war.
Plötzlich war der „Clown“ der Held und Liebling des Theaters. Man rottete sich um ihn, man huldigte ihm in Dankbarkeit und Trost. Er hatte die erlösende Tat vollführt. Er hatte den Mut gehabt, das zu vollbringen, wozu ihnen allen oftmals die Hand gejuckt und gezuckt hatte. Man jubelte ihm zu.
Er hörte nichts. Er konnte es nicht fassen, dass er jetzt, gerade jetzt, wo er für seine Liebe zu den höchsten Höhen des Erfolges steigen musste, schimpflich entlassen und jeder Chance beraubt war. Mitten in der Saison flog er auf die Strasse. Wer würde ihn jetzt engagieren, selbst wenn sich eine Vakanz bot, ihn, der als Unruhestifter aufs Pflaster geworfen war?
Unbekümmert um das Schicksal des kleinen Choristen ging die Opernrevue siegreich zu Ende. Sie schloss mit einem Jubel, wie ihn Berlin in diesem armen Winter, aber auch in besseren Zeiten, selten erlebt hatte. Endlich sank der Vorhang zum letzten Mal. Die Darsteller eilten müde und ausgeschöpft in ihre Garderoben.
Zerschlagen und entnervt schleppte sich Fatma Nansen von der Bühne. Sie wusste, was ihr jetzt noch blieb. Heute Abend hatte sie ihre Pflicht getan, hatte ihre letzte Kraft hingegeben für den Erfolg. Mehr konnte keiner von ihr verlangen. Sie wollte Schluss machen. Ihr Leben war zu Asche verbrannt, ihre letzte Liebe zu Schmach und Schande erniedrigt, von brutaler Rohheit besudelt worden.
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/101&oldid=- (Version vom 31.7.2018)