hauptträger und Hauptbildner samten auch die spätere Diminution der Deutschen einschließenden Materials
führt der Verfasser mit gründlichstem Wissen und kräftigem unbestechlichem
dieser Musik war der italienische Mensch, dessen angeborener urteil. (vgl. auch vom selben Verfasser: ,,Die Musik des Barock", ebenda t928.)

150 l5t
sagte er sich auch in der Folge der deutschen Instrumental-Diminu- ließ, den Weg auch schon ins Freie der absoluten Diminution, wo
tion, trotzdem diese allein die Wahrheit einer aus sich selbst ent- sie Dienst am Wort nicht zu versehen brauchte. Dazu kam die be-
standenen, in eigenen Gesetzen absolut sich auswirkenden Musik sondere Art der Deutschen, sich vom überdeutlichen Wort eher ab-
heraufführte. Zuletzt freilich ist alle italienische Wort-'lon-Dimi- zuwenden, als es Musik zeugen zu lassen, die sich nun in umso
nution, die der opera seria und der noch jüngeren Epochen, mit allen stärkerer Vorliebe für Instrumentalmusik äußerte. Sich selbst über-
ihren Formen dennoch zusammengebrochen, und zwar nicht allein lassen mußte so die deutsche Diminution den Weg zu sich finden
weil sie dem Text nicht die Treue hielt, sondern mehr noch, weil sie und fand ihn dank der Vermittlung durch die unvergleichlichen
zunächst gar nicht geahnt wurde mangels jeglicher orga- deutschen Genies, die ihr auf von mir geschilderten Wegen die
-was
nischer Bindung die Wahrheit der Musik
- verleugnete. Die absolute äußerste Organik abgewannen.
deutsche Diminutionskunst erwies das e contrario zur Genüge! Mit Ich bin mir bewußt, mit dieser Betrachtung als Erster den
<lieser aber konnte der italienische Musiker nicht Schritt halten tiefstenUnterschied zwischen italienischer und deutscherDiminution,
naturam expellas furca . . . . , und so blieb ihm bis aul den
- oder was das selbe: zwischen italienischer und deutscher Musik
heutigen Tag nichts übrig als in erster Linie an der wortgezeugten aus dem Geiste der Kunst erkannt und festgelegt zu haben. Dieser
Diminution, hauptsächlich in der Oper festzuhalten, daneben Unterschied ist aber nicht so aufzufassen, als wäre innerhalb der
bestenfalls Progranrmusik zu machen, die immerhin in die Nähe musikalischen Kunst die italienische nun gleichbedeutend mit der
von Wort, Bild und Begriff weist. Nebenbei: auch die italienische cleutschen, nein, auch das will deutlich ausgesprochen sein: Noch
Programmusik mußte schließlich hinter der deutschen zurück- immer an das Wort gebunden, kann die italienische Musik nur
bleiben, weil dem italienischen Musiker die Erziehung zur absoluten als eine Vorstufe zur deutschen gewertet werden, so wie in vor-
Diminution fehlt, die unerläßliche Voraussetzung sogar einer ausgegangenen Epochen z. Bsp. die Irrationalität, die ersten kontra-
Programmusik ist. punktischen Versuche, die ersten Wege der italienischen Diminution
Nur ein einziges Mal, in Domenico Scarlattis Genie offenbarte usw. doch nur Vorstuten in der Entwicklung der Musik bedeuten,
auch der italienische Geist eine hinreißende Be{ähigung zur abso- keinesfalls aber gleichwertige Zustände. (Mögen nun auch die
luten Diminution. Aber gerade er, der Freund Händels, den auch Geschichtsschreiber der Musik diese Unterscheidung endlich zum
der letzte Meister deutscher Tonkunst Johannes Brahms ins Herz Nutzen ihrer Darstellung erkennen!) Dagegen spricht noch keines-
geschlossen hatte, blieb in seiner Heimat ohne jede Nachfolge und in wegs das Gleichzeitige so verschiedener Kunststufen, einer Vor- und
seinem einmaligen Werte völlig unerkannt. Nur billig wäre es, dieses der Höchststufe. Lehrt doch ein Blick auf die Natur, daß sie nicht
in Italien vereinsamte kostbare Genie sozusagen in den Verband der nur ein Entwicklungs-Nacheinander, sondern auch Nebeneinander
deutschen Genies aufzunehmen, mit denen es so eigenartig die l(unst aufzeigt. Sind nicht Genie und Durchschnitt ein solches Neben-
der absoluten Diminution teilt. einander zweier Menschenstufen? (Vgl. Fig. 13.) Das Maß aber für
die Bewertung von Entwicklungsstufen rührt um endlich das
von der Kunst als -ldee her. Wer je in
*
Entscheidende zu sagen
Die durch den Protestantismus bedingte innige strenge Pflege -
das Wesen einer ldee, in ihre Geheimnisse geschaut hat, weiß, daß
des Chorals ein wesentliches Verdienst Luthers bewahrte den sie als Element einer ewigen Ordnung sich immer gleich und un-
- -
deutschen Musiker von der Entgleisung in ein musikalisch unge- zerstörbar bleibt: mag auch sie nach Jahrtausenden aus dem Vorder-
gründetes Verzieren, zumal auch das deutsche Klima ein nur schönes grund des Lebens, den wir Chaos zu nennen belieben, der Mensch-
Singen wenig begünstigt. Folgerichtig blieb die deutsche Orgel- lreit doch zuletzt entschwinden, sie hat auch noch dann Teil am
kunst mit Form und Diminution zunächst im Banne des Chorals, l(osmos Gottes als dem Hintergrund aller Schöpfung aus dem sie
immerhin aber gewann sie allmählich, soweit die Orgel es nur zu- stammte.

t52 153
unphilo- Zur Vollendung im absolut musikalischen strengsten
O, hörten doch die Menschen, philosophische und
Sinne fehlt Hasslers Tonsatz gar nichts. Im Vordergrund
,optri..t endlich damit auf, dem Sinn des Lebens nachzugrübeln'
",
a.!r.n angebliche Sinnlosigkeit zu beklagen! Wie können sie er- zeigt die Oberstimme als Höherlegung fist-tisz eine -be-
hoffen auf den wahren Sinn des Lebens zu stoßen'
wenn sie' mit stimmte Auskomponierung des D*Durklanges, die auf 3, 2, i
endlichen Organen behaftet, bei jedem Anfang
gleich das Ende' zurückgeht, ebenso bestimmt ist alle Bewegung der Unterstimme
bei jeder VeÄeißung gleich die Erfüllung, bei
jeder Guttat gleich als Auskomponierung der Baßbrechung l-'V-l: ein Ursatz, der
den Lohn und jeder üntat Strate sehen müssen' um
Anfang und den Vordergrund trägt, ist damit unzweifelhaft gegeben. Andere
zuerahnen! Das"Chaos"
Ende überh auptzubegreilen oder auch nut Sätze zu Hasslers Oberstimme wie z' B. in Erks Sammlung Nr. 53,
es ist
im Vordergrund geht"aber mit dem Kosmos im Hintergrund' 54, 56 usw. (S. Bach) stellen nur einen äußerlichen Tribut vor
einsmitihm;alleZeitkirzendesChaosfallenindieunendlichen an das damals geglaubte phrygische System (vgl. Bd. l, S.70ff.)'
demütig
Zeitweiten des Kosmos, lernen wir endlich das ,,Chaos" eingegeben und wie eingefordert nur durch den Schlußton allein,
verehren und lieben um des Kosmos willen, der Gottes
ist! An dem
cler aber als Terz der Tonika im Dursinne einzig richtig zu verstehen
Kosmosundseinenldeenteilhaben,dasalleinbedeutetSchönheit ist (s. Nr. 55, 57, 58) : gerade die durch das Ganze erzielte Be-
des Lebens, die wahre Unsterblichkeit in Gott!
stimmtheit des Dur hat Hassler zuletzt den unvollkommenen Ctanz-
ein Chor-
Zur Verdeutlichung dieser Betrachtung ein Beispiel'
sich I Ooctr von selbst versteht.
schluß erlaubt, hinter dem
satz von Hans Leo Hassler: I
Bei der Knappheit des Tonmaterials in Hasslers Tonsatz
tr'tg. 116
müssen einige Auskomponierungskühnheiten auffallen, die aber alle
leicht zu
Daß dieser Tonsatz auf einen Text komponiert ist' ist gegründet sind: In T. I fehlt ar die Brechung würde tisr--ot-
bemerkenl er gibt die Prosodie des ursprünglich madrigalen Ce-
flz-fisz gefordert haben -
doch verstehtsich or aus dem Klange,
dichtes geireutictr wieder, siehe clie Lagerung zwischen
den Komma- -
so daß es auf dem Wege zu dz auch fehlen kann. Die Diminution
zeichen,"die die einzelnen Zeilen wie auch die den ersten Silben
des für or eintretenden Tones /rr erfolgt durch die Terzauskompo-
geltenden Auftakte deutlich.ausprägt' In rhythmischer Hinsicht
Genial ist
nierung auf- und abwärts:
entspricht die Ordnung 2 X,lrin T' l, 3, 9 und 11 der Notierungs- Wt.
der Satz des in der ersten Schicht über G des Basses durchgehenden
weise der damaligen Zeit,'Äit der im Grunde für eine
fehlende
kontrapunktisch genau durchgearbeitete Unterteilung eine dadurch /isr (: C8-7): der Durchgang wird durch den Grundton ÄI kon-
sonant gemacht. In T. 5 gehen mit der Auskomponierung der Ober-
notwenalggewordenebeiläufigeFreiheitimVortragunbewußtan-
gedeutet-un-d gefordert wurde. In den T' 2,4,8 und
10 rührt die stimme im ,4-Klang Unterdezimen im Basse mit. Die T. 6-8
Jcheinbare Ordnung 3 X 2 von der Ei'gliederung des Auftaktes
her' bringen die Auskomponierung der Abwärtssext ilz-fist, die
T. 9-10 die der Abwärtsquinl s2-6r anstelle von @1 in T. 10
Und doch, wie unabhängig ist das Tongebilde vom Wort -
anderseits! Bekanntlich wurde Hasslers ergreifende weise später
tritt cis2, um die übel klingende Septsumns s2-tist zu verhüten
der gött- in T. 10 erfolgt, um die obligate Lage zu wahren, endlich die Tiefer-
-
dem Choral unterlegt, bald auch schwebte über ihr sogar
licheGeistSeb.Bachs,dersiemehrmalssetzte(vgl.diever- legung, /isr als 3 für 1irr, auf die lisr in T. 8 schon vorbereitet hat.
schiedenen Fassungen in der sammlung der choralgesänge von
Erk An dieser Deutung ändert die kontrapunktische Technik der da-
bei Peters). Also diente die selbe weise auch einem kultischen nraligen Zeit, diedurchweg un !- rnO $-rcang"n festhält (vgl. Bd. I,
Text war doch der choral sozusagen ein musikalischer S. 209 Anm.), durchaus nichts: so stark wirkt hier schon der Ursatz,
Glaubensartikel des Protestantismus.
155 t2
t54
daß wir Durchgänge, die die frühere Schicht als dissonant aufzeigt, Auftreten von Vor- und Nachbild (Figurierung) im Vordergrund,
nicht verkennen, auch wenn sie sich im Vordergrunde konsonant rlie Cegenwart zweier Schichten im Vordergrund, bewirkt die
geben. Täuschung, als gehörte das Nachbild nur dem Vorbild im Vorder-
Trotz ihrer Herkunft vom Text ist diese Musik hier völlig grund, nicht durch dieses auch einem Hinter- und Mittelgrund.
kunstrein, klar, organisch in sich selbst, wie eine Nur-Musik über- In den Meisterwerken fällt die Entzifferung auch solcher Figu-
haupt im Gegensatz zu einer Wort-Musik: Deshalb konnte sie sogar rierungen trotzdem oft schwer genug, wie die folgenden Beispiele
auf Wiederholungen in der Auskomponierung verzichten, wie sie zeigen:
sich sonst zum Erweis von sogenannten ,,Motiven" einstellen (s. l'ig' ll?
$ 50; daß auch die Kürze der Komposition und das vokale Element
mit gegen ,,Motiv"bildungen standen, sei zugegeben. In Bsp. 1 sind Vor- und Nachbild unter a) und b) dargestellt:
die Ableitung beider aus dem Mittelgrunde ist den anderen Bildern
Nun zum Wichtigsten: Daß 'ein Tonsatz wie der in Fie. 116
ein Verzieren nach italienischer Art nicht zuließe, muß jeclermann zu entnehmen. Die erste Zeiie stellt den von der 3 abgeleiteten
einleuchten. Die sich selbst so satt befriecligende musikzrlische Terzzug der ersten Schicht vor; die zweite Zeile fügt die Synkope
Vollentlung unterband von vornherein jecles Celiiste nach einer
^6-5 ein; die dritte Zeile bringt die Diminution in Achteln, clem
gemäß auch den Auftakt als Achtel; bei a) erscheint die Dimi-
Inhaltsclchnung clurch nur äußerliches Verzieren. Zumal als cier
nution in Sechzehnteln, auf die die Unterteilung des .[r-Auftaktes
Choral-Text hinzutrat, verbat es sich auch durch clas Wort. Ein
Verzierungsspiel könnte in einem solchen Falle nur zu einem
mit a.a
l-..:t vorbereitet, irn Auftakt tritt ät als Nebennote auf; die
,,Choralvorspiel" führen vgl. z. B. in der Sammlung ,,Choral- nächste Zeile bringt ebendieses hl an cler Spitze des Taktes, vro-
vorspiele alter A'leister" -von Straube (Pt.) Nr. 21 doch stand durch der Hilfsklang die Wirkung von 7z gervinnt, clic Auskom-
-, Diminution,
einer solchen Form der freieren Diminution, der wahren ponierung rollt als j; ab, zweistimmig, rnit nachschlagenden
die Anfang und Ende nur aus und durch sich selbst gewinnt, die I
Quinten; endlich die Figurierung bei b), bei der die letzten Zwei-
Bindung an clie canonischen Wieclerholungen noch entgegen, hinter
unddreißigstel des Auitaktes, cis2-hisr, die chromatische Füllung
der schließlich doch clie Bindung an clas Wort als letztentscheidencl
vsn ft1-sisr vorbereiten! Nur aus der Empfindung dieses Sachver-
sich zur Geltung brachte. Also urulJten zur wahren Dinrinution haltes kann der Vortrag der Figurierung bei b) überhaupt geiingen.
andere Wege gesucht werden, eben die, die unsere großen Meister
gegangen sind.
Der unter NB. in Fig. 1 16 beigefügte Tonsatz von Hugo Bei der Wiederkehr uon Vol- und Nachbi ltl, z. B.in Vorder-
Riemann zeigt das neuzeitige verhängnisvolle Ueberwuchern der und Nachsatz oder in den Teilen einer Lieclfornt, wercien die Figu-
,,Stufe" in ausschließlich vertikalem Sinne, das den kontrapunkti- rierungen immer reicher ausgestattet; solcherart zeigen sie sich wie
schen Fluß des Basses, also auch der Mittelstimmen unterbinden von organischem Wachstum durchflutet, das auch zur Bindung des
muß, komnre er durch eine Satztechnik wie die von Hassler oder Oanzen beiträgt. (Vgl. z. B. Chopin, Nocturne, op. 15rr; Etude
durch eine reichere melodische Auskornponierung wie z. B. die von op. l0xIt usw.)
Seb. Bach zustande. Daß der Vordergrund manchmal nur eine einfache Figurierung
rles Ursatzes bringt, wurde schon in $ 26 gesagt.
s 252
*
Von Figurier- Zwar ist aller Vordergrund Diminution, doch lassen sich darin Im strengsten Sinne gehören hierher auch die Variationen als
ungen im B"- im besondern zunächst Figurierungen unterscheiden, die sich auf
l(unstform. Mochten sie ehedem welchen Titel immer getragen
ll"1- ebenfalls im Vordergrund ersichilich,e Vorbilder beziehen. Das haben, wie: Variationen, Doubles, Agröments, Partita (: Choral-
"'#t;::
nen Schreibart

156 t57 IT
Variationen) oder sich in den Formen der Chaconne, des Passa-
caglio, des Rondo (Em. Bach!) bergen, später auch in Sätzen der Welche Schwierigkeiten harren aber erst des Vortragenden in
solchen Fällen! Die dynamische Schattierung gemäß der Grund-
Sonate oder Sinfonie erscheinen, häufig genug in den ersten
fassung, die Innenschattierung der Verzierungen im besondel,n,
Sätzen, wie bei Haydn (!), Mozart, Beethoven usw., sogar in den
mittleren, langsamen, so vor allem bei Haydn (!), auch bei Chromen, Nebennoten, Bindungen u. a., alles das in Licht und
Beethoven (lX. Sinfonie!) immer sind es Vor- und Nachbild, Schatten wiederzugeben, übersteigt türwahr die Kräfte eines
die Beziehung und -
Zusammenhang schon im Vordergrund auf- Musikers, der nicht gerade mit Genie begnadet ist!
zeigen, davon freilich abgesehen, daß wie immer so auch in diesen Daß ein gründliches Studium solcher Verzierungskunst auclr
Fällen der Mittel- und Hintergrund doch die allerletzte und ent- zur Erkenntnis der Improvis,ation führen muß, Ieuchtet ohne
scheidende Bindung vorstellt. weiteres ein (vgl. S. 21 ff.).
* *
Zuweilen standen auch die deutschen Meister vor ähnlichen Die Komponisten waren sich des Unterschiedes von bloßer
Aufgaben der Diminution wie die italienischen, nicht nur in Arien, Verzierung und wesentlichem Inhalt offenbar bewußt, wenn sie die
deren Ursprung nach ltalien weist, sondern auch in der absoluten Verzierung oft in kleinen Noten schrieben, was dann zur Bildung
Musik, dort, wo es galt, unter allen Umständen zu verzieren, um des Begriffes von großer und kleiner Schreibart geführt hat. Bei
Inhaltsmehrung zu gewinnen, die anders nicht leicht zu beschaffen häufig wiederkehrenden Verzierungen, wie den sogenannten
war. Mit unvergleichlicher Meisterschalt lösten die deutschen Manieren, legten sie sich sogar auf Zeichen, gleichsam steuo-
Großen auch diese Aufgabe: u'o sich italienische Musiker im extem- graphische Siegel, fest, nur um die große Schreibart zu entlasten.
pore lockerer Diminutionen verloren, die einander fremd, unorga- Solchen Manieren aber stellt schon Em. Bach in seinem
"Versuch
nisch blieben, befleißigten sich die deutschen streng organischer über die wahre Art, das Klavier zu spielen", II, 1, S 6, Manieren im
Bindungen aller Art, freilich schon durch die Anlage der Stücke weiteren Sinne gegenüber, die durch die große Schreibart wieder-
begünstigt, bei denen auch der Bass kontrapunktisch - melodisch gegeben werden, er nennt sie ,Manieren zweiter Klasse".*) Mit
durchgebildet war, also in eigenen Zügen, Koppelungen usw. ein- dem so erweiterten Begriff streift Em. Bach die Welt der Dimilu-
herging. Die Beispiele in Fig. 118 zeigen Parallelismen als treibende tion im tieferen Verstande ihrer Zusammenhänge mit Mittel- und
Kraft solcher Bindung: H,intergrund; ihr gehören zumeist auch die sogenannten veränderten
Ftg. I la Reprisen. **)
Zu I vgl. ,Fünf-Url.-Taf.". Beinahe ist mit Worten der Es ist zu bedauern, daß Beispiele der kleinen Schreibart, rvie
hohe Aufwand an Geist nicht wiederzugeben, den die Meister die in Händels Suite II, Fdur, erstes Adagio, oder Suite III, Dmoll,
in Diminutionen solcher Art offenbaren. Man muß das Ringen Air (s. o.), nicht durch die Gesamtausgabe, auch sonst durch keine
um ihre Entzifferung erlebt haben! Sogar noch dann bereitet Ausgabe verbreitet worden sind, tritt doch die kleine Schreibart in
die Erkenntnis der Tiefe Schwierigkeiten, wenn, wie im Falle solchen Fällen sichtbar hinter Mittelgründigem zurück und bringt
der in Händels Suite lll, d-moll, aus des Meisters Hand auch dadurch den Leser oder Spieler leichter auf die Fährte des wahren
"Air"
die erste Fassung ohne jede Verzierung zuhilfe genommen werden Sinnes. Chopin hat sich der kleinen Schreibart besonders oft zu be-
kann. Noch sei aus Händels Bereich eines besonders schönen Bei- rlienen Ursache gehabt. Unter sämtlichen Proben kleiner Schreib-
spiels gedacht, der Sarabande aus der Suite VII, B-dur, von der art bei ihm, die allerhand Läufen, Brechungen, Figuren gelten, mag
eine unverzierte Fassung aus seiner Hand sich ebenfalls erhalten rlic Notierung des Basses in der Etude op. 251 die interessanteste
hat.*)
-, *) vgl. meinen ,,Beitrag zur Ornamentik", U.-E., Nr. Bl2, S.24tt u.72.
\GL Beyschlag, S. 107, 108, 109; Haas, ,,Aufführungspraxis", S. 212 tf.
**) vgl. Em. Bach-Vrieslander, U.-E., Nr. 5395.
158
r59
sein, wo er durch die Unterscheidung von Groß und Klein beim einem singenden Vortrag, geradezu Gesang singt auch lede Zeile
ersten Grundton ls die Anweisung sogar zum richtigen Vortrag seines unsterblichen Meisterwerkes, des ,,Versuch über die wahre
des Basses gibt. Art, das Klavier zu spielen'! Ach, der große deutsche Innensang
ist hin, in der Komposition sowohl wie im Vortrag! (Vgl. S. 17,
s 253 24, 5l ff.)
Es ist unmöglich, alle Formen organischer Bindungen der s 254
-.orsanlsche
o"*ahren
Blndunsen Unermeßlich lange Zeit brauchte die Musik, ehe sie das Ce- 2. Durch die
Diminution in abgeschlossener Reihe zu bringen, nur die Wiederholung
setz der Wiederholung sich zu eigen machte. Der Pflicht, sich selbst
stelle ich hier dar.
Dlmlnution wesentlichsten
l. Durch das zu deuten und zu entwickeln fühlte sie sich enthoben, so lange das
oanze AlleDiminutionmußineinerbestimmten,durchStimmführungs- Wort sie deutete, ihr Maß und Grenze setzte. So war es in der
zwang organisch beglaubigten und genau nachweisbaren Zuge-
Epoche der Irrationalität. Sogar den ersten Melismen, den ersten
hörigkeit zum Canz en festgelegt sein. In jeder Diminution,
Verzierungen einzelner Silben, in denen die menschliche Kehle ver-
auch cler niederster Ordnung, lebt urrd wcbt das Ganze mit, nicht
zückt schwelgte, ging die Wiederholung noch ab, auch sie blieben
das geringste Teilchen ohne das Ganze. Die Binclung der Dimi-
durch Jahrhunderte irrational. Erst der Kontrapunkt, der eine
nution durch ein Canzes bildet die Hauptschwierigkeit, sie sowohl
Klärung der Vertikalen (der Intervalle) und der besondern Rhyth-
aus einem Hinter- und Mittelgrund zu erschaffen, wie umgekehrt,
mik brachte, förderte mit diesen Mitteln auch die Bestimmtheit der
sie auf ihren Mittel- und Hintergrund auch nur nachschaffend zu- Horizontalen: auf bestimmte Intervalle gestützt und bestimrnt auch
rückzuführen.
in den mannigfaltigen Zeitwerten der einzelnen Töne, konnte eine
Das Canze ist die Atmosphäre der Diminution. Tonfolge zu einer bestimmten Bindung in Crenz,e und Sinn vor-
Der Diminution ist wahrhalter Gesang gegeben! Hebt sie ihr dringen, nur eine solche Einheit konnte und mußte dann auch zu
Dasein mit den Sekundschritten der Urlinie an, entwickelt s.ie ihr einer Wiederholung drängen. Die Wiederholung fand sich von
weiteres Leben durch die Sekundschritte der abgeleiteten Züge, so selbst ein als Zeichen organischen Lebens in der Welt der Töne,
singt sie es aus allen diesen Sekundschritten, die ja Träger des lvie clurch Blutsbande waren Vor- und Nachbild verbunden. Der
Melodischen sind, bis htnein in den Vordergrund und in diesent allmählich gestärkte Drang der Musik, mehr und mehr sich selhst
weiter und rveiter. In Gesang verwandeln sich auch alle besonderen stattzugeben, Inhaltsmehrung anzustreben, begegnete sich mit der
Erlebnisse der Züge, die nicht andere sind als unsere eigenen ersten Freude an der Wiederholung als der Freude an eine:m
wozu dann noch Worte, die Musik zeugen, deuten sollen, wenn sie
- Wiedererkennen äberhaupt, und so ging die Musik Jahrhunderle
aus sich selbst heraus organisch lebt, singt und red'et? Also auch lang durch die Schule des Canons, der Fuge und verwandter Nach-
durch ihren inneren Gesang erhebt sich die absolute deutsche ahmungen: stets lag die Wiederholung obenauf, sie war auch in
Diminution iiber den nur wortgezeugten, ewig an ,,Liebe", ,,Haß", Form einer Umkehrung, einer Vergrößerung oder Verkleinerung
,Eifersucht" u. dgl. geketteten Gesang clcr italicnischen Diminution. rrrit Aug' und Ohr jederzeit und sofort begreifbar. Diese ersten Er-
Und so singe clenn auch der Vortrag atts clem Ganzen, sei das [ahrungen der abendländischen Menschheit blieben bestimmend
Stück in langsamer oder rascher Bewegung. Alles im wahren rrrrch in der Folge der Zeiten. Noch bis zur Stunde geht sie zur
Meisterwerk ist gesangsmäßig, nicht nur die Stellen, die schon dent Musik am sichersten über eine sofort erkennbare Wiederholung;
ers,ten Eindruck sich ,,kantabel" darbieten. Als Schöpfer dieser tritt doch zur Freude arn Wied,ererkennen einer Tonfolge noch die
groß singenden, absoluten deutschen Diminution mag Ph. Em. Miilrelosigkeit ebendieser Freude hinzu, denn was ist einfacher als
Bach gepriesen werden, dessen Weg dann auch Haydn ging. Des- cirrc ohnehin knappe Folge von Tönen sie wird als ,,Motiv" be-
halb konnte sich Em. Bach nicht genug tun in der Forderung nach zt'ichrrct -
in der Wiederholung wiederzuerkennen?
-
r60 l6l
Die Billigkeit inder Beschatfung vermehrten Tonmaterials nügt, daß sie Wiederholungen sind und dadurch Bindung bewir-
und seines Genusses, dazu die Bloßstellung und Abnutzung durch ken: am allerwenigsten läßt der Vordergrund den Gedanken an
minderbegabte Tonsetzer, schwächten aber auf die f)auer die Teil- ,,Motive" aufkommen.
nahme an jenen Fbrmen der Nachahmung. Dem Genius einzig- Die in Fig. 119 angeführten Beispiele 1 bis 2l bestätigen, daß
artiger Künstler erschlossen sich nun neue Arten von wieder- bei den mehr verborgenen Wiederholungen die Träger durchaus
holungen. Lagen diese vor Aug' und ohr zwar ebenso deutlich
nicht eine Einbildung des Ohres, eine Unterstellung der Fantasie
wie jene ersten Wiederholungen der nachahmenden Formen, sind, daß sie wohl auch augenmäßig zu erfassen wären, wenn in
so blieben sie dennoch weniger zugänglich als jene,
der Musik ctas Auge ohne Leitung durch das Ohr zu sehen ver-
weil sie dem Schaffenden und dem Hörer nicht die gleiche
möchte. Ferner bestätigen sie, daß solche Wiederholungen niclrts
Bequemlichkeit boten. Auch sie gaben die Wirkung im
vollsten Ausmaße her, wie sie den einfachen Wieder- mit ,Motiv"-Wiederholungen zu schaffen haben, da ihre Träger
holungen eigen ist, auch sie wurden dem Kiinstler nur aus der manchmal noch unter den Begriff eines Motivs fallen, so unschein-
Blutsverwandtschatt von Vor- und Nachbild geboren, seinem bar, so atomhaft sind sie:
wissen uncl wollen entrückt, dennoch blieben diese wiederhohrn- Fig. ll9
gen verborgen. Gerade aber die verborgenen Wiederholungen Manch'e Beispiele stellen hier Wiederholungen durch Ver-
haben die Musik aus der Enge der nachahmenden befreit und ihr größerung vor, z. B. 1,2,4d,5, 6, B, 9, 10, 15, durch
weiteste Spannungen und Ziele gewiesen: also konnten auch um- Verklein'erung z. B. 3!, 11 . Ganz außerhalb solcher Begriffe steht
fangreichste Tongebilde sich auf Wiederholungen stützen! Bsp.7: Hier ringen ges2 und g2 miteinander, also nur zwei Töne,
In den mehr verborgenen Wiederholungen liegt Wesen und was zum Begriff einer landläufigen Älotiv-Wiederholung gewiß
Blüte der deutschen Genie-Kunst. Die Technik der ,,Motiv"-Wieder- nicht hinreicht, und doch schwingt die Synthese des ganzen ersterr
holungen im deutschen Musikdrama, in der Programmusik, auch Satzes im Zeichen dieses Ringens. Bsp. 13 b) kann als Ver-
in den Sonatenformen der Nichtgenies usw. bedeutet demnach einen größerung nicht gewertet werden, weil schon das Vorbild a) als
Rückfall in den anfänglichen Stand, also einen Verfall. Vergröß'erung einer einfachen Brechung zu nehmen ist. lm
Bsp. 14 ist es nur eine Nebennotenfigur, die ihren Stufenstand
Daß aber neben den neuen Arten von Wiederholungen und
wechselt, aber wie viel trägt gerade das zur Bindung des Ganzen
inmitten dieser sich auch noch die ersten Formen sofort erkennbarer
bei! Wiederholungen wie in den Bsp. 16, 17, 18 streifen schort
Wiederholungen behauptet haben, versteht sich schon aus ihrem -
die Grenze einer Wiederholung überhaupt, sie sind wie kleinste
Sinn: Jede Art von Wiederholung ist an ihrem Platze gut und
Blutkügelchen einer Diminution. Durch die Art der Wieder-
holung in den Bsp. 19 a) und 19 -b) wird unser Empfinden eigen-
fördernd. In der Ableitung von Tonfolgen aus dem Einfachsten
haben wir vor allem diese neue Art von Wiederholung zu erkennen
tiimlich berührt: es ist eben ein anderes, auch den Niederstreich in
(vgl. S 30). Insbesondere das großartige Choralgut der Deutschen
die Wiederholung mit einzubegreifen, als sie erst im Aufstreich be-
erweist an so nlanchent kühnen Beispiel, wie zuweilen eine solche
ginnen zu lassen. In Beisprel 20 schlägt die Wiederholung
sogar entscheidend- in die Form ein: dem e1 bei a) stellt sich
Ableitung schon allein zur Schaffung eines großen Kunstwerkes
ausreicl-tt, auch ohne Zuhiltenahrne einer Wiederholung im Vorder-
grund (vgl. Fig. I 16).
lrci b) es1 entgegen und führt zur IIL Stufe der Diatonie
543 (vgl. Tw. 7).
Als Motive im Sinne der gang und gäbe Wiederholungen l"P3 zttm sogenannten zweiten Gedanken
III _
sind auch nicht anzusprechen die in Fig. I 18, I und 2, ausge- IJcbcr eine Wiederholung wie die in Bsp. 2l kann nur der Mittcl-
wiesenen Wiederholungen, die dem Mittelgrund angehören, es ge- grrrnrl Auskunft geben.

