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Literatur des Mittelalters Heinz Sieburg

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Literatur des Mittelalters
Akademie Studienbücher
Literaturwissenschaft
Herausgegeben von
Iwan-Michelangelo D’Aprile
Heinz Sieburg

Literatur des
Mittelalters
2., aktualisierte Auflage

Akademie Verlag
Der Autor:
Prof. Dr. Heinz Sieburg, Jg. 1961, Professor für germanistische Linguistik und Mediävistik
an der Université du Luxembourg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek


Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 Akademie Verlag GmbH, Berlin


Ein Wissenschaftsverlag der Oldenbourg Gruppe

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Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver-
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setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektroni-
schen Systemen.

Einband- und Innenlayout: milchhof : atelier, Hans Baltzer Berlin


Einbandgestaltung: Kerstin Protz, Berlin, unter Verwendung der Miniatur Hartmann
von Aue aus der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) (frühes
14. Jahrhundert).
Satz, Druck & Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza

Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706.

ISBN 978-3-05-005913-6
eISBN 978-3-05-005914-3
Literatur des Mittelalters

1 AnnQherungen und Grundlagen 7


1.1 Mittelalter und Mediävistik 9
1.2 Germanistische Mediävistik 11
1.3 Literaturbegriff 16
1.4 Forschungstraditionen und Erkenntnisperspektiven 19

2 Weltliche und geistliche Voraussetzungen 23


2.1 Soziokulturelle Grundlagen 25
2.2 Christliche Weltsicht und Weltdeutung 32

3 MedialitQt und MaterialitQt 39


3.1 Paläografie und Kodikologie 41
3.2 Ausbildung und Schriftkompetenz im Mittelalter 50

4 Handschrift und Edition 55


4.1 Ziele und Methoden der Textkritik 57
4.2 Traditionelle Philologie und New Philology 62
4.3 ]berlieferungstypen 66

5 Periode des Althochdeutschen 69


5.1 Rahmenbedingungen des Althochdeutschen 71
5.2 Probleme der Verschriftlichung 73
5.3 Die zweite Lautverschiebung 75
5.4 Von den Glossen zur freien Literaturform 76
5.5 Germanisch-mündliche ]berlieferung 81

6 Periode des Mittelhochdeutschen 85


6.1 Mittelhochdeutsche Literatur im ]berblick 87
6.2 Literaturgattungen 89
6.3 Die Sprache des Mittelhochdeutschen 95

7 Dichtung als Formkunst 101


7.1 Reim 103
7.2 Vers 105
7.3 Strophe 114

8 Artusepik 119
8.1 König Artus 121
8.2 Hartmann von Aue 124

5
IN HA LT

8.3 Erec und Iwein 125


8.4 Gattungstypologie und Struktur 127
8.5 Weitere Artusromane im ]berblick 131

9 Heldenepik 133
9.1 Geschichtlichkeit, Medialität und historische Funktionen 135
9.2 Das Nibelungenlied 139

10 Grals- und Minneroman 147


10.1 Wolfram von Eschenbach: Parzival 149
10.2 Gottfried von Straßburg: Tristan 155

11 Minnesang 161
11.1 Kriterien und Ursprünge 163
11.2 Hohe Minne 165
11.3 Phasen des Minnesangs 167

12 Vrouwe und ritter : Geschlecht und Gender 177


12.1 Grundlegende Fragestellungen 179
12.2 Konzepte von Weiblichkeit und Männlichkeit 182
12.3 Geschlechtertypik im Nibelungenlied 186

13 Periode des FrRhneuhochdeutschen 191


13.1 Frühneuhochdeutsche Literatur im ]berblick 193
13.2 Gutenberg und der Buchdruck 200

14 Modernes Mittelalter 207


14.1 Mittelalter und Populärkultur 209
14.2 Neuere Ansätze der Mittelalterforschung 212

15 Serviceteil 219
15.1 Allgemeine Hilfsmittel 219
15.2 Arbeitsbücher und Einführungen 223
15.3 Zentrale Autoren, Texte und Textsammlungen 227
15.4 Historisch-kulturwissenschaftliche und theoretisch orientierte
Darstellungen 231
15.5 Fachzeitschriften und Internet-Ressourcen 232

16 Anhang 235
16.1 Zitierte Literatur 235
16.2 Abbildungsverzeichnis 242
16.3 Personenverzeichnis 244
16.4 Glossar 247

6
1 Ann^herungen und Grundlagen

Abbildung 1: Der Heilige Anno II., Erzbischof von Köln. Miniatur aus der Vita Annonis
(um 1180)

7
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

Bischof Anno II. von Köln hat fünf Stifte und Klöster gegründet, mit
deren Modellen er hier dargestellt ist. Ihm ist das Ende des 11. Jahr-
hunderts entstandene „Annolied“ gewidmet, das als erste Geschichts-
dichtung in deutscher Sprache gilt. Typisch für das Mittelalter ist die
Ausdeutung von Geschichte als christliche Heilsgeschichte. Auf-
schlussreich ist das „Annolied“ aber auch im Hinblick auf die Ent-
wicklung des Volksnamens „deutsch“.

Sprache und Literatur des Mittelalters sind uns Heutigen meist fremd
und daher kaum unmittelbar zugänglich. Sich darauf einzulassen
heißt, ein Fenster in die Vergangenheit und damit in eine oftmals irri-
tierend fremdartige, aber auch faszinierende Welt zu öffnen. Der Ge-
winn liegt nicht zuletzt in der deutlichen Erweiterung des Sichtfeldes.
Bezogen auf einen Zeitraum von den Anfängen der deutschen Litera-
tur in der Mitte des 8. Jahrhunderts bis in die Frühe Neuzeit werden
im vorliegenden Band die Grundlagen der Literatur- und Sprachperi-
oden, ihre spezifischen Ausprägungen, Hintergründe und inneren Ent-
wicklungen an ausgewählten Themen dargestellt. Gezielte Vertiefun-
gen und interpretierende Erläuterungen zentraler Gattungen und
Werke runden die Darstellung ab. Der Schwerpunkt liegt auf der hö-
fischen Literatur der mittelhochdeutschen Blütezeit. Eine erste Annä-
herung bietet die Klärung zentraler Begriffe und grundlegender Vo-
raussetzungen der mittelalterlichen Literatur und ihrer Erforschung.

1.1 Mittelalter und Medi^vistik


1.2 Germanistische Medi^vistik
1.3 Literaturbegriff
1.4 Forschungstraditionen und Erkenntnisperspektiven

8
MIT TE LA LTE R UN D M E DI bV IST IK

1.1 Mittelalter und Medi^vistik


Mediävistik bedeutet „Lehre vom Mittelalter“ (lateinisch medium ae-
vum „mittleres Zeitalter“). Die abendländische Vorstellung eines
mittleren Zeitalters entwickelte sich in der italienischen Renaissance
(14. / 15. Jahrhundert; > ASB MaLLER, KAPITEL 1.2), wobei die Zeit zwi-
schen einer als ,licht‘ angesehenen kulturellen Hochphase der Antike
und deren ,Wiedergeburt‘ in der eigenen Gegenwart als „ein Jahrtau- Wertungen
send der Schatten“ (lateinisch millenium tenebrarum) betrachtet wur- des Mittelalters

de. Grundlage der Negativbewertung war dabei vor allem eine ästhe-
tisch-kulturhistorische Perspektive, die insbesondere den Verfall der
lateinischen Schriftkultur kritisierte.
Als historiografische Kategorie ist der Begriff des Mittelalters aber
erst ein Produkt des 17. Jahrhunderts, vornehmlich verknüpft mit
dem Namen des Philologen, Historikers und Geografen Christoph
Cellarius (1638–1707). Cellarius, der die Dreiteilung der Universal-
geschichte in Antike, Mittelalter und Neuzeit gegen erhebliche Wi-
derstände der Kirche durchsetzte, übernahm die pejorative Bewer-
tung des Mittelalters. Und auch in der Aufklärung überwog deutlich
das Negativbild im Sinne eines ,finsteren‘ Zeitalters.
Erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, im Zuge der Roman-
tik verkehrte und verklärte sich das Bild infolge einer generellen
Idealisierung des Volkstümlichen und insbesondere der volkstümli-
chen Dichtung der Vergangenheit. Gegenwärtig changiert die Bewer-
tung des Mittelalters zwischen Rückständigkeit und einem positiv
konnotierten Gegenentwurf zur modernen durchtechnisierten Welt.
Letzteres schlägt sich deutlich als Mittelalter-Boom in der Populär-
kultur nieder (> KAPITEL 14.1).
Dem Begriff des Mittelalters liegt – schon dem Wortsinn nach – die
Vorstellung einer Interimsphase, einer Zwischenzeit zwischen der vor-
gängigen Antike und der folgenden Neuzeit zugrunde. Der Mittelalter-
begriff ist somit Resultat einer Rückschau einer Epoche, die sich – als
Neuzeit – selber an das Ende der historischen Entwicklung setzt, so,
als wäre nach ihr keine weitere Epoche mehr denkbar. Die eigene Per- Problematische
spektive als allgemeingültig zu betrachten, ist durchaus kritisch zu be- Perspektive

werten, gilt aber analog für zahlreiche andere Periodisierungen: „Soll-


te sich“, heißt es bei dem Romanisten Ernst Robert Curtius hierzu
erhellend, „die Menschheitsgeschichte noch einige Jahrtausende oder
Jahrzehntausende fortsetzen, so wird die Historie genötigt sein, ihre
Epochen zu numerieren, wie die Archäologen das für Altkreta tun:
Minoisch I, II, III, mit je drei Unterabteilungen“ (Curtius 1993, S. 34).

9
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

Mittelalterliche Das Mittelalter selbst hatte noch keinen eigenständigen Begriff


Geschichts- von sich, sondern sah sich noch ganz in der Kontinuität der Antike.
vorstellungen
Deutlicher Hinweis für diesen Kontinuitätsgedanken war die Vorstel-
lung eines ungebrochenen Fortwirkens des Imperium Romanum im
Reich Karls des Großen (742–814) und seiner Fortdauer im Heiligen
Römischen Reich Deutscher Nation.
Gleichzeitig unterlag dem Mittelalter die Vorstellung eines heils-
geschichtlich-eschatologischen Geschichtsverlaufs. Tragender Gedan-
ke war die Idee einer göttlich vorausbestimmten universalgeschicht-
lichen Abfolge mit klar definiertem Ende am Jüngsten Gericht. Ein
Vier-Reiche-Lehre verbreitetes Geschichtsbild war die Vier-Reiche-Lehre, die sich auf
den Kirchenvater Hieronymus (um 350–420) stützte und durch das
biblische Buch Daniel (Dan 2,31–35; 7,2–7) untermauert wurde.
Proklamiert wird darin die Abfolge der Reiche der Babylonier, der
Perser, der Griechen und schließlich der Römer. Auch das frühmittel-
hochdeutsche Annolied folgt diesem Muster (Abschnitt 11–18).
Schon deshalb bestand Interesse am proklamierten Fortbestand
,Roms‘. Mit der Reichsabfolge war auch das geschichtstheologische
Deutungsschema der Translationstheorie, die im Buch Daniel 2,21
verbürgte obertragung der Herrschaft von Osten nach Westen, un-
trennbar verbunden.
Auch wenn man einräumen muss, dass der Einteilung einer kon-
tinuierlichen universalgeschichtlichen Sukzession immer etwas Pro-
blematisches anhaftet, ist sie aus Gründen des Erkenntnisgewinns
doch unerlässlich und geradezu die Voraussetzung dafür, einen ge-
schichtlichen Forschungs- und Darstellungsrahmen zu konstituieren.
Bezogen auf das Mittelalter ergeben sich wiederum unterschiedliche
Definitionen, abhängig davon, welcher Aspekt der Geschichts-
Datierungen betrachtung in den Vordergrund gerückt wird. Dabei reichen die Ex-
des Mittelalters tremdatierungen von der obernahme des Christentums als Staatsreligi-
on im spätrömischen Reich unter Konstantin im frühen 4. Jahrhundert
bis zum Ende der französischen Revolution. Die Mehrheitsmeinung
definiert das Mittelalter jedoch als Zeitraum zwischen den Jahren
500 und 1500. Als Grenzdaten werden dabei das Ende des West-
römischen Reiches (476) sowie – als Endmarke – der Untergang
Ostroms (1453), die Entdeckung Amerikas (1492) und Luthers (vor-
geblicher) Thesenanschlag an der Schlosskirche zu Wittenberg (1517)
genannt.

