Eriugenas Innovation
Eriugenas Innovation
Eriugenas Innovation
JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted
digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about
JSTOR, please contact [email protected].
Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at
http://about.jstor.org/terms
Brill is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Vivarium
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
) VIVA
RI UM
B R 1 L L Vivarium 46 (2008) 1-23 www.brill.nl/viv
Eriugenas Innovation
Sebastian F. Weiner
Philosophisches Seminar der Universitt Zrich
Abstract
Keywords
John Scot, Eriugena, Periphyseon, division of nature, Neoplatonism
1} Es wren dann eigentlich nur vier statt der finf gegeben Bcher zu erwarten. Bislang ist als
Erklrung dafr nur das Argument vorgebracht worden, das vierte Buch sei ansonsten zu lang
geraten. Zumindest Eriugenas eigener Plan sah zunchst nur vier Bcher vor.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
2 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
soll. Man sollte annehmen, ein Denker gehe mit einem fr seine Zeit ne
Gedanken anders um, rechtfertige ihn ausfhrlich und baue alles Nachf
gende darauf auf. Aufgrund der exponierten Anfuhrung der Natureintei
zu Anfang des Werks und weil die Vierteilung der Natur im Periphyseon
male Bedeutung hat, nmlich die inhaltliche Abfolge der Bcher, geht d
Forschung von zwei Prmissen aus: (i) Eriugena prsentiert mit dieser Vie
lung der Natur einen fr seine Zeit ungewhnlichen, um nicht zu sagen n
Gedanken (ii) er hlt an dieser Einteilung das gesamte Werk ber fest.
Prmisse (ii) ist in gewisser Weise eine Folge aus (i). Wenn Eriugena ei
neuen Gedanken etablieren will, wird er ihn kaum im Laufe der Werkes
Frage stellen oder negieren, (i) ergibt sich, insofern sich eine solche Natu
teilung bei vorangehenden Denkern nicht findet, (ii) weist eine hnliche
denz auf, gerade weil im Periphyseon die Natureinteilung strukturgebend
Im Folgenden wird zu zeigen sein, dass beide Prmissen zwar nahe liegen
aber dennoch unzutreffend sind.
Nun weist Otten in ihren Untersuchungen zur reversio bei Eriugena be
auf mgliche Quellen hin, aus denen er seine Vierteilung der Natur sch
Doch gilt es, zwischen der Vierteilung als solcher und der Vierteilun
Natur zu unterscheiden: Ersteres findet sich in Antike und frhem Mittel
zuhauf, Letzteres nicht. Dennoch behaupte ich, Eriugenas Vorhaben war n
die Etablierung, sondern die berwindung dieser Natureinteilung. Er gl
den Schlssel gefunden zu haben, mit dem sich die vier Naturen in
zurckfhren lassen.
Mit ,Zurckfhrung ist dabei nicht an das Ende der Welt gedacht, an
alles zum Schpfungsgrund zurckkehrt (Otten hat diese finale Rck
bereits ausfuhrlich dargelegt),3 sondern an die Mglichkeit, die vierget
Natur hier und jetzt als Einheit zu denken. Man knnte die Darlegung d
Gedankens bereits fiir Carlos Steel und D. W. Hadley sowie zuvor schon
Werner Beierwaltes annehmen, halten diese doch gerade die Auflsung a
Differenz und Einswerdung des Geschpfes mit seinem Schpfer fiir den
scheidenden Gedanken in Eriugenas Werk.4
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 3
Steel und Hadley, deren knappe und doch przise Darstellung die aktue
Forschungslage gut abbildet, sagen dazu: When, however, Christian think
adopt Neoplatonic Metaphysics, they tended to interpret this cyclical pro
in a historical-temporal sense. (. . .) Further he [Eriugena] views the retur
not just a metaphyiscal reversion of all things (...), but also as an eschatol
cal process."5 Dies ist richtig, und doch unvollstndig. So hat die Naturein
bei Eriugena einen doppelten Charakter, und eine Komponente davo
keine prozesshafte, sondern eine statische.
Die Natureinheit ergibt sich nicht allein aufgrund der tatschlichen reve
des Geschpfes zu seinem Schpfer hin, sondern auch aufgrund der Tatsa
da ss in bestimmter Hinsicht von einer Differenz zwischen diesen beiden
Naturen gar nicht die Rede sein kann. Und diese bestimmte Hinsicht ist das,
was Eriugena als herausragendes Novum dem lateinischen Denken vorlegt.
Die dialektische Entfaltung und Wiederauflsung der Welt, eigentlich ein
stoischer Gedanke, den Eriugena von Maximus Confessor bernimmt, spielt
zwar in der tatschlichen Rckkehr des Geschpfes im Periphyseon eine tra-
gende Rolle, aber nicht bei der Auflsung der Natureinteilung.6
Diese letztgenannte Auflsung, von Eriugena analysis genannt, vermag die
ratio jederzeit zu leisten, so sie die Natur ontologisch betrachtet. Zudem, die
ratio allein hat die Natureinteilung berhaupt erst hervorgebracht; in Wahr-
heit, das heit bei Eriugena hinsichtlich des vere esse, gibt es eine solche
Differenz zwischen Schpfer und Geschpf nicht. Insofern ist es eine Frage,
wie und auf welche Weise das Geschpf am Ende der Welt zum Schpfer
zurckkehrt. Und eine andere Frage ist es, warum es secundum rationem , so die
ratio die Dialektik zu Ende fhrt, nie eine Differenz zwischen Schpfer und
Geschpf gegeben hat. Letzteres ist hier genauer zu betrachten.