t62 163
Solche und ähnlicheWiederholungen strahlen breitesteWirkung eine Vorbereitung der folgenden steigenden chromatischen Sekund-
in die Synthese aus, wohingegen die Wiederholungen im Ver- schritte. Wie nebenbei bereit'et er mit der Terzbrechung bei den
stande der heutigen allgemeinen Lehre das Synthesenfeld einengen Fagotten auch die Terzbrechung in T. 8 vor, die zur Behebung
(s. o.). einer Quintfolge dient (vgl. Fig. 62,2).
Es wäre höchste Zeit, zu solchen Wiederholungen als clen Zu 2, 3 und 4: Auf die einfachste Weise wird in diesen Bei-
Hauptträgern der Synthese vordringen zu lernen, um sie auch irn spielen die Aenderung in der Richtung der kommenden Diminution
Vortrag ausdrücken zu können. Angesichts dessen, daß die Meister vorbereitet, dadurch wird ihre Wirkung im Dienste der Verbindung
ihre Synthesen hauptsächlich auf solch,e Bindungen stützen, steht unschätzbar.
die Wichtigkeit ihrer Wiedergabe außer Frage, geboten ist nur, Zu 5: Mit dem Oktavenwechsel in T. l-2 wird der Gang zu
darnach zu forschen, mit welchen Mitteln sich das Ziel erreichen
den noch höheren Lagen vorbereitet und so eine Bindung der Takt.
lasse. Nun, wer jene Bindungen einmal in sein Blut aufgenommen
gruppe besonders wirksam gefördert. (Vgl. Fig. 62,4.\
hat, wird sie auch der Synthese wieclerzugeben wissen: Es ist cler
Wirkung nach etwas vi)llig anderes, z. B. l5 c) als eine Wieder-
Zu 6: ln einem anderen Sinne sind in diesem Beispiel die
Spitzentöne der Diminution abgestinrmt (s. die *); wir dürfen sie
holung denn als ein Neucs vorzutragen, wozu die neue Diminution
aber keinesfalls begrifflich mit einem wirklichen Zug, etwa bei a)
der T. 8 ff so leicht verleitet. Wie anders klänge, um noch ein Bei-
spiel anzuf ühren, die angeblich bekannte Sommernachtstraunr-, mit einem Sextzug oder einem Quartzug bei b) zusammenfassen
wollen, ein solcher müßte als Zug gervollt und durchkomponiert
Ouvertüre, wenn der Dirigent die Wiederholungen zum Ausdruck
sein, was hier aber nicht der Fall ist.
brächte, wie 19 a-e sie autzeigt. Daß der Weg zu dieser Ärt 1

Wied,erholungen nur über den Mittel- und Hintergrund geht, kann


ich nicht oft genug betonen. s 256
Nicht gemeint ist hier etlva der Gegensatz von großer un(l 4. Durch
s 255
kleiner Terz, Sext oder Sept, wie er zum Begrift der Mischung ge-
enharmonlsche
Entgegnung
Durch Vor-
bereitung Je mehr sich die Diminution inr Vordergrunde Mißverstäncl- hört, auch das Chroma im Durchgang gehört nicht in den Bereich
nissen dadurch aussetzt, daß sie sich statt flacher Wiederholungeir der hier gemeinten Entgegnung, wohl aber kommen als Parallelis-
im Vordergrunde der verborgeneren des Mittelgrunds bedient, ve;- men durch enharmonische Entgegnung Ereignisse der Stimnr-
langt sie umsomehr nach weiteren Bindungen. Fig. 120 zeigt nun, führung in Betracht, wie sie Fig. l2l clarstellt:
mit welchen Mitteln eine Diminution auch vorbereitet rverden l'lg. lpl
kann. So .eine Art Vorbereitung macht die folgende Diminution
organisch, sie ist meist so zart, daß sie auch nicht die schmalste Zu 1: Statt von o1 der Mittelstimme in T. 139 im nächsten
Pforte des kiinstlerischen Bewußtseins zu passieren brauch! wir Takt zu oisl fortzuschreiten, wird tür dieses zunächst br gesetzt
können ohne weiteres eine Art Selbstzcugung annehmen. Sonder- und hierauf Cis der Unterstimme zu C gesenkt, so daß die Wirkung
barerweise bürgt das Geheimnis für clas Organische dann viel kräi- eines Septklanges, f,z, srzielt wird: Demgemäß bewegt sich die
tiger als ein nacktes Wieclerholurrgsspiel es vernröchte: Diminution der T. l4O-144 in Bahnen, die scheinbar der F h 3-
Diatonie angehören; in T. 145 aber wird die Enharmonie wider-
Flg. l2o rufen, statt bl wird aisl in seine Rechte wieder eingesetzt, und nun
Zu l: Beethoven vermeidet, zf, gL, den Endton des fallenden erst kommt die wahre Diatonie wieder in Gang. Das Spiel der
Zuges inT.4, g1 des T.8 anzuschließen; er schaltet in den T.5 cnharmonischen Entgegnung wirkt aufhaltend, besonders span-
bis 8 den steigenden Halbtonschritt list-tt ein und gewinnt damit nend und fördert erst recht die Bindung im Diatonischen.

r64 165
Zu 2: Bei b) des Beispiels scheint zunächst ein Parallelism s 258
Von Dlmlnu-
im Zuge zu sein, doch gibt der ursprüngliche Durchgangston hz Den Verschleierungskünsten der Diminution im Vordergrunde tionen ln dcr
plötzlich den Vorwand zu einem wie traumhaften Abweg in die E l:- eignen besondere musikalische Reize; wir genießen sie, und es ist Abwärts-
rlchtung
Diatonie: in dieser erklingt sogar der Anfang des Rondos: Der der Triumph der Diminution, wenn sie das Werk in seiner Nackt-
heit vergessen läßt. Genießt der Mensch doch auch körperliche
Widerspruch zwischen der Ausgangsdiatonie und der durch F.n-
Formen lieber durch Fleisch und Farbe. Namentlich die Höhen und
harmonie hier eingeschalteten spannt ganz besonders. In T. 161
Tiefen, die zum Ausdruck, zur Ekstase der Instrumente gehören
ist es dann wie ein Erwachen, wenn der Komponist plötzlich und in diesem Sinne unentbehrlich sind, führen oft über die
hier das ffp
-
nun gisl in os1 zurückverwandelt und in der Haupt-
-
tonart zum Ende geht.
wahren Wege der Diminution irre.
Die Bestimmung des Zieltons bei den Abwärts-Diminutionen
Zu 3: Aber auch im kleinsten Ausmaß kann sich eine solche im Vordergrund im besonderen kann nur nach Fühlungnahme mit
enharmonische Entgegnung auswirken: cess des T. I I bringt gesr, dem Mittel- und Hintergrund erfolgen. Z. B. in Fig. 89, 4, oder 91,
hz dagegen 92. 4, sind die Zieltöne auch Urlinie-Töne; in Fig. 82, 5 c,83, 2, sind
sie Nebennoten, in Fig. 120 b münden sie in einen Anstieg, in Fig.
s 257
1O2,7, in einen Untergreifzug, in Fig. I l0 b in eine Brechung usw.
Dlc Dlmlnution
im Basse
Innerhalb der von Natur wie von der Ursatzbrechung gezo- Vgl. dazu die vielen Beispiele in Jhrb. II, Mozart: Sintonie G-moll;
genen Grenzen schaltet die Diminution im Basse über das ganze in Jhrb. III, Beethoven; III. Sinfonie usw. Es liegt im Sinne solcher
Rüstzeug der Prolongation (vgl. SS 20, 185). Der Baß schafft an Diminutionen, daß die Stimmführung hinter ihrem Anfang wie ab-
allen Einheitsbildungen der Oberstimme mit, seien sie welcher Art geriegelt wird (s. S 244ff.).
immer, er bestimmt deren Anfang und Ende am sichersten: mit auf Diesen Beispielen seien noch einige hinzugelügt:
der zweckmäßigen und kunstreichen Führung des Basses ruht der Fig. tpz
Wert eines Meisterwerkes. (Vgl. l. Abschnitt,4.Kap., S.20ff.)
Zu l: ln die Töne des Anstieges 91 un6 c1 führen Abwärts-
Seb. Bachs Choralsatz eignet sich am besten zur Einführung diminutionen der Oberstimme gleichzeitig mit Quartsprüngen auf-
in die Kunst der Baß-Diminution. So knapp der Umfang eines wärts der Mittelstimme, diese Töne kommen also durch eine Gegen-
Chorals ist, er vermag doch dem Basse kühnste Diminutionen zu bewegung zweier Stimmen (B-1) zustande, die von besonderem
geben: jede Regung des Choral-Textes spiegelt sich im Basse. Reiz ist, auch einen besondern Vortrag erheischt.
Noch ist diese tiefsinnige Kunst niemals gehört und gewürdigt Zu 2: Durch dieses Beispiel wird besonders klar, wie der An-
worden, auch ist sie von keinem Meister der Tonkunst je wieder fang einer Abwärtsdiminution sich von der Vertikalen unabhängig
erreicht, geschweige übertroffen worden.*) Wie denn überhaupt zeigen kann: d3 im 2. Achtel gehört zum Sechzehntel os2 im
Seb. Bach uns Lehrmeister der wahrhaft kontrapunktischen Baß- 5. Achtel, also durfte im 1. Viertel des Taktes der Vorhaltston
führung zu sein hat, weil er bei allergrößter Entfaltung der Diminu-
^4 (-3), es1 (--d1) beibehalten werdenl mit anderen Worten:
dg hat keine Beziehung zu es1. An diesem Sachverhalt ändert auch
tion die dem Baß gezogene Grenze doch niemals überschreitet.
die Artikulation nichts, die ein Anderes auszusagen scheint.
Deshalb ist auch der non legato-Vortrag seiner Bässe meistens
Zu 3: Auch in diesem Beispiel offenbart sich die Unabhängig-
gerechtfertigt. keit einer Abwärtsdiminution von dem eigentlichen Klang. Kein
*) Daß in diesem Zusammenhange von dcn Choral-Spielereien ernes Zweifel, daß im 2. Taktder Ktang als zu v,erstehen ist; dem-
Bruckner oder Mahler nicht ernstlich die Rede sein kann, versteht sich. "2 !
167
166
gemäß müßte das 1. Sechzehntel im 4. Achtel dz lauten, nicht e2, s 260
zumal auch mit dz die Oktave des Aufstiegs c2-c3 beantwortet Ob eine Diminution sich auf- oder abwärts bewegt, in der
würde, und dennoch: Em. Bach setzt e2 aus dem Ceist eines wie }:älffil.j::
-
Folge gilt es, entweder eine frühere Lage wiederzugewinnen, höhere ;J ;;;
selbständigen Klanges e2-g2-d3, ohne auch nur im geringsten oder tietere Töne zu erreichen. An die erste Bewegung schließen Ränderspier
nit e2 auf die in T. 3 folgende Harmonie anspielen zu wollen. sich weitere Bewegungen an, wobei die Töne am Anfang und am
Dieser feine Zug erinnert an die Art, wie Em. Bach einer über- Ende als Ränder der Gesamtbewegung das erstrebte und erreichte
mäßigen Quart in der Diminution ausweicht (s. bei NB., vgl. II1, Ziel vorstellen. Beispiele dazu:
Fig. 50). Fig. tZiL
s 25e Zu l:
Die Ränder der Bewegung bei a), die auf der I. Stufe
vor sich geht, zeigen einen stehenden Ton (vgl. Fig. l}g, e 2 und 5).
Von Diminu- Die Beispiele in Fig. 123 zeigen Diminutionen in der Auf- Aucir bei b) ergibt die Bewegung einen stehenclen Ton; bei NB
tionen in der
Aulwärts- wärtsrichtung. Mißverstänclnisse, die nrit ihnen verbunden sein sind andere .l\löglichkeiten gezeigt, denen aber der Nachteil von
richlung könnten, erfalrren Klärung clurch clen Mittel- untl Hintergrund: Sprüngen anhaftet. Vgl. in Jhrb. II, l4O: ,Mozart, Sinfonie Gmoll,',
l'ig. ItP,t Andante, T . 44 tl., die von Mozart so beliebte Bewegung
'-.--.
D7-16-5-t6_t7
Zu 1: lnt Bsp. a) sind die höheren Terztöne keinesrvegs als plvp3
Zieltöne mit verbindlicher harmonischer Bedeutung zu denken, sie ! IV-V. Vgl. ferner Fig. 79, 5, wo bei
sind nach dem Gesetz einfachster durch sich berechtigter Konsonanz rfiiffi6 die erste 8 fehtt. Fig. il9, 7, zeigt zu Beginn des
nur aufgesetzt, die tieferen Kopftöne dagegen gehören der Aus- Allegro einen stehenden Ton, erzielt durch eine euint ab- und auf-
komponierung eines Aufstieges an, deshalb auch keine Oktavenfolge t värts.
an der Wende der Takte. Das selbe ist der Fall inl Bsp. b); also Zu 2: a) und b) bringen an den Rändern einen fallenden
darf gis2 irn 2. Takt (s. den *) nicht etwa für eine iehlerhafte sekundschritt; am natürlichsten läßt sich ein sorches Zier durch
Leitetonverdopplung genommen werden. Im Bsp. c) sind nur die ein Gegenspiel von fallender und steigender Bewegung erreichen
Kopftöne maßgebend, also sincl die Viertonfolgen keine Quartzüge. (s. Fig.20,3, und 64, 1), doch kann wie bei a) und b) clie gleiche
Zu 2: lm 2. Takt des Beispiels stellt das 4. Achtel einen Ziel- Wirkung mit zwei fallenden Zigen hervorgebracht werden (vgl.
ton, das 5. Achtel dagegen einen Kopfton vor; die Intervalle so zu Fig. 42,2, und 62,2).
lesen ist im 1. Takt begründet, dessen Umkehrung der 2. Takt ist. Zu 3: Die Ränder zeigen einen stehenclen Ton, vgl. Fig. 2O,2,
Zu 3: Die Kopftöne gehören einem Anstieg, die Spitzentöne der 'f. 4-5, und Fig. 54, 13: 7"2--";rt)B_-ciss_.h2.
Diminutionen kommen hier weder als Zieltöne noch mit einer har-
monischen Wirkung in Betracht (vgl. Fig. 119,3, und 120,6b).
Zu 4: Der Sekundschritt zur Nebennote, gt-ort, wird durch
einen Umweg erreicht, wobei der höchste Ton, czls;, nicht wie
Zu 4: Gelegentlich einer Ausfaltung bringt die Diminution oft
iiblich auf die IV., sondern auf die VI. stufe zu stehen kommt.
eine Höherlegung der Mittelstirnnre (vgl. Fig. 106).
(Vgl. Fig. 46,2: c2-d.2 und Fig. b3,3: e2-dis2,T.5-31.)
Zu 5: Mit ihrer Aulwärtsrichtung erzielt hier die Diminution
eine Höherlegung zweier Ttine der Mittelstinme, a1 und ais1, zu 5: Die Diminution bringt an den Rändern eine Terzbrechung
zustande. Bei a) ist die Höhe oz in T. 3 durch gz in T. I angebahnt,
außerdem den übergreifenden Ton e2 im 4. Viertel, dadurch wird
rrrit a2 setzt dann auch in T. 5 der Abwärtszug zu d2 ein, gi zuletzt
die Lage des e2 als I festgehalten. Zu beachten ist, wie der Weg
von cis2 zu hz über Terzsprünge geht, ohne aber einen Septklang vcrsteht sich somit als Nachtolge des o2 (s.die *). Aehnlich liegt der
bedeuten zu wollen. Fall bei b), doch macht der Aufwand eines rhythmisch reich ge-

168 r69
stuften umweges zur Terz är in T. 4 und des verzierten Fallens
von e2 zu ar trotz der wenigen Takte den Eindruck einer ansehn- Noch seien die ausgeworfenen Terzen erwähnt, wie sie die
lichen sinfonischen Breite, eines echten Andante. Fig. 119, 15, zeigt Fig. 90, 1 und 95 d 3 zeigen; sie halten die Lage fest, die sonst
eine fallende Terz als Ergebnis; der tiefere Randton ist Crundton: durch den Abwärtszug zu tief geraten würde.
e1 cisl hr Zum Beschluß sei ausdrücklich hinzugefügt, daß umtang-
sr r'sr
u. girr. reichere Diminutionen den hier gebotenen Raum überschritten
hätten.
Zu 6: Hier liegen Terzumwege vor, die aber an den Sekund-
schritten nichts ändern (vgl. Fig. a5).
s 261
Zu 7: Die drei in Klammern mit a, b und c bezeichneten Terz-
Ein nicht geringes Hindernis für das Erkennen einer Diminution Dtc Dlmlnutlon
züge in den T. 1-3 enthalten den Keim aller späteren Spannun- tt:il::,1";*r:*
bildet der Umstand, daß sie häutig zu uneigentlichen Intervallen
gen, nicht allein der im Dienste der 3, T. 1-63, ;jer erste Satz
3 2ll 3 2 I im Vordergrunde führt anstelle von eigentlichen, die nur durch sils lntervalle vor
der Sinfonie weist die Unterbrechungsform at-.gt ll ot-gr-|2
au1 rückliegende Schicht zu erkennen sind ( s. 1. Abschn., IV. Kap.,
sondern auch die der Durchführung und Wiederholung. Der S.20 ff. und S. 49 ff.). Selbst Ziltern des Generalbasses trügen, wenn
-,
Wechsel in der Richtung der Terzzüge hängt mit den Sekundschrit- sie sich, wie nicht selten, nur auf den Vordergrund beziehen. Ging
ten an der Wende der Takte zusammen: c2-bL bestimmt das doch die Hauptabsicht der Ceneralbaßlehre von Em. Bach dahin,
Fallen des zweiten Terzzuges, gt-lr das Steigen des dritten, sofern den Continuo-Spieler darauf aufmerksam zu machen, wie in man-
am Rande o1 wieder zu erreichen ist; daraus ergibt sich das stetig chen Fällen die Ziffern anders gemeint und auszuführen seien. An-
Fließende im Wechsel, das sonst fehlte, wenn der mittlere Tetzzug weisungen dieser besonderen Art pflegte Em. Bach im 2. Abschnitt
steigend gL or-,br lautete. Mit dem Wechsel der Lage des ersten der Kapitel zusammenzufassen.
Terzzuges in T. 5 ergibt sich die Notwendigkeit, den zweiten noch Beispiele von uneigentlichen Intervallen:
an der ursprünglichen Lage T. 2 festhaltenden Tetzzug umzu- I'tg. tZ6
kehren: andernfalls würde an der Wende der T.5/6 der Septsprung
cL_.br sich ergeben, der die Wirkung des melodischen Sekund-
Zu l: Die Notwendigkeit, einen Zusammenstoß von verschie-
denen rhythmischen Werten, Achteln, Sechzehnteln und Vierteln
schrittes cz-br an der Wende der T. l12 doch nicht voll erreicht,
auszuweichen, führt zu einem Ausgleich in Achteln, wodurch sich
dem dann aber die Quintform cL-gt als die natürlichere vorzu'
an manchen Stellen uneigentliche Intervalle nicht vermeiden lassen.
ziehen ist. Nun führt br hinüber zu ar in'1.7: da gilt es, der Um-
kehrung des dritten Terzzuges auszuweichen, die hinab zu /r
Vgl. Beethoven: Sonate 27tt, L Satz, T. 55-57, und dazu nreine
Facsimile-Ausgabe, S. IV.
führen müßte, wobei aber ar----q.L an den Rändern derBewegung ver-
Zu 2: Die uneigentlichen Intervalle ergeben sich hier aus der
loren ginge. Der Umstand nun, daß der dritte Terzzug hier weg-
Notwendigkeit, die rhythmische Bewegung zu mehren, Achtel statt
bleiben muß, macht die zweite Aufstellung gegenüber der ersten
Viertel zu bringen.
in T. 1-3 unvollständig, bedeutet ebendaher eine Spannung, die
Zu 3: Durch die Sechzehntel-Figur wird eine unliebsame Quart
über die folgenden unvollständigen Aufstellungen in T. 7-8,
umgangen. Vgl. Fig. 83, 3, bei NB, wo in T. I des Beispiels für 8-7
9-12 hinaus bis zur nächsten Angliederung des dritten Terz- uneigentlich aber mit besserer Wirkung 6-10 erscheinen.
zuges in den T. 28-29 anhält. Die Spannung erhält sich auch in
der Folge nur durch den Gegensatz von unvollständigen und voll-
Zu 4: Die uneigentlichen Intervalle entstehen hier durch
Rückung.
ständigen Aufstellungen. Ueber die kunstvolle Dehnung T. l6-28
Zu 5: Namentlich der Klaviersatz fordert oft uneigentliche ln-
als eines 4. Taktes der Gruppe, die mit T. 13 beginnt, s. u.
tervalle, wenn gewisse Töne ausgespart werden sollen, die sonst
170
t7t l3
mangels orchestraler Farben den Stimmengang zu dicht und un- lichen Menschenzahl gebahnt haben, nur ist dieser erste Schimmer
durchsichtig machen müßten. Die Kunst, Klaviertöne in solcher von Verstehen nicht als Zeugung und Selbstbehauptung des Volk-
Art auszusparen, lerne man bei unseren großen Meistern. Cegen- lichen in der Kunst, sondern als Sieg der Natur zu werten. Die
beispiele finden sich unter anderen in Regers Uebertragung der Natur hat sich endlich zu jenen Menschen durchgerungen: in keiner
Brandenburgischen Konzerte von Bach, den vierhändigen Bearbei- Weise aber ist das Volk hier von Einfluß auf die Natur oder aut
tungen der Bruckner-Sinfonien, in der Wiedergabe des Orchester- das Genie, das all,ein als Mittler der Natur in der Kunst auftritt.
satzes fürs Klavier in den Steingräber-Mertke-Ausgaben usw.
s 264
g 262 Die Ergebnisse der oben vorgetragenen Lehre von der Dimi- Die Bezlehung
nution entkräften die Aussagen dÄr Lehrbücher über die Form tn
0",3,'Tllli""
Zurück- Nur eine lächerliche Verkleinerung und Herabwürdigung der der Musik, die ohne Wissen um jene Geheimnisse zustandege-
weisung von
;;;;;;;";' genialen detttschen Diminution bedeutet es' wenn sich eine gewisse kommen sind. Die Formen r,r'erden in Worte eingefangen, in denen
wandernden Literatur mit dem Abtasten des Vordergrundes nach ,,wandernden keine Spur von jenem die Musik durch'naltenden Gleichnis zu finden
Merodien
Melodien" bescheidet oder Anklänge behauptet, wo keine sind, ist. Auch dort wird ein organisches Leben der Formen behauptet
historische Verbindungslinien kreuz und quer zieht, wo keine vor-
und gepries.en; wie die Form dennoch aber anders zu betrachten
liegen, Plagiate ausruft, wo keine gegeben sind. Die Anwendung sei, rvird im letzten Abschnitt gezeigt werclen.
solcher äußerlich öder Methoden in der Sprache würde ein all-
gemeines Lachen hervorrufen und ein Kopfschütteln über die kläg-
s 265
liche Geistesverfassung der betreffenden Schriftsteller und Lehrer.
Ich schäme mich, hier Beispiele dieser Grotesk-Literatur vorzulegen.
Ist das musikalische Schaffen so organisch wie alles ancler€ Vom vortras
menschliche Schaffen, dann müßte es wohl möglich sein, auch die d.'Diminution
Musik durch die Nerven so zu übertragen wie alles andere, was
s 263 von Menschennerven zu Menschennerven spricht: rvie seltsarn, daß
Natur- und Die Liebedienerei dern Volke gegenüber, wie sie heute im gerade in der Musik eine Wirkung von Nerv zu Nerv versagt.
Kunstgesetze
o;;;j;r*; ^ ,
Schwange ist, nötigt immer wieder zu betonen, daß zwischen In Ton, Wort und Schrift forderten alle Meister einen r,edenclen
tiberschreiten Kunst und Volk eine unüberbrückbare Kluft war, ist und bleiben rund singenden Vortrag, trotzdem wußten ihre Zeitgerrossen nicht
Vorkliches
wird, daß das Genie nicht volksfremd, wohl aber das Volk kunst- recht, was sie zu hören bekamenl z. B. hieß es von Beethoven, er
fremd ist, daß somit ,volkstiimliche Kunst" eine contradictio in spiele ,,sehr brav", von Brahrns, sein Spiel sei ,,gewischt,', er habe
adjecto vorstellt. Z. B. wird heute versucht, sogar Brahms auf ,,danebengegriffen" u. dgl. m. Crößeren Beifall fancl,en allezeit
volkstümliche Elemente zurückzuführen. Davon abgesehen, claß Vorträge, die weder so redend noch so singencl rvie die cler Meister
von seiner Wirkung auf das Volk im Ernst nicht gesprochen wer- gewesen sind: das Nichterfassen der Diminution war es eb,en, das
den kann, beruht dic behauptete Volkstümlichkeit auf einer offen- ein richtiges Mitteilen und Hören unmöglich machte (vgl. S. 2a).
baren Verwechslung mit der Wirkung, die Brahms, wie jedes
Musik-Genie vor ihm, clurch Beobachtung von Naturgesetzen in - s266
der Kunst erzielt hat, namentlich durch Anwendung der Oktav-, Das deutsche Musik-Genie vertiefte die Diminution, indem vom zu6am-
Quint-, Terz- und der von ihnen abgeleiteten Züge, durch orga- es eine besondere Fülle des Mittelgrundes in Anspruch nahm, u, *ü1i,1",1,"1.'
nische Bindungen der Diminution u. ä. Im Laule von Jahrhunderten cine noch größere Fülle im Vordergrunde zu binden. Noch z,eigten
mögen einzelne Züge und organische Bindungen in einem Genie- Schubert, Mendelssohn, Chopin Genialität der Diminution und
Werk sich doch endlich einen Weg zu den Ohren einer beträcht- eigenen Ton, ihre Nachfolger und Nachahmer konnten es abdr