10
G ER MA NI STI SCH E M E DI bV IST IK

1.2 Germanistische Medi^vistik

Gegenstand der Germanistischen Mediävistik ist die deutschsprachige


Schriftlichkeit von ihren Anfängen bis in die Frühe Neuzeit, und
zwar in ihren literatur-, sprach- und kulturgeschichtlichen Erschei-
nungsformen. Der Betrachtungsrahmen deckt sich allerdings nicht
vollständig mit der zeitlichen Definition des Mittelalters. So lässt sich
um 500 noch nicht von einer deutschen Sprache sprechen. Deren An-
fänge treten erst ab der Mitte des 8. Jahrhunderts deutlicher hervor.
Und auch das Datum 1500 erscheint jedenfalls dann als verfrüht,
wenn man den Bearbeitungszeitraum der Germanistischen Mediävis-
tik an dem in der Germanistik gängigen viergliedrigen Periodisie- Periodisierungs-
rungsschema orientiert (> ABBILDUNG 2): schema

Althochdeutsch 750–1050

Frühmittelhochdeutsch 1050–1170

Mittelhochdeutsch ,Klassisches‘ Mittelhochdeutsch 1170–1250

Spätmittelhochdeutsch 1250–1350

Fr_hneuhochdeutsch 1350–1650

Neuhochdeutsch 1650–heute

Abbildung 2: Periodisierungsschema der deutschen Sprach- und Literaturgeschichte

Die (lerngünstige) Untergliederung in Einheiten von je drei Jahr-


hunderten beruht auf außersprachlichen und innersprachlichen Ab-
grenzungsdaten. So markiert z. B. das Datum 750 (in etwa) das Ende 750–1650
der sogenannten zweiten oder hochdeutschen Lautverschiebung, ei-
ner Konsonantenveränderung, die das Deutsche aus dem vormaligen
Germanischen ausgegliedert hat (> KAPITEL 5.3). 1650 als Grenze lässt
sich dagegen mit einem Datum der Ereignisgeschichte, dem Ende des
Dreißigjährigen Krieges (1648), legitimieren (zur Periodisierung der
deutschen Sprachgeschichte insgesamt Roelcke 1995).
Im Zentrum des Periodisierungsgefüges steht die Sprach- und Lite-
raturperiode des Mittelhochdeutschen, auf der gleichzeitig der Be- Beschreibungs-
schreibungsschwerpunkt dieses Buchs liegt. Hierbei werden insbeson- schwerpunkt
Mittelhochdeutsch
dere die Jahrzehnte um 1200, als die ,Blütezeit‘ der höfischen
Dichtung, einen breiteren Raum einnehmen. Aus dieser ,klassischen‘
Periode datieren die meisten der bekannten klangvollen Namen von

11
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

Dichtern und Werken: Walther von der Vogelweide, Reinmar, Wolf-


ram von Eschenbach, Hartmann von Aue, Gottfried von Straßburg
oder – um einige Werke zu nennen – das Nibelungenlied, Parzival,
die Artusromane Iwein und Erec, Tristan und andere mehr.
Das vorgestellte Gliederungsmodell konkurriert mit einer in der
750–1500 Germanistischen Mediävistik verbreiteten Begrenzung des Darstel-
lungsraumes bis ins Jahr 1500, was besser zur allgemeinen Mittel-
alterdefinition passt. In der Realität des Gesamtfaches Germanistik
ist aber auch die Neugermanistik selten an der Behandlung des
16. Jahrhunderts interessiert, sodass dieses oft ganz aus dem Blick-
feld gerät. Im vorliegenden Band soll die Darstellung daher wenigs-
tens kursorisch bis ins 17. Jahrhundert führen (zur Frühen Neuzeit
> ASB KELLER).
Mittel-hoch-deutsch Linguistisch betrachtet, ist der Begriff „Mittelhochdeutsch“ als
Determinativkompositum eine Wortbildung, die aus drei Konstituen-
ten besteht. Während die Konstituente „mittel“ (wie auch in „Mittel-
alter“) eine Zeitdimension ausdrückt, ist der Bestandteil „hoch“ vor
allem räumlich zu verstehen. Dadurch ergibt sich ein deutlicher Ge-
gensatz zur alltagssprachlichen Verwendung von „Hochdeutsch“ im
Sinne der Standardsprache, wo „hoch“ das Moment des oberregio-
nalen bzw. stilistisch Hochstehenden betont.
Hochdeutsch Areallinguistisch bezieht sich das Hochdeutsche auf einen Raum
südlich einer Sprachgrenze (der Fachbegriff lautet Isoglosse), die ent-
lang der Orte Eupen, Aachen, Benrath, Kassel und Berlin verläuft.
Diese sogenannte Benrather Linie ist benannt nach dem Düsseldor-
fer Ortsteil Benrath, dem Ort der Rheinüberschreitung der Isoglosse.
Sie teilt den deutschen Sprachraum in zwei Areale, das Hochdeutsche
im höher gelegenen, bergigen Süden und das Niederdeutsche im fla-
chen Norden. Die uns heute vorliegende Karte (> ABBILDUNG 3) eines
nach Regionalsprachen und Dialekten untergliederten deutschen
Sprachraumes ist Ergebnis dialektgeografischer Erhebungen seit dem
späten 19. Jahrhundert, die vor allem mit dem Namen des Sprachwis-
senschaftlers Georg Wenker (1852–1911) und dem von ihm begrün-
deten Deutschen Sprachatlas (DSA) verbunden sind.
Die sprachräumliche Gliederungsstruktur gilt mit einigen Abwei-
chungen bereits für die Sprachsituation des Mittelalters. Ein beach-
tenswerter Unterschied ist aber, dass es erst seit der Neuzeit eine ein-
heitliche überdachende Standardsprache gibt. Konsequenterweise ist
Mittelhochdeutsche die gesamte Literatur des Mittelalters in sprachlicher Hinsicht regio-
Regionalsprachen nal geprägt, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass es bereits in der
Blütezeit um 1200 gewisse Ansätze einer Vereinheitlichung gab. Dies

12
G ER MA NI STI SCH E M E DI bV IST IK

gilt zumindest insofern, als die namhaften Autoren dieser Epoche


sich bemühten, regional eng begrenztes Vokabular zu vermeiden und
(insbesondere im höfisch-ritterlichen Bereich) einen einheitlichen
Wortschatz zu verwenden.
Wie in > ABBILDUNG 3 zu sehen, gliedert sich der deutsche Sprach- Gliederung
raum in unterschiedliche Areale, deren Grenzen auf den Ergebnissen des Sprachraums

bestimmter Lautprozesse beruhen. So wird beispielsweise die Benra-


ther-Linie (b) auch maken-machen-Linie genannt, was verdeutlichen
soll, dass der germanische Plosiv k postvokalisch zu einem Reibelaut
(ch) verändert wurde. Nördlich der Linie blieb (dialektal bis heute) k
erhalten, südlich heißt es überall (auch dialektal) ch (> KAPITEL 5.3).

Abbildung 3: Der mittelhochdeutsche und mittelniederdeutsche Sprachraum

13
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

Hervorzuheben ist, dass sich der hochdeutsche Sprachraum weiter


differenziert in einen der Benrather-Linie (b) unmittelbar südlich an-
Mitteldeutsch grenzenden mitteldeutschen Sprachraum und den noch weiter im Sü-
den gelegenen oberdeutschen Raum (südlich der Linie e). Das Mittel-
deutsche (Md.) ist im Westen wiederum gegliedert in den sogenannten
Rheinischen Fächer, bestehend aus Ripuarisch (Köln, Aachen), Mosel-
fränkisch (Koblenz, Trier) und Rheinfränkisch (Karlsruhe, Frankfurt
a. M.). Im Osten schließt sich dialektgeografisch das Ostmitteldeutsche
an, vor allem vertreten durch Thüringisch (Erfurt) und Obersächsisch
(Leipzig).
Oberdeutsch Das Oberdeutsche im Süden (südlich der Linie e) kann wieder in
einen West- und einen Ostteil gegliedert werden. Der Westteil ist be-
stimmt durch das Alemannische (Basel), zu dem auch das Schwäbi-
sche (Ulm) gerechnet werden kann, der Osten durch das Bairische
(München, Wien). Eine eigene Sprachlandschaft bildet das Ostfränki-
sche in der heutigen Region Franken (Würzburg).
Niederdeutsch Nördlich der Benrather Linie schließt sich der niederdeutsche
Sprachraum an, im westlichen Teil vor allem geprägt durch das West-
fälische (Münster, Essen), das Ostfälische (Braunschweig, Magdeburg)
sowie das Nordniederdeutsch-Niedersächsische (Bremen, Hamburg).
pstlich schließt sich das Ostniederdeutsche (Berlin, Schwerin) an. In
literatur- und sprachhistorischen Darstellungen rückt das Niederdeut-
sche oft aus dem Blick. Grund hierfür ist die Tatsache, dass die mittel-
alterliche Literaturproduktion sich insgesamt deutlich auf den hoch-
deutschen – und in der Blütezeit vor allem auf den oberdeutschen –
Raum konzentrierte und auch, dass das Niederdeutsche bei der He-
rausbildung einer deutschen Einheitssprache insgesamt vom südlichen
Hochdeutschen überformt wurde. Auch dieses Buch konzentriert sich
auf das Hochdeutsche. Da aber unbestreitbar wichtige Verfasser und
Werke aus dem niederdeutschen Raum stammen, werden diese, wo
dies geboten ist, in die Darstellung mit eingebunden.
In der Wortbildung „Mittelhochdeutsch“ fehlt noch die Erläuterung
Deutsch der Konstituente „deutsch“. Sprachgenealogisch steht das Deutsche
als Sprachbegriff am Ende einer Entwicklungslinie, die vom Indogermanischen (auch In-
doeuropäisch genannt) über das Germanische reicht. Die germa-
nischen Sprachen gliedern sich im Zuge der sogenannten ersten oder
germanischen Lautverschiebung aus dem Indogermanischen aus.
Germanisch Ein bronzezeitlicher, germanisch genannter Kulturkreis lässt sich
um 1000 v. Chr. archäologisch zuerst im heutigen Norddeutschland
und in Südskandinavien nachweisen. Spätestens in den ersten Jahr-
hunderten n. Chr. kommt es zur Ausdifferenzierung in unterschied-