Hilfreich ist zunchst eine bersetzung der Passage aus dem Anfang, welche
die Einteilung der Natur prsentiert (Zeile 13-39). Die Buchstaben N. und
A. stehen in diesem Dialog vermutlich als Abkrzungen fr nutritor und
alumnus J
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
4 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
A. Recte quidem. Sed velim rp- A. Gewiss richtig. Doch will ich,
tas, ut praedictarum formar um oppo-dass du sie wiederholst, damit der
sitio clarius elucescat. Gegensatz der zuvor genannten Arten
klar hervortritt.
1996-2003). Die hier anschlieende bersetzung wie insgesamt dieser Beitrag folgen der Synop-
sis Versionum Jeauneaus. Smtliche Stellenangaben beziehen sich auf die Zeilen dieser Edition.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 5
movet quarta quae a te addita est.bewegt mich die vierte Art, die von dir
Nam de aliis tribus nullo modo hae- hinzugefiigt ist. Denn an den anderen
sitare ausim, cum prima, ut arbitror,drei wage ich keineswegs zu zweifeln,
in causa omnium quae sunt, quaeda die erste, wie ich meine, in der
deus est, intelligatur; secunda vero inUrsache aller Seienden, welche Gott
primordialibus causis; tertia in hisist, gedacht wird; die zweite aber in
quae in generatione temporibusqueden erstrangigen Ursachen; die dritte
et locis cognoscuntur. Atque ideo de in denen, die im Werden und zu
singulis disputari subtilius necessa-Zeiten sowie an Orten erkannt wer-
rium est, ut video. den. Und darum ist es, wie ich sehe,
notwendig, sich mit den einzelnen
Arten grndlich auseinanderzusetzen.
Dem angefhrten Absatz geht eine Aussage voran, wonach sich das Wort natura
auf die Gesamtheit aller Gegenstnde erstreckt. Nachdem zwischen N und A
Einigkeit ber den Benennungsumfang des Wortes , Natur herrscht (da wir
also bereinkommen"), geht N zur Einteilung desselben ber.
Die Formulierung seiner Einteilung" (divisionis eius) bezieht sich dabei
zweifelsfrei auf das Wort , Natur, wie auch bereits zuvor , Natur mehrfach als
Wort ( vocabulum ) bezeichnet wurde. Doch wie hat man sich die Einteilung
eines Wortes in Arten zu denken? Man sollte annehmen, ein Wort lasse sich,
wenn berhaupt, nur in Silben oder Buchstaben einteilen oder unterteilen.
Doch Derartiges ist hier nicht gemeint. Erschwerend hinzu kommt, dass
zumindest nach den Regeln der Dialektik, wie sie Eriugena aus den Artes libe-
rales vertraut sind, jeder Art und artbildenden Differenz notwendig eine Gat-
tung vorangeht. Die Bezeichnung Gattung' {genus ) fur das Wort , Natur
findet sich jedoch weder hier noch irgendwo sonst im Periphyseon. Lediglich
als generale vocabulum ist es im ersten Satz bezeichnet, wonach , Natur, so
wirkt es, Name einer Gattung ist. Daher liegt der Schluss nahe, es gebe eine
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
6 S.F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
Die hier einleitende Formulierung mihi videtur macht dabei wohl kaum
eine bloe Vermutung kenntlich, sondern ist ein klassisches rhetorisches Stil-
mittel, um fiir die Untersuchung Grundlegendes einzuleiten. Sie findet sich
fr Eriugena in Ciceros Werken wie De inventione und Topica ,9 und auch
Calcidius bersetzt den Beginn der Timaios-Rede auf solche Weise.10
Ebenso klassisch ist die Form der verwendeten Vierteilung. Als Vorlage
begegnet sie dem lateinischen Westen etwa in den Vermittlerquellen der ari-
stotelischen Kategorienschrift.11 Auch dort beinhaltet die vierfache Struktur
ein ,Weder-noch' und ein ,Sowohl-als-auch' , wie es im Periphyseon auftritt.
Dass diese Struktur im karolingischen Denken einen hohen Stellenwert ein-
nahm, weist Giulio d'Onofrio nach.12 Daraus lsst sich ersehen, dass die vier-
gliedrige Einteilung, die sich hier zu Beginn des Periphyseon findet, bereits in
Eriugenas Quellen verbreitetet ist. Was sich in den Quellen indes nicht finden
lsst, ist die Anwendung der Viererstruktur auf die Natur.
Aufgrund der gegebenen Struktur der Einteilung ist eine weitere, fnfte
Natur bereits logisch unmglich. Formal ist demnach die Gesamtheit aller
Dinge umfasst. Dabei ist im christlichen Denken, in dessen Rahmen es einen
Schpfer und Geschaffenes gibt, die Aussage vertraut, es gebe etwas uner-
schaffenes Schaffendes und etwas unschpferisches Geschaffenes. Ungewhn-
lich aber ist die Behauptung, Schpfer und Geschaffenes als species derselben
Natur aufzufassen. Darf Eriugena eine so brisante Aussage, der Schpfer sei
eine species der Natur, berhaupt unbegrndet vorbringen? Bringt er damit
etwas fr seine Zeit Ungewhnliches vor, so wird er dies nicht ohne Recht-
fertigung oder Quellenverweis tun; zu autorittsorientiert ist sein ganzes
Denken.13
8) Siehe zu dieser Interpretationsschwierigkeit auch Giulio d'Onofrio, ,ber die Natur der Eintei-
lung. Die dialektische Entfaltung von Eriugenas Denken , in Begriff und Metapher - Sprachform des
Denkens bei Eriugena , Vortrge des VII. internationalen Eriugena-Colloquiums Bad Homburg
26.-29. Juli 1989, hg. von Werner Beierwaltes (Heidelberg 1990), 17-38.