t72 173 l3*


weder den älteren noch den jüngeren Meistern gleichtun. Gegen 9. Kapitel
die Nachahmer als gegen einen Punkt des geringsten Wider-
standes richtete sich der Angriff Wagners. Wagners Nicht- Obligate Lage
befähigung zur Diminution im Sinne der Meister nötigte ihn, von
ihr abzurücken und im Dienste des Dramas Ausdruck, ja Ueber- s 268
ausdruck zum einzigen Cesetz der Musik zu erheben. Gerade seine Begrilf der
Die Auskomponierung entfernt sich von der wahren Lage auf- obligaten Lag.
Verlegenheit der rein musikalischen Diminution gegenüber kam der und abwärts in Zügen, Brechungen, Koppelungen usw., behält aber
musikalischen Welt entgegen, die ebenfalls allen verborgenen Zu- immer den Drang zur Rückkehr in die wahre Lage. Entfernung und
sammenhängen ausweicht. Noch in letzter Stunde erschien Brahms Rückkehr bringen Inhalt ein, stellen das Instrument ins Licht und
mit meisterlicher Befähigung zur Synthese und mit einem besondern Iördern den Zusammenhang des Ganzen. (Vgl.S 8 u.Tw. 1. S. 39).
Tonfall der Diminution; da sich aber inzwischen die deutsche Ton- Das Gesetz der obligaten Lage bindet nicht allein eine Ober-,
gemeinschaft aufgelöst hatte, konnte die Brahmssche Diminution sondern auch eine Unterstimme.
sich nicht mehr so ausbreiten, wie es den älteren Meistern beschie- Bei der Oberstimme wird meist die Lage des ersten Urlinie-
den war. Der Weltkrieg kam und seither verlor sich das tones als die wahre Lage bestätigt. Vgl. zu Fig. 7 b, Coda f1-i3;
deutsche Ohr an das Chaos. Tot -, geboren ist der Troß von Nach- 47 , 3; 48, I (Coda) ; 1 16 (list-d\); 49, 1 u. 2; in S. Bachs Kl. PräI.
ahmern Wagners, tot geboren die Nachahmer der großen Meister:
heute gibt es keine Synthesen, keine Ausdruckskunst mehr, über- Dm (Jhrb. B-1
d2 -- d2'
haupt l<eine Vorbilder, nur Nachahmer der unverstandenenVorbilder. Nicht selten aber steht der letzte Urlinieton eine Oktave tiefer
oder höher als er stehen mtißte (vgl. Fig 46, 1,2). Eine obligate
Lage des Basses s. z. B. Fig 49,3; 108,2 usw.
8. Kapitel
s 26e
Decktöne Aus der obligaten Lage folgt, daß die Instrumente je nach der Dle obllgatc
Lage als
Entfernung von der wahren Lage und der Rückkehr zu ihr einzu- Wurz€l der
setzen sind (s. S. 24). Instrumen-
s 267 tierungskunst
Von D€ck-
töncn
Als Deckton bezeichne ich einen Mittelstimmeton, der über s 270
die Vordergrund-Diminution hinausgehoben erscheint und dadurch Wer Kenntnis von cler obligaten Lage hat, wird sich gegen Von gewlssen
Fälschungen
das Ohr ständig anzieht, obgleich der wirkliche Gang der Stimm- Herausgeber der klassischen Werke wehren, die in ihren Ausgaben der obligaten
führung sich unter ihm bewegt. gewisse Wiederholungen und Parallelismen wörtlich angleichen, Lage durch
Herausgebet
Ein solcher Deckton kann über einem ganzen Tonstück auch wenn dadurch die obligate Lage verletzt wird; sie freuen sich der Meister-
werke
schweben wie in Chopins Nocturne op.l5rr, s. Jhrb. Il, S.41, der Ton zu hören und jedermann hören zu machen, was als Wiederholung so
cisz oder in Beethovens op. gO, 2. Satz, Rondo, der Ton hL, der leicht zu erkennen ist, unterschätzen aber die Empfindlichkeit der
über dem eigentlichen Gang g;st-el schwebt, sogar seine Neben- Ä,leister für die obligate Lage.
note cis2 mitführt. (Vgl. Fig. 75.) Nicht nur aber, daß die Meister die Parallelismen anders kom-
Manchmal findet sich ein Deckton in der Coda ein, wie in poniert hätten, wenn sie eine andere als die obligate Lage im Sinne
Beethoven op. 57 der Ton c2, der das c2 des Anfangs zum letzten gehabt hätten, auch Fragen der Synthese entscheiden:
Ausklingen bringt. Fig. tp6
174 175
[)as Verbleiben bei e3, wie es durch die Angleichung der Fig. 127 zeigt den Unterschied zwischen instrumentaler und
Herausgeber herbeigeführt wird, widerspricht der Synthese, die das vocaler Artikulation:
Fallen ysn s3-s2-er mit ausdrücken will. In meiner Ausgabe der
sämtlichen sonaten von Beethoven sowie der Erläuterungsausgabe
Blg. t2?
von op. 101, 109, ll0 und 1ll hatte ich oft Gelegenheit, auf solche Ztt 1: Wie mußte sich hier die instrumentale Artikulation
Uebergrilte durch Angleichung in Fußnoten hinzuweisen, z. B. wandeln, da der Satz auf den Chor zu übertragen war. (Vgl. z' B'
op. l4rr, l. Satz,T.43, 102; op. 22,Rondo T. 35 usw. das Freudenthema im schlußsatz der IX. Sintonie in der instrumen-
talen Fassung, Fig. 109, 3 und in der Uebertragung auf die Bläser
im forte.)
10. Kapitel
Deshalb war es von jeher eine schwierige Aufgabe' von einem
Artikulation Instrum'ent aut das andere zu übertragen, eine Aufgabe, die der
Kunstbetrieb notwendig braucht. Dazu sei die Anzeige Beethovens
s 271 vom 20. Oktober 1802 in Erinnerung gebracht.
Dlc musika-
llsche Arti- Wurzel und Gleichnis der musikalischen Artikulation ist die Zu beachten ist noch, daß sich der vocale Satz gegen eine
kuraron hat menschliche Sprache. In cler Sprache wurden Silben zu Wörtern Unterstellung von sogenannten Phrasierungsbogen, s. S 274t
lllä,";:?::ff zusammengestellt, Worte gegen Worte abgegrenzt und in einen sträubt.
' Fortgang gesammelt; der Atem trug sie in Ruhe, in Sturm, betont,
unbetont, mlt Pausen, zäsuren, kurz verschiedenartigste Bindungen
kamen aus der Menschen Mund. Alles das hielt nun Einzug auch in
s 273

die Musik, als sie noch an das Wort sich klammerte. Fig. 128 zeigt die Artikulation in manniglaltigen Aus- Von Aus-
wirkungen der
Im mehrstimmigen vocalen Satz waren es dann die Kontra_ wirkungen: Artlkuletion

punkte, deren Verschiedenheit nach Silben, Worten und Tonlolgen Fig. 124
eine in verschiedene Stimmen aufgeteilte Artikulation lührten (vgl.
Bd. I, 210, 211, Fig. 169, Satz von Sweelink. Zu l: Die Bogen decken sich hier genau mit den Grenzen der
Diminution gm a2 und gz (s. bei NB.).
s 272 Zu 2: Der Bogen dient dem Ausdruck: Bei a) erzeugt der
Dcr legato- längere Bogen bei langsamem Zeitmaß eine Wirkung, die sich mit
Bogen als
An Stelle des menschlichen Atems, der in der Sprache und in
Mrtter der er-der vocalen Musik Darstellungsmittel der Artikulation ist, tritt in der spannenden eines langanhaltenden Atemzuges vergleichen läßt,
,::1Tjiff-:l_ der Instrumentalmusik der Bogen des legato. Durch solche Bogen (vgl. die langen Bogen im Adagio der IX.Sinfonie, T.3 u. a). Bei b)
tarmusik werden Tonfolgen abgegrenzt, verschiedene kontrapunktische wirft eine Laune 17 Takte vor Schluß die Bogen um, die in T' 9 ff.
wirkungen, verknüpfungen von stimmen und Formteilen erzielt. sich streng logisch den Diminutionen anpaßten: die neuen Bogen
(Die Ausführung eines solchen legato gehört in die Lehre walten synkopisch, indem sie in die jeweilig nächste Diminution
vom Vortrag.) einhaken. Zu c): Auch noch in den T.9-10 wird der Bogen wie
Die Bogen richten sich nach dem Inhalt der Diminutionen, in T. 5-6 geführt, obgleich anstelle der Triole ein Triller mit Vor-
ihrem parallelistischen Verhältnis, ihren Gewichtsbeziehungen, nach schlag tritt, der ein Mehr an Auskomponierung enthält; in T. 4l
Zeitmaß, Dynamik, nach dem Charakter des Instrumentes, beim wird aber der B'ogen geteilt, mit dem n'euen Bogen und mit ;>eigens
Orchester nach dessen Zusammensetzung und clem Ineinander- der Forderung nach einer noch reicheren Auslührung des Trillers
spiel usw. Ausdruck gegeben, die freilich auch ein freieres Tempo erfordert.

176 177
Zu d) , Ein Fall italienisierender Artikulation, deren Vortrag Coda T. 78; zu e): die im Beispiel angegebene Fassung in Zwei-
den Violinisten Schwierigkeiten macht: muß doch die Unter- taktern, vgl. auch bei NB., Iäßt die Nebennoten und deren Ein-
brechung bei ät ganz unmerklich geschehen, als liefe über den stimmung in die Metrik deutlich erkennen; ist aber einmal c2 des
ganzen Takt ein Bogen. Sache des Dirigenten ist es, die dafür nötige T. I durch eine Diminution ausgedrückt, die drei Viertel umfaßt, so
Anweisung zu geben. müßten die Töne der nachfolgenden vier Takte, die clie J.-No-
Zu 3: Mitunter werden Bogen eigens gegeneinander ab- tierung gemeinsam haben, unter einen Bogen gebracht w,erden; die
gestimmt: Bei a) wird der große Bogen der T. 10-12 acht Takte gekürzte Fassung in den T. 58 ff und 76 ff bestätigt diesen iSach,-
vor Schluß aufgelöst, um auf den letzten B Takte umfassenden verhalt. Zu f): Der Bogen bei Vl. I in T. B-12 des Mittelteils
Bogen vorzubereiten; bei b), vgl. Fig.l19, 12, bereiten zwei kleinere - den durch Klammern
widerspricht bezeichneten Parallelismen von
Bogen einen 4 Tal<te umfassenden Bogen vor. (Vgl. in Beethovens Halbtonschritten, die schließlich zum a2-Teil hinüberleiten; der
V. Sinfonie die Abstimmung der Bogen bei Vl. I in T.7l bis 93.) Bogen bei der Flöte in T. 7-8 des b-Teiles verschleiert den Anfang
Zu 4: Mit dem Wechsel der Lage wechseln auch die Bogen. jenes Bogens. Zu g): Eine besondere Stellung unter den Artiku-
-
lationsbogen nimmt der Bogen für eine Folge von vier Tönen ein:
Zu 5: Eine Aenderung der Artikulation führt zu neuen Dimi-
nutionsbildungen: Bei a) bestimmt die neue Form der Artikulation seien diese nur scheinbar ein Quartzug, vgl. S 82, oder ein wirk-
die entscheidende Diminution der Durchführung (vgl. dagegen die licher Quartzug, immer geht die Artikulation ihre eigenen Wege,
Artikulation des T. 1 in Fig. 109 e 2); in T. 140 setzt der Bogen die oft genug verwirrend wirken. So richtet sich in unserem Beispiel
wieder wie in T. I des Stückes ein und leitet zur Reprise hinüber. die Artikulation nicht nach dem wahren Sinn, den Terzzügen mit
Zub): Die Teilung des Bogens führt zu neuen Bildungen. Zu c): einer Nebennote in T. 1-3, sondern nach clen Taktgewichten:
Der im l. Takt des Beispiels, T. 5g des Stückes, geführte Bogen 2-l : 1-1, 2-1 :2-2; gegen diese Bogen kontrapunktiert die
umfaßt Töne, die nicht zueinander gehören, dennoch erreicht Chopin Bratsche mit einer Artikulation, di,e ihrer besonderen Diminution
damit die Abtrennung der eingeklammerten Tön,e e1 und dr von f1, entspricht.
zu dem sie wie zu einem Terzzug zu gehören schienen: die sofreige- Zu 8: Bei a) wäre es falsch, nur einen Bogen zu bri:rgen; statt
machten zwei Töne finden sich drei Takte später schon in der aus jeder Diminution ihren besonderen Bogen zu wahren; die Bogen
T. I des Stückes bekannten Rolle wieder. bei b) widersprechen eigens den eigentlichen Zusammenh2ingen,
Zu 6: Unter Umständen dient die Bogenanordnung orchestralen vgl. die Beispiele unter 7, aber gerade cleshalb wäre cs falsch,
Wirkungen: Bei a) wird der Bogen von T. I abgebrochen, um im dieser Absicht mit nur ,einem Bogen entgegenzutlsfgn. Zu c):
T. 2 gleichsam der Stimme eines n'euen Instrumentes platz zrr Wegen der Synkope bei Fl. Il wird cler erstc Bogen eigens - bis zunr
machen. Bei b) ist der Wechsel von gesangführendem und stützen- nächsten l.{iederstreich verlängert, obgleich die Diminutions-Be-
dem Instrument deutlich zu erkennen. standteile wie bei NB liegen. Zu d): Zumal bei Synkopen und
Zu 7: Die Artikulation kann sich zur Aufgabe nrachen, dem -
ihren Lösungen ist auf eine reinliche Scheidung der Lösung von der
eigentlichen Zusamnrenhang zu widersprechen, cler Wiclerspruch nachfolgenden Diminution zu achten. Stets haben die Meister daran
ist in den meisten Fällcn leicht erkennbar. Bei a) ist es, als hätte festgehalten und sind nur einer höheren Notwendigkeit gewichen.
ein Schrnerz dem Atern vorzeitig eine Grenze gesetzt. Bei b) stören Dagegen macht sich der Phrasierungsbogen gerade bei den Syn-
die Bogen den Zusammenhang von Neben- und Hauptnoten, s. bei kopen zu schaffen, und alle Herausgeber klassischer Werke verun-
NB.; bei c) den Zusammenhang in den Brechungen; bei d) wird stalten die Texte dadurch, daß sie über den Synkopen und ihrer
die Trennung der Töne a und I im 3. und 4. Viertel peinlich emp- l-ösung und über die anschließenden Tonfolgen nur einen Bogen
funden, umso befriedigender wirkt ihre Wiedervereinigung in der setzen (vgl. Jahrb. I,49, Fig. 5d).

178 t7g
Zu 9: Die Beispiele a) bis e) zeigen gegeneinander kontrapunk-
s 275
tierende Bogen. Eine solche Artikulation kommt in der Wirkung
Ohne Zweifel weisen die Handschriften der Meister hie und da Von dcr Ar-
einer echten Polyphonie gleich. tikulatlon in
auch unrichtige Bogen auf; auch sie, die großen Meister wurden von den Hand-
Zu lO: Ein Bogen kann unter Umständen genügen, ein Chroma
den Dämonen des Mittel- und Hintergrundes geplagt, so daß sie die schrilten der
aufzuheben; bis an diese Wirkung heran ist auch in einem Falle wie Meister
bei b) zu spielen (vgl. dagegen $ 249).
Artikulation im Vordergrund oft genug in Verwirrung gebracht
haben:
Zu ll: In besonderer Weise führt Chopin die Artikulations- Ftg. lZ9
bogen: Mit seinem Zugzum Melodischen hängt es zusammen, daß
der Gesang der Oberstimme, gleichsam in sich selbst versunken, Bei l) bezweckt der Satz orchestrale Wirkung: dem gleichsam
eine unzerstörbare Einheit zu bleiben verlangt und deshalb im neu und füllend eintretenden Instrument hat Beethoven in der Ar-
Grunde einer Artikulation widerstrebt. In solchen Fällen sind auch tikulation stattgegeben. Zu 2): Oft haben die Meister sich ver-
-
führen lassen, ihre Spielweise im Notenbild auszudrücken. So hat
der kontrapunktischen Behelfe zu wenige, um dem Gesang ent-
gegenzutreten. Die Lösung dieser Schwierigkeiten durch kontra- sich hier Beethoven dadurch, daß er die durchgehende Sept im
punktierende Bogen wie bei 9 c)-e) ist für Chopin besonders 2. Sechzehntel des 2. Viertels betonte, zu einem erst bei diesem
kennzeichnend; noch darüber hinaus aber geht er, wenn er wie im 2. Sechzehntel beginnenden Bogen verleiten lassen, wo der Quart-
Bsp. 1l bei * mit einem Bogen sogar Formteile bindet! zug nur einen Bogen gefordert hätte.

I l Kapitel
s 274
Die Stufe
Absage an den Was unter einem Phrasierungsbogen in Wahrheit zu verstehen
Phrasierungs-
bogen ist, habe ich in der Abhandlung ,Weg mit dem Phrasierungsbogen" s 276
im Jahrb. I, 43-60 erklärt: ,,Dieser Bogen ist so recht das Abbild Arn Anfang war, laut Anweisung der Natur auf die mensch- Ceschicht-
jener Zwiespältigkeit, die der Herausgeber in das Meisterwerk liche Kehle als erstes Instrument, nur die Horizontale. Der Ent- liches

hineinträgt. Das Cemengsel von Werk und Deutung, von Kom- d.eckung des Kontrapunkts im Abendlande folgte nur zu bald eine
position und Erziehung, drückt sich besonders kraß im Phra- Ueberproduktion an Kontrapunkt, wie es eben in der Art des
sierungsbogen aus, der sowohl den legato-Bogen wie die Form ver- Menschen liegt, neu Gefundenes zu übersteigern. Durch den allzu-
fälscht." Abschließend muß gesagt werden, daß der Drang nach vielen Kontrapunkt mußte aber die Horizontale leiden.
Phrasierungsbogen bei den Herausgebern deutlich darauf hinweist, In der Zurückwendung zur Horizontalen, zur Monodie, bestand
wie auch sie inmitten desVordergrundes hintergründigeBeziehungen die zweite große Station der Musik. Zwar konnte der Kontrapunkt
und Zusammenhänge fühlen, die sie im Vordergrund verdeutlichen nicht mehr entbehrt werden, doch mußte er eine Anpassung an die
möchten: gerade aber im Vordergrund hat die Diminution ihr Eigen- neue Monodie vollziehen. In der Hand der großen Meister gelang sie
leben zu führen, mit eigener Artikulation, die von der in früheren so, daß unter stetem Vortritt der Horizontalen eine Vertikale mit-
Schichten abweicht. Auch ist es ja aus drucktechnischen Gründen geht, deren Aufgabe bei Erfüllung
unmöglich, im Vordergrund die Bogen aller Schichten anzubringen; Quint des Klanges
- darin besteht, der Grundbrechung durch die
sonst in voller Freiheit allen
eine Unterscheidung aber, wie die in S 252 erwähnte große und besonderen Absichten- der Horizontalen zu dienen.
kleine Schreibart, die in das Vordergrundbild auch Mittelgründiges Es ist klar, daß es eine dritte neue Art der Horizontalen, eine
einzuzeichnen ermöglicht, ist bei der Artikulation gegenstandslos, dritte neue Art von Kontrapunkt nicht mehr geben kann ein
da es nur eine Art Bogen geben kann. Wink an die nächsten Geschlechter! -,
180 181
g 277
zur Verfügung stellt wie treten sie, obgleich unverkennbar Stufen
Untcr- Schon der Ursatz zeigt Stufen, s. S 9-l 1; diese Stufen sind die von Kadenzen, dennoch - hinter den Stufen in Fig. 39 a) b) und c)
rcheidung det
Stufen nach stärksten gemäß der Bedeutung des Ursatzes für den Zusammen- zurück, und zwar im selben Maße, als die Diminutionen in Fig. 120,
Schlchten hang, sie beherrschen entscheidend Mittel- und Vordergrund. Im 6, hinter die einfachen Formen in Fig. 39 zurücktreten.
Verlauf der Stimmlührungsschichten ist es bald die Horizontale, die
der Vertikalen eine bestimmte Bedeutung vorschreibt, bald hat die
Vertikale gemäß ihrer eigenen Stimmführung Ursache, der Horizon- s 278
talen zu diktieren, so daß wir in dem einen Falle von einer Horizon- Ueber die Klänge im Dienste der Prolongationen der ersten Ueberslcht
ilber dlc
talisierung der Vertikalen, im anderen von einer Vertikalisierung Schicht geben Auskunft die $$ 60,73,74,79,86,89,95, 103, 105, frliheren Er-
der Horizcntalen sprechen dürfen. 108, lll, 117, 118, 120, 125, 131, 136, 140, 146, 150, 151, 153. gebnlsse

Im Vordergrunde nun alle Stufen unterschiedslos zu lesen, als Entweder gehören die Klänge zu einer der Ursatzform-Kadenzen
wären alle von gleicher Bedeutung, von gleicher Herkunft, geht mit dem für sie charakteristischen Anteil der kontrapunktisch-melo-
nicht an, sie müssen vielmehr so unterschieden werden, daß z. B. dischen Führung, S 79!, oder sie stehen trotz der Wirkung einer
Klänge, die in den späteren Schichten besonderen Diminutionen in IV. oder VI. Stufe außerhalb einer Kadenz und unterstreichen mit
besonclerer Weise dienen, nichts mit jenen Stufen gemeinsam haben, ihrer Konsonanz nur ein ursprünglich rein Stimmführungsgemäßes
die im Dienste ihrer Voraussetzungen stärkere Beziehungen in den wie z. B. oft bei einer Nebennote, $ 108.
früheren Schichten ausdrücken. Nicht selten aber kehrt eine Prolongation der ersten Schicht
Hierher gehört auch die Frage der SJheintonarten im Vorder- den Willen zu ihrer Diminutionseinheit derart stark hervor, daß sie
grunde. Der durch den Ursatz verbürgte Zusammenhang des Ganzen zu ihrer Bekräftigung ebenlalls eine der Ursatzform-Kadenzen in
offenbart die Kunstwerdung nur eines einzigen Klanges. Also gibt Anspruch nimmt, auch wenn sie im Gegensatz zur Urlinie, die nur
es auch nur die Tonart eben dieses Klanges, so daß, rvas rvir im die Abwärtsrichtung kennt, sich aufwärts bervegt.
Vordergrund sonst für Tonarten nehmen nur Scheintonarten sein Nun genügt es, auf die weiteren Erfahrungen im Vordergrunde,
können. Die Klänge solcher Scheintonarten sind, da die Baß-
$ 156 ff. nur hinzuweisen (SS 168 ff.: Durchgang; 176 ff.: Sept;
brechung der Ursatzformen auch auf die Scheintonarten übertragen
u'ird, innerhalb der neu entstandenen Kadenzen gewiß auch 180 ff.: Synkope; 183-241: Prolongation in den späteren
Stufen, doch sind diese Stufen im Sinne der nur übertragenen Schichten; namentlich 242ff.: Uebertragung der Ursatzformen auf
Kadenz zu nehmen, d. h. für andersrangig als die der früheren Einzelklänge; 244 ff.: Flilfskadcnzen usrv.) um bevrußt zu machen,
Schichten. Der Fehler in der Betrachtung der heutigen Theorie be- wie nur eben die Möglichkeit, die Ursatzform-Kadenzen auch jen-
steht also darin, daß die Stufen mechanisch gelesen werden, wo- seits ihrer ursprünglichen ausschließlichen Gebundenheit an eine
durch aber die Erkenntnis des Zusammenhanges behindert wird. fallendeUrlinie, also in übertragener Weise beliebigen Diminutionen
Ein Beispicl: ln Fig. 39,'3, in Ilaydns Kaiserliecl, ist zwischen zur Verfügung zu stellen, ihre Einheit sichert und erst dadurch das
den Stufen bei a), b) uncl c) sehr genau zu unterscheiden: Die bei a) Organische der Diminution erzeugt. Das aber, die Sicherung des
beherrschen das ganze Liecl, die bei b) stehen im Dienste des ganzen Organischen, ist der Kern der musikalischen Kunst in ihrer höchsten
Anstiegs gr-d2 und die bei c) im Dienste ysyl ar-f,2, einem Teil Vollendung, in ihr drückt sich der Vortritt der Horizontalen und der
des Anstiegs. Das bei c) sich auswirkende Ddur ist demnach nur Horizontalisierung des Kontrapunktes für die Zwecke der Diminu-
eine Scheintonart. Und erst die Klänge, die Haydn im Autograph tion aus (s. $ 276) gerade sie ist als die höchste Leistung unserer
den in Fig. 120, 6 a) und b) aufgezeigten Diminutionsbildungen -
großen Meister zu bezeichnen!