14
G ER MA NI STI SCH E M E DI bV IST IK

liche Stammesverbände, deren Namen zum Teil in heutigen Natio-


nal-, Regional- und Dialektbezeichnungen weiterleben (z. B. England,
Burgund, Sächsisch). Für die Gliederung der unterschiedlichen ger-
manischen Stammessprachen sind verschiedene Vorschläge erarbeitet
worden. Auf den Sprachwissenschaftler Friedrich Maurer geht die
heute übliche Fünfteilung zurück (Maurer 1952, S. 135):
• Ostgermanisch (Oder-Weichsel-Germanisch) umfasst die Stammes- Gliederung
sprachen der Burgunder, Wandalen und Goten. Diese besiegelten des Germanischen

im Zuge der Völkerwanderung um die Mitte des ersten nachchrist-


lichen Jahrtausends das Ende Westroms und gründeten verschiede-
ne (kurzlebige) Germanenreiche im Mittelmeerraum. Regional-

namen wie Burgund oder Andalusien ( Wandalen) zeugen hiervon.
• Nordgermanisch umfasst die heutigen skandinavischen Sprachen
(Dänisch, Schwedisch, Norwegisch, Isländisch).
• Nordseegermanisch, (vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus,
ca. 55–115 n. Chr., auch Ingwäonisch genannt) ist Vorläufer des
Englischen und Niederländischen sowie des Friesischen und Nie-
derdeutschen.
• Weser-Rhein-Germanisch (Istwäonisch) bezieht sich im Wesentli-
chen auf den Stammesverband der Franken. Diese erlangten durch
die Dynastien der Merowinger, mehr noch aber durch die der Ka-
rolinger im Frühmittelalter eine herausragende politische – und
auch literaturhistorische Bedeutung.
• Elbgermanisch (Herminonisch), das nach der Abwanderung der
entsprechenden Stämme aus dem Ostseeraum ins hochdeutsche
Sprachgebiet auch als Donau-Alpenländisch bezeichnet wird, be-
zieht sich auf die Stammesprachen der Alemannen, unter Ein-
schluss der Sweben (Schwaben), daneben der (jüngeren) Baiern
und der (untergegangenen) Langobarden.
Aufgrund sprachlich-kultureller Gemeinsamkeiten wurden Nordsee-
germanisch, Weser-Rhein-Germanisch und Elbgermanisch lange auch
unter dem Begriff Westgermanisch zusammengefasst. Heute ist es üb-
lich, vor allem das Verbindende von Weser-Rhein-Germanisch und
Elbgermanisch zu unterstreichen und mit dem Begriff Südgermanisch
zu benennen.
Das Deutsche entwickelte sich vor allem auf der Grundlage der süd-
germanischen Stammessprachen und ist insofern von Anfang an ein
sprachliches Amalgam. Während normalerweise die Sprachbezeich-
nung von einem entsprechenden Volksnamen abgeleitet ist (französisch
‹ ‹ ‹
Franken, italienisch Italiener, englisch Angeln), war „deutsch“ ku- Deutsch
rioserweise zuerst Sprachbegriff und wurde erst sekundär zum Volks- als Volksname

15
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

namen. Etymologisch, das heißt im Hinblick auf die Herkunft des Wor-
tes, war „deutsch“ zunächst ein Abgrenzungsbegriff gegenüber dem
Lateinischen und bedeutete schlicht „volkssprachlich“. Dabei lassen
sich unterschiedliche Wurzeln des Wortes nachweisen. Eine Grundlage
war das rekonstruierte germanische Wort *theudiskas (der Stern, Aste-
risk genannt, steht immer für nicht real belegte, also erschlossene Wort-
formen), das ursprünglich soviel bedeutete wie ,zum Volk gehörig‘ und
auf den Gegensatz zur höher gewerteten lateinischen Kultur abzielte.
Erste Belege Ein erster Beleg findet sich in einem Brief des päpstlichen Nuntius
Georg von Ostia an Papst Hadrian I. über zwei Synoden, die 786 in
England stattfanden. Hier heißt es, dass die Beschlüsse tam latine
quam theodisce (lateinisch; „auf Latein wie auch in der Volksspra-
che“) mitgeteilt wurden, quo omnes intellegere potuissent („damit alle
es verstehen könnten“). Im Jahre 788 kommt es zu einer Anklage
des Bayernherzogs Tassilo auf dem Reichstag zu Ingelheim. Vor-
geworfen wird ihm Fahnenflucht, quod theodisca lingua harisliz dici-
tur („was in der Volkssprache harisliz genannt wird“). Das latinisier-
te Wort theodiscus blieb zunächst ein Gelehrtenwort und bezog sich
auf Dialekte germanischer Herkunft im Frankenreich, wobei sowohl
die Sprache des Volkes – als Gegensatz zur Bildungssprache Latein –
betont sein konnte wie auch der Gegensatz zum romanisch gepräg-
ten, als walhisk bezeichneten Teil des Frankenreiches.
Das deutsche Wort diutsch / tiutsch wurde zunächst ebenfalls allein
auf die Sprache bezogen. Erster Beleg ist in diutiscum (lateinisch;
„auf deutsch“) bei dem Benediktinermönch Notker III. von St. Gallen
(um 950–1033). Eine Ausweitung auch auf ,Land und Leute‘ findet
sich zuerst im bereits erwähnten Annolied (um 1180), das zugleich
als erste Geschichtsdichtung in deutscher Sprache gilt. Dort heißt es
etwa:
o
Belege mit zorne her du widir wante / ci diutischimo lante (V. 24.7f.)
aus dem Annolied („Zornig kehrte er da zurück zu den deutschen Ländern“
Nellmann 2005).
sidir wârin diutschi man / ci Rôme lı̂f unti wertsam. (V. 28.17f.)
(„Seitdem waren die deutschen Mannen in Rom lieb und wert.“
Nellmann 2005)

1.3 Literaturbegriff
Der Literaturbegriff der historischen Literaturwissenschaft unter-
scheidet sich grundlegend von dem der Neueren deutschen Literatur-

16
LI TER ATUR BEGRI FF

wissenschaft, die Literatur zumeist mit ,schöner‘ Literatur gleichsetzt


und das Kriterium der Poetizität zugrunde legt (> ASB KOCHER / KREHL,
KAPITEL 2). Für das Mittelalter ist eine solche Einschränkung aus un-
terschiedlichen Gründen unpraktikabel. So ist etwa die Quellenlage
in althochdeutscher Zeit noch so spärlich, dass eine Einschränkung
auf die Literatur im ,engeren‘ Sinne die überwiegende Mehrheit aller
Sprachzeugnisse aus dem Blick verlieren würde. Zwar erweitert sich
die Beleglage im Mittelhochdeutschen und vor allem im Frühneu-
hochdeutschen beträchtlich, dennoch ist auch hier eine Begrenzung
auf die ,schöne‘ Literatur nur bedingt sinnvoll. Der ,weite‘ Literatur- Erweiterter
begriff umfasst den Gesamtbestand des Schrifttums, das heißt auch – Literaturbegriff

modern gesprochen – theologische, didaktische, juristische oder


sonstige (Fach-)Literatur. Auch eine Glossensammlung, ein Zauber-
spruch oder eine Markbeschreibung ist in diesem Sinne Literatur, ge-
nauso wie eine Heiligenvita, eine Predigt und eine Tierkunde.
Ein erweiterter Literaturbegriff ist umso berechtigter, als die ,schö- Mittelalterliche Sicht
ne‘ Literatur im Mittelalter noch nicht als ein eigenständiger, gegen-
über anderen Textsorten abgrenzbarer Bereich wahrgenommen wur-
de. Jedenfalls überwiegt nach mittelalterlicher Auffassung noch das
verbindende, auf den lebenspraktischen Nutzen abzielende Element.
Und dies gilt gleichermaßen für theologische Erbauungsschriften,
philosophische Traktate wie auch für unterhaltende Dichtung, bei-
spielsweise die Artusepik (> KAPITEL 8), deren ,Gebrauchswert‘ auch
in der sittlichen Erziehung des Ritters gelegen haben wird.
Problematisch ist mit Bezug auf das Mittelalter sogar die Ein-
schränkung des Literaturbegriffs auf geschriebene Texte – trotz der
Herleitung des Wortes Literatur aus dem lateinischen littera („Buch-
stabe“). Zur Eigenart der mittelalterlichen Literatur gehört nämlich,
dass sie zum Teil auch im Medium der Mündlichkeit (Oralität) lebte M_ndliche Literatur?
und ihr damit die eigentümliche Existenzform einer „Bimedialität“
(Bein 2011, S. 17) zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit zukam.
Zu bedenken ist allerdings, dass uns der direkte Zugang zu diesem
spezifischen medialen Doppelstatus fehlt, da wir mittelalterliche Tex-
te nur durch ihre schriftliche oberlieferung kennen. Vieles, was nicht
den Weg auf das Pergament gefunden hat, ist, so muss man zudem
annehmen, verloren gegangen.
Die mündliche Existenzweise der mittelalterlichen Literatur hatte
verschiedene Ausprägungen: Ein Text konnte in der Oralität seinen M_ndlichkeit /
Ausgangspunkt haben, trotz Schriftfassung mündlich weiter getragen Schriftlichkeit

und dabei verändert werden oder sich im Vortrag der Mündlichkeit


bedienen. Insbesondere im Althochdeutschen finden sich Literatur-

17
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

zeugnisse, die nur als Verschriftung einer vorgängigen (oder gleich-


zeitigen) in der Dimension der Mündlichkeit existierenden Literatur
adäquat verstanden werden können, etwa Zaubersprüche, Segensfor-
meln und Heldenlieder.
Verschriftung / Der Begriff „Verschriftung“ betont die wörtliche Wiedergabe eines
Verschriftlichung mündlichen Textes im Medium der Schrift. „Verschriftlichung“ setzt
dagegen voraus, dass die besonderen Bedingungen der Schriftlichkeit
auf die Textgestaltung einwirken (vgl. Koch / Oesterreicher 1994). Al-
lerdings ist eine trennscharfe Unterscheidung der Begriffe nur schwer
möglich.
Auch für die mittelhochdeutsche Zeit gilt insgesamt die Vorausset-
zung des mündlichen Vortrags und Gesangs schon aufgrund einer
noch weitgehend illitteraten, also schriftunkundigen Gesellschaft.
Und selbst, wo Texte gelesen wurden, geschah dies bis in die Neuzeit
hinein zumeist noch in einem Prozess des sich selber laut Vorlesens
oder zumindest der murmelnden Begleitung. Stumm vor einem Text
zu sitzen und nur die Augen zu bewegen, wäre für mittelalterliche
Leser vermutlich eine merkwürdige Vorstellung gewesen.
Auf der anderen Seite gilt eine Einschränkung des Betrachtungs-
rahmens. Als deutsche Literatur wird hier nur die Literatur in deut-
scher Sprache verstanden. Dies ist nicht zwingend, wenn man weiß,
dass die Schriftsprache auch auf deutschem Sprachgebiet zunächst
Latein noch fast ausschließlich an das Latein gebunden war und bis ins
Spätmittelalter deutlich mehr lateinische als deutsche Texte geschrie-
ben wurden. Zwar nimmt der Umfang der deutschsprachigen Litera-
tur im Verlauf des Mittelalters beträchtlich zu, aber im selben Maße
wächst eben auch der Umfang lateinischer Schriftproduktion. Noch
im 15. Jahrhundert belief sich der Anteil des volkssprachlichen
Schrifttums auf gerade einmal 10 % der Gesamtliteratur. Die Kultur
des gesamten Mittelalters war demnach geprägt vom Dualismus La-
tein – Volkssprache, mit einer insgesamt starken Dominanz auf der
Seite des Lateins.
Dominanz Diese Dominanz hatte unterschiedliche Ursachen, die im Mehr-
des Lateins wert des Lateinischen gegenüber der Volkssprache gesehen werden
können. Hierzu gehörte die größere kommunikative Reichweite der
lateinischen Sprache – bezogen auf eine internationale Bildungs-
schicht. Daneben gilt aber auch ein ideologisches Argument insofern,
als traditionell Latein, neben Griechisch und Hebräisch, zu den drei
heiligen Sprachen gezählt wurde, den Sprachen, in denen sich nach
christlichem Glauben Gott offenbart hat und die auch in der Kreuzes-
inschrift Verwendung fanden (Joh 19,19–20). Das Deutsche (wie auch

18
FO RS CHUN GST RA DITI ON EN UND ERK E NN TN ISP E RSP E KTI VEN

andere Volkssprachen) hatte es schwer, sich demgegenüber zu etablie-


ren. Als geradezu kühn ist etwa der Versuch Otfrids von Weißenburg
zu nennen, das Althochdeutsche der von ihm gedichteten Evangelien-
harmonie (um 870) den drei edilzungōn („Edelzungen“, gemeint sind
die drei heiligen Sprachen) argumentativ gleichzusetzen. Otfrid tat
dies interessanterweise in einem auf Latein (!) verfassten Approbati-
onsschreiben an den Mainzer Bischof Liutbert (> KAPITEL 5.4).