9) Siehe De inventione I, II 3; I, IV 5 Topica II, II 6.
10) Calcidius Commentarius, in Plato Latinus IV (ed. Waszink), 20, 15-16.
H) Bei Aristoteles lai 9-22. Hauptquellen fr die Karolinger waren die pseudo-augustinische
Schrift De categoriis Aristotelis (De categoriae decern) sowie De nuptiis von Martianus Capeila.
12) Siehe Giulio d'Onofrio, ,ber die Natur der Einteilung. Die dialektische Entfaltung von
Eriugenas Denken, insbes. p. 34.
13) Siehe zu Eriugenas Umgang mit den christlichen Autoritten auch: J.C. Marler, ,Use of
Authority in the Periphyseon , und Giulio d'Onofrio, ,The Concordia of Augustine and Dionysius:
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S.F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 7
Wenn sich Eriugena gegen gngige Ansichten wendet, sagt er dies stet
aller Deutlichkeit.14 Indem er zu Beginn die Natureinteilung durch N
bringen lsst, htte er, so er dies fr einen bedeutsamen, erklrungsbed
Gedanken hielte, aufgrund der Dialogstruktur gute Gelegenheit, die A
N s durch A hinterfragen zu lassen. K s unbedingte Zustimmung zur E
lung der Natur deutet vielmehr auf das Gegenteil hin. Der Zweifel an
Gesagten, den A vorbringt, wird sich nur auf die vierte Art der Natur
hen. An allem brigen wagt er nicht zu zweifeln ( nullo modo haesitare a
Eine strkere verbale Zustimmung gibt es nicht.
Dieses brige, woran er nicht zweifelt, ist nicht wenig. Erstens stimm
zu, dass sich die Natur berhaupt in species einteilen lasse, also als Gat
aufzufassen sei. Zweitens sind ihm die differentiae specificae , die jeweilig
hung und Verneinung von creat und creatur , offensichtlich gelufig, dr
hat er keine Bedenken, den Schpfergott als erste der species aufzufasse
erstrangigen Ursachen als die zweite, und das sichtbar Geschaffene als
dritte. Hinsichtlich der Frage, welche Gegenstnde den einzelnen speci
sprechen, hat sicher Augustinus als Vorlage gedient.
Dem Inhalt nach sind bei diesem allerdings Ursachen unterteilt, nich
Gesamtnatur. So sagt Augustinus, indem er eine Ordnung der Ursache
causarum) vorgibt: Daher ist die Ursache der Dinge, die macht und
wird, Gott, anderes hingegen sind die Ursachen, die sowohl machen, a
(gemacht) werden, wie etwa alle geschaffenen, am meisten rationalen G
Die krperlichen Ursachen aber, die mehr (gemacht) werden als mache
nicht unter die Wirkursachen zu zhlen."15 Dies deckt sich mit dem, w
Periphyseon ganz selbstverstndlich ( nullo modo haesitare ausirri) den erst
den Arten zugewiesen wird: die Allursache, welche Gott ist, und jene rat
die im Anschluss an Augustinus , erstrangige Ursachen (< causae primor
genannt werden. Und so wie Augustinus die krperlichen Ursachen
Towards a Hermeneutic of the Disagreement of Patristic Sources in John the Scots Periph
beide in Eriugena: East and West - Papers of the Eight International Colloquium of the Soc
the Promotion of Eriugenian Studies , Chicago and Notre Dame, 18-20 October 1991,
Bernard Me Ginn and Willemien Otten (Notre Dame/London 1991), 95-113 & 114-
14) Siehe etwa I, 1224-1251, wo er eine gewichtige opinio dialecticorum verwirft.
15) De civitate dei V, 9, 4 (CCSL XLVII, 139, 138-142): Causa itaque rerum, quae facit
deus est. Aliae vero causae et faciunt et fiunt, sicut sunt omnes creati spiritus, maxime rat
Corporales autem causae, quae magis fiunt quam faciunt, non sunt inter causas efficiente
merandae. Ich habe bei der bersetzung bewusst den Unterschied von creare bei Eriu
facere bei Augustinus kenntlich gemacht. Siehe zu dieser Quellenvorlage Goulven Made
Scot et ses auteurs (Paris 1988), 74.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
8 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
mehr als causa auffasst, so tritt auch die dritte Art der Natur im Periphys
effectus auf.16 Vor dem Hintergrund dieser Vorlage erklrt sich auch, w
die Anfgung {quae addita est) einer vierten Art unklar ist: sie findet be
stinus keine Entsprechung. Die zuvor genannte Unterscheidung ist b
keine augustinische Innovation, insofern sich eine auf Bejahung und V
nung des Verbs , erschaffen aufbauende Einteilung schon bei Philon von
xandrien findet.17
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S.F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 9
Weil auch Alkuin keine Erklrung oder Quelle angibt, aufgrund dere
Einteilung statthaft oder gar evident ist, bleibt die Frage nach einer m
Quelle bestehen. Zunchst ist allerdings Eriugenas , feinere', viergliedr
teilung zu klren. Wie beschreibt er die einzelnen species bzw. wie rech
er ihren Status? Zur ersten species lsst er A im ersten Buch sagen, sie
Gott gedacht, genauer in der Ursache aller. Eine nhere Angabe h
erfolgt etwas spter im Text: Die erste Differenz also der zuvor gen
Einteilungen der Natur scheint in dem zu bestehen, was schafft und
erschaffen wird. Und zurecht, weil diese Art der Natur allein v
zutreffend ausgesagt werden kann, der allein allschaffend als anarch
heit ohne Anfang) zu denken ist, weil nur er die hchste Ursache aller
aus ihm und durch ihn gemacht sind."24
20) Siehe zur Gliederungsschwierigkeit Origene - trait des principes , texte tabli pa
G. Doviral, A. Le Boulluec (Paris 1976), intr. p. 9.
2,) Siehe dazu Periphyseon V, 3095-3097.