182 r83
s 27e Anschlags (s. Ph. Em. Bach
"Versuch
über die wahre Art das
Von der Ueber den V-Klang im Ursatz (Fig. 9-11) siehe $$ 15, Klavier zu spielen", 2. Hauptstück, sechste Abteilung).
V. Stule
3l-34 und 41, über die V-Klänge im Mittel- und Vordergrund, die In Fig. 35, 2, T. 9-16 sind die Quintsprünge nicht als eine
Dominanten übertragener Kadenzen sind, wurde das Nötige in Folge zweier Teiler zu nehmen, sie stehen vielmehr für die Dezimen
SS 277, 278 gesagt. ,,2-12
Einen Sonderfall innerhalb der V-Klänge stellt der übertragene :(*( ä, |^2-L1
fl.|, a-( ,'*".^,:
grsJ
,
da die letzte Dezime in T. 16 gemäß der Gliede-
Teiler vor: rtrng wieder in E als Quint des Grundklanges A zu münden hatte,
Wegen des Begriffes ,,Teiler" verweise ich auf die $$ 89 ff und wurde schon die zweite Dezime in eine Quint verwandelt.
192. Die bei Gelegenheit der Gliederung in der ersten Schicht auf- Besonderen Dienst erweist der Teiler bei Fugen-Komposi-
tretencle ,J
rnit der charakteristischen Unterbrechung der Stimm-
V
tionen. So z. B. bringt Beethoven in der großen Fuge der Sonate
führung kann im Vordergrund in übertragener Weise auch jenseits op. 106 nach dem Einsatz im Des-Klang in T. 51 ff. den nächsten
Einsatz in ls in T. 65 ff. nach dem Gesetz des Teilers, ohne zu Des
einer Clieclerung verwenclet werclen:
zuriickzukehren.
l'tg. lB0 Der Teiler erweist sich als unentbehrlich im Dienste des Orga-
Die Uebertragung des Teilers gründet sich aut die oberquintale nischen und doch: der eine Umstand, daß der Teiler einer V. Stufe
Zugehörigkeit zum Klang als seine Quintausstrahlung. Wie bei 2) ähnelt, hat ihn bei den Kurzhörigen schon in Verruf gebracht. Nicht
zu sehen ist, darf das Merkmal der Unterbrechung nicht fehlen. alle Klänge, die einer V. Stufe ähnlich sehen, sind aber wirklich
Auch der angewandte Teiler horizontalisiert, siehe bei 3) ctie Dominanten! (Vgl. Jahrb. lI, 23-40: ,,Vom Quintklang und der
Horizontalisierung der Ober- und Mittelstimme durch Sekund- Dominante".)
schritte. Welcher besondere Zweck mit solchen Sekundschritten Noch ist nötig, den hier dargestellten Teiler gegen die Hilfs-
innerhalb der Diminution verbunden wird, ist nur aus den früheren
kadenz, S 244, Fig. I 10, abzugrenzen Beiden Erscheinungen ist zwar
Schichten zu beurteilen möglich.
eine Abriegelung der Stimmführung gemeinsam, der Unterschied
Hier erinnere ich zuerst an Fig.85 (auch Fig. 105,3): Der aber liegt darin, daß diese bei der Hilfskadenz vor, beim Teiler nach
Sekundschritt cz-br wird nur zu dem Zweck gebracht, um den cler V. Stufe geschieht.
folgenclen Parallelism br-4es2 mit bt beginnen zu lassen: rväre Endlich sei in diesem Zusammenhange noch der Terzteiler
doch unmöglich gewesen, die IV. Stufe schon zum Anfangston erwähnt:
ä1 zu setzen, wie aus der früheren Schicht zu entnehmen ist, in der
(T.4) unmittelbar zur Nebennote desz (T.5) fortschreitet (vgl. l'lg. l3l
"t
Fig. 56 c) welche geniale Lösung clieser großen Schv.rierigkeit Wie bei 1) und 2) zu sehen ist, horizontalisiert auch der Terz-
-
der Synthese! teiler, je nach d,er Lage bei der Oberstimme oder bei einer der
Bei 4) ist eine ebenfalls großzügige Anwcndung der Teiler zu Mittelstimmen. Der Dienst, den eine solche Horizontalisierung er-
selten: nur durch die beiden Teiler in den T.24und 47 ist es möglich rveisen kann, ist verschieden. Bei 2) wird die erste horizontale Be-
gewesen, clen Grunclton A (: Vl) von T. l7 bis T.47 fortztrtragen. wegung der Mittelstinme, ausgelöst durch den Terzteiler in T.l-8,
Das in T.25 zum zweitenmal angeschlagene I geJrört zu 92, das mit der Sekundschritt-Bewegung bei der Oberstimme parallelistisch
als !6 einen Vorschlag zur Nebennote bildet; der Ausdruck dieses erwidert.
Vorschlages ist ergreifend, wenn man ihn richtig erfaßt, macht Der hier gemeinte Terzteiler unterscheidet sich von der
cloch die Beziehung vsn A:*z-f den Eindruck eines soge;rannten Brechung durch die Terz wie in Fig. 113,3: bei dem Terzteiler ist

r84 r85
, die Unterbrechung wie beim Quintteiler gegeben (s. bei Fig. l3l, 2), cirre ! 7 ab, deshalb zwingen die Unterterzen trotz dem Quart-
bei der Terzbrechung dagegen (s. Fig. 113,3) fällt die Terz zum sprung ebenfalls zur Annahme einer II. Stufe. In Fig' 120, 6 (vgl.
Grundton zurück. 39, 3) ist die vor c2 zu ht fallende Diminution ein deutlicher Hin-
weis auf die II. Stufe.
s 280 An diesen und ähnlichen Beispielen wird deutlich, was ich unter
von der lv., Für das Wesen der IV. und II. Stufe ist vor Allem deren Be- clem kontrapunktischen Anteil an der IV. oder II. Stufe verstehe:
ll. und
die Wirkung eines Sprunges vereint mit dem melodischen Fort-
vi. st"r.. deutung innerhalb der prolongierten Ursatzform-Kadenz maß-
gebend (s. 73,74,79). Zu den vielen Beispielen für diese stufen schreiten des Basses.
- seien wegen$sverschiedener Anmerkungen noch einige hinzugefügt:
"^"j'f::i."dJJ l.{amentlich stellt eine 5-6-Auswechselung oft vor schwierige
Fragen: die Horizontale und die Vertikat:.1"1,:" jt;
Fig. tBP :t:"ldä
Waage, so daß es in den meisten Fällen gleich ist, ob b"i tü tt
Zu l: Die tonikalisierende Sept bei der I. Stufe weist auf die
eine oder zwei Stufen angenommen w'erden (s. Fig. 37 -und
IV. Stufe hin, also muß in T.57 wegen der Unterterzer eine Ellipse,
76, 2 usw.).
lV 6)-6, angenommen werden.
Zu 2: Das Weglassen des c2 im 3. Viertel des ersten Taktes
Zu 7: Aehnlich schwierig ist oft die Entscheidung bei Zügen,
(s. bei NB) bestätigt dz im 2. Viertel als Sept einer IV. Stufe. wenn nicht wie in Fig. 76, 4, ein Urlinie-Ton
-2-ß cder wie
C in
Zu 3: Eine eingeschaltete ll l3 oOer II ll zieht das Fallen der Fig. 137, 7, ein anderer entscheidender Ton der Oberstimme auf den
Oberstirnme nach sich wie bei der Oktavlage a) oder der beiden Grundton des Zuges tritt (s. dagegen eindeutige Beispiele Fig. 81,
höchsten Stimmen wie bei der Terzlage b); vgl. zu a) Seb. Bach, 2; 96,4 usw.).
Sonate für Violine solo, Largo T. 3-10, Jahrb. I und zu b) Fig. 76, Zu 8: Unter der VI. Stufe ist hier eine quintal bezogene VI zu
2 und Chopin, Etude 10vlrr, Tfl.", T. l-_11-13. verstehen, z. B. Fig. 47,3;65, 1 usw.; zum Unterschied von einem
"Url.
Zu 4: Eine außerordentlich schöne Anwendung der II. Stufe ähnlichen Klang, der im Dienste einer Nebennote steht: I-VI-I.
trotz dem Schein einer IV.; im Crunde liegt eine Rückung beim Die Sept bei der VI. Stufe hilft die Oberstimme senken (vgl. auch
Basse vor: wenn wegen des Parallelismus auch bei der V. Stufe die Beispiele bei 3 und 5).
eine Koppelung in Anwendung kommen sollte, blieb für den Aus- Ob bei 15 6ll zur 6 auch die VI. Stuf'e zu lesen ist, hängt von
druck der II. Stufe im 2. Takt nur das 1. Viertel übrig. den Umständen - ab, in den meisten Fällen halten Horizontale und
ZuDll sei noch angemerkt: Die Crundtonlage erscheint seltener Vertikale einander die Waage, zwingende Gründe können aber auch
.16 die sogenannte
als neapolitanische Sext, $ 105. In Fig. 54, 8 a, in einem solchen Falle unbedingt für die Annahrne einer VI. Stufe
i
hängt die Grundtonlage mit clem Parallelism, in Fig. 48, I mit dem sprechen.
Aufwärtszug zusammen. s 28r
Stulen bci
Zu 5-6: Nicht immer ist leicht zu entscheiden, ob eine IV. oder Beispieie dazu: Synkopen
eine ll. Stufe vorliegt. Ein Quartsprung läßt an die IV. Stufe als eine F\g. IAB Beispiele und
fallende Quint (l-lV) denken, andere Merkmale aber weisen auf Die Synkope ^4-3 weist hier auf die II. Stuie; wollten
Anmerkungen
Zu l:
die II. Stufe hin. So z. B. deutet bei5a) der Fig.l34 der Quartsprung rvir auch das 1. Viertel gisr au{ den Grundton Ais als Sept stellen,
und die D7 aulf lVDT hin' dagegen tegt! bel 5 b) eine II. Stufe nahe; so müßte im 2. Viertel dennoch der Grundton der II. Stufe folgen,
gerade aber wegen des Quartsprunges ist eine solche Stimmführung dann stünde Ais-Dis (: VI-ll) als Brechung doch nur für
geschmeidiger als bei 3: I-llr3-V; bei 6 geht der I. Stufe Dis (: II) s. $ 277.

187 l4
r86
Zu 2: Auf die IV. Stufe weist I Dz hin; die Sept bei der lV, Zu 8 (vgl. 82, 1,2. Bsp.): Die Tieferlegung d3-c2, die als
zur Sext sich lösend, bringt die II. Stufe. Sekundschritt noch keinen wirklichen Zug bedeutet, nimmt zwei
Zu 3 und 4: Die Beispiele zeigen Non-Synkopen; kein Zweifel, iallende Quinten : III il 3 in Anspruch, die Ein-
daß sich die Non bei 3) auf den Grundton F bezieht, da aber die schaltungen beim Basse aber,
-VI-ll-V
die im Dienste v61 fl3-g2 stehen,
Diminution des Basses in der Hauptsache eine Folge zweier De- drücken nur eine Nebennote aus.
zimen ausdeutet, kommt der Grundton des 3. Viertels als Stufenton
nicht in Betracht; wegen der bei NB aufgezeigten Zusammenhänge Einschaltungen von allerhand Quinten finden sich auch bei
entfällt auch bei 4 die Nötigung, den Grundton der Non-Synkope für wirklichen Zügen, z. B. Fig. 47, a; 123,5; 124,6 b, T. 25-29 usw.,
einen Stufenton zu nehmen. wie überhaupt bei allen anderen Prolongationen.
Zu 9: Zum Schluß das überaus kühne Beispiel einer Baß-
s 282 führung, die mit vielen Einschaltungen, s. den Notentext, nur eine
von Quintbc- Schon bei der Darstellung der Prolongationen in den ver- Nebennoten-Harmonie : VII. Stufe ausdrückt.
ziehungen
or,n" ituiä- schiedenen Schichten sowie sonstiger Erscheinungen im Vorder-
ti,i:li:::t grunde wurden Beispiele gezeigt, in denen die Vertikale hinter die
Beisfiere un6 Horizontale so zurücktritt, daß ihre verschiedenen Quintenbe- s 283
Änmerkungen ziehungen die Bedeutung wirklicher Stufen nicht erreichen. Wegen Nicht selten findet sich vor der VI. die lll. Stufe (s. Fig. 40, 10; Von weltercn
anderer Anmerkungen seien noch Beispiele geführt: 42, li
82,1, 2. Bsp. usw.). Der Dienst der so an Zahl gewachsenen
Qulnteln-
schaltungen
Fig. lB4 Quintfälle ist verschieden; in den angezogenen Beispielen liegt eine als Stufen

Zu I und 2: Bei einem Sekundschritt des Basses und bei Oktav- Brechung, eine Nebennote mit Untergreifzug, ein scheinbarer Zug
lage der Oberstimme ergibt sich ein Sprung bei der Oberstimme; vor usw.
wird dieser mit einem Durchgang gefüllt, so kann eine steigende Vor die III. Stufe tritt die Vll. selten ohne die IV. Stufe; wo
Quint im Sinne des konsonanten Durchganges eingeschaltet werden l_-lV-VII usw. vorliegt, bringt meist schon I-lV die Oberstimme
(vgl. Fig. 56). zv"'angläufig in Bewegung, je nach ihrer Lage fallend oder steigend.
Zu 3 (vgl. 119, 5): Der im T. ll-12 bei der Mittelstimme
angesetzte Durchgang ar, der den Sprung hL-gL behebt, erfährt Mit IV-VII-lll schließt die Kette der möglichen Quint-
..6
-
einschaltungen:
-
die prolongierte Ursatzform-Katlenz erscheint mit
mit j eine konsonante Stützung, die aber nicht mit einer I. Stufe ver-
Quinten nun ganz ausgefüllt:
wechselt werd,en darf.
tr'lg. ISE
Zu 4: Bei der Synkopierung eines dissonanten Durchgangs l-V-l ab als die die
Deutlich zeichnen sich hier vor Allem
(s. llz, S.248 ff.) ergibt sich die Möglichkeit von quintalen Ein-
Kadenz beherrschende Grundbrechung. Auch noch an einer solchen
schaltungen, die aber nicht als Stufen zu nehmen sind.
Kette von Quintfällen den Gang der Urlinien 3-i,6-i,8-i wie
Zu 5: Quintale Einschaltungen ohne Stufenbedeutung stehen in Fig. 15-17 autzuzeigen, bedeutete aber einen Widerspruch, denn
hier im Dienste einer Viertonfolge, cleren Bedeutung nur aus den so lange die Urlinien unprolongiert sind, kann und muß der Baß
weitläufigen im Beispiel nicht wiedergebbaren Zusammenhängen nur auf die kontrapunktisch-melodische Füllung der Aufwärtsquint
verstanden werden kann (vgl. Tw. 8/9). l-V bedacht bleiben, die aber von Quinteinschaltungen wie in
Zu 6 und 7: Quintale Einschaltungen stellen sich in den Dienst Fig.135,1, noch nichts weiß. Nur eineProlongation vernrag über den
von Nebennoten (vgl. Fig. 42,2;76,7; 1O2,2 usw.). hesonderen Zweck cler Quinteinschaltungen als Stufen ziufzuklären,

188 189 14*


wobei selbstverständlich die Bewertung der betreffenden Prolon- ist
gehen, wenn eine Einheit ausgesprochen werden soll. Das der
gation nur nach dem Zusammenhang des Ganzen, also nach dem
Sinn der Inversion, von der ich in l, 44 fl. gesprochen habe.*)
Gang der Schichten erfolgen kann. So sehen wir im 2. Beispiel eine
Zusammenfassend: Eine Kette steigender Quinten kann, in Er-
Uebertragung auf den Einzelklang wie in S 242 ff ., die Quintfolge des
mangelung von V-1, in der Kunst nicht in dem Sinne fruchtbar
Basses steht im Dienste des zweiten Teiles eines Quintzugs, der von
werden, daß sie Einheiten von Prolongationen und Diminutionen
hL ausgeht. Gemäß dem i\littelgrund verhält sich der Satz
einbringen könnte, bestenfalls kann sie Teile herbeischaffen. Zur
ti':{'i:tJlrul. in Fig. 15, 6; im vorclergruncle aber sind die I{ennzeichnung eines in Frage kommenden Klanges hat die Kunst
zwischen der I. und II. Stufe eingeschalteten Quintfälle dazu be- sich nur die eine steigende Quint I-V als hinreichend angeeignet.
stimmt, die parallelistisch und übergreifend auftretenden Terzzige Dagegen dient eine Kette künstlicher fallender Quinten der Auf-
zu tragenl die Bedeutung dies'er Züge im parallelistischen Dienste rollung der Horizontalen, die allein Zweck und Inhalt der Musik ist,
steigert die tragenden Quinten zu Stufen. Anders aber im 3.Beispiel; der Aufrollung sowohl von Einheiten ganzer Prolongationen, wie
Der führenden Oberstimme folgt die Unterstimme mit Unterdezimen, von Teilen (s. z. B. Fig. 135, 2).
woran ihre Quart-(Quint-)Einschaltungen nichts ändern (ugl. Die IV. Stufe im besonderen {ehlt naturgemäß in der Reihe der
Fig. 54, lO; 123, 5 usw.). steigenden Quinten, sie fehlt wohlgemerkt als fallende Quint
-
I-ry ja auch noch in der prolongierten Baßbrechung der ersten
Die Quint zwischen der IV. und VII. Stufe ist falsch. Aus den - Fig. l5-17. Fallend wird I-lV zur Einleitung einer die
Schicht,
kontrapunktisch prolongierten Formen der Baßbrechung in Fig. 15,
prolongierte Kadenz füllenden Kette von Quintfällen gebraucht,
2 c, d; 3 c, d; 5 ergibt sich, daß innerhalb der kontrapunktisch-
wenn nicl-rt wie z. B. in Fig. 66, 2 a und b der Quintiall als eine
melodischen Füllung zu dz als i ein andererTon als F nicht gebracht
Umkehrung für jene Quart in Frage kommt, die in der prolongierten
werden konnte; solcherart schon durch den Dienst an der Urlinie
Kadenz unmittelbar vor der V. Stufe steht (s. Fig. 15-17, vgl.
in der ersten Schicht erwiesen, nimmt die IV. Stuie gegebenenfalls
Fig. 132, l und 2; 133,2 usw.).
auch an dem Quintgang teil, an den sie gleichsam herangenötigt
wird; gäbe es einen Quintgang doch überhaupt nicht, wenn IV-VII
nicht möglich wäre (vgl. Bd. I, 5l). 12. Kapitel
Eine Kette von Quinten irn Steigen aber (s. die Beispiele bei
4) stellt sich zuletzt, da ihnen V-l fehlt, in Widerspruch zum Metrik und Rhythmik
Haupterfordernis der Kadenz. Ein solcher Quintgang kann deshalb
die Einheit einer Prolongation oder Diminution überhaupt nicht aus- Allgemeines
drücken. Ein Anderes ist, daß ein steigender Quintgang immerhin
die Oberstimrne zur Bewegung zwingt, auch zu Sekundschritten s 284
und zu sonstigen weitläufigercn Diminutionen, die vielleicht noch Metrik und Rhythmik stellen in der Musik das selbe vor wie in Metrlk und
Rhythmlk ln
mehr als andere Erscheinungen clcs Vordergruncles zu dem von mir der Sprache. Voraussetzung der Metrik ist eine Gliederung in der Sprache und
zurückgewiesenen Begriff Sequenz gettihrt haben mag (ugl. Zeit überhaupt, Voraussetzung der Rhythmik aber ist eine Gliede- Muslk
Fig. 106,3, viertes Beispiel). Wie immer aber der bezlveckte Ertrag rung der in der Zeit sich ereignenden besonderen Wort- und Ton-
an Oberstimme-Bewegung laute, er reicht für keinen Fall zur Be-
gründung einer wesentlichen Einheit hin, deshalb ist ein Einmünden
*) Brahms sprach von ,,schläIrigen und faulen Bässen", wenn der
Komponist Möglichkeiten einer reicheren ,Bewegung beim Basse versäumte
in die prolongierte l(adenzform mit fallend,en Quinten nicht zu um- (s. Jenner: ,,Johannes Brahms", S. 6).

190 r9r
folgen. Die Metrik ist absolut, das Zeit-Schema an sich, der Rhyth- nicht hinreicht, den erwähnten Grundmangel zu beheben. So zeigt
mus ist relativ, das besondere Spiel von Wort- oder Tonfolgen Fig. 6 eine Stelle aus Haydns Fantasie C-dur, die entgegen der vor-
innerhalb dieses Zeit-Schemas. ausgegangenen Dupelordnung plötzlich in eine Tripelordnung über-
Ueber dieses Allgemeine hinaus wahren Musik und Sprache geht, in die sich auch die Diminution entsprechend fügt; an der
freilich ihre Besonderheiten, wie sollte denn z. B. eine Untergreif- Parallelestelle aber wird die Viertaktordnung fortgesetzt und die
Prolongation wie in Fig. 102 ein Gleichnis in Metrik und Rhythmik Figurierung darnach eingerichtet.
der Sprache finden können?

A: Von der Metrik in der Musik s 286

Gemäß dem uns eingeborenen Wesen, dem Gesetz von Systole Von der
s 285
und Diastole, empfinden wir die durch die Zahl2 und ihreVielfachen
metrischen
Ordnung ln 2,
wiederholuns Die Schöpfungsgeschichte der Bibel sagt uns: Der Geist, der ausgedrückten Taktordnungen als die natürlichsten uns am meisten 4, 8, 16Takten
(Dupel-
.:;;d"':'::; ;.iuf clen Wassern schwebte, war zeitlos -* mit cler Schöpfung als entsprechend. ordnung)
metrrschen Gliederung trat die erste Cliederung auch der Zeit ein. Gliederung
Eirrhert Die metrische Ordnung von 4 Takten als Einheit braucht aber
aber ruht auf einer Wieclerholung, die ein biologisches Gesetz des nicht immer auch 4 Töne zum Inhalt zu haben, auch ein Terzzug
Lebens ist, des körperlichen rrie geistigen (1, S 4 ff.), u'ie Gegensatz l<ann Inhalt eines Viertakters sein, wie z. B. in Fig. 124,6b, im
und Wiederholung von Tag und Nacht. l. und 2. Viertakter. Schon daran erkennen wir den Unterschied
Auch das Leben von Ideen bewegt sich in Wieclerholungen, zwischen dem absoluten Wesen einer metrischen Viertaktigkeit und
denn jede ihrer einzelnen Auswirkungen stellt eine Wiederholung dem relativen Rhythmus eines Terzzuges im besonderen. Einige
vor. Wir sehen in der Geschichte der Menschheit Epochen, in denen Beispiele von Dupelordnung;
sich ldeen ausbreiten und der Menschheit das Merkmal einer Ent-
wickelung aufprägen, wir sehen anderseits aber auch Epochen, die I'ts. l:t?
ohne Ausrvirkung einer ldee zum Untergang verurteilt sind. Zu l: Hilfsklang-, Nebennoten- oder Vorhaltsharmonien heben
Die Wiederholung ist auch Voraussetzung der Metrik und eine metrische Ordnung keineswegs auf, vielmehr werden auch sie
Rhythmik; ohne Wiederholung ist ein metrisches Schema undenk- auf die betonten guten Takte gebracht (vgl. Fig. t2B,g cl; Fig.54,
bar. Daß aber auch diesen Wiederholungen, wie überhaupt allen ll b usw.). Darin aber ist nicht allein ein theoretischer Sieg der
Wiederholungen im Vordergrund, Erklärung und Bestätigung nur absoluten Metrik zu erblicken, auch cler Vortrag hat in solchen
vom Hinter-undMittelgrund zukommt, versteht sich. Beispiele dazu: Fällen die metrische Ueberlegenheit jener Klänge zu betonen.*)
l'fg. 136
*) Es ist gerade heute notwendig geworden, wieder an das ehedem
Ob wie bei I ein Zug überhaupt tehlt, ob wie bei 3 und 5 Terz-
gelehrte cesetz vom Abzug zu erinnern. In seinem unsterblichen Meister-
ziige oder wie bci 2 untl 4 Qtrintziigc l4cgeben sincl, bleibt ohne Be- werk ,,Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spielen.., erster Teil,
deutung gegenüber der Tatsache, daß rlen 3-, 4-, 5- und O-Taktern 2. Hauptstück, 2. Abteilung (,,Von den Vorschlägen,.), g 7, drückt Em. Bach
eine Wiederholung fehlt; ihr Inhalt reicht deshalb gerade nvt ztt jenes Gesetz so aus: ,,Ferner lernen wir aus dieser Abbildung zugleich ihren
Präludien hin, die, rvie schon die Bezeichnung sagt, wirkliche, Vortrag, indem alle Vorschläge s t ä r k e r, als die lolgende Note samt ihren
Zierrathen, angeschlagen, und an diese gezogen werden, es mag
auf Wiederholungen autgebaute Stücke erst vorbereiten. Darüber nun der Bogen darbey stehen oder nicht. Diese beyden Vorsichten sind dem
kann auch die Bezeichnung ihrer Taktarten nicht täuschen, sie Endzwecke der Vorschläge gemäß, als wodurch die Noten zusammen ge-
gründen sich nur auf die Figurierungen, deren Wiederholung aber hänget werden sollen; man muß sie also so lange, bis sie von der folgenden

r92 193
Noch ist zu bemerken, daß auch die Anordnung der Stufen auf die Bindungen der Diminution angezeigt, die Bachs Genie im hell-
geschlossene Einheit des Achttakters hinweist: wie wäre es denn sten Lichte zeigen (s. $ 253 ff.): Durch Klammern wird die Be-
möglich, h,ier zwei Viertakter anzunehmen, wenn die Abwärts- ziehung des ersten Quintzuges zur nachfolgenden Vergrößerung
brechung Cis-Fis (l-116) erst in T. 5 zuendegeht? veranschaulicht. Mit den * ist der Fortgang d2-e2-tz ersichtlich
Zu 2: Das Geschlossene dieses Achttakters beruht auf der gemacht, der in besonderer Weise die Höhen bindet (vgl.
Ausfaltung der Sext gr es2-gt, wobei es2 die Nebennote von Fig. 120, 6). Kühn ist die Bindung mittels derauf f,2,c2urldbL zu-
d2 :3 vorstellt (vgl. Fig. ll9,2l a). gehenden Quintzüge, die Parallelismen des ersten Quintzuges vor-
Zu 3: Wir dürfen einen Sechszehntakter hier annehmen, unbe- stellen: auf die Nebennote 6t geht also Bach sowohl mit dem
schadet der Wiederholung der ersten 8 Takte, die eine Höherlegung Quintzug von 12 wie mit den Quintzug der Vergrößerung von d2 zu;
bringen. Vgl. Fig. 124, 6 b, die nur einen Terzzug e2-4isr-cisr, daher darf hier nur eine verschränkung zweier Quintzüge gelesen
ausdrückt und'eben deshalb als ein geschlossener Sechszehntakter rverden: l2-b, fl2-gt, aber keinesfalls etwa eine Oktave , l2-fr.
s.
gelten muß. Irn Beispiel aus Brahms, Fig. 81,2, dient das Ver-
schränken der Vl. II in T. l6 eigens der Bestätrgung eines ge-
Zu 2: Wie bei a) zu sehen ist, gehört zur Diminution mit der
schlossenen Sechszehntakters. Nebennote die Dupelordnung: das Bild des Vordergrundes bei b)
zeigt aber drei Zweitakter. Die Tripelordnung wurde dadurch er-
s 287 reicht, daß schon der Klang der I' Stufe einen Zweitakter iüllt, u'as
Von der Taktordnungen in Primzahlen stammen von einer Dupelord- ich im Bilde mit einem Bindebogen andeutel die beiden folgenden
3 (3X2,
nung im Hinter- und Mittelgrund, erst von dieser hebt sich das Zweitakter zeigen somit Parallelismen, die ich ebenfalls mit Bogen
3X4)- und
kennzeichne: eben diese Art organischer Bindung macht hier den
5 (10)-Takt-
ordnung
Künstliche der Drei- und Fünfzahl deutlich auch als metrisches
Sechstakter aus.
Schema ab:
I'tg. fBE Einen Zwölftakter, entstanden aus drei Viertaktern, finden
Zu I (vgl. Fig. 82, 5 c): Die Schichten a,^b und c zeigen den wir z. B. in Fig. 40, 7. Die Dreiteiligkeit ergab sich dort aus der
Inhalt gemäß seiner Cliederung in 3-2ll 3-2-1 folgerichtig in Brechung zu c3 empor, wobei osz ebenfalls ein besonderer Vier-
Dupelordnung; sogar die Diminution durch die Nebennote bei b takter eingeräumt wurde.
und c ändert daran nichts. Die Dreitaktordnung bei d erwies Zu 3: Fig. 42, 2, zeigt die Dupelordnung des Mittelgrurides,
sich erst dann als notwendig, als Bach, um zur Nebennote br at ge-
wie sie der Gliederung entspricht, hier im Vordergrunde aber führt
langen, von d2 ausholte; dadurch entstand nun ein Quintzug, der
die Einschaltung der Nebennote schon in den ersten Terzzug zu
eines weiteren Raumes bedurfte: Die Ausführung des zweiten Tei-
einem Dreitakter; da der zweite Terzzug es2-d2-c2 seinen ur-
les in vier Dreitaktern (s. in Fig. 82,5c). Bei e) sind die organischen
sprünglichen Zweitakter beibehält, entsteht ein Fünftakter, der
Note abgelöst werden, aushalten, damit sie gut binden. Der Ausdruck, wenn aber deutlich in 3*2 geschieden ist: somit waltet hinter diesem
eine simple leise Note nach einem Vorschlag folgt, wird der A b z u g Fünftakter die Zweiteiligkeit, und der zweite Terzzug in T. 4-5
genannt." wirkt nur wie eine Beschleunigung.
Die Folge von Stark und Schwach in der Ausführung der Vorschläge
(Vorhälte) fällt durch Prolongation gleichsam mit der Folge von Nieder- Zu 4: Aul die Terzzüge, die in T. I und 2 von esz und d,esz
und Aufstreich überhaupt zusammen, wodurch die Forderung des strengen iallen, folgt der dritle Terzztlg von cz in T.3 4; er nimmt drei
lrrt DisE. Kons. Viertel in Anspruch und bereitet mit dieser Dehnung auf ein eben-
Satzes i I a d sogar dort erfüllt wird, wo der Vordergrund die
Vorschläge--n metrisch unbetonten Stellen des Taktes bringt. Das Gesetz falls gedehntes Ausmaß von drei Vierteln bei bt vor, somit teilen
vom Abzug duldet eben keine Ausnahme, an keiner Stelle! r'2 und br die T. 3, 4, 5 zur Hälfte. So entstand der erste Fünftakter.