1.4 Forschungstraditionen und Erkenntnis-


perspektiven

Im Voranstehenden ist „germanistisch / Germanistik“ stillschweigend Gegenstandsbereich


auf die deutsche Sprache und Literatur bzw. deren Studium einge- der Germanistik

schränkt worden. Dies entspricht dem gängigen Verständnis und wi-


derspricht gleichzeitig dem begriffsimmanenten vermeintlichen Gene-
ralvertretungsanspruch für alle germanischen Sprachen. Dieser wäre
zumindest in Deutschland schon aufgrund der Ideologisierung des
Germanischen in der Zeit des Nationalsozialismus von vornherein
völlig diskreditiert. Daneben verbietet aber bereits die unter der Prä-
misse eines Globalfaches nicht mehr zu bewältigende Materialfülle
eine solche Herangehensweise.
Am Anfang der Wissenschaftsdisziplin, das heißt zu Beginn des
19. Jahrhunderts, war dies aufgrund der noch überschaubareren Ma-
terialbasis aber noch durchaus möglich und sinnvoll. Die ,Deutsche‘
Grammatik von Jacob Grimm (ab 1819) beschreibt etwa noch unter-
schiedliche germanische Sprachen. Auf dieser Tradition fußt zum Teil
noch der organisatorische Zuschnitt verschiedener großer germanisti-
scher Fachbereiche, die eben auch Abteilungen wie Niederlandistik
oder Skandinavistik umfassen. Für das englischsprachige Ausland ist
aufgrund der klaren Unterscheidbarkeit von german und germanic
die Begriffsproblematik übrigens weit weniger virulent.
Zur Tradition des Faches gehört die besondere Gewichtung der
historisch orientierten Sprach- und Literaturforschung. Schon aus
wissenschaftshistorischen Gründen wurde und wird diese oft als älte- Die ^ltere Abteilung
re Abteilung bezeichnet und der Abteilung für Neuere deutsche Lite-
ratur gegenübergestellt. oberhaupt kann man sagen, dass der Ur-
sprung der Germanistik in der Erforschung und Erschließung älterer
deutscher Sprachzeugen und Literaturquellen liegt. Mit der Etablie-
rung einer eigenständigen Neueren Literaturwissenschaft auf der einen

19
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

und einer gegenwartsbezogenen Linguistik auf der anderen Seite hat


die historisch orientierte Sprach- und Literaturforschung ihren exklu-
siven Status aber längst eingebüßt und ist nun Teil eines zumeist drei-
gliedrigen Fachkonzeptes.
Legitimierung In der Neuorientierung des Faches im Zuge des Bologna-Prozesses
der Medi^vistik und der Umstrukturierung der Curricula hat sich weitgehend die An-
sicht durchgesetzt, dass der Stellenwert der Mediävistik auch und ge-
rade darin besteht, eine ,Gelenkfunktion‘ zwischen der Neueren Lite-
raturwissenschaft und der Linguistik zu übernehmen, „denn sie hat
Teil an beiden Fächern und kann als Klammer des Gesamtfaches ver-
standen werden“ (Schiewer 2006, S. 56). Was nämlich in der Abgren-
zung der Literaturwissenschaft gegenüber der Sprachwissenschaft zur
spezifischen Differenz geworden ist, fügt sich hier notwendigerweise
zu einem Ganzen.
Das Interesse an der Germanistischen Mediävistik hat sich im Zuge
Germanistische der kulturwissenschaftlichen ,Wende‘, die dazu geführt hat, eine kul-
Medi^vistik als turwissenschaftliche Perspektive in die Einzelfächer aufzunehmen,
Kulturwissenschaft
wieder deutlich verstärkt. Die charakteristische Leistung der Kultur-
wissenschaft besteht nach Hartmut Böhme und Klaus R. Scherpe da-
rin, „die heterogenen, hochspezialisierten, gegeneinander abgeschotte-
ten Ergebnisse der Wissenschaften zu ,dialogisieren‘, auf strukturelle
Gemeinsamkeiten hin transparent zu machen, auf langfristige Trends
hin zu befragen [und] disziplinäre Grenzen zu verflüssigen“ (Böhme /
Scherpe 1996, S. 12). Das oberschreiten der Fachbegrenzungen und
die wechselseitige Nutzung als Hilfswissenschaft ermöglichen Er-
kenntnisfortschritte als Folge gemeinsamen Fragens. Bereits der im
Bereich der Germanistik noch nicht lange verwendete Begriff „Mediä-
vistik“ weist auf ein in dieser Hinsicht verändertes oder zumindest
profilierteres Selbstverständnis des Faches hin. Ihm ist bereits inhä-
rent, dass es um mehr geht als ,nur‘ um Sprache und Literatur, son-
dern eben auch um Mittelalterkunde. Ein adäquates Erfassen der
historischen Sprache und Literatur erfordert nämlich, den kulturel-
len Handlungsrahmen der entsprechenden Epoche als konstituieren-
den Faktor mit zu beleuchten. Dies ist in der Tradition des Faches
nichts prinzipiell Neues und gehört seit jeher zu dessen methodolo-
gischem Grundverständnis. Aber trotz der traditionellen Nähe zum
kulturwissenschaftlichen Ansatz zeigt sich in der Selbstbezeichnung
als Germanistische Mediävistik eine graduelle Verstärkung dieser
Perspektive. Begreift man Kulturwissenschaft als übergeordneten
Forschungshorizont, so kann sich die Mediävistik hierin aufs Beste
einfügen.

20
FRAG EN UND LE KTaREEMPFEHLUNGEN

Für den Wert und die Wertschätzung des Faches ist gleichfalls
wichtig, dass es verstärkt auch in anderen Disziplinen und For- Interdisziplinarit^t
schungsfeldern (Geschichtswissenschaft, Theologie, Medizin, Soziolo-
gie, Mentalitätsforschung, Gender Studies usw.) als Erkenntnisquelle
erkannt und aufgegriffen wird.
Mag sein, dass dem Studienanfänger derlei oberlegungen noch als
zu abstrakt erscheinen. Doch auf Ebene des Studiums kann bereits Erkenntnis-
als Bereicherung angesehen werden, dass die Germanistische Mediä- m`glichkeiten

vistik aufgrund ihrer zeitlich entfernten Unterrichtsgegenstände ein


Kontrastwissen bereitstellt, mit dessen Hilfe bekannte Wissensbestän-
de und Ansichten gewinnbringend relativiert und neu bewertet wer-
den können.

Fragen und Anregungen


• Skizzieren Sie die historische Entwicklung des Mittelalterbildes.
• Beschreiben Sie das gängige Periodisierungsmodell der deutschen
Sprache und Literatur.
• Erläutern Sie die Gliederung des deutschen Sprachraums.
• Umreißen Sie die Unterschiede zwischen dem historisch-mittel-
alterlichen Literaturbegriff und dem heute üblichen.
• Beschreiben Sie die wissenschaftshistorische Position der ,älteren
Abteilung‘ und die Funktion der Germanistischen Mediävistik
heute.

Lekt_reempfehlungen
• Das Annolied, mittelhochdeutsch / neuhochdeutsch, herausgege- Quellen
ben, übersetzt und kommentiert von Eberhard Nellmann, Stutt-
gart 1975, 6. Auflage 2005.

• Joachim Bumke: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Einf_hrungen


Mittelalter, München 1990, 5., aktualisierte Auflage 2004. Stan-
dardwerk im Bereich der mittelhochdeutschen Literatur, zugleich
Teil einer mehrbändigen Literaturgeschichte. Bietet gute Möglich-
keiten, sich rasch auch über einzelne Autoren oder Werke zu in-
formieren.

21
AN N bH ERU NGE N U ND GRUN DL AG E N

• Leslie Peter Johnson: Die höfische Literatur der Blütezeit


(1160 / 70–1220 / 30), Tübingen 1999. Inhaltlich dichte, aber klar
verständliche Darstellung des bezeichneten Gegenstands, zugleich
Teil einer mehrbändigen Literaturgeschichte.
• Wilhelm Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehr-
buch für das germanistische Studium, Berlin 1969, 10. Auflage
Stuttgart 2007. Standardwerk zur raschen Orientierung und ver-
tieften Beschäftigung mit den wesentlichen Fragestellungen der
deutschen Sprachgeschichte.

22
2 Weltliche und geistliche
Voraussetzungen

Abbildung 4: Kaiser Heinrich VI. Miniatur aus der Großen Heidelberger Liederhandschrift
(Codex Manesse) (frühes 14. Jahrhundert)

23
WELT LIC HE UN D GEIS TLI CH E VOR AUS SETZUN GEN

Der Stauferkaiser Heinrich VI. (1190–97) war auch als Lieddichter


tätig. Als solcher steht er am Anfang der nach Adelsrängen geord-
neten Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse). Ge-
rade die Staufer stehen für das vehemente Interesse an der neuen,
französisch inspirierten Literatur seit dem späten 12. Jahrhundert.
dberhaupt ist die mittelalterliche Literatur aufs Engste mit der
Adelskultur verflochten. Adelige bestimmten die Wahl der literari-
schen Stoffe, fungierten als Mäzene der Dichter oder dichteten zum
Teil auch selbst.

Der Einfluss des Adels auf die mittelhochdeutsche Dichtung der Blü-
tezeit ist nur ein Aspekt eines komplexen Bedingungsgefüges, ohne
das die spezifische Ausprägung der mittelalterlichen Literatur kaum
verstanden werden kann. Das vorliegende Kapitel beleuchtet diese
vielfältigen weltlich-sozialen und christlich-theologischen Vorausset-
zungen der mittelhochdeutschen Literatur.

2.1 Soziokulturelle Grundlagen


2.2 Christliche Weltsicht und Weltdeutung

24
SOZI OKULTURELLE GRUN DLAGEN

2.1 Soziokulturelle Grundlagen


Die mittelalterliche Literatur ist gleichermaßen Folge und Ursache Literatur und
der soziokulturellen Verhältnisse ihrer Zeit. Sie ist Folge, insofern sie soziale Realit_ten

die historischen Voraussetzungen und Verhältnisse widerspiegelt.


