Längsbewehrung
Längsbewehrung
Längsbewehrung
4 Ingenieurmodelle
4.1 Allgemeines
In diesem Kapitel werden eigene Ansätze zur Biege- und Querkraftbemessung sowie zur
Rissbreitenbegrenzung von FVK-bewehrten Betonbauteilen abgeleitet und mit bestehenden
Ansätzen verglichen. Dazu werden die Ergebnisse der Versuche in Kapitel 3 herangezogen
sowie weitere Versuche aus der Literatur, die zu einer Querkraft- bzw. Rissbreitendatenbank
zusammengefasst wurden.
4.2 Biegung
4.2.1 Allgemeines
Wegen des im Vergleich zu Stahl geringeren E-Moduls sind bei einem FVK-bewehrten Be-
tonquerschnitt für eine wirtschaftliche Bemessung unter Ausnutzung der höheren Materialfes-
tigkeit deutlich größere Dehnungen der Bewehrung erforderlich. Durch die große Rotation der
Dehnungsebene wird die Druckzone eingeschnürt und es kann zum vorzeitigen Betonversa-
gen kommen. Die Ausnutzung der Festigkeit der FVK-Bewehrung ist daher nur möglich,
wenn die Druckzone ausreichend tragfähig und duktil ist (Betondruckfestigkeit, Querschnitts-
geometrie) und die statische Nutzhöhe des Betonquerschnitts so gewählt wurde, dass genü-
gend große Dehnungen auf Höhe der Bewehrungslage entstehen können. Da FVK anders als
Stahl nicht fließt, kommt dem Entwurf im Sinne der Wirtschaftlichkeit hier eine noch größere
Bedeutung zu. Die Schnittgrößen können für statisch bestimmt gelagerte Bauteile linear-
elastisch berechnet werden. Bei statisch unbestimmt gelagerten Bauteilen ist zu berücksichti-
gen, dass sich die Schnittkräfte aufgrund des fehlenden plastischen Rotationsvermögens bei
Bauteilen mit FVK-Bewehrung ggf. nicht entsprechend der Elastizitätstheorie einstellen kön-
nen. Es ergeben sich z.T. größere Schnittkräfte als nach E-Theorie.
Im Stahlbetonbau kann der Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit für Biegung mit
Bemessungshilfen wie dem Allgemeinen Bemessungsdiagramm oder der Bemessungstabelle
mit dimensionslosen Beiwerten geführt werden. Bei einer Bemessung für FVK muss dagegen
entweder eine rechnergestützte Bemessung oder eine manuelle Berechnung durchgeführt
werden. Um eine iterative Bemessung durch die notwendige Variation der Dehnungsebene zu
vermeiden, wird im Folgenden die allgemeingültige Herleitung einer Bemessungshilfe für
faserverbundkunststoffbewehrte Betonquerschnitte unter Biegung und Normalkraft erläutert.
Die Bemessung gilt für Betonfestigkeitsklassen bis C 50/60. Auf dieser Grundlage wird ein
Allgemeines Bemessungsdiagramm für Betonquerschnitte exemplarisch für die in einigen
Versuchen verwendete Glasfaserbewehrung Aslan 100 der Firma Hughes Brothers erstellt.
4 Ingenieurmodelle Seite 87
4.2.2 Schnittgrößenermittlung
Wie in Kapitel 2 bereits beschrieben, wird in den internationalen Richtlinien und Normen für
Bauteile mit Faserverbundkunststoff-Bewehrung zur Biegebemessung im Allgemeinen das
Bemessungsmodell des Stahlbetonbaus unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Materi-
alverhaltens übernommen. Die Richtigkeit dieses Vorgehens wird in internationalen Veröf-
fentlichungen [Buy95, Cla95, Dur97] bestätigt. Für die Herleitung von Hilfsmitteln zur Bie-
gebemessung können die gleichen Voraussetzungen und Annahmen wie für Stahlbetonbautei-
le angesetzt werden:
Mit den Bezeichnungen in Bild 4-1 ergibt sich die Betondruckkraft im Bemessungsquer-
schnitt zu:
x
Fcd = ∫ σ c ( z ) ⋅ b( z ) ⋅ dz (4-1)
z =0
⎢
σ c ( ε c ) = f cd ⋅ 1− ⎜ 1− ⎟ ⎥ (4-3)
⎢ ⎝ ε c2 ⎠ ⎥
⎣ ⎦
f ck
f cd = α ⋅
γc
Für Betonfestigkeitsklassen bis C 50/60 wird in [DIN01] der Exponent zu n = 2 und die Deh-
nung zu εc2 = 2 ‰ angegeben. Für 2 ‰ ≤ εc ≤ 3,5 ‰ gilt σc = fcd. Die Betondruckkräfte im
Bereich der parabelförmigen und der konstanten Druckspannungsverteilung ergeben sich wie
folgt [Leo84]:
4 Ingenieurmodelle Seite 89
(1) 0 ≤ εc2 ≤ 2 ‰:
εc 2
Fcd = b ⋅
x
ε c2
( )
⋅ ∫ f cd ⋅ ε c − 0 ,25 ⋅ ε c2 ⋅ d ε c
ε c =0
⎡1 ⎤
= b ⋅ f cd ⋅ x ⋅ ⎢ ⋅ ε c 2 ⋅ ( 6 − ε c 2 ) ⎥ (4-4)
⎣ 12 ⎦
⎛ 3 ⋅ ε c2 − 2 ⎞
= b ⋅ f cd ⋅ x ⋅ ⎜ ⎟ (4-5)
⎝ 3 ⋅ ε c2 ⎠
Der Abstand a der Betondruckkraftresultierenden vom gedrückten Rand berechnet sich nach
folgender Gleichung:
x x
∫ σ c ( z ) ⋅ b( z ) ⋅ z ⋅ dz ∫ σ c ( z ) ⋅ b( z ) ⋅ z ⋅ dz
z =0 z =0
a= x− x
= x− (4-6)
Fcd
∫ σ c ( z ) ⋅ b( z ) ⋅ dz
z =0
ε c2
x= ⋅d
ε c2 + ε f
a=
( 3 ⋅ ε c2 − 4 ) + 2 ⋅ x (4-8)
2 ⋅ (3 ⋅ ε c2 − 2)
x εc2
ξ= = (4-10)
d ε c2 + ε f
4 Ingenieurmodelle Seite 90
Mit den Gleichungen (4-7), (4-8) und (4-10) sowie z/d = 1-a/d ergibt sich:
⎧ (8 − ε c2 ) ⋅ ε c2 für 0 ‰ ≤ ε c 2 ≤ 2‰
⎪1−
(
z ⎪ 4 ⋅ ( 6 − ε c2 ) ⋅ ε c2 + ε f )
ζ = =⎨
d ⎪ ε c2 ⋅ ( 3 ⋅ ε c2 − 4) + 2
⎪ 2 ⋅ ( 3 ⋅ ε − 2 ) ⋅ ε + ε für 2 ‰ ≤ ε c 2 ≤ 3 ,5‰
1 −
⎩ c2 c2 (
f )
Da die Entwicklung des bezogenen Hebelarms der inneren Kräfte vergleichbar mit der im
Stahlbetonbau ist, kann für eine anschließende Querkraftbemessung in Kapitel 4.3 auch hier
eine Abschätzung zu z ≈ 0,9·d vorgenommen werden.