194 195
Der zweite Fünftakter, der eine Folge zweier Terzzige in urlrge- Die einzelnen Taktgruppen mit der l. Stufe aui unbetonten
kehrter Richtung bringt, erreicht die Fünftaktigkeit damit, daß der Takten zu schließen bietet für die Synthese den Vorteil, die Takt-
zweite Terzzug eine Vergrößerung erfährt; auf die beiden Fünf- gruppen mit der Wirkung eines äußerlichen Nebeneinancier auszu-
takter folgen Viertakter. richten, so daß es nicht erst einer Umdeutung der metrischen
Zu 5: tlier bringt eine Rückung die Fünftaktigkeit zustande. Werte, der Auftakte u. dgl. bedarf (s. $ 298), wenn von einer
Ohne die Achtel-Beschleunigung in T. 4, die eine parallelistische Gruppe zur anderen tortgegangen werden soll. Unter Umständen
Erwiderung in T. 5 erhält, wären sechs Takte notwendig geworden. aber wird es sogar notwendig, rnit der I. Stufe in einem unbetonten
Takt zu schließen: Wenn z. B. in Fig. 137, 1, ein Hiltsklang den
Ein Zehntakter muß aber nicht immer 5X2 bedeuten; so zeigt l. Takt einniinmt, so muß er bei der Wiedcrholung der Takt-
z. B. Fig. 6l b einen Zehntakter, der ohne weitere Gliederung aus gruppe auch wieder in einen betonten Takt gebracht rverden: dieser
der dort aufgezeigten Klangfolge organisch erwächst. Vgl. Mozart, I\.lotwendigkeit entspricht nun die I. Stule in T. 8. Das Beispiel
Sinfonie Cdur, K. V. Nr.55l, Anclante cantabile, T. 1-10, usw.;
Beethoven Kl. Vl. Sonate, op.24, l. Satz, T. l-10. zeigt außerdem, wie eben dadurch auch notwenclig *ird V l-3
in den T. 6 und 7 anzubringen entgegen dem strengen Satz, der den
Vorhalt nur auf einem Niederstreich gestattet, d. h. in Prolongation
s 288 cies strengen Satzes nur auf einem starken Takt der rnetrischen
i{etrlk und
dle Kadenz Vorausgesetzt, daß der Rhythmus nicht dagegentritt (s. $ 296), 0rdnung.
eignet sich jedes metrische Schema dazu, die Kadenz restlos auf-
zunehrnen, das heißt so, daß die I. Stufe in den letzten unbetonten
s 28e
Takt der Taktgruppe fallen kann (s. Fig. 139, T. 8):
Das metrische Gesetz der 2-,3-Ordnung und ihrer Vielfachen .l,ll,,li! Yl;
Ftg. 149 dringt in die Unterteilung der Takte, in die Zählzeiten einl auch rakte
Vgl. in Fig. 138,3, die I. Stufe im 10. Takt, der gemäß dem Fünf- irier unterscheiden wir betonte und unbetonte Zählzeiten, Hebung
takter ebenfalls unbetont ist. Diesbezügliche lehrreiche Beispiele und Senkung. Wieder ist das Schema der Unterteilung absolut,
finden sich die Fülle narnentlich in Schuberts Walzern und Länd- relativ und besonders dagegen die Rhythmik. So verschieden die
lern. Es verste-ht sich aber, daß auch Sonatensätze des Vorteils rhythmischen Formen sind, wie z. B. die in Fig. 140 unter a 4,6,
nicht entbehren, die abschließende I. Stufe in einem unbetonten [i, 10, 11, unter b 3,5 usw.:
Takt zu bringen. Ich verweise z. B. auf Beethovens Sonate op. 28:
l'tg. l4O
Der erste Zehntakter (s. $ 287 und Fig. 61 b) schließt mit der
I. Stufe im unbetonten T. 10, bei der Wiederholung in T. 20; der bilden sie clennoch keinen Widerspruch gegen clas Takt-Schema,
nachfolgende Achttakter schließt mit der l. Stufe in T. 28, also rlas sie alle gleich unwandelbar beherrscht: Es genügt, wenn der
wieder in einem unbetonten Takt; in T.29 setzt die Wiederholung l'.,triederstreich nur überhaupt erfüllt ist, dann gehört der weitere
des Achttakters ein, gedeiht aber nur bis zu sieben Takten, da Iiaunr cles Taktes bis zum nächsten Niederstreich ganz der Senkung,
T. 36, der cler achte Takt hätte sein sollen, mit einem Viertakter die sich, ohne ein Mißverständnis zu erregen, bis zur äußersten
verschränkt wird, T. 36-39, wobei die I. Stufe in den T. 3g, den Grenze ausdehnen kann; die in den Bildern gebrauchten Pfeile
unbetonten Takt des Viertakters iällt. (Riemann macht sich in zeigen den Drang der Senkung zur nächsten Betonung an.
seiner ,,Analyse von Beethoven's Klaviersonaten" schwerer Feh- Zu a 4 s. das Bsp. I : die durch clen Pfeil angedeutete Be-
ler schuldig in der Darstellung dieser Taktgruppen und gelangt \vegung muß im Vortrag ausgedrückt werclen; zu 6 vgl. Bsp. 2 und
dann auch in der Folge zu widermusikalischen Ergebnissen.) 3; zu7 vgl. Fig. 141 d; zu B: Schubert, ,,Des Fischers Liebeselück";

r96 l97
zu 9: Beethoven, VIl. Sinfonie, L Satz (als .yr. .U\l/.rr.y\; die Meister, den Zusammenstoß verschiedener metrischer Werte zu
zu l0 vgl.Beethoven, op. 491, Rondo Gdur,6/8; zu ll: vermeiden und sie zumeist gleichartig auszurichten (vgl. Fig. 125,
Brahms, I. Sinfonie, Fig. 147,3. Zu 3 b vgl. in Suiten von S. Bach, 1 a und b):
Händel, die Sarabanden usw. I'tg. f4P
Noch ein Wort zu den Bsp. 4, 5, 6 der Fig. 140: Bei 4 ist die
Tonwiederholung des 5. Sechszehntels wie bei a 4 zu verstehen Von antimetrischen Zuständen der Rhythmik
und auszuführen. Der Baß in den Bsp. 5 und 6 zeigt eindeutig den
C- und 3/a-Rhythmus trotz den freieren Oberstimnen. s 2e2
Wie ein Zusammenstoß von zweierlei Werten durch eine :,:""lifll-.
Rückung behoben werden kann: Ausgteich
B: Von der Rhythmik in der Musik l.lg, tr 43 '"#:'.::"
Die kleineren Werte werden auseinandergehalten und an den An-
s 2e0 fang und das Ende der Taktgruppe gestellt, was durch unter-
brochene Balken angedeutet ist.
Tflll,'f;' Wie clie Metrik ist auch die Rhythmik an die Kontrapunkte
tn der Musik gebunden und deshalb wechselnd von Schicht zu Schicht. Fig. 141
(vgl. Fig. 72, 3; 87, 5) erläutert die Entstehung und Bedeutung s 2e3
einer rhythmischen Bervegung: Zum Zwecke eines ritardando namentlich gegen die Schlüsse Y:n .d."
hin werden in einem Tripel-Metrum oft zwei 3/t- oder zwei 3lz-
Hemiole
I\g. 141
Takte so zusammengeschlossen, daß sich innerhalb der beiden
Wollten wir die Gliederung in zwei Terzzüge, s. bei a), durch Takte ein Tripeltakt höherer Ordnung, die Hemiole bildet (s. Fig.
Brechung diminuieren, so wären dazu sechs Brechungen nötig: wie 144, 1 und 2):
aber sind die beiden Terzzüge in ein Viertakt-Schema einzuordnen? 1'1g. L/L4
Eine an sich mögliche Ausführung wie bei b würde eher eine 3
nahelegen, einer Ausführung wie bei c aber fehlt der nötige Aus-
gleich zwischen den verschiedenen Rhythmen (s. $ 291). Beide s 2e4
Gefahren überwindet der 6/B-Rhythmus wie bei d: wohl zeigt auch Der fast gewaltsame Einbruch in die Unterteilung des Taktes d"'
^..u:n .

diese Fassung drei Brechungen im Dienste des ersten Terzzugs, unterscheidet clie Rückung wesentlich von cler Synkope: tT,:i#-"r;t:
indem sie aber die dritte Brechung mit einem Durchgang füllt, I'lg. f45
schlägt sie, auf eine organische Bindung beider Züge bedacht
(s. $ 253 ff.), eine Brücke zum zweiten T'erzzug, der sich ebenfalls Wie wird bei i der Ausdruck des os2, des scheinbar letzten Achtels,
rnit einem Durchgang bescheiclet. gerade durch die Rückung gesteigert! Nicht minder kühn wird im
Bsp. 2 mit der Rückung ein rhythmischer Parallelism beim Basse
erfüllt! (Vgl. Fig. 128, I d.)
s 2er
Eln__ krasser Schon im strengen Satz wurde in der 5. Gattung (s. IIr, 402) s 2e5

,r}'ii1lii,", darauf hingewiesen, daß eine unmittelbare Folge stari abgegrenzter Das Einsetzen einer Diminution im Auftakt bedeutet zunächst vom Aultakt
werte ist einen ger.rissen Widerspruch zum metrischen Schema; außerdem
vermeroen 'u rhythmischer Werte, z. B. von vier Halben und vier Vierteln von
übler Wirkung ist. Das selbe gilt im freien Satz, deshalb liebten es ist es Gesetz der Parallelismen, daß die rhythmische Fassung

t98 r99
des Aultaktes in der Folge ebenfalls wiederholt und so der Wider- lm Beispiel aus Haydn ist den Brechungen der Begleitung
streit zum metrischen Schema fortgesetzt wird: eine schwierige eigens ein parallelistischer Dienst zugedacht, der die Synthese des
Aufgabe ist es nun, das Rhythmische früher oder später nit Themas entscheidend trägt (s. bei NB und T. 17 tf;22 tf;27 Il;
dem Metrischen in Einklang zu bringen, woran unerfahrene Kom- vgl. auch Fig. I 19, 19 a und b).
ponisten oft scheitern. Zu 2: Trotz gegenteiligem Schein liegt hier keine Zuspitzung
Beispiele für Auftaktformen: von Rhythmik und Metrik vor. Wohl ist der erste Takt ein wirk-
licher Auftakt, doch reiht er sich in der Folge als vierter Takt genau
Flg. 146 in das Metrum ein!Der Umstand, daß in den ersten drei Viertaktern
Bei l, 3 und 4 ertährt auch der Auftakt eine lt:irtronische die Terzzüge list---et-41 , !is3-e3-d3 und gt-fisr-et ohne
IJeutung, als käme ein Niederstreich in Betracht. Die Einrenkung in Uebergänge einander ablösen, ferner die Notwendigkeit einer
das Metrische erfolgt bei I in T. 43-44; bei 3 in T. 2O: auf die 5-6 5
T. 2l-37, die streng das Metrum bekennen, kehrt die erste Auf- 5-6-Auswechslung im Sinne von I-VI-ll-V haben Brahms
taktordnung wieder, die in T. 55 zum letztenmal eingerenkt wird, die Nebennotenfigur eingegeben, deren Zusammenhang und Dienst
aber noch in den beiden Schlußakkorden ist eine Vergrößerung der ich eigens mit unterbrochenen Balken anzeige. Der weitere syn-
Auftaktform zu sehen;*) bei 4 wird die erste Fassung durch das thetische Dienst dieser scheinbar unwesentlichen Nebennotenfigur
ganze Thema kühn durchgehalten, sogar noch in den Variationen; kann nur in der Partitur eingesehen werden.
dagegen neigen hier Vortragende und Hörer dazu, die Aufstreiche Zu 3: lm Gegensatz zu den Bsp. I und 2, die als Gegenbei-
mit den Niederstreichen zu verwechseln. spiele in den Begriff einführen sollen, sehen wir hier eine wirkliche
Zuspitzung zwischen Rhythmik und Metrik. Kein Zweifel, daß die
Bei 5 und 6 zeigt sich der Auitakt in ungewöhnlichem Umfang,
erste Diminutions-Einheit bis zu ciss im 5. Takt des Beispiels reicht,
was von besonderen Folgen auch für den weiteren Verlauf ist;
anders als in der Nachbildung, die schon im 4. Takl zuenCegeht:
diesen in Lese und Vortrag dennoch sklavisch nach dem Schema
also greift der Fünftakter in den nachfolgenden Viertakter ein, was
zu deuten, ist widersinnig.
hier aber keineswegs als eine Umdeutung des 5. in einen 1. Takt
Zu 5 vgl.,,Fünfte Sinfonie", U.-E.7646, S. 48; zu 6: a) zeigt zu nehmen ist (s. S 298).
den Auftakt, b) die Formen des Einrenkens. Zu 4: Hier sehen wir noch deutlicher die Zuspitzung eines Ge-
Vgl. Fig.91,5, außerdenr die erstmalig von mir erkannte geni- gensatzes zwischen Rhythmik r.rnd Metrik: Das Rhythmische cier
ale Einrenkung des Auftaktes in op. 109, 1. Satz, T. 15, s. ,,Erl.- Oberstimme scheint einer anderen Metrik zu folgen als der Baß,
Ausg. op. 109", S. 30. es ist, als würden zlvei metrische Schemen gegeneinander lvirken;
derart zugespitzte Gegensätze im Cleichgewicht nur einer Metril<
s 2e6 zu bringen, erfordert eine besondere synthetische Kraft.
zuspitzung Der Bestinrmung des Auitaktes, zum metrisch betonten ersten
ou'.",o"|t"n-
Takt hiniiberzulciten, tritt rlcr Koruponist nritunter daclurch ent- s 2e7
zwischen gegcn, daß er cleir Arrital<t ll,ic in Fig. 147 dennoch in den ersten Unter den Begriff Dehnung fallen keineswegs die 6-, lO-, 12- von der
"ntlllflu""oir"t t Takter, die organisch im Dienste der Diminution stehen, ebenso- Dehnuns
"int "tt.t, ttg. t4? wenig etwaige Takteinschiebungen, die mit der Wiederholung von
-; j-Nrcht Auftaktformen zusammenhängen: alle diese Erscheinungen ge-
sattelfesten Spielern widerstrebt es, der rhythmischen Form
von Brahms zu folgen, sie ziehen sie ins streng Metrische hinab, indem sie hören mit ihren besonderen Gründen in eigene Begriffsgruppen
den Crundton erst auf dem Niederstreich bringen. (s. SS 287,295). Dagegen bezieht sich eine Dehnung auf einen

201
oder mehrere bestimmte Takte ein'es vorausgegangenen metrischen von Beethoven" vergreift sich Riemann an diesem Tatbestand (vgl.
Vorbildes und zwar im Sinne ihres organischen Zusammenhan- auch $ 288).
ges, der, obgleich Vor- und Nachbild unmittelbar aufeinander fol- iu 5 (vg1.,,5 Url. Tf."): Auf zwei Viertakter tolgt im Grunde
gen, dennoch erst aus dem Mittel- und Hintergrund zu erkennen ein dritter, der gt als 2 bringt, doch legt Chopin dem eigentlich
ist. Zur Schwierigkeit, diesen Zusammenh ang zu erkennen, tritt ersten Takt noch zwei Takte vor, um in der Mittelstimme b gegen
noch die andere, die besonderen Gesetze wahrzunehmen, die inner- die Terz h, 13, auszuspielen, mit der er eine 5-5-Folge behebt
halb einer Dehnung walten und sie zu einem Organismus für sich (s. Fiig.54, l). Die Dehnung bewirkt hier den Eindruck, als wollte
gestalten. Alle Lehren der Ä4etrik gehen somit fehl, wenn sie vorbei Chopin clen Schritt von a1 zu gr erst ausproben, bevor er ihn end-
an solchen Dehnungen in dem einnral aufgestellten metrischen giltig tut.
Schema forttrotten. Beispiele: Zu 6: ln einem Gegenbeispiel sehen wir hier einen geschlos-
senen sechstakter organisch aus der Folge der Stufen herauswach-
I'lg- l4E sen, I-VI-lll, von denen jede zwei Takte beansprucht'
Zu 1: Der Zugang zu a1 als der 2 des Satzes (vgl. Fig. 124, Vgl. Fig. 124, 7: Die T. g-12 sind das Vorbild, unmittelbar
5 b) nimmt zwei Viertakter in Anspruch. Der Takt der o1 bringt, folgt das Nachbild in T. 13-29, in dem T. 16, der 4. Takt -T.12,
der vierte des zweiten Viertakters, wird durch ein Nebennotenspiel gedehnt wird. Zweck der Dehnung ist, den zweiten Terzzug
gedehnt, das eigens mit Oktavkoppelungen verknüpft wird, um den g1-b1 durch hartnäckiges Wiederholen derart in Schwung zu
von der 2 abgeleiteten Quintzug in ciie höhere Oktave zu bringen bringen, daß er die höhere Oktave erreicht und dort dem dritten
'lerzzug Platz macht, s. fz-az in T.28-29! Wie genial ist erst
{s. az-42 in den T. 18-33). Wegen der sich hier zugleich aus-
wirkenden organischen Bindung der Diminution s. S 253 ff. die innere Einrichtung der Dehnung! Die T. 16-24 sind so geteilt,
Zu 2 (vgl.11r,74, Fig. 36): Die Dehnungen nehmen hier die daß der 5. Takt, eigens durch den Eintritt des Fag. gekennzeich-
Form verzierter Fermaten an.
net, die Mitte der 9-Taktgruppe vorstellt; auf diese folgt ein Vier-
takter, worin mit dem Fortrücken der Wiederholungen sich zugleich
Zu 3: Die viertonige Austaltung bei a) bescheidet sich mit eine Vergrößerung des Terzzuges ergibt. In der Fag.-Stelle T. 20
einem Viertakter; die Auskomponierung bei b) nimmt schon einen wurde ein Fehler Beethovens vermutet, nun sei mit me,iner Er-
Sechstakter in Anspruch, dessen 3. und 4. Takt nun die Vorder- klärung jeder falschen Auslegung entgegengetreten.
grund-Ausführung bei c) dehnt. Die Dehnung hat zum Inhalt: die Vgl. ferner Fig. 138,3, wo der 5. Takt des letzten Fünftakters
Oktavkoppelung as2-as1 in einem Zweitakter, der im Dienste des mittels einer Nebennotenbewegung bei der Mittelstimme zu einem
Untergreifzuges l1-ges1-as1 weitere drei Zweitakter anregt, die Siebentakter gedehnt wird. Vgl. endlich Fig. 146, 5.
schließlich zu asL zurückführenl also stehen vier Zweitakter für den
ursprünglichen dritten Takt bei b). Nun folgt ein Viertakter, der die
Ueberbindung von orr, die Lösung zu gt, sowie die letzten beiden s 298
Von der Um-
Töne /dst und dz bringt: es ist ersichtlich, daß hier os1-g1 nur für Um die Metrik den Bedürfnissen des Rhythmischen anzu- deutung
g1 stehen (s. T. 4 bei b) und daß wegen der neuerlichen Dehnung passen, ist mitunter eine Umdeutung der metrischen Werte nötig: met ris che r
Werte
schließlich ein Zusammenziehen von fisr und dr in nur einen Takt Flg. 149
geboten war, wenn der Viertakter nicht gesprengt und der Ueber- Zu 7: Der ersten Taktgruppe, die ein geschlossener Achttakter
gang zur Norm im folgenden gewonnen rverden sollte. ist, tritt die zweite als ein Siebentakter entgegen: also ist es hier
Zu 4: Die Dehnung bezieht sich hier einmal auf den 3., das nicht stattha{t, den l. Takt der dritten Taktgruppe für einen 8. der
andere Mal auf den 4. Takt. In seiner ,,Analyse der Klaviersonaten zweiten oder eine Umdeutung zu nehmen.

202 203 15
Zu 2: Hier dagegen wird der 4. Takt des zweiten Viertakters kann, daß die Neuordnung einent vollständigen Wechsel des m,etri-
in einen l. Takt umgedeutet, i . Unter allen Künsten ist die schen Schemas gleichkommt: wie bezeichnend ist das gerade für
die Fuge!
Musik die einzige, in der ein Abschluß zugleich ein Anfang sein Bei dieser Gelegenheit sei an Fig. ll6, S 251, erinnert, wo ein
kann, was am deutlichsten wird, wenn cler selbe Ton Aniang und metrisches Schema, 3X4 Takte, zwar feststellbar ist, dagegen eine
Encle vorstellt. ln dieser Eigenheit der Musik liegt die wurzel einer genaue Unterteilung der Takte nicht zustande kommt, 2x3, 3x2,
Urndeutung metrischer Werte überhaupt! (Vgl. Fig. 150.) 2X2? Der Choral zeigt eben nur Wort-Rhythmik, aber noch keine
Zu 3: Wegen der Verschiedenheit des Schluß- und Anfangs- rein musikalische: erst die Befreiung von den vielen Nachahmungen
tones bei clen ersten beiclen Sechstaktern, a2 und 6i53, wird hier hat die gegenseitige Bedingtheit von Metrik und Rhythnrik inr
ein Zusammenstoß zweier erster Takte. unvermeidlich: I i l; eine Dienste der absoluten Diminution begründet!
Auch die freiesten Spiele der Rhythmik, denen wir z. B. bei
wirkliche Untcleutung, , erfolgt erst nach Abschluß cles dritten
Sechstakters.
| Brahms, Schumann so ott begegnen, finden ihre Erklärung und Be-
gründung in den oben vorgetragenen Grundsätzen. '\
Zu 4: Auch hier stoßen zwei crste Takte zusallltnen. Nebst
tler Verscltietlenltcit von Schluß- urltl Antangston, et-81 , ist der
Umstantl nritentscheiclentl, claß beirtt Basse der Quintzug E-Ais
seinen Anfang rtnter gr nintntt. Bei NB ist ersichtlich, weshalb s 2ee
tler Auftakt im l. Takt cler zweiten Taktgruppe in clie Metrik Dem Vortragenden obliegt es, vor allern das besondcre Rhyth- Von dcr
eingeordnet ist; clurch diesen besonderen Grund unterscheidet
Uebcrwlndung
mische der Komposition zunr Ausclruck zu bringen, wie es hier das der Metrlk lü
sich dieses Beispiel von dent scheinbar gleichen in Fig. 147,1. M,etrum bekennt, dort sich ihnr entgegenstellt. Daß wir heute aus Vortrig

Zu 5: Wir sehen hier zwei Zusantmenstöße I I I in unmittel- Mangel an Erkenntnis der rhythnrischen Beziehungen untl aus Be-
barer Folge. quemlichkeit das metrische Schema bevorzugen, ist ein betrüb-
liches Zeichen des Verfalles.
Zu 6: Das Beispiel zeigt, wie ein Wechsel der Dinrinution
auch einen Wechsel der Metrik nach sich zieht. Auch ist hier das
Gegenspiel \ron t'is?---d:r 'de.$2-.'2 zu beacltten (vgl. $ 256).
s 300
Zu 7: Diese Art, den lnhalt durch Umdeutung vorwärtszubrin- lch bezweifle, daß die Criechen über die Natur ihrer Prosodie OcEchicht-
gen, gehört zu den wesentlichen Kompositionsbehelfen der Meister.
ins Reine gekomnren sind. Wenn, wie ich nachgewiesen habe, alle I I chc3

Zu 8: Solange sich tler musikalische Inhalt hauptsächlich Systeme und Tonarten, die in der Musik verschiedener Völker und
durch Nachahmungen in kanonischen und Fugenforrnen b'ewegte, in ihren Theorien gelehrt wurclen und wertlen, nur Einbildungen
war es im Crunrle ein Widerspruch, ein bestimrntes ntetrisches waren und sind, warum sollte ich den Glauben der Griech,en an
Schema anzunehrnen, cla cloch jede einzelne, Nachahmung auf einer ihre Prosoclie ernst nehrnen? Hätte doch zur Erkenntnis ihrer
Unrdeutung bestanrl und die Zahl der Nachahmungen so groß war. poetischen Metrik vor allem die Feststellung gehört, wie d,er na-
Das Beispiel zeigt den Anfang der tünfstimmigen Fuge von Bach: türliche Klangfuß ihrer Wörter gewesen sei, sodann wie sich dieser
wohin würde es aber lühren, wollten wir in der hier angedeuteten natürliche Klangfuß ztt einem zwei- oder dreizeitigen Metrunr
Weise mit Umdeutungen lortfahren? Bei b) ist übrigens deutlich verhielt, in das die Klangfüße hineingebaut waren. ln clent Zwie-
zu sehen, wie in einer Fuge der Führer oder Gefährte so in Gegen- licht der clen wörtern gleichsam angeborenen Klangfüße und clenr
satz zu einem angenommenen metrischen Schema gebracht werden rlarüber weggehenden schematischen Metrum birgt sich doch ge-

l5*
rade der Reiz des Verses, zugleich aber das Schwankende, das auch
13. Kapitel
zu schwankender theoretischer Auslegung führt: so mögen denn
auch schon in der griechischen Poetik nur Mißr'erständnisse dazu
Form
getührt haben, eine Menge von Versfüßen aufzustellen, die offenbar
aus jenem Widerstreit zu erklären sind. Es fragt sich, ob die grie- Allgemeines
chischen Wörter nicht ausschließlich auf die Dupel- und Tripel-
ordnung gestellt waren, zweizeitig als Trochäusr v, dreizeitig s 301
-
ob die griechische Sprache wirklich über
als DactyluS,
- In der vertikal-kontrapunktischen Epoche, sogar noch bei Oeschlcht-

einen JambuS,
- -,
verfügte, bei dreizeitigem Maße, über Palestrina, lagen die Stimmführungserscheinungen rvie z. B. clie
liches

- -
oder..-._ usw. - -- eines Durchganges, einer Nebennote u. dgl. noch knospenhaft
Die deutsche Sprache scheint ebenfalls nur aul Trochäen und da wer hätte damals geahnt, daß sie je formenträchtig rverden
und- durch Diminuierung ganze Formteile uncl große Formen er-
Dactyle eingestellt zu sein, clie Täuschung von Jamben und anderen
stehen lassen können ! Haben zuletzt die Künste der Auskomponier-
schwach einsetzenden Wörtern rührt offenbar von Vorsilben her,
ung clie Form reich gestaltet, so war es doch wieder der Zwang
z. B. Geduld : dulden, Gewalt : walten usw. Deshalb ist auch des ersten Durchganges, einer ersten Nebennote, einer ersten Glie-
in der deutschen Sprache der natürliche Klangtuß der Wörter oft derung usw., clie clie Form zur Einheit ihrer Gestalt gebändigt
im Widerstreit mit einem vorgefaßten metrischen Schema. Jeden- haben: mußte cloch auch der Komponist so, rn'ie der Hintergrund
falls aber ist eine mechanische Uebertragung der vielen griechi- mußte und wollte! Erst als clas Ohr zerbrach, flüchteten die Musi-
schen Versfüße auf die deutsche Sprache unzulässig (s. Marpurg, ker zum Programm als Formgeber: es \var clie Flucht vor dem
,Anleitung zur Sing-Composition", 1758). musikalischen Gewissen, dem rlusikalischen Zusar.nmenhang, wie
er durch den Hintergruncl allein gervährleistet r,vird.
Besonders aber die Musik zeigt die Unmöglichkeit der An-
wendung griechischer Versfüße, schon weil es ihr an Worten {ehlt, Das Ereignis der Forn im Vordergrund läßt sich geradezu
die Klangfüße mit sich bringen. Was in der Sprache ein Wort ist, physisch-mechanisch ais eine Kraft-Verwandlung ansprechen, als
das ist in der Musik eine Tonreihe, die sich nur durch Parallelismen
ill eine Verwandlung der vom Hinter- zum Vorclergruncl rlurch die
;;l Schichten zuströnrenclen Kräfte (s. S. l9).
erschließt, sonst aber keinen Klangfuß aufweist.
Den großen Meistern ist cler lJintcrgrunrl tlas gute Gcclächtnis,
Wie unangebracht wäre €s, auf die Musik die griechische
es u,urde durch die Gabe cler lrnprovisation geli)rclert uncl gestärkt,
Prosodie anzuwenden:
ctie ja nicht zum geringsten auch auf dem gutcn Gecläcirtnis
Ftg. l5O
beruht. Bei Stäcken 'uveiten Umfanges ist die Fornr als
Nähnren wir in T. l-2 an, um sowohl der Betonung Canzes nur den größten Meistern gegenwärtig; sie leben in den
- Quintzuges
des c3 als der 5 des - wie dem l. Takt überhaupt zu ent- Intervallen, Zügen, Diminutionen u. dgl. wie Fische im Wasserl
sprechen, so kämen wir in T. 3-4 in Versuchung anat- vermögen sie ganz Genaues über das Element nicht zu sagen, in
- -nicht zu
setzen, um der 4 des Zuges, b2, und der Aulwärtsbrechung clem sie gedeihen, so wissen sie bei Gelegenl:eit doch irnmerhin
widersprechen. In dem nachfolgend,en Viertakter würde sich Worte fallen zu lassen, die Licht auf ihr Wesen und Schaffen wer-
wenn nicht --,
empfehlen, dagegen im letzten Viertakter offen- fen. Hier einige Aussprüche:
bar nur v - : woran sollen wir uns also halten, wenn wir hier
den Sinn- der musikalischen Rhythmik treffen wollen?
Ph. Em. Bach: ,,Man nrLrß eine Absicht auf das ganze Stiick
haben."