Gleichzeitig ist sie aber auch selbst konstituierendes Element und so-
mit (eine) Ursache dieser Verhältnisse. Gesellschaft und Literatur be-
dingen sich demnach wechselseitig.
Die Literatur des Mittelalters hatte, in unterschiedlichen ,Konjunk-
turen‘, etwa die sozialkonstitutive Funktion der christlichen Glau-
bensfestigung und -ausübung, der historischen mberlieferung, der An-
leitung zu rechtem Herrscher- und Rittertum und der Verfeinerung
der Sitten – natürlich neben der Grundfunktion der Unterhaltung.
Welche Funktion jeweils im Vordergrund stand, war abhängig von
den wechselnden sozialen und politischen Bedingungen. Der Aus-
gangspunkt der jeweils korrespondierenden Literaturentwicklung ließe
sich – sehr stark vereinfacht – als sukzessiver Dreischritt von Kloster,
Hof und Stadt skizzieren.
So ist die althochdeutsche Literatur ihrem Kern nach Klosterlitera- Kloster, Hof, Stadt
tur, getragen von Geistlichen zum Zweck der christlichen Glaubens-
vermittlung. Demgegenüber dominierte in mittelhochdeutscher Zeit
der Adelshof als Zentrum literarischer Betätigung. Literatur diente
hier vor allem dem Zweck der Repräsentanz. Im Spätmittelalter (und
in der Frühen Neuzeit) rückte dann die Stadt stärker in den Vorder-
grund – und mit ihr das patrizische Bürgertum. Einerseits zeigt sich
in der Literatur dieser Zeit eine wieder verstärkte christliche Orientie-
rung, anderseits tritt hier das didaktisch-moralische Element im Sinne
der Anleitung zur rechten Lebensbewältigung in den Mittelpunkt.
Die deutsche Literatur des Mittelalters entwickelte sich in engem
Kontakt zu anderen Sprachen und Literaturen und stand dabei ins-
gesamt mehr auf der Nehmer- als auf der Geberseite. Die Dominanz
des Lateins als gesamteuropäische Bildungssprache blieb eine Konstan- Latein
te bis in die Neuzeit hinein (> KAPITEL 1.3). Vor diesem Hintergrund
lässt sich die Entwicklung einer volkssprachlich-deutschen Literatur
durchaus als ein Prozess der Emanzipation verstehen (> KAPITEL 5.2).
Zweite große Gebersprache war das Französische. Der Einfachheit Franzasisch
halber steht hier Französisch auch für das Provenzalische, die mittel-
alterliche Sprache des französischen Südens. Wesentliche Teile, vor
allem der mittelhochdeutschen Literatur der Blütezeit um 1200, wie
der Artusepik und der Minnelyrik, sind ohne den französischen Ein-
fluss nicht denkbar (> KAPITEL 8, 11). In Deutschland wurden die dort

25
WELT LIC HE UN D GEIS TLI CH E VOR AUS SETZUN GEN

etablierten literarischen Moden durch die Adaptation wichtiger Wer-


ke und künstlerischer Ausdrucksformen übernommen. Hintergrund
waren sicher auch das hohe Prestige und die daraus abzuleitende
Vorbildfunktion französischer Adelskultur mitsamt ihrer Repräsenta-
tionsformen in Kleidung, Kampfausrüstung, Ritterspielen etc.
Die Literatur des hohen Mittelalters ist ohne den prägenden Ein-
Literatur und Adel fluss des Adels nicht denkbar, für den Literatur nicht nur den Zweck
der Unterhaltung hatte, sondern auch gern genutzte Möglichkeiten
der Selbstinszenierung und -legitimierung bot. Das große Interesse
des Adels an mittelhochdeutscher Literatur zeigt sich in eigener lite-
rarischer Betätigung sowie – wesentlich bedeutsamer – im Mäzena-
tentum.
Während in althochdeutscher Zeit die Klöster alle materiellen Vo-
raussetzungen der literarischen Tätigkeit zur Verfügung stellten, war
die an den Hof gebundene Literaturproduktion in mittelhochdeut-
M_zenatentum scher Zeit abhängig von adligem Mäzenatentum. Das kostbare Per-
gament, die Schreibmaterialien, in etlichen Fällen wohl auch die Vor-
lagen wurden insbesondere ab dem 12. Jahrhundert verstärkt von
adligen Gönnern zur Verfügung gestellt. Außer den bedeutenden welt-
lichen Territorialfürsten waren es kleinere Adlige, zudem geistliche
Herren und später auch das städtische Patriziat, die die Literaturpro-
duktion beförderten. Diese nahmen gleichzeitig natürlich entscheiden-
den Einfluss auf die Auswahl und die Gestaltung der literarischen
Stoffe. Nachzuweisen ist dieser Einfluss in erster Linie in sogenannten
Auftragsnachrichten, in denen die Autoren in ihren Werken auf die
Auftraggeber und Gönner verweisen.
Die Förderung der Literatur lässt sich nicht nur für einzelne Adlige
Adelsdynastien nachweisen, sondern scheint oft genug mit der gesamten Dynastie ver-
als Literaturm_zene bunden, der sie angehören. Unter diesen Adelsdynastien lassen sich
einige besonders hervorheben, etwa die Herrscherdynastie der Staufer,
in deren Regierungszeit im 12. und 13. Jahrhundert die bedeutsamste
mittelhochdeutsche Literatur entstand und die im Begriff „Staufische
Klassik“ namengebend für diese literarische Blütezeit geworden ist.
Ihr Interesse an volkssprachlicher Literatur beweist die Förderung un-
terschiedlicher Dichter (Friedrich von Hausen, Rudolf von Ems, Ul-
rich von Türheim). Zudem ist sie aber auch dadurch bezeugt, dass
zwei der Stauferfürsten selbst als Dichter hervortraten. So stehen die
Lieder Kaiser Heinrichs VI., Sohn Friedrich Barbarossas, und seines
Enkels, König Konradin, am Anfang der Großen Heidelberger Lieder-
handschrift, der für die Lyrik bedeutendsten der mittelalterlichen
deutschsprachigen Sammelhandschriften (> KAPITEL 4.3). Die Bedeu-

26
SOZI OKULTURELLE GRUN DLAGEN

tung der Staufer lag zugleich in ihrer führenden Rolle bei der Rezep-
tion der französischen Gesellschaftskultur.
Wichtige Impulse für die Entwicklung der höfischen Literatur der
Blütezeit um 1200 verbinden sich mit einem konkreten historischen
Ereignis. Gemeint ist das berühmte Mainzer Hoffest des Stauferkai- Mainzer Hoffest
sers Friedrich Barbarossa an Pfingsten 1184, das aus Anlass der
Schwertleite (Ritual der Schwertsegnung und Ritterweihe) der Kaiser-
söhne Heinrich und Friedrich veranstaltet wurde. Der Hoftag, an
dem sich dutzende Fürsten und Repräsentanten aus anderen Län-
dern, darunter auch aus Frankreich, sowie eine riesige Anzahl Ritter
versammelt haben sollen, wurde rasch zum Inbegriff hochadliger
Prachtentfaltung, Freigiebigkeit und Machtdemonstration. So berich-
tet die mittelniederdeutsche Sächsische Weltchronik im 13. Jahrhun-
dert:
Dat was de groteste hochtit en, de ie an Dudischeme lande ward. S_chsische
Dar worden geachtet de riddere uppe viertich dusent ân ander Weltchronik

volk. (Weiland 1877, S. 232)


(„Das war eines der größten Hoffeste, die jemals in Deutschland
veranstaltet wurden. Dort wurden die Ritter auf 40 000 geschätzt,
ohne das andere Volk.“ mbers. d. Verf.)
Gleichzeitig war das Hoffest eine wichtige Quelle dichterischer Inspi-
ration, schon deshalb, weil hier Dichter aus Deutschland und Frank-
reich direkt aufeinander trafen. So ist die Anwesenheit Heinrichs von
Veldeke ebenso sicher anzunehmen wie die des französischen Dich-
ters Guiot des Provins.
Unter den sonstigen für die Literaturförderung wichtigen Adels-
dynastien herauszuheben sind die Welfen, besonders Herzog Heinrich Welfen, Babenberger,
der Löwe (bis zu seiner Absetzung 1180 Herzog von Sachsen und Z_hringer

Bayern), dessen Name sich als (mutmaßlicher) Auftraggeber im Ro-


landslied des Pfaffen Konrad (um 1170) findet. Das Herzogs-
geschlecht der Babenberger in Wien ist dagegen vor allem als Förderer
der Lieddichter (Reinmar, Walther von der Vogelweide, Neidhart von
Reuental) bekannt. Im deutschen Südwesten lassen sich die Zähringer
als Mäzene, vermutlich auch für Hartmann von Aue, nachweisen.
Zu den bedeutendsten Förderern gehört daneben die Dynastie der
Ludowinger, der Pfalz- und Landgrafen von Thüringen und Sachsen. Landgraf Hermann I.
Vor allem Landgraf Hermann I. (= 1217) zählt zu den größten Gön-
nern der mittelalterlichen deutschen Dichtung. So verbinden sich mit
seinem Namen Werke wie der erwähnte Eneasroman (Eneit) Heinrichs
von Veldeke, der Trojaroman (Liet von Troie) Herborts von Fritzlar
oder auch der Parzival, der Titurel und der Willehalm, allesamt Werke

27
WELT LIC HE UN D GEIS TLI CH E VOR AUS SETZUN GEN

Wolframs von Eschenbach. Aber auch Walther von der Vogelweide


lässt sich mit Landgraf Hermann I. in Verbindung bringen.
Bemerkenswert ist, dass auch geistliche Würdenträger als Gönner
der weltlichen Literatur fungieren konnten. Prominentestes Beispiel
Bischof hierfür ist der Passauer Bischof Wolfger von Erla, der als Auftrag-
Wolfger von Erla geber für das Nibelungenlied gilt. In seinem Nachlass findet sich
auch die einzige urkundliche Erwähnung Walthers von der Vogelwei-
de, eine Reiserechnung vom 12. November 1203 mit einem lateini-
schen Eintrag, wonach „dem cantor Walther von der Vogelweide
5 Schillinge für einen Pelzrock“ ausgehändigt wurden (> KAPITEL 11.3).
Die genannten Namen adliger männlicher Mäzene verdecken aller-
Die Rolle dings den Umstand, dass in vielen Fällen auch adlige Frauen einen er-
adliger Frauen heblichen Anteil an der Förderung der mittelalterlichen Literatur ge-
habt haben dürften; mehr jedenfalls, als in den Auftragsnachrichten
abzulesen ist. Vor allem die Heirat deutscher Fürsten mit Damen aus
dem französischen Hochadel wird die Rezeption der französischen Li-
teratur und die Beschaffung entsprechender Vorlagen stark begünstigt
haben. Vieles bleibt jedoch mangels eindeutiger Zeugnisse bloße, wenn
auch plausible Vermutung. Als sicher gilt immerhin etwa die Förde-
rung Heinrichs von Veldeke durch die Gräfinnen von Loon und Kleve.
Die Adelshöfe waren aber nicht nur die Orte der Literaturproduk-
tion, sondern auch der Aufführung. Sie boten den Dichtern und fah-
Materielle renden Sängern gleichzeitig eine (wenigstens vorübergehende) Wohn-
Versorgung stätte und Einnahmequelle. Für die Verfasser der großen Versepen
der Dichter
wird man von mehrjährigen Aufenthalten am Hof des Auftraggebers
auszugehen haben. Dort war ihnen die langfristige Bereitstellung der
nötigen ,Produktionsmittel‘ garantiert wie auch die Sicherung ihres
Lebensunterhalts. Demgegenüber waren die fahrenden Sänger, die
von Hof zu Hof zogen, auf das angewiesen, was ihnen für einzelne
Auftritte zugestanden wurde. Die Abhängigkeit der Fahrenden lässt
sich aus zahlreichen ,Heischestrophen‘ (heischen ¼ bitten) ablesen, in
denen sie den adligen Herrn für ihre Kunst um Freigiebigkeit und
materiellen Lohn bitten.
Publikum und Damit rückt auch die (schwierige) Frage des Publikums bei der
Literaturrezeption Aufführung literarischer Werke in den Blickpunkt. Der zwingenden
Annahme, dass die mittelalterliche Literatur für konkrete Adressaten-
kreise konzipiert wurde, stehen nur spärliche Hinweise darauf in den
Werken selbst oder in anderen Quellen gegenüber, so dass „man
weitgehend auf Kombinationen und Hypothesen angewiesen [ist]“
(Bumke 1997, S. 700). Da der Literatur eine gemeinschaftsstiftende
Funktion beigemessen werden muss und bei den wenigsten Rezipien-

