Steffi's Reviews > Bezimena

Gerade nach der Lektüre von From Hell, das mir von der zeichnerischen Seite wenig gefiel, ist das ein wahrer Genuss. Ich mag das Werk kaum als Graphic Novel bezeichnen, sondern als Bildband.

Sehr erholsam finde ich auch, dass die Bilder für sich stehen und immer die gesamte rechte Seite einnehmen. Texte stehen, wenn überhaupt auf der linken Seite. Dialoge gibt es nicht und das unterstützt die düstere Stimmung.

In merkwürdigem Gegensatz zu den klaren, schönen Bildern steht der Inhalt der Geschichte. Wir sehen alles durch die Augen eines Sexualtäters, der schon als Junge lernte, seine dunklen Triebe für sich zu behalten – und im Geheimen umso grausamer auszuleben. Es erschüttert einen, dieser Geschichte zu folgen und ist gleichzeitig von den Zeichnungen beeindruckt.

Die Vergewaltigungen, die gezeigt werden, wirken teilweise gar nicht so gewaltsam, so als ob die Frauen sich das so wünschen. Das wäre eine fatale Aussage, doch erfährt man am Ende, wie sehr die Realität der Opfer vom Erleben des Täters abweicht. Nicht nur die Sicht eines psychisch Kranken also, sondern – auch vor dem Hintergrund von MeToo – der Hinweis, wie sehr die Wahrnehmungen über einvernehmlichen oder eben nicht einvernehmlichen Sex auseinander gehen können.

Es ist immer blöd, nach der Message zu fragen, aber hier denke ich am Ende wirklich: Was soll ich denn jetzt mitnehmen? Was hat das zu bedeuten? Wie lässt sich das im Einzelnen mit dem genannten Mythos von Artemis und Siproitis verbinden? Warum ist die Titelfigur so grausam zu der Priesterin? Dass ich keine Antworten erhalten, finde ich gerade positiv.

Erst das Nachwort verrät die zusätzliche Inspiration für die Geschichte, nämlich dass die Autorin selbst, bereits als junges Mädchen, wiederholt nur knapp einer Vergewaltigung entging.