206
207
Haydn: ,,. ein Tonstück soll haben einen fließenden Ge- s 303
sang, zusammenhängende Ideen ." ,,lch setzte mich hin, fing tT;r'ff:i"
Manche Stücke weisen Anfänge auf, die clie vorstellung ihrer
an zu phantasieren. . Hatte ich eine Idee erhascht, so ging mein Form auf eine falsche Bahn lenken: hier kann nur der Mittel- und
Bestreben dahin, sie den Regeln der Kunst gemäß auszuführen Hintergrund entscheiden' (Vgl.Fig. 12, b; 89,4; ll9, 15, usw';
und zu soutenieren. So suchte ich mir zu helfen, und das ist es, was hierher gehören auch Fig. 110 b 3 und e 3.)
so vielen unserer neuen Komponisten fehlt; sie reihen ein Stück- Ein besonders wirksarnes Beispiel:
chen an clas andere, sie brechen ab, wenn sie kaum angefangen 1'lg. l6f
haben: aber es bleibt auch nichts im Herz'en sitzen, wenn rnan es
Galt es in diesem Stück, als einem Ronclo, aui das erste Thetna
angehört hat."
mehrmals zurückzukomlren, so ergab sich clie Notwendigkeit, jede
Mozart (an van Swieten)i ,,. . . und das Ding wird im Kopfe z-l\/ :
Wiederkehr clurch Gclur: l!7 zu ermöglichen: Gdur: | |
wahrlich fast tertig, wenn es auch lang ist, so daß ichs hernach
Cdur: V-l usw.
mit Einem Blick, gleichsam wie ein schönes Bild oder einen hüb-
Wie kühn wußte Beethoven dieser Forderung der Rondoiornt
schen Menschen inr Geiste übersehe, uncl es auch gar nicht nach
auch unter so schwierigen umständen zu entsprechen, namentlich
einancler, wie es hernach kotnmen Ittttß, in der Einbildung hör'e,
die verzierten Fermaten auszugestalten, die zum Anfangston hin-
sondern wie gleich alles zusanrnten. Das ist nun ein Schmauß.
überleiten! Vielleicht stand aber Chopin irn Scherzo Desdur (s.
Alles das Finden und Machen gehet in mir nur, wie in einem schön-
Fig. 12 b) vor einer noch größeren Schwierigkeit in clieser Hinsicht:
starken Traume vor: aber das Ueberhören, so alles zusamnren, ist
Wie genial sucht er den Weg zurt'r B D 3-Klang in tlen T. 460-
doch das Beste ."
584, mit dem die erste Brechung wieder beginnt!
Beethoven; ,,Auch in meiner Instrumentahnusik habe ich immer
das Ganze vor Augen." s 304
Brahms: ,,Mehr aus dem Vollen!" Der Mittel- und Hintergrund sagt auch über den Abschluß vom eisent-
einer Komposition das Endgiltige aus: Mit dern Eintreffen der i ist J;|ff .1,t;.
s 302 das Stück zuendel was dann noch folgt, kann nur eine Schlußver- Kompositiott
Vom Wledcr-
holungs- Der Ursatz und die erste Schicht kennen das Wiederholungs- stärkung sein, eine Coda, welchen Utnlang, welchen Zweck sie
z€lchen zeichen nicht, also dürfen wir uns auch im Vordergrund durch ein haben möge (vgl. $ 24, Fig. 73; 109 c).
Wiederholungszeichen bei der Beurteilung der Form durchaus Unter den Begriff Cocla tallen deshalb auch Bewegungen, die
nicht b,eirren lassen. So können in Vordergrund nicht nur erste wegen der obligaten Lage aul tlie Terz ocler Quint zurückgreifen*)
Formteile zur Wiederholung gelangen, die bei einer Gliederung (s. Beethoven, op. 57, l. S.).
auf 5_-2 ,ll oder 5-2 :l] zurückgehen, sondern auch Formteile,
clie sich nur aut 3 :ll oder 5 :ll beziehen (vgl. Fig. 26a, b;35, s 305
1,2; 4O, l; 40, 9; 46, 2;48, l; 49,2, dazu 68 a; I l0 b usr,v.). Die Nur der Hintergruncl ermöglicht, die Fonn z. B. der 2. Suite Der .Hil::r-
t#:f
tatsächliche Austührung rler Wiederholungen entscheidet über die Fdur von Händel festzustellen, die nicht aus vier, sondern nur aus ,[1'
richtige Verteilung der Gewichte innerhalb der Form, keineswegs zwei mit je einer Einleitung versehenen Stücken besteht. Die manch€ ältere
ist sie nach Belieben zu nehmen, etwa als eine Aeußerlichkeit, die Hauptstücke sind demnach das Allegro und die Fuge. Weisen doch
bestenfalls dazu dienen lnag, einen Forrnteil besser einzuprägen. *) Wenn die neueren Musikproduktionen fast kein Ende finden oder zu
Als ein Verstoß wider die Forrn ist es deshalb zu bezeichnen, wenn finden scheinen, so tiegt das gerade daran, daß sie sich nicht von einem Ursatz
die Wiederholungen heute fast grundsätzlich fallengelassen herschreiben, also keine wirttictr schließende i aufweisen; olrne diese i
werden. muß ein Stück einen unlertigen Eindruck machen.
die beiden Einleitungen keinen wirklichen urlinie-Zug auf. wie ist Von der Form im Besonderen
es aber rnöglich, daß das scheinbar kurze, zukurze Allegro dennoch lt
ein Hauptstück clarstellt? Nun, die Dichte der stimmführung hier I
1. Die ungeteilte Fornr
macht den i\itusiknerven clie Zeit lang. Es gibt in einem solchen
Allegro wirklich viel zu hören und darl-tber scheint dann auch mehr
I s 307
Die unseteirte
zeil zu vergehen. Nur als ein mechanisches Fingerspiel wäre das Der ungeteilte Ablauf des Urlinie-Zuges wird zur ungeteilten
Stück freilich zu flüchtig, so aber, im Händelschen Sinne, darf man Form; etwaige mit :l eingeforderte oder ausgeschriebene wieder-
lrier von einer ,,himmlischen Kürze" sprechen, um Schumanns Wort holungen bedeuten keine unterbrechung des Zuges, also auch nicht
von cler Länge" in Schuberts cdur-sinfonie zu über- der Form. Beispiele:
"himmlischen tr'ig, l5P
tragen.
Zu 1: Alle rhythmischen, prosoclischen Ereignisse der Text-
s 306
Vertonung, alle charakteristische Mitwirkung des Klavieres gehen
Vom Neuen
in der Dar-
Das Neue in cler nachfolgenden Darstellung der Formen liegt in den ungeteilten Zug ?J_i ein, den das Beispiel zeigt (vgl. 40,
stellung der in cler Ableitung aller Fornten als eines äußersten Vorclergrundes 2 usv'r.)
Formen
von clem Hinter- und Mittelgrund. Habe ich schon im Verlaule der Zu 2: Die ungeteilte Form 3-1 gilt für die Vertonung jeder
irüheren Darstellung wiederholt die Form als äußerste Auswirkung vierzeiligen Strophe; das Lied hat vier Strophen, es muß trotz der
des von Hinter-, Mittel- und Vordergrund getragenen Zusammen- Aenderung in cler Strophe zu den Strophenliedern gezählt werden.
hanges bezeichnet (s. SS 25, 26, 29, 33, 40,94,99, 101, 103, I I I Zu beachten ist der schöne Quartzug bei der Mittelstimme.
usw.), so wieclerhole und betone ich es auch an dieser Stelle, um Zu 3: Die Wiederholung hebt die ungeteilte Form 3-i nicht
so eindringlich wie möglich den Unterschied dieser neuen Formen- auf (vgl. Fig. 49, 2, usw.)
lehre von allen früheren ins richtige Licht zu setzen. Möge sie als Zu 4: Trotz der Wiederholung der 5 ist die Form als ungeteilt,
clie wahre Auscleutung der in S 301 angeführten Worte unserer als 5-i zu nehmen; zu beachten ist auch der Gang der Mittel-
Großen erkannt uncl in clie schaffcncle Fantasie auf genomnen stimme. (Vgl. Fig.39,3: nicht dr'eiteilig, nicht a-b-c. s. I, 12;
rverden ! 40, 8 uncl 9; 103 bei NB.: nicht zweiteilig! usrv.)
Es versteht sich aber, daß iln Raltnten eines Buches, das clie Zu 5: Trotz der veränderten 3. Strophe und einer Mischung in
Lehre .;orn musikalischen Zusatnmenhang zur überhaupt ersten der 4. ist dieses Lied zu den Strophenliedern zu zählen. Was für
Darstellung bringt, die Lehre von den Formen als einer Ausrvirkung eine geniale Bändigung von Musik uncl Text clurch clen Zugi-l,
cies Grundgedankens nicht so breiten Raum beanspruchen kann wie reizvoll die Behandlung des Versmaßes durch das s/s-Metrum:
und dart, wie er einer Fornrenlehre sonst in besoncleren Bän- s. riie ersten Silben in den T.6 r"rnd 12,inT.13 clie Silbe ,,Lenz" im
den mit zahlreichen Abdrucken von ganzen Stücken gewährt rvird' 4. Sechszehntel des Taktes!*)
Gerade daraus, daß ich clie Forrnen aus dern Hinter- und M.ittel- Es versteht sich, daß Präludien das Hauptgebiet der ungeteil-
grunde ableite, ziehe ich iiir ihre Darstellung den Vorteil der ten Form sind (s. Fig. 40, 3; 43, Bsp. zu b; 64; 72, 2;76, 4; 136,
Kürze. Wie kurz ich mich aber auch fasse, schätze ich lttich clennoch 2-5, usw.)
glücklich, den seit Jahrzehnten von mir versprochenen ,,Versuch Zu 6: ln Ermangelung eines Urlinie-Zuges und der abgeschlos-
einer neuen Formeniehre" ntindestens in dieser Form bieten zu senen Baßbrechung I-V-l stellt dieses Beispiel keine selbstän-
können. An den Durchbruch cler neuen Lehre von den Formen
'r) Ein Flohn auf die Gesclrlossenheit von Text und A{ttsik ist der gang
zweifle ich so wenig rvie am Durchbruch der Lehre vom Zusaminen- und gäbe \rortra.g: Die Worte dcr ersten Zeile werdcn so gesungen, als würde
hange überhaupt. mit der Zeile auch ein selbsländiger Sinn zuendegehen.

210 2tt
dige, ungeteilte Form dar (s. SS l5-i9, Fig. 6-7). Diese Auf- stimmte Formbegriffe, von vornherein im Inhalt des Ganzen und
rollung von I-V kann nur im engsten Sinne als Präludium zu der Einzelteil'e festgelegt: Verschiedene Prolongationen sind es, die
einem Stück in Cmoll aufgefaßt werden. zu verschiedenen Formen in Mehrteiligkeit führen. Diese Prolon-
Zu 7: Auch hier iehlt ein Urlinie-Zug und beim Basse V f, a-l; gationen äußern sich keineswegs auch über den Umfang der Stücke,
clie dadurch entstehenden Zweifel an der Tonart, s. bei NB., ge- also muß bei den Liedformen die übliche Unterscheidung in kleine
statten im Grunde nicht, hier schon von einer tertigen Mazurka zu und große Liedformen'entfallen, im übrigen sind sie von jener
sprechen. (Schon Schumann hat auf cliese Sonclerbarkeit hinge- Diminution erfüllt, deren Cesetze wir oben kennengelernt haben:
wiesen.) wir treffen zwar auch Wiederholungen an, aber diese ermöglichen,
Die Beispiele l-5 zeigen selbständige Stücke in ungeteilter im Gegensatz zu den sogenannten Ä{otivwiederholungen der
Form, doch versteht sich, daß die ungeteilte Form auch bei Teilen -üblichen Formenlehre meist verborgen --, auch ins Weitere hin-
einer größeren Form in Erscheinung tritt: So stellt das Beispiel in auszugreifen und Fernen organisch zu binden; auch wird ein
Fig. 40, 7, das bei 3 2 i vermöge cler Brechung ungeteilt ist, den- Wachsen des Inhalts durch das Spiel der Lagen je nach dem In-
noch in einer dreiteiligen Liedform tlen ersten Teil vor. Vgl. auch strument oder Orchester gefördert, doch über alles erhebt sich die
in Beethovens op. ll0 (und dazu in Jhrb. I, l8l-182) den 2.Satz, grundlegende Bedeutung der Prolongation, die jedem einzelnen
der als Ganzes die dreiteilige Liedform zeigt: Teil seine Aufgabe von vornherein auf das bestimmteste zuweist
5 (Nbn.) -- 5 und dadurch dern Komponierenden die Qual von Weglosigkeit, von
(2-- des2 Zufällen und immer neuer Suche nach einem Fortgang erspart.
Fmoll l- VI -(2
-l Quintzug ,'2-lt trotz Wieder-
innerhalb des ersten Teiles aber den s 3oe
holungszeichen in ungeteiltem Verlauf wie das Beispiel in Fig. Zur zweileiligen Form führt am natürlichsten clie Gliederung Ij|,#';,ä
152,4. r2 1s2 i,E-2 ll 5-i,8-s ll 3-1, werde das Stück an Umfang '-"';;;--
klein wie in Fig. 22;37;76,2, oder durch reichere Wiederholttng
2. Von den Liedforrnen auch umfangreicher wie in Fig. 12 a usw.
Doch kann auch innerhalb größerer Fornten, die sich von der
s 308 ersten oder zweiten Schicht herleiten, in einer späteren Schicht eine
Allgcmclncs
So wenig in der Sprache ein Zusammenhang schon aus der zweiteilige Liedform auftreten: In Fig. 40, 6, in cler durch die
ersten Silbe eines ersten Wortes, aus einem ersten Wort, aus einem Mischung clie Dreiteiligkeit t3-13(frio)-r3 festgelegt ist, weist
ersten Satz gelvonnen werclen kann, da trotz dem Gegenständli- der erste Teil eine Zweiteiligkeit rnit 3--2 ll 3-2-i aLrl. Sogar die
chen der Worte jeder Zusammenhang in der Sprache gleichwohl Fig. I l0 b 3 und e 3 gehören hierher: auch sie gehören einer drei-
ein Hintergründiges, Unanschaubares ist, dem mit jenen Anfängen teiligen Form an, A1-B-42, beruhen aber in sich auf einer Unter-
gewiß noch kein Genüge geschehen kann, ebensowenig vermag in brechung, die sie zweiteilig macht, woran die kühnen Brechungen
der Musik ein Zusarnnrenhang schon aus eirrern ,,Motiv" inr gang zur 3 empor nichts ändern; Fig. 137, l, ist einem Walzer entnom-
und gäbe Sinn gewonnen werden! Also seien hier alle Bestintmun- men, dessen clurch Mischung testgelegte dreiteilige Form:
gen von Liedformen verabschiedet, die auf das Motiv gegründet 13 s3 rj
sind, wie z. B. auf eine Verarbeitung des Motivs durch Wieder- e (eis)l e
holung, Variation, Erweiterung, T,eilung, Auflösung u. dgl., ferner Cis - (Cis)Des Cis
- -
im ersten Teil eine Zusammenlegung zweier zwe^iteiligen Fornren irtr
auf Satz, Satzkette, Periode, Doppelperiode, Thema, Vorder- und
Nachsatz usw. An ihre Stelle treten in meiner Lehre ganz be- besonderenaufweist: 3 2ll I z I und3 2l:3 2l
a1 : it:, ar I a:t

212 213
Mit Fig. 153, 1, sei das Beispiel einer sehr umfangreichen, auf
kühnste Weise aus einer Nebennote bezogenen, dennoch aber in
Die dreiteilige
Liedlorm
Zur dreiteiligen Form A1-B-42 lühren viele Wege: Einem verlaufenden Dreiteiligkeit gezeigt.
a) Unter Umständen genügt auch bei Wiederholung eines Fig. 153
noch ungeteilten Urlinie-Zuges schon die Baßbrechung I-V-l Hierher gehört noch die angewandte Nebenotenbildung bei 2).
allein, um eine Dreiteiligkeit zu begründen (s. Fig. 75): je zwei- 2: der Unterschied gegenüber den Sätzen der Nebennote in der
rnal läuft der Quintzug ht-er im ersten und dritten Teil ungeteilt ersten Schicht in Fig. 32, 3 und 5, besteht darin, daß die Neben-
ab, im mittleren Teil hält die breite Auskomponierung der V. Stufe note nicht bei der Urlinie erscheint, daß hier der Baß mit der Folge
aflein das Gegengewicht zu jenen Zügen. : I die Wirkung einer Nebennote auslöst, bei der Mittel-
-VI-l
stimme sogar eine wirkliche Nebennote in Bewegung setzt. (Vgl.
b) Die Glieclerung hat den meisten Anteil auch an der Drei-
teiligkeit, obwohl sie zutolge von 3 2 | 3 2 i oder S-211 S-i dazu Fig. 39, 1; 88, Bsp. a; 130, 4, usw.)
der ersten Schicht zunächst die Zweiteiligkeit hervorkehrt. Auch können innerhalb größerer Formen dreiteilige Formen
durchUnterteilung in den späterenSchichten gewonnenwerden, so in
l: Hiebei kartn eine einlache Dehnung von Vf,3 wie z. B. in Fig. 20, 4, als ein B-Teil; in Fig. 30 a für die A1-, B- und Ar-Teile;
Fig. 7 a schon den mittleren 'leil ausnrachen. Inhalt dieser Dehnung in Fig. 35, 1 und 2, für A1-Teile; 40, 1;73,3; 82, 2, usw., und
ist cler geniale Parallelisrn e2-dis2 als 3 2 im ersten Teil und zwar sind es hier die gleichen Prolongationen, die zur Dreiteiligkeit
e2-4is2 gleichsam als Echo im nrittleren Teil. Tr,effend wirbt im Großen führen.
Beethovens Bezeichnung ,,Sonata quasi una Fantasia" für die im Als ein besonders schönes und kühnes Beispiel sei das dritte
ersten Satz einer Sonate sonst ungewohnte clreiteilige Liedform, in Fig. 153 hervorgehoben: In die mittels einer Nebennote erzielte
wobei mit ciem letzten Satz, der eine wirkliche Sonatenform zeigt dreiteilige Liedform im Großen sind dreiteilige kleine Liedformen
(s. Fig. 40, 4), auch der ,,Sonata" entsprochen wird. eingebaut; auch sie bedienen sich der Nebennote zur Erreichung
2: Ein nachclrücklichcr Ausbau von ?. tünr, erst recht zur der Dreiteiligkeit; dazu kommt im Ar-Teil die ausgeschriebene
Wiederholung von b und a2, eine erweiterte Auskomponierung im
Dreiteiligkeit, s. z. ts. Fig. 22 b;76,3; 109,3; in Fig.43 werden
Gegensatz zur üblichen mit :ll eingeforderten Wiederholung. Von
sogar zwei Walzer-Numntern zu einer Dreiteiligkeit gebunden.
erstaunlicher Weite und Wucht ist das Uebergreifen im B-Teil:
3: Ferner kann eine Septbeschaffung, clie Chromen zu behe- I welche Fantasie im Ausbau der Nebennoten-Harmonie ftrl in
den T. 2l-39, in den Figuren in T. 40-52! lm A2-Teil- kehrt ge-
ben hat, zur Dreiteiligkeit führen (s. Fig.46, 1 usw.) oder
4: eine Rückleitung, wie z. B. wegen des besondern Anfan- kürzt die erste kleine dreiteilige Liedform wieder. Geradezu ver-
ges mit ll-V-l in Fig. 53, 3 uslv. wirrend ist das Spiel der Nebennote in allen Teilen, sie sind aber
c) Wie clurch Mischuug cine Drciteiligkeit herbcigeliihrt rver- verschieden in ihren Formwerten, und nur die Einsicht in diese Ver-
clen kann, sehcn lvir in Fig. 30 a, b; 40, 6, usw. schiedenheit hebt die Form des Ganzen und der Teile ins Klare und
Bestimmte.
tl) Auch eiue Nebennote kanu zur Dreiteiligkeit führen (s. Fig.
7 b;40, l;42, I und 2;85 usw.). llierbei macht es keinen Unter- 3. Von der Sonatenform
schied, ob clie einzelnen Teile miteinander verbunden sind oder
eigens durch : ll gesondert werden, wie meist in den größeren
s3ll
Stücken, namentlich aber, wo dem A4ittelteil die besondere Be- Wie bei der Darstellung der Liedformen ist auch hier zunächsf vorbcmcrkung

zeichnung Trio gegeben ist. nötig, die Begriffe und Bezeichnungen der üblichen Theorien ab-
a

2t4 215
zulehnen: hängen sie doch alle mit dem ,,Motiv" zusammen und gt-tist-et in T. l-24. Doch darf ein solcher Terzzug nicht mit
sind deshalb völlig unbestimmt. Nicht daran also liegt es, daß dem ersten Terzzug im ar-Teil einer Liedtorm verwechselt werden:
z. B. für clie Auskomponierung cles Urlinie-Kopftorres so viele Be- entscheidend ist, daß im Gegensatz zur^Liedform in der Sonaten-
zeichnungen geboten werden wie: erster Gedanke, Hauptgedanke,
form aut den Terzzug die Wendun f erfolgen muß, unbedingt
Hauptthema, Hauptsatz, Satzgruppe usw., sondern daran, daß ?',
diese Bezeichnungen die Wahrheit nicht trelfen, daß nicht eine er- s. in Brahms' lV. Sinfonie: .fisz als , in Beethovens op. l4lr:
zU

klärt, weshalb denn die erste Auskomponierung nur solche Wege 02 als ^
geht, keine anderen. Das kommt aber daher, claß diese Theorie die
t
ll.
In Anbetracht clessen, daß die Auskornporrierung einer nach
Diminution nicht zu lesen versteht, falsche Einheiten hineinliest, vor- fr
handene zerschneiclet und neue behauptet. Daß unter solchen Um- dem Gesetz der Uebertragung der Ursatzform aul einen Einzel-
stänclen die Hermeneutik anr allerwenigsten helten kann, habe ich klang, S 242 ff, ohnehin Chronren urit sich führt, ist die Zubereitung
schon längst nachgewiesen, hantiere sie mit rvelchen Mitteln von Chromen durch Hilfsklänge aut clem Wege zur 2 nichl gerade
immer, wie heute sogar mit unterschobenen Gedichten, mit dem nötig, auch eiri unmittelbarer Anschluß <ler 2 an die 3 ist zulässig,
Begriff ,,Pathos", der uns die Forrn im Sonatensatz der Meister Aufgabe der Durchführung bleibt es dann, die Chromen aus dem
näherbringen soll u. dgl. nr. Wie erheiterncl wirkt es' wenn der Her- Spiel zu ziehen, s. u. ln diesem Sinne ist die viel gelästerte Technik
meneut einem Meister wie Beethoven aul die Schulter klop{t uncl
der großen Meister, auf die 3 unmittelbar clie 2 folgen zu lassen
ihm eine ,,vollständige Regelmäßigkeit des Formschetnas" nach-
(s. z. B. Fig.47,1), vollständig cler Sonatenforrn, cl. h. cler Glie-
rtihmt!
derung, aus der sie geschöpft ist, entsprechencl. Das in tlieser Figur
s 312 schon iiber der ersten V auftretend,e d:: ist noch nicht die 2, es führt
.Allg€meines Zur Sonatenlorm führt nur die Prolongation tler Gliederung. noch keine Chromen mit sich und gehört lediglich zum Teiler. Hin-
zur Sonater
Darin drückt sich tler Unterschied gegenüber der Liedform aus' gegen äußert sich das gleich darauf einsetzende d:r in einem
lorm inl
Canzen tiie auch noch tlurch Mischung oder clurch eine Nel"lennote erzielt Quintzug, der Chromen scheinbar der Gdur-Tonart bringt.
rverden kann. Auch Fig. 154, l, gehört hierher. Von dem angezogenen Bsp. I
Wegen der hier in Betracht kot.nmenden Gliederung verweise in Fig. 47 unterscheiclet es sich dadurch, daß beint Eintritt der 2 in
ich auf clie Fig.23,24,26 a uncl b; vgl. auch $ 87ff' Außerdem sei I T. l6 sich Hiltsklänge : Vlf einfinden, die auf den
auf die Darstellung einiger Sonaten von Haydn, Mozart, Beethoven -ll-V-l
Crundton G erst vorbereiten; kcin Zweiiel aber, daß schorr rnit clem
rn den Tw.-Heften uncl Jahrbüchern, der lll. und V. Sinfonie von
Beethoven in Jhrb. lll und U.-E. Nr.7646 verwiesen; encllich auf Eintritt dieses dz clie Wirksanrkeit cler 2 beginnt, d. h.: rlie T. l6-20
tlie hier gezeigten Beispiele in Fig. 39,2; 4O, 4; 47 , 1. sind nicht erst als eine Ueberleitung zu werten.
Schwieriger ist der Fall in Fig. 154, 2: Hier darf, was sich in
q 313
den T. 27-43 begibt, keineswegs schon für eine Auskornponierung
lE rläuterndes Nun sollen tlie einzelnen Teile rrrit l-lilfe cler folgenden Bei- der 2 genommen werden, es ist nur eine Fortsetzung uon 42, das
zum I . Teil:
spiele erläutert u'erden: über dem Teiler in T. 25 eingetrotten ist; der lnhalt besteht nur in
Hauptteil,
Exposition ltg. t64 der Höherlegung dz-d't, der obligaten Lage wegen, s. e3, die
Zum l. Teil:
Der Kopfton 3 kann durch einenTerzzugauskontponiert werden rn ittels Uebergreitens und de r Di rr r i nution : d( :.t)-c 2- ( b2 )
-cir.3-dt
u'ie z. B. in Fig. 81,2; 122, l; vgl. auch in Beethovens op' 90: erzielt wird (vgl. S 268 ff).