28
SOZI OKULTURELLE GRUN DLAGEN

ten eine Lesekompetenz vorausgesetzt werden kann, ist davon aus-


zugehen, dass die höfische Literatur in erster Linie hörend aufgenom-
men wurde, und zwar vor einem größeren Publikumskreis.
Wie die konkrete Aufführungspraxis ausgesehen hat, bleibt eben- Auff`hrungspraxis
falls fraglich, etwa in Bezug auf die Vortragstechnik. Hier überwiegt
heute die Auffassung, dass Reimpaardichtungen gesprochen, wäh-
rend strophische Dichtungen wie das Nibelungenlied gesungen wur-
den. Ob epische Texte aus dem Gedächtnis vorgetragen oder aus
Handschriften abgelesen wurden, ist ebenfalls nicht mit Sicherheit zu
entscheiden. Wenngleich die Memorierung auch großer Textmengen
– zumal bezogen auf die Sänger von Heldenliedern – keineswegs
auszuschließen ist, spricht die Wahrscheinlichkeit insgesamt für die
Benutzung von Handschriften.
Eindeutig ist immerhin, dass das lyrische Gedicht als Lied auf- Lyrisches Gedicht
zufassen ist, welches für den Gesang bestimmt war, sodass Text und als Lied

Musik hier immer zusammen gedacht werden müssen. Zu vermuten


ist, dass die Dichter selbst als (Minne-)Sänger aufgetreten sind und
ihren Gesang durch Saiteninstrumente begleitet haben. Hinweise auf
mögliche Darbietungsformen der lyrischen Unterhaltung am Hof las-
sen sich aus verschiedenen epischen Werken gewinnen. So heißt es
im Nibelungenlied: Volkêr der snelle mit sı̂ner videlen dan / gie gezo-
genliche für Gotelinde stân. er videlte süeze dœne und sanc ir sı̂niu
liet (Str. 1702,1–3; „Der tapfere Volker trat gewandt mit seiner Fidel
vor Gotelind hin. Er spielte eine wunderschöne Melodie und sang
ihr seine Lieder.“ Schulze / Grosse 2011)
Ausgehend von der Annahme, dass der Hof der Ort der literari- Der Hof
schen Aufführung war, kann als sicher gelten, dass Dichter und Sän- als Auff`hrungsort

ger ihre Werke bei großen Hoffesten darboten, wahrscheinlich ist


auch die literarische Unterhaltung im engeren Kreis der Adelsfamilie
oder Hofgesellschaft.
Eine wichtige Rolle kam dabei offenbar den adligen Frauen zu. Frauen als Publikum
Diese werden nicht nur in der lyrischen Dichtung explizit angespro-
chen, sondern auch sonst finden sich zahlreiche Hörer- und Leseran-
reden, die sich direkt an ein Frauenpublikum richten. Dazu passt,
dass die adligen Frauen in der Regel eine höhere (Schrift-)Bildung be-
saßen als adlige Männer, was ihr Interesse an und ihren Einfluss auf
die höfische Literatur sicher begünstigt hat. Vieles spricht dafür, „daß
Frauen nicht nur als Gönnerinnen, sondern auch als Leserinnen und
Zuhörerinnen, als Vorleserinnen und Abschreiberinnen, als Sängerin-
nen und Tänzerinnen in der Hofgesellschaft hervorgetreten sind“
(Bumke 1997, S. 704).

29
WELT LIC HE UN D GEIS TLI CH E VOR AUS SETZUN GEN

Umfang und Dauer Unklar sind dabei Umfang und Dauer der Darbietung. Wenn, wie
man ausgerechnet hat, ein Vorleser pro Stunde etwa 1 000 Verse vor-
trägt, beliefe sich die Zeit für die vollständige Lektüre des Parzival
Wolframs von Eschenbach auf 24 Stunden, für Gottfried von Straß-
burgs Tristan auf über 19 Stunden und für Hartmann von Aues Iwein
und Erec auf 8 bzw. 10 Stunden. Bei epischen Werken muss demnach
angenommen werden, dass sie in mehreren Folgen und an unter-
schiedlichen Tagen oder eben nur auszugsweise präsentiert wurden.
Zweifelhaft ist auch, inwieweit Literatur im 12. und 13. Jahrhun-
Private Lekt`re dert neben der öffentlichen Präsentation bereits durch eher nichtöffent-
liche Lektüre rezipiert wurde und werden konnte. Hinweise darauf gibt
es bei epischen Texten durchaus, etwa wenn Wirnt von Grafenberg
seinen Artusroman Wigalois am Beginn ,als Buch‘ sprechen lässt:
Wer hât mich guoter ûf getân?
sı̂ ez iemen der mich kan
beidiu lesen und verstên,
der sol genâde an mir begên. (V. 1–4)
(„Welch vortrefflicher Mensch hat mich aufgeschlagen? Wenn es
jemand ist, der mich lesen und verstehen kann, dann möge er
mich – auch wenn es etwas an mir zu tadeln gibt – freundlich
behandeln.“ Seelbach / Seelbach 2005)
In verschiedenen Fällen haben die Dichter verhüllende Autorenhin-
weise in Form von Akrosticha gegeben (s. u.). Diese waren sicherlich
nur für ein Lesepublikum erkennbar und damit für dieses bestimmt.
Autor und Die Autorschaft vieler Texte der mittelalterlichen Literatur bleibt
Autornachweis im Dunkeln. Das gilt insbesondere für die geistlichen Stoffe der alt-
hochdeutschen Zeit, deren Autoren sich wohl eher als Vermittler denn
als Urheber betrachteten. nhnlich ist es auch in Hinsicht auf die Hel-
denepik, für die Anonymität als geradezu gattungskonstitutiv angese-
hen werden kann (> KAPITEL 9). Offenbar verstanden sich die Verfasser
hier nur als Vermittlungsglied einer langen mberlieferungskette – für
einen Stoff, der nicht einem Einzelnen zuzurechnen war, sondern als
kultureller Kollektivbesitz betrachtet wurde. Generell anzunehmen ist
auch, dass die insgesamt stark auf mündlichen Vortrag ausgerichtete
Vermittlungspraxis, häufig wohl im unmittelbaren Kontakt von Publi-
kum und Autor, dessen Namensnennung erübrigte.
Autornennungen Vermehrt finden sich Autorennennungen etwa ab der Mitte des
12. Jahrhunderts. So einmal bei Weltgeistlichen wie Priester Adel-
brecht, Autor eines Johanneslebens (um 1150 oder später), oder
Priester Wernher, der 1172 die Driu liet von der maget, ein Marien-
leben dichtete. Bei diesen ist zwar von einer Ausbildung zum clericus

30
SOZI OKULTURELLE GRUN DLAGEN

(lateinisch; „Kleriker“) bzw. pfaffen auszugehen, allerdings ohne dass


sich daraus eindeutige Rückschlüsse auf den genauen theologischen
Stand ableiten ließen. Als pfaffen bezeichneten sich auch Lambrecht,
Autor des ersten deutschen Alexanderromans und anderer Werke
(um 1160), sowie Konrad in seinem Rolandslied (um 1170).
Vorgebliche Funktion der Namensnennung war die Sicherung der Funktion der
eigenen Erinnerung (lateinisch memoria), die mit dem Appell um Für- Autornennung

bitte bei Gott verbunden sein konnte. Ein Beispiel hierfür findet sich
bei Hartmann von Aue (um 1200) (> KAPITEL 8.2), der sich im Prolog
des Armen Heinrich (oder auch im Iwein) als Ministeriale (mittelhoch-
deutsch dienstman), also als weltlicher ,Hofbeamter‘ zu erkennen gibt.
dar umbe hât er sich genant,
daz er sı̂ner arbeit,
die er dar an hât geleit,
iht âne lôn belı̂be,
und swer nâh sı̂nem lı̂be
sı̂ hœre sagen oder lese,
daz er im bittende wese
der sêle heiles hin ze gote. (Der arme Heinrich, Z. 18–25)
(„Er hat sich deshalb genannt, damit er für seine Mühe, die er
dabei aufgewandt hat, nicht ohne Belohnung bleibe, und damit
jeder, der sie nach seinem Tode vorgetragen hört oder selbst liest,
für sein Seelenheil bei Gott bitte.“ Grosse / Rautenberg 2006)
Neben der zumeist direkten Namensnennung findet sich als eine ge-
lehrte Spielart der Selbstnennung auch die Chiffrierung des eigenen
Namens (oder des Auftraggebers) in einem Akrostichon. Dabei wird Akrosticha
der Name in den Anfangsbuchstaben aufeinander folgender Verse ,ver-
steckt‘. Beispiele sind etwa Rudolf von Ems im Prolog seiner Weltchro-
nik (um 1250) oder die Crône Heinrichs von Türlin (um 1220 / 30).
Die Anfangsbuchstaben der Verse 182–216 hintereinander gelesen er-
geben: HEINRICH VON DEM TVRLIN HAT MIKH GETIHTET.
Ein weiteres wichtiges Moment für unser Wissen über mittelalterli-
che Autoren beruht auf externen Nennungen in den Werken anderer Externe Nennungen
Dichter oder durch Zuschreibungen in den Liederhandschriften. Ein
besonderes Beispiel ist der berühmte Literaturexkurs im Tristan
(Z. 4589–4820) Gottfrieds von Straßburg (1200–10) (> KAPITEL 10.2).
Dieser nennt und preist die Namen einer Vielzahl bekannter mittel-
hochdeutscher Dichter, darunter Heinrich von Veldeke, Reinmar (von
Hagenau), Hartmann von Aue oder Walther von der Vogelweide.
Wie man sich die Arbeit des Autors konkret vorzustellen hat, ist Literarischer
ungewiss. Anzunehmen sind unterschiedliche Verfahrensformen. Bei Entstehungsprozess

31
WELT LIC HE UN D GEIS TLI CH E VOR AUS SETZUN GEN

den Adaptationen aus französischen Vorlagen ist sicher die Frage


entscheidend, ob der Autor des Französischen selbst mächtig war.
Ansonsten wird man hier mit Dolmetschern zu rechnen haben. Der
Verfasser des deutschen Rolandsliedes, der Pfaffe Konrad, gibt kurio-
serweise an, den französischen Text zunächst ins Lateinische und erst
von dort aus ins Deutsche übertragen zu haben:
ich haize der pfaffe Chunrât.
o
alsô ez an dem buche gescriben stât
in franzischer zungen,
sô hân ich ez in die latı̂ne betwungen,
danne in die tiutische gekêret. (V. 9079–9083)
(„Ich bin der Pfaffe Konrad. So wie es in dem Buch aufgeschrie-
ben steht in französischer Sprache, so habe ich es ins Lateinische
übersetzt und von dort in die deutsche Sprache übertragen.“
Kartschoke 2007)
Bezeichnenderweise ist nicht in jedem Fall sicher, dass der Autor selbst
lese- und schreibkundig war, was Vorleser und Aufschreiber bedingte.
Vielfach zitiert wurde etwa die nußerung Wolframs von Eschenbach
im Parzival: ine kan decheinen buochstap (V. 115,27; „Ich beherrsche
nicht einen einzigen Buchstaben“) (> KAPITEL 10.1). Unklar ist auch, in-
wieweit die Dichter zunächst Entwürfe, etwa auf Wachstafeln, verfer-
tigten, bevor das kostbare Pergament beschrieben wurde.

2.2 Christliche Weltsicht und Weltdeutung


Vorstellungswelt Die Vorstellungswelt des Mittelalters ist noch ganz von der christli-
des Mittelalters chen Weltsicht bestimmt. Dies gilt zum einen für die allgemeine Ge-
schichte, die als Heilsgeschichte aufgefasst wird – mit klar umrisse-
nem Anfangspunkt in der Genesis und Endpunkt im Jüngsten
Gericht. Zum anderen ist auch die Individualgeschichte geprägt von
einem beständigen Bezug auf die Riten und Dogmen der Religion
und der Vorstellung eines ewigen Lebens nach dem Tod, sei es im
Himmel oder in der Hölle (oder im Fegefeuer). Der Anbindung an
eine christliche Vorstellungswelt unterliegt nahezu die gesamte mittel-
alterliche Literatur, auch da, wo sie als weltlich beschrieben wird,
etwa im Artusroman (> KAPITEL 8), wo der Ritter christlichen Werten
verpflichtet ist.
Eine anschauliche Vorstellung des christozentrischen Weltbildes im
Mappae mundi Mittelalter vermitteln mittelalterliche Weltkarten (lateinisch mappae
mundi) (> ASB MbLLER, KAPITEL 2.1). Ein berühmtes Beispiel ist die Lon-

32
C HRISTLIC HE WELTSICHT UND WELTDEUTUNG

doner Psalterkarte (> ABBILDUNG 5). Die kleinformatige, nur knapp


10 cm hohe Karte entstand um 1260 und gehört zu einem Psalter
(Psalmensammlung), der heute in London aufbewahrt wird.
In der oberen Bildhälfte dominiert die Darstellung vom thronen- Londoner
den und segnenden Heiland. Darunter findet sich die eigentliche Psalterkarte

Abbildung 5: Londoner Psalterkarte (um 1260)

33
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with a very full and choice cargo of heavenly wares, with your top-
gallant sails flying, and shouting from every quarter, Grace! grace!
earnestly prays, my very dear friends,

Less than the least of all,

G. W.

P. S. Tell Mr. K――n I was in hopes of one line by Saturday’s


post. We had a violent gale yesterday. One ship we hear is gone.
Blessed be God we are all well.