22) PL 101, 28C: Ideo in rerum naturis haec duo tantum sunt, id est creator, et creat
23) II, 103-105.
24) I, 402-407: Praedictarum itaque naturae divisionum prima differentia nobis visa e
quae crt et non creatur. Nec immerito, quia talis naturae species de deo solo recte prae
qui solus omnia creans ANAPXOC (hoc est sine principio) intelligitur esse, quia p
causa omnium quae ex ipso et per ipsum facta sunt solus est.
Das solus heit dabei nicht, dass Gott nur dies und nichts anderes ist, sondern dass nur
dieses ist. Eriugena trennt nicht immer sorgfaltig zwischen anarchos und anaitios , late
principio und sine causa , also zwischen anfanglos und ursachenlos (etwa I, 3103), w
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
1 0 S.F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
Was die zweite Art betrifft, so geht der Ausdruck fir dessen Bezugsge
stand, causae primordiales (vorrangige Ursachen), anders als es Sheldon-Wil
behauptet, auf Augustinus zurck.25 Dort ist er im Zusammenhang mit
vierten Form der Seienden angefhrt: (. . .) auf andere Weise in den Sa
in denen gleichsam von Neuem die vorrangigen Ursachen wiederholt we
durch Dinge geleitet, die von den Ursachen her, die er zuerst grndete, ex
ren, wie etwa die Pflanze aus der Erde und der Samen aus der Pflanze."26
Zwar ist damit gesagt, dass die Samenkraft gleichsam eine Wiederholu
der vorrangigen Ursachen ist, doch was diese selbst sind und in welcher
vier Formen sie sich wiederfinden (wenn sie sich berhaupt wiederfinden
nicht angegeben. Indes sind sie in De civitate dei innerhalb der Ursachen
nung als zweites angefhrt, weshalb es wahrscheinlich fir Eriugena
Anfang an offensichtlich ist, sie als solches denken zu mssen, was , schafft
erschaffen wird'.27
Sheldon-Williams hat mit dem Verweis auf Dionysius Areopagit
Quelle fr die causae primordiales insofern recht, als die einzelnen Bene
nungen dieser Ursachen, wie sie sich im Periphyseon finden, auf diesen T
logen zurckgehen.28
griechischen Kirchenvtern durchaus differenziert wird. So benennt bei Gregor von Nazian
Anfanglose den Vater, der Anfang hingegen den Sohn. Der Sohn hat so einen Anfang, is
ursachenlos, siehe Oratio 42, 16 (Sources Chrtiennes 284, 82, 15-16): "Ovojia ico
vpxq) rcarnp, if' Se p%fj Yi, wenngleich der Sohn ursachenlos ist, Oratio 30, 1 1 (S
246, 12-13): Xka cb ekeiev -impxovxo axpvco Kai vavuG und als Begrndung
Oratio 29, 4 (SC 250, 182, 24-25): O yotp 0e t kti^evov.
25) Siehe Goulven Madec ,Jean Scot et ses auteurs (Paris 1988), 74; er fuhrt als Vorlage bei A
stinus an: De genesi ad litteram VI, 10, 17 (PL 34, 346), Zur Aussage Inglis Patrick Shel
Williams' siehe ders., Periphyseon Book I (Dublin 1968), 223. Eine weitere Aufstellu
Begriffsgenese findet sich bei: Robert D. Crouse, 4 Primordiales Causae in Eriugena s Interp
tion of Genesis: Sources and Significance', in: Iohannes Scottus Eriugena - the Bible and H
neutics, Proceedings of the Ninth International Colloquium of the Society for the Promotio
Eriugenian Studies, held at Leuven and Louvain-la-Neuve, June 7-10, 1995; ed. by Gerd
Riel, Carlos Steel and James McEvoy (Leuven 1996), 209-220.
26) De genesi ad litteram VI, 10, 17 (PL 34, 346): aliter in seminibus, in quibus rursu
primordiales causae repetuntur, de rebus ductae quae secundum causas, quas primum con
existerunt, velut herba ex terra, semen ex herba. Auch Beda gebraucht diesen Ausdruc
Beginn von De natura rerum (PL 90, 188A).
27) De civitate dei V, 9, 4 (CCSL XLVII, 139, 138-142): Aliae vero causae et faciunt et fiun
sunt omnes creati spiritus, maxime rationales.
28) Ders., Periphyseon Book I (Dublin 1968), 223.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 1 1
29) II, 3168-3178 und III, 133-191, auf Deutsch sinngemss: das Gute - das Wesen -
Leben - der Verstand - das Denkende - die Weisheit - das Vermgen - die Schnheit -
Wahrheit - die Ewigkeit - die Gre - die Liebe - der Frieden - die Einheit - die Vollendu
30) I, 147-159.
31) Etwa I, 174-178.
32) III, 9/17.