2t6 2t7
wohl am häufigsten aber gehtder ,, eine tonikalisierende
Die Ausführung von ? oder
i:fl, wird von der Theorie
II. Stufe voraus mit der wirkung von v-l in der Tonart der Domi-
nante, s. Fig. 4O,4; 47,2; 115,2; 154, 2 usw' als 2. Gedanke bezeichnet, auch Seitensatz, Gesangsthema oder
Daß die 3 durch verschiedene Diminutionen erreicht werden ähnlich benannt; nicht selten spricht die Theorie von zwei
kann, braucht nur erinnert zu werden, s' z' B' den Anstieg in Fig' Seitensätzen, von einem neuen Abschnitt, von einer Auflösung des
39, 2; die Brechung einer Terz in Fig' 124, 5 a und b; die Seitensatzes, von einem, sogar von zwei Schlußsätzen usw., doch
Brechung einer Sext in Fig. 40, 4 usw' sind das ich betone es immer wieder in jeder Hinsicht unzu-
Auch von der 6 kann ein Zug abgeleitet werden, s' z' B' den längliche-Begriffe -
und Fassungen, die keinerlei Einblick in die
oaer Sonatenform gewähren.
Quintzug in Fig. 154, 3, aber erst der Fortgang
zu
,f, i Zur Auskomponierung Oer reicht ein Quintzug auch ohne
bringt das Grundgesetz eines ersten Teiles der sonatentorm zut fr
Erfüllung. Und zwar: Absicht auf ein ,Gesangsmäßiges", auf einen ,,Cegensatz" aus: die
WirO Uei 5 in tvtolt gernäß Fig. 26 a verfahren, so itt mit
durch den Zug zustandegebrachten Chromen machen schon allein
die Bedeutung einer solchen Auskomp,onierung im Dienste der
5-4-3 eben der Terzzug gegeben, der zur Tonart oer fi tunrt, Sonatenform aus. In diesem Sinne haben denn auch die Meister
cliese schafft die Voraussetzung für den in der Durchführung zv kein Bedenken getragen, zuweilen die Diminution des Kopftones
verfolgenden Weg bis zur *tro aber gemäß Fig' 26 b zur noch einmal für die 2 wenigstens zu einem Teil mitzuverwenden,
6
{}ort s. Beispiele besonders in den Sonatenformen bei Haydl.
fortgegangen, so gibt auch dieser Weg nur auf andere
?0, - Mit der Betonung'eines Zuges im Dienste von ? oder des
iVeise Gelegenheit zu Chromen im Sinne der scheinbaren Ton-
-
art V l3: I la und damit die Nötigungzum Fortgang in die Durch- 3lichen MißYerständnisse
führung. Fig. 154,3 und 4, zeigen demnach den ersten Weg, unter- verstopft, die sich so oft an den leidigen Seitensatz knüpfen. Daß
scheiden sich aber dadurch von einander, daß bei 3 ein Quintzug, ein Gesangsmäßiges die Unterscheidung des an die 2 geknüpften
bei 4 eine Nebennotenbewegung im Dienste des Kopftones steht, Formteiles leichter macht, soll nicht bestritt'en werden, aber der
bevor die Auskomponierung ln den T'erzzug E 4 3 hinausschreitet; Vorteil einer solchen Bequemlichkeit für Komponisten und Hörer
Bsp. 3 zeigt außerdem Hilfsklänge; belanglos ist dabei aber, daß ist nicht auch inneres Cesetz der Gliederung in der Sonatenfonn.
Bsp. 3 den Zug 5 4 3 wiederholt, in Bsp. 4 dagegen die Durch- Uebrigens findet sich in den Sonatensätzen der Meister ein Ge-
führung unmittelbar sich anschließt. sangsmäßiges niemals in der Form, in der es allgemein verstanden
Die 5 in Dur bereitet Schwieriglceiten, da der Fortgang zur und gelehrt wird, auch der cantabelste Einschlag verliert sich in
uu"h eine durch Hilfsklänge vermittelte Erhöhung des Kopf- Diminutionen, die, aus den Schichten des Mittelgrundes erflossen,
^
il31I , mit zur Auskomponierung der 2 gehören. In der organischen Aus-
tones fordert, s. in Beethovens op. 53, l. Satz:
- 4-3
gestaltung einer solchen Auskomponierung singen eben alle Dimi-
s - tn5)
gz-(oz ) gisz-fis2-ez nutionen: das ist das wahre Gesangsmäßige jedes wie
f;-Teiles,
I-( )ilt-.- inT.35--41; auch des Ganzen, s. $ 50. Dagegen bedeutet es eine Gefahr, wenn
die T. 74fl' bringen dann allerdings gz-d'es2-cz' umgekehrt der Komponist der üblichen Lehre nach sich vorgefaßter-
wird in Fig. 154, 4, die 5, c2, durch Mischung erniedrigt, so daß -
weise an ein ,,Gesangsthema" bindet, das muß zu einer nur mecha-
der Terzzug
cre;2-Ar-csr lautet. nischen, rubrikenhaften Erfüllung der Form führen. Das hier Ge-
sagte beweist jeder Sonatensatz der Meister; daß sich aber diese
218
2tg
Erkenntnis nur aus dem Mittelgruncl erschließt, sei auch bei diesem In Fig. 154, 5, geht es um eine gemäß Fig. 23 höherzulegende
Anlaß wieder eingeschärft. Sept; sie wird hier durch eine 8 über B als einer tieleren Neben-
Also reichen z. B. in Mozarts Haffner-Sinfonie, Köch. 385, note von C (V) vorbereitet, s. bei a); b) zeigt die Höherlegung
l. Satz, die Quintenzüge 2"r_o, br-b2; über dem Grundton der V inT.282 sind bz und gz 11o1,
ihrem Nacheinander als I zu verstehen, s. bei a) ! (Vgl. Fig. a3.)
Ddur: V
: Adur I -usw. Ebenfalls um eine Yr,trr.,, $-7 noi,.rzulegende Sept geht es
vollständig zur Erfüllung der 2 als eines sogenannten Seitensatzes in Fig. 154, 6; nur wird die Höherlegung hier anders als im vori-
aus. Nur durch die Erfüllung vofl ez-ar als 'einer Quintzug-Aus- gen Beispiel ausgeführt. Fig. 154,7, folgt der Fig. 26 a.
komponierung der 2 läßt sich der sogenannte Seitensatz auch z. B' -
in Beethovens op. 28, l. Satz, feststellen. U. s. w. Auch die Verwendung neuer Diminutionen ist in der Durch-
Auch ist die Zahl der Zige unbeschränkt, s. die Quintzüge führung zulässig, s. Beethoven op.7,1. Satz, T. 173ff.; op. 10r,
a2-d'2 und a1-dr in Fig. 47, 2; in Beethovens III. Sinfonie sind es T. I 1B f{. oder IIL Sinfonie, l. Satz, T. 285 ff. Daß D,iminutionen dem
nicht weniger als vier Züge von fz(s) als der 2, s. Jhrb. III. Hauptteil entnommen werden können, versteht sich. Wie immer
Ob nun der letzte Zug mit Schlußsatz bezeichnet wird ist aber deren Neuverwendung vor sich geht, sie ist nicht der Grund-
gleichgiltig. sinn, der Hauptzweck der Durchführung, sondern nur Mittel zur
Den Meistern war es gegeben, durch unmittelbares Leben Erreichung des Zieles, das der Durchführung gemäß der Glie-
uncl Weben in der Prolongation der Glieclerung den Weg im Haupt- derung gesetzt ist, s. o. Dieses Ziel ist Alles, also darf jene Neu-
teil wie improvisierend, wie im sturmschritt zu nehmen, das ergibt Verwendung nicht noch einen besonderen Begriff, wie den einer
die wirkung eines dramatischen Verlaufes. Von einer Zubereitung in Anspruch nehmen. Deshalb darf von einer ,Ver-
"Verarbeitung"
von Motiv,eu, von einer Absicht auf verarbeitung der Motive war arbeitung" nicht einmal dann die Rede sein, wenn die Neuver-
bei ihnen niemals die Rede. wendung die Diminutionen des Hauptteiles sogar in der Reihenfolge
aufnimmt, in der sie dort erschienen sind, s. z. B. in Beethovens
s 3r4
op.2tt, l. Satz: T. l2l ff., T. 161 ff. : T. I ff., T.9ff. usw. In
Beethovens VI. Sinfonie folgt die Durchführung des ersten Satzes
zum Mittelteir Die Theorie schreibt dem Mittelteil der Sonatenform, den sie getreu dern in Fig. 124, 7, aulgez'eigten Zusatnntenschluß von a,
der sonaten-
Durchführung nennt, die Aufgabe vor, bei einer Länge von etwa b und c (T. l-3) als dem Schlüssel des Zusammenhanges: s. a in
zwei Dritteln d,es ersten Hauptteiles das ,,Motiv"-Material zu ,ver-
T. 135ff. und l43lf., b in T. 151 ff., endlich a-b-c in T. l9l ff.;
arbeiten,,, Tonarten zu wechseln, sich geschlossener Gedanken zu
ähnlich wieder b in 197 ff. und a-b-c in T. 237 ff.; den Um-
enthalten usw. Von allen diesen Zumutungen an die Durchführung,
kehrungen von a und b in T. g-12 folgen dann in der Durchführung
ciie im ,,Motiv"-Begriff verankert sind, ist keine Rede' Gemäß
die T. 243 tt. Jeweils unterstreichen aber a-b-c in der Durch-
tler Cliederung obliegt ihr einzig, den Weg ,w(1 w zu vollenden,
{ührung die Hauptstationen der Höherlegung, wie sie Fig. 154, 5,
sei es durch Beschaffung der Leittonterz bei der V so: ?-?-#[ aufzeigt. Und trotzdem: ,,Verarbeitung" darf auch diese Art Ver-
oder so: durch Höherlegung der Sept gema-ß Fig' 23 wendung des a-b-c-Gutes nicht genannt werden, denn mehr
?:?r -?,r,
oder sonst durch eine Auskomponierung der V?; vgl' Fig' 4O, 4; noch als das Geheimnis ihres Zusamntenhanges bedeutet die Höher-
47, I und 2; 62, 3, 4, 1 I ; 100, 5; 114, 6; 154' 5-7 '
l, legung b1-b2 und deren Aufgabe im Sinne von VD7!

22t l6r
F I

Zuweilen finden wir Einleitungen, meist im tangsamen Zeil-


s 315
maß, z. B. in Beethovens op. 13, op. 81 a; ihr Sinn kann nur dem
Zur Wieder- Mit der Notwendigkeit, gemäß dem Gesetz der Gliederung Mittel- uncl Hintergruncl entnommen werden, meist zielen sie auf
organische Bindungen der Diminution (vgl. Fig. 119, 7)' Auch ein
holung (Re-
prise ) den Urlinie-Zug und die Baßbrechung abzuschließen, ist im
Wiederholungsteil die Rückkehr der Haupttonart vorgezeichnet.t') Tempowechsel wie in Beethovens op. 31:I oder op' 109, 1' Satz,
Wenn solcherart die Haupttonart gesichert ist, wird es auch mög- darf nicht so weit verwirren, daß der Ablauf der Gliederung miß-
lich, sich verschiedenen Freiheiten in der Wiederverwendung des verstanden wird. so geht es in op. 31 II über allem Tempowechsel
Hauptteilinhaltes hinzugeben. So tritt z. B. in Beethovens op' l0rr, tiber a1, c2 und c2-d2-e2--P in T. 2, B, 9-12 at 13 inT. 13 als
!, in t. 118 zunächst über der Vl;s-Stufe
l. Satz, der Koplton dL Kopfton 3; uncl in op. 109 setzt sich der Kopfton -!., trotz Tempo-
(: Ddur I) ein, geht es dann aber in den T. 131-136 clurch wechsel als gisz fort und zu lisz als 2 in T. I l; d%tt;t Zusammen-
VI-ll-V zur L Stufe, so läßt sich der Kopfton c1 über dieser zutn hang wäre aber zerstört, würcle wegen des Tempowechsels schon
zweiten Mal, nun gemäß der Grundtonart vernehmen: was so als ein neuer Satz angenommen.
Ausnahme betrachtet werden könnte, erscheint hier nur als eitte s 316
Art der erwähnten Anklänge. Zugegeben sei, daß beim Unterricht eine Anpassung an die Lehrmethoden
Kritik der
Häufiger betretten die Freiheiten die oa", vgt. in
fr i,,n_], Aufnahmef:ihigkeit junger Musikbeflissener zweckmäßig urtd ge-
Beethovens op. 53, l. Satz, die Erwiderung des Terzzuges boten ist; sie können nicht gleich in die höchste Höhe, in die tiefste
gisz-( az ) gisz-fisz-e 'zunächst Tiefe mitgenommen werden, selbst wenn die Lehrer solcher
III
our.n'jl-h] rn a"nT. I 96.-=_1 eg
unterr,;eisuirg fähig wär,en. Also {orclere man das unmögliche nicht
fl

ciss-h2 az), dann durcn"jin T.200-201 (als folgte


(als folgte ri
--- r.rohl aber ist die Frage berechtigt: wenn nicht durch schulen,
cz-ht-ar), erst in den T. 2O4 tr. erscheint der zuständige Terz- nicht durch Lehrbücher die wahren Erkenntnisse vermittelt wer-
den, wo sincl sie dann überhaupt auszusprechen?
zug e2-d2-"2 (vgl. auch Fig. 154,4).
Auch Umstellungen sind in der Reprise zuiässig, dazum Schluß In clen Schulen uncl ihnen nahestehenden Kreisen ist die An-
Urlinie und Brecltung das Gleichgervicht doch wieder herstellen.
I sicht sehr verbreitet, daß ein dem Lehrbuch widerstreitendes Genie-
Die Ueberhöhung ein'es Terzzugs durch einen Quintzug, wie sie werk nur eine Ausnahme vorstelle, eine Freiheit, die aber jungen
bei 3 2 il 3 2 1 nicht selten am Schluß anzutreffen ist, darf nicht Musikbeflissenen nicht gestattet werden dürfe. In jenen Kreisen
Zweifei wegen des liopltones erregert, sie dient nur als letzte Ver- hat sich die Erkenntnis noch nicht durchgerungen, daß umgekehrt
stärkung. clie schulmäßige Lehre und Ausführung eine vielleicht notwendige,
Zuletzt, nach erledigter i, kann auch ein Codateil folgen oder aber cloch nur geduldete Freiheit gegenüber der durch die Meister-
können Anklänge an die Lage des Kopftones im Hauptteil er- werke verkündeten Lehre vorstelle.
innern wie z. B. in Beethovens op. 57, 1. S. clas letzte c2. statt des in einem Meisterwerk waltenden organischen einer
Sonatenform stellen die Lehrbücher Rubriken auf, eine Art Stein-
*) ln der Besprechung von Beethovens Leonoren-Ouvertüre lll be-
baukasten zu kindischem Spiel, s' o.
anstandet Rich. Wagner die Reprise als eine Wiederholung, die dem Ge-
so ist bei den großen Meistern schon durch die Improvisation
schehen nicht entspreche. Der lrrtum Wagners liegt auf der Hand: I)as
Drama des Ursatzes ist in der Musik Hauptsache; mag auch Leonorc Celegen- eine geistige uncl chronologische Trennung zrvischen einem soge-
heit zu einem Musikdrama bieten, so ist dennoch nicht ihr Erlebnis Haulrt- nannten ersten und zweiten Cedanken unmöglich, und alle von
sache der Musik, sondern vor Allem jene rein musikalische Bewegung, die mir aufgezeigten Beispiele erweisen deutlich die organische Folge
auf eine Klangauswickelung durch Urlinie und Baßbrechung durch die Quint und das rveit Vordringende des ersten Wurfes.
abzielt.
223
,),
Auch ist die Durchführung den Meistern vor allem ein Weg in vgl. dazu Beethovens Streichquartett op' 127, Andante; Brahms'
dem oben festgestellten Sinne, nicht nur eine Stätte, wo die aus IV. Sinfonie, Andante usw.
der Exposition bezogenen ,Motive" zu ,,verarbeiten" sind. Das r./or- Die vierteilige Form hat mit der zweiteiligen gemeinsam, daß
gefaßtein Bezug auf eineVerarbeitungmüßte demJünger allein schon sie zwei Teile ähnlichen Inhaltes aufweist, hingegen betont die
ein Hindernis sein, zum eigentlichen Sinn einer Durchführung vorztt- vierteilige Form den B1-Teil kräftiger als die zweiteilige' indem sie
dringen. Gewiß ist es unerwünscht und unnatürlich, auf dem Wege den weg zur v und die v stärker herausarbeitet, so daß im zweiten
der Durchführung immer nur neue Diminutionen zu bringen mit Teile die I. stufe und mit ihr die Haupttonart sich mit noch stär-
gänzlicher Außerachtlassung der schon bekannten, denn ein immer kerem Stimmführungszwang ergibt.
Neues widerstritte ja auch dem Begriff der Diminution, aber es
muß daran festgehalten werden, daß in der Durchführung vor 5. Von der Rondof orm
all'em der Weg im Sinne der Gliederung zu begehen ist. s 318

4. Von der vierteiligen Form Aus dem Zusammenschluß zweier dreiteiligen Liedformen:
Begriff der
Rondoform

s 317
A1-B-A2-C-A3, wobei der letzte Teil der ersten zugleich der
Von der vler-
teillgen Form
Der vierteiligen Form wird in der Theorie zu rvenig Beachtung ersffeil der z-weiten Liedform wird, entsteht eine fünfteilige Form,
geschenkt; das kommt daher, daß sie meist mit einer in mancher die nach einem alten Tanz Rondo benannt ist. Also entstammt auch
Beziehung angeblich veränderten, verstümmelten Sonatenform cliese Fünfteiliekeit einer hintergründigen Dupelordnung (vgl'
t'
verwechselt rvird. In Wahrheit ab,er ist die vierteilige Form ebenso $ 287 und Fig. 138). Das erwähnte Gesetz des Zusammenschlusses
eine selbständige Form wie die zwei- oder dreiteilige und ist macht übrigens möglich, auch mehr als zwei dreiteilige Liedformen
! zusammenzuschließen, so ergibt z. B. der Zusammenschluß dreier
namentlich in langsamen Sätzen der Sonaten, Kammermusiken
oder Sinfonien anzutreffen. Ihr Inhalt lautet: Ar-B, : A2-F,2. Liedformen ein siebenteiliges Rondo. Die Form kann sich auf sätze
Es versteht sich, daß die Einheit auch dieser Form nur durch im langsamen und im schnellen Zeitrnaß beziehen, sie kann ge-
den Gang der Urlinie und durch die Baßbrechung verbürgt ist: 81 I ringen, großen Umfang haben, ohne daß eine Unterscheidung von
steht auf der V. Stufe oder ist zumindest auf dem Wege zu ihr, 82 klein und groß statthaft ist (vgl. $ 308).
bringt die I. Stufe. s 3le
Beispiele: In Beethovens op. 2t ertährt 41 die Ausgestaltung
Zu At: Soll der Inhalt zu A1 mehrmals wiederkehren, also Bemerkungen
zu den ein-
einer kleinen Liedform, 81 bringt den Quintzug den
{1,8, nicht nur selbst in Bewegung bleiben, sondern auch den lebhaften zelnen Teilen
gleichen Quintzug über der Tonika. Wir finden Wechsel von Gegensätzen überwinden, so darf er, ob in einem
At- B, Ar-8, langsamen oder schnellen Satz, nicht durch allzugroße Spannun-
l!3 _ tlv_ v: I
:
in op. 2ttt2 I l!3 - ql[ lv,
- I;
f,,dur gen überlastet sein. Im übrigen ist jede Art Auskomponierung zu-
At- B' - Ar-B, lässig; am besten eignet sich eine zwei- oder dreiteilige Liedform'
in op. 7 Cdur I
-bvt- IV-V I - I; Schon die Rücklührung auf die grundlegenden dreiteiligen Lied-
At- Bt Ar-Bt formen (s. S 308) bedeutet, daß A2, A3 usw. immer in der Haupt-
in op. lOt lsdur I V I - I;
-(tle;
Ar- Bt Ar-B, tonart wiederkehren muß.
in op.22 Esdur s-Dr I - I; Zu B; Für die Ausgestaltung der Gegensätze Br, B, oder C,
At--VBt
I,,

Ar-Bu D usw. sind gemäß den zugrundeliegenden dreiteiligen Liedformen


in op. 31rt Bdur I-V I _. I; die in $ 310 dargestellten Richtlinien maßgebend.

224
Meist setzt 81 nach streng abgeschlossenem A1 frei ein: statten sie sich gelegentlich einen Wechsel der (Schein-)Tonart
Ftg. 155 auch eines A-Teiles. Diese Freiheit macht dann den Eindruck einer
Doch kann, wie im Rondo aus op. )rt y61 Beethoven, zwischen Durchführung, gehört aber streng zu einem bestimmten Gegensatz,
Ar und 81 auch eine Verbindung bestehen. Ein freies Ein_ zu einem C, D, usw.l so weichen z. B. in Fig. 102, 2, die schein-
setzen des 81 bedeutet aber nicht immer, daß sogleich die baren Tonarten dem höheren Begriff eines Untergreifzuges, der
v. Stufe eintritt, häufig wird erst mit Hilfskadenzen zur v gegangen, zur Nebennote als der Trägerin des Gegensatzes emporführt. Ein
noch krasseres Beispiel solcher Freiheiten ist in Fig. 155, 4, zu
so daß der weg zur und von der V. Stufe mit der im vordergrund
sehen: Der Baßgang weist zwei Kadenzen aut, die eine Wiederkehr
durch die V. Stufe ausgedrückten scheinbaren Tonart für 81 steht.
der Haupttonart an den mit * bezeichneten Stellen von vornherein
Zu C: Auch dieser Teil setzt nach abgeschlossenem A2 häufig
frei ein, gleichviel ob er sich auf die III. stufe steilt wie ausschließen; die Form dieses Rondo nähert sich deshalb der
in
freiesten bei Em. Bach.
Fig. 155, 2, oder auf die IV wie im Rondo aus op.2trr. Das freie
Einsetzen des c-cegensatzes bewirkt, wenn er auf der III. stufe
Nicht selten ist dem Gegensatz C die Wiederholung des Ge-
gensatzes B2 gesellt, also fehlt A3 zwischen C und 82; auch diese
steht, zumal bei breiterer Ausführung zwangsläufig die Täuschung,
Freiheit-Wirkung wird mit der Durchführung in einer Sonatenform
als würde die erste dreiteilige Form erst durch die Brechung
verwechselt, s. Mozart Klavierquartett Gmoll, K. V. 576.
I-ll-V, durch Ar, C und As zustandekommen (s. Fig. lSS,2). Etwaige Kürzungen bei den A2- oder A3-Teilen, auch sonstige
Nicht selten findet sich auch ein D_Teil zwischen Aa und Ag
Figurierungen heben die Rondoform keineswegs auf.
(s. Fig. 155, 2); er wird oft mit einer Coda verwechselt, schon
aber die Mischung in diesem Teil, T. 58 ff., begründet einen Gegen-
satz von gleichem Wert wie Br, Cr und 82.
s 321
Ab{'"n:u.nc
Der wesentliche Unterschied der Rondoform gegenüber der ti:"*""1".".t;';'
.
Sonatenform besteht darin, daß in der Sonatenform ein Vorstoß
s 320 zur 2 ertolgt, der in der Rondoform nicht anzutreffen ist. Welche Formen
von Frerheiten Der in S 318 erwähnte Tanz, der der Rondoform zum Grunde Bedeutung und Auswirkung dieser Vorstoß hat, wurde in $ 313
in der xondo-
liegt, bestand aus dem eigentrichen Rondeau ars Hauptsa tz und gesagt.
den eingeschalteten couplets als Gegensätzen, die neu antretenden Häufig wird derb-Teil einer inAl eingebauten Liedform mit dem
Paaren gehörten. Auch die künstlerische Fassung dieses Tanzes B1-Teil zusammengelesen und das Ergebnis: A1-B-42 als Rondo
hielt sich zu Anfang noch an die Gesetze des Tanzes, ars gälte sie
noch einem praktischen Tanzgebrauch, deshalb wahrte sie dem hingesteltt. Hier tiegt eine u.r*.ätll,.rJ' 0., Schichten
Rondeau immer die selbe Tonart. Mit fortschreitender Entwicklung vor, deshalb ist die Auffassung von so vielen größeren Stücken wie
der Auskomponierungskunst aber, namenflich crer Kunst der Impro- Nocturnes, Noveletten, lntermezzi usw. als sogenannte kleine
visation, konnte es sich begeben, daß ein Emanuel Bach in seinen Rondos zurückzuweisen, sie haben vielmehr eine dreiteilige Lied-
Rondo-Kompositionen auch die Tonart des A-Teiles wechselte, so form, deren A1-Teil durch Auskomponierung eine kleine Liedform
daß nicht nur die Tonarten der Gegensätze gegen die Haupttonart aufnimmt.
standen, sondern auch die Tonarten der Teile Ar, Az, A3 usw. ver_ Deutliches Absetzen von 81 oder C wirkt besser als eine wohl-
schieden waren. Die späteren Meister, mehr auf organische gemeinte aber gesuchte Verbindung von A1 zu 81 oder von A2 zu
Bindung der Form bedacht, fühlten sich der zum Grunde gelegten 82 wie z. B. im Rondo Zsdur op. ll von Hummel: gerade das
Liedform verpflichtet und hielten alle A-Teile in der Haupttonart, Wollen eines Mehr, als die Begabung gestattet, verrät die Rubriken,
nur wie unterwegs, an Stellen, die einem Durchgang gehören, ge_ denen der Komponist so geflissentlich aus dem Wege gehen wollte,

1,1
die Verbindungen wirken dann erst recht äußerlich. Wie wohl- cler Einsätze sich bescheidende Führung. Gerade aber solche me-
tuend ist dagegen das offene Absetzen der Teile z. B. in Mozarts chanisch zusammengestellte Fugen erfreuen sich des meisten Bei-
Rondo lmoll (s. Fig. 155,5): ein Mozart ist es, der sich zu einer falls, v"'eil sie, die Einsätze förmlich in die Ohren knatternd, die
so einfachen Form bekennt, der selbe Meister, der auch den üppig- Wiederholung Orgien feiern läßt, die dem Laien immer ein beson-
sten Freiheiten der Rondoform gewachsen war. deres Wohlgefallen ist.
Seb. Bachs Fugen sind, obgleich jede eine andere Führung
aufweist, dennoch wahrhafte Fugen auch im strengsten Sinne, sie
6. Von der Fuge sihd immer durch den Führer, dessen Umfang und harmonischen
Gehalt bestimmt und gehorchen einem Ursatz.
Händel ging vielleicht noch geh'eimnisvollere Fugenwege als
s 322
Bach; obgleich so seine Fugen wahre Denkmale einer scheinbar
Vom lnhalt Aus Nachahmungen erwachsen, wurde die Fuge zur ersten jede Bindung verschmähenden Freiheit sind, bringen sie dennoch
det Fuge
geburrclenen Form größeren Umfanges. Das Quintgesetz d'er ersten einen Ursatz zur Erfillung. Ein Beispiel Händelscher Fugentechnik
drei Einsätze: Führer, Gefährte und Führer gab dem Ganzen die will ich mir für eine neue Folge von Urlinien-Tafeln vorbehalten,
Hr.ltung; einmal erobert, drang es auch in die weiteren Teile der ich denke z. B. an die Fuge der 2. Suite in Fdur sie kann
Fuge und half sie einem Ursatz mit Urlinie und Baßbrechung un- -jedoch nur in einem ausführlichen Bilde wiedergegeben- werden.
terwerfen. Cerade diese Bindung durch Mittel- und Hintergrund Den hohen Stand der Fugenkunst bei Bach und Händel haben
ermöglichte den Meistern eine umso freiere Ausgestaltung der Ein- Haydn und Mozart nicht mehr behaupten können, auch Beethoven
sätze und Anklänge im Vordergrund. Ich verweise aui die in Ton- nicht, trotz der Fuge in op. 106, deren Baßführung mindestens an-
rville-Heften und Jahrbüchern gebrachten Fugen und zeige hier ein zudeuten ich mir nicht versagen konnte (s. Fig. 156,2), auch nicht
Beispiel aus Seb. Bach, Wtp. Klavier: trotz der Fuge in op. 110, die mit einem Adagiosatz verbunden ist,
Flg. 156 s. meine ,Erl.-Ausg." von op. 110. Mendelssohn hat sehr rvohl die
Freiheit der Führung in den Fugen von Bach und Händel begriffen
Nur die im Beispiel gezeigte Bindung clurch Urlinie und Baß- und darnach die Einsätze in seinen Fugen sozusagen ent-dichtet,
brechung macht es möglich, diese Fuge richtig zu hören. Man ver- entmechanisiert, anderseits aber streut er die Ausführungen zu
gleiche Riemanns Darstellung in seinem ,,Katechismus der Fugen- üppig aus, so daß die Einsätze gerade dadurch an Gewicht ein-
kornposition": was er in T. 8/9, 13/15, 17119, 18120,21123 usw. für büßen. Erst Brahms gewinnt größere Nähe zu Seb. Bach.
Beantwortungen des Themas ,,mit mancherlei Abweichungen" hält, Eine angewandte Technik der Fuge, bestehend in einem Spiel
was er als ,,vollständige und unvollständige Formen der Umkehrung" nur der ersten Einsätze, ist bei verschiedenen Gelegenheiten anzu-
erklärt, alles das kommt im Sinne der Bindung mit völlig an- treffen: in den älteren Formen häufig zu Beginn der Allemanden in
-
deren Absichten zustande, als gerade mit der, das Thema zu ,,be- den Suiten, auch zu Anfang kleiner Präludien; in der klassischen
antworten"; so sehr sind die verschiedenen, besondern Ziele im Musik z. B. im Streichquartett op. 59rrr von Beethoven am Anlang
Vordergrunde der Wirkung, daß die ebenfalls vorhandene Be- des letzten Satzes, in der V. Sinfonie von Beethoven im Trio des
ziehung zum ,,Thema" dagegen zurücktritt, auch sonst von keiner Scherzo, ja sogar an einer Ueberleitungsstelle im letzten Satz der
Regel faßbar. Wann wird sich endlich der deutsche Musiker vom
Jupiter-Sinfonie von Mozart usw.
Riemann-Gespenst freimachen? Ohne improvisatorische Begabung, d. h. ohne Verbundenheit
Im Gegensatz zu solchem allein künstlerisch zu nennenden In- mit Mittel- und Hintergrund wirtl sich eine gute Fuge niemals
halt einer Fuge steht die mit einer nur rubrikenhalten Erledigung schreiben lassen.