LETTER MCCCCXXX.
To Mr. R―― K――n.

Deal, September 14, 1769.

My very dear Friend,

I T hath really given me some concern, that notwithstanding I have


written so many letters, not a single friend hath wrote at a
venture, though if we had been sailed, the letter might have been
returned. The Captain hath been answered; Winter hath been
answered. But—all is well. For wise reasons we are detained in the
Downs. Who knows but it may be to awaken some souls at Deal? A
peculiar providence brought me here. Warm-hearted Dr. G――ns
came on board to pay me a visit, was sick, lay in my state room, and
learnt more experimentally to pray for those who occupy their
business in the great waters. Mr. B――y of Ramsgate, and young
Mr. G――ner, who was ordained here yesterday, followed after. At
their request I came ashore yesterday morning. The ordination was
very solemn, and I have not been more affected under any public
ministrations a great while. At the request of many, I preached in the
evening to a crouded auditory, and spent the remainder of the night
in godly conversation. Dr. G――ns will acquaint you with some
pleasing particulars. If the wind continues contrary, perhaps I may
make an elopement to Margate. I wish I could see my sermon that is
printed. You may at a proper season, in a proper way, hint as from
yourself to ――, that I have often thought he would do for Bethesda
academy. If I die, let not the hymn book be cashiered. I am glad to
hear of the Amens at Tottenham-Court. I doubt not but it is the same
at ♦Tabernacle. I design to write to both, and to the conference, &c.
But I cannot enlarge now. The young sailors begin to be more handy,
and are attentive to oblige. This is the thirteenth time of my crossing
the Atlantic Ocean. God bless you all! If further detained, you will
hear again from, my very dear friend,

Less than the least of all,

G. W.

P. S. A parcel might be sent by Saturday’s coach, directed to the


care of ――: he would return it if we are sailed. I should have the
papers and the sermon. The ship that was lost hath been taken up
and brought in. The passengers escaped in the boat. What are we
that we should be preserved? Grace! grace!

♦ “Taberbernacle” replaced with “Tabernacle”

LETTER MCCCCXXXI.
To Mr. G――d.

The Downs, on board the Friendship,


September 15, 1769.

My dear Mr. G――d,


I CANNOT forget your old readiness to serve and attend upon me. I
cannot forget your last parting conversation. Alas! alas! how little
do we know of the bitter cups that await us in the decline of life! May
Jesus sweeten them with his love! He will, he will. This will make
them palatable. This and this alone can make us cry from our inmost
souls, “The cup which my heavenly Father hath given me to drink,
shall I not drink it?” Though bitter, there is no death in this cup: on
the contrary, nothing but life, nothing but life. Courage then, my dear
Mr. G――d, courage. Yet a little while and we shall see

All our sorrows left below,

And earth exchang’d for heav’n.

Adieu. God bless you and yours. Hearty love to all that are so kind
as to enquire after and pray for me. Pray go to Dr. G――ns, and tell
him I hope he got home well. I had a pleasant season at Deal with
him and some other servants of our common Lord. What will
heaven be? I am lost in contemplation of it. And therefore must
hasten to subscribe ♦myself, dear Mr. G――d,

Less than the least of all,

G. W.

♦ “mylelf” replaced with “myself”

LETTER MCCCCXXXII.
To Mr. R―― K――n.

Deal, September 15, 1769.


My very dear Friend,

Y OUR letter was quite refreshing. It found me on board. But Mr.


B――y came, put me under an arrest, and is carrying me away
to Ramsgate: I hope to arrest some poor run-away bankrupts for the
Captain of our salvation. You would be glad to be here. How
mysterious and yet how wise are his ways! Fain would I follow the
Lamb whithersoever he goes. Blessed be God that all is so well at
London. I trust all will be better and better. For Christ’s sake, let all
means be used to keep up and increase Tottenham-Court and
Tabernacle societies. Pray be particular about church and state. A
shaking season awaits both. Happy they who have cast anchor
within the veil. All send due respects. Cordial love to your whole self,
to all that sent their love, and to all who are so kind as to enquire
after, my very dear steady friend,

Less than the least of all,

G. W.

LETTER MCCCCXXXIII.
To Mr. S―― S――.

Downs, September 16, 1769.

My very dear steady Friend,

I MUST not leave sight of the Downs, without sending you a few
grateful, sympathizing, parting lines. I know in what a situation
they will find you, filling up the measure of Christ’s sufferings which
are behind. Amazing! even bodily sufferings, when brought on by
working for Him, he accounts his own.
He knows what this temptation means,

For he hath felt the same.

What a mercy this, when wearisome nights and days are appointed
for us! O that patience may have its perfect work in our souls! It will,
it shall. Faithful is he that hath promised, who also will do it. Fine
sayings these for an old weather-beaten almost worn-out pilgrim, just
on his entrance upon a new voyage. But Ebenezer! Ebenezer! He
that hath helped and delivered twelve times, will not fail the
thirteenth.

I would believe thy promise, Lord;

O help my unbelief!

Hitherto the prospect is comfortable. Accommodations good. All on


board civil, and willing to attend upon divine worship. Above all,
Jesus is kind, yea very kind to the better part of, my very dear never-
to-be-forgotten friend,

Less than the least of all,

G. W.

P. S. Most grateful acknowledgments await your whole self, and


dear daughter and worthy son-in-law. Pray for us.

LETTER MCCCCXXXIV.
To Mr. R―― H――n.

In the Downs, on board the Friendship,


September 17, 1769.
My dear old Friend,

I SYMPATHIZE with you from my inmost soul. What prickles have


our sweetest roses! How does God’s promise seemingly cross
hands with his providence! We would fain direct him: but his answer
is, “I know it, my son, I know it:” and hereafter we shall know it too.
That hereafter will soon come. It is coming every moment. Yet a little
while, and we shall see

All our sorrows left below,

And earth exchang’d for heav’n.

I have no doubt, but this will be the happy lot of your dear yoke-
fellow. At present she walks in darkness, and sees no light. But God
will lighten her darkness, and the days of her mourning shall be
ended. Beg her to accept my most sincere and sympathetic
salutations; and assure yourselves, that neither of you are forgotten
in the poor prayers of, my dear friends,

Less than the least all,

G. W.

LETTER MCCCCXXXV.
To Mr. R―― K――n.

Deal, September 17, 1769.

My very dear Friend,

A S I have no parcel, I am ready almost to think somebody is


coming. I am just returned from Ramsgate, and going on
board. Never did any creature shew greater civility, heartiness,
politeness, and generosity than Mr. B――ry. His friends were hearty
too. Indeed and indeed I believe solid good was done at Ramsgate. I
preached on Friday and Saturday. It was hard parting this morning. I
expect a long passage. But all is well. I am kept comfortable. I could
not go to Margate. Friends that write, should direct where the letters
are to be returned. I am glad Mr. S――y is come. I shall write to
Bath. Is my farewel sermon printed? That is what I meant; no packet
is come. Tender love to all, to all. Never fear,

Satan thwarts and men object,

And yet the thing they thwart effect.

Hallelujah!

I wish this may be the last letter, any may receive dated at the
Downs, from, my very dear Sir,

Less than the least of all,

G. W.

LETTER MCCCCXXXVI.
To Mr. John W――r.

The Downs, on board the Friendship,


September 18, 1769.

My dear Friend,

I MUST not forget you and your dear yoke-fellow, whom I cannot but
number amongst my old first friends and children. I hope this will
find bodily pain subsided, or grace given to make it more than
tolerable. Little do we know what trials await the declines of life. But
these are like the finishing strokes of a limner’s hand before the
picture is sent for home. Yet a little while, and it shall be hung up in
God’s house above, as a trophy of the Redeemer’s blood and Spirit,
to be admired for ever and ever.

O heights of grace!

O depths of love!

Lord, fit us for

This house above!

Adieu! God bless you and yours and all your connections. The post-
boat is come. Though detained in the Downs, yet I hope we are
sailing to heaven. Hallelujah! Cease not to pray for, my dear friends,

Less than the least of all,

G. W.

LETTER MCCCCXXXVII.
To Mr. G――, and to all in conference.

The Downs, on board the Friendship,


September 19, 1769.

Dearly beloved in the Lord,

T HOUGH absent in body, I am present with you in spirit. Not want


of love, but of leisure, prevented my holding a conference with
you before my embarkation. My hands and heart were full. Ere long,
we shall go no more out. In the mean while, may you all be pillars in
the house of our God! You are engaged in a good cause, and in a
branch of the Redeemer’s work, which hath, and I am persuaded will
prosper more and more. What a mercy, that fresh instruments are
raised up, to preach to poor sinners the unsearchable riches of
Jesus Christ. I hope that the sound of his blessed feet hath been
heard behind young Mr. D――; he seems to come out in the first,
old, itinerant methodistical way. No way like this. Light and life must
go together. Principles and power, principles and power conjointly,
alone can satisfy my dear tabernacle hearers souls. Though dying, I
should live, when I find that they and you stand fast in the Lord, and
go on, and are terrible like an army with banners. This be your happy
lot! Whatever becomes of ill and hell-deserving me, may you
increase with all the increase of God! Most cordial love awaits Mr.
C――, Mr. B――, Mr. D――, Mr. I――, or as many of them as are in
town. May all be helped, to give one and the same mighty gospel all-
powerful blast, till Jericho’s towering walls fall down before them.
Outward troubles, I am persuaded, await us. But in Jesus we shall
have peace. To his never-failing mercy I commend you and yours,
and all your near and dear connections. Brethren, pray for us; I know
you do. The Redeemer, in answer to your prayers, deals bountifully
with us. I am comforted on every side. Never less alone, than when
alone with my God. My anchor is cast within the veil. Though
detained in the Downs, I hope we are sailing towards our eternal
haven. Still help us forwards, and pray us back. Once more, God
bless you all! God bless the dear tabernacle society, bands and
classes, and all that come to hear a preached gospel under that
despised yet highly honoured roof. I am sure you will add, and God
bless him, who from his inmost soul subscribes himself,

Less than the least of all,

G. W.
LETTER MCCCCXXXVIII.
To Mr. J――s.

On board the Friendship, in the Downs,


September 19, 1769.

My very dear Captain,

I WRITE a few lines at a venture, uncertain whether you are in town


or not. You see where they leave me; at our first baiting place.
Had not our Captain loitered at London last Lord’s-day, we might
have been out of the channel. But then perhaps I might have lost the
sale of some gospel goods at Gravesend market-place. I hope you,
and all my dear fellow labourers, will meet with thousands of
moneyless customers, who will come down to the price. Blessed
news for bankrupts!

Surely, O Christ, thy grace is free,

For, O my God, it found out me!