33) II, 140; die Vorlage fir idea in der Verwendung von exemplum lieferte wohl Calcidius in sei-
nem Kommentar zum platonischen Timaios , siehe Calcidii Commentari us, ed. Waszink, 306,
4-7: (...) porro ideae sunt exempla naturalium rerum. Eine weitere Quelle dafr ist Macrobius,
In somnium scipionis I, 2, 14.
34) Indem sie dies sind, entziehen sie sich aller Fassbarkeit. Sie sind also nichts Intelligibles.
Worauf sich der Intellekt berhaupt beziehen kann, bleibt unklar; auf die Formen der Platoniker
sicher nicht, insofern Eriugena gerade diese zu den vorranigen Ursachen rechnet. Ebenso ent-
zieht sich die essentia dem Intellekt. Formen wie ^hnlichkeit' oder , Vielheit' treten im Periphy-
seon hchstens als Akzidenzien auf. Es ist in dieser Hinsicht fraglich, inwiefern Eriugena als ein
Vertreter des Idealismus angesehen werden kann, wie dies etwa Dermot Moran vertritt, siehe
ders., The Philosophy of John Scottus Eriugena, A study of Idealism in the Middle Ages (Cambridge
1989); sowie ders., 'Idealism in Medieval Philosophy: The Case of Johannes Scottus Eriugena',
in Medieval Philosophy and Theology 8 (1999), 53-82.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
12 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
Die dritte Art schlielich soll sich auf solches beziehen, was im Werden
Zeiten und an Orten" erkannt wird (cognoscuntur) . Dies ist fr Eriu
gleichbedeutend mit der geschaffenen Welt, wie seine sptere Abhandlu
ber Ort und Zeit zeigt: Ort und Zeit nmlich sind zu allem Geschaffen
hinzuzuzhlen. In diesen beiden besteht die gesamte jetzige Welt und kan
ohne sie nicht sein, weswegen sie bei den Griechen hon aneu to pan (das h
ohne die das Gesamte nicht sein kann) heien."35
Merkwrdig bleibt die vierte species , von der es zuvor heit, sie sei
Unmgliches aufgestellt", da ihr ein solches Sein zukomme, das nicht
knne. Nheres zu dieser Unmglichkeit sagt Eriugena nicht. Wie die spt
Bcher zeigen, wird diese species gleich der ersten auf Gott bezogen, und
als Ziel und Ende der Schpfung.36 Den Gedanken eines Endes, das mit d
Anfang zusammenfllt, erhlt er dabei vor allem von Maximus Confessor.
Demnach lsst sich zwar das, was Eriugena den einzelnen species zuweist
seinen Quellen verorten, doch bleibt die Frage, ob die Vierteilung der N
nicht doch Eriugenas eigener Gedanke ist. Eine Suche in der Patrologia-La
Datenbank bleibt ergebnislos, gleich, in welchem Kasus man natura und d
als Suchbegriffe einsetzt. Naheliegend als mgliche Quelle ist Hrabanus M
rus De universo , doch bei ihm findet sich ebenso wenig ein Hinweis wie
Walafried Strabo. Keine lateinische Quelle des 8. oder 9. Jahrhunderts pr
tiert eine zumindest hnliche Vierteilung, auch Bedas De natura rerum ni
Warum ist vor diesem Hintergrund ein Festhalten an der Annahme, E
genas Zeit sei diese Einteilung bereits bekannt gewesen, dennoch sinnvo
Zwei Argumente lassen sich vorbringen, ein quellenbezogenes und ein in
liches. Es gibt einen lateinischen und den Karolingern bekannten Autor,
von den species naturae spricht, jenem Ausdruck, der im Periphyseon so u
35) I, 1131-1135: Locus siquidem et tempus inter omnia quae creata sunt computantur.
nanque duobus totus mundus qui nunc est consistit et sine quibus esse non potest, ideo
graecis dicuntur QN ANEY TO I1AN (id est sine universitas esse non valet). Das geschaffe
ist dabei nicht unbedingt mit der krperlichen Gesamtheit gleichzusetzen. So weist Er
etwa auch aller Wissenschaft einen Ort zu, nmlich in der Seele (I, 1396-1419).
36) Etwa II, 65-69; siehe dazu auch Willemien Otten: ,The Dialectic of Return in Eriu
Periphyseon .
37) Ambigua ad IohannemAVGVX , 1257D.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S.F. Werner / Vivarium 46 (2008) 1-23 1 3
38) De natura rerum I, 148 (ed. Bailey); der Ausdruck tritt wiederholt zu Beginn des Buches VI auf.
39) Siehe zu diesen Quellen Goulven Madec, Jean Scot et ses auteurs.
40) Annotationes ad marcianum , ed. Cora Lutz, 93, 2-9.
41) 1,2010-2015.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
1 4 S.F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
42) Kenney sagt ber den Aufbau von De natura rerum : Lucretius is the earliest surviving L
poem in which the 'book' is handled as an artistic unit and plays integral part in the liter
architecture", zitiert nach Michael Erler, ,Lukrez' in Grundriss der Geschichte der Philosophie
Antike 4/1, 413; eine hnliche formale Bedeutung nimmt das ,Buch' auch im Periphyseon e
43) Dies., John Scotus Eriugena', 399.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 1 5
zuvor schon, bei der Darlegung der Unfassbarkeit der causae primordiales , hei
es, sie seien in der causa omnium , also der ersten Natur, enthalten.44 Wenn s
darin enthalten sind, so ist die zweite species in der ersten enthalten, etwa
dass der Dialektik nach fr species nicht gelten darf. Verstrickt Eriugena sic
hier in Widersprchen? Im Gegenteil, er macht sich daran, die augenschein
lichen Widersprche zwischen der seiner Zeit gelufigen Natureinteilung und
den Aussagen der griechischen Theologen zu lsen. In einer Hinsicht nmlic
sei die Natureinteilung zwar gltig, in einer anderen aber obsolet.