228 229
7. Variationen f Chaconne in Betracht: D'er Passacaglio (s. z. B. Fig' 20, l) setzt
meist im Basse nach Art eines Fugenthemas solo ein, dann folgen
s 323
Von
Variationen, bei denen der Baß festgehalten wird, was aber nicht
Variationen Das Variationenthema kann verschiedene Formen haben, z. B. ausschließt, daß das Baßthema sich auch in der Höhe zeigt, s. die
eine ungeteilte, s. Fig. 152, 4, eine dreiteilige Liedform: wanderung in die Höhe z.B. in seb. Bachs orgelpassacaglio cmoll
orier in Brähms Passacaglio (,,Finale") in op. 56 a' Die Solo-Ein-
Flg. 16? iührpng unterscheidet clen Passacaglio vom sogenannten Basso
Am natürlichsten ist die Bindung der Variationen durch Stei- ostinato, z. B. in Hänclels ,,Saul" und in Orgelkonzerten, in der
,,Hohen Messe" (,,Crucifixus") von Seb. Bach, in ,,Neue
gerung der Bewegung, durch Fortgang von großen zu immer ktei- Liebes-
neren Werten. Diese Technik ist, obgleich altgebräuchlich, von lieder", Walzer op. 65 von Brahms, ,,Zum Schluß" usw'; gewisser-
Beethoven sogar noch in op. I 1 1 und 127 angewendet worden. maßen ist der Basso ostinato eine nur angewandte Technik des
Auch die Ordnung in Gruppen, meist mit einer Bewegungs- Passacaglio, ähnlich wie es eine angewandte Fugentechnik gibt.
steigerung und einem Dur-Moll-Wechsel verknüpft, war den alten Dagegen gehört die Chaconne meist dem Sopran, s' z' B. die
Meistern schon bekannt, s. z. B. in Händels Chaconne Gdur, G.-A. chaconne der Dmoll solo-suite für Violine von Seb. Bach oder die
l.ieferung 2, S. 69 die Gruppe der Variationen 1-B mit Bewegungs- oben erwähnte chaconne in Gdur .ron Händel, und stellt ein kurzes
steigerung, 9-16 in moll, 17, die 7. wiederholend!-21 in dur. Thema vor, für eine große zahlvon Veränderungen berechnet. Die
In dem Variationensatz der ldur-Sonate von Mozart, K. V. 331 Kürze des Themas und die F,{ille der variationen macht die cha-
ist die Bewegungssteigerung derVar. 1 und 2: Sechszehntel und Sechs- conne dem Passacaglio verwantlt, deshalb wurde sie in der älteren
zehntel-Triolen durch die Var. 3 (moll) und 4 (dur mit überschla- Literatur auch oit verwechselt. Die verschiedenheit ist durch den
gender linker Hand) unterbrochen, Var. 5 bringt 32tel (im Adiago), unterschied von Baß und sopran hinlänglich bestimmt. Dennoch
die Var. 6 schließt im Allegro den Satz ab. clarf im letzten Satz c.ler lV. Sinfonie von Brahms die erste Aui-
Brahms hat eine neue Art ersonnen, Variation an Variation stellung des Themas in der Höhe nicht über den geborenen Baß-
durch geheime organische Bindungen der Diminution anzuschließen, charakter und damit über die Passacaglio-Form täuschen, deshaib
die ich an seinen Händel-Variationen op. 24 in ,,Tw." 8/9 auf- dann auch die Abwanderung des Themas in die Tiele schon in der
gezeigt habe; vgl. auch die Variation'en über den Haydn-Choral für Var. I (Vl. I), 2 (Br.), dann von Yat- 4 ab das Verankern in der
Orchester, op. 56 a. Tiefe usw. Aehnlich trägt in Händels suite Gmoll das letzte stück
Die Aufstellung eines Variationenthemas in einer weitläufigen trotz cl,em Thenra inr Sopran cleu Passacaglio-Titel zu recht. so
Liedform hat den Meistern oft möglich gemacht, ein umfangreiches dürtte der unterschiecl der chaconne vom Passacaglio darin lie-
Stück nur durch zwei- oder dreimalige Figurierung zu gewinnen, gen, daß die Chaconne zur lieclhaften Diminution neigt, der Passa-
gleichviel ob das Stück als selbständige Komposition, wie z. B. caglio hingegen zur Ausprägung einer prolongierten Form der
das Andante Fmoll von Haydn oder nur als Teil einer Sonate oder Baßbrechung.
Sinfonie, wie irrr Aclagio der IX. Sinfonie von Beethoven, in
Betracht kommt. An diese Form anzuknüpfen würde ich jungen s 324
Komponisten dringend empfehlen. Aufgabe der Musikgeschichte müßte sein, den Wegen nachzu-
Nachwort

Abgesehen von Variationen, die sich wie z. B. in Seb. Bachs gehen, auf denen die Form geworden ist, wie ich sie hier dargestellt
Aria variata oder in den sogenannten Goldberg-Variationen als habe. Der schlüssel zu clen Formen liegt in der zahl der Teile wie
Veränderungen eines Themas in ungeteilter Liedform darstellen, in einem Mysteriurn beschlossen: wie 2, 3, 4,5 voneinander unter-
kamen in alter Zeit noch die Formen des Passacaglio und der schieden sind, so unterscheiden sich auch die aus diesen zahlen

230 23t
i
gezogenen Formen dem inneren Wesen nach. Sonderbar: im Ein-
t :i
Verzeichnis
klang mit dem Gesetz der Füntzahl, dessen ich schon in Bd. I, S I I
gedachte, bedeutet die Zahl5 auch in der Formenwelt die Grenzet I F
der im Anhang-Band enthaltenen Figuren
Fig.:
Bach J. Seb.:
Die in S 318 erwähnten siebenteiligen Rondoformen sind nur Er- Aria variata, Pt. 215, Nr. 2, Var. VI . 50, I 82, 5; ll2, l ; 125, 4; 152, 4
weiterungen der fünfteiligen, die das Wesen der Rondoform unbe- Chromatische Fantasie . 20,2
rührt lassen. Fantasie Amoll, Pt. 215 123, I c

Die älteren Formen in den Teilen der Suite oder eines Kon- Fuge, unvollendete, Cmoll, Pt. 212 .99,1a
zertes bereiten dem Verständnis größere Schwierigkeiten als z. B. Hohe Messe, Nr. 12, Credo . .76,8
Konzert, Brandenburgisches Ddur, l. Satz . lO2,7; 103, I ; I 19, 17
ein Sonatensatz von Beethoven: die Cesetze der Stimmführung, Konzert, Brandenburgisches Ddur, 2. Satz . 41,3;54, l0; 60; 76,9
namentlich der Züge, sind wohl hier und dort die selben, aber die Konzert, Brandenburgisches Ddur, 3. Satz . 105, I
Diminutionen im Vordergrunde, in streng gebundener Art sich un- Konzert, Italienisches, 1. Satz . . 88d; 158

ablässig bewegend, erschweren den Einblick überhaupt. Dazu Konzert, Italienisches, 3. Satz . 100, 3;133, 3
Konzert, für Vl. mit Orch., Edur . 95,7; 119, 16a
kommt, daß die Spannungen der Züge, bei aller Kunst der Stim- . 82,5c; I
Ouverture, Pt, 215, Menuetto 138, a
rnenführung, in der sie unübertroffen dastehen, noch nicht so form- Partita I: Menuett I . 132,2
bestimmend wirken, wie die in den Werken der jüngeren Meister: Passacaglio Cmoll f. d. 0rgel . . 20,7
auch das hängt mit der selten aussetzenden gebundenen Dirninution Passion, Johannes Nr. 7 Choral 115, 3 b
zusammen. Die Tänze freilich folgen zwei- oder dreiteiligen Lied- Passion, Johannes Nr. 27 Choral . 125, I
Passion, Johannes Nr. 67 Chor 100, 3 a
formen, dennoch kann es manche Zweifel bei der Bestimmung ihrer
Passion, Matthäus Nr. I Choral-Vorspiel - 114,4
Form geben: ist z. B. in der kleinen Suite Edur von Seb. Bach die Passion, Matthäus Nr. 3 Choral l15,3a
Allemancle, die 8-i mit einer Nebennote zur E zeigt, eine drei- Passion, Matthäus Nr. 16 Choral 22 a; 49,3 62, 12; 81, I ; 83, 3; 124,1
teilige Liedform oder eine zr,veiteilige? Das karge Tonmaterial läßt Passion,
r qrorvrrt Matthäus Nr. 58 . 114, I b; ll4,5a
eine dreiteilige Form noch nicht zu äußerster Bestimmtheit ge- Passion, Matthäus Nr. 66 Rezit. 103, 2 b
Präludien, 12 kleine Nr. I . . 43, zu b
langen.
Präludien, 12 kleine Nr. 3 . 82,4; 124,2b; 152'6
In den meisten Fällen gliedern die alten Meister die großen Präludien, 12 kleine Nr. 6 . ll4,2a
Sätze nach der Brechung I-V-l mit starken Dehnungen der V, -Schemelli, Pt. 3392, Nr. I 100, 4b
ohne daß eine dreiteilige Form zustande kommt, viel eher rvirken -Schemelli, Pt. 3392, Nr. 4 . 114, 5d
die scheinbaren Tonarten als über Nebennoten der V hingebreitet: -Schemelli, Pt. 3392, Nr. 5 . . 134, 4
-Schemelli, Pt. 3392, Nr. 9 . lO3, 2 a
rYg. l6t Sonaten f. d. Solo-Violine, Pt. 228, I'lr. V Largo . . 132,3
Suite, Französische Edur, Allemande 76,4;95,c1 ; 106,1 109, dl ;123,5; 125,3
Aehnlich ist es mit Sonaten z. B. von Em. Bach: der zu knappe . 47,3; 87, I b
Suite, Französische Edur, Courante
Vorstoß einer 3 zur 2, einer 6 zur 2 weckt noch kein organisches Suite, Französische Edur, Sarabande . 54,15;62,9
Verlangen nach einer Durchführung im Sinne der späteren Sonaten. Suite, Französische Edur, Gavotte . 95, a8; 125,2
Suite, Französische Edur, Gigue . 87, 4
Suite, Englische Dmoll, Sarabande . .144, 1

Toccata con fuga (Pt. 210), Fuga . . 58,1


Wltp. Klavier l, PräI. Cdur . 49,1; 62,5; 95, e 3; I 15, la; ll8, l;132,2
Wltp. Klavier I, Prä!. Cmoll . e4 95,
Wltp. Klavier I, Fuge Cmoll 58,2; 1Q2,5; 132,7
Wltp. Klavier I, Fuge Cisdur 133, I
Wltp. Klavier I, Fuge Cismoll 103, 3 a; 149,8 a

232 233
Wltp. Klavier l, Fuge Dmoll 53,5; 156, I { Sinfonie IX, Adagio 103, 3 c
Wltp. Klavier I, Fuge Esmoll . 109, e5 Sinfonie IX, 4. Satz 109, e 3
Wltp. Klavier l, Fuge Emoll gl, 2 Sonate op. 2rt, l. Satz . 100, 5
Sonate op. 2tt, 2. Salz ' 155,2
Bach Ph. Em.: Sonate op. 2tl, Rondo .l00,3d; l2l, I

Arioso con Variazioni ( 1747) Nagel-Archiv Sonate op. 2ul, l. Satz . 154,2
Nr. 65 . 122,3 Sonate op. 7, Rondo . l2l' 2
Sechs Sonaten zum ,,Versuch über die wahre Sonate op. l0l, l. Satz ' 154,3; 154,7
Art das Klavier zu spielen": Sonate op. l0ll, 1. Satz l0l, 4
Son. II, Dmoll, Adagio Bdur .
.
109, e 6 Sonate op. l0u, 3. Satz .62, I l; l0O, 4 a
Generalbaß III/1 $ 17 a; b . 97, 2 NB Sonate op. 10lll, 2. Satz 39, 2
Generalbaß lll/lS17c. 103,3b Sonate op. l0lll, 3. Satz 105, 4
Generalbaß lll/l S 20 . 1t3, 5 Sonate op. 10lll, 4. Satz . 155, 3
Generalbaß III/2S7b 98,t Sonate op. 13, 2. Satz . 155, I
Ceneralbaß lll/2 S 14 96,2 Sonate op. l4l, 1. Satz . 126
Generalbaß Vl/t S lOb ll4, 5c Sonate op.l4ll, l. Satz 47,2; 114,6; 122, 7; 132,1 ; 154, 6
Generalba8 Vll2 S 2 ll4, 5l Sonate op.22, l. Satz ll3,3d
Generalbaß VIIi I S 12 111, d2 Sonate op. 22, 3. Satz . 45;82,2; 134,8
Generalbaß VII/2 S 2d 115,3c Sonate op. 22, 4. Satz . 140, 3; 146,2
Ceneralbaß lX/2$la .98,3c Sonate op.26,1.Satz 56,1c; 71,2;85;105,3; l10,zu a5; ll9,l8; 128,6a
Generalbaß XIll/2 g ag 95, a4 Sonate op. 26, 2. Satz, Scherzo I l0 zu e 3
Sonate op. 26, 3. Satz 120,5 40' 6
Beethoven:
Sonate op. 27tt, l. Satz 7 a; 54,3; 56,1b;76,7;77; 149,4
Sonate op.27tt, 2. Satz . . ll0, zub3;128,8d
Bagatellen op. ll9 Nr. ll 100, 3h Sonate op. z'Itt, 3. Satz 40,4; 104,3; 140, Bsp. I
,,Fidelio", IL Akt, Nr. ll (Florestan-Arie) . log, a2 Sonate op. 28, l. Satz 6l a; 103, 5 b; I 10, zu e l; 148,4
Konzert f. Kl. u. Orch. op. 58, l. S. . 65, 4 Sonate op.3lr, 3. Satz 98,3b
Konzert f. Kl. u. Orch. op. 58,3. S. . . l5l Sonate op. 3lll, 2. Satz 108, 2
Konzert f. Vl. u. Orch. op. 61, 3. S. . . 114,7 Sonate op. 3111, 3. Satz . 104, I
Oktett op. 103 Andante . 119, l9a Sonate op. 4911, 2. Satz 91, 3
Ouverture, Leonore lll . . 62,2; l2O, l; 149,7 Sonate op. 53, Rondo 98,5; ll9' l9b
Rondo a crpriccioop.l29 102,2; I10, cl; 114,9; 120,2; 134,6; 142.1; 149,6 Sonate op. 57, l. Satz . 54,8; I14,8; 11lt,2o; 129,1; 142,2; 154,4
Sinfonie l, 2. Satz . 103, ? Sonate op. 57, 2. Satz .40,8; 129,2
Sinfonie II, l. Satz . 100, 2b Sonate op.8la, l. Satz 62,4; 119,7 ; 124, 4, 125,5
Sinfonie II, 3. Satz . ll4, 2 c Sonate op.8la, 3. Satz . ll5, 3d
Sinfonie lll, l. Satz 62,3; 62,10; lOO, 4c; 102,3; l4O, zu a2; 115,2; l24,lb Sonate op. 90, l. Satz 98,4 a; 109, a I ; 146,t
Sinfonie lll, Trauermarsch l0g, c Sonate op. 101, 1. Satz . 95, b 3
Sinfonie lll, 3. Satz . 63, I ; 87,3 c; 95, a3; 108,4 Sonate op. l0l, 2. Satz . . 123,2
Sinfonie lll, Finale 62,7;62,8;114,3;134,7 Sonate op. 101, 3. Satz . 149, 8 b
Sinfonie V, 2. Satz . . 41, Bsp. zu al Sonate op. 106, Fuge . 156,2
Sinfonie V, 3. Satz . . . 41, Bsp. zu b2; 146, i Sonate op. 109, l. Satz . . 89, l; $; 117,2
Sinfonie VI, l. Satz . ll9, 8; 124,7; lS4, b Sonate op.109, 3. Satz, Var. ll . l0l, 3
Sinfonie VII, 1. Satz. 74, 3 Sonate op. lll, 1. Satz .62, 13
Sinfonie VII, 3. Satz. . 37 b; 146,6 Sonate f. Vl.-Kl. op. 24, 2 Satz . 100, 6 b
Sinfonie Vll, 4. Satz. . I13, 6 Sonate l. Vl. op. 3011, 2. Satz 128, 2 a
Sinfonie Vlll, l. Satz . 150 Sonate f. Vcl.-Kl. op. 69, l. Satz 109, e2; 128, 5a; 135,2

234 235 17
Etude op. 251 40, t0; 53'4
Streichquartett op. 591, 1. Satz 65' t
Etude oP. 25tl . . 106,3; 120,4
Streichquartett op. 591I, 2. Satz 128, 9 a
Etude op. 25vt l0l, b2
Streichquartett op. 591I, Finale . . 149' 5 3c;
. 148,2 Etude op. 25xt 76,3; 100, 2 a ; 100, 6a; b; 106, 2 b; 107; 128, 6b
op. 59u1, 1. Satz
100, 105
Streichquartett
128, 5b; 146,4 lmpromptu op. 36 128, 5 c
Streichquartett oP. 74
l11, a I Mazurka op.17I 76,5;83,2;103,3d; 119,11
Streichquartett op. 135
128, 7 e Mazurka op. 17ll . 106, 2c
Trio op. 1, Nr. 1, Scherzo . 30a
Mazutka oP. l7lll
Variationen, 13, über ein Thema in Adur von
Dittersdorf 123, I b Mazurka op. 17Iv . 63,2;65,2;114,5e
Mazurka op. 241 91,4; l19,2l 128,9d; 137,2; 145,2
Brahms: Mazurka op. 24tt . . 128,2c; 128,4
lnlermezzo oP. 76ltl . 91,5 Mazurka op.24ttt . &,7; 128,3a
lntermezzo op. I l8l ll0, zu d3; 146,3 Mazurka op. 24tv 59,4; 128, 8 b
Intermezzo op. 1191 87, 3d !i Mazurka op. 30t 65, 8
Lieder op. 32tx . 152, 5 Mazurka op. 30ll . . 152,7
Lieder op. l05Iv 63, 3 Mazurka op. 30lll 128, 2b
Lieder op. 107v ' 152,2 Mazurka op. 30lv 53,3; 54,6
Requiem, ein deutsches . 127,2 Mazurka op. 331 t28, ll
Sinfonie l, l. Satz . 121, 3a Mazurka op. 33lv .74,2; 119,12; 128,3b
Sinfonie 1,2. Satz . 88, BsP. a; 124, 3 Mazurka op. 4lll . 75
Sinfonie l, 3. Satz . 69,7; 138,4; 147,3 Nocturne op. 9ll 84; 88b; 122,2
Sinfonie Il, l. Satz . 147,2 Nocturne op. l5l 40, 5
Sinfonie Ill, L Satz lll, d3; 119, 16b;1't6'7 Nocturne op. l5ll 54.7: ll7. I
Sinfonie lll, 2. Salz 128, I b I Nocturne op. 27r . 137,3
Sinfonie IV, l. Satz 81, 2 4 Polonaise op.26I .44,2;8O,2; ll3,3c
Sinfonie 1Y,2. Satz 119, 15a '1
Polonaise op. 401
Sonate f. Vcl.-Kl. op.99, l. Satz. . ll0, zu d'2 ii
Polonaise op. 40ll
Variationen über ein Thema von Händel op.24 87,l a; ll0, zu d l; 1345 Polonaise op. 71 98,2
Variationen über ein Thema von Paganini Prdlude op. 28Il . ll0, 3
op. 35, Var. 5 . 59, 3 Pr6lude op. 28lll 76,2
Walzer op. 391 . 49, 2; ll0, zu b I Pr6lude op. 28vl 148, 6 .
Walzer op.39lI . 46, 1; lß,2a Prölude op. 28xlv 3b l0O,
Walzer op. 39lll 114, I a Scherzo op. 3l l2b; 57,2; 102,6; 119,13:' 143,2
Walzer op. 39lv . . 96, 4; 128, 7 c Sonate op. 35, 3. Satz . .57,1; 145, I
Walzer op. 39lx . 105, 5 Walzer op. 42 . l4O, 6
Chopin: Walzer op. 64ll 124,6b;137,1
Ballade op. 23 64,2 c; l2l 3b; c; 153, l;
128,9 Glementi:
Ballade op. 47 64,3; 119, l0 Pröludes et Exercices, Pt. l10t 4O,3; 76,6; 136, I
Bolero op. 19 . 111, a2; ll3, lb
Crüger:
Etude op. l0I 130, 4 a
Choral l15, 1 b
Etude op. 10ll . 42, I
Etude op. l0ltt . 65,3; 65,5; 138,5; 153,3 a Depres (de Pres) tosquln . , , 54, l2
Etude op. 10v . . 131,2
Etude op. l0vlll 7 b; 54,1; 54,5; 62,6; 73,4; 12O,3; 128,7 d; 143,1 ; 148,5 Hassler, Hans Leo:
Etude op. 10x 140,5 Lustgarten XXIV, Nr. I 116
Etude op. l0xu Lustgarten I ll5, lc
237 17r
239
Händel: Konzert f. Klv. m. Orch., l. Satz, K. V.488 ' 101' 5
Chaconne, Pt. 4c 87,3b Requiem . ' 127' I
Concerto grosso VI . 102, 4 Rondo Ddur, K. V. 485 124, 2d; 128, l; 155'4
Concerto grosso VII . Rondo Amoli, K. V. 5ll
I 10, zu a 6 155' 5
Sechs große Fugen, Pt. 4 c, Nr. Vl . 53, 2 Sinfonie Cdur, K. V. 551, 2. Salz l44, 2
Cantate construmenti No. 16 56, t Sinlonie Cdur, K. V. 551, 3. Satz 128' 7l
Leqons Präl., Pt. 4 c . 73, 2 Sinfonie Ddur, K. V.385, 1. Satz 119,5; 128, 2d; 134' 3
Pt.4c. 56,29 Sinfonie Ddur, K. V. 385, 2. Satz 124, 5b; 148' I
Leqons Präl.,
Leeons Air, Pt. 4 c. . 54, 14; 103' 6 SinfonieEsdur,K. V. 543 94

Suite Il Fdur, Pt.4c, 1. Adagio 54,4;65,6;95,a6;118,2 SinfonieGmoll,K. V. 550, l. Satz 89' 3


Suite II Fdur, Pt. 4 c, Allegro 92,2; 93; t00' I Sonate Cdur, K. V.27g 154' I
Suite II Fdur, Pt. 4 c, Fuge . 92, I Sonate Cdur, K. V. 545 47, l; 88c; 104,2;124'5a
Sonate Cdur, K. V. 576, 3. Satz 54' I
Suite III Dmoll, Pt. 4 c, Prä1. . 64, I
Messias 128' 7 b Sonate Adur, K. V.331, 1. Satz, Thema 20,4;35, l;72,3;87,5;95' b4
Sonate Adur, K. V. 331, 1. Satz, Var. III l23,la
Sonate Adur, K. V. 331, Menuett, Trio . 95, c 3; 132,6; 14O'4
Haydn: Sonate Adur, K. V.331, alla turca l23,la;138,2;139;149,3;157
Andante con variationi Fmoll f. Klv. . 48 1; 9l,l; 147,1 Sonate Amoll, K. V. 310, l. Satz ' 81, 1 ;95,c2;97'2
Capriccio Gdur, Br. u. H. 121 . 102, t Sonate Bdur, K. V. 333, 3. Satz . 54, ll a; l4l
Choral St. Antoni 42,2;
138,3 Streichquartett Cdur, K. V' 465, 1. Satz 99' 3
Fantasia Cdur, Br. u. H. 121 . 136,6 Streichquartett Cdur, K. V. 465, letzter Satz 123' 4
Kaiserhymne 39,3; 119,3; 120' 6 Trio Edur, K. V. 542, l. Satz ' 128' 8a
,,Zauberflöte", Arie der Königin der Nacht
Sinfonie Ddur, Br. u.H.2, t. Satz. 95,d3; 95,e5; 106,3a; 110,2u a t 109' d 2
Sinfonie Ddur, Br. u. H.2, 2. Satz 73,3;124,2a
Sinfonie Ddur, Br. u. H. 2, 4. Salz ll4, 2b Paganini:
Sinfonie Gdur (mit dem Paukenschtag) . ll0, zu e2 Thema mit Variationen 40, I
Sonate Esdur, Pt. l, Nr. I . 56,2h; 96,3; l0l, 1; ll3' I a
Sonate Esdur, Pt. 1, Nr. 3. 62,1;65,7; 103,5a; 108,1; ll4'5b Scarlatti - Czerny :
Sonate Gdur, Pt. l, Nr. l0 . ll9, l;123,3
53, I
Sonate Bdur, Pt. 3, Nr. 24, l. Satz . llg,2 (Haslinger) Nr. 43
Sonate Edur, Pt. 3, Nr. 27, Presto 95, b5 s. 164 132, 4

Streichquartett Bdur, Pt. 49 (Payne 57) ltg, 4 Br. u. H., V. A.32. . 95, b2;97,3
Trio Edur 109, e I
Schubert:
Divertimento ä la hongroise (zu 4 Händen)
Mendelseohn:
op54. 89,2
Lieder ohne Worte, Nr 12, Fismoll, Gondellied 106,3 c; 108,3; 112,2 lmpiomptu op.90trr. . 100,31; 110, zu b2
Lieder ohne Worte, Nr. 30, Adur . 149, t
Lieder:,Wanderers Nachtlied", op. 4, 3 ' 3'I , a
Sinfonie Amoll, I Satz .
,,Der Schiffer", Pt. V, 190 . 39' I
147, 4
Sommernachtstraum, Hochzeitsmarsch
,,Auf dem Flusse", oP. 89, 7
89, 4 40, 2
Sommernachtstraum, Ouverture Il9, I
,,Die Allmacht", oP. 79, 2 98, 3 a
,,Die Stadt", Schwanengesang Nr. 11 . 103, 4
Mozart: ,,Gretchen am Spinnrad", oP. 2 .
lll, bI
,,Entführung" l0O, 3e Quintett, Forellen-, op. t14 . 109, b
Fantasie Cmoll, K. V. 475 l0l,2i 128,7 a Sinlonie Hmoll 56, 2f; 109, e4 128,8c; 128, 10a
Fantasie Dmoll, K. V. 397 124' 6 a Sonate Cmoll, 3. Satz . ' 134, 9

238 239
T1
e.
il!
Sonate Amoll, op. 42, l. Satz 53, 6 st
l.'
Streichquartett Amoll, l. Satz 86
a-:
rt
Streichquartett Amotl, 2. Satz . t28, lOb
r!t
if
Valses nobles, op. 77, | 40, z :a
Valses nobles, op.77,5
Valses nobles, op. 77, 1O
106,2d
08 t
1i
Walzer, op. 9, 2 . 30 b

Schumann:
.
Etudes symph. op. 13, Var. IV n,2
Nacht"
Fantasiestücke op. l2,,ln der 80, I
Lieder op. 48I ,,lmwunderschönenMonatMai" ll0,c2
Lieder op. 4gtl ,,Dichterliebe" 22b
Lieder op. 48lv,,Wenn ich in deineAugen seh',, lbz, I
Streichquartett Adur, op. 4llll ll1, zu e4
Studien nach Paganini, op. Jl 58, 3

Strauß, Jos.:
,,Dorfschwalben", op. 164 2O,3

Strauß, Johann:
,,An der schönen blauen Donau", Nr, I . 43, Bsp. zu a
,,An der schönen blauen Donau", Nr. 3 . . l5Z, 3
,,G'schichten aus dem Wienerwald" . 97, 4

Wolt Hugo:
,,Ständchen" 100, 6 c

240

Das könnte Ihnen auch gefallen