He is good to us on board. All are civil and studious to oblige. I am


glad of the third cabin passenger. The steerage ones are old
hearers, and in distress. Who knows what a trading voyage we may
have. When you write to Bristol, pray tell Miss B――ne to acquaint
Mr. G――n, that I am sorry I did not know who sent me the kind
present in so genteel a manner. He hath my grateful
acknowledgments. The young sailors have been a little sick. The
Steward is very handy. I am kept comfortable in soul and body. Pray
on, my dear friends, pray on. Remember our partings, our partings.
Surely they will never be forgotten by, my dearly beloved Captain,

Less than the least of all,

G. W.
LETTER MCCCCXXXIX.
To Mr. B――s.

The Downs, on board the Friendship, Captain


Ball. September 19, 1769.

My dear old Friend,

T HOUGH my hands and heart were too full, to come and give you
personal thanks on shore, be pleased to accept my most
grateful acknowledgments for your kind present, and yet kinder
letter, now I am on board. I know your heart is formed for friendship,
and therefore some kind of trials of the affectionate kind, must make
such impressions, as persons of leaden souls and iron bodies, are
utter strangers to. What a mercy, that we have a compassionate
High-Priest to apply to, who is most sensibly touched with a feeling
of our infirmities!

He knows what sore temptations mean,

For he hath felt the same.

Courage therefore, my dear Sir, courage. Yet a little while, and he


that cometh will come, and will not tarry. In the mean while, may both
of us be enabled to sing,

O happy, happy rod,

That brought us nearer to our God.

I write this out of the fulness of my heart. Old friendship more than
revives. God bless you, and all your near and dear connections!
Through infinite mercy, this leaves me comforted on every side. I
want a thousand tongues to praise Him whose mercy endureth for
ever, and in whom I am, my very dear Sir,

Yours, &c. &c. &c.

G. W.

P. S. I should be glad if you would be pleased to send the Atlas to


Mr. K――n, woollen-draper, in the Minories. A ship goes soon to
Georgia.

LETTER MCCCCXL.
To Mr. R―― K――n.

On board the Friendship, off New-Romney,


September 26, 1769.

My very dear Friend,

M AN appoints, but an all-wise, all-gracious God disappoints.


Dear Mr. H――y guessed right. This day sevennight we
weighed anchor, and sailed, though very slowly, as far as Fair-Lee.
But for near five days we have been tossed by violent gales, and last
night, through infinite mercy, cast anchor off Dungenness and New-
Romney. The new sailors have been quite sick, but are now almost
recovered. I have felt very little, comparatively speaking, and have
been able to read, &c. &c. Had I known of having such a handy
Steward, I might have spared one hand; but what is, is best. In
God’s due time, the winds will have a commission to carry us on.
Satan doth not like this voyage. Pray on, pray on, my very dear
friends, and never fear. All shall work together for good to those who
love God. I wish you had advertised against the publisher of my last
sermon. It is not verbatim as I delivered it. In some places, he makes
me to speak false concord, and even nonsense. In others, the sense
and connection are destroyed, by the injudicious disjointed
paragraphs; and the whole is entirely unfit for the public review ¹. But
we must suffer by the false zeal of professing friends, as well as by
the inveterate malice of public avowed enemies. If one sentence is
blessed to the conviction and edification of any single individual, I
care not what becomes of my character, though there is no occasion
of bringing ourselves into needless contempt. I write this at a
venture; we see a boat approaching, and hope it will reach us. We
have put back: O that it may quicken friends to pray us forwards. We
are like a man of war that hath been out on a short cruise, and then
returned into harbour. What awaits us we know not. It is not fit we
should. God bless you all, my dear, very dear friends. I remember
your times of meeting at both ends of the town. Sea is sea, land is
land. The God whom we serve, is God of both. To his never-failing
mercy I commend you. Continue to do the same for, my very dear
friend,

Less than the least of all,

G. W.

Off New-Romney, September 28.

S TILL we are prisoners. But blessed be God, prisoners of hope!


In God’s due time, the word of command will be, Go forward. I
am sadly off for want of white biscuit. But God will supply every
want. The boat is going, that came off with some eatables. Adieu.
Tender love to all. Blessed be God, all is well! Cease not to pray for,
my very dear friend,

Less than the least of all,

G. W.
¹ The very same censures are too justly applicable to the
volume of sermons, now published by Mr. Gurney, as Mr.
Whitefield’s.――Relying on the accuracy of the shorthand-
writer, and on the fidelity of the reverend gentleman who
was to revise the sermons, and on their joint regard for the
memory of Mr. Whitefield, his executors did agree to
recommend the intended publication, and promote its sale;
for which, a consideration was to be paid by Mr. Gurney,
to be applied by them, according to the tenor of Mr.
Whitefield’s Will. But on their receiving nine of the
sermons, (worked off) to their great surprise, they found
themselves, after perusal, unable to authenticate them,
either as to language or sentiments; therefore judged them
utterly unfit for publication, and told Mr. Gurney, that on no
consideration whatever, could they recommend them to
the public. The executors are extremely concerned on Mr.
Gurney’s account, as well as for the character of their late
worthy friend; and now wish that they had not rested with
the hearing only one half-sheet read to them, but had
insisted on seeing the whole Manuscript, and every sheet
from the press. However, though Mr. Gurney ought to
have stopped the press when first applied to, and although
the agreement was never signed by either of the parties,
the executors have repeatedly offered, that, besides
chearfully renouncing all advantages, they will pay
whatever expences Mr. Gurney hath been at in the affair,
and so take and burn the whole impression; as otherwise
the purchasers must be deceived, and the name of the
deceased sorely wounded.

LETTER MCCCCXLI.
To Mr. R―― K――n.

On board the Friendship, Captain Ball, in Five-


fathom Hole, about ten miles from Charles-Town,
South-Carolina. November 30, 1769.

My dear Friend,

W E have had a long, and in several respects a trying passage.


Particulars expect by the packet, which the pilot says will sail
in two or three days. This day week we first saw land; came over the
bar the 28th instant, and should have been at Charles-Town that
evening, but our ship was too light to obey the helm. We had the
mortification of seeing ten sailing in before us, and we ever since left
in jeopardy. Surely Satan foresees some signal good attending this
voyage. In the midst of all, blessed be God, we have had plenty of
outward things; and I am in better health than at the end of any
voyage I have made for some years. Mr. Smith hath really behaved
well, and been very handy and attentive. The same may be said of
Mr. Winter. We have been like the three children in the fiery furnace.
But the Son of God hath been, and is (O amazing grace!) still with
us. Please to remember us to all concerned. Hoping soon to write
from on shore, and most earnestly praying, that grace, mercy and
peace, may be multiplied upon you all, I must hasten to subscribe
my old but true name, “The chief of sinners, less than the least of all
saints,” but

Your affectionate, obliged friend, and willing servant to all,

G. W.

Charles-Town, December 1.

B LESSED be God, a pilot-boat came yesterday along-side, and


brought us hither in safety to our unspeakable comfort in the
evening. Our reception as hearty or heartier than ever. Grace! grace!
The ship is not yet come up. Blessed be God, I am brave and well,
and am to preach this afternoon. Praise Him whose mercy endureth
for ever! We have been delivered out of great jeopardy. You will say
so, when you receive further particulars from, my dear friend,

Less than the least of all,


G. W.

LETTER MCCCCXLII.
To Miss H――y.

Charles-Town, South-Carolina,
December 6, 1769.

Dear Madam,

S HALL I promise, and not perform? God forbid! You have one of
my first letters since our arrival. The long passage made shore
more agreeable. Miss H――y knows how to apply such an account.
All we meet with here, will be sweetly overruled to render heaven,
and a sight of Jesus in the heaven of heavens, more delightful. I am
in hopes, by this last week’s preaching, that some South-Carolina
souls are beginning to look heavenwards. Grace! grace! In a day or
two, God willing, we shall move to Bethesda. Mr. W――t is come to
meet me, and tells me all is in great forwardness there. Ere long the
top-stone of a building not made with hands will be brought forth.
How many of your beloved family will join the shout, crying, Grace,
grace unto it! Most cordial and due respects attend them all. God be
praised, heaven is in sight. Jesus is our pilot: he will steer us safe
over every bar; even over the last bar, Death. Then will we sing,

All our sorrows left below,

And earth exchang’d for heav’n.

O how good is it to bear the yoke in our youth! A glorious preparative


for a comfortable old age. That you and all your dear relatives, may
increase with all the increase of God, is the earnest prayer of, dear
Madam,
Less than the least of all,

G. W.

LETTER MCCCCXLIII.
To Mr. R―― K――n.

Charles-Town, December 9, 1769.

My very dear Friend,

I MMEDIATELY on our arrival, I sent you a letter by way of


Liverpool, and then promised you a particular and very explicit
letter by this packet: but it must be deferred a few days. So much
company crowds in, that together with my preaching every other day,
&c. &c. I have scarce the least leisure. Blessed be God, I have
already met with some fruits of my feeble labours in this place. An
earnest, I hope, of good things to come. To-morrow, I set off by water
to Georgia, the roads being almost impassable by land. Mr. Wright is
come to go with me, and acquaints me that all is in great
forwardness at Bethesda. How I am directed in respect to that
institution, you shall know hereafter. And glory be to a never-failing
God, an hereafter is drawing on apace, when we shall sing,

All our sorrows left below,

And earth exchang’d for heav’n.

I hope you and yours are helped to possess your souls in patience.
God bless and reward you! Grace, mercy, and peace be multiplied
upon you and yours! All join in sending due and cordial respects. O
give thanks unto the Lord, for his mercy endureth for ever. Brethren,
pray for us. Tender love to all. Your letter to me by Anderson, I have
not yet received. Blessed be God, I am in health. Grace! grace! The
packet is about to be closed. Other ships are almost ready to sail. By
one or all expect to hear again from, my very dear friend,

Less than the least of all,

G. W.

LETTER MCCCCXLIV.
To Mr. R―― K――n.

Savannah, December 24, 1769.

My very dear Friend,

T HE bearer B―― F―― is the steward of the ship in which I


came over: a very handy useful man; to whom in a great
measure I owe the chief comfort of my voyage, as to eatables. He
hath had convictions at times, and longs to live ashore. If you can
serve him, do. I write this at my old friends Mr. Habersham’s. I am to
preach here this morning, and to-morrow, and purpose in a few days
to pay a visit to Charles-Town. Blessed be God, all things are in a
most promising way. But I am obliged to leave Mr. W――t behind, for
the work’s-sake. Mr. Smith goes with me. He is attentive, hath
behaved well, and been useful in the house. Never was I blessed
with so many proper industrious workmen and helpers before.
Grace! grace! Next Wednesday I am fifty-five years old. God be
merciful to me a sinner, a sinner, a sinner! As such, continue to pray,
my dear steady friend, for,

Less than the least of all,

G. W.
LETTER MCCCCXLV.
To Mr. S―― S――.

Bethesda, January 11, 1770.

Dear Sir,

C AN I forget my dear, very dear old steady friend? rather let my


right hand forget her cunning. How are you? Still afflicted? still
in pain? still made to possess wearisome nights, and wearisome
days? Well, all will be over soon; soon, yea very soon shall we sing,

All our sorrows left below,

And earth exchang’d for heav’n.

This prospect gives songs in the night; this makes Georgia and
Bethesda to more than smile: and indeed you and yours would smile
too, were you to see what a lasting foundation is laying for the
support and education of many yet unborn. All admire the work
already done. In a few months the top-stone, I trust, will be brought
forth, with shouting, Grace! grace! In the mean while I must range
northward. I know who will follow me with their prayers; even you
and yours, whom I dearly love, and whom I salute much in the Lord.
God bless you all, for all kindnesses conferred upon, my very dear
friends,

Less than the least of all,

G. W.

If I thought you did not, or would not use your globes, I would beg
them for our infant library. The increase of this colony is almost
incredible. Real good, I trust, is doing; and a blessed door is opening
for Mr. W――’s usefulness. Blessed be God! Blessed be God!

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