Die Antwort, inwiefern Gott auch als erschaffen angesehen werden kann
ja sogar muss, findet sich etwas spter im ersten Buch, und dieser dort ange
gebene Grund wird letztlich auch die vier species der Natur aufheben bzw.
vereinen. So heit es dort: erschaffen wird (Gott) aber, weil nichts auer ih
essentiale ist; er nmlich ist die essentia von allem."45
Diese metaphysisch aufgeladene Aussage ist hier nicht nher ausfhrbar. S
immens wichtig, wie sie ist, bedarf sie einer ausfhrlicheren Darlegung, als
hier geleistet werden kann.46 Wenigstens lsst sich zeigen, dass eben dieser
Gedanke zu Beginn des zweiten Buches die Rckauflsung der Natur einseh
bar macht. Dort heit es, die viergliedrige Einteilung lasse sich auflsen in
eine zweigliedrige, Schpfer und Geschpf, und diese wiederum in gttlich
Einheit: N. Verneinst du etwa, dass Schpfer und Geschpf eines sind?
A. Schwerlich knnte ich dies verneinen. - N. Die Gesamtheit also, die Gott
und das Geschpf beinhaltet, welche zuerst in vier Arten eingeteilt ist, wir
danach zu einem Unteilbaren, Anfang nmlich und Ursache und Ende
zurckgefhrt."47 Schpfer und Geschpf sind demnach eines, aber inwie-
fern? Die folgende Aussage antwortet darauf:
Wenn du das Geschpf dem Schpfer hinzufgst, wirst du da an etwas anderes denken, als
daran, dass er allein wahrhaft ist? Nichts nmlich auerhalb von ihm selbst heit wahrhaft
essentiale , weil alle, die von ihm sind, nur in dem Mae sind, als sie an dem teilhaben, der
44) I, 174-178.
45) I, 499-500: (...) creatur autem quia nihil essentialiter est praeter ipsam, est enim omniu
essentia. Das Wort essentia halte ich im Periphyseon fr letztlich unbersetzbar.
46) Siehe dazu: Sebastian Weiner, Eriugenas negative Ontologie , Bochumer Studien zur Philosophi
Bd. 46 (Amsterdam: Benjamins, im Druck).
47) II, 109-119: N. Num negabis creatorem et creaturam unum esse? - A. Non facile negarim
huic enim collectioni resistere videtur mihi ridiculosum esse. - N. Universitas itaque quae deo
creatura continetur prius in quattuor veluti formas divisa iterum ad unum individuum, prin
pium quippe causamque finemque revocatur.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
16 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
ausgehend von sich selbst allein durch sich selbst besteht. Verneinst du also, dass Schpfer
und Geschpf eines sind? 48
Esse enim omnium est super esse divinitas , das Sein von allem nmlich ist
die berseiende Gottheit".50 Wie das enim , griechisch gar zeigt, handelt es
sich bei diesem Satz um eine Begrndung, aber eine Begrndung wofr? Ein
Blick auf den Zusammenhang, in dem der Satz bei Dionysius steht, hilft
weiter: Einerseits also hat alles Unbelebte am Sein desselben [des Hervor-
sprudelnden] teil, denn das Sein von allem ist die ber dem Sein liegende
Gottheit (. . .)."51 Wenn der mit denn" beginnende Nebensatz sich auf das
Vorangehende bezieht, dann begrndet das Sein von allem" die Teilhabe
alles Unbelebten am Sein des zuvorgenannten Sich-Ergieenden. Demnach
ist nicht der Teilhabegedanke dasjenige, was die Aussage sttzt, sondern
umgekehrt, der von Eriugena so vielzitierte Satz erlutert bei Dionysius gerade
den Teilhabegedanken.52
48) II, 269-277 (Angaben nach Jeauneaus' Kolumnenedition): N. Quid si creaturam creatori
adiunxeris ita ut nil aliud in ea intelligas nisi ipsum qui solus vere est? Nil enim extra ipsum vere
essentiale dicitur, quia omnia quae ab eo sunt nil aliud sunt in quantum sunt nisi participado
ipsius qui a se ipso solus per se ipsum subsistit. Num negabis creatorem et creaturam unum
esse?
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S.F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 17
Wie ist dieses Sein von allem" zu verstehen, kausal, final oder substanz
Bei Eriugena enthlt es alle drei Komponenten, insofern er dieses esse omn
auch als essentia bzw. substantia omnium rerum bestimmt.53 Und hinsich
dieses Seins, einem Sein von allem, das zugleich als die dem Einzeln
zugrunde liegende Substanz auftritt, gibt es keine Differenz zwischen Sc
fer und Geschpf. Es gibt nur zwei Aspekte im Periphyseon , hinsichtlich
sen Gott sich vom Geschpf unterscheidet: Erstens hinsichtlich der schaffe
und unerschaffenen Natur, die nur von Gott mit Recht ausgesagt werd
kann."54 An keiner Stelle macht er dabei eine Differenz geltend, die sich
das esse bzw. die essentia bezieht. Vielmehr wiederholt er gerade unermd
die Einheit der essential. Zweitens bezeichnet er die sichtbare Schpfung
ums andere Mal als imago oder Widerhall {ech) des Schpfers.55
Damit ist sicherlich eine ontologische Differenz gegeben, wenn wir uns
aristotelischen Ontologiebegriff zu Eigen machen, der auch den Neuplato
mus prgte. Aber eine Seinsdifferenz vermag Eriugena hier gar nicht au
machen, weil es seiner Ansicht nach nicht zwei Seiende gibt, die ontolog
differieren, sondern nur ein Seiendes, die essentia von allem, die sich in
sinnlichen Abbildern offenbart. Gott hat sich nach Eriugena im Sinnlich
selbst erschaffen, indem er sich darin zeigt. Ontologisch gesehen gibt es
keine Differenz zwischen den Seienden, sondern es gibt nur einen wahrh
Seienden, der sich in allem, das wir , seiend' nennen, als Daseinsfundame
verbirgt. Weil dieses Modell nicht dem neuplatonischen entspricht, Eriu
aber zumeist als neuplatonischer Denker eingeordnet wird, bleibt dieser P
in seinem Denken zumeist ungesehen.
Welche Funktion nimmt so die Einteilung der Natur berhaupt noch e
wenn sie secundum essentiam aufzulsen ist? Sie ist, so heit es zu Beginn
zweiten Buches, eine comtemplatio intelligibilis universitatis , also eine Bet
tung der intelligiblen Gesamtheit.56 Zwar macht Eriugena nicht deutlich,
genau er unter dieser contemplano versteht und was das Intelligible umfa
soll, doch ist zumindest so viel klar, dass er die Natureinteilung nich
unsinnig oder gar unzulssig ansieht. Wird diese contemplano indes den R
der Dialektik gem vervollstndigt, so ergibt sich eine indifferente Na
mittels der analysis. Es gebe generell keine Einteilung, heit es zu Beginn
53) I, 59-70.
54) I, 404-405: (...) quia talis naturae species de deo solo recte praedicatur.
55) Etwa I, 193-198; V, 2437-2450.
56) II, 3.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
18 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
zweiten Buches, die sich nicht wieder in jene Einheit rckauflsen liee,
der sie hervorgegangen ist (II, 36-46). Dieses Verfahren nennt N zuvor d
analytische, also wrtlich ,rck-auflsende' Wie ist diese Rckauflsung
Natureinteilung mglich? Die Antwort wurde schon angefhrt: Wenn du
Geschpf dem Schpfer hinzufgst, wirst du da an etwas anderes denken
daran, dass er allein wahrhaft ist?"
Springen wir zur nchsten Stelle, wo von der Differenz zwischen Schp
und Geschpf und damit von der Natureinteilung die Rede ist. Sie findet
in der Mitte des dritten Buches und behandelt die Lehre des Dionysius A
pagita. Dialogfigur A sagt darber:
Und unvergleichlich hher und verwunderlicher als all dies scheint mir das zu sein, was
der Autoritt des heiligen Dionysius Areopagita zuerkennst, dass nmlich Gott s
sowohl der Macher von allem ist als auch in allem gemacht ist; dies nmlich ist nicht
von mir bis jetzt unvernommen und mir unbekannt, sondern auch vielen, ja fast a
Denn wenn dies so ist, wer wird dann nicht unverzglich in diese Worte ausbrechen
verknden: Gott ist so alles und alles ist Gott!57
57) III, 1328-1334: Et his omnibus incomparabiliter altius et mirabilius mihi videtur quod
Dionysii Ariopagitae auctoritate utens asseris, ipsum videlicet deum et omnium factorem es
in omnibus factum; hoc enim adhuc inauditum et incognitum non solum mihi, sed et mu
paene omnibus. Nam si sic est, quis non confestim erumpat in hanc vocem et proclamet
itaque omnia est et omnia deus!
58) III, 1335-1337: Quod monstrosum aestimabitur etiam his qui putantur esse sapientes,
tipici rerum visibilium et invisibilium varietate considerata.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 1 9
finden, ja sogar diese verknden, dass Gott selbst der Macher von allem ist
und in allem gemacht ist."59
Diese Aussage findet sich in den Schriften des Pseudo-Dionysius Areo
pagita explizit an keiner Stelle. Entscheidend ist jedoch, was Eriugena in de
Folge (ab III, 2818) aus seiner Behauptung entwickelt. Er wendet sie auf die
Differenz zwischen Schpfernatur und Geschpfnatur an: Und wenn d
Geschpf aus Gott entsprungen ist, wird Gott Ursache sein, das Gesch
aber die Wirkung. Wenn aber das Geschpf Wirkung ist, und Wirkung nicht
anderes als die gemachte Ursache, dann folgt, dass die Gott-Ursache sich in
ihren Wirkungen gemacht hat. Denn was seiner Natur nach verschieden ist
geht nicht aus der Ursache in seine Wirkungen ber. So wie in der Wrme u
dem Licht nichts anderes als dieselbe Kraft des Feuers auftritt."60
Das Gemachtsein Gottes, genauer das der gttlichen Ursache, wird hie
nher bestimmt: Sie ist in ihren Wirkungen erschaffen. Was das fr die Natu
Gottes heit, zeigt sich im Folgenden: Siehst Du nicht durch die Vernunft
dass wir ein und dieselbe Natur, die gttliche sicherlich, gemss dem Betrach
ten des Anfangs nicht erschaffen sondern schaffend, gemss der Erforschun
des Endes aber weder erschaffen noch schaffend nennen mssen?"61
Was bedeutet das? Die Einteilung der Natur in Anfang und Ende ist nur
gegeben durch den je verschiedenen Standpunkt. Es ist ein und dieselbe gt
liche Natur, die einerseits schaffend erscheint, andererseits weder schaffen
noch erschaffen.
Wie ich meine, bleibt allein das vermittelnde Argument, das durch zweierlei Ma seinen
Betrachtern einleuchtet. Das erste Ma, wenn die gttliche Natur als erschaffen un
schaffend betrachtet wird. Erschaffen nmlich ist sie von sich selbst in den erstrangige
Ursachen, und erschafft so sich selbst, das heit, sie fngt an, in ihren Theophanien z
erscheinen aus den verborgensten Naturen, aus deren Tiefen sie hervortreten will (...). D
59) III, 2633-2635: Quisqus horum verborum virtutem perspexerit, nil aliud reperiet suader
immo etiam pronuntiare, nisi ipsum deum omnium factorem esse et in omnibus factum.
60) III, 2827-2832: At si creatura ex deo, erit deus causa, creatura autem effectus. Si autem crea-
tura est effectus, et nil aliud est effectus nisi causa facta, sequitur deum causam in effectibus su
fieri. Non enim ex causa in effectus suos procedit, quod a sui natura alienum sit. Siquidem i
calorem et in lucem nil aliud nisi ipsa vis ignea erumpit.
61) III, 2892-2895: Videsne ergo qua ratione unam eandemque naturam, divinam videlice
iuxta considerationem principii non creatam sed creatricem, iuxta vero finis speculationem n
creatam nec creatricem possumus appellare?
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
20 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
zweite Ma aber, wenn sie in den uersten Wirkungen der erstrangigen Ursachen betrac
tet wird, in denen sie lediglich als erschaffen, nicht aber als schaffend rechtmig benan
wird. Erschaffen nmlich steigt sie hinab bis in die uersten Wirkungen, auerhalb dere
nichts erschafft; daher nennt man sie nur erschaffen und nicht schaffend. (...) Erschaff
also und schaffend ist sie in den erstrangigen Ursachen; in ihren Wirkungen aber ist
erschaffen und schafft nicht.62
62) III, 2897-2914: Rationem medietatis restare solummodo arbitror, quae duplici modo co
templatoribus suis arridet. Primo quidem, quando et creari et creare conspicitur divina na
Creatur enim a se ipsa in primordialibus causis, ac per hoc se ipsam creat, hoc est, in suis t
phaniis incipit apparere ex occultissimis naturae suae sinibus volens emergere (...). Sec
vero, dum in extremis effectibus primordialium causarum perspicitur, in quibus creari tantu
modo, non autem creare recte praedicatur. Creatur enim descendens in extremos effectus, ul
quos nil creat; ideoque dicitur creari solummodo et non creare (...). Creatur ergo et creat
primordialibus causis; in earum vero effectibus creatur et non creat.
63) Siehe dazu obiges Zitat aus I, 499-500.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 2 1
Wird damit die Natureinteilung als nichtig erklrt, wird sie aufgehoben? D
sicherlich nicht, doch es wird ein Weg aufgezeigt, wie sie wieder aufzulsen
Und dieser Weg sei notwendig, so man der ratio folge. Wie Eriugena vorgib
wird je ein Buch des Periphyseon von je einer Natur handeln. Doch mit ke
nem Wort sagt er, mittels diesem Unternehmen die Differenzen der einzel
Naturen herauszuarbeiten. Sein Vorgehen verfolgt das umgekehrte Z
Die Prsentation aller vier Naturen, um infolgedessen ihre Indifferenz nach
weisen, was das Sein angeht. Dabei soll es der Weg der Vernunft oder
Schlussfolgerns ( via ratiocinandi) sein, der von der viergliedrigen Einteil
zur Einheit zurckfuhrt.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
22 S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23
Doch die Sache verhlt sich nicht so einseitig. Er erklrt nicht die Natur-
einteilung fr nichtig, sondern hlt es fixr vernnftig, dasjenige, was gem der
ratio (I, 17-18) zunchst einzuteilen ist, auch wieder in Eines zurckfuhren.
Anders gesagt, im Periphyseon denkt Eriugena die Einteilung der Natur zu
Ende, und das kann, seiner dialektischen Regel folgend, nur heien, er lst sie
wieder auf. Die Einteilung der Natur wird dadurch nicht absurd, sondern ist
nur der erste Teil einer vollkommenen Betrachtung {contemplano) der Wirk-
lichkeit. Nicht die Einteilung als solche hlt A in II, 115-116 fr lcherlich
( ridiculosum esse), sondern das Zgern hinsichtlich ihrer Wiederauflsung.
Ein zweiter Einwand betrifft den lateinischen Titel des Werks: De divisione
naturae . Warum heit es nicht De divisione et resolutione naturae ? Dem latei-
nischen Titel nach hlt Eriugena ber das gesamte Werk hinweg uneinge-
schrnkt an der Einteilung der Natur fest.
Indes zeigt Jeauneau in der Einleitung zur Edition des ersten Buches, dass
dieser lateinische Titel erst in den Bibliothekskatalogen des 16. Jahrhunderts
Eingang findet, whrend das Werk zuvor Physica , De natura , De naturis oder
Periphyseon genannt wurde. Eriugena selbst nennt die ersten Bcher des Peri-
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms
S. F. Weiner / Vivarium 46 (2008) 1-23 23
^ Siehe dazu Jeauneaus Ausfhrungen in seiner Einleitung zur Edition von Buch I, p. 4-7.
This content downloaded from 186.56.171.138 on Fri, 17 Mar 2017 16:21:41 UTC
All use subject to http://about.jstor.org/terms